Nr. 62 - Frühling 2017
Drôme: wandern auf den Spuren der Hugenotten Baie de Somme: Die Abbaye de Saint-Riquier Le Havre: 500 Jahre, das will gefeiert werden ! Bretagne: Brest und Roscoff Elsass: Kirrwiller: 520 Einwohner und die drittgrößte Music Hall Frankreichs Chantals Rezept: Poulet fermier basse température à l'ail
Drôme: wandern auf den Spuren der Hugenotten
Baie de Somme: Die Abbaye de Saint-Riquier
Le Havre: 500 Jahre, das will gefeiert werden !
Bretagne: Brest und Roscoff
Elsass: Kirrwiller: 520 Einwohner und die drittgrößte Music Hall Frankreichs
Chantals Rezept: Poulet fermier basse température à l'ail
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DAS UNABHÄNGIGE FRANKREICH-MAGAZIN <strong>Nr</strong>. <strong>62</strong> · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong><br />
Kultur und Zeitgeist<br />
Frankreichs neue<br />
Lebensfreude<br />
Bretagne<br />
Brest und Roscoff:<br />
zwei außergewöhnliche<br />
Gärten<br />
Drôme<br />
Wandern auf den Spuren der Hugenotten<br />
Elsass<br />
Eine Music Hall inmitten von Feldern<br />
Baie de Somme Eine beeindruckende Reise<br />
Normandie Le Havre feiert <strong>2017</strong> den 500. Geburtstag<br />
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EDITORIAL<br />
Liebe Leserin,<br />
lieber Leser,<br />
was wäre, wenn gute Laune in Frankreich<br />
wieder in Mode käme? In<br />
unseren bewegten Zeiten mag diese<br />
Frage überraschen. Dabei entspricht<br />
sie tatsächlich einem Trend, der sich im Hexagon immer<br />
mehr ausbreitet. Als ob die Franzosen angesichts von<br />
terroristischer Bedrohung, Wirtschaftskrise, politischen<br />
Zweifeln und unsicherer Zukunft beschlossen<br />
hätten, all dem eine optimistische Sichtweise<br />
entgegenzuhalten. Lächeln und Lebensfreude<br />
als Antwort auf die trübe Stimmung?<br />
Darauf muss man erst einmal kommen!<br />
Der Gedanke ist bei Weitem nicht utopisch.<br />
Er wurde durch einige Vorreiter<br />
initiiert, durch – oft unerwartete<br />
– Initiativen aufgegriffen, die<br />
auf optimistische Art der Realität<br />
die Stirn bieten und damit nicht<br />
wenige Menschen ansprechen.<br />
Die Ankunft des <strong>Frühling</strong>s und<br />
die damit verbundene Aussicht<br />
auf Erneuerung scheinen uns<br />
der richtige Moment, Ihnen<br />
ein « positiv denkendes Frankreich »<br />
vorzustellen. Wir haben mehr oder<br />
weniger bekannte Akteure getroffen, die<br />
uns ein Land wiederentdecken lassen,<br />
das lächelt und für andere offen ist.<br />
In dieser Ausgabe mit dem Schwerpunktthema<br />
« gute Laune » erfahren Sie mehr über<br />
einen Fotografen, der sich auf Bilder<br />
vom Loslassen spezialisiert hat,<br />
auf Bilder<br />
eines Moments intensiven<br />
Glücks, in dem<br />
man alle Probleme vergisst.<br />
Sie begegnen dem Vater einer kleinen,<br />
lustigen, poetischen und unkonventionellen Figur<br />
mit Namen Elyx, die durch die Straßen von Paris spaziert<br />
und uns daran erinnert, niemals zu vergessen, die<br />
Welt mit Kinderaugen zu betrachten. Beim Stöbern in<br />
unserem Magazin werden Sie auch einen besonderen<br />
Küchenchef treffen: Für ihn ist eine Mahlzeit ein Fest,<br />
das für jeden erschwinglich sein sollte, selbst wenn<br />
sie von einem Sternekoch zubereitet wurde …<br />
Auf der Reise durch Frankreich stellen wir<br />
immer wieder fest, dass gute Laune ansteckend<br />
sein kann. Dank ihr und der Willenskraft<br />
einer mutigen Familie befindet sich in einem<br />
elsässischen 500-Seelen-Dorf heute<br />
inmitten von Feldern die drittgrößte<br />
Music Hall Frankreichs! Ein beispielhafter<br />
Erfolg. Auch in Le Havre ist<br />
in diesem Jahr gute Laune angesagt:<br />
Die Stadt verstand es, ihre architektonische<br />
Besonderheit positiv zu nutzen und künstlerische<br />
Neigungen zu wecken. Nun feiert sie ihren<br />
500. Geburtstag. Die Feierlichkeiten werden<br />
offensichtlich dem Ereignis angemessen sein!<br />
Dann geht es in dieser Ausgabe noch um ein<br />
Pergament, das die Geburt der französischen<br />
Sprache markiert, um eine wundersame Quelle<br />
und das Fundament Europas … Aber entdecken<br />
Sie selbst, was wir für Sie vorbereitet haben. Ich<br />
zweifle nicht daran, dass die Reise durch Frankreich Sie<br />
in gute Laune versetzen wird! Viel Spaß beim Lesen!<br />
Titelbild: Love Paris, Elyx, von Yak (Yacine Aït Kaci)<br />
Jean-Charles Albert<br />
Chefredakteur<br />
jc.albert@frankreicherleben.de<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 3
INHALT<br />
Rezept · 86<br />
Hauts-de-France · 34<br />
Normandie · 48<br />
Drôme · 24<br />
Elsass · 66<br />
Elyx · 78<br />
Bretagne · 56<br />
Gilles Choukron · 82<br />
4 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Lille<br />
34 · Saint-Riquier<br />
48 · Le Havre<br />
56 · Bretagne<br />
72, 82 · Paris<br />
66 · Kirwiller<br />
Strasbourg<br />
Frankreich heute<br />
Nantes<br />
Bordeaux<br />
Tours<br />
Toulouse<br />
Lyon<br />
Unterwegs in Frankreich<br />
24 · Drôme<br />
Marseille<br />
24 Drôme<br />
Wandern auf den Spuren der Hugenotten<br />
Nachdem Ludwig XIV. 1685 das Edikt von Nantes aufgehoben<br />
hatte, sind rund 200 000 Protestanten aufgrund<br />
der religiösen Verfolgung aus Frankreich geflohen.<br />
Der länderübergreifende Fernwanderweg GR965 folgt<br />
auf einer Länge von 1800 Kilometern ihren Spuren. Wir<br />
stellen Ihnen die sieben Teilstrecken in der Drôme vor.<br />
34 Hauts-de-France<br />
Eine beeindruckende Reise in<br />
der Baie de Somme (Teil 1)<br />
Die Baie de Somme ist ein wichtiger touristischer Anziehungspunkt<br />
in der Region Hauts-de-France. Unsere Reise<br />
führt uns etwas tiefer ins Landesinnere, an einen Ort,<br />
der seit Jahrhunderten kleine Geschichten und große<br />
Geschichte schreibt: die Abbaye de Saint-Riquier.<br />
48 Normandie<br />
Le Havre: 500 Jahre, das will gefeiert werden!<br />
<strong>2017</strong> jährt sich die Gründung der Stadt und des Hafens<br />
Le Havre zum 500. Mal. Diesen runden Geburtstag will<br />
man gebührend feiern und hat daher ein noch nie dagewesenes<br />
Kulturevent geplant: Un été au Havre <strong>2017</strong>.<br />
56 Bretagne<br />
Brest und Roscoff: mehr als nur zwei Gärten<br />
Die Bretagne profitiert von etwas, von dem viele Gärtner<br />
träumen, nämlich vom Golfstromeinfluss. Was Pflanzen<br />
und Samen angeht, so gibt es hier unglaubliche Schätze,<br />
die oft vom anderen Ende der Welt stammen. Besuch<br />
zweier Gärten, die von der engen Bindung zwischen<br />
den Bretonen und der Welt des Gartens zeugen.<br />
66 Elsass<br />
Kirrwiller: 520 Einwohner und die drittgrößte<br />
Music Hall Frankreichs<br />
Im beschaulichen Dorf Kirrwiller befindet sich, inmitten von<br />
Feldern und Mirabellenbäumen, die drittgrößte Music Hall<br />
Frankreichs, deren Shows Jahr für Jahr mehr als 200 000<br />
Menschen besuchen. Die Erfolgsgeschichte einer Familie,<br />
die mit einer erstaunlichen Herausforderung begonnen hat.<br />
72 Hotel<br />
Le Narcisse Blanc, Paris<br />
74 Gesellschaft<br />
Der Fotograf, der das Glück fotografiert<br />
David Ken hat dreißig Jahre lang mit Persönlichkeiten<br />
wie Claudia Schiffer, Laetitia Casta und Linda<br />
Evangelista gearbeitet. Dann hat er sich in ein etwas<br />
verrücktes Abenteuer namens LOL Project gestürzt<br />
und fotografiert nun lachende Menschen.<br />
78 Gesellschaft<br />
Der Vater von Elyx,<br />
des Botschafters der guten Laune<br />
Elyx ist eine ungeheuer lockere und lustige kleine Figur,<br />
deren Züge auf ein Minimum reduziert sind und die mit<br />
ihrem poetischen, zärtlichen und unkonventionellen<br />
Blick auf den Alltag Zehntausende von Menschen zum<br />
Lächeln bringt. Ein Gespräch mit ihrem geistigen Vater.<br />
82 Gesellschaft<br />
Ein Sternekoch, der die Pariser<br />
an den Flughafen zieht<br />
Das neue Restaurant CUP – Cuisine Urbaine Parisienne –<br />
des Sternekochs Gilles Choukroun liegt inmitten des Pariser<br />
Flughafens Orly. Diese zentrale und weltoffene Lage<br />
symbolisiert die Aufgeschlossenheit dieses dynamischen<br />
Kochs, dessen Optimismus einfach ansteckend ist!<br />
Art de vivre<br />
86 Chantals Rezept<br />
Poulet fermier basse température à l’ail<br />
88 Produkte<br />
Papier d’Arménie<br />
Ein kleines Stück Papier ist seit mehr als einem Jahrhundert<br />
vermutlich nicht nur das berühmteste Papier Frankreichs,<br />
sondern auch eines der unerwartetsten Souvenirs, das<br />
man von einer Reise ins Hexagon mitbringen kann.<br />
3 Editorial<br />
6 On en parle<br />
12 Frankreichkalender<br />
14 On lit<br />
18 On écoute<br />
20 On regarde<br />
22 On surfe<br />
85 Abonnement<br />
90 Nachbestellungen<br />
94 Kulturschock<br />
96 Guéwen a testé<br />
97 Impressum<br />
98 Vorschau<br />
Frankreich erleben im Internet:<br />
www.frankreicherleben.de<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 5
ON EN PARLE<br />
Paris<br />
Aufwertung<br />
des Eiffelturms<br />
Die Bürgermeisterin der Stadt Paris, Anne Hidalgo,<br />
hat angekündigt, im Laufe der nächsten 15 Jahre<br />
300 Millionen Euro investieren zu wollen, um das<br />
meistbesuchte kostenpflichtige Monument auf der Welt<br />
« aufzuwerten ». Vorgesehen sind unter anderem « die Schaffung<br />
neuer Eingangsbereiche » und die « Abschaffung der<br />
Warteschlangen auf allen Ebenen des Turms ». Dafür sieht<br />
der Investitionsplan für den 1889 erbauten Eiffelturm einen<br />
Betrag von 20 Millionen Euro pro Jahr vor – gegenüber<br />
13,7 im zurzeit gültigen Vertrag (2009-<strong>2017</strong>) zwischen der<br />
Stadt Paris und der Société d’Exploitation de la Tour Eiffel<br />
(SETE), die zu 100 % der Pariser Gebietskörperschaft gehört.<br />
Die Hälfte des vorgesehenen Budgets wird in die Renovierung<br />
und den Unterhalt fließen, vor allem in das Abbeizen<br />
des Anstrichs und die Wartung der Aufzüge, die zum<br />
Teil noch mit der von Gustave Eiffel entwickelten Technologie<br />
betrieben werden. Das Rathaus möchte, dass die Arbeiten<br />
vor den Olympischen Spielen 2024 fertiggestellt<br />
werden, da die Stadt als Austragungsort kandidiert.<br />
Unternehmen<br />
Das Solex kehrt nach Frankreich zurück<br />
Das Solex – mit vollständigem Namen VéloSolex – ist in Frankreich ein ebenso mythisches Fortbewegungsmittel<br />
wie der Citroën 2 CV. Es ist eine Art aufgewertetes Fahrrad mit einem kleinen Motor am Vorderrad. 1946<br />
tauchte es zum ersten Mal auf den französischen Straßen auf, seither wurden davon mehr als 8 Millionen<br />
Exemplare auf der ganzen Welt verkauft. 1988 gab man jedoch<br />
die Produktion in Frankreich auf und verlagerte sie nach China,<br />
wo es weiterhin vertrieben wurde. Nun soll aber die Produktion<br />
eines Solex « der neuen Generation » unter der legendären Marke<br />
im Hexagon lanciert werden, die damit wieder in ihre Heimat<br />
zurückkehrt. Das Fahrrad mit Elektrounterstützung wird in Saint-<br />
Lô im Departement Manche hergestellt. Zurzeit werden<br />
zwar noch einige Teile in Asien produziert, Ziel ist es<br />
jedoch, das Solex zu einem Produkt 100 % Made<br />
in France zu machen.<br />
6 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Mont-Saint-Michel<br />
Bauarbeiten im<br />
Kreuzgang<br />
Nach der Renovierung<br />
der Statue des Erzengels<br />
Saint Michel, die<br />
im Mai 2016 wieder<br />
aufgestellt wurde, setzt das Centre des Monuments nationaux<br />
(CMN) nun die umfangreichen Renovierungsarbeiten in<br />
der Abtei mit dem Kreuzgang fort. Dieses Meisterwerk der<br />
gotischen Architektur des 13. Jahrhunderts in der Normandie<br />
überragt die Bucht und wurde gebaut, um « die Verbindung<br />
zwischen Himmel und Erde zu bilden ». Die Arbeiten, die ein<br />
Jahr dauern sollen, umfassen neben dem 260 m 2 großen<br />
Garten und der Restauration der 137 Säulen sowie zahlreicher<br />
Skulpturen vor allem die Abdichtung des Daches, da<br />
eindringendes Wasser auch den Salle des Chevaliers bedroht.<br />
Eine teilweise Besichtigung des Kreuzgangs während der<br />
Renovierungsarbeiten ist möglich.<br />
Hauts-de-France<br />
Die Villa Cavrois erhält<br />
ihre Originalmöbel zurück<br />
In unserer Sommerausgabe des letzten Jahres (Frankreich<br />
erleben <strong>Nr</strong>. 59) haben wir Ihnen die Villa Cavrois vorgestellt.<br />
Dieses in den Dreißigerjahren vom Architekten<br />
Robert Mallet-Stevens konzipierte berühmte Gebäude<br />
nordöstlich von Lille, das vollständig renoviert wurde, erhält<br />
nach und nach seine auf der ganzen Welt verstreuten originalen<br />
Möbel zurück. Nachdem bereits ein Schreibtisch und<br />
zwei Stühle aufgespürt wurden, konnte das Centre des Monuments<br />
Nationaux bei einer öffentlichen Versteigerung in<br />
New York zwei Tische und acht Wohnzimmerstühle sowie<br />
zwei Schreibtischstühle aus dem Büro von Paul Cavrois zurückkaufen.<br />
Im November 2016 konnte man schließlich bei<br />
einem Verkauf in einer Pariser Galerie einen Tisch mit Palmenholzfurnier<br />
aus dem Elternschlafzimmer erwerben.<br />
Nach und nach<br />
erhält die Villa<br />
also ihre Originalmöbel<br />
zurück.<br />
Schnappschüsse<br />
Mehr Franzosen ++ Laut Institut National de la<br />
Statistique et des Études Économiques (INSEE) gab es am<br />
1. Januar <strong>2017</strong> 66,991 Millionen Franzosen, dies ist eine<br />
Steigerung von 0,4 % gegenüber 2016. Frankreich liegt<br />
mit einem Anteil von 13 % an der Bevölkerung der EU<br />
hinter Deutschland (16 %) auf dem zweiten Platz.<br />
Weniger Geburten ++ Im zweiten Jahr in Folge ist<br />
die Anzahl der Geburten in Frankreich zurückgegangen:<br />
2016 wurden 785 000 Babys geboren, 14 000 weniger als<br />
2015 (-1,7 %). Die Geburtenrate beläuft sich nun auf 1,93<br />
Kinder pro Frau, gegenüber 1,96 im Jahr 2015. Neben<br />
Irland ist Frankreich damit jedoch nach wie vor das Land<br />
mit der höchsten Geburtenrate in der EU.<br />
Höhere Lebenserwartung ++ 2015 ist die<br />
Lebenserwartung in Frankreich zurückgegangen, 2016<br />
hat sie jedoch wieder das Niveau von 2014 erreicht:<br />
Frauen werden durchschnittlich 84,4 Jahre alt, Männer<br />
79,3.<br />
Mehr ältere Menschen ++ Die französische<br />
Bevölkerung wird weiterhin immer älter. Am 1. Januar<br />
<strong>2017</strong> machte der Anteil der Menschen über 65 Jahre<br />
19,2 % der Bevölkerung aus, dies sind drei Prozentpunkte<br />
mehr als noch vor 10 Jahren.<br />
Etwas weniger Eheschließungen ++ 2016<br />
wurden in Frankreich 235 000 Ehen geschlossen, davon<br />
7000 zwischen Menschen gleichen Geschlechts. 2015<br />
waren es 239 000 beziehungsweise 8000.<br />
Das Heiratsalter schwankt ++ Ehen<br />
zwischen Personen verschiedenen Geschlechts werden<br />
immer später geschlossen: 2016 waren Männer durchschnitt<br />
lich 37,8 Jahre alt, als sie den Bund der Ehe geschlossen<br />
haben, Frauen 35,3 Jahre. Damit waren sie<br />
rund 5 Jahre älter als 1996. Im Gegensatz dazu ist 2016<br />
das Durchschnittsalter von Personen gleichen Geschlechts<br />
bei der Eheschließung gesunken: Männer<br />
waren 43,9 Jahre alt, Frauen 39,6 Jahre. Im Jahr 2013, als<br />
gleich ge schlechtliche Ehen gesetzlich möglich wurden,<br />
betrug das Alter 49,8 bzw. 43,0 Jahre.<br />
Französische Männer sind gar nicht<br />
so dick ++ Laut einer Tabelle der Welt gesund heitsorganisation<br />
(WHO) haben französische Männer mit<br />
einem Body-Mass-Index (BMI) von 25,2 nur ein « leichtes »<br />
Übergewicht. Mit einem Kilo weniger lägen sie in der<br />
Kategorie der « normalgewichtigen Menschen ».<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 7
ON EN PARLE<br />
Wahlen<br />
Was wird aus den<br />
Geschenken an den<br />
Präsidenten?<br />
Es gehört zur Tradition, dass Staatschefs bei offiziellen Reisen<br />
nicht mit leeren Händen kommen, sondern ihren Amtskollegen<br />
ein Geschenk überreichen. Während seiner Amtszeit, die im<br />
Mai <strong>2017</strong> zu Ende geht, soll François Hollande demzufolge knapp<br />
2500 solcher Geschenke erhalten haben. Nun stellt sich die Frage, was<br />
aus ihnen wird. In Frankreich ist es so, dass diese Geschenke nicht dem<br />
Staatschef, sondern dem Land gehören. François Hollande muss nun<br />
also entscheiden, ob er sie französischen Museen übergibt oder möglicherweise<br />
ein spezifisches Museum einrichtet, in dem sie ausgestellt<br />
werden, so wie dies François Mitterand und Jacques Chirac gehandhabt<br />
haben. Alternativ könnte François Hollande diese Geschenke<br />
auch dem Mobilier national übergeben, einem Staatsdienst, der sich um<br />
die Möblierung der diversen offiziellen Staatsresidenzen auf französischem<br />
Boden kümmert. Eines ist jedoch bereits sicher: Der amtierende Präsident hat<br />
angekündigt, dass er die junge Labradorhündin Philae mitnehmen wird. Er hat sie im<br />
Dezember 2014 von der Fédération des anciens combattants français in Montreal erhalten<br />
und hängt sehr an ihr. Eine solche kleine und gut nachvollziehbare Ausnahme von der<br />
geltenden Regel bei « Tiergeschenken » wird traditionell genehmigt.<br />
Transport<br />
Garantierte Erstattung bei der SNCF<br />
Die Société Nationale des Chemins de Fer (SNCF) hat für ihre Kunden eine neue Garantie<br />
im Falle von Verspätungen ihrer Züge eingeführt. Bei einer Verspätung von mehr als<br />
30 Minuten – egal aus welchem Grund – garantiert sie nun eine teilweise Erstattung<br />
in Form von Gutscheinen, die für alle Fahrten mit TGV und Intercityzügen eingelöst<br />
werden können. Diese Erstattung ist vorteilhafter als die in Europa geltende Regelung.<br />
Sie beginnt bei 25 % des Ticketpreises und steigt mit der Dauer der Verspätung (75 % bei<br />
einer Verspätung ab drei Stunden). Vor allem ist sie einfach zu erhalten: Nach der Ankunft<br />
des Zuges kann der Fahrgast sie online auf der Website g30.sncf.com oder über die APP<br />
SNCF beantragen. Er erhält dann innerhalb von 48 Stunden einen digitalen Gutschein,<br />
der ein Jahr lang im Internet und an allen Verkaufsstellen eingelöst werden kann.<br />
Parallel dazu hat die SNCF angekündigt, dass bis zum Jahresende 80 %<br />
ihrer TGV mit einem kostenlosen WLAN-Zugang ausgerüstet sein sollen.<br />
8 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Wein<br />
Ist der Beaujolais nouveau<br />
aus der Mode gekommen?<br />
Die Verkaufszahlen des Beaujolais nouveau aus dem vergangenen November<br />
haben es erneut bestätigt: Immer mehr Winzer im Beaujolais distanzieren<br />
sich von dem Etikett Vin nouveau. Sie stufen diese Aktion zu sehr als Marketingmaßnahme<br />
ein und möchten stattdessen die Vielfalt ihrer Weine aufwerten, ein Aspekt,<br />
der in den letzten Jahren angesichts der intensiven Kommunikation für den Beaujolais<br />
nouveau ganz untergegangen war. Die Umsätze des Beaujolais nouveau sind im Übrigen<br />
ein klares Indiz dafür: Vor 10 Jahren lagen sie noch zwei Mal so hoch wie 2015, dafür sind die<br />
Verkaufszahlen für den « klassischen » Beaujolais deutlich gestiegen. Qualität setzt sich also gegenüber<br />
Modeerscheinungen und Marketing durch! Eine positive Anerkennung für die Winzer!<br />
Hafen<br />
Erfolgreicher Hafen in Cherbourg<br />
Für den Hafen in Cherbourg (Departement Manche) zeichnet sich ein<br />
erfolgreiches Jahr ab: Er ist prädestiniert für Zwischenstopps großer<br />
Passagierschiffe und <strong>2017</strong> werden mehr als 30 Ozeandampfer mit insgesamt<br />
rund 55 000 Passagieren dort anlegen. Man wird unter anderem die Queen<br />
Mary 2 und die Queen Victoria sehen. Ein Rekordjahr für einen Hafen, der<br />
eine Zeit lang als wirtschaftlich unrentabel eingestuft worden war.<br />
Umwelt<br />
Die erste Solarstraße der Welt liegt in Frankreich<br />
Das kleine Dorf Tourouvre (Orne) in der Normandie kann sich rühmen,<br />
die erste Solarstraße der Welt zu besitzen: Auf einem ein Kilometer<br />
langen Abschnitt wurden auf der Fahrbahn Solarpanels verlegt,<br />
deren Solarzellen durch eine Harzbeschichtung geschützt sind,<br />
sodass sie von Autos und Lastkraftwagen befahren werden können.<br />
Diese Installation dürfte in etwa die Strommenge produzieren, die<br />
eine Stadt mit 5000 Einwohnern für die öffentliche Beleuchtung benötigt. Die Umweltministerin,<br />
Ségolène Royale, möchte diesen Test im Erfolgsfall auf 1000 Straßenkilometer in Frankreich<br />
ausdehnen. Das einzige Problem: Bislang sind sich alle Experten darin einig, dass ein solches<br />
Projekt unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht rentabel ist. Eine Megawattstunde<br />
würde damit 300 Euro kosten, gegenüber 70 Euro bei herkömmlichen Solaranlagen. Die<br />
Versuchsphase hat auf alle Fälle bereits begonnen.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 9
ON EN PARLE<br />
Verkehrssicherheit<br />
Neue Radarhinweisschilder<br />
Ab dem 1. März <strong>2017</strong> werden auf Frankreichs Straßen neue Radarhinweisschilder<br />
eingeführt. Die Zone mit Radarüberwachung wird auf<br />
zwei Arten angegeben. Im ersten Fall – der keine spektakuläre Änderung<br />
gegenüber den bisherigen Schildern darstellt – wird die Lesbarkeit verbessert:<br />
Die Botschaft « pour votre sécurité, contrôles radars fréquents » wird gestrichen,<br />
dafür wird an die maximal zulässige Geschwindigkeit erinnert. Der<br />
zweite Fall betrifft die « fingierten » Ankündigungen, also die Schilder, die am<br />
Straßenrand eine Radarkontrolle ankündigen, ohne dass zwangsläufig in der<br />
Folge tatsächlich eine solche durchgeführt wird. Zukünftig wird auf diesen<br />
Schildern nicht mehr die zulässige Geschwindigkeit angegeben – diese kann<br />
auf dem entsprechenden Streckenabschnitt variieren –, sondern die Distanz in<br />
Kilometern, auf der der Autofahrer mit einer Geschwindigkeitskontrolle rechnen<br />
muss. Eine Aufforderung also, vom Gas zu gehen.<br />
Geburt<br />
Geburtsort: Insel Ouessant<br />
Ein derartiges Ereignis gab es seit mehr als dreißig Jahren nicht<br />
mehr auf Ouessant: Vor Kurzem ist auf der Insel ein Baby zur<br />
Welt gekommen. Die kleine Léane und ihre Mama sind wohlauf,<br />
alles ist gut abgelaufen. Aus Sicherheitsgründen gebären die<br />
Frauen der Insel normalerweise immer auf dem Festland, da die<br />
Überfahrt mit dem Boot nicht immer einfach ist. Bei Léanes Geburt<br />
war die werdende Mutter gerade im Begriff, ein Boot zu besteigen, um sich vorsorglich nach Brest in die<br />
Entbindungsklinik zu begeben, als die Wehen einsetzten. Daher hat das kleine Mädchen auf Ouessant<br />
das Licht der Welt erblickt. Die knapp 900 Inselbewohner haben sich über diese Geburt sehr gefreut!<br />
Feiertage<br />
Franzosen sind nicht sehr verwöhnt<br />
Entgegen der landläufigen Meinung ist Frankreich nicht<br />
das Land mit den meisten Feiertagen, sondern liegt mit 11<br />
Feiertagen im weltweiten Vergleich nur auf Platz 8, weit<br />
hinter Indien (18 Tage), Thailand (16) und Japan (15). Auch<br />
innerhalb der Europäischen Union geht es in dieser Hinsicht<br />
mit 15 Feiertagen den Finnen besser, ebenso den Spaniern<br />
und Maltesern (14), den Slowaken (13) sowie den Slowenen,<br />
Tschechen, Litauern, Österreichern, Zyprioten und Griechen (12).<br />
Deutschland liegt mit 10 Feiertagen knapp hinter Frankreich.<br />
10 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Kulturerbe<br />
Und wenn die<br />
Basilika Saint-Denis<br />
wieder ihre Turmspitze<br />
bekäme?<br />
Die Basilika Saint-Denis in der Region Paris<br />
ist die letzte Ruhestätte französischer Königinnen<br />
und Könige. Der 1219 erbaute Turm<br />
war ursprünglich 90 Meter hoch, wurde aber 1845<br />
nach einem Sturm Stein für Stein abgetragen. Die<br />
Vereinigung Suivez la flèche, die auch von Lokalpolitikern<br />
unterstützt wird, hat vor, diese Turmspitze<br />
nach den Originalplänen wieder aufzubauen. Um die<br />
Kosten dieser spektakulären Aktion zu finanzieren,<br />
hat sie sich durch den Erfolg der Bauarbeiten des<br />
Château de Guédélon im Departement Yonne (siehe<br />
Frankreich erleben <strong>Nr</strong>. 17 aus dem Jahr 2008) inspirieren<br />
lassen und will eine « touristische Baustelle » schaffen, deren Eintrittsgebühren die<br />
Arbeiten finanzieren sollen. Das Budget wird auf 13 Millionen Euro geschätzt. Die notwendigen<br />
Schritte für das Genehmigungsverfahren sind eingeleitet.<br />
Olympische Spiele<br />
Ein englischer<br />
Slogan für Paris<br />
2024<br />
Die Stadt Paris hat das<br />
Geheimnis um den<br />
Slogan gelüftet, mit<br />
dem sie sich für die<br />
Olympischen Spiele<br />
2024 bewirbt, und ihn<br />
gleich einige Tage<br />
lang am Eiffelturm präsentiert: Made for Sharing. Für Frankreich<br />
ist es recht ungewöhnlich, dass man sich in diesem Fall für die<br />
englische Sprache entschieden hat. Damit will man jedoch die<br />
Bewerbung für die Spiele 2012 vergessen machen, die als « zu<br />
französisch » eingestuft worden war. Im Hexagon soll zudem die<br />
französische Variante Venez partager verwendet werden. Diese<br />
Ankündigung ist der offizielle Start der Werbekampagne, mit der<br />
Paris gegen die Städte Los Angeles und Budapest antritt. Die<br />
Entscheidung für den Austragungsort wird am 13. September<br />
dieses Jahres in Lima verkündet.<br />
Transport<br />
Eine neue Autobahn<br />
Die Einwohner von Montpellier und Umgebung<br />
kennen das Problem nur zu gut: Will man auf der<br />
aktuellen Autobahn A9 die Stadt umfahren, so muss<br />
man häufig mit Staus rechnen. Um hier Abhilfe<br />
zu schaffen, wurde nun für den Transitverkehr ein<br />
neuer Autobahnabschnitt der A9 gebaut, auf dem<br />
Fahrzeuge, deren Ziel nicht Montpellier ist, besser<br />
vorwärtskommen sollen, zumal Stopps an<br />
den Gares de péage entfallen. Der<br />
Ortsverkehr fährt weiterhin auf der<br />
bestehenden Autobahn, die<br />
zur A709 umgetauft<br />
wird.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 11
FRANKREICHKALENDER<br />
Auf keinen Fall verpassen<br />
Ein beispielloser Kunsthändler<br />
Paul Rosenberg<br />
(1881-1959) war<br />
einer der einflussreichsten<br />
Kunsthändler<br />
in der ersten<br />
Hälfte des 20.<br />
Jahrhunderts.<br />
Er besaß mehrere<br />
Kunstgalerien,<br />
darunter<br />
die legendäre<br />
Galerie in<br />
der Rue de la<br />
Boétie <strong>Nr</strong>. 21<br />
in Paris, die<br />
er 1910 eröffnet hatte. Seine Enkelin Anne<br />
Sinclair (oben) ein von Marie Laurencin<br />
gemaltes Portrait von ihr aus dem Jahr 1952),<br />
eine renommierte französische Journalistin<br />
und Exfrau von Dominique Strauss-Kahn,<br />
von dem sie 2013 geschieden wurde, erinnert<br />
sich daran, dass er nicht nur Agent, sondern<br />
auch Freund vieler großer Künstler seiner<br />
Zeit war: «‹ Stellen Sie sich vor ›, schrieb in<br />
den Vierzigerjahren eine bedeutende kalifornische<br />
Zeitung, ‹ Sie seien in der Lage,<br />
zwei Mal im Jahr einfach so in das Atelier<br />
von Matisse oder Picasso zu gehen, vierzig<br />
ihrer schönsten Bilder anzusehen und zu<br />
sagen: „Ich nehme sie alle!“ Genau das machte<br />
Paul Rosenberg bis zum Krieg. ›» Die Ausstellung<br />
in Paris unter der Schirmherrschaft<br />
von Anne Sinclair vereinigt – in vielerlei<br />
Hinsicht auf ganz neuartige Weise – rund<br />
60 Meisterwerke der modernen Kunst<br />
(Pablo Picasso, Fernand Léger, Georges<br />
Braque, Henri Matisse …) aus bedeutenden<br />
öffentlichen oder privaten Sammlungen<br />
aus der ganzen Welt. Man kann durch sie<br />
die fundamentale Rolle des Kunsthändlers,<br />
die Ausbreitung der modernen Kunst in<br />
Europa und ihre, durch die Wirren des<br />
Zweiten Weltkriegs bedingte, Verlagerung<br />
aus dem Weltzentrum der Kunstgeschichte<br />
Paris nach New York nachvollziehen.<br />
Paris, Musée Maillol, 2. März bis 23. Juli <strong>2017</strong><br />
www.museemaillol.com<br />
Les Misérables zurück in<br />
Paris und auf Tournee<br />
18<strong>62</strong> veröffentlichte Victor Hugo (1802-<br />
1885) sein Werk Les Misérables, das<br />
die Geschichte des herzzerreißenden<br />
Schicksals von Männern und Frauen<br />
im Paris des 19. Jahrhunderts erzählt.<br />
1981 inszenierte der Regisseur Robert Hossein in Paris ein Musical<br />
nach der Romanvorlage. Bis heute ist dies weltweit das erfolgreichste<br />
Stück in der Geschichte des Musiktheaters. Es wurde in 22 Sprachen<br />
übertragen, in mehr als 44 Ländern aufgeführt und zog mehr als 70<br />
Millionen Besucher an. In einer neu bearbeiteten und kürzeren Version<br />
in französischer Sprache kommt es nun zurück nach Paris, bevor<br />
es dann auf Tournee durch Frankreich geht. Bei dieser Produktion<br />
mit 30 Sängern, einem Symphonieorchester und spezifisch angefertigten<br />
Kostümen hat man bewusst auf die Dekoration verzichtet,<br />
um den musikalischen Ausdruck in den Vordergrund zu stellen.<br />
Paris, Palais des Congrès, 3., 4. und 5. März <strong>2017</strong>; anschließend auf Tournee<br />
durch Frankreich: 7. März Toulouse (Zénith), 8. März Limoges (Zénith),<br />
9. März Montpellier (Domaine de Grammont), 10. März Marseille (Dôme),<br />
11. März Lyon (Halle Tony Garnier), 12. März Strasbourg (Zénith), 14. März<br />
Dijon (Zénith), 15. März Amnéville (Galaxie), 16. März Nancy (Zénith), 17. März<br />
Rouen (Zénith), 18. März Caen (Zénith), 19. März Lille (Zénith Arena)<br />
Informationen und Reservierung unter www.lesmiserablesenconcert.com<br />
Picasso und die<br />
primitive Kunst<br />
Das « Musée du Quai Branly<br />
- Jacques Chirac » wurde<br />
2006 direkt an der Seine in der Nähe des Eiffelturms eröffnet<br />
und ist der Kunst und den Zivilisationen Afrikas, Asiens,<br />
Ozeaniens und Amerikas gewidmet. Mit dieser Ausstellung<br />
beschäftigt es sich auf neue Art mit der Beziehung zwischen<br />
Pablo Picasso (1881-1973) und der Kunst außerhalb Europas.<br />
Durch die Präsentation zahlreicher Dokumente, Briefe, Fotos,<br />
Zeugnisse zeigt die Ausstellung zunächst, dass Picasso sich<br />
sowohl zuhause als auch in seinem Atelier mit zahlreichen<br />
Kunstwerken nicht-westlicher Künstler umgeben hat. Die primitive<br />
Kunst hat ihn wohl zeit seines Lebens in seiner kreativen<br />
Arbeit begleitet. In einem zweiten Teil stellt die Ausstellung<br />
eine Beziehung zwischen diesen Werken und denjenigen von<br />
Picasso her. Die Gegenüberstellung ist oft verblüffend, denn die<br />
Fragestellungen der Künstler waren offensichtlich dieselben (wie<br />
stellt man beispielsweise Nacktheit oder Sexualität dar?) und<br />
die Antworten, die sie darauf gegeben haben, ebenfalls (zum<br />
Beispiel durch Entstellung). Eine sehr lehrreiche Ausstellung!<br />
Paris, Musée du Quai Branly - Jacques Chirac, 28. März bis 23. Juli <strong>2017</strong><br />
www.quaibranly.fr<br />
12 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Wenn Kleidung<br />
für Skandale sorgt<br />
Anhand von 400 Kleidungsstücken,<br />
Accessoires, Porträts, Karikaturen<br />
und kleinen Objekten zeigt die Ausstellung<br />
Tenue correcte exigée, quand<br />
le vêtement fait scandale, wie eine<br />
bestimmte Garderobe in der Zeit<br />
vom 14. Jahrhundert bis heute für<br />
Empörung sorgen konnte: Contouche,<br />
Hosen bei Frauen, Minirock, zerrissene Jeans … Viele<br />
Outfits haben zuerst für einen Skandal und dann für<br />
eine Weiterentwicklung der Gesellschaft gesorgt.<br />
Paris, Musée des Arts Décoratifs, bis 23. April <strong>2017</strong><br />
www.lesartsdecoratifs.fr<br />
Die Baie de<br />
Somme aus zwei<br />
Blickwinkeln<br />
In der Abbaye de Saint-<br />
Riquier, die wir Ihnen in<br />
dieser Ausgabe vorstellen,<br />
präsentiert eine Ausstellung<br />
zwei verschiedene Betrachtungsweisen der Baie de Somme:<br />
die des französischen Malers Alfred Manessier (1911-<br />
1993), eines aus dieser Region stammenden Künstlers mit<br />
internationalem Ruf, und die des südkoreanischen Fotografen<br />
Han Sungpil (*1972), der viel Gespür für die Natur<br />
und Umweltprobleme beweist. Vor dem Hintergrund<br />
der verschiedenen Kulturen zeugen ihre Sichtweisen von<br />
derselben Emotion für diesen Ort, der wie eine erstaunliche<br />
Verschmelzung von Erde und Meer erscheint.<br />
Saint-Riquier (Somme), Abbaye, bis 28. Mai <strong>2017</strong><br />
www.ccr-abbaye-saint-riquier.fr<br />
Außerdem lohnenswert<br />
nicht nur die Sichtweise des Publikums, sondern auch<br />
die der Künstler, die mit seinen Werken in Berührung<br />
kamen und durch sie inspiriert wurden, beeinflusst hat.<br />
Paris, Grand Palais, 22. März bis 31. Juli <strong>2017</strong><br />
www.grandpalais.fr<br />
Émile Gallé<br />
und die Schrift<br />
In unserer letzten Ausgabe erwähnten<br />
wir im Artikel über das Zentrum<br />
für Glaskunst in Meisenthal den<br />
Stellenwert des aus Nancy stammenden<br />
Künstlers Émile Gallé<br />
(1846-1904). Die Stadt, die eine<br />
der umfassendsten Sammlungen<br />
an Glasobjekten von Gallé besitzt,<br />
erweist ihm nun mit dieser Ausstellung<br />
die Ehre. Sie befasst sich vor<br />
allem mit der Beziehung des Künstlers zur Schrift.<br />
Nancy, Musée de l’École de Nancy, 31. März bis 9. Juli <strong>2017</strong><br />
www.ecole-de-nancy.com<br />
Hommage an Dalida<br />
Anlässlich des 30. Todestages der<br />
berühmten Sängerin Dalida (1933-<br />
1987) stellt nun das Musée de la<br />
Mode im Pariser Palais Galliera<br />
erstmals ihre unglaubliche Garderobe<br />
aus, von sinnlichen Gewändern bis<br />
hin zu Strass besetzten Discokleidern.<br />
Paris, Musée de la Mode, 27. April<br />
bis 13. August <strong>2017</strong><br />
www.palaisgalliera.paris.fr<br />
Eine Ausstellung<br />
zum 100. Todestag von Rodin<br />
Nachdem sich in diesem Jahr der Tod von Auguste<br />
Rodin (1840-1917), einem der Väter der modernen<br />
Bildhauerei, zum 100. Male jährt, haben die Pariser<br />
Museen Musée Rodin und Grand Palais gemeinsam eine<br />
bedeutende Ausstellung organisiert.<br />
Im grandiosen Rahmen des Grand<br />
Palais werden neben mehr als 200<br />
Werken des Künstlers Skulpturen und<br />
Zeichnungen von Bourdelle, Picasso,<br />
Giacometti, Matisse und anderen<br />
gezeigt. Durch diese ganz neuartige<br />
Betrachtungsweise der Arbeit Rodins<br />
kann man nachvollziehen, wie er<br />
Endlich <strong>Frühling</strong>!<br />
Seit mehr als 30 Jahren warten Hobby- und Berufsgärtner<br />
ungeduldig auf die alljährlich im Mai und<br />
Oktober stattfindenden Journées des Plantes de Chantilly.<br />
Bei diesem Ereignis, das zuerst in<br />
Courson stattfand, 2015 jedoch<br />
in den wunderschönen Park des<br />
Château de Chantilly verlegt wurde,<br />
bieten die besten Baumschulen<br />
Europas Pflanzen und Tipps an.<br />
Eine Gelegenheit, die Ankunft des<br />
<strong>Frühling</strong>s würdig zu begrüßen!<br />
Château de Chantilly (Oise), 19.-21. Mai<br />
<strong>2017</strong> (Herbstausgabe 13.-15. Oktober <strong>2017</strong>)<br />
www.domainedechantilly.com<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 13
ON LIT<br />
Roman<br />
Liebe in Paris<br />
Seit Marc Levy seinen ersten Roman Solange du da bist veröffentlicht hat, gehört er<br />
zu den bekanntesten französischen Schriftstellern unserer Zeit. Von diesem Buch<br />
wurden seit 2005 mehr als fünf Millionen Exemplare verkauft, und es wurde in<br />
rund vierzig Sprachen übersetzt. Auch Steven Spielberg war von der Geschichte damals<br />
so begeistert, dass er die Kinorechte erwarb und nach der Idee den Film Just like heaven<br />
produzierte. Zehn Jahre später hat Marc Levy seinen aktuellen Roman veröffentlicht, in<br />
dem er uns die Liebesgeschichte zwischen der Engländerin Mia, die am Montmartre<br />
wohnt, und dem Amerikaner Paul, der ebenfalls in Paris, jedoch im Marais lebt, erzählt.<br />
Die beiden lernen sich über eine Datingwebsite kennen, möchten aber nur « Freunde »<br />
bleiben. Das Buch spielt in Paris und hat alles von einem unterhaltsamen und angenehm<br />
zu lesenden Liebesroman, den man in einigen Stunden verschlingt.<br />
Marc Levy: Er & Sie – Eine Liebe in Paris (Originaltitel: Elle & Lui) •<br />
Blanvalet • ISBN: 978-3764505943 • Erhältlich ab Mai <strong>2017</strong>.<br />
Roman<br />
Das Leben geht weiter<br />
Fabel<br />
Begegnung zweier<br />
Größen<br />
Der legendäre Kunsthändler<br />
Ambroise Vollard erteilte 1926<br />
Marc Chagall den Auftrag, die<br />
berühmten Fabeln von Jean<br />
de La Fontaine zu illustrieren.<br />
1930 wurden die Bilder in<br />
namhaften Galerien in Paris,<br />
Brüssel und Berlin gezeigt<br />
und von privaten Sammlern<br />
auf der ganzen Welt gekauft. Erst in den neunziger Jahren<br />
versuchte man, die verstreuten Gemälde wieder als großen<br />
Werkzyklus im Pariser Grand Palais zu versammeln und der<br />
breiten Öffentlichkeit vorzustellen. Dieses Buch präsentiert<br />
die in der Ausstellung gezeigten Werke und parallel dazu die<br />
ins Deutsche übersetzten Texte der Fabeln von Jean de la<br />
Fontaine. Eine fesselnde Begegnung zweier großer Namen<br />
aus Literatur und Malerei.<br />
Agnès Martin-Lugand ist in Saint-Malo geboren und<br />
lebt nach wie vor in der Normandie. Sie ist Psychologin<br />
und arbeitete sechs Jahre in einer Klinik im Bereich des<br />
Kinderschutzes. Seither widmet sie sich dem Schreiben<br />
und veröffentlichte im Jahr 2013 das erfolgreiche Buch<br />
Glückliche Menschen küssen auch im Regen. In ihrem<br />
neuen Roman kehrt Diane, die Mann und Tochter bei<br />
einem Autounfall verloren hat, aus Irland zurück. Es<br />
gelingt ihr, nach dem Verlust der beiden geliebten<br />
Menschen ihren inneren Frieden wiederzufinden und<br />
in Paris erneut ein « normales Leben » zu beginnen.<br />
Doch dann scheint ein weiteres Ereignis das gerade<br />
zurückgewonnene Gleichgewicht ins Wanken zu<br />
bringen. Ein optimistischer<br />
und ermutigender Roman,<br />
der einfach gut tut!<br />
Agnès Martin-Lugand:<br />
Abschiedsküsse zählt man<br />
nicht (Originaltitel: La vie<br />
est facile, ne t’inquiète<br />
pas) • Blanvalet •<br />
ISBN: 978-3764505974.<br />
Jean de la Fontaine: Fabeln, illustriert von Marc<br />
Chagall • Insel Verlag • ISBN 978-3458200215.<br />
14 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Comic<br />
Krimi<br />
In den Kulissen einer<br />
besonderen Pariser Brigade<br />
Sophie Hénaff liebt Herausforderungen:<br />
Sie arbeitete zunächst als<br />
Schauspielerin in einem Café-<br />
Theater, eröffnete dann mit einer<br />
Freundin eine « Bar für Karten- und<br />
Gesellschaftsspiele », bevor sie für die<br />
Zeitschrift Cosmopolitan journalistisch<br />
tätig wurde. Kommando Abstellgleis ist ihr erster Roman. Es ist die<br />
Geschichte von Anne Capestan, einer brillanten Kommissarin, der<br />
im Alter von 37 Jahren nach einer ungewollten Panne die Leitung<br />
einer ganz neuen und etwas speziellen Brigade übertragen<br />
wird. In ihr sind alle « Stiefkinder » der Polizei zusammengefasst:<br />
« Alkoholiker, Schläger, Depressive, Faulenzer (…) alle, die unsere<br />
Dienststellen belasten, die wir aber nicht entlassen können »,<br />
erklärt ihr Vorgesetzter. Anne nimmt die Herausforderung an.<br />
Sophie Hénaff schreibt damit eine neue Art von Krimi, der nichts<br />
mit den klassischen, oft schmutzigen Geschichten dieses Genres<br />
zu tun hat. Mit Humor und manchmal sogar mit einer Prise Poesie<br />
blickt sie darin auf die Arbeit in einem Pariser Kommissariat.<br />
Sophie Hénaff: Kommando Abstellgleis - Ein Fall<br />
für Kommissarin Capestan (Originaltitel: Poulets<br />
grillés) • Carl’s books • ISBN: 978-3570585610.<br />
Jacques Prévert, der Poet aus Paris<br />
Anlässlich des 40. Todestages des berühmten<br />
Poeten Jacques Prévert (1900-1977) führt<br />
uns diese gezeichnete Biografie zurück in<br />
die Zwanzigerjahre, in das Pariser Viertel<br />
Montparnasse mit seinen literarischen Debatten,<br />
seiner brodelnden Kulturszene. Jacques<br />
Prévert verkehrte in den Kreisen der damaligen<br />
Avantgarde um Louis Aragon, Robert Desnos und<br />
André Breton. Mit ihnen schrieb er die schönsten<br />
Kapitel des Surrealismus. Ab 1932 drängten ihn<br />
Giacometti, Carné und Pierre Batcheff dazu,<br />
als Drehbuchautor Stücke für die Groupe<br />
Octobre zu schreiben, eine Theatergruppe, die<br />
der Fédération du théatre ouvrier de France<br />
angehörte und auf der Straße, in Cafés oder in<br />
bestreikten Fabriken<br />
auftrat.<br />
Hervé Bourhis<br />
(Szenario) und<br />
Christian Cailleaux<br />
(Zeichnungen):<br />
Jacques Prévert<br />
n’est pas un poète •<br />
Éditions Dupuis •<br />
ISBN 978-2800163611.<br />
Bildband<br />
Neuer Wind in den Weinbergen<br />
Landschaften mit Reben haben die Besonderheit, dass sie sowohl zutiefst natürlich<br />
wirken, gleichzeitig aber auch vom Eingriff des Menschen zeugen. Dieses<br />
Buch, das der für seine Leidenschaft für Gärten und Landschaften bekannte<br />
Fotograf Philippe Perdereau illustriert hat, zeigt, dass vor allem in Frankreich ein<br />
neuer Wind durch die Weinberge weht. Sie sind nämlich zunehmend von einem neuen<br />
Landschaftsbild geprägt, das zum einen durch innovative Pflanztechniken, zum<br />
anderen aber auch durch die Installation von Kunstwerken oder die Errichtung von<br />
Gebäuden, die auf ein immer zahlreicheres Publikum ausgerichtet sind, bestimmt wird. Ein anschauliches und<br />
fesselndes Zeugnis dafür, dass die Welt des Weinbaus es versteht, sich anzupassen und weiterzuentwickeln.<br />
Philippe Perdereau (Fotos), Christiane Camou und Françoise Dubarry (Text):<br />
Les nouveaux paysages de la vigne •Éditions Ulmer • ISBN: 978-2841388547.<br />
Bücher in deutscher Sprache: · Bücher in französischer Sprache: = leicht verständlich, = mittleres Niveau, = für Fortgeschrittene<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 15
ON LIT<br />
Kunst<br />
Das « wiederentdeckte » Skizzenbuch<br />
mit unveröffentlichten Zeichnungen van Goghs:<br />
Publicitygag oder unglaubliche Entdeckung?<br />
Im November des vergangenen Jahres haben mehrere Verlage<br />
auf der ganzen Welt (in Deutschland der Knesebeck-Verlag)<br />
zeitgleich ein ihrer Ansicht nach vielversprechendes Werk veröffentlicht:<br />
das kommentierte Faksimile einer Kladde mit 65 bisher<br />
unveröffentlichten Zeichnungen, die der holländische Maler Vincent<br />
van Gogh (1853-1890) während seines Aufenthalts in der<br />
Provence in den Jahren 1888 bis 1890 angefertigt haben soll. Die<br />
Publikation war bis zuletzt geheim gehalten worden und erfolgte<br />
mit einer organisatorischen Präzision, die fast an eine militärische<br />
Vorgehensweise erinnert. Initiator der Aktion war der französische<br />
Verlag Le Seuil. Das Buch weckte nicht nur eine lebhafte Neugier<br />
in der Kunstwelt, sondern sorgte auch sofort für viel Polemik. Zur<br />
allgemeinen Überraschung stellte das Van-Gogh-Museum in<br />
Amsterdam, das in dieser Hinsicht quasi als moralische Instanz<br />
gilt, bereits in den ersten Stunden nach der weltweiten Publizierung<br />
des Werkes die Authentizität der Skizzen infrage. Rückblick<br />
auf diese erstaunliche Veröffentlichung und ihre Hintergründe …<br />
Die Entdeckung einer Zeichnung, eines Bildes oder<br />
auch nur eines Schriftstückes von van Gogh ist<br />
heutzutage immer ein internationales Ereignis, das<br />
die Kunstwelt sofort aufrüttelt. Denn der Künstler hat der<br />
Nachwelt relativ wenige Werke hinterlassen, und diese sind<br />
zudem geografisch sehr konzentriert. Weltweit zählt man<br />
heute etwas mehr als 1000 Zeichnungen, die offiziell van<br />
Gogh zugeschrieben werden, von denen sich knapp die<br />
Hälfte im Besitz des Van-Gogh-Museums in Amsterdam<br />
befindet. Dieses besitzt darüber hinaus weltweit die meisten<br />
Gemälde dieses Künstlers (rund 200) und quasi seine<br />
gesamte Korrespondenz. Als dann am 15. November 2016<br />
bei der Veröffentlichung des Skizzenbuchs aus Arles publik<br />
wurde, dass dieses nicht nur eine, sondern gleich 65 bisher<br />
unveröffentlichte Zeichnungen enthält, die dem holländischen<br />
Künstler zugeschrieben werden, hat dies – man<br />
kann es sich gut vorstellen – auf internationaler Ebene für<br />
riesigen Aufruhr gesorgt …<br />
Die an der Veröffentlichung des Werkes beteiligten<br />
Verlage hofften offensichtlich auf den Erfolg des Ereignisses<br />
und hatten dies sehr, wirklich sehr ambitioniert<br />
vorbereitet: Die Koordination war perfekt und länderübergreifend<br />
abgestimmt; es gab simultan stattfindende<br />
Pressekonferenzen; auf Vorabdrucke war vollständig verzichtet<br />
worden; es gab strenge Vertraulichkeitsklauseln …<br />
Solche Vorkehrungen lassen die meisten Autoren vor Neid<br />
erblassen.<br />
Vor allem die Druckqualität sticht sofort ins Auge:<br />
Das Werk ist als schöner, großer Kunstband mit 288 reich<br />
bebilderten Seiten aufgemacht. Es ist das Faksimile eines<br />
Heftes – genauer gesagt « einer Kladde », eines Kassenbuches,<br />
in das man früher die täglichen Kassenvorgänge<br />
eintrug – in das van Gogh angeblich gezeichnet hat und<br />
das 120 Jahre in Vergessenheit geraten sein soll …<br />
Blättert man in diesem Buch, entdeckt man provenzalische<br />
Landschaften, viele Bäume, darunter die für diese<br />
Region im Süden Frankreichs so typischen Zypressen,<br />
Häuserfassaden, Dörfer, Wiesen im Sonnenlicht, auch<br />
einige Gesichter, die als Menschen präsentiert werden,<br />
die van Gogh vermutlich nahestanden, die er bei seinem<br />
Aufenthalt in der Provence – also zwischen seiner Ankunft<br />
in Arles im Februar 1888 und seiner Abreise aus<br />
16 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
der Nervenheilanstalt in Saint-Rémy-de-Provence im Mai<br />
1890 – möglicherweise kennengelernt hat. Dies war keine<br />
einfache Zeit im Leben des Malers. Es war die Zeit, in der<br />
er sich am 23. Dezember 1888 in Arles, nach einem Streit<br />
mit Paul Gauguin, einen Teil seines Ohres abgeschnitten<br />
hatte. Seite für Seite ist man überzeugt: Die Strichführung<br />
der Zeichnungen, die überwiegend aus Punkten und<br />
Strichen bestehen, ist charakteristisch, sie scheinen die<br />
Handschrift des berühmten Malers zu tragen. Und doch<br />
ist keine dieser Skizzen signiert …<br />
Man stellt sich natürlich sofort die Frage, woher das<br />
Heft, in das van Gogh angeblich gezeichnet hat, stammt.<br />
Jetzt beginnen umfangreiche Nachforschungen: Laut den<br />
Verlegern erklärt dessen Besitzerin, dass es sich um ein<br />
Geschenk ihrer Mutter anlässlich ihres 20. Geburtstags<br />
handele, das sie 50 Jahre lang in einem Schrank aufbewahrt<br />
habe, ohne den wahren Wert zu kennen. Ihre<br />
Mutter habe es wiederum 1944 zufällig in den Ruinen<br />
eines bombardierten Hauses in Arles gefunden, inmitten<br />
von diversen Buchhaltungsunterlagen eines Cafés namens<br />
Café de la gare.<br />
Damit wird eine erste Verbindung – ein Punkt also für<br />
die Verleger des Werkes – zu van Gogh hergestellt: Der<br />
Maler wohnte nämlich vom 7. Mai bis zum 30. September<br />
1988 in einem Zimmer dieses Cafés. Er freundete sich<br />
sogar mit den Besitzern, dem Ehepaar Ginoux, an. Es<br />
liegt also durchaus im Bereich des Möglichen, dass diese<br />
van Gogh ein solches leeres Heft gegeben haben, damit<br />
er darin zeichnen kann. Die Geschichte besagt jedoch,<br />
dass van Gogh später in die Irrenanstalt Saint-Paul-de-<br />
Mausole in Saint-Rémy-de-Provence eingewiesen wurde.<br />
Wie konnte das Heft also in den Buchhaltungsarchiven<br />
des Café de la gare gefunden werden? Hat der Maler es gar<br />
nicht mitgenommen?<br />
Dieses Mysterium scheint sich durch das Auftauchen<br />
eines anderen Heftes zu erklären, was den Verlegern natürlich<br />
gelegen kommt. In diesem notierte ein Angestellter<br />
des Café de la gare mit Datum vom 20. Mai 1890, dass<br />
ein gewisser Doktor Rey (ein Psychiater im Krankenhaus<br />
von Arles, dem van Gogh voll vertraute) « im Auftrag des<br />
Malers van Goghe [sic!] für Herrn und Frau Ginoux leere<br />
Olivenbüchsen (…) sowie ein großes Heft mit Zeichnungen<br />
hinterlassen » habe. Man weiß, dass van Gogh Oliven<br />
gerne mochte, dass die Eheleute Ginoux ihm regelmäßig<br />
Oliven schenkten und dass van Gogh versprochen hatte,<br />
ihnen die leeren Büchsen wieder zurückzugeben. Man<br />
kann nun vermuten, dass van Gogh sich bei ihnen bedanken<br />
wollte, indem er ihnen das Heft schenkte, dass dem<br />
Ehepaar jedoch der Wert des Geschenkes offensichtlich<br />
nicht bewusst war, sodass es sich nach einer Folge von<br />
Erbschaften und Immobilienverkäufen anscheinend inmitten<br />
ganz normaler Buchhaltungsunterlagen befand …<br />
bevor es dann vor einigen Jahren wiederentdeckt wurde …<br />
Eine der ersten Experten, die kontaktiert wurden, um<br />
die Authentizität der Zeichnungen zu bestätigen, war<br />
Bogomila Welsh-Ovcharov, eine renommierte kanadische<br />
Kunsthistorikerin und Spezialistin für das Werk van<br />
Goghs. Da Versuche, van Gogh zu kopieren, gang und<br />
gäbe sind, war sie zunächst sehr misstrauisch, als sie das<br />
Heft betrachtete. Sie erzählt jedoch, dass sie schnell von<br />
Emotionen überwältigt war, als ihr bewusst wurde, dass<br />
sie « ganz zweifellos ein Werk eines der größten modernen<br />
Künstler » in den Händen hielt. Sie setzte ihre Untersuchungen<br />
fort und arbeitete dabei mit dem englischen Experten<br />
Donald Pickvance und dem französischen Verlag<br />
Le Seuil zusammen. Letzterer bot ihr dann die Autorenschaft<br />
für ein Buch über diese Entdeckung an. Es wurde<br />
eine ganze Reihe von Expertisen in Auftrag gegeben, die<br />
laut Verlag alle die Authentizität der Zeichnungen bestätigen.<br />
Damit war die Entscheidung für die Veröffentlichung<br />
getroffen, und das Buch konnte im November 2016<br />
publiziert werden.<br />
Auf das Erscheinen des Buches reagierte jedoch das<br />
Van-Gogh-Museum in Amsterdam postwendend mit<br />
einem Pressecommuniqué, in dem es die Zeichnungen<br />
als Fälschung einstuft. Die dortigen Experten könnten<br />
« weder den Stil van Goghs aus der Zeit in Arles, noch<br />
die Weiterentwicklung seines Stils während der eineinhalb<br />
Jahre, die er in der Provence verbracht hatte » wiedererkennen<br />
und fänden vor allem « topografische Fehler<br />
bei einigen Landschaften in der Umgebung von Saint-<br />
Rémy-de-Provence ». Bogomila Welsh-Ovcharov konnte<br />
ihrerseits noch so oft betonen, dass es sich vermutlich « um<br />
Zeichnungen aus dem Gedächtnis, aus der Zeit, als der<br />
Maler eingewiesen war » handele, dass diese deswegen<br />
ungenau seien, doch der Schaden war angerichtet: Die<br />
Authentizität des aufgetauchten Skizzenheftes ist infrage<br />
gestellt.<br />
Und die Angelegenheit ist noch nicht beendet. Zwischen<br />
den beiden international renommierten und anerkannten<br />
Experten auf der einen Seite, nämlich der Kanadierin<br />
Bogomila Welsh-Ovcharov und dem Engländer<br />
Donald Pickvance, sowie dem nicht weniger angesehenen<br />
offiziellen Van-Gogh-Museum in Amsterdam auf der anderen<br />
Seite hat der Expertenstreit gerade erst begonnen.<br />
Dazwischen stehen die Verlage, die nach wie vor an die<br />
Authentizität der von ihnen publizierten Zeichnungen<br />
glauben – vielleicht zu Recht, aber das weiß zurzeit niemand<br />
ganz genau. Letzten Endes liegt es momentan an<br />
uns Lesern, uns eine Meinung zu bilden. Wie auch immer,<br />
das Werk präsentiert eine wunderschöne Entdeckungsreise<br />
in provenzalische Landschaften. Und es birgt de facto<br />
ein Geheimnis, was schließlich auch eine durchaus spannende<br />
Seite hat …<br />
Bogomila Welsh-Ovcharov: Vincent van Gogh, das Skizzenbuch aus Arles • Knesebeck • ISBN: 978-3957280350.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 17
ON ÉCOUTE<br />
Chanson<br />
Vianney<br />
Vianney wurde vor zwei Jahren durch sein erstes Erfolgsalbum Idées blanches bekannt.<br />
Mit diesen elf neuen Chansons offenbart sich der junge Sänger dem Publikum<br />
auf sehr persönliche Weise. In Dumbo erzählt er uns von seiner Kindheit<br />
und in Quand je serai père von seiner Zukunft, während er sich in L’homme et l’âme mit<br />
den Attentaten des 13. November 2015 in Paris beschäftigt. Die gefühlvolle und sehr<br />
gelungene CD bestätigt und rechtfertigt den Stellenwert, den Vianney heute im Bereich<br />
des französischen Chansons innehat. Ein schöner, musikalischer Moment!<br />
Chanson<br />
Véronique Sanson:<br />
Dignes, Dingues, Donc…<br />
Chanson<br />
Patricia Kaas<br />
Véronique Sanson hat eine sehr<br />
charakteristische Stimme, deren Vibrato<br />
man unter allen französischen Sängerinnen<br />
heraushört. Nach einer siebenjährigen<br />
Pause präsentiert sie nun ihr fünfzehntes<br />
Album, auf dem sie mehrere musikalische<br />
Stile vereint. Neben Bossa nova (Et s’il<br />
était une fois) und Jazz (Zéro de conduite,<br />
ein Titel, den sie gemeinsam mit Zaz<br />
interpretiert) findet man darauf auch<br />
melancholische Stücke, beispielsweise<br />
eine ergreifende Hommage an ihre Mutter<br />
(Et je l’appelle encore). Das Album ist eine<br />
Weiterentwicklung des musikalischen<br />
Ausdrucks von Véronique Sanson, ehrlich<br />
und berührend zugleich. Man kann es<br />
wieder und wieder anhören!<br />
Dreizehn Jahre ist es her, seit die deutscheste<br />
aller französischen Künstlerinnen ihr letztes Album<br />
mit neuen Titeln veröffentlicht hat. Man muss<br />
jedoch wissen, dass Patricia Kaas in den letzten<br />
Jahren mit ihrer Tournee zu Ehren von Edith Piaf<br />
(für die sie uns auch ein Interview gegeben<br />
hat, siehe Frankreich erleben <strong>Nr</strong>. 45) kreuz und quer durch die Welt<br />
gereist ist und sich dabei nicht geschont hat: Innerhalb von zwei Jahren<br />
hat sie mehr als 150 Konzerte auf dem ganzen Erdball gegeben. Dies<br />
ging so weit, dass sie zuletzt sogar ein Burn-out-Syndrom erlitt. Heute<br />
ist Patricia Kaas wieder zur Ruhe gekommen und spricht auf dieser<br />
neuen CD sehr ernste Themen wie Inzest (La maison au bord de la mer),<br />
die Ablehnung von Homosexuellen durch ihre Eltern (Le Refuge), die<br />
Attentate des 13. November 2015 in Paris (Le jour et l’heure) und den<br />
Alltag geschlagener Frauen (Cogne) an. Diese Inhalte mögen zwar<br />
sehr schwermütig erscheinen, die Interpretation der Sängerin macht sie<br />
jedoch so bewegend, dass sie den Hörer unweigerlich in Bann ziehen.<br />
Chanson<br />
Volo: Chanson française<br />
Hört man sich das fünfte Album der aus Tours stammenden Brüder Frédéric<br />
und Olivier Volovitch – die Gründer der Gruppe Volo – an, so geht man dabei<br />
das Risiko ein, das eine oder andere Chanson den ganzen Tag vor sich hin zu<br />
summen. Auch auf dieser CD geht es um ernsthafte<br />
Fragen, die Frankreich aktuell bewegen, wie die<br />
Desillusion in Sachen Politik oder die unsichere Zukunft<br />
von Kindern. Volo geht diese Themen jedoch heiter an,<br />
mit einer Art, Dinge zu präsentieren, die auch traurige<br />
Gedanken in eine einmalige Entdeckung verwandeln<br />
– etwas, das nur die Franzosen so beherrschen. Man<br />
kann nicht genug davon bekommen!<br />
18 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
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ON REGARDE<br />
Drama<br />
Ein starkes Frauenporträt<br />
Nathalie (Isabelle Huppert) ist Philosophielehrerin an einem Pariser Gymnasium<br />
und führt ein ruhiges Leben, bis sie von ihrem Mann verlassen<br />
wird und entdeckt, dass er sie betrogen hat. Jetzt muss sie ihr Leben wieder<br />
ganz neu aufbauen. Man könnte meinen, dass ein Film mit einem solchen Drehbuch<br />
nichts Besonderes ist. Falsch! Die empfindsame Darstellung von Isabelle<br />
Huppert und die sensible Regie von Mia Hansen-Løve, die dafür in Berlin mit<br />
einem mehr als verdienten Silbernen Bären ausgezeichnet wurde, ziehen einen unweigerlich<br />
in Bann.<br />
Alles was kommt • Frankreich, 2016, 138 min • Originaltitel: L’avenir • Ein Film<br />
von Mia Hansen-Løve mit Isabelle Huppert, André Marcon, Roman Kolinka<br />
u. a. • Sprachen: deutsch/französisch • Ab 10. März <strong>2017</strong> im Handel.<br />
Portrait<br />
Karl Marx einmal anders<br />
Drama<br />
Ein feinfühliger Blick auf ein<br />
aktuelles Thema<br />
Sich als Schriftsteller oder Regisseur an eine Persönlichkeit<br />
wie Karl Marx zu wagen, ist eine riskante Geschichte. Von<br />
allzu großer Nachsicht bis hin zu systematischer Kritik hat man<br />
diesbezüglich schon alles gesehen, nicht immer war es ein<br />
Erfolg. Der aus Haiti stammende, engagierte Schriftsteller und<br />
Regisseur Raoul Peck hat dagegen einen sehr persönlichen<br />
Film realisiert, der viel mehr als « nur eine Filmbiografie » ist: Für<br />
ihn geht es darum, « eine intellektuelle Geschichte, die auch<br />
unsere heutige Zeit noch betrifft, gefühlvoll zu vermitteln ».<br />
Dafür geht er nicht den klassischen Weg, indem er sich für<br />
die gereifte Persönlichkeit mit dem weißen Bart, die wir alle<br />
kennen, interessiert, sondern er zeichnet stattdessen auf<br />
ganz neuartige Weise das Porträt eines zornigen Mannes in<br />
dessen Jugendjahren zwischen 1843 und 1848. Man entdeckt<br />
einen jungen, spontanen, oft arroganten Menschen, der in<br />
Paris einen anderen jungen Mann trifft, der später ebenfalls<br />
berühmt wurde: Friedrich Engels. Gemeinsam wirken sie<br />
entscheidend an der Entstehung der Arbeiterbewegung mit.<br />
Ein etwas anderes Portrait, das zwar<br />
eine bestimmte Leidenschaft für die<br />
Person verrät, trotzdem aber einen<br />
unabdingbaren kritischen Geist<br />
bewahrt.<br />
Der junge Karl Marx • Frankreich-<br />
Deutschland-Belgien, 2016,<br />
118 min • Originaltitel: Le jeune Karl<br />
Marx • Ein Film von Raoul<br />
Peck mit August Diehl, Stefan<br />
Konarske, Vicky Krieps, Olivier<br />
Gourmet u. a. •<br />
Ab 2. März <strong>2017</strong> im Kino.<br />
Das Kino<br />
besitzt die<br />
Stärke, aktuelle<br />
Geschehnisse,<br />
seien sie<br />
auch noch so<br />
schrecklich,<br />
auf distanzierte<br />
und be sänftigende<br />
Art<br />
darzustellen.<br />
Es hat die Fähigkeit, Situationen manchmal aus einem<br />
menschlicheren Blickwinkel zu zeigen und dazu beizutragen,<br />
sie besser zu verstehen. Dies ist bei diesem Film der Fall,<br />
der treffend die Leiden und inneren Dramen beschreibt,<br />
die Familien durchleben, deren Töchter im Internet einen<br />
« Prinzen » kennenlernen, der sie rekrutiert und dazu überredet,<br />
im Namen eines Kampfes, dessen Tragweite sie gar nicht<br />
erfassen können, von heute auf morgen alles hinter sich zu<br />
lassen. Die gut dokumentierte Geschichte lässt uns in ein ganz<br />
aktuelles Thema eintauchen, das berührt und zu denken<br />
gibt. Einen großen Anteil daran haben die beiden jungen<br />
Schauspielerinnen, deren wunderschöne und glaubwürdige<br />
Darstellung uns, fern aller Vorurteile, von Anfang bis zum Ende<br />
in Atem hält. Großes Kino!<br />
Der Himmel wird warten • Frankreich, 2016, 90 min •<br />
Originaltitel: Le ciel attendra • Ein Film von Marie-Castille<br />
Mention-Schaar mit Sandrine Bonnaire, Noémie Merlant,<br />
Naomi Amarger u. a. • Ab 23. März <strong>2017</strong> im Kino.<br />
20 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Theaterverfilmung<br />
Falsche<br />
Vertraulichkeiten<br />
Dokumentationen + Spielfilm<br />
Ein Abend mit Auguste Rodin<br />
Regisseur Luc Bondy<br />
legte mit dieser<br />
Komödie eine spritzige<br />
Neuinszenierung<br />
des Marivaux- Klassikers vor, die mit zwei französischen<br />
Schauspielstars großartig besetzt ist: Isabelle Huppert spielt an<br />
der Seite von Louis Garrel. In falsche Vertraulichkeiten geht es um<br />
einen jungen, mittelosen Mann, Dorante, der eine reiche Witwe<br />
liebt: Araminte. Er verdingt sich bei ihr als Sekretär. Aramintes<br />
Diener Dubois versucht mit allen Mitteln, seine Herrin für Dorantes<br />
Liebesglück zu gewinnen und inszeniert mit größter Sorgfalt eine<br />
Intrige, die schließlich dazu führt, dass sich die Witwe in den<br />
jungen Habenichts verliebt.<br />
Theaterverfilmung von Luc Bondy, mit Isabelle Huppert,<br />
Louis Garrel, Bernard Verley u.a. • Frankreich 2015,<br />
82 Min. • Donnerstag, 9. März <strong>2017</strong>, 23.35 Uhr<br />
Dokumentation<br />
Der erstaunliche<br />
Monsieur Piccoli<br />
Michel Piccoli war<br />
ein extravaganter<br />
Schauspieler, der in seiner<br />
siebzigjährigen Theater,<br />
TV- und Kinokarriere<br />
immer wieder für<br />
Überraschungen sorgte.<br />
Er gehörte zur Clique um Luis Buñuel, Marco Ferreri und<br />
Claude Sautet und gab seinen Werken immer auch eine<br />
politische Dimension. Das Portrait eines bescheidenen<br />
Ausnahmetalents.<br />
Von seinen Künstlerkollegen hoch gelobt, von der<br />
Mehrheit unverstanden: Auguste Rodin. Der Bildhauer<br />
läutete Ende des 19. Jahrhunderts das Zeitalter der<br />
modernen Plastik und Skulptur ein. Mit seinen Werken<br />
brach er mit den glatten, erstarrten Schönheitsidealen.<br />
Zwei Doku men tationen in Erstausstrahlung blicken<br />
anlässlich seines<br />
100. Todestages auf<br />
das Genie Rodin.<br />
Inspiration fand der<br />
Künstler vor allem bei<br />
seiner Muse Camille<br />
Claudel – ARTE zeigt<br />
den gleichnamigen<br />
Spielfilm von Bruno<br />
Nuytten.<br />
Rodin – Wegbereiter der Moderne •<br />
Dokumentation von Claire Duguet • Frankreich<br />
2015, 52 Min. Sonntag, 2. April <strong>2017</strong>, 17.30 Uhr<br />
Camille Claudel<br />
Sie ist Geliebte, Mitarbeiterin und Muse von Auguste<br />
Rodin: die Bildhauerin Camille Claudel. Aber es gelingt ihr<br />
nicht, aus dem Schatten Rodins herauszutreten. Sie leidet<br />
unter seinen ständigen Frauengeschichten und endet<br />
schließlich allein gelassen in einer Nervenheilanstalt.<br />
Spielfilm von Bruno Nuytten, mit Isabelle Adjani,<br />
Gérard Depardieu u.a. • Frankreich 1988, 100<br />
Min. • Sonntag, 2. April <strong>2017</strong>, 20.15 Uhr<br />
Auguste Rodin und sein Höllentor<br />
Dokumentation von Bruno Aveillan • Frankreich<br />
2015, 60 Min. Sonntag, 2. April <strong>2017</strong>,21.55 Uhr<br />
Dokumentation von Yves Jeuland • Frankreich<br />
2016, 60 Min. Sonntag, 14. Mai <strong>2017</strong>, 21.55 Uhr<br />
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Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 21
ON SURFE<br />
Produkte<br />
Den besten Käse direkt ins Haus<br />
Alexandre, Laurent und Matthieu sind drei junge<br />
Männer, die sich schon immer für Gastronomie und<br />
regionale Produkte begeistert<br />
haben. 2014 hatten die Freunde<br />
die Idee, ein bahnbrechendes Startup<br />
zu gründen und den Onlinevertrieb<br />
von Käse in Frankreich aufzuziehen.<br />
Es ging ihnen dabei nicht<br />
nur darum, Käse anzubieten, sondern<br />
auch die Arbeit guter Produzenten<br />
und lokaler Käsehändler aufzuwerten.<br />
Drei Jahre später versendet<br />
Tentation fromage Käse in alle europäischen<br />
Länder, die gewünschten<br />
Sorten kann man auf der Website<br />
wie in einem Käsegeschäft auswählen. Die Lieferung erfolgt<br />
dabei unter optimalen Bedingungen: Der Käse wird im letzten<br />
Moment aufgeschnitten, separat in spezielles Papier verpackt<br />
und in Isolierbehältern verschickt, wie sie auch für den<br />
Versand von Medikamenten verwendet werden und in denen<br />
eine konstante Temperatur von 4° C gewährleistet ist.<br />
Unser Tipp: die Box Découverte (eine<br />
Auswahl an vier Käsesorten mit<br />
einem Gesamtgewicht von 600 bis<br />
800 Gramm) oder die Box Expert<br />
(sechs Käsesorten mit einem Gesamtgewicht<br />
von 1100 bis 1200<br />
Gramm). Für einen Preis ab rund 20<br />
Euro kann man sich so durch die von<br />
Tentation fromage getroffene Zusammenstellung<br />
überraschen lassen. Der<br />
Käse kommt in einwandfreiem Zustand<br />
an, als hätte man ihn vor Ort<br />
in einer guten Käsehandlung gekauft.<br />
Man hat die Garantie, sorgfältig ausgewählte Produkte<br />
in einer sehr guten Qualität zu erhalten sowie interessante<br />
und manchmal sogar originelle Entdeckungen zu machen!<br />
www.tentationfromage.fr<br />
Besichtigung<br />
Was tun<br />
in Paris?<br />
Wenn man sich<br />
nur einige Tage<br />
in einer fremden<br />
Stadt aufhält, ist<br />
es nicht immer<br />
einfach, schnell in<br />
Erfahrung zu bringen, welche Ausstellungen, Konzerte und<br />
anderen Veranstaltungen gerade stattfinden, die man<br />
nicht versäumen sollte. Um diesem Problem abzuhelfen, hat<br />
die Stadt Paris vor einigen Jahren die Website Que faire à<br />
Paris konzipiert. Sie wurde soeben vollkommen überarbeitet<br />
und präsentiert nun in einem klaren, übersichtlichen<br />
Layout eine geschickt ausgewählte Mischung aus<br />
unumgänglichen und ungewöhnlichen Veranstaltungen,<br />
die sich sowohl an Pariser als auch an Touristen richten.<br />
Gleichzeitig ist dies eine sehr gute Möglichkeit, um den<br />
einen oder anderen heißen Tipp für ein für Konzert oder<br />
eine Abendveranstaltung in einer der rund 4000 Bars der<br />
Hauptstadt ausfindig zu machen.<br />
Recht<br />
Entschädigung für Fluggäste<br />
Indemniflight ist ein französisches Start-up mit Sitz in Paris, das Fluggäste,<br />
die Opfer von Verspätungen, Überbuchungen oder Flugannullierungen<br />
geworden sind, darin unterstützt, so schnell wie möglich von der<br />
jeweiligen Fluggesellschaft, die zustehende Entschädigung zu erhalten.<br />
Mit der Plattform in französischer und englischer Sprache spricht das<br />
Unternehmen Passagiere in der gesamten Europäischen Union an.<br />
Es bietet allen Reisenden, deren Transportvertrag – gleichgültig mit<br />
welcher Fluggesellschaft – nicht eingehalten wurde, einen innovativen<br />
und schnellen Service. Die Inanspruchnahme dieser Dienstleistung ist<br />
ganz einfach und dauert nur wenige Minuten: Man gibt auf der Website<br />
indemniflight.com seine Flugnummer sowie das Datum des Fluges ein.<br />
Die Juristen des Unternehmens kümmern sich dann um die Begründung<br />
der Ansprüche und deren Durchsetzung (durch gütliche Einigung oder<br />
auf juristischem Wege) gegenüber der Fluggesellschaft. Indemniflight<br />
erhält eine Provision in Höhe von 25 %,<br />
bezieht diese Vergütung aber nur,<br />
wenn tatsächlich eine Entschädigung<br />
(zwischen 250 und 600 Euro, gemäß<br />
der europäischen Gesetzgebung)<br />
gezahlt wird.<br />
quefaire.paris.fr<br />
www.indemniflight.com<br />
22 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Das 5-Sterne-Hotel Bourtheroulde, das einzige seiner Kategorie<br />
in Rouen, besticht durch eine interessante Mischung<br />
aus Klassik und Moderne und bietet einen idealen<br />
Ausgangspunkt für Ihren Besuch in der Altstadt.<br />
Es ist geprägt vom Rhythmus seiner Architektur, in dem<br />
sich Kunst und Kultur vereinen. Diese besondere Architektur<br />
schmückt ehrwürdige Plätze von Rouen, so den<br />
Platz des Alten Marktes, die große Uhr, die Kathedrale,<br />
das Museum für schöne Künste und vieles mehr.<br />
Das Hotel liegt am Place de la Pucelle ganz in der Nähe<br />
des historischen Zentrums in nur 6 Minuten Entfernung<br />
vom Bahnhof. Es ist damit eine Zugstunde von Paris entfernt<br />
und befindet sich außerdem an der Kreuzung wichtiger<br />
europäischer Autobahnen.<br />
Sie haben genug Zeit für geschäftliche Tätigkeiten oder<br />
Momente der Muße, denn das Hotel bietet Ihnen direkt<br />
vor Ort einzigartige Bedingungen, um effektiv arbeiten<br />
und auch genussvoll entspannen zu können.<br />
15 Place de la Pucelle · 76000 Rouen<br />
+33 (0)2 35 14 50 32<br />
www.hotelsparouen.com
UNTERWEGS IN FRANKREICH Drôme<br />
24 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Wandern auf den Spuren der Hugenotten<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 25
UNTERWEGS IN FRANKREICH Drôme<br />
Vorherige Doppelseite: Der Wanderweg in der Gegend der Abbaye de Valcroissant.<br />
Oben: Das Dorf Le Poët-Laval und das Musée du Protestantisme Dauphinois.<br />
Nachdem Ludwig XIV. 1685 das Edikt von<br />
Nantes aufgehoben hatte, sind im Verlauf<br />
mehrerer Jahrzehnte rund 200 000 Protestanten<br />
aufgrund ihrer religiösen Verfolgung<br />
aus Frankreich geflohen. Vor allem in der<br />
Dauphiné lebten viele Protestanten. Bei ihrer<br />
Flucht orientierten sie sich vorwiegend in<br />
Richtung Schweiz und Deutschland. Der länderübergreifende<br />
Fernwanderweg GR965<br />
Sur les pas des Huguenots folgt auf einer Länge<br />
von 1800 Kilometern, von Le Poët-Laval in<br />
der Drôme bis ins deutsche Bad Karlshafen,<br />
der historischen Route dieses Exils. 374 Kilometer<br />
der Strecke liegen in Frankreich und<br />
durchqueren die Departements Drôme,<br />
Isère, Savoie und Haute-Savoie. Auf dem in<br />
der Drôme gelegenen Abschnitt (knapp 100<br />
Kilometer, aufgeteilt in sieben Teilstrecken),<br />
den wir Ihnen hier vorstellen, kann man auf<br />
angenehme Art und Weise die wunderschöne<br />
Landschaft der Region Rhône-Alpes und<br />
einen großen Teil des geschichtlichen Kulturerbes<br />
der Hugenotten entdecken.<br />
26 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
1. Etappe: Le Poët-Laval / Dieulefit<br />
5,8 km, ca. 1,5 Stunden<br />
Höhenunterschied: 171 m Steigung, 164 m Gefälle<br />
Le Poët-Laval gehört nicht nur zu den Plus beaux villages<br />
de France, sondern ist auch ein wichtiger Ort in<br />
der Geschichte des Protestantismus in Frankreich.<br />
Deshalb startet der Fernwanderweg GR965 in diesem<br />
Dorf. Hier befindet sich das sehr interessante Musée du<br />
Protestantisme Dauphinois, in dem man unter anderem erfährt,<br />
zu welcher List die Protestanten greifen mussten, um<br />
ihre Religion im Geheimen praktizieren zu können. Die<br />
protestantische Kirche des Dorfes wurde im 17. Jahrhundert<br />
erbaut und diente den Dorfbewohnern gleichzeitig als<br />
« Gemeindehaus ». Dieser Tatsache verdankt sie es, dass sie<br />
nach der Aufhebung des Edikts von Nantes nicht zerstört<br />
wurde. Heute ist sie nicht nur eine der ältesten reformierten<br />
Kirchen der Dauphiné, sondern auch eine der drei vor 1685<br />
erbauten reformierten Kirchen Frankreichs, die der Zerstörungskampagne<br />
vor und nach der Aufhebung des Edikts<br />
von Nantes entgangen sind. Die beiden<br />
anderen Kirchen befinden sich in<br />
Collet-de-Dèze (Departement Lozère)<br />
sowie in Velaux (Departement<br />
Bouches-du-Rhône). Der Weg bis<br />
Dieulefit weist keine besonderen<br />
Schwierigkeiten auf. Man entdeckt<br />
auf der Strecke ein nettes Tal, das<br />
im Wesentlichen aus einer kahlen<br />
Prärielandschaft besteht. Vor dem<br />
Exil, Ende des 17. Jahrhunderts,<br />
hatte es in dieser Gegend dagegen<br />
sehr viele Wälder gegeben,<br />
bevor sich dann zahlreiche<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 27
UNTERWEGS IN FRANKREICH Drôme<br />
Die romanische Kirche von Comps.<br />
Töpfer hier niederließen, die Holz für ihre Brennöfen benötigten.<br />
Schäfer mit ihren Ziegenherden taten in der Folge<br />
ein Übriges dazu, das Nachwachsen der Vegetation zu<br />
verhindern. Heute ist diese Region immer noch für ihre<br />
Töpferwaren und den Ziegenkäse (beispielsweise den köstlichen<br />
Picodon) berühmt.<br />
2. Etappe: Dieulefit / Bourdeaux<br />
15,5 km, ca. 5,5 Stunden<br />
Höhenunterschied: 681 m Steigung,<br />
664 m Gefälle<br />
Das Dorf Dieulefit besitzt sowohl eine evangelische<br />
als auch eine katholische Kirche, die jedoch beide in<br />
der Vergangenheit regelmäßig von Anhängern der<br />
jeweils anderen Konfession zerstört wurden. Heute ist<br />
es vor allem für seine rund 40 Töpferateliers bekannt,<br />
die qualitativ hochwertiges Kunsthandwerk herstellen.<br />
Weniger bekannt ist, dass der Ort oft Menschen<br />
auf der Flucht aufnahm: Ab 1930 waren es Italiener,<br />
die zunächst vor der Krise, dann vor dem Faschismus<br />
flüchteten; zwischen 1937 und 1939 kamen Spanier,<br />
die vor dem Bürgerkrieg in ihrem Land flohen;<br />
zwischen 1940 und 1943 suchten schließlich<br />
zahlreiche Juden, politisch Verfolgte und Intellektuelle<br />
hier Unterschlupf … Auf dem Weg nach Bourdeaux kann<br />
man die wunderschöne romanische Kirche von Comps<br />
besichtigen, in der um 1600 sowohl der Pfarrer als auch<br />
der Pastor ihre Gottesdienste abhielten.<br />
3. Etappe: Bourdeaux / La Chaudière<br />
13,8 km, ca. 5,5 Stunden<br />
Höhenunterschied: 890 m Steigung, 319 m Gefälle<br />
Bourdeaux ist ein nettes kleines Dorf, welches das Vallée<br />
du Roubion überragt. Es besitzt die größte<br />
protestantische Kirche des Departements,<br />
die für sich alleine betrachtet<br />
bereits sehr gut die Problematik der<br />
Religion in der damaligen Zeit illustriert:<br />
Sie wurde im 18. Jahrhundert<br />
als katholische Kirche begonnen und<br />
1806 als protestantische Kirche vollendet.<br />
Auf dem Weg in Richtung<br />
Chaudière erblickt man hier und<br />
da winzige, manchmal mit einer<br />
Mauer umgebene Parzellen, in denen<br />
oft ein Baum steht. Es handelt<br />
28 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
UNTERWEGS IN FRANKREICH Drôme<br />
sich dabei um sogenannte « Familienfriedhöfe ». Auch<br />
nach der Aufhebung des Edikts von Nantes blieben viele<br />
Protestanten ihrem Glauben treu und weigerten sich, auf<br />
dem Gemeindefriedhof bestattet zu werden. Sie zogen es<br />
stattdessen vor, sich auf ihrem eigenen Grund und Boden<br />
beerdigen zu lassen. Davon zeugt diese Landschaft noch<br />
heute.<br />
4. Etappe: La Chaudière / Rimon-et-Savel<br />
16,9 km, ca. 5,5 Stunden<br />
Höhenunterschied: 1177 m Steigung,<br />
1161 m Gefälle<br />
Auf diesem etwas sportlicheren Streckenabschnitt<br />
realisiert man, dass es für die Hugenotten<br />
wichtig war, immer die kürzeste Wegstrecke<br />
zu wählen. Der Weg führt über einen in 1047<br />
Meter Höhe gelegenen Pass, den Col de la<br />
Chaudière, von dem aus man einen herrlichen<br />
Panoramablick auf die Umgebung genießen<br />
kann. Er stellt die Grenze zwischen dem Vallée<br />
de la Drôme und dem Vallée du Roubion dar.<br />
Die Hugenotten hätten natürlich<br />
auf der Flucht auch dem Verlauf<br />
der Täler folgen können. Doch die<br />
Strecke über den Pass war kürzer und eindeutig<br />
schneller für sie. Visuell lässt sich dies auf dem<br />
Scheitelpunkt des Passes sehr gut nachvollziehen.<br />
5. Etappe: Rimon-et-Savel / Die<br />
17,8 km, ungefähr 5 Stunden<br />
Höhenunterschied: 671 m Steigung,<br />
1255 m Gefälle<br />
Diese Etappe startet in dem kleinen Dorf Rimon-et-<br />
Savel, das einen der schönsten Aussichtspunkte in der Region<br />
bietet. Es liegt auf knapp 1000 Meter Höhe, und man<br />
sieht von dort sogar den Mont Ventoux. Kein Zweifel, hier<br />
wird die Drôme immer gebirgiger. Die Strecke weist keine<br />
besonderen Schwierigkeiten auf, bis Die geht es oft bergab.<br />
Diese Stadt war eine Hochburg des Protestantismus<br />
und besaß von 1604 bis 1684 eine international renommierte<br />
protestantische Akademie. Nach der Aufhebung<br />
des Edikts von Nantes wurde das Gebäude (die heuti-<br />
30 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Links: Ankunft in Die. Die Stadt ist eine Hochburg des Protestantismus in dieser Region.<br />
Oben: In der Abbaye de Valcroissant gibt es heute einen landwirtschaftlichen Betrieb und eine Ferienwohnung.<br />
ge École Notre Dame) jedoch in ein katholisches Institut<br />
umgewandelt. Man kann Die unmöglich verlassen, ohne<br />
seine Spezialität, den prickelnden Schaumwein Clairette,<br />
probiert zu haben.<br />
6. Etappe: Die / Valcroissant<br />
7,6 km, ungefähr 2 Stunden<br />
Höhenunterschied: 695 m Steigung, 398 m Gefälle<br />
Diese relativ kurze Etappe bietet Gelegenheit, die<br />
Abbaye de Valcroissant zu entdecken. Die ehemalige Zisterzienserabtei<br />
aus dem 12. Jahrhundert wurde durch die<br />
Religionskriege im 16. Jahrhundert in den Ruin getrieben<br />
und nach der Revolution glücklicherweise in ein Landgut<br />
umgewandelt. Ein Landwirtschaftsbetrieb mit Schafen<br />
existiert noch heute, ebenso eine Ferienwohnung. Eine<br />
Besichtigung ist möglich.<br />
7. Etappe: Valcroissant / Châtillon-en-Diois<br />
11,6 km, ungefähr 4 Stunden<br />
Höhenunterschied: 880 m Steigung, 896 m Gefälle<br />
Der Weg von Valcroissant nach Châtillon-en-Diois<br />
ist relativ einfach zu bewältigen. Auf der Strecke gibt<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 31
UNTERWEGS IN FRANKREICH Drôme<br />
Das Dorf Châtillon-en-Diois mit seinen engen Gässchen liegt an einem Berghang. Das Tal unterhalb des Dorfes wird von Reben dominiert.<br />
Wie bereitet man die Wanderung vor?<br />
Der gesamte Fernwanderweg GR965 ist auf der sehr informativen<br />
Website www.surlespasdeshuguenots.eu/de beschrieben. Dort<br />
findet man Informationen über die verschiedenen Etappen,<br />
den jeweiligen Schwierigkeitsgrad, das auf der Strecke<br />
liegende Kulturerbe sowie die in den jeweiligen Dörfern<br />
und Städten angebotenen Leistungen. Mit dieser Hilfe lässt<br />
sich die geplante Wanderung optimal vorbereiten. Für jede<br />
Etappe kann man kostenlos ein « Routenblatt » herunterladen,<br />
das eine Karte und die notwendigen Details enthält. Auf der<br />
Website werden auch Ansprechpartner für Auskünfte sowie<br />
Anbieter von organisierten Wanderungen genannt. Darüber<br />
hinaus gibt es ein sehr nützliches « Forum der Wanderer »,<br />
auf dem man seine Erfahrungen teilen kann. Für diejenigen,<br />
die sich lieber mit dem Fahrrad fortbewegen, wird auf www.<br />
surlespasdeshuguenots.eu/topo-velo-route.htm eine Strecke<br />
beschrieben, die dem GR965 so nahe wie möglich folgt. Für sie<br />
stehen ebenfalls detaillierte Übersichtsblätter zur Verfügung,<br />
zurzeit allerdings nur in französischer Sprache.<br />
32 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
ablesonne<br />
A83<br />
A20/E9<br />
A71/E11<br />
A6/E15<br />
Chalon-sur-Saône<br />
A83<br />
Poitiers<br />
Saint-Sigismond<br />
Cluny<br />
ontalivet<br />
N11/E601<br />
Niort<br />
La Rochelle<br />
E5/A10<br />
es mehrere schöne Aussichtspunkte mit<br />
Blick auf ein Tal, in dem Reben dominieren.<br />
Das Dorf Châtillon-en-Diois liegt<br />
eingebettet zwischen Befestigungsmauern<br />
und stellt ein weitläufiges<br />
Labyrinth an engen und schattigen<br />
Angoulême<br />
Gässchen dar, deren Kühle im Sommer<br />
willkommen ist. Offenbar kamen<br />
Protestanten und Katholiken hier nach<br />
E602/A837<br />
Limoges<br />
Montluçon<br />
A71/E11<br />
der Aufhebung des Edikts<br />
von Nantes besser miteinander<br />
aus als anderswo: Die<br />
protestantische Kirche wurde<br />
Clermont-<br />
A72/E70<br />
Ferrand zwar 1683 zerstört, die Bewohner beschlossen<br />
Lyon<br />
A89/E70 jedoch<br />
Puy<br />
während<br />
de Dôme<br />
der Revolution, sie auf Kosten<br />
der Gemeinde, A75/E11 die bereits 1688 die Kosten A43/E70 für<br />
le Mont-Dore<br />
die aktuelle katholische Kirche übernommen<br />
hatte, wieder aufzubauen … St.-Etienne<br />
Cham<br />
Périgueux<br />
Tulle<br />
Brive-la-Gaillarde<br />
A89/E70 Le Pescher<br />
E5/A10<br />
<br />
Le Pöet-Laval liegt 24 km östlich Souillac von sur Der nächste Saillac SNCF-Bahnhof, der ans<br />
Dordogne<br />
Porge<br />
Montélimar. Diese Stadt liegt direkt<br />
TGV-Netz angeschlossen<br />
Aurillac<br />
ist, liegt im<br />
Bordeaux<br />
an der A7. Sarlat-le-Canéda<br />
Payrac 24 km entfernten Montélimar.<br />
Rocamadour<br />
Ferret<br />
A52/E72<br />
A20/E9<br />
Le Poët-Laval …<br />
… Berlin 1460 km … Hamburg 1366 km<br />
… Köln 938 km … München 896 km<br />
Musée du protestantisme Dauphinois<br />
25, rue de l’Ancien Temple<br />
Vieux Village<br />
izan<br />
… Wien 1348 km … Zürich 593 km<br />
26160 Le Poët-Laval<br />
Telefon: +33 (0)4 75 46 46 33<br />
E5-E70/A63<br />
In Marseille (173 km) und Lyon (192 km)<br />
www.<br />
befinden sich die nächsten Flughäfen,<br />
museeduprotestantismedauphinois.<br />
A75/E11<br />
France<br />
Bayonne<br />
A64/E80<br />
Pau<br />
von denen es Direktverbindungen in<br />
den deutschsprachigen Raum gibt.<br />
com<br />
Lodève<br />
Toulouse www.surlespasdeshuguenots.eu/de<br />
www.ladrometourisme.com/de/<br />
Bézier<br />
Narbonne<br />
A81/E80<br />
Limoux<br />
LESETIPPS FÜR AUSFLÜGE IN DIE UMGEBUNG<br />
Nîmes<br />
A9/E15<br />
Montpellier<br />
A7/E15<br />
A54/E805<br />
Arles<br />
Valence<br />
Crest<br />
A49/E713<br />
Le Poët-Laval<br />
Orange<br />
Avignon<br />
Châtillonen-Diois<br />
A7/E15<br />
A51/E712<br />
Aix-en-<br />
Provence<br />
A55<br />
Die<br />
Marseille<br />
Apt<br />
A52<br />
Gre<br />
A50<br />
Spanien<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 42: Drôme-Tal<br />
Ein Geheimtipp zwi schen Pro vence und<br />
Alpen<br />
Andorra<br />
Das Drôme-Tal ist ein Ort für Kenner. Die<br />
meisten rasen entweder<br />
westlich vom Tal über die<br />
Rhône-Tal-Autobahn gen<br />
Süden oder erkunden<br />
östlich davon die Alpen<br />
rund um Gap. Dabei<br />
zeigt das Drôme-Tal, was<br />
zwei wunderschöne<br />
Landschaften, die<br />
Provence und die Alpen, gemeinsam<br />
als Höchstleistung hervorbringen können. Mit Berggipfeln<br />
und Lavendelfeldern verwöhnt das Tal selbst anspruchsvolle<br />
Touristen. Ein echter Geheimtipp, der jedoch eine große Gefahr<br />
birgt: Wer einmal im Drôme-Tal war, will unter Umständen nie<br />
mehr nach Hause.<br />
France<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 46: Montélimar & Umgebung<br />
Perpignan Eine Reise zwischen gestern und morgen<br />
Collioure<br />
Céret<br />
(24 km entfernt)<br />
Das De parte ment Drôme ist eine Region des<br />
Spanien<br />
A9/E15<br />
AP7/E15<br />
Über gangs: von den hohen<br />
Bergen des Vercors-Massifs<br />
und der Alpen zu den sanften<br />
Hügeln im Departement Vaucluse,<br />
von schneebedeckten<br />
Gipfeln mit alpiner Flora zu<br />
Obstplantagen, Oliven hainen<br />
und Lavendelfeldern. In dieser<br />
Land schaft liegen Montélimar,<br />
eine Klein stadt, die sich gerade neu erfindet und das neue Zentrum<br />
der Gegend werden will, sowie einige wunderschöne Dörfer, die<br />
unbedingt einen Besuch lohnen. Eine 90 Kilo meter lange Rundreise<br />
zwischen mit tel al ter lichen Gemäuern und zeitgenössischen<br />
Architekturprojekten.<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 90.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 33
Baie de Somme<br />
EINE BEEINDRUCKENDE<br />
REISE (TEIL 1)
Abbaye de<br />
Saint-<br />
Riquier
UNTERWEGS IN FRANKREICH Hauts-de-France<br />
36 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Die Baie de Somme ist eine magische Gegend.<br />
Es ist einer der seltenen Plätze, wo der<br />
Blick noch ungehindert um 360 Grad schweifen<br />
kann und lediglich durch einige Boote<br />
oder die vielen Vögel abgelenkt wird, die<br />
gewöhnlich hier ihren Vogelzug für eine kurze<br />
Pause unterbrechen. Zu Recht ist dies ein<br />
wichtiger touristischer Anziehungspunkt in<br />
der Region Hauts-de-France. Weniger bekannt<br />
ist jedoch, dass sich nur wenige Dutzend<br />
Kilometer von hier, etwas weiter im Landesinneren,<br />
ein ebenso beeindruckender,<br />
erholsamer und einzigartiger Ort verbirgt. Ein<br />
Ort, an dem es seltsamerweise um einen zertrümmerten<br />
Schädel, um ein Pergament, das<br />
die Geburt der französischen Sprache markiert,<br />
um eine wundersame Quelle, die den<br />
Königen besondere Fähigkeiten verlieh, um<br />
die Fundamente Europas und um einen Dirigenten<br />
mit internationalem Ruf geht, der<br />
während seines Musikfestivals eigenhändig<br />
die Blumen für die Sträuße schneidet, die<br />
nach dem Konzert den Musikern überreicht<br />
werden. Ein Ort, der seit Jahrhunderten kleine<br />
Geschichten und große Geschichte<br />
schreibt. Dieser Ort, das ist die Abbaye de<br />
Saint-Riquier.<br />
Diese Geschichte ist fast unglaublich. In einem Film<br />
erzählt würde man sie vermutlich nicht<br />
«<br />
glauben.<br />
Und doch ist sie wahr. Ich versichere Ihnen, dass<br />
sie sich genau so zugetragen hat, als ich hier angefangen<br />
habe. Lassen Sie mich erzählen …» Im Juli 2016 trafen wir<br />
Anne Potié, die Leiterin der Abbaye de Saint-Riquier, einer<br />
Abtei, die <strong>62</strong>5 gegründet wurde und aus der Karl der<br />
Große eines der bedeutendsten religiösen, intellektuellen<br />
und kulturellen Zentren Europas machen wollte. Diese<br />
Stätte, die also eine prestigeträchtige und ernstzunehmende<br />
Vergangenheit aufzuweisen hat, ist heute im Besitz des<br />
Departements Somme. Aufmerksam und sehr neugierig<br />
lauschen wir den Erzählungen der Leiterin.<br />
« Es war im November 2011, nur wenige Monate<br />
nachdem ich die Stelle als Leiterin der Abtei angetreten<br />
hatte. Ich wollte in das Ambiente des Ortes eintauchen<br />
und hatte eine Dame aus dem Dorf, die die Abtei sehr gut<br />
kannte, gebeten, mich bei der Besichtigung vom Keller bis<br />
zum Giebel – immerhin einer Fläche von rund 10 000 m²<br />
– zu begleiten. Wir durchquerten gerade den Speicher unter<br />
dem riesigen Dachstuhl, als mein Fuß im Halbdunkel<br />
gegen einen Karton stieß, der inmitten von Schutt und<br />
Staub dastand. Darin befand sich ein Plastiksack, den ich<br />
vorsichtig im Licht meiner Taschenlampe öffnete … und<br />
in dem ich eine unglaubliche Entdeckung machte: Zum<br />
Vorschein kam ein teilweise zertrümmerter menschlicher<br />
Schädel. An ihm hing ein kleines Etikett, auf dem ich<br />
das Wort « Nithard » entziffern konnte. Beim Anblick des<br />
Namens stieß meine Begleiterin einen Aufschrei aus und<br />
rief: « Nithard? Aber das ist ja unglaublich! Sie haben ihn<br />
gefunden! » Damals wusste ich noch nicht, dass ich bei<br />
diesem zufälligen Stoß den Schädel des Enkels Karls des<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 37
UNTERWEGS IN FRANKREICH Hauts-de-France<br />
Großen gefunden hatte und dass dieser Nithard in Saint-<br />
Riquier als wahrer Held galt, vor allem aber als der erste<br />
Schriftsteller, der in französischer Sprache geschrieben<br />
hat … Für mich war dies ein klares Zeichen: Wir mussten<br />
alles daransetzen, diese Abtei mit ihrer so glorreichen und<br />
zum Großteil in Vergessenheit geratenen Vergangenheit<br />
wieder mit Leben zu füllen. Wir mussten ihre unglaubliche<br />
Geschichte so gut es ging mit anderen teilen. »<br />
Wenn Anne Potié von dieser Entdeckung erzählt – die<br />
sie verständlicherweise heute immer noch bewegt – und<br />
dabei von einer « glorreichen und in Vergessenheit geratenen<br />
Vergangenheit » spricht, so tut sie dies mit Fug und<br />
Recht. Außer einigen spezialisierten Historikern und leidenschaftlichen<br />
Sprachwissenschaftlern wissen nur sehr<br />
wenige Franzosen, was sich hier ereignet hat und was es<br />
mit der Geschichte um Nithard auf sich hat. Beim Besuch<br />
dieser Abtei, die abgelegen in dem kleinen Dorf Saint-<br />
Riquier liegt, haben wir erfahren, dass diese Stätte und<br />
diese unbekannte Persönlichkeit jedoch nicht nur sehr eng<br />
mit der Geschichte Frankreichs, sondern sogar mit der<br />
Geschichte Europas verknüpft sind. Die Reise wird uns<br />
noch lange eindrucksvoll im Gedächtnis bleiben …<br />
Saint-Riquier, die Abtei allen Wissens<br />
Wenn man sich der Abtei vom winzigen Dorf Saint-<br />
Riquier aus nähert und sie hinter einer Kurve dann<br />
zum ersten Mal erblickt, erhält man fast einen visuellen<br />
Schock, so beeindruckend ist ihre Größe. Aber das ist<br />
nichts Neues, das war quasi schon immer so gewesen, seit<br />
sie, vor langer Zeit, im Jahre <strong>62</strong>5 gegründet worden war.<br />
Und das, obwohl die monumentale Abtei im Laufe der<br />
Jahrhunderte 18 Mal erbaut und 17 Mal wieder zerstört<br />
wurde … Immer hat sie diejenigen, die sich ihr genähert<br />
haben, beeindruckt. Den größten Anteil daran hatte<br />
vermutlich Karl der Große (ca. 742-814). Als er 790 beschloss,<br />
die Abtei neu zu gründen, war es sein Wunsch,<br />
sie zu einer der schönsten, größten und bedeutendsten<br />
seines Königreiches zu machen. Sie sollte, seiner Aussage<br />
nach, einen « besonderen Glanz » ausstrahlen. Er war einer<br />
der Ersten, der sich ihrer Bedeutung bewusst war, vor allem<br />
aber ihrer strategischen Platzierung. Heute kann man<br />
es zwar kaum glauben, da das Wasser der Baie de Somme<br />
rund 20 Kilometer entfernt ist, aber zu Zeiten Karls des<br />
Großen, war das Dorf Saint-Riquier ein Hafen am Meer,<br />
der für den König in Sachen Handel und Überwachung<br />
der Küste sehr nützlich war. Ende des 6. Jahrhunderts<br />
Vorhergehende Seiten: Blick vom 50 m hohen<br />
Turm auf das Dach der Abtei; die Fassade ist<br />
ein Schmuckstück gotischer Architektur.<br />
Links: Das alljährlich im Juli stattfindende Festival de<br />
l’Abbaye zieht viele Freunde von klassischer Musik und<br />
Jazzmusik an und sorgt für Leben im Dorf. Der Schauspieler<br />
Paul Christiani, der aus dem Ort stammt, verkündet<br />
jeden Abend das Programm im lokalen Dialekt, um<br />
bei den Besuchern Hemmschwellen abzubauen.<br />
38 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
UNTERWEGS IN FRANKREICH Hauts-de-France<br />
Interview mit Hervé Niquet, seit 2014 Dirigent und künstlerischer<br />
Leiter des Musikfestivals der Abbaye de Saint-Riquier<br />
Hervé Niquet, Sie sind international renommiert und reisen<br />
im Rahmen Ihrer Tätigkeit durch die ganze Welt, um<br />
die größten Orchester und Chöre in den besten Konzertsälen<br />
der Erde zu dirigieren. Weniger bekannt ist, dass Sie jedes<br />
Jahr im Juli in den hintersten Winkel der Picardie, in die<br />
Abbaye de Saint-Riquier kommen, um<br />
das Musikfestival hier zu leiten. Warum<br />
tun Sie das?<br />
Lassen Sie mich dazu eine kleine<br />
Anekdote erzählen: Ich habe<br />
Anne Potié kennengelernt, als sie<br />
in Istanbul arbeitete (Anm. d. Red.:<br />
Anne Potié leitete ab 2008 das Institut<br />
Français in Istanbul). Sie hatte mich<br />
darum gebeten, mit dem « Concert<br />
Spirituel », einem Ensemble, das<br />
ich immer noch dirigiere, dort ein<br />
Konzert zu geben. Bei dieser Gelegenheit<br />
haben wir Bekanntschaft<br />
geschlossen. Einige Zeit später rief<br />
sie mich an, und bot mir die künstlerische<br />
Leitung des Musikfestivals<br />
an, das seit 1985 in der Abbaye de<br />
Saint-Riquier stattfindet. Sie war<br />
fast ein bisschen überrascht, dass<br />
ich gleich akzeptiert habe. Sie<br />
wusste damals nicht, dass ich hier<br />
aus der Gegend stamme: Ich bin in<br />
Abbeville, nur wenige Kilometer<br />
von Saint-Riquier entfernt, geboren.<br />
Zwangsläufig fühle ich mich hier<br />
fast wie zu Hause …<br />
Sowohl die Künstler als auch das<br />
Publikum, alle spüren hier, dass das<br />
Festival eine besondere Atmosphäre<br />
ausstrahlt. Man fühlt sich wohl …<br />
In der Tat, und das ist so gewollt.<br />
Ich fühle mich wohl an diesem Ort,<br />
und ich mag die Menschen, die hier<br />
leben. Warum sollte ich also diese Atmosphäre verändern?<br />
Im Gegenteil. Die Musik ist für mich nur ein<br />
Vorwand, um Menschen zu begegnen, um mich gut zu<br />
fühlen. Sie darf nicht elitär sein. Ganz und gar nicht.<br />
Ich vergesse niemals, woher ich stamme: Mein Vater<br />
hütete hier Kühe, warum sollte ich hier den elitären<br />
Maestro spielen? Das ergäbe keinen Sinn! Ich weiß,<br />
dass es für viele Bewohner der Region nicht selbstverständlich<br />
war, hierher in ihre Abtei zu kommen, um<br />
ein Klassikkonzert zu besuchen. Die Tatsache, dass<br />
ich einer von ihnen bin, dass ich Picard (Anm. d. Red.:<br />
den lokalen Dialekt) spreche, hat sie beruhigt. Dadurch<br />
haben sie nicht nur eine neue Welt, nämlich die der<br />
Musik, sondern auch ihr lokales Kulturerbe entdeckt.<br />
Heute sind sie stolz darauf, was aus<br />
der Abtei geworden ist.<br />
Die Künstler – rund 500 in jedem<br />
Jahr – die während des Festivals hier<br />
auftreten, unterliegen offensichtlich<br />
ebenfalls dem Charme und der Atmosphäre<br />
des Ortes …<br />
Ja, und das freut mich sehr. Die<br />
Künstler wissen, dass ich in Bezug<br />
auf die Qualität ihrer Arbeit sehr<br />
anspruchsvoll bin und dass das<br />
Festival einen guten Ruf hat. Und<br />
doch sind sie weniger gestresst als<br />
anderswo. Oft erlebe ich, dass sie<br />
richtig Lust darauf haben, wiederzukommen.<br />
Ich spüre, dass es ihnen<br />
wirklich Spaß macht, hier aufzutreten.<br />
Es gibt keine Einzellogen<br />
oder Starallüren. Wir essen alle<br />
gemeinsam an großen Tischen,<br />
den Köchen macht es Freude, die<br />
üppigen regionalen Speisen zuzubereiten.<br />
Jeden Morgen gehe ich<br />
selbst in den Park, um Blumen für<br />
die Sträuße zu schneiden, die den<br />
Künstlern nach dem Konzert des<br />
jeweiligen Tages überreicht werden.<br />
Zu den freiwilligen Helfern<br />
entwickeln sich echte Beziehungen.<br />
Das ist manchmal richtiggehend<br />
magisch! Nehmen Sie zum<br />
Beispiel Jocelyne beziehungsweise<br />
Lili, wie alle sie hier liebevoll nennen.<br />
Sie kannte mich schon, als<br />
ich zehn Jahre alt war. Während des Festivals ist sie so<br />
etwas wie eine Mutter für alle. Und stellen Sie sich vor,<br />
große Künstler mit einer beeindruckenden internationalen<br />
Karriere erkundigen sich oft, wenn ich sie am<br />
anderen Ende der Welt treffe, wie es Lili geht! Auch<br />
das gehört zur Magie der Abbaye de Saint-Riquier und<br />
ihrem Festival.<br />
Hervé Niquet, wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />
40 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
zählte man hier 15 000 Einwohner. Heute sind es kaum<br />
mehr als tausend …<br />
Um sein Projekt umzusetzen, beschloss Karl der<br />
Große, sich auf einen Mann seines Vertrauens namens<br />
Angilbert (740-814) zu stützen, den einzigen Laien in<br />
seinem Umfeld, der sowohl die lateinische als auch die<br />
griechische Sprache in Wort und Schrift beherrschte. Als<br />
Liebhaber der Sprachen und schönen Texte machte der<br />
König ihn schnell zu seinem engen Mitarbeiter. Angilbert<br />
war in etwa das, was heute ein Außenminister oder ein<br />
Botschafter ist, er wurde daher oft im Namen des Königs<br />
ins Ausland gesandt. Da er darüber hinaus mit der Verteidigung<br />
der Küste betraut war, ließ er sich in einem Schloss<br />
in der Baie de Somme in der Nähe der von Riquier gegründeten<br />
Abtei nieder und begann allmählich, diese<br />
Gegend liebzugewinnen. Nach und nach wurde daraus<br />
eine Leidenschaft, nicht nur für die Region, sondern vor<br />
allem für die Abtei. Die Mönche lernten ihn sehr schätzen<br />
und beschlossen daher 794, nach dem Tod des Abtes Saint<br />
Symphorien, Angilbert als neuen Abt von Saint-Riquier<br />
einzusetzen. Einen Laien als Abt an die Spitze eines<br />
Klosters zu wählen, war damals gang und gäbe. Angilbert<br />
teilte nun also seine Zeit zwischen seiner – oft weltmännischen<br />
– Tätigkeit als Botschafter Karls des Großen im<br />
Ausland und der – etwas geruhsameren – Tätigkeit als<br />
Laienabt von Saint-Riquier auf. Er setzte alles daran, die<br />
Macht und den Ruf der Abtei zu vergrößern. Da er über<br />
ein beträchtliches Vermögen verfügte, kaufte er zahlreiche<br />
Reliquien, wie dies zur damaligen Zeit üblich war, und<br />
überließ sie Saint-Riquier. Obwohl er gelehrt war und<br />
einen weltlichen und wissenschaftlichen Geist besaß, war<br />
es sein größter Stolz, die Reliquie eines « Tropfen Muttermilch<br />
der Jungfrau Maria » zu besitzen. Die zahlreichen<br />
Reliquien, die im Laufe der Jahrhunderte von der Abtei<br />
erworben wurden, sind heute dort ausgestellt.<br />
Angilbert wollte im Grunde genommen nicht nur die<br />
Abbaye de Saint-Riquier wiederaufbauen, sondern aus ihr<br />
ein Modell ihrer Zeit, ein Schaufenster der politischen<br />
Aktivitäten seines Herrn, Karls des Großen, machen, dessen<br />
Tochter er schließlich sogar<br />
heiratete und mit der er zwei<br />
Kinder bekam. Er lancierte<br />
umfassende Arbeiten in<br />
Saint-Riquier, wobei<br />
die wichtigsten von<br />
790 bis 799 durchgeführt<br />
wurden.<br />
Karl der Große<br />
wie derum begann<br />
zur selben Zeit in<br />
seinem König reich eine<br />
umfassende intellektuelle<br />
und künst lerische Reform<br />
durch zuführen, die<br />
später als « Karolingische<br />
Renaissance » bezeichnet<br />
wurde. Angilbert war<br />
sich sofort der Bedeutung<br />
dessen bewusst,<br />
und er übernahm dies<br />
umgehend für Saint-<br />
Riquier: Über eine rege<br />
liturgische Aktivität hinaus,<br />
was in einer Abtei<br />
ja üblich war, entwickelte<br />
er ein kulturelles Leben<br />
seltenen Ausmaßes. Dabei kamen der Schrift und dem<br />
Lesen eine beachtliche Bedeutung zu. Obwohl Bücher zur<br />
damaligen Zeit sehr schwierig zu beschaffen und vor allen<br />
Dingen teuer waren, gelang es Angilbert, in Saint-Riquier<br />
eine Bibliothek mit mehr als 350 Büchern zu konstituieren.<br />
Vor allem aber richtete er ein im ganzen Königreich<br />
renommiertes Scriptorium ein, in dem – nachdem die revolutionäre<br />
Buchdruckkunst zu diesem Zeitpunkt noch nicht<br />
erfunden war – geduldige Mönche, sogenannte Kopisten,<br />
Bücher so getreu wie möglich reproduzierten. Diese wurden<br />
anschließend dann im Land und über dessen Grenzen<br />
hinweg verbreitet. Man erzählt sogar, dass die Mönche von<br />
Saint-Riquier auf Betreiben von Karl dem Großen an einer<br />
entscheidenden Erfindung beteiligt gewesen sein sollen,<br />
nämlich an der « Karolingischen Minuskel », einer Schrift,<br />
welche die Texte lesbarer machen und die oft nur schwer<br />
entzifferbare merowingische Schrift vereinheitlichen sollte.<br />
Dies hatte vor allem auch einen politisch-strategischen<br />
Hintergrund, denn eine im ganzen Königreich einheitliche<br />
lesbare Schrift gab die Sicherheit, dass die erteilten Anweisungen<br />
klar und verständlich waren …<br />
Karl der Große hielt sich über den Fortschritt der Arbeiten<br />
in Saint-Riquier und die Initiativen von Angilbert<br />
auf dem Laufenden und war davon angetan; so sehr angetan,<br />
dass er 800 persönlich in die Abtei zum Beten kam,<br />
wo er von seinem Schwiegersohn mit allen Ehren empfangen<br />
wurde. Der König konnte sich mit eigenen Augen<br />
davon überzeugen, dass die « Abtei allen Wissens », von<br />
der er geträumt hatte, Gestalt annahm. Und dabei war der<br />
Prozess noch gar nicht zu Ende. Innerhalb einiger Jahre<br />
wurde aus Saint-Riquier ein Kultur- und Verwaltungszentrum,<br />
dessen Bedeutung auf ganz Europa ausstrahlte.<br />
Angilbert und Karl der Große, die lebenslang eng verbunden<br />
waren, starben im selben Jahr, nämlich 814. Einer der<br />
Linke Seite: Hervé Niquet während eines Konzerts und beim Pflücken der Blumen<br />
für die Sträuße; Jocelyne Langlois, eine der zahlreichen freiwilligen Helferinnen<br />
und Helfer, die mit viel Enthusiasmus zum Erfolg des Festivals beitragen.<br />
Diese Seite: Die Serments de Strasbourg von Nithard und die in der<br />
Abtei ausgestellte Reliquie des Schädels von Saint Riquier.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 41
UNTERWEGS IN FRANKREICH Hauts-de-France<br />
Ein Lesetipp,<br />
um noch tiefer<br />
einzusteigen<br />
Für alle diejenigen, die (auf<br />
Französisch) noch tiefer in die<br />
Geschichte von Nithard und die<br />
Entdeckung der französischen<br />
Sprache eintauchen möchten, hat der Schriftsteller<br />
Pascal Quignard kürzlich einen Roman mit dem Titel Les<br />
Larmes veröffentlicht. Dieser ist gespickt mit historischen<br />
und legendären Fakten und zeichnet die Geschichte von<br />
Nithard und seinem Zwillingsbruder Hartnid nach. Die<br />
beiden Vornamen sind ihr gegenseitiges Anagramm, da<br />
Zwillinge in der damaligen Zeit Namen tragen mussten, die<br />
jeweils an den anderen erinnern. Der Gedankengang des<br />
Autors ist zwar manchmal nur schwer nachzuvollziehen, er<br />
beschreibt jedoch die Ereignisse mit so großer Präzision, dass<br />
man das Gefühl hat, den Serments de Strasbourg persönlich<br />
beizuwohnen: « Es war an einem Freitag, dem 14. Februar<br />
842, es schneite …» Welch ein Glücksfall, auf diese Weise die<br />
Geburt einer Sprache präzise bestimmen zu können!<br />
Pascal Quignard, Les Larmes,<br />
Éditions Grasset, ISBN 978-2246861799<br />
beiden Söhne Angilberts, Nithard (800-ca. 844/45 oder<br />
858/59), wurde seinerseits Laienabt von Saint-Riquier,<br />
der Abtei, die sein Vater so verherrlicht hatte. Er sollte<br />
ebenfalls auf bedeutende Art das Schicksal dieser außergewöhnlichen<br />
Abtei prägen …<br />
Hier ruht Nithard, der erste französische Schriftsteller<br />
Wie sein Vater gehörte Nithard einer gewissen karolingischen<br />
Elite an, die der Macht sehr nahestand. Das<br />
hatte seinen Grund, denn er war am Hof in Aachen aufgewachsen<br />
und hatte drei Könige als Cousins: Lothar I.<br />
(840-855), Ludwig der Deutsche (808-876) und Karl der<br />
Kahle (823-877). Er kannte den Hof also gut. Doch vor<br />
allem seine Arbeit als Schriftsteller ist in diesem Zusammenhang<br />
ganz besonders interessant. Da König Karl der<br />
Kahle die Vorliebe Nithards für das Schreiben kannte<br />
und ihm voll und ganz vertraute, übertrug er ihm 841 die<br />
Aufgabe, die « Ereignisse (seiner) Zeit » schriftlich niederzulegen.<br />
Nithard wurde damit zum zuverlässigen Zeugen<br />
seiner Epoche und schrieb ein wichtiges Werk: Historiae.<br />
Damit hätte sein Beitrag zur Literatur enden können.<br />
Dass dem nicht so war, ist seinem ganz besonderen Wagemut<br />
zu verdanken: 842 brach er nämlich beim Schreiben<br />
eines seiner Texte – Les Serments de Strasbourg (Die Straßburger<br />
Eide) – mit dem bislang üblichen Usus, ausschließlich<br />
in lateinischer Sprache zu schreiben. Ganz bewusst,<br />
wie beim Stein von Rosette, schrieb beziehungsweise<br />
42 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Ich habe<br />
Lust auf …<br />
Das Schloß von Chantilly<br />
Natur<br />
Foto: OT Desvres-Samer<br />
Meer<br />
Foto: Eric DESAUNOIS Foto: © CRT PICARDIE V COLIN<br />
Stadt<br />
Foto: Cituation&Ensemble<br />
Sportliche Aktivitäten<br />
Foto: Eric DESAUNOIS<br />
Veranstaltungen<br />
Foto: Lerouge Lightmotiv<br />
Kunst & Kulturerbe<br />
Foto: Musée du Louvre -<br />
Philippe CHANCEL<br />
Gastronomie<br />
Foto: Alain ETIENNE –<br />
CRT Nord- Pas de Calais<br />
Aufenthaltsideen<br />
Foto: Xavier Alphand<br />
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Hauts-de-France<br />
Seite 42: Nithards Skelett, das in der Abtei aufbewahrt<br />
wird. Oben: Das Bild von Jean Jouvenet aus dem Jahr<br />
1690 zeigt Ludwig XIV. bei einer Krankenheilung; es ist<br />
in der Abtei zu besichtigen. Unten: Die wundersame<br />
Quelle der Könige im Kellergeschoss der Abtei.<br />
übersetzte er vier Sätze in Altfranzösisch, in Althochdeutsch<br />
und in Latein. Damit hatte Nithard nicht nur<br />
eine kulturelle Diversität erfunden, die später für Europa<br />
so wichtig wurde, sondern er war gleichzeitig der erste<br />
Schriftsteller der Geschichte, der in französischer Sprache<br />
schrieb. Als Richelieu (1585-1642) einige Jahrhunderte<br />
später, am 2. Januar 1635, die Académie Française gründete,<br />
wurden Nithards Serments de Strasbourg offiziell<br />
als Geburtsstunde der französischen Sprache anerkannt.<br />
Diese offizielle Anerkennung verhinderte jedoch in der<br />
Folge nicht, dass, wie Anne Potié uns erzählte, Frankreich<br />
die sterblichen Überreste von Nithard einige Jahrhunderte<br />
lang « verlegen » konnte. Dieser war beim Kampf<br />
vermutlich durch einen Schwertstreich, der ihm den<br />
Kopf zertrümmerte, getötet worden. 1989 wurden seine<br />
mutmaßlichen sterblichen Überreste unter dem Vorplatz<br />
der Abbaye de Saint-Riquier entdeckt und der Schädel<br />
für eine Expertise nach Paris geschickt. Von Anne Potié<br />
erfuhren wir, dass der Karton, an den ihr Fuß gestoßen<br />
war und der den fraglichen Schädel enthalten hatte, an die<br />
Anschrift der Abtei adressiert war. Das « Paket » war also<br />
nach Erstellung der Expertise zurückgeschickt worden.<br />
« Ganz einfach mit der Post, offensichtlich ohne irgendeine<br />
besondere Vorsichtsmaßnahme », bemerkte sie immer<br />
noch sichtlich erstaunt. Sie fuhr fort: « Hier angekommen<br />
landete der Karton anscheinend in einer Ecke, fand sich<br />
schließlich auf dem Speicher wieder … Wer weiß, warum<br />
… » Inzwischen wurden der Schädel und die Gebeine<br />
Nithards nummeriert und ruhen in einem gläsernen Sarkophag<br />
in der Abtei, bis sie irgendwann in eine andere<br />
Grabstätte umgebettet werden.<br />
Die wundersame Quelle der Könige<br />
Als ob die erstaunliche Entdeckung, welchen Beitrag<br />
Nithard, der Abt von Saint-Riquier, bei der Entstehung<br />
der französischen Sprache geleistet und welchen Anteil<br />
die Abtei als solche an der Entwicklung des europäischen<br />
Gedankens und der europäischen Kultur gehabt hatte,<br />
noch nicht ausreichen würde, lud Anne Potié uns ein, ihr<br />
zu folgen. « Und damit sind die Überraschungen noch<br />
nicht zu Ende! Folgen Sie mir! », sagte sie lächelnd zu uns.<br />
« Aber ich warne Sie, Sie müssen Stiefel anziehen, denn<br />
der Ort, an den wir uns begeben, ist ziemlich feucht. » Einige<br />
Zeit und einige Treppen später befanden wir uns im<br />
Kellergeschoss der Abtei und standen mit den Füßen im<br />
Wasser. Im Licht der Taschenlampen sahen wir, dass dieses<br />
ganz außergewöhnlich klar war. Die Situation war, gelinde<br />
gesagt, ziemlich irreal. « Wir befinden uns hier quasi<br />
unterhalb des Vorplatzes der Abtei », erklärte uns Anne<br />
Potié. « Das Wasser, das Sie hier fließen sehen, verlieh den<br />
französischen Königen eine ihrer wichtigsten Fähigkeiten,<br />
nämlich die Fähigkeit, durch Berühren eine wundersame<br />
Heilung zu erzielen. » Die Könige in Frankreich waren<br />
nämlich traditionsgemäß sogenannte « Wundertäter ».<br />
Wenn sie durch ihr Königreich reisten, präsentierte man<br />
44 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
ihnen überall sofort Menschen, die unter Krankheiten<br />
wie beispielsweise Tuberkulose litten. Sie berührten diese<br />
dann und sprachen dabei den Satz: « Der König berührt<br />
dich, Gott heilt dich. » Dies war eine sehr praktische Art<br />
die göttliche Macht der Krone unter Beweis zu stellen. Für<br />
den König selbst war sie allerdings nicht ganz risikolos, da<br />
er dadurch regelmäßig mit Menschen mit ansteckenden<br />
Krankheiten in Kontakt kam …<br />
Der Legende nach hatte ursprünglich ein Heiliger,<br />
Saint Marcoult (490-558), die Fähigkeit zu heilen.<br />
Nachdem er die Quelle gesegnet haben soll, mussten die<br />
französischen Könige nur noch hierher kommen und ihrerseits<br />
das wundersame Wasser berühren, um dadurch<br />
diese Kraft zur Heilung zu erhalten. In der Abteikirche<br />
hängt ein großes Gemälde, das Ludwig XIV. (1638-1715)<br />
darstellt, wie er einen Kranken berührt, den man ihm<br />
präsentiert. Der König selbst hat es der Abtei geschenkt,<br />
vermutlich um sich damit zu bedanken und auszudrücken,<br />
dass er sehr wohl wusste, woher er diese Macht<br />
hatte. Am Rande sei erwähnt, dass eben dieser Ludwig<br />
XIV. beschloss, den « magischen » Satz zu ändern, den er<br />
im Moment der Heilung aussprechen musste: « Der König<br />
berührt dich, damit Gott dich heilt. » Als ob die Heilung<br />
mehr ein Wunsch als eine Sicherheit sei …<br />
Ein Ort voller Leben<br />
Trotz der beeindruckenden Geschichte begann der<br />
Glanz der Abbaye de Saint-Riquier mit Beginn der<br />
Französischen Revolution zu bröckeln. Mangels der<br />
notwendigen Mittel für die Erhaltung verwahrloste die<br />
Stätte mehr und mehr. Adieu Nithard, Angilbert, Karolingische<br />
Minuskel, wundersame Quelle, erster offizieller<br />
Text in Französisch … Das Schicksal schien zu<br />
wollen, dass alles zu Staub der Geschichte wurde. Bis<br />
dann im Jahr 2011 das Departement, die Region, der<br />
Staat und sogar Europa beschlossen, dieses unglaubliche<br />
Kulturerbe zu retten. Sie haben der Abtei dazu das<br />
Label Centre Culturel de Rencontre verliehen und ihr zu<br />
Krediten verholfen, damit die Gebäude renoviert werden<br />
konnten. Und seitdem ist sie wieder zu einer lebendigen<br />
Stätte, einer Kulturstätte geworden, in der Wissen vermittelt<br />
wird, so wie ihre Gründerväter es bereits wollten.<br />
Man geht heute dorthin, um eine grandiose Architektur<br />
zu bestaunen, im Park zu flanieren, eine der zahlreichen<br />
Ausstellungen oder auch das renommierte Musikfestival<br />
zu besuchen. Und vor allem hört man dort alle Sprachen:<br />
Französisch, Englisch, Deutsch, Spanisch … Besucher<br />
aus ganz Europa kommen hierher, und jeder scheint dabei<br />
auf seine Kosten zu kommen. Inmitten dieser sprachlichen<br />
Vielfalt ist eine kulturelle Einheit spürbar. Mehr<br />
als an einem anderen Ort fühlt man sich hier besonders<br />
europäisch. Bereits Umberto Eco hat geschrieben: Die<br />
gemeinsame Sprache ist die Übersetzung. Genau das ist<br />
in Saint-Riquier der Fall, und Nithard hätte das sicherlich<br />
sehr gut gefallen …<br />
Interview mit<br />
Anne Potié,<br />
Leiterin der<br />
Abbaye de<br />
Saint-Riquier<br />
Anne Potié, 2011 haben Sie<br />
die Leitung der Abtei übernommen.<br />
Was waren Ihre<br />
ersten Eindrücke bei der Ankunft?<br />
Ich erinnere mich daran, dass mir der Ort verschlafen<br />
vorkam, nichts erinnerte an die bemerkenswerte Vergangenheit.<br />
Von den Mauern fiel der Putz, mangels der notwendigen<br />
Geldmittel waren die meisten Räume geschlossen<br />
und wurden nicht beheizt … Außer dem alljährlich<br />
im Juli stattfindenden Musikfestival war hier fast nichts<br />
mehr los. Die Abtei ging nach und nach zugrunde. Und<br />
doch habe ich bereits bei meinem ersten Besuch etwas Besonderes<br />
hinter diesen Mauern gespürt. Es war etwas wie<br />
ein intakter Geist, eine Seele spürbar, und es erschien mir<br />
möglich, diese wieder zu wecken. Ich war sofort davon<br />
überzeugt, dass man die Abtei wiederbeleben musste, dass<br />
sie wieder zur Abtei voller Wissen werden musste, die sie<br />
früher einmal gewesen war!<br />
Wie geht man vor, mehr als 10 000 m² Gebäude, einen 4 Hektar<br />
großen Park, eine bis zu 50 Meter hohe Abteikirche wieder<br />
mit Leben zu füllen, zumal alles inmitten eines abgelegenen<br />
Dorfes liegt? Das scheint eine immense Herausforderung zu<br />
sein …<br />
Immens und sogar ein wenig verrückt, das gebe ich zu!<br />
Wenn wir es aber objektiv betrachten, dann werden wir in<br />
Frankreich glücklicherweise schon von Zeit zu Zeit von<br />
ein klein wenig Verrücktheit angetrieben. Dadurch gelingt<br />
es uns, Dinge zu vollbringen, die man andernorts als<br />
unvorstellbar betrachten würde … Hilfreich ist vor allem,<br />
dass wir für die Rettung unseres Kulturerbes sehr effizient<br />
arbeitende öffentliche Strukturen haben. Angesichts<br />
des historischen und kulturellen Stellenwerts musste man<br />
reagieren, es musste etwas passieren. Es war unmöglich,<br />
einen Rückzieher zu machen. Dann kam etwas ins Rollen,<br />
was ich als « französische Know-how-Kette » bezeichne:<br />
Verschiedene Institutionen und Einrichtungen haben sich<br />
an einen Tisch gesetzt, es wurden Lösungsansätze entwickelt,<br />
Hebel betätigt, und schließlich wurde entschieden,<br />
in der Abtei ein kulturelles Begegnungszentrum einzurichten,<br />
das den Schriften gewidmet ist. Auf diese Art<br />
wurde die Abtei wieder zum Leben erweckt, und es wurde<br />
etwas auf den Weg gebracht, was lange Zeit ihre Bestimmung<br />
war, nämlich die Vermittlung von Wissen. Glauben<br />
Sie mir, das ist ein schöner und oft berührender Kampf.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 45
UNTERWEGS IN FRANKREICH Hauts-de-France<br />
Demnach ist es ein Kampf, die Kultur und das Kulturerbe zu<br />
verteidigen?<br />
Ganz sicher. Und obwohl hier, in der Picardie, bei<br />
Politikern und Entscheidern auf Regions- und Departementsebene<br />
ein sehr großes Verständnis für solche<br />
Angelegenheiten vorhanden ist – alle wichtigen Entscheidungen<br />
in Verbindung mit der Wiederbelebung der Abtei<br />
wurden immer einstimmig befürwortet –, können Sie sich<br />
denken, dass die Dinge nicht immer einfach waren. Man<br />
muss überzeugen können, die richtigen Argumente finden<br />
und natürlich auch die Zahlen im Auge behalten. Diese<br />
sprechen heute jedoch für sich selbst: Abgesehen von den<br />
immer zahlreicheren Ausstellungen, der immer größeren<br />
Bedeutung des Musikfestivals, den zahlreichen Artists in<br />
Residence ist die Besucherzahl innerhalb von drei Jahren<br />
von 30 000 auf knapp 100 000 gestiegen. Unser Ziel ist<br />
es, eine Stiftung zu werden und dadurch die Finanzierung<br />
In gewisser Weise ist die Abtei Saint-Riquier also ein zeitgemäßer<br />
Ort geworden?<br />
Ich glaube, das ist das schönste Kompliment, das<br />
man ihr machen kann. In der Tat muss man sie nur betreten,<br />
um sich darüber klar zu werden, dass die Abtei<br />
wieder ein Ort des Austausches geworden ist. Sie hat<br />
ihre Seele wiedergefunden, und egal ob man hierher<br />
kommt, um die Architektur zu betrachten, sich innerlich<br />
zu sammeln, ein Konzert anzuhören, an einer Konferenz<br />
teilzunehmen oder einfach nur im Park spazieren<br />
zu gehen, jeder fühlt sich auf die eine oder andere Art<br />
angesprochen. Sie « lebt » wieder und vermittelt uns etwas.<br />
Als Nithard hier mutig seinen dreisprachigen Text<br />
geschrieben hat, hat er als Erster gezeigt, welches die<br />
beste Seite Europas ist, nämlich die Fähigkeit, Vielfalt<br />
zu leben. Ein Begriff, der – so scheint mir – heute aktueller<br />
ist denn je…<br />
von privater Seite auszuweiten. Aktuell werden 70 % der<br />
Kosten von der öffentlichen Hand getragen, dieser Anteil<br />
könnte dann auf 50 % reduziert werden. Und an Projekten<br />
mangelt es nicht: In der Abtei ist sogar die Einrichtung Gent<br />
Anne Potié, wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />
Antwerpen<br />
Den zweiten Teil unserer Reise durch die Baie de Somme,<br />
eines 5-Sterne-Hotels mit Calais Spa an Dunkerque der wundersamen Quelle<br />
geplant. Sie sehen, man kann eine bemerkenswerte Ver-<br />
Merquenterre, finden Sie in der nächsten Ausgabe von Frankreich<br />
einen Bericht über unseren Besuch im Parc Ornithologique du<br />
gangenheit haben und trotzdem modern sein …<br />
erleben. Bruxel<br />
Boulogne<br />
Roubaix<br />
Liege<br />
Lille<br />
Der nächstgelegene Bahnhof befindet<br />
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A16/E402<br />
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IN DIE UMGEBUNG<br />
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Saint-Riquier<br />
im 85 km entfernten Amiens-Haute<br />
Abbeville<br />
A16<br />
Picardie.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 55:<br />
A28/E402<br />
Guyencourt-Saulcourt<br />
Le Touquet-Paris-Plage<br />
Amiens<br />
A1/E15-E19Abbaye de Saint-Riquier<br />
80135 Saint-Riquier<br />
Charleville-Mézières<br />
A4/E25<br />
Ein Strand für die Hauptstadt<br />
Luxembourg<br />
(70 km entfernt)<br />
A29/E44<br />
Telefon: +(0)3 22 99 96 25 A34/E46<br />
Das Seebad Le<br />
Le Havre<br />
A131<br />
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Rouen<br />
A26/E17<br />
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A13/E46<br />
Montag bis Samstag 10 bis 13 Uhr<br />
sehenswertesten<br />
A13/E5<br />
A16<br />
Reims<br />
und 14 bis 18 Uhr; Sonntag 14 bis<br />
Orte A4entlang<br />
Metz Sarreguemines<br />
18 Uhr.<br />
A4/E50 der nordfranzösischen Côte d’Opale.<br />
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Saint-Riquier Evreux liegt 10 km von Abbeville<br />
Abtei und Park sind frei und kostenlos Wo früher die Schönen und Reichen<br />
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Epernay Châlons-enund<br />
ungefähr 20 km von der Baie de<br />
zugänglich. Champagne<br />
PARIS<br />
dem Müßiggang frönten, A31/E21-E23 machen<br />
A4/E25<br />
A28/E402 Somme entfernt. Versailles<br />
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Nancy<br />
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Saint-Riquier …<br />
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A6/E15<br />
… Berlin 1023 km … Hamburg 873 km A5/E54<br />
A26/E17<br />
A35<br />
Chartres<br />
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A11/E50<br />
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A5/E35<br />
Colmar<br />
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A10/E5<br />
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A5/E17-E54 auch A31/E21-E23 als ungewöhnlich vielfältig im<br />
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A35/E25<br />
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Saint-Riquier 4. bis 11. Juli <strong>2017</strong><br />
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A10/E5-E60<br />
A6/E15<br />
A31/E17-E21<br />
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FINDEN SIE AUF SEITE 90.<br />
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60<br />
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A71/E9<br />
A85<br />
Dijon<br />
A38<br />
Besançon<br />
nts<br />
A10/E5<br />
46 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong><br />
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Bern<br />
A20/E9<br />
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Normandie<br />
Le Havre<br />
500 Jahre, das will gefeiert werden !<br />
<strong>2017</strong> jährt sich die Gründung der Stadt und des Hafens Le Havre zum<br />
500. Mal. Diesen runden Geburtstag will man gebührend feiern und<br />
hat daher ein noch nie dagewesenes Kulturevent geplant: Un été<br />
au Havre <strong>2017</strong>. Mehrere Monate lang, von Mai bis November, wird<br />
diese Stadt, die die größten Künstler inspiriert hat, ihre Einzigartigkeit<br />
mit einer Vielzahl von Ereignissen feiern: Volksfeste, Konzerte, Ausstellungen,<br />
dauerhaft oder vorübergehend installierte Kunstwerke, ein<br />
überraschender Kunstparcours … selbst das Meisterwerk von Claude<br />
Monet « Impression, Sonnenaufgang » kehrt nach Le Havre zurück!<br />
Die Stadt an der Seine-Mündung wird in dieser Zeit mit einigen<br />
Überraschungen aufwarten.
Faszinierendes Le Havre! Schon 500 Jahre! Und doch ist es eine<br />
Stadt, über die man letztendlich nur wenig weiß. Man könnte darauf<br />
wetten, dass jetzt, so kurze Zeit vor den Feierlichkeiten dieses<br />
runden Geburtstages, ihr nur wenige Besucher dieses Alter zuschreiben<br />
würden – Franzosen sind dabei nicht ausgenommen. Kann man ihnen<br />
dies aber übelnehmen? Wer kann sich denn heute beim Spaziergang<br />
durch die breiten Straßen dieser « urbanen Experimentierstätte » mit der<br />
in ihrer Art einzigartigen Betonarchitektur ernsthaft vorstellen, dass sie<br />
von Franz I. (1494-1547) gegründet wurde? Dieser ordnete nämlich am<br />
7. Februar 1517 die Schaffung eines « befestigten » Hafens an und unterzeichnete<br />
am 8. Oktober desselben Jahres die Gründungsurkunde der<br />
Stadt. Es war derselbe Franz I., der die schönsten der Loire-Schlösser<br />
erbauen ließ und der die Renaissance in seinem Königreich auf ihren<br />
Höhepunkt führte.<br />
Doch Le Havre hatte bei der Geburt nicht das Glück, das dem<br />
Loiretal beschieden war. Hier ging es nicht darum, die Kultur und<br />
die französische Architektur in ihrem besten Licht zu zeigen, sondern<br />
es ging vielmehr um ein strategisches Ziel: Im Norden der Seine-<br />
Mündung sollte ein neuer Hafen entstehen, der den wachsenden wirtschaftlichen<br />
Opportunitäten und den Anforderungen der Verteidigung<br />
des Königreiches gerecht wurde. Allerdings wollte Franz I. die Dinge<br />
gut machen: Getrieben von seiner Neugier und seiner Vorliebe für die<br />
italienische Architektur vertraute er das Projekt für die Urbanisierung<br />
und Befestigung des Ortes dem aus Siena stammenden Architekten<br />
Girolamo Bellarmato (1493-1555) an. Dieser schuf eine Stadt, die um<br />
die Rue Saint-Michel (die spätere Rue de Paris), das Bassin du Roy sowie<br />
um die Viertel Notre-Dame und Saint-François herum ausgerichtet<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 49
UNTERWEGS IN FRANKREICH Normandie<br />
war. Ein « großer Quai » (der Quai de Southampton, der später dafür<br />
berühmt wurde, dass er zahlreiche Künstler inspirierte) war seinerseits<br />
für den Handel vorgesehen. Die Städteplanung stellte von Anfang an<br />
den Hafen ins Zentrum und war auf Entwicklung angelegt, was ihr ein<br />
eindeutig modernes Aussehen verlieh. In den folgenden Jahrhunderten<br />
sollte sich dieser Eindruck noch verstärken.<br />
Im 18. Jahrhundert ließ der Hafen mit der Ausbreitung des internationalen<br />
Seehandels seine militärische Bestimmung zugunsten eines<br />
Handelshafens hinter sich. Wie in Nantes oder Bordeaux stapelten<br />
sich an den Quais nun bis dato unbekannte Waren wie Schokolade,<br />
Kaffee, Gewürze und Baumwolle. Dieser neue Reichtum – der jedoch<br />
manchmal, was man nicht vergessen sollte, auch mit dem schmutzigen<br />
Sklavenhandel einherging – führte dazu, dass im Norden ein neuer<br />
Stadtteil gebaut und neue Bassins für den Warenumschlag gegraben<br />
wurden (Bassin du Commerce und Bassin de la Barre). Als Symbol des<br />
gestiegenen strategischen Stellenwerts der Stadt baute man einen Gürtel<br />
mit Befestigungsanlagen à la Vauban, von denen heute noch zwei<br />
existieren: das Fort de Tourneville, das in ein künstlerisches Kreativzentrum<br />
verwandelt wurde, und das Fort de Sainte-Adresse, in dem<br />
sich heute die Jardins suspendus befinden. Das 19. und 20. Jahrhundert<br />
brachten dann, wie in vielen anderen französischen Hafenstädten auch,<br />
die Urbanisierung der Küste und die Entwicklung von Seebädern mit<br />
sich. Die Besonderheit von Le Havre war jedoch der Tiefseehafen, in<br />
den auch sehr große Schiffe unabhängig von den Gezeiten einfahren<br />
können, ohne Schleusen passieren zu müssen. Dies führte zur Einrichtung<br />
von transatlantischen Verbindungen, auf denen große Ozeandampfer<br />
die Stadt mit New York verbanden. Nach wie vor verstand<br />
man es also, sich an neue Gegebenheiten und neue Bevölkerungsgruppen<br />
anzupassen. Le Havre wurde unablässig größer. Es schien, als sei<br />
der Stadt eine strahlende Zukunft bestimmt.<br />
Doch das Schicksal meinte es anders. Im immer noch unverständlichen<br />
Eifer des Gefechtes war Le Havre am 5. und 6. September 1944<br />
den Bombardierungen der Alliierten ausgesetzt, die eigentlich « nur »<br />
das Ziel hatten, in der deutschen Garnison, die auf der Anhöhe der<br />
Stadt entstanden war, für Verwirrung zu sorgen, die Le Havre jedoch<br />
zur französischen Stadt mit den meisten Zerstörungen während des<br />
Zweiten Weltkrieges machten. Die während der Renaissance erbauten<br />
Zeugnisse der Stadt wurden vernichtet; sie war nur noch eine weitläufige<br />
Ruine. Doch dank des Materials Beton und eines umfangreichen<br />
Wiederaufbauprogramms, das dem Architekten Auguste Perret (1874-<br />
1954) anvertraut worden war, entwickelte Le Havre trotz – oder gerade<br />
wegen – dieser Widrigkeiten eine bislang in der Geschichte der<br />
französischen Architektur noch nie dagewesene Fähigkeit, sich völlig<br />
neu zu erfinden. Da sowieso alles neu aufgebaut werden musste, legte<br />
Perret großen Ehrgeiz an den Tag und errichtete eine ausgesprochen<br />
moderne Stadt, in der Raum, Komfort, Verkehr und Licht regierten.<br />
Das Rathaus, die Porte Océane und die Kirche Saint-Joseph mit ihrer<br />
107 Meter hohen Turmspitze, welche die Stadt wie ein New Yorker<br />
Wolkenkratzer dominiert, symbolisieren diese besondere Modernität,<br />
die Le Havre nach wie vor für sich beansprucht. In der Zwischenzeit<br />
haben zahlreiche internationale Architekten dasselbe Gespür für die<br />
Ausrichtung der Stadt bewiesen und das Werk von Auguste Perret<br />
damit fortgesetzt. Davon zeugt beispielsweise die 1982 vom brasilianischen<br />
Architekten Oscar Niemeyer (1907-2012) eingeweihte berühmte<br />
Kulturbühne Volcan, deren sanft geschwungene, runde Form<br />
auf poetische Art mit der strengen Linienführung der Gebäude von<br />
50 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Vorherige Seiten: Der Strand von Le Havre und das<br />
Stadtzentrum mit der Kulturbühne Volcan.<br />
Oben: Catène de containers von Vincent Ganivet, eine der<br />
ephemeren Installationen anlässlich des 500. Geburtstages<br />
der Stadt. Links: Ein architektonisches Detail am Hafen.<br />
Auguste Perret um sie herum zu kommunizieren scheint. Alle diese<br />
Anstrengungen und Initiativen trugen dazu bei, dass das wiederaufgebaute<br />
Stadtzentrum von Le Havre 2005 in die Liste des UNESCO-<br />
Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Die architektonische Eigenart<br />
der Stadt ist inzwischen einer ihrer wichtigsten Trümpfe, obwohl eine<br />
solche Dominanz von Beton oft Unverständnis und Ablehnung hervorruft.<br />
Die Einwohner von Le Havre wissen es nur zu gut, denn selbst<br />
sie brauchten einige Zeit, um sich daran zu gewöhnen. Heute sind sie<br />
jedoch stolz auf ihre Stadt.<br />
Diese ganze Geschichte, diese Vergangenheit prägt natürlich auch<br />
die Feierlichkeiten anlässlich des 500. Jahrestages der Gründung von<br />
Le Havre: Es geht daher nicht nur darum, einen Geburtstag zu feiern,<br />
sondern auch darum, sich zu dieser Besonderheit zu bekennen und<br />
sich ihrer würdig zu erweisen. Das ist keine kleine Herausforderung!<br />
Für den Bürgermeister von Le Havre, Édouard Philippe, ist dieser<br />
Jahrestag die Gelegenheit, die Stadt « unter einem neuen Blickwinkel<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 51
UNTERWEGS IN FRANKREICH Normandie<br />
Lesetipp<br />
Monet neu betrachtet<br />
Anlässlich des 500. Jahrestages der Grün dung von Le Havre und der einmonatigen<br />
Rück kehr des Ge mäl des « Im pre ssion, Son ne naufgang » im September, hat der<br />
französische Verlag Hazan ein be mer kens wert es Buch ver öffent licht. Es wurde<br />
von einem internationalen Ex per ten team unter der Feder führung von Géraldine<br />
Lefebvre, ihres Zeichens<br />
Kunsthistorikerin und<br />
anerkannte Fachfrau<br />
für den berühmten<br />
Maler, erarbeitet. Zum<br />
ersten Mal geht ein<br />
Werk auf derart präzise<br />
und fundierte Weise<br />
auf Claude Monets<br />
frühe Jahre in Le Havre<br />
(1845 bis 1874) ein,<br />
die entscheidend für<br />
seine Arbeit waren.<br />
Es enthält zahlreiche<br />
Reproduktionen seiner<br />
Gemälde und viele<br />
bisher unveröffentlichte<br />
Dokumente. Man entdeckt hier einen Maler, der in Paris geboren wurde, dessen<br />
Eltern Pariser sind, und der sich selbst immer als « echten Pariser » bezeichnete.<br />
Trotzdem vergaß er, der im Alter von fünf Jahren mit seinen Eltern nach Le Havre kam,<br />
niemals, dass er hier in dieser Stadt seine Leidenschaft für Malerei entdeckte, dass<br />
er hier bekannt und anerkannt wurde, dass man hier zuerst an ihn glaubte und ihn<br />
unterstützte. Claude Monet hat seinen Ruhm in der Tat zum großen Teil den Einwohnern<br />
von Le Havre zu verdanken, da diese sein Talent erkannten und seine ersten Bilder,<br />
meist Porträts, kauften. All das blieb Claude Monet immer in Erinnerung. Dies ging so<br />
weit, dass er der Stadt 1910 ein für die damalige Zeit einmaliges Geschenk machte,<br />
indem er ihr drei Gemälde überließ, welche drei einschneidende Momente in<br />
seinem Leben markierten: « Die Felsen in Varengeville », « Das Parlament von London,<br />
die Sonne bricht durch den Nebel » und « Die Seerosen ». Diese Werke sind im MuMa<br />
ausgestellt. In diesem Buch erfährt man auch – auf faszinierende Weise erklärt –,<br />
durch welche Verfahren es gelungen ist, den Zeitpunkt, an dem Claude Monet sein<br />
berühmtes Werk « Impression, Sonnenaufgang » malte, präzise zu bestimmen. Durch<br />
astronomische Berechnungen der Position der aufgehenden Sonne, hydrografische<br />
Bestimmungen des Wasserstandes und der<br />
Gezeiten, die Untersuchung der links im Bild<br />
sichtbaren Rauchfahnen, die darauf hindeuteten,<br />
dass der Wind aus östlicher Richtung blies,<br />
konnte vor Kurzem der 13. November 1872 um<br />
genau 7.35 Uhr offiziell bestimmt werden. Ein<br />
heiß erwartetes Resultat, das Ergebnis einer<br />
mustergültigen Zusammenarbeit von Experten.<br />
Géraldine Lefebvre: Monet au Havre, les années<br />
décisives, Éditions Hazan, ISBN: 978-2754108614<br />
zu betrachten, vielleicht sogar einen<br />
erstaunten Blick auf die Stadt zu<br />
werfen ». Ihre eigentümliche Architektur<br />
wird daher in die Festivitäten<br />
miteinbezogen, die vom 27. Mai bis<br />
5. November <strong>2017</strong> unter dem Titel<br />
Un été au Havre stattfinden: Im ganzen<br />
Stadtgebiet wird es Veranstaltungen<br />
geben, bei denen Künstler in<br />
den Straßen ihre Kreativität zeigen,<br />
um die architektonische Schönheit<br />
von Stadt und Hafen zu unterstreichen.<br />
An vielen Orten werden dauerhafte<br />
oder vorübergehende – aber<br />
immer überraschende – zeitgenössische<br />
Installationen entstehen, sei<br />
es an symbolträchtigen oder unbekannten<br />
Orten, manchmal sogar an<br />
Orten, die bis dato für die Öffentlichkeit<br />
nicht zugänglich waren und<br />
aus diesem Anlass geöffnet werden.<br />
Beispiele für die geplanten Projekte<br />
sind ein riesiger Rückspiegel, der<br />
auf dem Dach eines Gebäudes angebracht<br />
wird, monumentale Bögen<br />
aus bunten Containern oder auch<br />
eine Installation an der Fassade eines<br />
von Auguste Perret konzipierten<br />
Gebäudes. All das sind Gelegenheiten,<br />
die Besucher zu überraschen,<br />
damit diese den Einfallsreichtum Le<br />
Havres besser verstehen und teilen<br />
können.<br />
Um das mehrmonatige Kulturprogramm<br />
zu realisieren – dessen<br />
Budget im Übrigen auf 15 Millionen<br />
Euro geschätzt wird –, hat sich die<br />
Stadt an einen Spezialisten auf diesem<br />
Gebiet gewandt: an Jean Blaise.<br />
Dieser ist in Frankreich bekannt,<br />
weil er bereits mehrere kulturelle<br />
Veranstaltungen großen Ausmaßes<br />
konzipiert und organisiert hat, die<br />
echte Publikumserfolge waren, wie<br />
beispielsweise die Sommer-Kulturveranstaltung<br />
Voyages à Nantes oder<br />
die ersten Kunstevents Nuits Blanches<br />
in Paris. Nach dem Vorbild und den<br />
Erfahrungen mit den Veranstaltungen<br />
in Nantes (Anm. d. Red.: die wir<br />
Ihnen in der Ausgabe 44 von Frankreich<br />
erleben vorgestellt haben) ist in Le<br />
Havre ein umfangreiches Programm<br />
im kulturellen und volkstümlichen<br />
Bereich geplant. Den Beginn macht<br />
ein spektakuläres Eröffnungsfest am<br />
52 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Ein Sommer in Le Havre<br />
eine Stadt zwischen Geschichte und Moderne<br />
Dans le port du Havre (Frédéric Lenfant), 1998,<br />
photographie peinte, pièce unique,<br />
sans cadre : 101 x 124 cm,<br />
Collection particulière © Pierre et Gilles<br />
Le Volcan © OTAH Les Grandes Voiles du Havre © STI Esquisse projet © Lang-Baumann<br />
Royal de Luxe © Serge Koutchinsky<br />
Nach den Bombenangriffen von 1944<br />
wurde Le Havre nach Plänen des Architekten<br />
Auguste Perret in durchgängigem Stil<br />
Le Havre, vue nuit-©Hilke Maunder<br />
wiederaufgebaut. Damit eröffnete sich für<br />
die Stadt die Welt einer modernen von der<br />
UNESCO zum Weltkulturerbe erhobenen Architektur.<br />
Herausragende Beispiele dieser modernen<br />
Architektur sind die Kirche Saint Joseph, deren<br />
Turm über die Stadt hinausragt und als nachts<br />
beleuchtetes Wahrzeichen an die Wolkenkratzer<br />
von New York erinnert. Weitere Symbole<br />
dieser Architektur sind das Rathaus sowie die<br />
Gebäude der „Porte Océane „ im Westen und<br />
die „Front de mer Sud“, eine Häuserfront im<br />
Süden, die mit ihren Bauten die Stadt zum<br />
Meer und zum Hafen hin öffnen.<br />
„ Ein Sommer in Le Havre <strong>2017</strong>“ bedeutet<br />
5 Monate voller interessanter Zusammenkünfte,<br />
Entdeckungen und Ausstellungen:<br />
So die Ausstellung der Künstler Pierre<br />
und Gilles im MuMa vom 27. Mai bis zum<br />
20. August. Außerdem die „ Impression(s)<br />
soleil“, eine Ausstellung vom 9. September<br />
bis zum 8. Oktober rund um die einmalige<br />
Präsentation des berühmten Gemäldes „Impressions<br />
soleil levant“, dem Sonnenaufgang,<br />
einem Meisterwerk von Claude Monet,<br />
das der Künstler 1872 im Le Havre malte.<br />
Als Stadt des Lichtes und des Städtebaus<br />
ist Le Havre wie geschaffen für Aufführungen<br />
der Straßentheatergruppe Royal de Luxe,<br />
die mit ihren Darbietungen die Straßen der<br />
Stadt erobern werden.<br />
Le Havre gilt als sagenumwobener Kreuzfahrthafen:<br />
wie wäre es gemäß der historischen<br />
Transatlantikfahrten mit einer Überfahrt<br />
von Le Havre nach New York auf der Queen<br />
Mary 2 vom 15. bis zum 22. September?<br />
Am Kreuzfahrtterminal zeigt die Ausstellung<br />
French Lines in einem ehemaligen Hafenbahnhof<br />
die maritime Vergangenheit von<br />
Le Havre bei einem poetischen Parcours.<br />
Vom 31. August bis zum 3. September<br />
wird die weltgrößte Windjammer bei ihrer<br />
letzten Etappe in Le Havre Halt machen. Nutzen<br />
Sie die Gelegenheit und besichtigen Sie<br />
die segelnden Veteranen!<br />
Le Havre gleicht als junge, moderne und<br />
weltoffene Hafenstadt einem Museum unter<br />
freiem Himmel, das zum Flanieren einlädt<br />
und in dem man viele monumentale Werke<br />
und schöpferische zeitgenössische Künstler<br />
entdecken kann.<br />
Vue plage - ©OTAH<br />
Mehr Informationen unter:<br />
http://www.lehavretourisme.com
UNTERWEGS IN FRANKREICH Normandie<br />
Oben: Blick auf das Stadtzentrum mit der<br />
Kulturbühne. Unten: Das neue Erlebnisbad<br />
sowie ephemere Installationen von Lang/<br />
Bauman und Julien Berthier anlässlich<br />
des runden Geburtstags der Stadt.<br />
27. Mai <strong>2017</strong>, das die ganze Bevölkerung mobilisieren und die Oberstadt<br />
mit der Unterstadt verbinden will. Die berühmte Truppe Royal<br />
de Luxe bringt vom 6. bis 9. Juli ihre « riesigen Puppen » in die Stadt<br />
und wird wie überall bei ihren Auftritten auf der ganzen Welt mehrere<br />
Hunderttausend Besucher anziehen. Am 8. Oktober <strong>2017</strong> ist ein<br />
großes Abschlussfest geplant, das die Menschen rund um ein digitales,<br />
interaktives Werk versammeln soll, wobei dazu bisher noch keine Details<br />
preisgegeben wurden.<br />
Neben den Beiträgen unter freiem Himmel einer ganzen Reihe von<br />
Künstlern sowie den zahlreichen Konzerten werden in Le Havre auch<br />
die verschiedensten Ausstellungen stattfinden, von denen drei besonders<br />
herausragen. Vom 27. Mai bis 20. August <strong>2017</strong> präsentiert das<br />
Musée d’Art Moderne André Malraux (MuMa) mit Pierre et Gilles eine<br />
Retrospektive des berühmten Künstlerduos, das aus La Roche-sur-Yon<br />
beziehungsweise Le Havre stammt. Gezeigt werden 80 ihrer Werke,<br />
die eine Verbindung von Fotografie und Malerei in knalligen Farben<br />
sind. Ein einmaliges Ereignis ist die Rückkehr des berühmten Meisterwerks<br />
von Claude Monet « Impression, Sonnenaufgang » in seine<br />
Geburtsstadt. Vom 9. September bis 8. Oktober <strong>2017</strong> wird es im Rahmen<br />
der Ausstellung Impression(s) soleil ebenfalls im MuMa zu sehen<br />
sein. Mittelpunkt dieser Ausstellung, die neben Monets Meisterwerk<br />
auch Gemälde von Eugène Boudin, Raoul Dufy und William Turner<br />
präsentiert, ist das Licht in Le Havre, das eine Inspirationsquelle für<br />
die größten impressionistischen Maler war. Die Ausstellung French<br />
Line beschäftigt sich vom 27. Mai bis 8. Oktober <strong>2017</strong> mit der maritimen<br />
Vergangenheit der Stadt und lässt die Besucher in die Geschichte<br />
der transatlantischen Reedereien Europas eintauchen.<br />
Zu guter Letzt sollte man auch ein Ereignis nicht versäumen, das<br />
seit 22 Jahren regelmäßig in Le Havre stattfindet, nämlich den Start<br />
der Transatlantikregatta Jacques Vabre. Diese gefürchtete Hochseeregatta<br />
für Mannschaften mit zwei Seglern startet alle zwei Jahre in Le<br />
Havre. Die Boote werden ab dem 27. Oktober eintreffen, der Startschuss<br />
für die 13. Ausgabe wird am 5. November <strong>2017</strong> gegeben. Freunde<br />
solcher seglerischer Herausforderungen werden bei diesem Start auf<br />
ihre Kosten kommen, der gleichzeitig auf grandiose Art die offiziellen<br />
Feierlichkeiten des Jahrestages der Stadtgründung beschließt. Man<br />
wird ja schließlich nicht alle Tage 500 Jahre alt!
Calais Dunkerque<br />
Boulogne<br />
Roubaix<br />
Lille<br />
Bruxel<br />
Liege<br />
A131<br />
A13/E46<br />
Le Mans<br />
11/E501<br />
A28/E502<br />
A86/E60<br />
Monts<br />
Le Havre<br />
A28/E402<br />
A29/E44<br />
A13/E5<br />
A11/E50<br />
A16/E402<br />
Abbeville<br />
A16<br />
A28/E402<br />
Amiens<br />
A10/E5<br />
A16<br />
A6/E15<br />
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Le Havre liegt an der Seine-Mündung<br />
und ist über Blois die Autobahnen A29,<br />
Chambord<br />
A10/E5-E60<br />
A131 und A13 erreichbar.<br />
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A10/E5<br />
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… Köln 590 km … München 1051 km<br />
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der Region.<br />
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Un été au Havre <strong>2017</strong><br />
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Telefon: +33 Auxerre (0)2 32 74 04 04<br />
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Ausgabe <strong>Nr</strong>. 48<br />
A6/E15 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 49:<br />
Lausanne<br />
Poitiers<br />
Oscar Niemeyer<br />
Cabourg, Deauville, Trouville-sur-Mer,<br />
Mit Frankreich auf Du und Du<br />
Am 5. Dezember 2012 trauerte die Welt um einen<br />
Montluçon<br />
großen Architekten: Oscar Niemeyer. Der<br />
Brasilianer verstarb im stolzen Alter von<br />
A71/E11<br />
105 Jahren in Rio de Janeiro. Niemeyer<br />
hinterließ beeindruckende Bauten, die<br />
Cluny Honfleur<br />
Die Stars der Côte Fleurie (25 km entfernt)<br />
Die Côte Fleurie, die Genève Blumenküste,<br />
erhielt ihren Namen aufgrund<br />
der blühenden Gärten und<br />
Annecy<br />
Wiesen, wie sie für diesen<br />
ême<br />
Clermont-<br />
A72/E70<br />
vielleicht nicht jedermann gefallen, die<br />
Limoges<br />
Ferrand<br />
normannischen Küstenabschnitt<br />
aber die Architektur des 20. Jahrhunderts<br />
Lyon<br />
A89/E70 Puy de Dôme<br />
und das Hinterland, das Pays<br />
geprägt haben. Sein Name A75/E11 wird meist im<br />
A43/E70 d‘Auge, typisch sind. Urlauber<br />
Chambéry<br />
Zusammenhang mit der Errichtung der brasilianischen le Mont-Dore Hauptstadt<br />
schätzen die schönen Sandstrände am Ärmelkanal und die<br />
Brasilia genannt, die nach seinen Plänen aus dem Regenwald<br />
emporwuchs. Dies sollte aber nicht vergessen machen, dass Niemeyer<br />
gediegenen St.-Etienne Seebäder. Gerade Cabourg, Deauville und<br />
Trouville-sur-Mer locken mit einem Flair, das Erinnerungen<br />
Tulle<br />
Périgueuxauch in anderen Ländern wichtige Gebäude entwarf. Eine ganz<br />
Grenoble<br />
Brive-la-Gaillarde<br />
an die Belle Époque, die Hochzeit der Küste, wachwerden<br />
A49/E713<br />
A89/E70 besondere Rolle Le Pescher in seinem Leben spielte Frankreich und Le Havre,<br />
lässt. Honfleur bildet mit seinem malerischen Hafenbecken<br />
wo Souillac er nicht sur nur gearbeitet, sondern Saillac auch einige Jahre gelebt hat. Ein und seiner maritimen Vergangenheit einen angenehmen Briançon<br />
Dordogne<br />
Valence<br />
Nachruf zur ersten Wiederkehr seines Todestages.<br />
Aurillac<br />
Kontrapunkt.<br />
Crest<br />
Die<br />
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Bern<br />
D<br />
To<br />
A9/E15<br />
Orange<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 55<br />
A51/E712<br />
France
UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne<br />
56 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
mehr als nur zwei Gärten<br />
Die Bretonen lieben Pflanzen und haben dazu noch Glück: Was das Klima<br />
angeht, so profitieren sie von etwas, von dem viele Gärtner träumen,<br />
nämlich vom Golfstromeinfluss. Was Pflanzen und Samen angeht, so besitzen<br />
sie unglaubliche Schätze, die ihre Vorfahren oft vom anderen Ende der Welt<br />
mitgebracht haben und die manchmal sogar Raritäten darstellen. Daher ist es<br />
auch nicht verwunderlich, dass es in dieser Region zahlreiche bemerkenswerte<br />
Gärten gibt. Bei zwei von ihnen kann man die enge Bindung zwischen den<br />
Bretonen und der Welt des Gartens ganz besonders gut nachzuvollziehen.<br />
Zum einen ist dies der bemerkenswerte Garten des Conservatoire Botanique<br />
National in Brest. Er gibt sich ganz diskret, obwohl man an diesem Ort die<br />
meisten vom Aussterben bedrohten Pflanzenarten in Frankreich vorfindet. Der<br />
Jardin exotique et botanique in Roscoff zeugt dagegen vom unglaublichen<br />
Wunsch einiger Bewohner, aus einem Felsen einen der schönsten Gärten<br />
des Hexagons zu machen.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 57
UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne<br />
Vorherige und diese<br />
Doppelseite: Der Jardin<br />
exotique et botanique<br />
von Roscoff und das<br />
Gärtnerteam.<br />
Will man die Bretagne über ihre<br />
Gärten entdecken, so muss man<br />
sich abseits der ausgetretenen<br />
Pfade bewegen. Das ist nicht immer einfach,<br />
denn die Versuchung ist groß, sich<br />
ausschließlich von den Landschaften direkt<br />
am Meer, von wilden und ursprünglichen<br />
Küsten oder von Stränden mit<br />
feinem Sand verzaubern zu lassen. Besucht<br />
man jedoch bretonische Gärten, dann ist<br />
es, als würde man in eine Welt voller schöner<br />
Überraschungen treten, die dabei helfen,<br />
die Mentalität und die Kultur der<br />
Bretonen besser zu verstehen. Alle, die<br />
diese Erfahrung bereits gemacht haben,<br />
können das bestätigen.<br />
Ein Korn zu säen, eine Pflanze oder<br />
einen Baum großzuziehen, das ist nämlich<br />
so, als würde man ein bisschen von sich<br />
selbst preisgeben. Das heißt, neugierig zu<br />
sein, sich in Geduld üben zu können, etwas<br />
weitergeben zu wollen. Drei Charakterzüge,<br />
die den Bretonen schon immer<br />
eigen waren. Seit der Seehandel aufkam<br />
und sich in der Region entwickelte, brachten<br />
die bretonischen Seeleute Samen aus<br />
der ganzen Welt mit nach Hause, sei es in<br />
großen, für den Handel bestimmten Säcken,<br />
sei es, heimlich verborgen, in ihren<br />
Taschen. Zurück auf heimatlichem Boden<br />
haben einige von ihnen sie dann im Garten<br />
ausgesät, um zu experimentieren, und<br />
– Golfstrom sei Dank – diese haben oft<br />
ausgetrieben. Es ist heute sogar so, dass<br />
man nur schwer präzise angeben kann,<br />
wie viele Pflanzenarten tatsächlich schon<br />
immer hier heimisch waren und wie viele<br />
aus solchen Samenkörnern vom anderen<br />
Ende der Welt entstanden sind. Ein klassisches<br />
Beispiel hierfür ist die Hortensie<br />
– ihr botanischer Name lautet Hydrangea<br />
–, die bekanntlich der ganze Stolz der<br />
Bretonen ist. Ihre rosafarbenen, blauen<br />
oder weißen Blüten bilden wunderschöne<br />
üppige Hecken, die so gut<br />
mit den Granitsteinen von Häusern<br />
und Mauern harmonieren,<br />
dass sie quasi ein Symbol für<br />
die Region darstellen. Dabei<br />
stammt diese Pflanze<br />
ursprünglich aus Asien,<br />
wo sie vor allem in Japan<br />
nach wie vor kultiviert<br />
wird.<br />
Will man sich jedoch,<br />
abgesehen von diesen<br />
Pflanzen, die man überall in der Bretagne<br />
sehen kann, ein Bild davon machen, welchen<br />
Einfluss der Seehandel in Sachen<br />
Gartenbau und Pflanzenwelt hier schon<br />
immer gehabt hat, dann sollte man sich<br />
nach Brest begeben, genauer gesagt an<br />
einen Ort, der alleine schon aufgrund seiner<br />
geografischen Lage einen Besuch wert<br />
ist: das Vallon du Stang-Alar. Diese grüne<br />
Lunge der Stadt liegt nur wenige Schritte<br />
vom Stadtzentrum und dem Plage du<br />
Moulin Blanc entfernt. Hier, mitten in<br />
der Stadt, ist man von einer solch ausgedehnten<br />
Grünanlage wahrlich überrascht.<br />
Abgeschottet von Autoverkehr und Stadtlärm<br />
liegt eingebettet ein zwei Kilometer<br />
langer Grünstreifen, eine Art geschütztes<br />
« Miniaturtal » mit Seen, Wasserläufen,<br />
Felsen und einem 30 Hektar großen Park,<br />
in dem die Bretonen gerne mit der ganzen<br />
Familie spazieren gehen. Die Besonderheit:<br />
Es handelt sich dabei nicht, wie in so<br />
vielen anderen Städten, einfach « nur » um<br />
einen städtischen Park, sondern um einen<br />
richtigen, in die Stadt integrierten botanischen<br />
Garten. Er bietet die Gelegenheit,<br />
schnell – und kostenlos – dem Alltag zu<br />
entfliehen und verschiedenste Pflanzenwelten<br />
aus der ganzen Welt zu entdecken.<br />
Hier bewegt man sich beim Spaziergang<br />
auf den ausgeschilderten Wegen<br />
nicht zwischen Kastanienbäumen, Platanen<br />
und anderen Laubbäumen, die<br />
normalerweise die öffentlichen Parks im<br />
Norden Frankreichs bestücken, sondern<br />
man flaniert zwischen Bambus, riesigen<br />
Mammutbäumen, Baumfarn, Palmen,<br />
Kakteen und Eukalyptusbäumen. Es<br />
gibt zahlreiche Bänke, um den Ort zu<br />
genießen, was die Bretonen im Übrigen<br />
ausgiebig in Anspruch nehmen. Manche<br />
kommen sogar mit ihrem<br />
Musikinstrument hierher,<br />
was manchmal für angenehme<br />
Überraschungen<br />
sorgt, so wie es uns bei<br />
unserem Besuch ergangen<br />
ist, als wir auf eine Harfenspielerin<br />
gestoßen sind,<br />
die es sich unter einem<br />
Eukalyptusbaum bequem<br />
gemacht hatte.<br />
Auf unsere Frage hin<br />
erklärte sie uns, dass<br />
sie regelmäßig zum<br />
Üben hierher<br />
58 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne<br />
Einige Impressionen aus<br />
dem Jardin exotique et<br />
botanique von Roscoff und<br />
die Gärtnerei, in der man<br />
Pflanzen kaufen kann.<br />
kommt, obwohl sie dafür ihr schweres<br />
Instrument mehrere Hundert Meter<br />
weit tragen muss. Manchmal gibt sie<br />
sogar zur großen Freude der Parkbesucher<br />
improvisierte Konzerte mit<br />
anderen Musikern. Eine Information,<br />
die uns im Übrigen von Stammbesuchern<br />
bestätigt wurde.<br />
Doch der wahre Schatz des Gartens<br />
liegt etwas abseits. Dort muss man für<br />
den Eintritt bezahlen, aber das lohnt sich<br />
allemal. Dieser Schatz ist das Conservatoire<br />
Botanique National de Brest, vor allem<br />
seine Tropengewächshäuser. Sie beherbergen<br />
die dichteste Konzentration vom<br />
Aussterben bedrohter Pflanzen in Frankreich:<br />
Von den mehr als 500 Pflanzen, die<br />
unter den riesigen Glasdächern wachsen,<br />
sind 95 % vom Aussterben bedroht!<br />
Dieser einzigartige Ort zeigt sehr<br />
gut, wie ausgesprochen aufgeschlossen<br />
die Bretonen gegenüber der Welt des<br />
Gartens sind. Frankreich hat zwar mit elf<br />
Einrichtungen auf seinem Territorium, in<br />
denen mehr als 300 Menschen beschäftigt<br />
sind, ein ausgedehntes Netzwerk an<br />
botanischen Konservatorien, doch das in<br />
Brest ist etwas Besonderes unter ihnen:<br />
Es ist das einzige, das im großen Umfang<br />
auf internationaler Ebene agiert, indem es<br />
Projekte zur Erhaltung von Spezies umsetzt,<br />
die vor allem auf Inseln (Madagaskar,<br />
Kanaren, Madeira, Haiti …) bedroht<br />
sind. Manchmal ist eine Pflanzenart<br />
derart in Gefahr und die Dringlichkeit<br />
derart groß, dass die Erhaltung vor Ort<br />
nicht mehr möglich ist. Die Entnahme<br />
und Überführung der Pflanze – oder<br />
zumindest der letzten Samenkörner – in<br />
das Konservatorium in Brest ist oft das<br />
allerletzte Mittel, um zu verhindern, dass<br />
diese Spezies definitiv vom Erdboden verschwindet.<br />
Dafür sind das besondere Klima<br />
in der Bretagne in Verbindung mit der<br />
Organisation der Gewächshäuser im Vallon<br />
du Stang-Alar und dem Know-how<br />
der Mitarbeiter des Konservatoriums ein<br />
wesentlicher Trumpf, was Botaniker auf<br />
der ganzen Welt zu schätzen wissen. Das<br />
hat nicht zuletzt die Erfahrung gezeigt.<br />
Insofern hat man bei einem Besuch<br />
der Gewächshäuser die Gelegenheit, einige<br />
botanische Schätze zu sehen, wie beispielsweise<br />
Cylindrocline lorencei, eine von<br />
der Insel Mauritius stammende Spezies.<br />
Sie war in der freien Natur ausgestorben<br />
und lange Zeit nur<br />
in zwei Gärten auf der ganzen<br />
Welt präsent: hier in Brest und<br />
in England in den berühmten<br />
Londoner Kew Gardens. 1977 hatte<br />
ein Botaniker des Conservatoire Botanique<br />
National de Brest die glorreiche Idee, die<br />
Samen der letzten Pflanzen zu sammeln,<br />
die es noch auf Mauritius gab. Daraufhin<br />
wurden Samenproben an verschiedene<br />
botanische Gärten auf der ganzen Welt<br />
verschickt, doch nirgendwo gelang es, sie<br />
zu kultivieren. Selbst in Brest starben die<br />
wenigen Pflanzen, die gezüchtet werden<br />
konnten, schließlich ab. Das Konservatorium<br />
entschied daraufhin, die verbliebenen<br />
Samen so lange einzufrieren, bis man<br />
neue Lösungsansätze entwickelt hatte,<br />
und dann einen neuen Versuch zu starten.<br />
Dies war schließlich in den 90er-Jahren<br />
der Fall: Durch Isolation und Kultivierung<br />
lebensfähiger Teile von aufgetauten<br />
Samenkörnern in vitro gelang es Wissenschaftlern<br />
des Konservatoriums, ganze<br />
Pflanzen zu regenerieren. Heute kann<br />
man die über zwei Meter großen Exemplare<br />
in den Gewächshäusern bestaunen.<br />
Ein toller Erfolg! Dies gilt umso mehr, als<br />
dass 2012 ein Programm zur Wiedereinführung<br />
auf der Insel Mauritius begonnen<br />
werden konnte.<br />
Über solche einmaligen Exemplare<br />
hinaus besitzt das botanische Konservatorium<br />
von Brest aber eine Besonderheit, die<br />
für die Öffentlichkeit nicht zugänglich ist.<br />
Wir hatten jedoch das Privileg, Zutritt zu<br />
bekommen, um einige Fotos zu machen.<br />
Jeder, der diese abgelegenen Räume betritt,<br />
könnte denken, vor « normalen »<br />
Tiefkühlschränken zu stehen. Das ist<br />
nicht ganz unrichtig. Doch genau genommen<br />
steht man vor einer der weltgrößten<br />
Samenbanken bedrohter Pflanzenarten:<br />
4 Tiefkühlschränke beherbergen sorgsam<br />
bei -18° C mehr als 5000 Lots mit Samen,<br />
die hier seit 1976 eingelagert werden. 350<br />
Spezies darunter sind quasi kurz vor dem<br />
Aussterben. Jedes Lot kann, je nach Größe,<br />
bis zu mehrere Zehntausend Körner<br />
enthalten …<br />
60 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne<br />
Eindrücke aus dem<br />
Garten des Conservatoire<br />
Botanique National in Brest.<br />
Rund 60 Kilometer nordöstlich von<br />
Brest, in Roscoff, weckt ein anderer<br />
Garten unsere Aufmerksamkeit. Wie der<br />
Garten des Konservatoriums in Brest, so<br />
zeugt auch dieser von der engen Bindung<br />
zwischen den Bretonen und der Gartenwelt.<br />
Für ihn ist allerdings weder der<br />
Staat noch eine Gebietskörperschaft zuständig,<br />
sondern lediglich ein Verein mit<br />
knapp 100 Mitgliedern, von denen jedoch<br />
nur rund 10 den tatsächlichen Betrieb<br />
gewährleisten. Es sind passionierte Menschen,<br />
die es durch ihren Mut und ihre<br />
Willenskraft im Laufe der Jahre geschafft<br />
haben, aus einem kleinen Felsen am Meer<br />
einen der schönsten Gärten Frankreichs<br />
zu machen: Willkommen im Jardin exotique<br />
et botanique de Roscoff.<br />
« Das Grundstück am Fuß des Felsens<br />
direkt am Meer war früher unbebaut »,<br />
erläutert uns Pierre Mechin, der Präsident<br />
des Vereins, während er uns einlädt, uns<br />
mit ihm an den Tisch im Gartenhaus zu<br />
setzen, das ihm zugleich als Büro dient.<br />
« Es war ein Ort, an dem Jugendliche ein<br />
Lagerfeuer machten, an dem sich Verliebte<br />
trafen. In den 80er-Jahren erwarb<br />
das Departement das Terrain, trat es aber<br />
schließlich wieder an die Stadt Roscoff ab.<br />
Diese wusste jedoch nicht so recht, was<br />
sie damit anfangen sollte. Es war in keiner<br />
Weise unterhalten und voller Brombeersträucher.<br />
Dann kamen eines Tages<br />
Daniel Person, ein reicher Hotelbesitzer,<br />
und sein Freund Louis Kerdilès, ein städtischer<br />
Gärtner, auf die Idee, den Felsen<br />
mit Blumen zu bepflanzen. Das taten sie<br />
dann, und die Pflanzen sind angewachsen.<br />
Also pflanzten sie noch mehr. Manche<br />
Pflanzen erhielten sie von Seeleuten<br />
aus der Gegend oder von Reisenden, die<br />
sie aus der ganzen Welt mitgebracht hatten.<br />
Und dann machten sie immer weiter.<br />
Nach und nach kauften sie weitere Parzellen<br />
dazu, die sie ebenfalls bepflanzten. So<br />
hat alles begonnen … »<br />
Für den Felsen in dieser idealen Lage<br />
war das eine unglaubliche Schicksalsfügung:<br />
Aus dem verlassenen Brachland<br />
ist durch die Willenskraft einiger leidenschaftlicher<br />
Bewohner heute ein einmaliger<br />
Vereinsgarten entstanden, dessen<br />
Ausmaß mit 16 000 m 2 zwar überschaubar<br />
ist, der aber eine unglaubliche Vielfalt<br />
an Pflanzen aus Australien, Südamerika,<br />
Südafrika und Neuseeland enthält. « Was<br />
soll ich sagen, es ist ganz erstaunlich, aber<br />
hier wächst fast alles! », sagt Pierre Mechin<br />
fast entschuldigend mit einem Lächeln,<br />
während wir aufbrechen, um diesen<br />
außergewöhnlichen Ort zu erkunden,<br />
an dem wie durch Zauberei mehr als 3500<br />
verschiedene Spezies wachsen, von denen<br />
manche in ihrer ursprünglichen Heimat
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Frankreich erleben auch in digitalisierter Form lesen. Erhältlich ist das<br />
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UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne<br />
Oben: Die wertvolle<br />
Samenbank des<br />
Konservatoriums und<br />
Pflanzen, die hier<br />
gezüchtet wurden.<br />
praktisch ausgestorben sind.<br />
Trotz der Überschaubarkeit hat man<br />
den Eindruck, im Laufe des Besuchs von<br />
einer Welt in die nächste einzutauchen.<br />
Der Golfstrom und der Felsen scheinen<br />
einige botanische Wunder zu bewirken.<br />
Dies ist auf jeden Fall die Ansicht von<br />
Delphine Cabanis, die hier seit rund<br />
zwölf Jahren arbeitet – immer mit derselben<br />
Leidenschaft. « Schauen Sie », sagt sie<br />
zu uns, « nehmen Sie beispielsweise diesen<br />
Eukalyptusbaum. Alle Botaniker werden<br />
Ihnen sagen, dass zu Füßen eines solchen<br />
Baumes nichts wächst. Nun, hier ist das<br />
anders. Und bei den südafrikanischen Zuckerbüschen<br />
ist es ebenso: Nicht einmal<br />
im Conservatoire Botanique National in<br />
Brest, das ja nicht weit entfernt ist, wachsen<br />
sie richtig. Unsere sind wunderschön!<br />
Man hat herausgefunden, dass der Felsen<br />
tagsüber die Wärme speichert und sie<br />
nachts wieder abgibt. In Verbindung mit<br />
dem Golfstromeinfluss, durch den wir im<br />
Sommer nicht viel Feuchtigkeit und im<br />
Winter keinen Frost haben, ergibt dies ein<br />
ideales Mikroklima. »<br />
Man spürt genau, dass die Vegetation<br />
hier absolut prioritär ist, auch auf die<br />
Gefahr hin, dass sie manchmal über den<br />
Besucher dominiert, der sich bei seinem<br />
Spaziergang dann vielleicht bücken muss,<br />
um einem Ast, einer Pflanze auszuweichen<br />
oder um eine besondere Blüte, ein<br />
Gras zu betrachten. Das hat nichts mit<br />
den breiten, gepflegten (manchmal vielleicht<br />
sogar zu sehr gepflegten) Wegen<br />
in anderen Gärten zu tun … Aber gerade<br />
das macht den Charme dieses Gartens<br />
aus, der ganz anders als andere Gärten<br />
ist. « Viele Pflanzen samen von selbst aus,<br />
überall ein bisschen », bestätigt Delphine<br />
Cabanis. « Wir möchten aber bewusst diese<br />
etwas wilde Seite erhalten. »<br />
Und doch sagt man sich beim Anblick<br />
des Gartens: welche Arbeit! Man erkennt<br />
sofort, dass das kleine Team unablässig<br />
arbeitet und weder Anstrengungen noch<br />
den Zeitaufwand scheut. Die Arbeit<br />
wird sorgfältig ausgeführt, man<br />
sieht, dass die Menschen<br />
diesen Ort wirklich in ihr<br />
Herz geschlossen haben.<br />
Der Einsatz chemischer<br />
Produkte kommt nicht<br />
in Frage, zu<br />
groß ist<br />
dafür der Respekt vor den Pflanzen, den<br />
Tieren und den Menschen. Und wie<br />
Delphine Cabanis dann anmerkt, während<br />
wir den Gipfel des Felsens erreichen, von<br />
dem aus man einen wunderbaren Ausblick<br />
auf das Meer hat: « Es ist viel schöner und<br />
sinnvoller, die paar Brennnesseln zwischen<br />
den Pflanzen wachsen zu lassen, damit<br />
sie bestimmte Schmetterlinge anziehen,<br />
die dann die Blumen bestäuben … Einen<br />
‹ grünen Daumen › gibt es auf jeden Fall<br />
nicht. In einem Garten ist alles eine Frage<br />
von Beobachtung und Geduld. Das beweist<br />
uns dieser Garten jeden Tag. »<br />
Vor dem Ausgang hat der Verein eine<br />
kleine Baumschule eingerichtet, in dem<br />
er Pflanzen aus eigener Kultur anbietet.<br />
Abgesehen davon, dass die Preise ausgesprochen<br />
moderat sind, hat man hier die<br />
Gelegenheit, einige Raritäten zu finden,<br />
die in einer klassischen Baumschule eher<br />
selten angeboten werden. Gartenfreunde<br />
wissen das nur zu gut: Sie kommen oft<br />
von weit her, um den Garten zu besichtigen<br />
und einige Pflanzen zu kaufen.<br />
Wir entscheiden uns für eine Tibouchina,<br />
einen Strauch, der die Besonderheit hat,<br />
dass er Frost bis -6° C aushält und von<br />
Oktober bis Februar mit wunderschönen<br />
violetten Blüten übersät ist. Beim Gehen<br />
fragt uns die Frau an der Kasse: « Wo soll<br />
er gepflanzt werden? » Wir erklären ihr,<br />
dass die Pflanze nach Bordeaux reisen<br />
wird, wo ein eher gemäßigtes Meeresklima<br />
herrscht. Die Kassiererin sieht<br />
uns zweifelnd an. « Denken Sie, dass das<br />
keine gute Idee ist? », fragen wir beinahe<br />
beunruhigt. « Doch, doch », antwortet sie<br />
uns. « Aber ich mag diese Pflanzen sehr.<br />
Ich muss sicher sein, dass sie glücklich<br />
sind …» Diese Bemerkung erstaunt uns<br />
durch ihre Offenheit. Offensichtlich sind<br />
in der Bretagne Liebe und Leidenschaft<br />
für Gärten keine leere Worthülse … Wir<br />
bezahlen und gehen mit unserer Pflanze.<br />
Seien Sie beruhigt, der Tibouchina geht<br />
es sehr gut. Sie hat den ganzen Winter<br />
unaufhörlich geblüht. Und trotz ihres<br />
brasilianischen Ursprungs<br />
hat sich mit<br />
ihr ein kleines<br />
Stück Bretagne<br />
in unserem<br />
Garten<br />
breitgemacht!<br />
64 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Roscoff und Brest liegen rund 65 km<br />
voneinander entfernt. Man erreicht<br />
die Städte über die Autoroute<br />
Océane (A11/A81), die von Paris nach<br />
Rennes führt.<br />
Brest …<br />
… Berlin 1593 km … Hamburg 1443 km<br />
… Köln 1035 km … München 1424 km<br />
… Wien 1841 km … Zürich 1212 km<br />
Brest hat einen eigenen Flughafen<br />
(Brest Bretagne), der jedoch aus<br />
dem deutschsprachigen Raum<br />
nicht direkt angeflogen wird. Dafür<br />
gibt es zahlreiche innerfranzösische<br />
Verbindungen dorthin, vor allem vom<br />
Flughafen Paris Charles de Gaulle<br />
aus<br />
In Brest gibt es einen SNCF-Bahnhof,<br />
der ans TGV-Netz angeschlossen ist.<br />
A84/E401<br />
Jardin exotique et botanique de<br />
PARIS<br />
Lannion<br />
DinardSaint-Malo<br />
Roscoff<br />
Avranches<br />
Versailles<br />
N12/E50<br />
Roc’h Hievec · 29680 Roscoff<br />
N176/E401 Mont-Saint-Michel<br />
Telefon: +33 (0) 2 98 61 29 19<br />
N12/E50<br />
A6/E15<br />
www.jardinexotiqueroscoff.com<br />
A84<br />
Eintritt: 6,00 €, ermäßigt 3,00 bzw.<br />
N164<br />
5,00 €. Kostenloser Zugang zur<br />
A11/E50<br />
1. März bis 30. November täglich<br />
Baumschule.<br />
Quimper<br />
geöffnet: März & November 14.00<br />
D768<br />
A10/E5<br />
Rennes<br />
bis 17.00 Uhr; April, Mai, Juni &<br />
Achtung: Eine Bezahlung mit<br />
N165/E60<br />
N24<br />
September, Oktober 10.30 bis Le Mans Kreditkarte ist nicht möglich, auch Orléans<br />
Lorient<br />
18.00 Uhr; Juli & August 10.00 bis A11/E501 nicht beim Kauf von Pflanzen der<br />
19.00 Uhr.<br />
A28/E502 Baumschule.<br />
N165/E60<br />
Blois<br />
Quiberon<br />
Chambord<br />
A10/E5-E60<br />
LESETIPPS FÜR AUSFLÜGE IN<br />
Angers<br />
A11/E60 DIE UMGEBUNG<br />
Cheverny<br />
La Baule<br />
A86/E60<br />
Tours Chenonceau<br />
A71/E9<br />
St. Nazaire<br />
A85<br />
Nantes<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 60: Geschichte:<br />
A87<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41: Brest<br />
Monts A10/E5<br />
Bourges<br />
Die Johnnies, die Lieblingsfranzosen der Engländer Clisson<br />
Die unterschätzte Hafenstadt am Ende der Welt<br />
Cholet<br />
Seit 188 Jahren überqueren Bretonen aus Roscoff<br />
Für viele liegt Brest in einer Sackgasse ganz weit weg<br />
und umliegenden Gemeinden Jahr für A83<br />
im Westen der Bretagne, jedenfalls A20/E9irgendwo,<br />
A71/E11<br />
Jahr den Ärmelkanal, um in Les England Sables-ihrd’Olonne<br />
wohin man sich nicht so schnell verirrt. Die<br />
berühmten rosa Zwiebeln zu verkaufen. Von<br />
letzte französische Großstadt vor den Weiten<br />
diesem erstaunlichen Handel abgesehen A83<br />
Poitiersdes Atlantischen Ozeans litt lange Zeit unter<br />
erzählt ihre Geschichte auch vom Kampf<br />
ihrer isolierten Lage. Doch Brest ist heute alles<br />
Saint-Sigismond<br />
mutiger Frauen und Männer, für die der<br />
andere als ein verschlafenes Provinznest.<br />
N11/E601<br />
Ärmelkanal niemals ein Hindernis war. Dadurch haben sie nicht Trotz einer Niort sehr bewegten und oft tragischen Geschichte hat<br />
Montluçon<br />
La Rochelle<br />
nur ihren Lebensunterhalt verdient, sondern auch eine dauerhafte die Hafenstadt ihr ganz eigenes Lebensgefühl gefunden. Brest<br />
E5/A10<br />
Freundschaft zu diesem Land und seinen Bewohnern aufgebaut. überrascht und lohnt definitiv die weite Anreise.<br />
Jardin du Conservatoire Botanique<br />
National de Brest<br />
Rampe du Stang-Alar<br />
29200 Brest<br />
Telefon: +33 (0) 2 98 41 88 95<br />
www.cbnbrest.fr<br />
Garten des Konservatoriums:<br />
Täglich von 9.00 bis 18.00 Uhr, im<br />
Sommer bis 20.00 Uhr geöffnet.<br />
Eintritt frei.<br />
Tropengewächshäuser:<br />
8. bis 23. April und 1. Juli bis<br />
31. August täglich von 14.00 bis<br />
18.00 Uhr geöffnet<br />
Cherbourg-<br />
Eintritt: 5,50 €, ermäßigt 4,00 €<br />
Octeville<br />
Am 1. Mai und 1. Oktober findet im<br />
Garten von 10.00 bis 18.00 Uhr jeweils<br />
ein großer Markt mit 50 Baumschulen<br />
N13<br />
statt, auf dem Frühjahrs- bzw. Caen<br />
Saint-Lô<br />
Herbstpflanzen verkauft werden.<br />
A13/E46<br />
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Urlaub für Liebhaber<br />
der Vielseitigkeit.<br />
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A16<br />
A28/E402<br />
Amiens<br />
Le Havre<br />
A131<br />
A28/E402<br />
A29/E44<br />
Rouen<br />
A13/E5<br />
Calais Dunkerque<br />
A16<br />
A<br />
A1/E<br />
Roscoff<br />
Brest<br />
E602/A837<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 90.<br />
Limoges<br />
Angoulême<br />
A5/E<br />
Cle<br />
Fer<br />
A89/E70<br />
Montalivet<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 65<br />
le M<br />
Périgueux<br />
Tulle<br />
Brive-la-Gaillarde
UNTERWEGS IN FRANKREICH Elsass<br />
KIRRWILLER<br />
520 Einwohner und die drittgrößte Music Hall Frankreichs<br />
Das Dorf Kirrwiller liegt rund<br />
30 Kilometer nordwestlich von<br />
Straßburg in der elsässischen Ebene.<br />
Es ist ein kleiner, beschaulicher<br />
Ort, der jedoch mit einer großen<br />
Überraschung aufwartet: Denn hier,<br />
weit entfernt von Paris, inmitten von<br />
Feldern und Mirabellenbäumen,<br />
befindet sich die drittgrößte Music<br />
Hall Frankreichs, deren Shows Jahr<br />
für Jahr mehr als 200 000 Menschen<br />
besuchen. Dieses « elsässische Las<br />
Vegas » ist nicht nur eine echte<br />
Institution mit internationalem<br />
Renommee, sondern es ist vor allem<br />
die Erfolgsgeschichte einer Familie,<br />
die mit einer erstaunlichen Herausforderung<br />
begonnen hat.<br />
Kommt man mit dem Auto über die Departementsstraße 69<br />
nach Kirrwiller und liest die Straßennamen des kleinen Dorfes,<br />
so sagt man sich unweigerlich, dass Fantasie nicht gerade zu<br />
den Stärken der Einwohner dieses kleinen elsässischen Nestes gehören<br />
kann. Die Straße, die das Dorf durchquert, heißt Rue principale<br />
(Hauptstraße), und die meisten der angrenzenden Straßenschilder<br />
scheinen lediglich die jeweilige Umgebung zu beschreiben: Rue des<br />
Jardins (Gartenstraße), Rue des prés (Wiesenstraße), Rue de l‘école<br />
(Schulstraße), Rue de l‘église (Kirchstraße). Also nichts wirklich Originelles.<br />
Dieses Gefühl verstärkt sich noch, wenn der Besucher dann<br />
feststellt, dass es entlang der Rue principale so gut wie kein Geschäft<br />
gibt. Weder eine Bäckerei noch ein Café. Von einigen hübschen Häuserfassaden<br />
und zwei Kirchen (eine evangelische und eine katholische,<br />
die sich quasi gegenüberstehen) abgesehen, scheint rein gar nichts<br />
dazu geeignet zu sein, ins Auge zu stechen. Man könnte also geneigt<br />
sein, das Dorf geradewegs wieder zu verlassen. Das wäre allerdings<br />
schade, denn der Schein trügt, und Kirrwiller ist vermutlich sogar<br />
eines der originellsten Dörfer des Elsass, wenn nicht sogar ganz<br />
Frank reichs …<br />
Um dieser Besonderheit auf den Grund zu gehen, sollte man –<br />
aus Richtung Straßburg kommend – im Dorf rechts abbiegen und<br />
der Ausschilderung « Royal Palace » folgen. Schnell erspäht man<br />
66 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
dann einen Parkplatz und ein Gebäude in einer Größenordnung,<br />
die für diesen Ort absolut unerwartet ist. Kein<br />
Zweifel, hier gibt es etwas, das all das übertrifft, was man<br />
von einem friedlichen, kleinen Dorf erwartet … Zu bestimmten<br />
Uhrzeiten und an bestimmten Wochentagen<br />
kann es sogar vorkommen, dass man in Kirrwiller im Stau<br />
steht!<br />
Will man der Sache auf den Grund gehen und verstehen,<br />
was hier vor sich geht, so begebe man sich am besten<br />
auf den kleinen Friedhof im Dorf. Hier befindet sich die<br />
letzte Ruhestätte von Lucie Meyer, geborene Adam (1922-<br />
2009). 1948 hat Lucie die schöne Auberge der Familie geerbt,<br />
eine Gaststätte, wie es damals in der Gegend viele<br />
gab. An diesem Ort konnte man gut und reichlich essen<br />
und auch ein Gläschen dazu trinken. Die junge Elsässerin<br />
sprühte jedoch vor Ideen und wollte das Vermächtnis nicht<br />
einfach unverändert weiterführen. Sie entwickelte also ein<br />
etwas moderneres Konzept und eröffnete ein Tanzlokal.<br />
Dieser innovative Ansatz machte sie in der Gegend auf einen<br />
Schlag berühmt. Das Lokal war ein voller Erfolg, bis<br />
in den 70er-Jahren Diskotheken in Mode und herkömmliche<br />
Tanzlokale aus der Mode kamen.<br />
Zu diesem Zeitpunkt kam nun Pierre, der Sohn von<br />
Lucie ins Spiel. Nach einer etwas « schwierigen » Schulzeit,<br />
in deren Verlauf seine Eltern ihn sogar, wie er heute<br />
sagt, « bei den Pfarrern » einschreiben mussten, begann<br />
er im Alter von 14 Jahren im 25 Kilometer entfernten<br />
Niederbronn-les-Bains eine Ausbildung im dortigen Casino.<br />
In der Folge erwarb er an der Hotelfachschule in<br />
Straßburg sein Certificat d’Aptitude Professionnelle (Facharbeiterbrief)<br />
und absolvierte den Militärdienst in Hagenau,<br />
bevor er schließlich Catherine heiratete, eine junge Friseurin<br />
aus der nur 9 Kilometer von Kirrwiller entfernten<br />
« Großstadt » Pfaffenhofen (2800 Einwohner). Es hatte<br />
den Anschein, als sei sein Schicksal genau vorgezeichnet,<br />
als sei es seine Bestimmung, die Auberge der Familie zu<br />
übernehmen und sich dort um die Küche zu kümmern.<br />
Doch genau wie Lucie hatte auch Pierre größere Ambitionen,<br />
als es darum ging, in das kleine Familienunternehmen<br />
einzusteigen: Da das Tanzlokal nicht mehr « in »<br />
war, musste ein anderes Konzept her. Die Inspiration ließ<br />
nicht lange auf sich warten. Während seiner Ausbildung<br />
im Casino von Niederbronn-les-Bains hatte er mehrere<br />
Veranstaltungen besucht, die ihm gut gefallen hatten.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 67
UNTERWEGS IN FRANKREICH Elsass<br />
Vorherige Doppelseite: Eine Szene der Revue Flamboyant.<br />
Diese Seite: Pierre Mayer und ein Blick hinter<br />
die Kulissen vor Beginn der Revue.<br />
Und er hatte bemerkt, dass er nicht der Einzige war.<br />
Also beschloss er, diese Idee zu übernehmen und aus dem<br />
Tanzlokal in Kirrwiller einen Ort für thematische Abendveranstaltungen<br />
zu machen. Als Unternehmer mit Leib<br />
und Seele machte er sich auf die Suche nach einer Künstleragentur,<br />
wurde schnell fündig und beauftragte diese<br />
damit, eine Truppe mit tahitischen und brasilianischen<br />
Tänzerinnen zu engagieren. Die ersten Shows konnten<br />
also stattfinden. Da Mund-zu-Mund-Propaganda im Elsass<br />
sehr gut funktioniert, sprach sich dies schnell herum<br />
und der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten.<br />
Im kleinen Familienunternehmen ging es hoch her.<br />
Lucie gefielen die Ideen ihres Sohnes, und sie unterstützte<br />
ihn, sodass dieser sich nun mehr mit dem beschäftigen<br />
konnte, was er am besten konnte: mit dem Kochen. Doch<br />
umständehalber musste er sich ein bisschen um alles<br />
kümmern. Mit Freude denkt er noch heute daran zurück:<br />
« Samstags fuhr ich zum Bahnhof, um das Ensemble abzuholen,<br />
das für die Show engagiert war. Es war oft ein Wettlauf<br />
gegen die Zeit. Man musste überall gleichzeitig sein, aber es<br />
war spannend. Wir machten uns mit dem Milieu des Varietés<br />
vertraut, so wie unsere Mittel es uns erlaubten. Die waren am<br />
Anfang begrenzt. Ich erinnere mich, dass ich ein winziges Pult<br />
hatte, um die Beleuchtung während des Auftritts zu steuern,<br />
um den Verfolgerspot kümmerte sich der Barmann … Am Anfang<br />
war vieles behelfsmäßig, aber alle packten mit an, und das<br />
kam sofort gut an. Es war einfach magisch, das gefiel uns. »<br />
1980 wurde aus dem familiären Tanzlokal offiziell die<br />
« Music Hall Adam Meyer », deren Leitung Pierre übernahm.<br />
Nach und nach entwickelte sich das Unternehmen<br />
weiter. Es entstanden eine 200 m² große Bühne und ein<br />
Saal mit 600 Plätzen. Die Music Hall in Kirrwiller erwarb<br />
sich nach und nach einen sehr guten Ruf. Die örtliche<br />
Presse berichtete regelmäßig über die Shows, und eines<br />
schönen Tages interessierte sich sogar die überregionale<br />
Presse für diesen unglaublichen Veranstaltungsort in der<br />
Provinz, der immer renommierter wurde. 1991 brachte<br />
dann ein Artikel von Michel Sousse in der Tageszeitung<br />
Libération den Stein ins Rollen. « Dieser Artikel schlug ein<br />
wie eine Bombe », erinnert sich Pierre Meyer. « Von einem<br />
Tag auf den anderen machte er uns im ganzen Land bekannt,<br />
Fernsehsender schenkten uns Beachtung, und Zuschauer kamen<br />
plötzlich von weit her. » Das kleine Familienunternehmen<br />
war auf einen Schlag ein Akteur auf nationaler Ebene<br />
geworden. Und das sollte noch nicht das Ende sein …<br />
Im Jahr 1994 befanden sich unter den Besuchern der<br />
Show in Kirrwiller zwei Stars aus der amerikanischen<br />
Varietészene: Siegfried und Roy. Sie waren so angetan,<br />
dass sie Pierre Meyer einluden, ihre Show in Las Vegas zu<br />
besuchen, was dieser selbstverständlich freudig annahm.<br />
Er kam von dieser Reise beeindruckt und mit dem Kopf<br />
voller Ideen und Projekte zurück. « Ab dem Moment habe<br />
ich begonnen, etwas wirklich Großes anzustreben », erzählt<br />
Pierre Meyer. « Nach dem, was ich in Las Vegas gesehen hatte,<br />
habe ich mir gesagt, dass es Zeit ist, sich in das Abenteuer zu<br />
stürzen, dass man nicht davor zurückschrecken darf, höher
UNTERWEGS IN FRANKREICH Elsass<br />
Ein Blick ins Innere des Royal Palace und des Lounge Clubs.<br />
hinaus zu wollen. Ich habe daher große Umbauarbeiten begonnen:<br />
Wir haben alles erweitert, ein Gebäude mit 8000 m², einen<br />
Saal mit 1000 Plätzen, zwei Restaurants mit 800 (Anm.<br />
d. Red.: Le Majestic) beziehungsweise 160 Plätzen (Anm. d.<br />
Red.: Le Versailles, gehobene Küche) und einen 500 m² großen<br />
Küchenbereich geschaffen. »<br />
So ist das aktuelle Royal Palace entstanden. Aufgrund<br />
seiner Infrastruktur und der Besucherzahlen ist es nach<br />
dem Moulin Rouge und dem Lido heute die drittgrößte<br />
Music Hall in Frankreich. Das Besondere daran ist, dass<br />
es sicherlich eines der wenigen Häuser mit einem solchen<br />
Bekanntheitsgrad ist, das nicht in einer großen Stadt, sondern<br />
mitten in einem winzigen Dorf umgeben von Feldern<br />
liegt. Die geografische Lage war nicht immer einfach zu<br />
vermitteln, wie Pierre Meyer erwähnt: « Als ich am Anfang<br />
versuchte, internationale Ensembles zu überzeugen, hier in<br />
Kirrwiller aufzutreten, dachten alle, dass sie in einer Scheune<br />
spielen sollten. » Glücklicherweise hat der Ruf des Royal Palace<br />
aufgrund der eingesetzten Mittel und der Qualität der<br />
Shows schnell dazu beigetragen, hervorragende Künstler<br />
zu überzeugen. Eine Revue im Royal Palace steht heute<br />
einer Show in anderen großen Music Halls in nichts nach.<br />
Im Gegenteil. Royal Palace, das steht für: 12 bis 13 Veranstaltungen<br />
pro Woche während der Saison (von Anfang<br />
September bis Anfang Juli); mehr als 130 Menschen, die<br />
Tag für Tag im Einsatz sind; 40 Künstler; einen LED-<br />
Bildschirm der neusten Technologie, der quasi einzigartig<br />
auf der ganzen Welt ist; ein Ballett; ein deutsches (!) Orchester;<br />
eine Show, die jährlich neu inszeniert wird, eine<br />
Investition von rund 4 Millionen Euro verschlingt und für<br />
die Pierre Meyer Künstler auf der ganzen Welt selektiert.<br />
Diese erhalten jeweils Einjahresverträge, die denen der<br />
Pariser Kabaretts in nichts nachstehen, denn einige von<br />
ihnen erhalten mehr als 1000 Euro pro Abend … Kurz:<br />
Royal Palace ist ein richtiggehendes Unternehmen!<br />
Trotzdem fällt sofort auf, dass es Pierre Meyer gelungen<br />
ist, den warmherzigen und familiären Geist des Ortes<br />
zu bewahren. Er liebt es über alles – und macht es praktisch<br />
bei jeder Veranstaltung – die Besucher zu begrüßen,<br />
ihnen sein Universum zu zeigen, seine Vision von einer<br />
Music Hall und nicht zuletzt seinen Traum mit ihnen zu<br />
teilen. Dasselbe gilt für die Künstler: « Wir begrüßen uns<br />
jeden Tag gegenseitig mit Küsschen », merkt Pierre Meyer lächelnd<br />
an. « Natürlich ist es durchaus angenehm, den Girls ein<br />
Küsschen zu geben, das will ich nicht leugnen! Aber darüber<br />
hinaus ist das wichtig für die familiäre Atmosphäre, die allen<br />
hier am Herzen liegt. » Geben wir es zu: Irgendwo anders<br />
hätten wir das Gefühl, dass es nicht ehrlich gemeint ist<br />
und wir würden eine solche Aussage zwangsläufig als<br />
Marketing einstufen. In Kirrwiller ist dies jedoch nicht<br />
der Fall, im Gegenteil. Das breite Lächeln und die herzliche<br />
Begrüßung, mit denen uns der Herr des Hauses und<br />
70 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Antwerpen<br />
Calais Dunkerque<br />
Gent<br />
Havre<br />
seine Mitarbeiter Boulogne begegnen, sind Roubaix zutiefst aufrichtig, das<br />
ist offensichtlich. Die Magie ist nicht nur auf der Bühne,<br />
Lille<br />
sondern im ganzen Haus spürbar.<br />
Catherine, die Frau von Pierre Meyer, die alle hier nur<br />
Cathy nennen, ist in einer Ecke<br />
Arras<br />
der ausgedehnten Music<br />
Hall für die Kasse verantwortlich. Auch sie zählt ihre<br />
Arbeitsstunden nicht. « Das Royal Palace ist unser Leben.<br />
Abbeville<br />
Es war nicht immer einfach, aber es ist Guyencourt-Saulcourt<br />
so schön, wenn man<br />
Amiens<br />
sieht, dass die Menschen glücklich sind. Schauen Sie sich um:<br />
Alle tanzen, singen, lächeln … Das ist der größte Lohn für<br />
unsere Arbeit! », erklärt sie uns. Ihr Mann schaut kurz herein:<br />
« Ich laufe schnell in die Lounge, nachsehen, ob alles bereit<br />
ist. » Der Lounge Club ist der neueste Bereich, an dessen<br />
Rouen<br />
Bruxel<br />
war. Ein 2200 m² Liege großer Bereich auf zwei Etagen für<br />
Charlroi<br />
Konzept auch sein Sohn Mathieu entscheidend beteiligt<br />
bis zu 1000 Menschen. Er bietet den Gästen der Music<br />
Hall die Möglichkeit, nach der Veranstaltung noch ungezwungen<br />
etwas zu trinken, zu tanzen. Ausstattung und<br />
Dekoration sind so ultramodern, dass nicht wenige Clubs<br />
beim Anblick vor Neid erblassen würden … selbst Clubs<br />
in Las Vegas! Einige Hundert Meter entfernt, kann Lucie<br />
also beruhigt ruhen. Ihr Sohn und ihr Enkel haben das<br />
Charleville-Mézières<br />
Tanzlokal, das sie einst Luxembourg gegründet hat, weiterentwickelt.<br />
Es wird also noch lange Zeit schöne Shows im Royal Palace<br />
geben, und Kirrwiller wird ebenfalls weiterhin davon<br />
profitieren!<br />
Saarbrücken<br />
<br />
Von Strasbourg aus erreicht man<br />
Kirrwiller über die Autobahn A4.<br />
PARIS<br />
Versailles<br />
Kirwiller …<br />
… Berlin 763 km … Hamburg 719 km<br />
… Köln 387 km … München 391 km<br />
… Wien 849 km … Zürich 266 km<br />
Die nächstgelegenen Flughäfen sind<br />
Sens<br />
in Strasbourg (43 km) und Baden-<br />
Baden (75 km). Orléans<br />
Reims<br />
France<br />
Sarreguemines<br />
Das Mittagessen findet jeweils um 12<br />
Epernay Châlons-en-<br />
Uhr, das Abendessen Champagnejeweils um 19.30<br />
Uhr statt und dauert bis zum Beginn<br />
der Show. Die Essen sind teilweise mit,<br />
teilweise ohne Tanz. Näheres dazu<br />
auf der Website des Royal Palace.<br />
Es ist empfehlenswert, 20 Minuten vor<br />
Troyes<br />
Beginn des Essens oder der Show da<br />
zu sein.<br />
Kostenloser Parkplatz für Pkw und<br />
Wohnmobile.<br />
· ·<br />
Die nächstgelegenen Bahnhöfe Auxerre<br />
Châtillon-sur-Seine<br />
Mulhouse<br />
Bloisgibt es in Saverne (22 km) und Obermodern<br />
(4 km), der nächst gelegene<br />
Chambord<br />
Basel<br />
LESETIPP FÜR EINEN AUSFLUG IN DIE UMGEBUNG<br />
Tours<br />
Cheverny<br />
TGV-Bahnhof liegt da ge gen in Strasbourg<br />
(36 km).<br />
nicht nur Kugeln, sondern Dijon Objekte voller Besançon Sinn (26 km entfernt)<br />
Vézelay Avallon Ausgabe Flavigny <strong>Nr</strong>. 61: Weihnachtskugeln aus Meisenthal<br />
Chenonceau<br />
An der Grenze zu Deutschland, in Lothringen, genauer gesagt<br />
Le Royal Palace<br />
Bourges<br />
im Bitscherland, liegt am Ende eines Tales in den Vogesen ein Bern<br />
20, rue de Hochfelden<br />
Beaune kleines Dorf. Dieses Dorf heißt Meisenthal. Vor langer Zeit,<br />
67330 Kirrwiller<br />
im Jahr 1704, ist dort eine Glasmanufaktur entstanden, auf<br />
Chalon-sur-Saône<br />
+ 33(0)3 88 70 71 81<br />
die man 265 Jahre lang nicht nur in der Region, Schweiz<br />
sondern<br />
in ganz Frankreich stolz war. Trotzdem musste sie 1969<br />
www.royal-palace.com<br />
Lausanne<br />
schließen. Damit hätte die Geschichte enden können.<br />
Cluny Glücklicherweise gab es aber einige unbeugsame<br />
Revue 2016-<strong>2017</strong>: Flamboyant<br />
Montluçon<br />
Dauer: 1 Std. 40 Min.<br />
Vorstellungen bis Anfang Juli von<br />
Mittwoch bis Sonntag um 14.30 Uhr<br />
(Sonntag 14.45 Uhr) und 22.15 Uhr.<br />
Menschen, die sich für die Glashütte begeistert und für sie<br />
gekämpft haben, sodass 1992 erneut Genèveein Ofen in Betrieb<br />
genommen werden konnte. Gestützt auf das Know-how und die handwerkliche<br />
Tradition lebte die Fertigung von Weihnachtskugeln aus Glas wieder auf.<br />
Genaugenommen war dies die Spezialität der Glasfabrik Annecy im benachbarten Dorf<br />
Clermont-<br />
Preise von 39 bis 57 € pro Person<br />
Limoges<br />
Ferrand<br />
Götzenbruck gewesen, der ein ähnliches Schicksal widerfahren war. Die Menschen<br />
(Show inkl. Eintritt in den Lounge Club in Meisenthal hatten ein Lyon wenig verrückte Ambitionen: Sie wollten die regionale<br />
Puy de Dôme<br />
mit Unterhaltung und Tanz bis 18.00 Glasbläser- tradition zu neuem Leben erwecken und gleichzeitig neu interpretieren.<br />
bzw. 2.30 Uhr).<br />
le Mont-Dore<br />
Chambéry<br />
Das ist ihnen gelungen. Inzwischen kommt man aus ganz Europa hierher, um solche<br />
Essen vor der Veranstaltung im<br />
Restaurant Le Majestic (Menüs 33<br />
handwerklich gefertigten St.-Etienne Objekte zu kaufen, die mehr als « nur » Weihnachtskugeln<br />
sind.<br />
Tulle<br />
eux<br />
bis 47 €) oder im Restaurant Le<br />
Grenoble<br />
Brive-la-Gaillarde<br />
Versailles (Menüs von 36 bis 54 €).<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN Italien Torino<br />
Le Pescher<br />
Souillac sur Saillac<br />
Dordogne<br />
Aurillac<br />
Valence<br />
FINDEN SIE AUF SEITE 90. Briançon<br />
anéda<br />
Payrac Rocamadour<br />
Crest<br />
Die<br />
Saillans<br />
Gap<br />
Frankreich erleben <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> 71<br />
Metz<br />
Nancy<br />
Bitche<br />
Kirrwiller<br />
Colmar<br />
Strasbourg<br />
Karlsruhe<br />
Haguenau<br />
Freiburg<br />
Deutsch
UNTERWEGS IN FRANKREICH Hotel<br />
Le Narcisse Blanc<br />
Diskreter Luxus, wie es ihn nur in Paris gibt<br />
Sind Sie sicher, dass es hier sein soll? » Der Taxifahrer<br />
macht nicht den Anschein, als kenne er die Adresse.<br />
« Seit einigen Metern fährt er langsam, sucht an jedem<br />
Gebäude, an dem wir vorbeifahren, die Hausnummer.<br />
« Diese Straße im 7. Arrondissement ist eher eine Wohngegend.<br />
Ein Hotel hier … das würde mich überraschen<br />
…», sagt er, während er weiter die Avenue entlangfährt.<br />
« 15 … 17 … 19 … das ist die Nummer! Hier muss es<br />
sein! » Kurz hinter einem Wartehäuschen taucht dann auch<br />
plötzlich das gesuchte schwarz-weiße Schild Le Narcisse<br />
Blanc auf. Der Taxifahrer hält an und betrachtet offensichtlich<br />
skeptisch die hübsche Fassade in dem für Paris so typischen<br />
haussmannschen Stil. « Na so was … Ich wusste<br />
nicht, dass es hier ein 5-Sterne-Hotel gibt! Das muss neu<br />
sein, oder? », entfährt es ihm.<br />
Diese Aussage kommt nicht von ungefähr. Denn in<br />
der Avenue de la Tour-Maubourg rechnet in der Tat niemand<br />
damit, auf ein Hotel zu stoßen. Wir befinden uns<br />
zwar nur wenige Hundert Meter von der Seine und der<br />
Pont Alexandre III entfernt – zwischen der Esplanade<br />
des Invalides und dem Eiffelturm, also an einem idealen<br />
Ausgangspunkt für Touristen –, doch dieses ruhige Viertel<br />
ist nicht als Hotelviertel bekannt. Und zwar aus gutem<br />
Grund: Die Immobilienpreise erreichen hier schwindelerregende<br />
Höhen. Sie liegen zwischen 10 000 und 15 000<br />
Euro pro Quadratmeter und gehören damit zu den höchsten<br />
der Hauptstadt. Hinter den aristokratisch anmutenden<br />
Fassaden im haussmannschen Stil findet man daher eher<br />
Botschaften, Büros und herrschaftliche Wohnungen als<br />
Hotels, nicht einmal Luxushotels …<br />
Die Tatsache, dass hier im September 2016 das Narcisse<br />
Blanc eröffnet wurde, ein 5-Sterne-Hotel mit 40<br />
Zimmern und Suiten, ist also etwas Besonderes in der Pariser<br />
Hotelszene, die sich in den letzten Jahren nicht gerade<br />
durch große Überraschungen ausgezeichnet hat. Seit<br />
einiger Zeit wurden zwar in der französischen Hauptstadt<br />
nicht wenige Luxushotels mit 4 oder 5 Sternen eröffnet,<br />
die meisten liegen jedoch erwartungsgemäß am rechten<br />
Seine-Ufer oder in belebten Vierteln.<br />
Pariskenner wissen allerdings, dass es hier im 7. Arrondissement,<br />
gleich in der Nähe der so nüchtern und<br />
extrem ruhig erscheinenden breiten Avenuen, kleine,<br />
fast verborgene Straßen gibt, in denen das Leben eines<br />
typischen Pariser Stadtviertels pulsiert: Bäckereien, Konditoreien,<br />
Metzgereien, Fisch- und Blumenhändler in der<br />
Rue Cler – eine der angenehmsten verkehrsberuhigten<br />
Einkaufsstraßen in Paris – ziehen nicht nur die Bewohner<br />
des Viertels, sondern generell Liebhaber hochwertiger<br />
72 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Produkte an. Und die zahlreichen Cafés und Restaurants<br />
mit ihren Terrassen in der Rue Saint-Dominique stehen<br />
dem Charme derer in Montmartre in keiner Weise nach.<br />
Im Gegenteil, sie sind manchmal sogar authentischer, da<br />
sie weniger touristisch ausgerichtet sind.<br />
Das Narcisse Blanc entspricht ganz dem Image dieses<br />
Viertels. Es ist zwar ein elegantes und luxuriöses Hotel,<br />
doch die renommierten 5 Sterne machen sich hier auf diskretere<br />
Art bemerkbar als anderswo.<br />
Man kann sie eher erahnen,<br />
als dass sie sich aufdrängen. Ist<br />
vielleicht gerade das der wahre<br />
Pariser Luxus? Beim Betreten<br />
dhat man sofort das Gefühl an<br />
einem Ort zu sein, den man nicht<br />
so einfach findet, an einer Adresse,<br />
die einem von guten Freunden<br />
empfohlen wurde, die von Insidern<br />
unter der Hand weitergegeben<br />
wird. Es ist also nicht erstaunlich,<br />
dass dieser Ort nicht sehr bekannt<br />
ist, sodass man es dem Taxifahrer<br />
nicht vorwerfen kann, dass er ihn<br />
(noch) nicht kannte. Passiert man<br />
das Portal, hat man das seltsame<br />
aber durchaus angenehme Gefühl,<br />
nicht ein Hotel, sondern eher ein<br />
typisches Pariser Wohngebäude zu<br />
betreten, ganz als ob man selbst in<br />
diesem Viertel leben würde.<br />
Der Besitzer des Hotels, ein<br />
Geschäftsmann, der im Nahrungsmittelsektor<br />
tätig ist und<br />
darüber hinaus ein Château – also<br />
ein Weingut – im Bordelais besitzt,<br />
zeichnet sich durch dieselbe<br />
Diskretion aus wie das Viertel. Er<br />
hat alles darangesetzt, dass sich<br />
dieser Charakterzug auch im Inneren<br />
fortsetzt. Die Innenausstattung<br />
wurde von den bekannten<br />
Designern Laurent & Laurence<br />
in Zusammenarbeit mit Thierry<br />
Martin und Thibaut Fron entworfen.<br />
Im Zentrum steht eine<br />
starke historische Persönlichkeit,<br />
nämlich Cléo de Mérode (1875-<br />
1966), eine Pariser Aristokratin<br />
und Tänzerin, die zu Lebzeiten<br />
die Konventionen ihres sozialen<br />
Le Narcisse Blanc<br />
19, boulevard de la Tour-Maubourg<br />
75007 Paris<br />
Telefon: + 33 (0)1 40 60 44 32<br />
www.lenarcisseblanc.com<br />
30 Zimmer, 7 Suiten, ab 280 Euro.<br />
Spabereich: 13 m langer Pool<br />
mit Gegenstromanlage, Sauna,<br />
Hamam, Fitnessraum, Massageund<br />
Kosmetikbereich.<br />
Restaurant Cléo<br />
Geöffnet täglich von 12.00 Uhr bis<br />
14.30 Uhr und von 19.00 Uhr bis 22.30<br />
Uhr.Menüs 29 bis 45 Euro.<br />
Status über den Haufen geworfen hatte und Muse zahlreicher<br />
Künstler wie Nadar, Degas oder Proust war. Eine<br />
starke und unabhängige Frau also, die, im Gegensatz zu<br />
ihrer nicht minder berühmten Zeitgenossin Coco Chanel,<br />
ihre Freiheit immer auf diskrete Art gelebt hat. Dies<br />
erklärt auch, warum man gerade ihren Geist in den Räumen<br />
des Hotels wiederaufleben ließ.<br />
Ob in den Zimmern oder in den anderen Räumen, im<br />
ganzen Haus sticht der Sinn für Details ins Auge. Viele<br />
Elemente wurden individuell angefertigt, beispielsweise<br />
die mundgeblasenen Glaskugeln im Treppenhaus, in denen<br />
sich jeweils eine Narzissenblüte befindet. Hier und da sieht<br />
man an den Wänden dezente Zierleisten in Form einer Perlenkette,<br />
eine Anspielung auf die Halsketten von Cléo de<br />
Mérode. Der Farbton der Tapeten<br />
verändert sich von einer Etage zur<br />
nächsten, als ob die unzähligen<br />
Nuancen von Beige ein neckisches<br />
Spiel mit dem Tageslicht treiben<br />
würden.<br />
Das Hotel erstreckt sich über<br />
mehrere Gebäude, welche um Innenhöfe<br />
herum angeordnet sind,<br />
die als Oasen der Ruhe erscheinen.<br />
Einer dieser Patios liegt über<br />
dem ausgedehnten Spabereich des<br />
Hotels, der den ultimativen Luxus<br />
verkörpert: ein 13 Meter langer<br />
Pool, ein Hamam, eine Sauna und<br />
eine individuelle Massagekabine,<br />
in der man sich mit Kosmetik der<br />
Marke « Carita » verwöhnen lassen<br />
kann. Ein weiteres Detail unterstreicht<br />
ebenfalls die Authentizität<br />
des Ortes: Zu den Zimmern auf<br />
den diversen Etagen gelangt man<br />
über ein Labyrinth von Gängen<br />
mit gedämpfter Atmosphäre,<br />
genau so, wie es für die Gebäude<br />
im Haussmann-Stil des Viertels<br />
typisch ist.<br />
Am ehesten wird einem jedoch<br />
in den Zimmern bewusst,<br />
dass man an diesem Ort den wahren<br />
Luxus des « Pariser Lebens »<br />
genießen kann. Hohe Decken,<br />
Zierleisten, Holztäfelungen, Sofas,<br />
Sessel: Alles wurde sorgfältig<br />
ausgesucht und vermittelt eine<br />
besonders ruhige Atmosphäre,<br />
sodass man sich fast fern unserer<br />
Zeit fühlen könnte. Die äußerst<br />
bequemen Betten und eine optimale<br />
Schalldämmung tragen<br />
darüber hinaus dazu bei, dass<br />
man das Gefühl hat, privilegiert<br />
zu sein und etwas Außergewöhnliches erleben zu dürfen.<br />
Momente, die einen Aufenthalt in Paris zusätzlich aufwerten<br />
und deutlich machen, was wahrer Luxus ist. Ein<br />
Luxus, der heute selten ist und den man oft lange suchen<br />
muss. Hat man ihn gefunden, macht es Freude, ihn mit<br />
Menschen, die man gerne hat, zu teilen.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 73
FRANKREICH HEUTE Gesellschaft<br />
david ken<br />
Der Fotograf, der das Glück fotografiert<br />
David Ken hat dreißig Jahre lang mit<br />
Persönlichkeiten wie Claudia Schiffer, Laetitia<br />
Casta und Linda Evangelista gearbeitet.<br />
Seine Porträtaufnahmen, die er im Auftrag<br />
inter nationaler Markenartikelhersteller wie<br />
L’Oréal, Lancel oder Coca-Cola machte,<br />
waren in der Mode- und Werbewelt anerkannt<br />
und wurden in bekannten Magazinen<br />
wie Vogue, Grazia, Elle und Cosmopolitain,<br />
um nur einige zu nennen, veröffentlicht. Man<br />
kann also sagen, dass es ihm in materieller<br />
Hinsicht gut ging. 2009 hatte David Ken jedoch<br />
genug von künstlichem Lächeln und<br />
seelenlosen Posen. Er wollte seinem Beruf<br />
und seinem Leben einen neuen Sinn geben.<br />
Schluss mit Mode und Werbung. Zusammen<br />
mit seinem Freund William Lafarge stürzte er<br />
sich in ein etwas verrücktes Abenteuer<br />
74 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
David Ken, was steckt hinter dem LOL Project?<br />
Für mich ist es vor allem eine Begegnung. Eine Begegnung<br />
zwischen Menschen, die sich nicht kennen und die<br />
dennoch einen einzigartigen Moment teilen, der ihnen im<br />
Gedächtnis haften bleibt und ihnen gut tut.<br />
Was ist das Einzigartige an dieser Begegnung?<br />
Die Idee besteht darin, sich zu unterhalten und dabei<br />
diesen einzigartigen und sehr kurzen Augenblick in einem<br />
Foto festzuhalten, in dem ein Mensch beim Lachen total<br />
loslässt. Dies ist ein unverfälschter, fast unglaublicher Moment,<br />
der oft sowohl den Fotografen als auch die fotografierte<br />
Person erstaunt. Wenn es gelingt, diesen Augenblick<br />
zu teilen – und noch dazu fotografisch einzufangen – dann<br />
ist dies ein echtes Glückserlebnis.<br />
Welchen Anteil hat dabei das Lachen?<br />
Dieses Loslassen ist im Grunde genommen ein kurzer<br />
Augenblick, in dem alle Menschen gleich sind. Es ist im<br />
Prinzip nicht zwangsläufig mit einem Lachen verbunden.<br />
Da ich ein überzeugter Optimist bin, nutze ich jedoch das<br />
Lachen als Mittel, um das Loslassen im Bild festzuhalten.<br />
Für mich ist das Glas immer halb voll und nicht halb leer.<br />
Ich habe zudem festgestellt, dass dies nicht nur gut funktioniert,<br />
sondern dass es zudem allen gut tut!<br />
namens LOL Project. Es geht darum,<br />
den magischen Moment des Loslassens zu<br />
fotografieren, der im Lachen eines jeden<br />
Menschen vorhanden ist, egal ob dieser<br />
nun berühmt ist oder nicht. Begonnen wurde<br />
das Projekt an einem für das Lachen nicht<br />
gerade typischen Ort, nämlich in einem<br />
Krankenhaus, im Laufe der Zeit wurde es<br />
dann auch auf andere Orte ausgedehnt.<br />
Heute hängen David Kens « Fotos, die gut<br />
tun » nicht nur an den Wänden zahlreicher<br />
Krankenhäuser in Frankreich, sondern auch<br />
in Unternehmen, und sie werden unter anderem<br />
in Paris, Lyon und Montpellier ausgestellt.<br />
Begegnung mit einem glücklichen Fotografen,<br />
der sein Glück mit anderen teilt.<br />
Nicht jeder hat aber zwangsläufig Lust zu lachen …<br />
Als ich das Projekt 2009 lanciert habe, war dies in<br />
der Tat das größte Fragezeichen für mich, vielleicht sogar<br />
meine größte Angst. Natürlich habe ich mich gefragt, ob<br />
es funktionieren würde. Es musste mir ja nicht nur gelingen,<br />
den Menschen Lust zu machen, sich mit mir in<br />
einem winzigen transportablen Fotostudio aufzuhalten, in<br />
der LOL-Box, sondern auch einen Kontakt herzustellen<br />
und gleichzeitig ein Vertrauen aufzubauen, das stark genug<br />
ist, um diese Menschen dazu zu bringen, zu lachen<br />
und loszulassen …<br />
Für Sie geht es dabei nicht darum, den Clown zu spielen …<br />
Nein, glücklicherweise nicht, denn ich wäre, so glaube<br />
ich, kein guter Clown. Wenn jemand in der LOL-Box<br />
lacht und dabei loslassen kann, dann muss dies ein natürliches<br />
Lachen sein. Wäre es gezwungen, würde es nicht<br />
funktionieren. Es ist genau genommen die Frucht dieser<br />
einzigartigen Begegnung, von der ich gesprochen habe. Es<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 75
FRANKREICH HEUTE Gesellschaft<br />
gibt keine definierten Regeln dafür. Und es ist gut, dass<br />
es in gewisser Weise auch noch eine geheimnisvolle Seite<br />
gibt. Ich kann Ihnen aber eines versichern: In 99 % der<br />
Fälle funktioniert es!<br />
Wann und wie ist Ihnen die Idee für das LOL Project gekommen?<br />
Das war 2009. Die Stimmung in Frankreich war<br />
eher trübsinnig, Themen wie Vogelgrippe, Tsunami,<br />
Subprime-Krise waren in aller Munde … Ich ging mit einem<br />
Freund, William Lafarge, spazieren, als dieser mich<br />
plötzlich fragte: « Was ist für dich eigentlich ein herausragendes<br />
Foto? » Instinktiv antwortete ich, dass es ein Foto<br />
ist, das sich nicht wiederholen lässt, wie beispielsweise<br />
das Loslassen. Dieser<br />
Satz ging mir dann nicht<br />
mehr aus dem Kopf, ich<br />
begann, darüber nachzudenken.<br />
Über den Sinn des Lebens<br />
nachzudenken?<br />
Ganz genau. Damals<br />
arbeitete ich in der Modeund<br />
Werbebranche. Ich<br />
hatte einen guten Ruf,<br />
meine Arbeit war anerkannt,<br />
ich verdiente nicht<br />
schlecht. Plötzlich wurde<br />
mir bewusst – vielleicht<br />
hat auch die Midlife-<br />
Crisis dazu beigetragen<br />
(lacht) –, dass ich mit<br />
Modefotos meine Vorstellung<br />
von « herausragenden<br />
Fotos » nicht würde verwirklichen<br />
können. Es<br />
war, als sei ich plötzlich<br />
aufgewacht und würde<br />
mich fragen: « Welchen<br />
Sinn willst du deinem<br />
Leben eigentlich geben? »<br />
Website der Vereinigung LOL Project:<br />
www.lolproject.com<br />
In gewisser Weise haben Sie einfach losgelassen …<br />
Genau. Mir wurde bewusst, dass ich bis dahin zu sehr<br />
Wenn Sie <strong>62</strong>48 Fotos von lachenden Menschen sehen und<br />
die Aktivitäten des LOL Projects in den Krankenhäusern<br />
unterstützen möchten, dann können Sie das aktuelle Buch<br />
LOL Project La plus grande Galerie d‘éclats de Rire du<br />
Monde (240 Seiten, 32 Euro) auf der Website bestellen. Der<br />
gesamte Ertrag kommt der Vereinigung zugute.<br />
auf mich, meine Probleme und meine Bequemlichkeit fokussiert<br />
war. Ich habe entschieden loszulassen und mich<br />
für andere zu öffnen, nützlich zu sein, mehr zu geben.<br />
Da ich nicht um die Feststellung umhin kam, dass meine<br />
Begabung im Bereich der Fotografie, besonders der Porträts,<br />
liegt, wollte ich damit auch weitermachen. Allerdings<br />
sollte diese Arbeit sinnvoll sein. Nach einigem Nachdenken<br />
wurde mir klar, dass ich Lust hatte, Weißkittel – also<br />
Krankenschwestern, Ärzte, Krankenhauspersonal – in<br />
den Fokus zu stellen. Für mich sind sie wahre Helden im<br />
Alltag. William und ich haben also im Rahmen einer Vereinigung<br />
das LOL Project entwickelt und den Kontakt zu<br />
diesen Menschen gesucht.<br />
Sich für das Krankenhaus<br />
als einen Ort zum Lachen<br />
zu entscheiden, ist nicht gerade<br />
naheliegend. Trotzdem<br />
waren Sie inzwischen in<br />
mehr als zwanzig Krankenhäusern<br />
in Frankreich<br />
und haben mehr als 6000<br />
Menschen fotografiert, wie<br />
sie lachen und loslassen …<br />
Wissen Sie, ich bin<br />
heute immer noch über<br />
das Ergebnis erstaunt.<br />
Das hätte ich mir niemals<br />
vorstellen können.<br />
Vor Kurzem haben wir<br />
hochgerechnet, dass unser<br />
kleines Team – drei<br />
Personen inklusive mir<br />
sowie sechs weitere sporadisch<br />
– seit 2009 mehr<br />
als 22 000 km quer durch<br />
Frankreich zurückgelegt<br />
hat. Überall sind wir mit<br />
offenen Armen empfangen<br />
worden und haben<br />
fantastische Begegnungen<br />
und Erfahrungen<br />
gemacht. Natürlich ist das Krankenhaus ein schwieriges<br />
Umfeld, in dem man nicht gerade als Erstes an Lachen<br />
denkt. Als ich 2009 in einem Krankenhaus in Garches<br />
76 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
im Großraum Paris zum ersten Mal das Studio aufgestellt<br />
und den Fotoapparat in die Hand genommen habe, war<br />
ich ziemlich unsicher. Klar wollte ich meine Arbeit gut<br />
machen. Aber mir war<br />
unklar, wie das Ergebnis<br />
aussehen würde. Niemals<br />
werde ich Jonathan<br />
vergessen. Er war der<br />
erste Patient, dem ich im<br />
Rahmen des LOL Project<br />
begegnet bin. Er hat mir<br />
dann relativ schnell erzählt,<br />
dass ihm seit zwei<br />
Jahren nicht mehr zum<br />
Lachen zumute ist. Können<br />
Sie sich den Druck<br />
vorstellen? In diesem<br />
Moment wurde mir bewusst,<br />
welche Verantwortung<br />
ich mit dem Projekt<br />
übernommen hatte. Wir<br />
haben also die Fotosession<br />
begonnen und dabei über alles Mögliche gesprochen.<br />
Nach und nach hat sich ein Vertrauen entwickelt, aus<br />
dem schnell Vertrautheit wurde. Und dann ist Jonathan in<br />
Lachen ausgebrochen, und es ist mir gelungen, den einzigartigen<br />
Moment einzufangen. Seine Mutter, die ihn in<br />
der ganzen Zeit auch kein einziges Mal lachen sah, hat<br />
vor Glück geweint. Genau in diesem Augenblick wusste<br />
ich, dass der Beruf des Fotografen für mich wieder einen<br />
Sinn erhalten hatte und dass ich weitermachen musste:<br />
Ich war überzeugt davon, dass es möglich ist, jedem zu<br />
einer solchen Emotion zu verhelfen und diesen Moment<br />
festzuhalten.<br />
Wer kann sich heute in der LOL-Box vor Ihr Objektiv stellen?<br />
Welche wirtschaftliche Basis hat das Projekt?<br />
Krankenhäuser sind für uns nach wie vor prioritär. Es<br />
ist immer sehr bewegend, den Stolz und das Glück von<br />
Kranken, Pflegern und Krankenhauspersonal zu sehen,<br />
wenn sie hinterher die Fotowand betrachten, die wir ihnen<br />
hinterlassen. All dieses Lachen gibt Hoffnung und<br />
Lebensmut in einem oft traurigen Umfeld. Das Projekt<br />
steht jedoch allen offen. Es gibt kein Casting vorher. Die<br />
Menschen registrieren sich einfach auf der Website der<br />
Vereinigung. Da die Nachfrage enorm groß ist und ich<br />
nicht allen Wünschen nachkommen kann, wird ausgelost,<br />
wer zu einem Shooting eingeladen wird. Prinzipiell sind<br />
die Fotos immer kostenlos.<br />
Jedem steht es dann<br />
frei, sein Foto zu bezahlen<br />
und die Vereinigung<br />
so mit einem beliebigen<br />
Betrag zu unterstützen.<br />
Das ist aber keine Pflicht.<br />
Der wirtschaftliche Gesichtspunkt<br />
ist also nicht<br />
immer einfach: Allein in<br />
den ersten beiden Jahren<br />
mussten wir 300 000<br />
Euro investieren, um<br />
die Reisekosten zu den<br />
Krankenhäusern sowie<br />
die Mietkosten für Material<br />
und unverzichtbare<br />
Ausrüstung zu bestreiten.<br />
Niemand hat wirklich<br />
hinterfragt, wie wir das gemacht haben. Inzwischen haben<br />
wir ein Konzept für Unternehmen entwickelt. Und mit<br />
solchen « privaten » Shootings finanzieren wir die Reisen<br />
in die Krankenhäuser. Sobald wir einen Betrag von rund<br />
2500 Euro eingenommen haben, können wir ein Shooting<br />
in einem Krankenhaus organisieren.<br />
Was haben Sie aus dem LOL Project gelernt? Wohin wollen<br />
Sie das Projekt führen?<br />
Das Projekt hat mich als Fotograf darin bestätigt,<br />
dass die Begegnung mit der Person, die man fotografiert,<br />
zwangsläufig positiv ist, wenn man sich aufrichtig und offen<br />
gibt. Und unter diesen Voraussetzungen gelingt einem<br />
immer das schönste und treffendste Foto. Darüber hinaus<br />
habe ich entdeckt, dass es in unser aller Macht liegt, etwas<br />
Gutes zu tun, anderen Menschen Glücksmomente zu vermitteln,<br />
indem wir eine so simple Sache wie ein Lachen<br />
miteinander teilen. Es reicht aus, dass wir lernen, von Zeit<br />
zu Zeit wir selbst zu sein, loszulassen. Ich weiß nicht, wohin<br />
das führen wird. Aber das ist egal. Das Projekt ist für<br />
alle positiv, es macht glücklich. Umso besser! Ich glaube,<br />
ich habe die beste Möglichkeit gefunden, Menschen zu<br />
begegnen, indem ich sie einfach zum Lachen bringe …<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 77
FRANKREICH HEUTE Elyx<br />
Yacine Aït Kaci<br />
Der Vater von Elyx, des Botschafters der guten Laune<br />
Yacine Aït Kaci wurde 1973 in Paris geboren.<br />
Er ist der geistige Vater von Elyx, einer ungeheuer<br />
lockeren und lustigen kleinen Figur,<br />
deren Züge auf ein Minimum reduziert sind:<br />
Ein Kreis mit ein paar Strichen bildet den<br />
Kopf mit einem breiten Lächeln, der Körper<br />
ist ein Dreieck und ein paar weitere Striche<br />
stellen Arme und Beine dar. Trotzdem verzaubert<br />
sie uns mit ihrem poetischen, zärtlichen<br />
und unkonventionellen Blick auf den Alltag.<br />
Durch die Magie der sozialen Netzwerke ist<br />
Elyx heute berühmt geworden und gilt als<br />
Symbol für ein ganz besonderes Weltbild.<br />
Elyx bringt Zehntausende von Menschen innerhalb<br />
und außerhalb des Hexagons zum<br />
Lächeln und tut ihnen gut.<br />
Yacine Aït Kaci, wie ist Elyx entstanden?<br />
Elyx ist das Ergebnis einer mehrstufigen Entwicklung.<br />
Die erste Etappe ergab sich während meines Studiums in<br />
Paris an der Arts Décos (Anm. d. Red.: École nationale supérieure<br />
des Arts Décoratifs): Ich hatte einen Wettbewerb<br />
gewonnen, und durfte ein Maskottchen namens Ixel für<br />
ein Jugendmagazin entwerfen. Die zweite Etappe war die<br />
Zeit direkt nach meinem Studium: Ich arbeitete im Bereich<br />
von audiovisueller Kreation und digitaler Kunst und<br />
wirkte an der Realisierung von Sendungen und Vorstellungen<br />
mit, kreierte Installationen, organisierte Ausstellungen,<br />
unter anderem in Berlin. Die dritte Etappe ergab<br />
sich dann als Folge der beiden ersten: Ich hatte zwar Lust,<br />
weiterhin etwas zu kreieren, wollte mich dazu aber einfacher<br />
Hilfsmittel, nämlich Heft und Bleistift, bedienen.<br />
Ich wollte mich mehr auf die menschliche Seite als auf das<br />
Werkzeug konzentrieren. So ist 2011 die Idee für Elyx<br />
entstanden: eine ganz einfache Figur, ohne Nationalität<br />
und Sprache, weder Mann noch Frau, die aber trotzdem<br />
78 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 79
FRANKREICH HEUTE Elyx<br />
dazu in der Lage ist, sofort alle Menschen auf der ganzen<br />
Welt anzusprechen. Mit ein paar Bleistiftstrichen habe<br />
ich Elyx in mein Heft gezeichnet und ihn in die reale<br />
Welt integriert, habe das Ganze dann mit meinem Telefon<br />
fotografiert und auf den sozialen Netzwerken geteilt.<br />
Nach und nach wurde Elyx in den sozialen Netzwerken berühmt,<br />
Zehntausende folgen dieser Figur, warten Tag für Tag<br />
auf Ihre Zeichnungen und verfolgen die Abenteuer. Waren Sie<br />
auf einen solchen Erfolg gefasst?<br />
Ehrlich gesagt, nein. Das war komplett anders, als<br />
das, was ich zuvor gemacht hatte. Mir wurde aber schnell<br />
klar, dass die Figur Elyx, die wie eine Kinderzeichnung<br />
aussieht, jeden von uns ansprechen und uns die Sichtweise<br />
eines Kindes zurückgeben kann, die wir in unserem täglichen<br />
Leben meist verloren haben. Elyx erlaubt uns, die<br />
Dinge lockerer zu sehen und macht uns optimistisch.<br />
Ist Optimismus heute wichtig?<br />
Mehr als je zuvor! Ich würde sogar behaupten, dass er<br />
in unserer heutigen Zeit überlebenswichtig ist. Wir haben<br />
keine Zeit mehr, pessimistisch zu sein. Optimistisch zu<br />
sein, muss eine feststehende Tatsache, ein Engagement<br />
gegenüber der Welt sein. Im Gegensatz zu dem, was man<br />
uns heute manchmal glauben machen will – vor allem die<br />
Populisten sind sehr stark darin – ist nicht alles schwarz<br />
um uns herum. In vielen grundlegenden Punkten (Gesundheit,<br />
Erziehung, Gleichberechtigung zwischen Männern<br />
und Frauen …) ist die Situation heutzutage besser<br />
als in den vergangenen Jahrhunderten. Elyx erinnert uns<br />
daran, dies – selbst bei einer realistischen Betrachtung<br />
unserer Schwierigkeiten – nicht ganz aus den Augen zu<br />
verlieren.<br />
Und doch sagen die meisten Franzosen, wenn man sie danach<br />
fragt, dass sie stimmungsmäßig schlecht drauf sind … Gleicht<br />
Elyx ihnen wirklich?<br />
Ich weiß, das klingt paradox. Und doch ist Elyx, dieser<br />
ewige Optimist, zutiefst mit Frankreich verbunden,<br />
vor allem mit Paris, da er, wie ich, in dieser Stadt geboren<br />
ist und sie sein erster Tummelplatz war. Dies ist kein<br />
Zufall: Paris ist kosmopolitisch. Hier existiert eine echte<br />
Impertinenz. Die Franzosen werden vielleicht oft für<br />
ihre Lebensumstände kritisiert, aber im tiefsten Inneren<br />
haben sie sich, komme was wolle, eine Unbeschwertheit<br />
bewahrt, eine etwas verrückte Seite, um die viele sie<br />
80 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
eneiden. Paris hat immer eine Seite, die sagt « Wetten<br />
dass! »; dies trägt zur Größe dieser Stadt bei. Eine Fähigkeit,<br />
manchmal auch verrückte Dinge zu wagen: der<br />
Eiffelturm, das Grand Palais, das Centre Pompidou, die<br />
Pyramide des Louvre und sogar urbane Einrichtungen<br />
mit einer weit geringeren Tragweite, die aber heute<br />
trotzdem in der ganzen Welt übernommen werden, wie<br />
Fahrräder oder Autos, die man nach dem Selbstbedienungssystem<br />
mieten kann. Diese Fähigkeit, etwas zu<br />
wagen, gehört zur Identität der Stadt, einer Stadt, die<br />
alles außer konservativ ist.<br />
Sie finden Elyx im Internet (www.elyx.net), auf Facebook,<br />
Twitter und Instagram sowie in gedruckter Version:<br />
Yacine Aït Kaci (Yak): Bienvenue dans ton monde avec<br />
Elyx, Éditions Nathan, 2016, ISBN 978-2092566458 und Elyx,<br />
l’ambassadeur du sourire, Éditions du Chêne, 2015, ISBN<br />
978-2812312403.<br />
Tragen die Abenteuer von Elyx dazu bei, glücklich zu sein?<br />
Das muss jeder selbst beantworten. Ich glaube auf alle<br />
Fälle, dass die Figur mit ihrer Poesie und ihrem unkonventionellen<br />
Blick auf die Welt jeden von uns anspricht.<br />
Wenn sie beispielsweise den Eiffelturm hochklettert, ruft<br />
sie uns ins Gedächtnis, dass durch unsere Vorstellungskraft<br />
alles möglich wird. Das tut gut! Wenn es uns gelingt,<br />
diesen zärtlichen und unkonventionellen Blick auf<br />
die Realität nicht nur zu erkennen, sondern in uns selbst<br />
zu entwickeln, dann stehen die Chancen nicht schlecht,<br />
dass wir glücklicher sind!<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 81
FRANKREICH HEUTE Gastronomie<br />
Gilles Choukroun<br />
Ein Sternekoch, der die Pariser an den Flughafen zieht<br />
Wenn Gilles Choukroun seine Visitenkarte überreicht, wird sofort klar, dass<br />
dieser Mann nicht mit dem Strom schwimmt: Sie ist nämlich genau so aufgemacht,<br />
wie ein Fahrschein für die Pariser Metro. Mit nur 20 cm 2 hebt er sich<br />
also bereits von vielen anderen ab. Der junggebliebene und lockere Fünfziger<br />
mit einem Faible für Rock ’n‘ Roll wollte als Jugendlicher eigentlich eine Band<br />
gründen. Dann machte er jedoch eine Ausbildung als Koch und entdeckte<br />
seine Begeisterung für die Küche. In den Jahren zwischen 1990 und 2000 galt<br />
er als Küchenchef der « neuen Garde », 1996 erhielt er seinen ersten Michelin-<br />
Stern. Im Juni 2016 hat er mit der Eröffnung seines neuen Restaurants CUP – die<br />
Abkürzung steht für Cuisine Urbaine Parisienne – erneut Bewegung in die Welt<br />
der ansonsten so überraschungslosen Gastronomieszene Frankreichs gebracht.<br />
Die größte Besonderheit dieser sehr modernen Brasserie ist ihr Standort:<br />
Sie liegt nämlich mitten im Pariser Flughafen Orly. Diese zentrale und weltoffene<br />
Lage ist ein Symbol für die Küche und die Aufgeschlossenheit dieses dynamischen<br />
Kochs, dessen Optimismus einfach ansteckend ist!<br />
82 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Gilles Choukroun, was ist das CUP?<br />
Für mich ist es die ideale Pariser Brasserie von heute.<br />
Ein ungezwungener Ort, offen für die Welt und die Menschen,<br />
an dem neben einem klassischen Rindertatar und<br />
Hähnchen auf baskische Art mit Piment d‘Espelette (baskischer<br />
Chili) durchaus auch ein Kebab und ein typisch<br />
New Yorker Hotdog auf der Karte stehen. Ein Ort, an<br />
dem man sich wohlfühlt, an dem man nicht nur mit der<br />
Gabel, sondern auch mit den Fingern oder mit Stäbchen<br />
essen kann, ohne deswegen schief angesehen zu werden.<br />
Ein geselliger Ort, an dem man zu Fish and Chips einen<br />
Mojito trinken oder sich frisch und munter die für die<br />
französische Küche so typische Foie gras auf das Baguette<br />
streichen kann. Kurz: Ein Ort wie die Stadt Paris, der es<br />
mit ihrer Lebendigkeit und Weltoffenheit im Laufe der<br />
Jahre gelungen ist, die diversen Esskulturen ihrer Bewohner<br />
zu assimilieren. Ich bin Pariser und ich finde es ganz<br />
normal, als Küchenchef verschiedene gastronomische Lebensarten<br />
zu verbinden.<br />
man auch Risiken eingehen, ausgetretene Pfade verlassen<br />
muss. Dieser Beruf ist geprägt von Spontaneität: Ich<br />
entwickle meine Gerichte nach dem täglichen Angebot,<br />
den Produkten der Saison, nach Lust und Laune. Warum<br />
sollte man die Küche im Namen einer sogenannten Gastronomietradition<br />
à la française in eine Norm zwängen?<br />
Oder den exklusiven Geschmack einiger Tester dieses<br />
oder jenen Führers darüber bestimmen lassen, was gut ist<br />
und was nicht? Die Küche ist ein Paradies für Neugier und<br />
Offenheit. Sie ist ein Ort des Austausches par excellence.<br />
Das darf man nicht vergessen. Aus diesem Grund fand ich<br />
es von Anfang an interessant, mich an diesem Flughafen<br />
niederzulassen: Hier begegnen sich Menschen aus der<br />
ganzen Welt. Die Lage ist ideal, um ihnen direkt beim<br />
Verlassen des Flugzeuges die Möglichkeit zu bieten, eine<br />
moderne kulinarische Erfahrung zu machen. Und was<br />
noch interessanter ist: Heute kommen zahlreiche Pariser<br />
hierher nach Orly, um im CUP zu essen: Paris kommt an<br />
den Flughafen!<br />
Dieser Standpunkt ist nicht gerade typisch für einen französischen<br />
Sternekoch …<br />
Ja, das stimmt. Im Allgemeinen bevorzugen Sterneköche<br />
für ihr Restaurant einen Standort im Stadtzentrum,<br />
das ist naheliegender als ein Flughafen, und ihre Gerichte<br />
haben eher einen exklusiven Charakter – auch was die<br />
Preise angeht. Ich für meinen Teil hatte niemals solche<br />
Vorstellungen. Wissen Sie, ich bin jetzt rund dreißig Jahre<br />
in diesem Beruf, und mein Anspruch war immer, dass
FRANKREICH HEUTE Gastronomie<br />
Restaurant CUP<br />
<br />
Cuisine Urbaine Parisienne<br />
Flughafen Orly – Terminal Süd<br />
www.cup-orly.fr<br />
+33 (0)1 74 22 12 39<br />
Das Restaurant befindet sich im<br />
öffentlich zugänglichen Bereich im<br />
1. Stock des Terminals und ist täglich<br />
von 7 Uhr bis 21 Uhr geöffnet.<br />
Mittagsangebot ab 14 €.<br />
Ist diese kulinarische Vielfalt eine Inspirationsquelle für einen<br />
Gastronomen?<br />
Ganz genau. Ich weiß sehr wohl, dass meine Küche<br />
nicht allen schmecken kann. Zum Glück kann ich nur sagen,<br />
denn ich würde mir nicht wünschen, dass alle Menschen<br />
denselben Geschmack haben. Doch ich muss versuchen,<br />
Neugier zu wecken, indem ich Aromen verschiedener<br />
Ursprünge verbinde. Nehmen Sie beispielsweise den CUP<br />
Kebab. Der Kebab ist nicht gerade die Art von Gericht, die<br />
normalerweise in einem Sternelokal auf der Karte steht. Ich<br />
fand das schade und wollte dieses typische und beliebte Gericht<br />
aufwerten. Bei mir wird der Kebab aus den qualitativ<br />
besten Produkten zubereitet und mit Zitrusfrüchten, Kräutern,<br />
Gewürzen und Olivenöl verfeinert, sodass er einen<br />
besonderen Geschmack erhält. Ich erfinde nichts, aber ich<br />
passe ein Produkt an. Und vor allem hat bei einem Preis von<br />
11,50 Euro jeder die Möglichkeit, ein originelles Gericht in<br />
einem Sternelokal zu essen und sich damit eine Freude zu<br />
machen. Dasselbe gilt für das Rindertatar (19 Euro), den<br />
Schellfisch mit Sesamöl, den wir wie eine Brandade, also wie<br />
ein Fischpüree zubereiten (16 Euro) oder die Chinesischen<br />
Nudeln mit Huhn, Koriander und Soja (13 Euro). Die Gäste<br />
sind überrascht, wenn sie beliebte Klassiker wiederentdecken,<br />
die durch einen Sternekoch neu interpretiert wurden.<br />
Und für alle, die noch weiter gehen möchten, biete ich während<br />
der Woche ein von mir kreiertes Gericht für 22 bis 30<br />
Euro an. Ich mag es, Menschen zu überraschen. Ich mache<br />
es mir zur Gewohnheit, damit es zur Normalität wird.<br />
Das ist eine neuartige und aufgeschlossene Vision von der französischen<br />
Sterneküche …<br />
Vermutlich. Es ist wichtig, dass wir es als französische<br />
Küchenchefs verstehen, uns weiterzuentwickeln<br />
und internationale Esskulturen zu integrieren. Wir leben<br />
in einer Welt, in der alles möglich ist. Das muss man<br />
auch in unserer Küche schmecken. Es ist gut, dass die<br />
Gastronomie à la française zum Weltkulturerbe erhoben<br />
wurde. Trotzdem darf man sie nicht als unantastbar betrachten<br />
und durch Traditionen einengen. In der Küche<br />
muss man sehr gewissenhaft sein und die Leitlinien der<br />
Väter respektieren. Gleichzeitig muss man aber fortfahren,<br />
Neues zu erfinden, Gewohnheiten über den Haufen<br />
zu werfen.<br />
Denken Sie, dass man das Konzept des CUP exportieren<br />
kann?<br />
Davon bin ich überzeugt. Ich glaube, dass dieses<br />
Konzept auch außerhalb von Frankreich – in Europa und<br />
sogar darüber hinaus – umgesetzt werden kann. Ich könnte<br />
mir ein CUP sehr gut am zweiten Pariser Flughafen<br />
Roissy vorstellen. Oder an dem von London oder Madrid.<br />
Warum nicht auch am neuen Flughafen von Berlin, der<br />
ja irgendwann eröffnet wird. (Lächeln) Soweit ich weiß,<br />
wird dies ein großartiger Ort, und das Konzept passt sehr<br />
gut zu einer modernen, so weltoffenen Stadt! Auf jeden<br />
Fall gefällt mir diese Idee sehr gut. Man darf nie aufhören,<br />
innovativ und unternehmerisch zu handeln.<br />
84 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
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Diese Bestellung kann innerhalb von 14 Tagen beim Aboservice<br />
schriftlich ohne Angabe von Gründen widerrufen werden.<br />
Telefonnummer für Rückfragen<br />
Land
ART DE VIVRE Chantals Rezept<br />
Wie in der Mode, so gibt es auch im Bereich des Kochens Innovationen,<br />
die man meiner Meinung nach nicht ignorieren darf. Bereits der amerikanische<br />
Physiker Benjamin Thompson (1753-1814) hat vor mehr als<br />
200 Jahren festgestellt, dass sich das Niedrigtemperaturgaren positiv auf<br />
das Fleisch auswirkt. Doch erst die heutigen modernen Öfen erlauben<br />
es, diese Technik wirklich zu beherrschen. Auch ich habe dies nun einmal<br />
ausprobiert, und da mich das Ergebnis voll und ganz überzeugt<br />
hat, will ich die Erfahrung mit Ihnen teilen. Eine niedrige Temperatur<br />
ist die Garantie für perfekt gegartes, schmackhaftes Fleisch. Die Technik ist<br />
einfach, verursacht keinen Stress und bei einer Einladung kann man sich<br />
beruhigt den Gästen widmen, ohne befürchten zu müssen, dass alles kalt<br />
wird oder das Essen verbrennt. Sie werden sehen, wie gut das schmeckt!<br />
Poulet fermier basse<br />
température à l’ail<br />
Für 4 bis 6 Personen • Vorbereitung ca. 15 Minuten • Garzeit: 3,25 Stunden<br />
86 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Zutaten<br />
1 frisches Huhn mit der<br />
Leber (ungefähr 1,2 kg,<br />
aus Freilandhaltung)<br />
4 Knoblauchknollen<br />
6 bis 8 Stück altbackenes Brot<br />
50 g Butter<br />
Salz, frischgemahlener Pfeffer<br />
1 grüner Salat<br />
Unverzichtbares Hilfsmittel:<br />
Um die Temperatur im Inneren des<br />
Huhns zu überprüfen, benötigt man<br />
ein Bratenthermometer. Die Thermostate<br />
der meisten Herde sind nicht<br />
sehr genau. Deshalb ist ein solches<br />
Thermometer ein unverzichtbares<br />
Hilfsmittel, um die Temperatur des<br />
Fleisches während der Garzeit zu<br />
überprüfen. Man erhält es zu einem<br />
moderaten Preis im Fachhandel.<br />
Zubereitung des Huhns<br />
•<br />
Huhn zunächst sorgfältig innen<br />
und außen unter fließendem,<br />
kaltem Wasser abspülen und mit<br />
Küchenpapier abtrocknen. Die<br />
Sauberkeit der Nahrungsmittel<br />
ist beim Niedrigtemperaturgaren<br />
äußerst wichtig. Die Leber wird<br />
später für den Salat benötigt.<br />
• Eine Form aus Keramik oder<br />
Gusseisen in den Backofen stellen<br />
und diesen auf 210° C vorheizen.<br />
• Das Innere des Huhns<br />
salzen und pfeffern.<br />
•<br />
Einige Knoblauchzehen schälen<br />
und die Brotstücke großzügig<br />
damit einreiben. Diese dann zusammen<br />
mit den Knoblauchresten<br />
(es wird alles verwendet) in den<br />
Bauch des Huhns schieben.<br />
•<br />
Huhn in die vorgeheizte Form<br />
legen und das Bratenthermometer<br />
durch den Unterschenkel bis ins<br />
Brustfleisch stecken, dabei den<br />
Knochen nicht berühren. Einige<br />
Knoblauchzehen mit in die Form<br />
legen und etwas Wasser angießen.<br />
•<br />
Das Huhn in den 210° C heißen<br />
Backofen schieben, die Temperatur<br />
aber sofort auf 90° C herunterschalten.<br />
Bei dieser niedrigen<br />
Temperatur rund 3,25 Stunden<br />
garen, bis die Kerntemperatur 72° C<br />
beträgt. Ggf. während des Garens<br />
etwas Wasser nachgießen. Das<br />
Huhn dann aus dem Ofen nehmen.<br />
•<br />
Bratensaft aus der Form in<br />
einen Topf gießen, Butter dazugeben,<br />
Sauce aufschlagen<br />
und in eine Saucière füllen.<br />
Zubereitung des Salates<br />
Als Beilage zum Huhn schlage<br />
ich einen Salat vor, so wie ich<br />
ihn selbst immer zubereite:<br />
• Salat waschen, Wasser abschütteln<br />
und nach Belieben anmachen.<br />
•<br />
Hühnerleber 5 bis 6 Minuten in<br />
einem Topf mit etwas Wasser<br />
kochen. Wasser abgießen, Leber<br />
abtropfen lassen und zusammen mit<br />
einer Knoblauchzehe fein hacken.<br />
Über den Salat geben und wenden.<br />
Das Huhn zusammen mit der<br />
Sauce und dem Salat servieren.<br />
Bon appétit!<br />
Tipps<br />
Für ein Huhn mit einem anderen<br />
Gewicht als im Rezept<br />
angegeben die Garzeit pro 100<br />
Gramm Gewichtsdifferenz um 10<br />
Minuten reduzieren (bei einem<br />
kleineren Huhn) bzw. verlängern<br />
(bei einem größeren Huhn).<br />
Muss das Huhn vor dem Servieren<br />
noch etwas warmgehalten werden,<br />
Ofentemperatur auf 70° C einstellen,<br />
Ofentür öffnen, um die Temperatur<br />
abzusenken. Sobald eine Temperatur<br />
von 70° C erreicht ist, Ofentür wieder<br />
schließen. Auf diese Weise kann man<br />
es eine gute Stunde warmhalten.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 87
ART DE VIVRE Produkte<br />
Serie: Typisch französische Produkte (12)<br />
Papier d’Arménie<br />
Ein kleines Stück Papier ist seit mehr als einem<br />
Jahrhundert vermutlich nicht nur das berühmteste<br />
Papier Frankreichs, sondern auch eines der<br />
unerwartetsten Souvenirs, das man von einer Reise ins<br />
Hexagon mitbringen kann. Zudem vereint es gleich<br />
mehrere Superlative auf sich: Es ist eines der am einfachsten<br />
zu beschaffenden Andenken, denn man erhält<br />
es in allen Apotheken, Drogerien und in den meisten<br />
Bioläden; es ist eines der günstigsten, denn ein Heftchen<br />
kostet nur zwei bis drei Euro; und – wie praktisch – es<br />
ist dazu noch eines der platzsparendsten Dinge, die man<br />
im Gepäck mit nach Hause nehmen kann, denn es hat<br />
nur eine Größe von wenigen Quadratzentimetern und<br />
wiegt nur rund sieben Gramm.<br />
Kehrt man mit einem solchen Souvenir von einem<br />
Aufenthalt in Frankreich zurück, so weist man sich<br />
außerdem als echter Frankreichkenner aus, denn jemand,<br />
der dieses Land nicht so gut kennt, würde bei<br />
einem Produkt namens Papier d‘Arménie niemals darauf<br />
schließen, dass es sich dabei um ein typisch französisches<br />
Produkt handelt! Und doch ist dies der Fall.<br />
Dieses seltsame kleine Heftchen, dessen Nutzen sich<br />
auf den ersten Blick nicht unbedingt erschließt – es sei<br />
an dieser Stelle jedoch verraten, dass es sich hierbei um<br />
einen natürlichen Lufterfrischer handelt –, ist 100 %<br />
Made in France und wird seit Generationen in einem<br />
Familienbetrieb in Montrouge, vor den Toren von<br />
Paris, hergestellt. Mit seinem gewollt nostalgisch anmutenden<br />
Aussehen – man könnte vielleicht sogar von<br />
antiquiert sprechen – stellt es allerdings in Frankreich<br />
eine regelrechte Institution, wenn nicht gar ein nationales<br />
Kulturgut dar, das viele Franzosen in ihr Herz<br />
geschlossen haben.<br />
Alles beginnt 1885, als zwei befreundete Franzosen<br />
– ihres Zeichens Apotheker – namens Auguste Ponsot<br />
und Henri Rivier – Letzterer war der Urgroßvater der<br />
heutigen Leiterin des Unternehmens, Mireille Schvartz<br />
– bei einer Reise entdecken, dass man in Armenien ein<br />
88 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
Naturharz, das sogenannte Benjoin (Benzoeharz) dazu<br />
nutzt, um die Luft in den Häusern zu verbessern. Dieses<br />
Harz stammt von einem Baum, der vor allem auf Laos<br />
wächst: dem Storaxbaum. Zurück in Paris befassen sie sich<br />
eingehender mit dieser Art der Desinfektion, entwickeln<br />
eine Rezeptur und erfinden eine Art der Produktpräsentation,<br />
mit der die Verbrennung von Benzoeharz einfacher<br />
wird. Der Geruch ist angenehmer, die Eigenschaften sind<br />
jedoch dieselben. Dies ist der Beginn eines großen Abenteuers.<br />
Die Rezeptur, die sich seit mehr als einem Jahrhundert<br />
nicht verändert hat, ist ein Geheimnis, das in der<br />
Fabrik in Montrouge nach wie vor sorgsam gehütet wird.<br />
Noch heute stellen dort rund ein Dutzend Angestellte auf<br />
handwerkliche Art und Weise pro Jahr etwa zwei Millionen<br />
dieser kleinen Heftchen her.<br />
Bekannt ist allerdings, dass die Herstellung des Armenischen<br />
Papiers einen nicht unerheblichen Aufwand<br />
darstellt: Von der Anlieferung des Benzoeharzes in Montrouge<br />
bis zur Fertigstellung eines solchen Heftchens<br />
vergehen ungefähr sechs Monate. Zunächst werden große<br />
Bogen eines dicken Fließpapiers in eine salzhaltige Lösung<br />
getaucht, um die spätere Verbrennung zu verlangsamen.<br />
Anschließend werden sie rund zwei Wochen lang<br />
an der frischen Luft getrocknet, bevor sie in ein Bad aus<br />
Benzoeharz und einer geheim gehaltenen Duftmischung<br />
getaucht werden. Danach kommen sie in Trockenöfen<br />
und müssen anschließend noch mehrere Monate lagern,<br />
damit sich der bei der Verbrennung von Papier d‘Armenie<br />
entstehende Duft noch verbessert. Schließlich werden die<br />
Bogen zugeschnitten und zu Heftchen verarbeitet.<br />
Das Papier d‘Armenie ist ein traditionelles Produkt,<br />
das vor 50 Jahren in nahezu allen französischen Haushalten<br />
zu finden war. Mit der Ausbreitung von Sprühdosen<br />
und Lufterfrischern für die Steckdose wäre es allerdings<br />
beinahe verschwunden. Seit einigen Jahren erfreut es sich<br />
jedoch wieder einer zunehmenden Beliebtheit. Einen<br />
Streifen des Papiers aus dem Briefchen zu nehmen, ihn<br />
wie eine Ziehharmonika zu falten, damit er langsamer verglimmt,<br />
ihn dann in ein Schälchen zu legen und an einem<br />
Ende anzuzünden ist heutzutage im Hexagon wieder in<br />
Mode gekommen. Für viele Franzosen ist dies ein kleines<br />
Ritual, mit dem sie eine echte Tradition weiterführen.<br />
In dieser Serie werden Produkte vorgestellt, die sich in fast jedem französischen Haushalt befinden oder die für viele Franzosen<br />
kleine Nationalheiligtümer sind. In den letzten Ausgaben sind erschienen: Hollywood- und Malabar-Kaugummis (<strong>Nr</strong>. 51), Petit Suisse<br />
(<strong>Nr</strong>. 52), Orangina (<strong>Nr</strong>. 53), Duralex-Gläser (<strong>Nr</strong>. 54), Messer (<strong>Nr</strong>. 55), L’école des loisirs (<strong>Nr</strong>. 56), Sophie la girafe (<strong>Nr</strong>. 57), Eau de Javel (<strong>Nr</strong>.<br />
58), Bol à prénom (<strong>Nr</strong>. 59), Bistrostuhl « Drucker » (<strong>Nr</strong>. 60) und der gelbe Briefkasten der Post (<strong>Nr</strong>. 61)<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 89
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 23<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 28<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 31<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 34<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 35 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 36<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 37<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 38 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 39<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 40<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 42<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 43 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 44 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 45<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 46<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 47 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 48<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 49 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 50 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 51<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 52<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 53 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 54<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 55 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 57 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 58 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 59 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 60 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 61
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Stöbern Sie in den Themen der noch erhältlichen Ausgaben!<br />
Reisethemen,<br />
nach Regionen geordnet:<br />
8<br />
9<br />
7<br />
12<br />
6<br />
11<br />
Landesweite Themen<br />
1 2<br />
3<br />
10<br />
13<br />
5<br />
14<br />
16<br />
4<br />
15<br />
17<br />
18<br />
Fahrradrouten – Die schönsten Strecken entlang der Küsten 59<br />
Weihnachtsmärkte – Wo geht es noch authentisch zu? 57<br />
Winterurlaub – Romantische Skistationen anstatt<br />
57<br />
Bettenburgen<br />
Künstlerdörfer – 10 Künstlerdörfer zum Verlieben 54<br />
Kultur – Museumseröffnungen wie am Fließband 54<br />
Brücken – Frankreichs bemerkenswerteste Brücken 53<br />
Küsten – Frankreichs schönste Küsten 51<br />
Dörfer – Frankreichs spektakulärste Dörfer 50<br />
Traumstraßen – Frankreichs spektakulärste Traumstraßen 48<br />
Camping – Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze 45<br />
(Teil 2: Westfrankreich)<br />
Camping – Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze 44<br />
(Teil 1: Ostfrankreich)<br />
Wellness in den Bergen – Nach dem Sport die Erholung 43<br />
10 Ideen… – …für Ferien am Meer 40<br />
Kathedralen – Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Inseln – Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Naturwunder – Die 10 schönsten Naturwunder Frankreichs 33<br />
1 Paris <strong>Nr</strong>.<br />
Saint-Germain-des-Prés: Mehr als ein Viertel, die Seele 60<br />
von Paris?<br />
Le Train Bleu – Ist das legendäre Restaurant noch immer 58<br />
einen Besuch wert ?<br />
Musée d‘Histoire de la Médecine – ein ungewöhnliches 57<br />
Museum im Herzen der Hauptstadt<br />
Events – Olympische Spiele oder Weltausstellung? 55<br />
Pariser Rathaus – Ein Palast für die Hauptstädter 53<br />
Stadtentwicklung – Die ambitionierten Projekte der neuen 51<br />
Bürgermeisterin<br />
Louvre – Wie Mona Lisa & Co. den Krieg überlebten 50<br />
Oscar Niemeyer – Mit Frankreich auf Du und Du 48<br />
Monnaie de Paris – MétaLmorphoses, die Geburt eines 48<br />
neuen Stadtteils<br />
Monnaie de Paris – Eine Fabrik hinter königlicher Fassade 46<br />
Paris mit Kindern – Tipps für einen Städtebesuch mit dem 42<br />
Nachwuchs<br />
Le Bon Marché – Eine Pariser Institution feiert ihren 160. 41<br />
Geburtstag<br />
Hôtel des Invalides – Ein kleines Militär-Versailles mitten 38<br />
in Paris<br />
Les Arènes de Lutèce – Die unerwartete Entdeckung eines 37<br />
römischen Amphitheaters<br />
Lido – Carien, Porträt einer Startänzerin 37<br />
Avenue des Champs-Elysées – Wie steht es um den Glanz 36<br />
des Prachtboulevards?<br />
Musée Rodin – Der Charme eines Künstleranwesens mit 35<br />
einzigartigem Garten<br />
Haussmann und die Impressionisten – Wie Haussmann 34<br />
Paris neu erfand<br />
Butte-aux-Cailles – Aus der Mitte entsprang ein Fluss 31<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen 31<br />
Hauptstadt (6): Designrestaurants<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Batobus – Mit dem Linienschiff über die Seine 28<br />
Stadtentwicklung – Seine-Ufer: Neugestaltung der Ufer der 28<br />
Seine<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen 28<br />
Hauptstadt (3) – Ungewöhnliche Restaurants<br />
Mehr als nur Kino – Legendäre Lichtspielhäuser der 23<br />
französischen Hauptstadt<br />
Hotels<br />
La Belle Juliette – Paris 54<br />
Hotel Lutetia – Paris 32<br />
2 Pariser Umland <strong>Nr</strong>.<br />
Ecouen – Ein Museum für die Renaissance 50<br />
Saint-Denis – Ruhestätte der Könige 33<br />
3 Norden & Champagne <strong>Nr</strong>.<br />
Nordfrankreich – Auf den Spuren eines großen französischen 59<br />
Architekten<br />
Marais Audomarois – Ein Sumpfgebiet für Kenner 58<br />
Le Touquet-Paris-Plage – Ein Strand für die Hauptstadt 55<br />
Lille – Die unterschätzte Metropole 54<br />
Calais – Eine Stadt mit Spitze 48<br />
Musée Matisse – Kunstgenuss auf dem platten Land 47<br />
Pays de Condé – Eine Bergbaugegend erfindet sich neu 43<br />
Maison de Robert Schuman – Zu Besuch bei einem der Väter 42<br />
des vereinten Europas<br />
Marne – In der Heimat des Champagners 40<br />
10 Ideen… für Nord-Pas-de-Calais 38<br />
Arras & Douai – Riesen für den Kleinen 36<br />
Jardin Mosaic – Ein Spaziergang wird zur Reise 33<br />
Hotels<br />
Le Domaine de la Chartreuse – Gosnay 57<br />
Pasino – Saint-Amand-les-Eaux 43<br />
4 Elsass & Lothringen <strong>Nr</strong>.<br />
Weihnachtskugeln aus Meisenthal – nicht nur Kugeln, 61<br />
sondern Objekte voller Sinn<br />
Château de Lunéville – Wie Phoenix aus der Asche 52<br />
Grosbliederstroff & Kleinblittersdorf – Ein Grenzfall: Zwei 49<br />
zwangsverbrüderte Orte stellen sich vor<br />
Abbaye de Murbach – Es steht ein Kloster im Walde 47<br />
Schiffshebewerk Saint-Louis/Arzviller – Ein Fahrstuhl für 45<br />
Schiffe<br />
Musée Lalique – Eine Hommage an die Glasmacherkunst 43<br />
Genuss – Die AOC des Elsass 42<br />
10 Ideen… für ein Wochenende im Elsass 41<br />
Haut-Koenigsbourg – Ein wahrhaft deutsch-französisches 40<br />
Kulturerbe<br />
Bitche – Das zweite Leben einer Zitadelle 38<br />
Grand Ballon – Eine Wanderung auf die Spitze der Vogesen 37<br />
Neufchef & Aumetz – Das stolze Erbe der lothringischen 36<br />
Kumpel<br />
Mont Sainte-Odile – Berg der Hoffnung und der Tragödie 35<br />
Städtevergleich – Metz versus Nancy 34<br />
Hotels<br />
La Cheneaudière – Colroy-la-Roche 61<br />
La Clairière Bio- & Spa-Hotel – La Petite-Pierre 38<br />
5 Burgund & Jura <strong>Nr</strong>.<br />
Route des Grands Crus – Die Champs-Elysées von Burgund 61<br />
Montbéliard – 30 Jahre Lumières de Noël 61<br />
Dijon – Mehr als nur Senf 53<br />
Genuss – Die AOC der Franche-Comté 47<br />
Genuss – Die AOC Burgunds 48<br />
Saône – Mit dem Hausboot auf der Saône unterwegs 44<br />
Maison de Louis Pasteur – Ein Dorf im Fokus der<br />
43<br />
Wissenschaft<br />
Hospices de Beaune – Ein Krankenhaus mit Weinbergen 41<br />
Lac de Pannecière – Spaziergang durch die Ruinen eines 41<br />
untergegangenen Dorfes<br />
Montbéliard – Die Farben einer Stadt 41<br />
Peugeot-Museum – Mehr als ein Automobilmuseum 39<br />
Roche de Solutré & Roche de Vergisson – Zwei Felsen, ein 35<br />
Wanderparadies<br />
Wein – Saint-Véran aus Burgund 35<br />
Châtillon-sur-Seine – Das Erwachen einer verschlafenen 34<br />
Provinzstadt<br />
6 Loire-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
La grange de Meslay: Von der Holzkathedrale zum<br />
60<br />
Musiktempel<br />
Tours – Frischer Wind im Loiretal 59<br />
Chambord – Mehr als nur ein beeindruckendes Schloss 58<br />
Saumur – Stall, Schloss, Fluss 55<br />
Genuss – Die AOC der Pays de la Loire 45<br />
Cheverny – Das Schloss von Tim und Struppi 43<br />
Ballonfahrt übers Loire-Tal – Bitte zeichne mir ein Schloss 38<br />
Blois – Ein Schloss der Geheimnisse und Intrigen 36<br />
Wein – Chinon, ein Wein für alle Fälle 34<br />
Le Mans – Unerwartet anders 33<br />
Angers – Einfach l(i)ebenswert 30<br />
Hotels<br />
Troglododo – Azay-le-Rideau 31<br />
7 Normandie <strong>Nr</strong>.<br />
Cherbourg – Dem Meer zugewandt 53<br />
Rouen – Die normannische Hauptstadt 51<br />
Cabour, Deauville, Trouville-sur-Mer, Honfleur –<br />
49<br />
Die Stars der Côte Fleurie<br />
Oscar Niemeyer – Mit Frankreich auf Du und Du 48<br />
Mont-Saint-Michel – Der Wunsch, eine Insel zu werden 48<br />
Impressionismus – Normandie, Heimat des<br />
45<br />
Impressionismus<br />
Genuss – Die AOC der Normandie 39<br />
10 Ideen… für die Normandie 37<br />
Dieppe – Die Stadt und das Meer 34<br />
Mémorial Caen – Ein Museum für den Frieden 31<br />
Ile de Tatihou – Eine fantastische Reise 28<br />
Jumièges – Die Ruinenreste der Abtei von Jumièges 23<br />
Hotels<br />
Hotel de Bourgtheroulde – Rouen 51<br />
Hôtel les bains de Cabourg – Cabourg 49<br />
Domaine de la Corniche – Rolleboise 36<br />
8 Bretagne <strong>Nr</strong>.<br />
Bretagne – Umfriedete Pfarrbezirke 61<br />
Ile d’Ouessant – Eine Insel voller Leben 58<br />
L’Aber-Wrac’h – Eine Handbreit Wasser unterm Kiel 55<br />
Montagnes Noires – Wo die Bretagne in die Höhe wächst 54<br />
Côte d’Emeraude – Vom Cap Fréhel zur Pointe du Grouin 52<br />
Ploumanac’h – Die Magie der bretonischen Nordküste 48<br />
Vitré, Fougères, Combourg, Château des Rochers-Sévigné 47<br />
– Mittelalterliche Festungen und literarische Vermächtnisse<br />
Brest – Die unterschätzte Hafenstadt am Ende der Welt 41<br />
Genuss – Die AOC der Bretagne 40<br />
Abbaye de Daoulas – Kloster der Kultur und der Heilpflanzen 39<br />
Golfe du Morbihan – Ein typisch bretonisches Naturerlebnis 35<br />
Pointe du Raz – Das Ende der Welt 31<br />
Hotels<br />
Château de Sable – Porspoder 58<br />
Castel Beau Site – Ploumanac’h 48<br />
9 Atlantikküste <strong>Nr</strong>.<br />
Bordeaux 60<br />
Baskenland – Corniche Basque, von Saint-Jean-de-Luz nach 55<br />
Hendaye<br />
Angoulême – Provinznest und Hauptstadt 52<br />
Rochefort – Die Stadt, die ihre Träume lebt 49<br />
Wein – Jurade de Saint-Emilion 47<br />
Bordeaux – Bordeaux 2.0 46<br />
Ile d’Oléron, Ile de Ré, Ile Madame, Ile d’Aix, Fort Boyard 46<br />
– Reif für die Insel(n)<br />
Wein – Ein asiatischer Winzer im Bordelais 46<br />
Loire-Mündung – Kunst am Fluss 45<br />
Nantes – Im Westen viel Neues 44<br />
Cognac – Von betrunkenen Spinnen und verdächtig<br />
42<br />
schwarzen Fassaden<br />
Radfernweg – Velodyssey, immer am Atlantik entlang 41<br />
Klöster – Abteien, die sogar Kinder begeistern 40<br />
Marais Poitevin – Die grünen Kanäle des Marais Poitevin 38<br />
Likör – Angélique de Niort, Likor aus einer Heilpflanze 38<br />
Wein – Château Bardins 37<br />
Futuroscope – Zukunftspark mit rosiger Zukunft 37<br />
Gironde – Wie Vauban eine Flussmündung abriegelte 36<br />
Stadtentwicklung – Bordeaux, eine Stadt mit Ambitionen 35<br />
Genuss – Gâteau basque 34<br />
Bassin d’Arcachon – Auf den Spuren der Austernzüchter 28<br />
Hotels<br />
Surprenantes – Nantes 55<br />
Hôtel Napoléon – Ile d’Aix 46<br />
Logis Saint-Martin – Saint-Maixent-l’Ecole 37<br />
L’Avant-Scène – Bordeaux 34<br />
10 Auvergne & Limousin <strong>Nr</strong>.<br />
Cevennen – Im Land einsamer Hochebenen und tiefer 52<br />
Schluchten
Vichy – Ein Kurbad mit schicksalhafter Vergangenheit 49<br />
Genuss – Die AOC des Limousin 48<br />
Clermont-Ferrand – Aufbruch aus schwieriger Position 47<br />
Genuss – Die AOC der Auvergne 38<br />
Viaduc de Garabit – Der horizontale Eiffelturm im<br />
37<br />
Zentralmassiv<br />
Hotels<br />
Domaine Saint Estève – Millau 53<br />
11 Périgord & Midi-Pyrénées <strong>Nr</strong>.<br />
Vallée de la Dordogne: Wo man « wie Gott in Frankreich 60<br />
lebt »<br />
Rodez – In der Heimat von Pierre Soulages 54<br />
Genuss – Die AOC von Midi-Pyrénées 50<br />
Tradition – Toulouse im Zeichen des Veilchens 47<br />
Airbus-Fabrik – Zu Besuch bei Airbus in Toulouse 46<br />
Gouffre de Padirac – Der Erdmitte ein Stückchen<br />
44<br />
näherkommen<br />
Trüffel in Sarlat-la-Canéda – Schwarze Diamanten 44<br />
Pastell – Das blaue Gold 43<br />
Bastiden – Die neuen Städte des Mittelalters 42<br />
Genuss – Diskrete Früchtchen, Backpflaumen aus Agen 33<br />
Im Katharerland – Ein Wanderweg zwischen Mittelmeer und 30<br />
den Pyrenäen<br />
Hotels<br />
Chateau de la Treyne – Lacave, Vallée de la Dordogne 60<br />
Grand Hôtel Le Turenne – Beaulieu-sur-Dordogne 47<br />
Le Grand Balcon – Toulouse 42<br />
12 Pyrenäen <strong>Nr</strong>.<br />
Le Train Jaune – Ein Zug als Wahrzeichen 45<br />
13 Languedoc-Roussillon <strong>Nr</strong>.<br />
Sigean: das Reservat der glücklichen Tiere 60<br />
Languedoc-Roussillon – Überraschende Mittelmeerregion 59<br />
Carcassonne – Imponierende Festungsstadt des Mittelalters 57<br />
Côte Vermeille – Paulilles, wenn die Hölle zum Paradies 57<br />
wird<br />
La Grande-Motte – Retrochic am Mittelmeer 50<br />
Sète – Authentisch und definitiv südländisch 48<br />
Saint-Guilhem-le-Désert – Wenn ein Krieger zum<br />
47<br />
Klosterbruder wird<br />
Stadtentwicklung – Montpellier, ein Synonym für Dynamik 47<br />
Le Train Jaune – Ein Zug als Wahrzeichen 45<br />
Wein – Les Grés de Montpellier 44<br />
Pont du Gard – Altes Aquädukt erfrischend jung 41<br />
Céret & Collioure – Zwei Dörfer im Fokus der Kunst 37<br />
Wein – AOC Fitou, Qualitätsgarant aus dem Süden 33<br />
Nîmes – Römische Baudenkmäler und mediterrane<br />
23<br />
Lebensfreude<br />
14 Rhône-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
Lyon – Die Metamorphose eines Arbeiterviertels in ein 61<br />
Freilichtmuseum<br />
Lyon – Eine Stadt gewinnt ihre Flussufer zurück 59<br />
Lyon-Confluence – 24 Stunden im Neubauviertel 48<br />
Montélimar & Umgebung – Eine Reise zwischen gestern 46<br />
und morgen<br />
Lyon & Umgebung – Eine Reise zu den städtebaulichen 44<br />
Utopien des 20. Jahrhunderts<br />
Tradition – Guignol, kleine Helden aus Lyon 43<br />
Drôme-Tal – Ein Geheimtipp zwischen Provence und Alpen 42<br />
Wein – Clairette de Die 42<br />
Genuss – Die AOC von Rhône-Alpes 41<br />
Grignan – Im Land der schönen Briefe: eine Reise nach 40<br />
Grignan<br />
Wein – Lirac, das « mediterranste » Weinanbaugebiet im 40<br />
Rhône-Tal<br />
Jardin Zen d’Erik Borja – Auf der Suche nach dem<br />
39<br />
verlorenen Garten<br />
Gastronomie – Michel Chabran, der Luxus der Simplizität 39<br />
Genuss – L’O Provençale: Olivenöl aus Nyons 36<br />
Genuss – Nougat aus Montélimar 35<br />
Ardèche – Zu den schönsten Dörfern der Ardèche 34<br />
Palais Idéal du Facteur Cheval – Die Kraft eines Traumes 33<br />
Hotels<br />
Cour des Loges – Lyon 44<br />
Manoir de la Roseraie – Grignan 40<br />
Helvie – Vals-les-Bains 23<br />
15 Alpen <strong>Nr</strong>.<br />
Lac d’Annecy – Einmal um den Lac d’Annecy 51<br />
Chambéry – Die alte Hauptstadt Savoyens 50<br />
Route Napoleon – Einmal quer durch die Alpen 49<br />
Montblanc – Alpine Winterfreuden 31<br />
Val d’Isère – Internationale Skistation auf 1.850 Metern Höhe 30<br />
Vogelpark von Villars-les-Dombes – Gefiederte Freunde 28<br />
Hotels<br />
Petit Hôtel Confidentiel – Chambéry 50<br />
Avenue Lodge Hotel – Val d’Isère 28<br />
16 Provence <strong>Nr</strong>.<br />
Fontaine-de-Vaucluse – Die berühmteste Quelle Frankreichs 58<br />
Sénanque – Klösterliche Besinnung in der Provence 55<br />
Arles – Römische Pracht und prachtvolle Kunstvorlage 53<br />
Roussillon – Das Colorado Frankreichs 52<br />
Marseille – Die Renaissance einer Metropole!? 49<br />
Umwelt – Lavendel der Provence in Gefahr 46<br />
Les Baux-de-Provence – Die unerwarteten Reize eines viel 44<br />
besuchten Dorfes<br />
Genuss – Die AOC von Provence-Alpes-Côte d’Azur 44<br />
Orange – Eine Stadt spielt Theater 42<br />
10 Ideen… für die Provence 39<br />
Dentelles de Montmirail – Mit dem Mountainbike durch das 34<br />
kleine Gebirge<br />
Saint-Rémy-de-Provence – Die provenzalische Idylle von 33<br />
Saint-Rémy<br />
Avignon – Ein Tag in der Stadt der Päpste 31<br />
Hotels<br />
B Design & Spa – Le Paradou 39<br />
Attrap’Rêves – Allauch 33<br />
17 Côte d’Azur <strong>Nr</strong>.<br />
Antibes – Die Überraschung an der französischen Riviera 54<br />
Monaco – Internationales Zirkusfestival von Monte Carlo 53<br />
Parks & Gärten – Exotische Gärten und grüne Oasen an der 51<br />
Côte d’Azur<br />
Gonfaron – Ein Eldorado für Schildkröten 50<br />
Monaco – Die unglaubliche Saga eines kleines Fürstentums 47<br />
Grasse – Der Duft einer Hauptstadt 45<br />
Bormes-les-Mimosas – Wo Blumen wie Königinnen verehrt 39<br />
werden<br />
Ile de Port-Cros – Kleine Trauminsel im Mittelmeer 38<br />
Domaine du Rayol – Die Geschichte eines ungewöhnlichen 36<br />
Parks<br />
Eze – Wo die Berge ins Meer fallen 35<br />
Nizza – <strong>Frühling</strong>sgefühle einer Diva 32<br />
Côte d’Azur – Jean Cocteau zwischen Nizza und Menton 28<br />
Hotels<br />
Mas du Grand Vallon – Mougins 45<br />
Clarion Grand Hôtel Aston – Nizza 41<br />
Château de la Messardière – Saint-Tropez 35<br />
18 Korsika <strong>Nr</strong>.<br />
Filitosa – Wenn Steine zu sprechen beginnen 55<br />
Bonifacio – Korsikas geschichtsträchtiger Höhepunkt 51<br />
Cap Corse – Türme, Kühe und Kanonen: Unterwegs auf dem 49<br />
Zöllnerpfad vom Cap Corse<br />
Gesellschaft – Korsika, die Revolution der Frauen geht weiter 44<br />
Genuss – Die AOC Korsikas 43<br />
Überseegebiete (DOM/TOM)<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Guadeloupe – Mehr als eine Insel, ein ganzes Archipel 52<br />
Französisch-Guayana – Natur, Geschichte, Raumfahrt 37<br />
Martinique – Entdeckungen in einer Postkartenidylle 31<br />
Ti’Punch & Planteur – Der Charme der Antillen in zwei 31<br />
Cocktails<br />
Hotels<br />
La Toubana Hôtel & Spa – Guadeloupe 52<br />
Cap Est Lagoon Resort & Spa – Martinique 30<br />
Weitere Themen<br />
Chantals Rezepte<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Appetitanreger<br />
Gratin de légumes du jardin 47<br />
Suppen<br />
La soupe aux champignons de Paris 52<br />
Soupe à l’oignon gratinée 48<br />
Gaspacho de tomates et fraises 46<br />
Gaspacho de tomate 40<br />
Velouté de laitue 38<br />
Salate<br />
Salade au crottin de chèvre chaud 34<br />
Quiches & Tartes<br />
Tarte d’automne aux champignons et à la farine de<br />
60<br />
châtaignes<br />
Spezial: Quiches 55<br />
Quiche sans pâte 44<br />
Tarte aux rillettes 37<br />
Quiche Lorraine 33<br />
Gratins, Aufläufe & Toasts<br />
Camembert rôti au four 57<br />
Croque Monsieur & Croque Madame 54<br />
Gratin dauphinois 35<br />
Parmentier de canard 31<br />
Fleischgerichte<br />
Rôti de porc aux pruneaux 59<br />
Steak tartare 51<br />
Coq au vin 43<br />
Fischgerichte<br />
Sole meunière 61<br />
Desserts<br />
Profiteroles au chocolat chaud 58<br />
Ile flottante 49<br />
Fondant au chocolat au coeur de framboises 45<br />
Poires safranées et ses tuiles à l’orange 42<br />
Crème brûlée à la fleur d’oranger 39<br />
Soupe de fraises 28<br />
Gebäck<br />
Les petits sablés de Noël 53<br />
Le Paris-Brest 50<br />
Cannelés 41<br />
Baba au rhum 23<br />
Getränke<br />
Liqueur d’estragon 36<br />
Weine & Alkoholika<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Wein – Der elsässische Winzer Jean-Paul Schmitt ist seinen 61<br />
Reben näher denn je<br />
Alkoholische Getränke – Frankreich, das neue Eldorado für 60<br />
Bierliebhaber<br />
Wein – Der neue Trend beim Aperitif à la française 59<br />
Wein – Warum wird Wein nicht grundsätzlich im Holzfass 58<br />
gelagert?<br />
Champagner – Was Sie schon immer über Champagner 57<br />
wissen wollten<br />
Produktpiraterie – Wenn Weinflaschen gefälscht sind 54<br />
Weltkulturerbe – Frankreichs Winzer greifen zum Welterbetitel:<br />
53<br />
Les coteaux, maisons et caves de Champagne (Teil 2)<br />
Weltkulturerbe – Frankreichs Winzer greifen zum<br />
52<br />
Welterbetitel: Les Climats de Bourgogne (Teil 1)<br />
Muscadet – Ein Wein voller Überraschungen 51<br />
Châteauneuf-du-Pape – Ein Wein mit päpstlicher Aura 50<br />
Aperitif – Die Kunst des Aperitifs 49<br />
Weinfarbe – Eine kleine Weinfarbenkunde 48<br />
Jurade de Saint-Emilion – Mehr als Folklore: eine Tradition, 47<br />
die lebt!<br />
Peter Kwok – Ein asiatischer Winzer im Bordelais 46<br />
Karaffieren und Dekantieren – Die Kunst des Karaffierens 45<br />
und Dekantierens<br />
Les Grés de Montpellier – Ein Weinanbaugebiet auf dem 44<br />
Sprung in die nächste Liga<br />
Picon – « Un Picon-Bière, s’il vous plaît » 43<br />
Cognac – Von betrunkenen Spinnen und verdächtig<br />
42<br />
schwarzen Fassaden<br />
Clairette de Die – Der Schaumwein für glückliche Menschen 42<br />
Lagerung – Tipps zum Aufbewahren von Wein 41<br />
Bier – Schattendasein oder Geheimtipp? 40<br />
Lirac – Das « mediterranste » Weinanbaugebiet im Rhône-Tal 40<br />
Wein & Gesundheit – Vive le vin! Vive la santé! 39<br />
Angélique de Niort – Likor aus einer Heilpflanze 38<br />
Château Bardins – Ein kleines Familien-Weingut in Pessac- 37<br />
Léognan<br />
Cognac – Eine ungewöhnliche Erfolgsgeschichte 36<br />
Saint-Véran – Erschwinglicher Spitzenwein aus Burgund 35<br />
Vinexpo – Die Welt des Weins zu Gast in Frankreich 35<br />
Chinon – Ein Wein für alle Fälle 34<br />
AOC Fitou – Qualitätsgarant aus dem Süden 33<br />
Ti’Punch & Planteur – Der Charme der Antillen in zwei 31<br />
Cocktails<br />
Alpillen – Das Weingebiet Les Baux-de-Provence 28<br />
Rum – Hochprozentiges aus Übersee 23<br />
Genuss<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Gastronomie – Wenn ein junger Koch einen Michelin-Stern 61<br />
erhält<br />
Spitzengastronomie – Fabian Feldmann, ein deutscher 53<br />
Sternekoch im Land der Feinschmecker<br />
Produkte – Orangina 53<br />
Produkte – Petit Suisse 52<br />
Produkte – Hollywood- und Malabar-Kaugummis 51<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC von Midi-Pyrénées 50<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC Aquitaniens 49<br />
Pays de la Loire – Gut essen im Pays-de-la-Loire 49<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC des Limousin 48<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Franche-Comté 47<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC Burgunds 46<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Pays de la Loire 45<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC von Provence-Alpes-Côte 44<br />
d’Azur<br />
Trüffel – Schwarze Diamanten 44<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC Korsikas 43<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC des Elsass 42<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC von Rhône-Alpes 41<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Bretagne 40<br />
Gastronomie – Michel Chabran, der Luxus der Simplizität 39<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Normandie 39<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Auvergne 38<br />
Rillettes – Einfach, deftig, köstlich 37<br />
L’O Provençale – Olivenöl aus Nyons 36<br />
Nougat – Süßigkeit aus Montélimar 35<br />
Gâteau basque – Traditionelles Gebäck aus dem Baskenland 34<br />
Backpflaumen aus Agen – Diskrete Früchtchen 33<br />
Ti’Punch & Planteur – Der Charme der Antillen in zwei 31<br />
Cocktails
Politik & Wirtschaft<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Wirtschaft – Atomkraft in Frankreich: der Niedergang eines 59<br />
Systems, das sich zu sicher fühlte<br />
Events – Paris: Olympische Spiele oder Weltausstellung? 55<br />
Regionen – Auf der Suche nach neuen Hauptstädten 55<br />
Regionen – Auf der Suche nach neuen Namen 54<br />
Kindergeld – Ist eine Reform überhaupt möglich? 53<br />
Pestizide – Marie-Lys Bibeyran, eine Frau kämpft gegen 53<br />
Pestizide<br />
Regionen – Neugliederung der Regionen 52<br />
SNCM – Ist die Fährgesellschaft noch zu retten? 51<br />
Landesstruktur – Reform der Regionen und Departements 50<br />
François Hollande – Es ist nicht einfach, Präsident zu sein 49<br />
Verkehrspolitik – Die Wiederentdeckung der Langsamkeit 47<br />
Monnaie de Paris – Pessac, hinter den Kulissen der Euro- 47<br />
Münzprägung<br />
Hochschulpolitik – Teaching in English? Oh mon Dieu! 46<br />
Umwelt – Lavendel der Provence in Gefahr 46<br />
Deutsch-Französische Freundschaft – Wenn eine<br />
44<br />
Freundschaft zum Ritual wird<br />
Gregor Gysi – Der Linken-Politiker und Frankreich 43<br />
Machtverhältnisse – Alles nach links 41<br />
Medien – Die politische Ausrichtung französischer Medien 40<br />
Tourismus – Hauptsache außergewöhnlich 40<br />
Volksabstimmungen – Modethema im Wahlkampf 39<br />
Fünf Jahre Sarkozy – Zeit für eine Bilanz 38<br />
François Hollande – Der neue Präsident? 37<br />
Umweltschutz – Kettensägenmassaker am Welterbe Canal 36<br />
du Midi<br />
Präsidentschaftswahl 2012 – Die Kultur als<br />
35<br />
Wahlkampfthema<br />
Laizität – Ein Thema von immerwährender Aktualität 34<br />
TGV – Wieviel Hochgeschwindigkeit kann sich Frankreich 34<br />
leisten?<br />
Bistrosterben – Naht das Ende des Bistros? 33<br />
Reiseziele der Politiker – Plages de gauche, plages de 28<br />
droite, Urlaub in politischen Farben<br />
Frankophonie – Eine Situationsanalyse 28<br />
Frédéric Mitterrand – Der neue französische Kulturminister 23<br />
Gesellschaft & Alltag<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Verkehr – Paris: das Tauziehen um die Umwandlung des 61<br />
Seine-Ufers in eine Fußgängerzone geht weiter<br />
Geschichte: Die Johnnies, die Lieblingsfranzosen der 60<br />
Engländer<br />
Frauen und Männer, die sich für die deutsch-französische 60<br />
Freundschaft einsetzen: Barbara Barberon-Zimmermann,<br />
Mitbegründerin des deutsch-französischen Kulturfestivals<br />
arabesques<br />
Brexit: Wie denken Briten, die in Frankreich leben, darüber? 60<br />
Fußball – Euro 2016: 10 Stadien warten auf die Fussballfans 59<br />
Integration – die Schwächen des französischen Systems 58<br />
Erfolgsgeschichten aus Frankreich –<br />
58<br />
Denis Mollat, der Buchhändler 2.0<br />
Geschichte – 300. Todestag von Ludwig XIV. in Versailles: 57<br />
Begräbnisrituale leben länger als Könige<br />
Gesellschaft – Hinter den Kulissen des CROSS Corsen. 57<br />
Innenstädte – Das Comeback der Innenstädte 55<br />
Erinnerungskultur – Passen Gedenken und Tourismus 52<br />
zusammen?<br />
Vergangenheitsbewältigung – Die geklauten Kinder von La 51<br />
Réunion<br />
Fußball – Annike Krahn, eine deutsche Fußballerin in Paris 50<br />
Wandern – Die Franzosen entdecken das Wandern 49<br />
Fußball-EM 2016 – Frankreich im Stadienbaurausch 48<br />
Franzosen und Gesellschaftsspiele – Ein Markt mit 45<br />
Steigerungspotential<br />
Verkehr – Neuer Trend: Der Bahnhof wird zum Flughafen 44<br />
Gewalt auf Korsika – Die Revolution der Frauen geht weiter 44<br />
EU-Hauptstadtjahre: 2013 – Nantes und Marseille werden 43<br />
europäische Hauptstädte<br />
Winterschlussverkauf – Der andere Wintersport 43<br />
Michel Chevalet – Der Mann, der den Franzosen die 42<br />
Wissenschaft erklärt<br />
Kriminalität – Angst über der Stadt 42<br />
Bürgerbewegung – Libérez les menhirs 42<br />
Jean Viard – Der Mann, der Frankreich beobachtet 41<br />
Simone Hérault – Die Stimme Frankreichs 40<br />
Berühmtheiten – Die 100 bekanntesten Franzosen 39<br />
Frankreichbild – Frankreichs Image in der Welt 39<br />
Académie Française – Die Unsterblichen, die 40 Wächter der 39<br />
französischen Sprache<br />
Der Präfekt – Lebendes Symbol des Zentralismus 38<br />
Lido – Carien, Startänzerin im Lido 37<br />
Tourismus – Trends für den Winterurlaub 2011/12 36<br />
Gardienne – Félisa, Gardienne in Paris 36<br />
Spendenbereitschaft – Wie großzügig sind die Franzosen? 35<br />
Ladenöffnungszeiten – Wird der Sonntag zum Werktag 34<br />
Ehrenlegion – Geht es noch um Verdienste? 33<br />
Mona Ozouf – Bretonin, Französin und Europäerin 31<br />
Fußball – Ist der Ball denn auch in Frankreich rund? 28<br />
Frankophonie – Eine Situationsanalyse 28<br />
Versailles – Traditionelle Berufe hinter historischen Mauern 23<br />
Kunst & Kultur<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Kultur – 1977-<strong>2017</strong>: Centre Pompidou, 40 Jahre und immer 61<br />
noch überraschend<br />
Musik: Das unglaubliche Vermächtnis von Maurice Ravel 60<br />
Neue Museen – Museumseröffnungen wie am Fließband 54<br />
Künstlerdörfer – 10 Künstlerdörfer zum Verlieben 54<br />
Musée Soulages Rodez – In der Heimat von Pierre Soulages 54<br />
Louvre – Wie Mona Lisa & Co. den Krieg überlebten 50<br />
Musée Matisse – Kunstgenuss auf dem platten Land 47<br />
Götz Alsmann – Götz Alsmann in Paris 46<br />
Patricia Kaas – Französische Chansonsängerin mit 45<br />
deutschen Wurzeln<br />
Museen – Frankreichs Museen auf der Überholspur 45<br />
ST-ART – Eine Kunstmesse zwischen den Welten 38<br />
Céret & Collioure – Zwei Dörfer im Fokus der Kunst 37<br />
Musée Rodin – Der Charme eines Künstleranwesens mit 35<br />
einzigartigem Garten<br />
Französisches Historisches Museum – Ein Projekt schlägt 31<br />
hohe Wellen<br />
Pariser Philharmonie – Wenn Politik von der Realität 31<br />
eingeholt wird<br />
Jean Cocteau an der Côte d’Azur – Jean Cocteau zwischen 28<br />
Nizza und Menton<br />
Lebensart<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Produkte – Der gelbe Briefkasten der Post 61<br />
Produkte – Der Bistrostuhl « Drucker »: zeitlos und pariserisch 60<br />
Produkte – Bol à prénom 59<br />
Produkte – Eau de Javel 58<br />
Produkte – Sophie la girafe 57<br />
Café-Kultur – Auf der Terrasse eines französischen Cafés… 55<br />
Produkte – Messer 55<br />
Spiele – Ein Puzzle als Unikat 54<br />
Produkte – Duralex-Gläser 54<br />
Tradition – Toulouse im Zeichen des Veilchens 47<br />
Guignol – Kleine Helden aus Lyon 43<br />
Le Bon Marché – Eine Pariser Institution feiert ihren 160. 41<br />
Geburtstag<br />
Bunte Töpfe – Keramik aus Vallauris 28<br />
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Ausgabe <strong>Nr</strong>. 23<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 28<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 31<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 34<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 35<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 36<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 37<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 38<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 39<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 40<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 42<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 43<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 44<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 45<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 46<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 47<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 48<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 49<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 50<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 51<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 52<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 53<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 54<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 55<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 57<br />
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Ausgabe <strong>Nr</strong>. 60<br />
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KULTURSCHOCK<br />
« Primaires »<br />
ein Wort, das in aller Munde ist<br />
Die Franzosen verstehen es manchmal auf<br />
ganz erstaunliche Weise, sich bestimmte<br />
Begriffe anzueignen. Ein klassisches Beispiel<br />
dafür erlebt man seit einigen Monaten.<br />
Selten wurde in Frankreich ein Wort plötzlich<br />
so « modern » und so häufig gebraucht. Man<br />
kann sich ihm nicht entziehen, hört es wirklich<br />
überall, egal ob auf der Straße, im Café,<br />
im Büro, beim Essen mit Freunden oder bei<br />
Diskussionen im Familienkreis. Ganz geschickt<br />
schleicht es sich in den Alltag ein, ist<br />
regelmäßig der Aufmacher in den Medien<br />
und taucht in allen Konversationen auf …<br />
Das Wort, um das es geht, ist das Wort<br />
primaires. Versuchen wir, mehr darüber<br />
herauszufinden.<br />
Ein Blick in das Dictionnaire Historique de la langue<br />
française von Alain Ray – hierbei handelt es sich<br />
um DIE Referenz, wenn man sich für den Ursprung<br />
eines französischen Wortes interessiert –, gibt<br />
Aufschluss darüber, dass das Wort primaire sowohl ein<br />
Adjektiv als auch ein Substantiv ist und dass es die gelehrte<br />
Dublette von premier ist. Es ist angeblich « relativ<br />
spät in die französische Sprache eingeführt worden, während<br />
der Revolution 1789, zur Verwendung im Zusammenhang<br />
mit Politik und Verwaltung ». Das Wort ist also<br />
nicht ganz neu, doch genau an diesem Punkt wird es auch<br />
schon etwas komplizierter. Es handelt sich zwar um ein<br />
älteres Wort, das mehrere Bedeutungen hat, doch diejenige,<br />
die ihm die Franzosen heutzutage zuschreiben, ist dagegen<br />
relativ neu …<br />
Seit 1789 war das Wort primaire für die Franzosen<br />
vor allem mit dem Schulwesen verknüpft. Wenn Sie bis<br />
dato la primaire gesagt haben, so verstand Ihr französischer<br />
Gesprächspartner instinktiv, dass Sie damit die<br />
94 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
école primaire meinen. Oder Sie haben die sprachliche<br />
Verkürzung – wie nur die Franzosen es verstehen – du<br />
primaire verwendet, und jedem war klar, dass damit enseignement<br />
primaire gemeint ist. Dieser Begriff bezeichnet<br />
nämlich das Pendant zur deutschen Grundschule<br />
und fasst die (nicht obligatorische) école maternelle (3 bis<br />
6 Jahre) und die (obligatorische) école élémentaire (6 bis<br />
11 Jahre) zusammen. Das Wort primaire ist also im Wesentlichen<br />
mit der Ausbildung von Kindern verbunden.<br />
Heutzutage wird es in Frankreich aber auch in einem<br />
ganz anderen Zusammenhang gebraucht. Um dies zu<br />
verstehen, muss man auf ein kleines Detail achten: In den<br />
Zeitungen oder in anderen Schriftstücken, in denen man<br />
dieses « aktuelle » Wort liest, steht nämlich nicht primaire,<br />
sondern primaires, also mit einem « s » am Ende. In der<br />
gesprochenen Sprache hört man diesen Buchstaben zwar<br />
nicht, und doch ist dieses kleine « s » überaus wichtig, da es<br />
auf einen Plural hinweist. Und das ändert alles … Dieser<br />
zusätzliche Buchstabe zeigt nämlich, dass in diesem Fall<br />
nicht von der Grundschule, sondern von Vorwahlen die<br />
Rede ist! Diese Bedeutung erschließt sich uns im Licht<br />
des aktuellen Zeitgeschehens.<br />
Jeder weiß, dass in den kommenden Monaten auf beiden<br />
Seiten des Rheins entscheidende Wahlen anstehen.<br />
Sowohl Deutsche als auch Franzosen werden in diesem<br />
Jahr an die Wahlurne gehen. Auf französischer Seite wird<br />
am 23. April und 7. Mai in zwei Wahlgängen der neue<br />
Präsident der Republik gewählt. Das ist nun an sich nicht<br />
wirklich etwas Neues im politischen Leben des Landes.<br />
Die Franzosen sind daran gewöhnt, dass sie sich alle fünf<br />
Jahre in die Wahlkabine begeben, um bei der Präsidentenwahl<br />
ihre Stimme abzugeben. Doch in diesem Jahr ist<br />
es anders, es gibt eine kleine politische Umwälzung, einen<br />
wahren Kulturschock!<br />
Die große Neuerung besteht darin, dass die Präsidentschaftskandidaten<br />
der beiden großen traditionellen Parteien<br />
– also der linken Parti Socialiste (PS) und der rechten Les<br />
Républicains (LR) – durch sogenannte élections primaires,<br />
eben diese vielzitierten primaires, bestimmt wurden, wobei<br />
diese Wahlen allen offen standen, also nicht nur den<br />
jeweiligen Parteianhängern! Bisher hatte nur die PS dieses<br />
Experiment einmal – erfolgreich – gewagt, nämlich 2011,<br />
um ihren Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen<br />
2012 festzulegen. Als Sieger dieser primaires ging damals<br />
François Hollande hervor. Diesmal hat die Rechte nachgezogen<br />
und ebenfalls Vorwahlen organisiert, sogar noch<br />
einige Zeit vor dem Urnengang der Linken. Die beiden<br />
Durchgänge der primaires der Rechten fanden am 20. und<br />
27. November 2016 statt, die der Linken am 22. und 29.<br />
Januar <strong>2017</strong>.<br />
Da die Franzosen solche Dinge entweder richtig oder<br />
gar nicht machen, wurden diese Vorwahlen genauso wie<br />
die eigentliche Wahl selbst durchgeführt: mit offiziellen<br />
Wahllisten, in Wahllokalen, die sich in Schulen oder<br />
anderen öffentlichen Gebäuden befanden, in zwei Durchgängen,<br />
wie bei der « richtigen » Präsidentschaftswahl,<br />
mit Flugblättern und Plakaten, unzähligen Umfragen<br />
sowie zahlreichen mehrstündigen Debatten in Funk und<br />
Fernsehen. Ein ganzes Programm also, das dazu geführt<br />
hat, dass Frankreich sich gerade in einem langen, sehr<br />
langen politischen Tunnel befindet, der im September<br />
2016 begonnen hat und von den Medien geschickt inszeniert<br />
wird. Ein Licht am Ende dieses Tunnels werden<br />
die Franzosen erst nach Abschluss der zweiten Runde der<br />
Präsidentschaftswahlen, also am 7. Mai sehen …<br />
Man kommt aber um die Feststellung nicht umhin,<br />
dass sie das lieben: Sie haben sich nicht nur zu Millionen<br />
für die politischen Debatten begeistert, die in den<br />
Medien ausgestrahlt wurden, sondern sie sind auch den<br />
Aufrufen gefolgt und haben bei diesen Vorwahlen ihre<br />
Stimme abgegeben. Der Reiz des Neuen vielleicht? Auf<br />
jeden Fall waren es so viele, dass die Angelegenheit<br />
sich letztendlich als rentabel erwiesen hat: Beim ersten<br />
Wahlgang der Les Républicains sind beispielsweise 4,3<br />
Millionen Wähler an die Urne gegangen. Und auch eine<br />
Woche später war die Wahlbeteiligung quasi dieselbe.<br />
Da jeder Wähler eine finanzielle Beteiligung von zwei<br />
Euro pro Wahlgang leisten musste, spülten die primaires<br />
17,2 Millionen Euro in die Kassen der glücklichen<br />
Partei. Die Kosten für die Organisation der beiden<br />
Wahlgänge werden auf 8 Millionen Euro geschätzt,<br />
also bleibt unterm Strich ein positiver Saldo von rund 9<br />
Millionen Euro. Die Partei hat angegeben, dass dieser<br />
Betrag der Wahlkampagne des designierten Kandidaten<br />
der Rechten für die kommende Präsidentschaftswahl,<br />
also François Fillon, zugutekommen wird. Als kleine<br />
Anekdote am Rande sei erwähnt, dass die Französische<br />
Post durch ihre Banktochter La Banque Postale ebenfalls<br />
von diesen primaires profitiert. Sie hatte den Auftrag, das<br />
eingenommene Geld zu verwalten und dafür mit den<br />
Republicains eine Provision ausgehandelt. Man schätzt,<br />
dass sie dabei 750 000 Euro verdient hat … Lukrative<br />
Vorwahlen also!<br />
Die primaires und Frankreich: Das ist demnach nun<br />
ein gutgehendes Geschäft. Sagen Sie aber bloß nicht zu<br />
einem Franzosen, man hätte in dieser Hinsicht das amerikanische<br />
Modell kopiert! Sie werden sofort die Antwort<br />
erhalten, dass ihr System anders sei, da es sich um primaires<br />
à la française handelt. Warten wir also die Präsidentschaftswahlen<br />
ab, um diese Zeit fundiert analysieren<br />
zu können. Das ist wohl besser.<br />
Es scheint allerdings, als seien diese französischen<br />
primaires zumindest in einer Beziehung anders als die<br />
jenseits des Atlantiks: Dort treten die Verlierer der Vorwahlen<br />
nämlich normalerweise von der politischen Bühne<br />
des Landes ab. In Frankreich ist offensichtlich genau das<br />
Gegenteil der Fall: Die primaires scheinen vor allem dazu<br />
zu dienen, eine Krise innerhalb der Partei zu beenden und<br />
letztendlich zu bestimmen, in welcher Reihenfolge man<br />
die Verlierer in der zukünftigen Regierung unterbringt …<br />
Die Zukunft wird zeigen, ob es sich dabei um einen weiteren<br />
Kulturschock handelt …<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 95
GUÉWEN A TESTÉ<br />
Die mit dem Label « Relais Routiers » gekennzeichneten Gaststätten<br />
sind eine Institution in Frankreich, die lange<br />
Zeit nur Fernfahrern bekannt war. Betritt man eine<br />
solche Gaststätte, so sind eine gesellige Atmosphäre,<br />
typische Gerichte, großzügige Portionen<br />
und vor allem sehr moderate Preise garantiert. Ein<br />
lohnender Tipp also!<br />
Was genau sind diese Relais Routiers?<br />
« Einfach, gut, preiswert, große Portionen, verkehrsgünstig<br />
gelegen und gesellig. » So könnte man die Philosophie<br />
der mit dem Label « Relais Routiers » ausgezeichneten<br />
Restaurants in etwa zusammenfassen. Diese Lokale<br />
wendeten sich bei ihrer Entstehung vor mehr als 80<br />
Jahren vorwiegend an Berufsfahrer, also an Fernfahrer,<br />
Handelsvertreter, Wanderarbeiter usw. Inzwischen sind<br />
sie aber auch außerhalb dieser Zielgruppe beliebt, haben<br />
einen guten Ruf und ziehen daher andere Reisende an –<br />
neuerdings immer mehr Touristen, die ein authentisches<br />
Lokal suchen, in dem sie gut und günstig essen können.<br />
Wie erhält man das Label « Relais Routier »?<br />
Um sein Restaurant mit dem berühmten rot-blauen Schild<br />
mit der Aufschrift « Relais Routier » schmücken zu dürfen,<br />
muss es von Mitarbeitern des offiziellen Guide des Relais<br />
Routiers ausgewählt worden sein. Dabei spielen unter anderem<br />
Selektionskriterien wie ein moderater Preis, eine ungezwungene<br />
Atmosphäre sowie eine gutbürgerliche Küche,<br />
die vor Ort zubereitet wird, eine Rolle. Andere Punkte,<br />
wie gute Erreichbarkeit, ein großer Parkplatz für Busse<br />
und Lkw oder auch die Bereitstellung von Duschen für<br />
die Fahrer, die früher eine Voraussetzung waren, sind kein<br />
Muss mehr. Heute gibt es sogar mitten in Paris vier Relais<br />
Routiers, eines davon im schicken 16. Arrondissement.<br />
Welche Speisen werden dort angeboten?<br />
In einem Relais Routier hat man die Gewähr, dass<br />
auf der Speisekarte einfache, aber abwechslungsreiche<br />
Gerichte ohne Chichi stehen und dass die Portionen<br />
relativ üppig sind. Die meisten Speisen sind Klassiker,<br />
wie man sie in gutbürgerlichen Restaurants oder Bistros<br />
findet: Vorspeisen wie hartes Ei mit Mayonnaise oder<br />
Selleriesalat mit Remouladensauce, Hauptgerichte wie<br />
Hühnchen mit Pommes, Kalbsleber oder Cassoulet (ein für<br />
Südwestfrankreich typischer Bohneneintopf), Desserts wie<br />
Karamellcreme oder Eischneenocken. Häufig findet man<br />
auch Angebote wie Buffet à volonté (man kann also so viel<br />
essen, wie man möchte), wenngleich sich Tellergerichte<br />
immer mehr durchsetzen. Manche Relais Routiers bieten<br />
neben den klassischen Menus Routiers auch ein etwas<br />
teureres Menü an, bei dem regionale Spezialitäten im Mittelpunkt<br />
stehen, wobei der Grundgedanke<br />
des Labels derselbe bleibt. Gekennzeichnet<br />
werden solche Gaststätten im Führer durch ein<br />
besonderes Zeichen, nämlich eine Casserole.<br />
Wo liegen die Preise?<br />
Im Prinzip ist es so, dass man in der überwiegenden<br />
Mehrzahl der Restaurants für rund<br />
13 Euro ein Menü bestehend aus Vorspeise,<br />
Hauptgang, Käse und/oder Dessert (je nach Angebot)<br />
inklusive einem Viertel Wein erhält! In einer Zeit, in der<br />
die Restaurantpreise ständig steigen, ist dies wirklich ein<br />
guter Tipp. Damit sich das für den Gastwirt lohnt und<br />
er nicht an der Qualität sparen muss, wird in diesem Fall<br />
auf Menge gesetzt: In einem Relais Routier werden pro<br />
Tag oft mehrere Hundert Essen serviert, in ganz großen<br />
Restaurants können es sogar mehr als tausend sein.<br />
Wie und wo findet man sie?<br />
Für die Relais Routiers gibt es einen Führer, der dieselbe<br />
rote Farbe wie der Guide Michelin hat. Er wird jedes Jahr<br />
im <strong>Frühling</strong> neu aufgelegt und enthält alle selektierten<br />
Restaurants des Landes. Für jedes gibt es eine detaillierte<br />
Übersicht, in der die wichtigsten Informationen anhand<br />
von Piktogrammen (die auch ohne Sprachkenntnisse<br />
gut verständlich sind) ersichtlich sind: Adresse, Preise,<br />
Öffnungszeiten … Man findet dabei auch Angaben über<br />
zusätzliche Angebote, wie die Bereitstellung von Duschen,<br />
kostenlosen WLAN-Zugang, Parkmöglichkeiten für Lkw<br />
– dementsprechend auch für Wohnwagen und Wohnmobile<br />
– sowie eine Zusammenfassung der Spezialitäten des Hauses.<br />
Neben der gedruckten Ausgabe gibt es auf der Website<br />
www.relais-routiers.com eine kostenlose digitale Version,<br />
bei der man die Relais Routiers in einer bestimmten Region<br />
oder auf einer bestimmten Strecke selektieren kann.<br />
Achtung: Als Reaktion auf meine Rubrik in der letzten Ausgabe von<br />
Frankreich erleben (<strong>Nr</strong>. 61) über die neuen Vignetten zur Bekämpfung<br />
der Umweltverschmutzung durch Kraftfahrzeuge haben viele von<br />
Ihnen darauf hingewiesen, dass es einige unredliche Websites gibt,<br />
die für solche Vignetten zweistellige Beträge verlangen. Ich betone<br />
nochmals, dass www.crit-air.fr/de die einzige offizielle Website ist<br />
und dass die Vignette nicht mehr als 3,70 € zzgl. Versand kosten darf.<br />
96 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
LESERBRIEFE · IMPRESSUM<br />
Impressum<br />
Frankreich erleben ist das Ergebnis von Teamarbeit. Neben den<br />
Autoren und Fotografen tragen auch die Lektoren, Grafiker und alle<br />
anderen Mitarbeiter zur Qualität der einzelnen Artikel bei. Daher sind<br />
keine einzelnen Personen am Ende eines Artikels hervorgehoben,<br />
sondern findet die Nennung im Impressum statt.<br />
Frankreich erleben erscheint im Verlag<br />
Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux<br />
Telefon: +33 (0)1 75 439 440 · Fax: +33 (0)1 75 434 549<br />
info@frankreicherleben.de · www.frankreicherleben.de<br />
Abonnentenbetreuung & Heftbestellungen:<br />
AVZ GmbH<br />
Storkower Straße 127a · 10407 Berlin<br />
Telefon: +49 (0)30 / 42 80 40 40<br />
Fax: +49 (0)30 / 42 80 40 42<br />
abo@frankreicherleben.de<br />
ISSN: 1861-4256<br />
Gründer des Magazins: Jean-Charles Albert und Markus Harnau<br />
Herausgeber: Jean-Charles Albert<br />
Chefredakteur (V.i.S.d.P.): Jean-Charles Albert<br />
Redaktionsbüro:<br />
Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux<br />
Telefon: +33 (0)1 75 439 440 · Fax: +33 (0)1 75 434 549<br />
Mitarbeiter dieser Ausgabe:<br />
Jean-Julien Bault, Sabine Beck, Guéwen Brown, Chantal Cobac, Martine<br />
Doucet, Laurent Fournerie, Alain Lardière, Ina Muñoz, Gérard Rival, Serge<br />
Robin, Sabine Schmitt, Uta Schütze<br />
Layout: Zauberhaus.eu<br />
Anzeigen:<br />
Isabelle Schmidt<br />
Telefon Frankreich: +33 (0)1 75 439 441<br />
Telefon Deutschland: +49 (0)921 44710<br />
ischmidt@frankreicherleben.com<br />
Gültige Anzeigenpreisliste: 15/<strong>2017</strong><br />
Druck: pva, Druck und Medien-Dienstleistungen GmbH, Landau<br />
Vetrieb:<br />
VU Verlagsunion KG · Am Klingenweg 10 · 65396 Walluf<br />
Telefon: +49 (0)6123 <strong>62</strong>0138<br />
Sämtliche Informationen sind nach bestem Wissen und mit Sorgfalt<br />
zusammen gestellt. Eine Gewährleistung für die Rich tig keit und<br />
Vollständigkeit kann jedoch nicht über nom men wer den. Der Verlag<br />
übernimmt keine Haftung für un ver langte Ein sen dun gen. Die Redaktion<br />
behält sich die Kür zung und Bearbeitung von Leserbriefen vor. Es gelten<br />
die Geschäfts bedingungen des Verlags. Beiträge, Fotos und gra fische<br />
Dar stel lungen sind ur he ber rechtlich geschützt. Nach druck, auch auszugs<br />
weise, Ver viel fäl ti gung auf foto mecha nischen und anderen Wegen<br />
sowie Nutz ung auf Da ten trägern bedürfen der schrift lichen Zustimmung<br />
des Verlags.<br />
Frankreich erleben erscheint alle drei Monate und ist im gut sortierten<br />
Zeitschriftenhandel in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Luxemburg<br />
und Südtirol sowie per Abonnement erhältlich.<br />
Einzelpreise im Handel: 5,90 Euro (D), 6,50 Euro (A),<br />
9,60 CHF (CH), 7,00 Euro (F/L/B/NL), 7,00 Euro (I)<br />
Abonnement (Preise pro Jahr): 19,90 Euro (D), 21,90 Euro (A),<br />
33,90 CHF (CH), alle anderen Länder: 26,90 Euro<br />
Bezugspreise beinhalten, wo erforderlich, die gesetzliche<br />
Mehrwertsteuer.<br />
© <strong>2017</strong> Ajc Presse, Bordeaux<br />
Bildnachweise (nach Seiten, Anordnung von links nach rechts,<br />
oben nach unten): Titel: Love Paris, Elyx by Yak • S.3: Serge<br />
Robin, Ajc Presse • S.4: Maurice Albert , Ajc Presse; Cédric<br />
Brown, Ajc Presse; Julien Berthier; Serge Robin, Ajc Presse; Elyx<br />
by Yak; Serge Robin, Ajc Presse • S.4: Maurice Albert, Ajc Presse;<br />
Serge Robin, Ajc Presse; Denis Bretey, ville de Montbéliard • S.6:<br />
Serge Robin, Ajc Presse; DR • S.7: Serge Robin, Ajc Presse; Alain<br />
Lardière, Ajc Presse • S.8: Serge Robin, Ajc Presse; Pixabay • S.9:<br />
Pixabay; DR; Serge Robin, Ajc Presse • S.10: Sécurité routière, DR;<br />
Serge Robin, Ajc Presse. S.11: Thomas Clouet, Creative Commons<br />
Licence SA 4.0; Julie Guiches, wns-Studio; Pixabay • S.12-13: DR<br />
• S.14-17: DR • S.18: DR • S.20: DR • S.21: Arte, DR • S.22: DR<br />
• S.24-28 Serge Robin, Ajc Presse; Illustrations: Pixabay • S.30-<br />
33: Serge Robin, Ajc Presse • S.34-40: Serge Robin, Ajc Presse;<br />
S.41: Bibliothèque Nationale de France (BNF) - Abbaye Royale de<br />
Saint Riquier; Serge Robin, Ajc Presse • S.42: Abbaye Royale de<br />
Saint Riquier • S.44-46: Serge Robin, Ajc Presse; Abbaye Royale<br />
de Saint Riquier • S.48-49: Erik Levilly, Ville du Havre • S.50-51:<br />
Vincent Ganivet, Louis et Morgan studio; Philippe Bréard, Ville du<br />
Havre • S.52: Musée Marmottan Monet, Bridgeman Images; DR •<br />
S. 54: Erik Levilly, Ville du Havre; Lang/Maumann; Julien Berthier<br />
• 56-65: Serge Robin, Ajc Presse • S.66-71: Serge Robin, Ajc<br />
Presse • S.72-73: Hotel le Narcisse Blanc • S.74-77: David Ken,<br />
Lol Project • S.78-81: Elyx by Yak • S.82-84: Serge Robin, Ajc<br />
Presse • S.86-87: Maurice Albert, Ajc Presse • S.88-89: Papier<br />
d’Arménie, DR • S.94: France Television, DR • S.96: Serge Robin,<br />
Ajc Presse • S.98: Serge Robin, Ajc Presse; Cédric Brown, Ajc<br />
Presse<br />
Leserbriefe<br />
Hallo,<br />
in Ihrer letzten Ausgabe schreiben Sie über<br />
den typischen boîte aux lettres in Gelb. Ich<br />
bin schon seit Jahren bei unseren Urlauben<br />
und im Internet auf der Suche nach einem<br />
solchen Vintage-Kasten. Leider bisher ohne<br />
Erfolg. Vielleicht haben Sie einen Tipp, wo<br />
man einen kaufen kann?!<br />
Herzliche Grüße<br />
Claudia Vohwinkel<br />
Redaktion: Liebe Frau Vohwinkel,<br />
offensichtlich kommt der gelbe Briefkasten<br />
der Französischen Post gut an: Als Reaktion<br />
auf unseren Artikel haben wir zahlreiche<br />
Zuschriften mit derselben Frage erhalten.<br />
Diese Briefkästen werden von der Firma<br />
Dejoie hergestellt und vertrieben, Privatpersonen<br />
und Sammler können sogar<br />
perso nalisierte Exemplare bestellen. Angaben<br />
zum Unternehmen und zu Händ lern<br />
in Frankreich finden Sie auf der Website<br />
www.laboitejaune.fr.<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
ich habe fast alle meine „Frankreicherleben-Hefte“<br />
durchgesucht, kann aber<br />
leider keinen Artikel über das Beau jolais<br />
finden. Habe ich das über sehen, oder gibt<br />
es keinen Artikel darüber? Es wäre sehr<br />
freundlich von Ihnen, wenn Sie mir darüber<br />
Auskunft geben könnten. Ich bedanke<br />
mich schon im Voraus für Ihre Mühe.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Ihre treue und begeisterte Leserin<br />
Waltraud Wagner<br />
Redaktion: Liebe Frau Wagner,<br />
was die Region Beaujolais angeht (die<br />
sich sowohl über den Norden des Departe<br />
ments Rhône als auch über den Süden<br />
des Departements Saône-et-Loire<br />
erstreckt), so haben wir sie in der Tat noch<br />
nicht besucht. Wir haben diese Idee aber<br />
aufgegriffen und werden in der nächsten<br />
Zeit einen Artikel über diese kleine Ecke<br />
Frankreichs veröffent lichen, deren Name<br />
zwar bekannt, deren touristische Vorzüge<br />
jedoch noch weitgehend unbekannt<br />
sind. Wir bleiben also dran! Da der Begriff<br />
Beaujolais in der französischen Sprache<br />
eine doppelte Bedeutung hat, haben wir<br />
unsere Archive auch gleich nach dem<br />
Wein Beaujolais durchforstet: In unserer<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 7 (die allerdings bereits im Jahr<br />
2007 erschienen ist) gab es einen Artikel,<br />
der sich vor allem mit der Unterscheidung<br />
zwischen dem « normalen » Beaujolais und<br />
dem Beaujolais nouveau beschäftigt hat.<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
mit Begeisterung lese ich Ihr Magazin und<br />
schaue mir dazu auch in Deutschland das<br />
französische Fernsehprogramm über den<br />
entsprechenden Satelliten an. Seit Anfang<br />
des Jahres habe ich keinen Empfang,<br />
was möglicherweise an der Umstellung<br />
auf „HD“ liegt. Mein Fernseh techniker<br />
kann keine Auskunft geben. Was muss ich<br />
machen? Können Sie mir weiterhelfen?<br />
Vielen Dank für Ihre Bemühungen.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Ulrich Wende<br />
Redaktion: Lieber Herr Wende,<br />
die Spezialisten, die wir kontaktiert haben,<br />
sind der Meinung, dass die Ur sache für Ihr<br />
Problem die Umstellung der französischen<br />
Fernsehsender auf « Haute Définition »<br />
(HD) sein könnte. Wenn Ihr Sat-Receiver<br />
keine hochaufgelösten Pro gram me<br />
empfängt, kann dies tat säch lich nicht<br />
mehr funktionieren. In diesem Fall ist es<br />
notwendig, den Re cei ver zu ersetzen.<br />
Allerdings erfolgte die Umstellung auf HD<br />
in Frankreich be reits im April 2016. Insofern<br />
ist es ver wun der lich, dass dieses Problem<br />
bei Ihnen erst vor Kurzem aufgetreten ist. In<br />
Ihrem speziellen Fall kann wahrscheinlich<br />
nur ein Fernsehtechniker präzise Auskunft<br />
geben. Falls Sie Ihren Receiver austausch<br />
en müssen, wäre nach den uns<br />
vorliegenden Informationen, entweder ein<br />
Receiver TNTSAT HD (ausgerichtet auf Astra)<br />
oder ein Receiver Fransat HD (ausgerichtet<br />
auf Eutelsat 5W) ideal. Achtung: Die<br />
vorgeschlagenen Receiver werden nur<br />
in Frankreich verkauft! Viel Erfolg bei Ihren<br />
nächsten Schritten!<br />
Hat Ihnen unser Magazin gefallen? Haben Sie Verbesserungsvorschläge<br />
oder Anregungen? Schreiben Sie uns. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung!<br />
Per E-Mail: leserbriefe@frankreicherleben.de<br />
Per Brief: Frankreich erleben – Leserbriefe<br />
Ajc Presse · 57, rue Chantecrit · 33300 Bordeaux · Frankreich<br />
Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Fassung zu veröffentlichen.<br />
Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong> · 97
VORSCHAU<br />
In der nächsten Ausgabe<br />
von Frankreich erleben setzen<br />
wir unsere Entdeckungsreise<br />
in der BAIE DE SOMME<br />
fort und besuchen einen der<br />
schönsten ornithologischen<br />
Parks in Frankreich.<br />
In BURGUND wandeln wir auf<br />
den Spuren von Vercingétorix,<br />
einem der größten Männer der<br />
französischen Geschichte.<br />
In der Region<br />
NOUVELLE-<br />
AQUITAINE<br />
erkunden wir ein in<br />
Europa einzigartiges Gebiet, dem Frankreichs<br />
schönste Dächer viel zu verdanken<br />
haben.<br />
In der BRETAGNE<br />
sehen wir uns seltsame<br />
Statuen an, die die Landschaft<br />
eines ganzen Tales dominieren und<br />
denen auf den Osterinseln ähneln.<br />
Darüber hinaus entdecken wir<br />
den heiteren Blick eines gewissen<br />
MONSIEUR Z, und wir beschäftigen<br />
uns anlässlich des 40. Todestages von<br />
JACQUES BREL mit diesem großen<br />
französischen Künstler.<br />
Und vieles mehr …<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 63 - Sommer <strong>2017</strong><br />
erscheint am 23. Mai <strong>2017</strong><br />
98 · Frankreich erleben · <strong>Frühling</strong> <strong>2017</strong>
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