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passion Konzept des Monats
[1] Foto: CB / Janina Paterson 2020
Aus purer Lust
am Rösten
Die Reinholz Kaffeerösterei ist in Fulda zu einer festen Institution geworden und mittlerweile
größer, als Betreiber Heiko Reinholz es geplant hatte. | von Janina Paterson
Die Geschichte von Heiko Reinholz und seiner
gleichnamigen Rösterei samt Café fängt mit
einem Satz an, den wir schon häufig bei unseren
Gesprächen mit Branchenprofis gehört haben:
„Früher mochte ich gar keinen Kaffee, nur mit viel Milch und
Zucker.“ Das beichtet Reinholz, der seinen ersten Coffeeshop
2003 im Hauptbahnhof von Fulda eröffnete. Dort betrieb die
Bäckerei Pappert eine Filiale, Reinholz’ Coffeeshop mittendrin.
In Zusammenarbeit mit der Bäckerei und mit Unterstützung
der Firma Schärf sei damals ein Konzept samt Marketingplan
[20] Coffee Business 2/2020
Konzept des Monats passion
ein-Kilo-Handröster bei mir in der Garage gestanden und
die ersten Röst-Experimente gewagt“, erinnert er sich heute.
Dabei sei die Idee der eigenen Rösterei gewachsen. „Den
Kaffee habe ich erstmal vorsichtig bei uns im Laden getestet.“
Und das mit Erfolg. Schnell erkannte Reinholz, dass die
Kunden das, was er in seiner Garage produziert, mögen.
2013 war es dann soweit: Die Reinholz Kaffeerösterei feierte
in den Räumlichkeiten einer ehemaligen Metzgerei in der
Fuldaer Florengasse unweit der Fußgängerzone Eröffnung.
Die ersten Chargen rösteten er und sein Team damals in
einem zwölf-Kilo-Röster von Probat. „Es war nie mein Ziel,
ein Café zu eröffnen. Ich wollte einfach nur rösten“, erzählt
Reinholz. Auf Initiative seiner Mitarbeiter und wegen der
häufigen Nachfrage seiner Kunden, richtete Reinholz damals
dennoch ein kleines Café neben seiner Rösterei ein. Mit sehr
spärlichen Öffnungszeiten. „Wir hatten nur samstags von
zehn bis 14 Uhr geöffnet“, sagt er. „Dafür haben uns die
Kunden in der Zeit die Bude eingerannt.“ Zuerst seien die
Kaffeespezialitäten aus eigener Röstung auf einer kleinen
Elektra, später auf einer zweigruppigen Faema zubereitet worden.
„Die Einnahmen haben wir immer reinvestiert, wir sind
stetig gewachsen“, berichtet Reinholz.
[1] Das Café der Reinholz Kaffeerösterei
ist eine feste Institution in der Fuldaer
Innenstadt geworden.
entwickelt worden, das gut für den speziellen Standort im
Bahnhof geeignet gewesen sei. „Der Kaffee hat geschmeckt,
der Absatz war gut und ich war eigentlich ganz zufrieden“,
sagt Reinholz. Je intensiver er sich aber mit der Materie auseinandersetzte,
desto mehr sei ihm aufgefallen, dass es bei
seinem Kaffeewissen noch deutlich Luft nach oben gebe. Sein
Ehrgeiz war gepackt. „Ich wollte so viel Wissen wie möglich
aufnehmen, bin viel in Anbaugebiete gereist, habe mich mit
Branchenexperten ausgetauscht und an Schulungen teilgenommen“,
sagt Reinholz. Ein wichtiger Teil der Entwicklung sei
auch eine Coffee-Master-Reise nach El Salvador mit der Berlin
School of Coffee gewesen.
Start in der Garage. Die Erfolgsgeschichte der Rösterei
beginnt für Heiko Reinholz an einem etwas ungewöhnlichen
Ort: seiner Garage. „Ich habe damals mit einem kleinen
Direct Trade als Mission.
Reinholz sieht das Rösten
und Verkaufen von Kaffee
dabei nicht nur als Leidenschaft,
sondern auch als
Möglichkeit, die Arbeit und
das Leben der Kaffeebauern
nachhaltig zu beeinflussen
und zu verbessern. Seit vielen
Jahren setzt er daher auf die
persönliche Zusammenarbeit
mit Farmerfamilien aus
Zentral- und Südamerika.
Die Farmer, deren Rohkaffee
Reinholz bezieht, werden
von ihm direkt und ohne
Umwege entlohnt. „Wir stehen
komplett hinter unseren
Direct-Trade-Beziehungen“,
sagt der ausgebildete Kaffee-
Sommelier. „Unsere Philosophie
ist es, den Kunden die
Wertigkeit und Wertschöpfungskette
der Kaffeeproduktion
näher zu bringen.“ Dieser
konsequenten Ausrichtung
[2]
Foto: Johannes Ruppel / JR Photography)
[3]
Foto: Johannes Ruppel / JR Photography)
[2] Heiko Reinholz (zweiter von rechts)
mit Andreas Tischendorf (dritter von
links) beim Besuch der Finca el Balcon
in Kolumbien. [3] Trockenbett: Der
Kaffeeröster legt bei seinen Besuchen im
Kaffeeursprung auch gerne selbst mit
Hand an.
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passion Konzept des Monats
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Foto: CB / Janina Paterson 2020
[5]
Foto: CB / Janina Paterson 2020
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Fotos: CB / Janina Paterson 2020
[8]
Foto: CB / Janina Paterson 2020
sind ein paar Kaffees, die bei seinen Kunden beliebt waren,
zum Opfer gefallen. „Wir haben sie, obwohl wir sie gut verkauft
haben, aus dem Sortiment genommen, da sie nicht
direkt gehandelt waren“, erklärt Reinholz. Die angebotenen
Kaffees kommen unter anderem von der Finca La Dalia in
El Salvador oder der Finca Fulda in Mexiko. Zu dieser Farm
pflegt Reinholz eine ganz besondere Beziehung. „Rainer
Boehme, ein ehemaliger Fuldaer, ist vor mehr als 30 Jahren
nach Mexiko ausgewandert und hat dort eine Kaffeefarm
aufgebaut“, berichtet er. Dort habe Boehme unter anderem
eine Schule für die Kinder der Menschen gebaut, die bei der
Kaffeeernte helfen. „Solange die Erntehelfer da sind, müssen
ihre Kinder zur Schule gehen“, sagt Reinholz. Dieses Engagement
unterstützt er ab Anfang April mit einem speziellen Charity-Kaffee.
„Wir werden davon 300 Kilo rösten, der gesamte
Reinerlös fließt in die Finca, um dort neue Klassenzimmer zu
bauen und Lehrer einzustellen.“ Dass Reinholz die Kaffees der
Finca Fulda anbieten kann, hat er nicht nur Rainer Boehme,
sondern auch Andreas Tischendorf von Colombian Spirit zu
verdanken, der sich um den Export des Kaffees und allem, was
damit zusammenhängt, aus Mexiko nach Deutschland kümmert.
Colombian Spirit vertritt 26 Farmen in Kolumbien und
vertreibt die Single-Origin-Kaffees direkt an Röstereien auf
der ganzen Welt – auch an die von Heiko Reinholz. „Heiko
war der erste Röster in Deutschland, der unserem Rohkaffee
eine Chance gegeben hat“, erinnert sich Tischendorf. Seitdem
sind die Colombian-Spirit-Kaffees ein fester Bestandteil
des Reinholz-Angebots.
Akzeptanz beim Kunden. „Wir führen mit unseren
Kunden viele Gespräche, in denen wir unsere Passion und
die Besonderheiten der einzelnen Kaffees erläutern“, sagt
Reinholz. Viele seien positiv überrascht, dass er den Kaffeefarmern
bis zu 70 Prozent mehr als der Börsenpreis für
ein Kilo Rohkaffee bezahlt und damit zur Entwicklung
der Ursprünge beiträgt. „Unsere Kunden merken, dass
wir unsere Philosophie leben und wir ihnen nichts vorspielen“,
so Reinholz. Zahlreiche Fotos zeugen an den Wänden des neuen,
größeren Cafés von den Ursprungsreisen des Rösters. Der
alte Standort war irgendwann zu klein geworden und so zog
es Reinholz und sein Team im Herbst 2018 in das 110 Quadratmeter
große Lokal ein paar Hundert Meter vom ehemaligen
Laden entfernt. 43 Gäste finden hier Platz, im Sommer
kommt die Außenbestuhlung hinzu. Neben drei unterschiedlichen
Espresso Sorten (bei unserem Besuch sind es Enzo,
Butchers und Winter-E) gibt es auch immer einen Filterkaffee
des Tages. Diesmal kommt er von der Finca el Balcon von
Colombian Spirit, der kräftig und schokoladig schmeckt und
Noten von Vanille sowie dunklen Beeren besitzt. „Dank der
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Konzept des Monats passion
[4] Der Filterkaffee des Tages kam bei unserem vielen Gespräche bekommen
wir einen besseren
Besuch von der Finca el Balcon von Colombian
Spirit. [5] Alle Kaffeespezialitäten werden im
Café liebevoll zubereitet. [6 + 7] Die Bilder Zugang zu den Leuten,
an den Wänden sind Im pressionen aus Reinholz’ langsam aber sicher fangen
Reisen in den Kaffeeursprung und den Besuchen
bei den Kaffee farmern, deren Kaffee er röstet sie an, ihr Konsumverhalten
zu verändern“, berichtet
und verkauft. [8] Die Siebträgermaschine von
Astoria ist das Herzstück des Cafés. Vor ihr
arbeitete das Team an einer Maschine von La Reinholz. Daran sei er aber
Marzocco. [9] Im Café können die Kunden zwischen
drei Espresso-Sorten wählen. Damit die
auch nicht ganz unbeteiligt.
„Ich bin echt streng“,
Entscheidung leichter fällt, werden auf kleinen
Tafeln ihre Geschmacksprofile erklärt. [10] Die sagt Reinholz von sich
Kunden finden Gefallen daran, sich durch die
unterschiedlichen Brühmethoden an der Brew selbst und meint damit die
Bar durchzuprobieren und zu ent scheiden, auf Tatsachen, dass er sich
welche Art ihnen ihr Kaffee am besten schmeckt.
weigert, Stammkunden
immer das gleiche zu verkaufen und dass Gäste, die einen Filterkaffee
bestellen, weder Milch noch Zucker dazu gereicht bekommen.
„Ich möchte, dass sie den Kaffee wirklich schmecken und
das wahrnehmen, was ihn ausmacht.“ Sehr beliebt sei bei seinen
Kunden auch die Brew Bar, an welcher die Mitarbeiter den Kunden
die Besonderheiten einer Aeropress, von Handfiltern und
der French Press näherbringen. „Die Kunden testen sich durch
die einzelnen Methoden und schauen, was ihnen am besten
schmeckt“, sagt Reinholz.
[10]
[9]
Foto: CB / Janina Paterson 2020
Foto: CB / Janina Paterson 2020
passion Konzept des Monats
Erfolgsgeschichte. Die Mischung aus Rösterei, Café,
Kommunikation und Passion für den Kaffeeursprung scheint
genau das zu sein, was sich die Fuldaer gewünscht haben.
„Das Café trägt sich mittlerweile selbst. Zusätzlich ziehen wir
bald mit unserer Rösterei um, weil unsere Kapazitäten nicht
mehr ausreichen“, sagt Reinholz. Einen großen Anteil hätte
daran auch sein eingespieltes Team, das mit Herzblut bei der
Sache ist. „Darauf bin ich echt stolz.“ Von den knapp 70 Tonnen
Kaffee, die er im Jahr in seinem 25-Kilo-Röster von Probat
röste, wird das meiste über den LEH vertrieben. „Wir sind
in 60 Supermärkten in einem Umkreis von 60 bis 70 Kilometern
gelistet.“ Zusätzlich beliefert Reinholz lokale Gastronomen
mit seinem Kaffee. Sehr erfolgreich laufen nach Angaben
des Rösters auch die zahlreichen Events, die er mit
Kooperationspartnern organisiere. Ein mehrgängiges Kaffeedinner,
das in jedem Gericht Kaffee verarbeitet hat, sei regelmäßig
ausgebucht. Auch ein kolumbianisches Frühstück, bei
dem neben landestypischen Gerichten auch der passende Kaffee
dazu gereicht wurde, habe die Gäste begeistert. Mit dem
Umzug in die neue Rösterei möchte Reinholz wieder mehr
dazu kommen, was ihm am meisten Spaß macht – den Kaffeerösten.
„Büroarbeit ist nichts für mich, am liebsten stehe
ich den ganzen Tag an meinem Röster.“
[11] Foto: CB / Janina Paterson 2020
[11] Kaffees, Tees, Liköre und Zubehör gibt es im Laden zu kaufen. [12] Die
Bänke der großen Sitzecke sind mit dem Stoff ehemaliger Kaffeesäcke bezogen.
[13] Heiko Reinholz bei dem, was er am liebsten tut: dem Rösten von Kaffee in
seinem 25-Kilo-Röster von Probat.
[12] Foto: CB / Janina Paterson 2020
[13]
Facts
Reinholz Kaffeerösterei
Steinweg 18
36037 Fulda
Tel.: 0661 67935978
E-Mail:kaffeesatz@reinholz-kaffee.de
Internet:www.reinholz-kaffe-shop.de
Geschäftsführung: Heiko Reinholz
Gegründet:2003
Öffnungszeiten: Café: Mo. – Fr. 10 bis 18 Uhr
Sa. 9 bis 18 Uhr
Manufakturverkauf: Fr. 10 bis 18 Uhr
Sa. 9 bis 16 Uhr
Mitarbeiter:40
[24] Coffee Business 2/2020
Foto: Johannes Ruppel / JR Photography
Preise (in Euro):
Espresso:2,00
Flat White: 3,50
Cappucino:3,00
Kaffee des Tages: 2,00
Aeropress:3,50
Kalita Wave: 3,00
Tee:3,00
Heiße Schokolade: 3,50