Gartenprogramm 2020
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Obst für alle
Streuobstwiesen eignen sich für gemeinschaftliches Gärtnern und Ernten. Die Obstgenossen
haben mit den Nachbarschaftsgärten zwei Flächen für eine solche Obstallmende aktiviert.
Was Scheinquitte und
Kartoffel gemein haben …
Leipziger Wildfrucht des Jahres 2020. Mit der Scheinquitte gehen die Wilden Leipziger ins siebente Jahr
In Thekla stehen fünfzehn Obstbäume auf
einem Gelände hinter der Saunalandschaft,
das an die Liegewiese in der Nähe des Baggers
grenzt. Im Dezember 2019 füllten dort
Interessierte den Slogan »Leipzig pflanzt«
mit Leben und setzten im Rahmen eines
Workshops Obstbäume auf die Wiese. Den
Workshop initiierten Obstgenossen zusammen
mit den Nachbarschaftsgärten, Baumspenden
dafür kamen von der mobile Apfelquetsche,
der mobilen Obstmosterei. Die
Obstgenossen, gegründet im Frühling 2017,
sind die regionale Interessengemeinschaft
für Streuobst, die neben Pflanz- und Ernteaktionen
Workshops zur Pflege anbietet, die
fachlich angeleitet sind. Der Verein Nachbarschaftsgärten
verschreibt sich seit 2004 dem
gemeinschaftlichen urbanen Gärtnern und
der Stadtentwicklung, nutzt eine inzwischen
verkleinerte, teilöffentliche Fläche in der Lindenauer
Josephstraße. Seit 2018 kümmern
sich die Mitglieder auch um ein Gelände in
Leutzsch, auf dem seit Mitte letzten Jahres
ein neuer Nachbarschaftsgarten entsteht.
Auf den knapp 7.000 Quadratmetern soll es
in diesem Frühjahr richtig losgehen: Während
eine Hälfte als Gartenland unter anderem
mit Beeten genutzt werden soll, ist die
andere einer Streuobstwiese vorbehalten, so
Bernhard Leffler von den Nachbarschaftsgärten.
Ob in Thekla oder in Leutzsch: Das Obst
mitten in der Stadt ist als Obstallmende gedacht,
als Obst also, das von allen gemeinschaftlich
genutzt werden kann.
Vor das Ernten haben die Götter der
Streuobstwiese freilich das Pflanzen und die
Pflege der Bäume gesetzt. Björn Burmeister
ist Gärtner, zudem Garten- und Landschaftsbauer,
und widmet sich mit Herzblut unter
anderem der Frage, wie sich die Zahl der
Obstbäume im öffentlichen Raum erhöhen
lässt: »Ich versuche, die Leute von der Idee
anzustecken, dass sie mehr pflanzen.« Das
Engagement vor Ort unterstützt er mit Workshops,
die den Umgang mit den Pflanzen
vermitteln: »Das holt die Bürger ab. Sie erfahren
viel Neues und verstehen zum Beispiel,
warum beim Obstbaumschnitt aus jungen
Bäumen so viel rausgeholt wird.«
Beim praktischen Wissen, das die
Workshops vermitteln, geht es auch um den
Aspekt des Naturschutzes, denn grüner
Raum, so Leffler, »ist Lebensraum für verschiedenste
Pflanzen und Tiere«. Somit geht
es den Nachbarschaftsgärten auch um Umweltbildung
für Interessenten, Anwohner,
Schulen und Kindergärten, die vom Aussäen
übers Anbauen und Ernten bis zur Verarbeitung
reicht. Leffler betont, dass die Flächen
des Vereins außerdem einen Rückzugsort in
der Natur bieten sollen. Ganz im Sinne des
Namens Nachbarschaftsgärten sind die Anwohner
in Leutzsch zum Mitmachen eingeladen:
»Das Interesse von dort war schon weit
vor der Saison sehr groß, noch bevor wir um
Mitstreiter geworben haben«, so Leffler. »Es
scheint in Leutzsch den Nährboden für ein
großes Projekt zu geben.«
»Gute Pflege bedeutet Naturschutz«,
bestätigt Obstbaumexperte Burmeister, der
ebenfalls weiß: »Der Obstbauer pflegt, weil
er ernten will.« Die Idee der Obstallmende
kann seiner Meinung nach funktionieren, weil
die Bürger dabei von selbst tätig werden.
Allerdings brauche es dafür Kontinuität. Von
den 126 Streuobstwiesen in Leipzig, so
schätzt Burmeister, sind 80 bis 90 Prozent
nicht gepflegt. Deshalb findet er es wichtig,
dass die Verantwortung nicht auf zu wenigen
Schultern ruht, auch wenn erklärter grüner
Wille vorhanden ist. Eventuell könnte seitens
der Stadtverwaltung mehr Unterstützung ermöglicht
werden – immerhin gibt es das Ziel
einer baumstarken Stadt.
Burmeister gibt in der Saison, vom
Winterschnitt über den Sommerschnitt bis
zur Ernte, fast an jedem zweiten Samstag
einen Workshop: »Dazu gehört immer ein
bisschen Theorie, dann gibt es natürlich vor
allem Praxis.« Sortenvielfalt schafft Artenvielfalt
und die ist der Garant dafür, dass es
weitergeht, weil sie Resilienz schafft und
damit eine stabile Zukunft für die Streuobstwiesen
wie für andere Biotope ermöglicht.
Diese Zukunft ergibt sich aus dem Engagement
selbst: Denn was wir kennen, das
schützen wir. Franziska Reif
www.obstgenossen.de
www.nachbarschaftsgaerten.de
Obstgenosse Björn Burmeister beim Pflanzen in Thekla mit Beatrice Schlabes und Bernhard Leffler
von den Nachbarschaftsgärten
… ist eigentlich nur, dass beide in Europa zunächst
als Ziergewächse kultiviert wurden,
die aus China und Japan stammende Scheinquitte
seit ungefähr 1880. Und tatsächlich
wartet die im Volksmund auch Wilde Quitte
oder Buschquitte genannte Gattung Chaenomeles
mit einer Vielzahl spektakulärer
Blütenfarben von reinweiß über gelb-grün,
pink, leuchtend orange bis tief samtrot auf,
weshalb man die eine oder andere der über
100 bekannten Sorten und Auslesen dieses
genügsamen, winterharten, bis ungefähr
1,5 m hohen Kleinstrauchs in fast jedem Garten
ebenso wie in zahllosen städtischen
Grünanlagen findet. Die kleinen Äpfeln ähnelnden
rundlichen, mitunter auch walzenförmigen
gelben Früchte, oft grünlich oder rötlich
überhaucht, sind ebenfalls sehr attraktiv,
zumal sie außerordentlich angenehm duften
und im Winter lange an den blattlosen Zweigen
haften. Mitte bis Ende September gepflückte
Scheinquitten können bei kühler
Lagerung ohne nennenswerte Verluste ihrer
wertvollen Inhaltsstoffe – bis zu 300 mg/
100 g Vitamin C – mindestens zwei Monate
aufbewahrt werden. Doch dass sämtliche
Scheinquitten genießbar sind – allerdings
nicht roh! – und sich pur oder in Fruchtmischungen
zu wohlschmeckendem Most,
Sirup, Gelee oder Mus verarbeiten lassen,
muss sich hierzulande selbst bei Wildobst-
Liebhabern erst noch herumsprechen. Im
Baltikum dagegen werden speziell für die
Früchteverwertung entwickelte Sorten wie
›Cido‹ oder ›Cido Red‘ bereits plantagenmäßig
für die industrielle Verwertung als Zitronenersatz
angebaut. Auch für den Gärtner
höchst interessante intensive Züchtungsbemühungen
in Osteuropa zielen auf höher
wachsende, aufrechtere Sträucher ab, deren
Früchte nicht mehr durch Bodenkontakt geschädigt
werden und sich leichter von den
holzigen Zweigen lösen.
Die Scheinquitte ist damit zweifellos
eine der perspektivreichen Wildobstarten,
eine echte »Frucht der Zukunft« selbst für
urbane Pflanzsituationen. Höchste Zeit
also für eine Würdigung als WILDE LEIPZI
GERIN 2020.
Und zu guter Letzt: Was hat die Scheinquitte
denn nun mit ihrer »Namensgeberin«,
der Gartenquitte (Cydonia oblonga), gemein?
Nicht mehr als die Zugehörigkeit zu den Kernobstgewächsen,
die gelbe Fruchtfarbe und
das roh sehr harte, saftarme Fruchtfleisch.
Hannelore Umbreit
www.wilde-leipziger.eu
● Sensen lernen
Sensen Lernen im Kranwerk Naunhof
Samstag 06. Juni 2020 oder beim BUND
in Wahren Samstag 19. September 2020
● Baumschnitt im Sommer
im Kranwerk Naunhof Sonntag 30. August 2020
● Apfelausstellung
Pflanzenmarkt im Botanischen Garten
19. / 20. September 2020
»ernte mich« Hoffest in Liebertwolkwitz
Sonntag 27. September 2020
Quetschfest im Kranwerk Naunhof
Sonntag 18. Oktober 2020
● Ernten und Saftmachen
an der mobile Apfelquetsche
www.mobile-apfelquetsche.de
● Ernten und Verarbeiten
im Workshop oder über die digitale Erntekarte
www.frucht-bar.org
● Radtour
zur Apfelsternwarte in Bernbruch und zur
Saftmanufaktur in Papsdorf
Samstag 10. Oktober 2020
● Apfelmarkt
zum Samstagsmarkt in Plagwitz
Samstag 24. Oktober 2020 von 9 bis 14 Uhr
Infos und Termine zu Streuobst in der Region
www.obtsgenossen.de
Obstgenossen www.leipziggruen.de 14
15 www.leipziggruen.de Obstgenossen