Nr. 55 - Sommer 2015
Provence: Sénanque, klösterliche Besinnung in der Provence Baskenland: Corniche Basque, von Saint-Jean-de-Luz nach Hendaye Ärmelkanal: Le Touquet-Paris-Plage, ein Strand für die Hauptstadt Korsika: Wenn Steine zu sprechen beginnen Loire-Tal: Saumur: Stall, Schloss, Fluss Chantals Rezept: Mes quiches favorites
Provence: Sénanque, klösterliche Besinnung in der Provence
Baskenland: Corniche Basque, von Saint-Jean-de-Luz nach Hendaye
Ärmelkanal: Le Touquet-Paris-Plage, ein Strand für die Hauptstadt
Korsika: Wenn Steine zu sprechen beginnen
Loire-Tal: Saumur: Stall, Schloss, Fluss
Chantals Rezept: Mes quiches favorites
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DAS UNABHÄNGIGE FRANKREICH-MAGAZIN <strong>Nr</strong>. <strong>55</strong> · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong><br />
Provence<br />
Klösterliche Besinnung<br />
in Sénanque<br />
Loire-Tal<br />
Schloss und Pferde in Saumur<br />
Baskenland<br />
Küste mit Suchtpotential<br />
Ärmelkanal<br />
Ein Strand für Paris<br />
Korsika Die Hinkelsteine von Filitosa<br />
Genuss Quiches-Rezepte für den <strong>Sommer</strong><br />
Bretagne Katamaran-Segeln im Finistère<br />
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EDITORIAL<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
im <strong>Sommer</strong>urlaub zieht es viele ans<br />
Meer. Sie auch? Dann freuen Sie sich auf die folgenden<br />
Seiten, denn wir stellen Ihnen gleich drei lohnenswerte<br />
Reiseziele an Frankreichs Küsten vor. Den Anfang<br />
macht die Corniche Basque, eine zwar kurze,<br />
dafür aber äußerst spektakuläre Küstenstraße im<br />
französischen Baskenland. Am Anfang<br />
und am Ende der Straße gibt es mit<br />
Saint-Jean-de-Luz und Hendaye-Plage<br />
zwei sympathische Seebäder mit schönen<br />
Stränden. Ideal für den <strong>Sommer</strong>urlaub.<br />
Dann folgt Le Touquet-Paris-Plage.<br />
Zwischen beiden Zielen liegen nicht<br />
nur 1.000 Kilometer, sie unterscheiden<br />
sich auch kulturell und optisch<br />
stark voneinander. Doch auch das<br />
legendäre Seebad am Ärmelkanal<br />
ist äußerst charmant. Da aller<br />
guten Dinge drei sind, geht<br />
es zum Schluss noch in die<br />
Bretagne. Eine unserer Autorinnen<br />
wagte den Selbstversuch<br />
und machte mit ihrer Familie einen<br />
Katamarankurs. Obwohl vorher<br />
etwas skeptisch, kam sie ganz begeistert<br />
zurück. Es war für sie einer der schönsten<br />
Familienurlaube, den sie je hatte.<br />
Aber natürlich geht es in dieser Ausgabe<br />
nicht nur ans Meer. So entdeckte einer<br />
unserer Redakteure auf Korsika<br />
etwas, was man gemeinhin<br />
mit der<br />
Bretagne verbindet: Menhire.<br />
Denn nicht nur im rauen Nordwesten<br />
Frankreichs, sondern auch auf der sonnenverwöhnten<br />
Mittelmeerinsel gibt es Hinkelsteine in<br />
verwunschener Landschaft zu bewundern. Außerdem<br />
möchte ich Ihnen Saumur ans Herz legen. Das Schloss<br />
der Stadt ist sicherlich nicht das spektakulärste des<br />
Loire-Tals, doch als Gesamtensemble ist der Ort<br />
definitiv einer der schönsten entlang der Loire.<br />
Sollten Sie sich nach so vielen Eindrücken nach<br />
Ruhe und Entspannung sehnen, bietet sich ein<br />
Aufenthalt in der Abtei von Sénanque in der<br />
Provence an. Erneut hat einer unserer Autoren<br />
das Experiment gewagt und sich für<br />
fünf Tage in das Kloster zurückgezogen.<br />
Wie er diese Zeit empfunden hat und<br />
wie es für ihn als Atheist war, von lauter<br />
Glaubensbrüdern umgeben zu sein,<br />
lesen Sie ebenfalls in dieser Ausgabe.<br />
Außerdem stellen wir Ihnen die Ambitionen<br />
der französischen Hauptstadt vor, Austragungsort<br />
der Olympischen <strong>Sommer</strong>spiele 2024<br />
und Veranstaltungsort der Weltausstellung<br />
2025 zu werden. Wir bringen Sie auf den<br />
neuesten Stand bezüglich der Neugliederung<br />
der französischen Regionen und berichten<br />
über das Comeback der Innenstädte. Diese<br />
und noch weitere Themen finden Sie auf den<br />
folgenden Seiten. Bleibt mir nur noch, Ihnen bei<br />
der Lektüre viel Spaß sowie einen schönen, hoffentlich<br />
sonnenreichen <strong>Sommer</strong> zu wünschen.<br />
Titelblatt: Abbaye de Sénanque (Provence)<br />
Jean-Charles Albert<br />
Chefredakteur<br />
jc.albert@frankreicherleben.de<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 3
INHALT<br />
Rezept · 84<br />
Bretagne · 66<br />
Baskenland · 22<br />
Saumur · 48<br />
Provence · 32<br />
Ärmelkanal · 40<br />
Messer · 88<br />
Korsika · 58<br />
4 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
66 · L’Aber-W’rach<br />
Nantes<br />
Bordeaux<br />
PARIS<br />
56 · Ferienwohnungen<br />
48 · Saumur<br />
Toulouse<br />
22 · Corniche Basque<br />
40 · Le Touquet-Paris-Plage<br />
78 · Olympia & Expo<br />
Lyon<br />
Unterwegs in Frankreich<br />
32 · Sénanque<br />
Marseille<br />
58 · Filitosa<br />
22 Baskenland<br />
Corniche Basque, von Saint-Jean-de-Luz<br />
nach Hendaye<br />
Sie ist nur wenige Kilometer lang, aber die Küstenstraße im<br />
äußersten Südwesten ist eine der schönsten im Land. Ihr<br />
Start punkt ist das charmante Saint-Jean-de-Luz.<br />
3 2 P rove n c e<br />
Sénanque, klösterliche Besinnung im Lubéron<br />
Die Abtei von Sénanque ist eines der am meisten fotografierten<br />
Motive Frankreichs. Wie besinnlich es allerdings hinter<br />
den Mauern des Klosters zugeht, mag man von außen<br />
kaum erahnen.<br />
40 Ärmelkanal<br />
Le Touquet-Paris-Plage, ein Strand<br />
für die Hauptstadt<br />
Die glorreichsten Jahre hat das Seebad am Ärmelkanal<br />
hinter sich. Es geht trotzdem noch recht mondän zu und<br />
viele Pariser und Nordfranzosen wissen den Charme des<br />
Ortes zu schätzen.<br />
48 Loire-Tal<br />
Saumur: Stall, Schloss, Fluss<br />
Als Heimat der berühmtesten Reitschule des Landes, mit<br />
einem schön gelegenen Schloss und adretter Altstadt ist<br />
Saumur einer der Höhepunkte entlang der Loire.<br />
56 Ferienwohnungen<br />
Surprenantes, Nantes<br />
58 Korsika<br />
Wenn Steine zu sprechen beginnen<br />
Nicht nur in der Bretagne findet man Hinkelsteine, auch auf<br />
Frankreichs größter Insel lassen sich Menhire bewundern.<br />
66 Bretagne<br />
Eine Handbreit Wasser unterm Kiel<br />
Die Bretagne lässt mit ihren Küsten jedes Wassersportlerherz<br />
höher schlagen. Aber kann man auch mit kleinen Kindern<br />
einen Katamarankurs machen? Ja, man kann. Ein Familien -<br />
logbuch.<br />
Frankreich heute<br />
74 Regionen<br />
Auf der Suche nach neuen Hauptstädten<br />
Da aus den aktuell 22 französischen Regionen 13 werden,<br />
stellt sich die Frage, welche die neuen Hauptstädte werden<br />
sollen. Neun bisherige Hauptstädte werden ihren Titel<br />
zwangsweise verlieren. Aber welche? Obwohl noch nichts<br />
entschieden ist, zeichnen sich Tendenzen bereits ab.<br />
76 Gesellschaft<br />
Das Comeback der Innenstädte<br />
Während es früher als schick galt, aus den Städten herauszuziehen,<br />
wollen inzwischen wieder mehr Menschen<br />
zentral wohnen. Dies führt dazu, dass auch die Innenstädte<br />
wieder mit Geschäften neu belebt werden. Das Comeback<br />
der französischen Städte ist im vollen Gange.<br />
78 Events<br />
Paris: Olympische Spiele oder Weltausstellung<br />
Noch ist nichts endgültig entschieden, doch wie es aussieht,<br />
wird Frankreichs Hauptstadt im nächsten Jahrzehnt gleich<br />
zwei Großereignisse ausrichten wollen: die Olympischen<br />
<strong>Sommer</strong>spiele 2024 und die Weltausstellung 2025.<br />
Art de vivre<br />
82 Lebensart<br />
Auf der Terrasse eines französischen Cafés...<br />
Sobald das Wetter sommerlich wird, treibt es die Franzosen<br />
auf die Terrassen ihrer Cafés und Bistros. Aber was trinkt<br />
man als echter Franzose dort? Welche Getränkebestellung<br />
zeichnet einen als Kenner der französischen Kultur aus,<br />
welche als Tourist? Fragen, die Antworten verlangen.<br />
84 Chantals Rezept<br />
Spezial: Quiches<br />
88 Produkte<br />
Messer<br />
In der Serie über typische französische Produkte geht es<br />
dieses Mal nicht nur um ein, sondern gleich um mehrere<br />
Erzeugnisse, und zwar um Messer, die mit einer Stadt oder<br />
einer Region in Verbindung gebracht werden. Oft begleiten<br />
diese besonderen Stücke die Franzosen ein Leben lang.<br />
3 Editorial<br />
6 On en parle<br />
12 Frankreichkalender<br />
14 On lit<br />
16 On écoute<br />
17 Abonnement<br />
18 On regarde<br />
20 On surfe<br />
90 Nachbestellungen<br />
94 Kulturschock<br />
96 Guéwen a testé<br />
97 Leserbriefe<br />
97 Impressum<br />
98 Vorschau<br />
Frankreich erleben im Internet:<br />
www.frankreicherleben.de<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 5
ON EN PARLE<br />
LOIRE Erstmals Kreuzfahrten auf Frankreichs längstem Fluss<br />
Bisher gab es auf Frankreichs längstem Fluss keine<br />
Flusskreuzfahrten, da die Loire in weiten Teilen nicht<br />
wirklich schiffbar ist. Doch seit diesem <strong>Sommer</strong> ist<br />
dies anders: Die elsässische Reederei CroisiEurope ließ ein<br />
Schiff bauen, das auf der Loire zwischen der Mündung und<br />
den Schlössern der Loire navigieren kann. Die « Loire Princesse<br />
» ist 90 Meter lang, 15 Meter breit und besitzt 48 komfortable<br />
Kabinen. Gebaut wurde das Schiff von einer französischen<br />
Werft in Saint-Nazaire. Die angebotenen Kreuzfahrten<br />
dauern zwischen sechs und acht Tagen.<br />
PARIS<br />
Beaugrenelle bestes<br />
Shoppingcenter Europas<br />
TOULOUSE<br />
Das Shoppingcenter Beaugrenelle am Ufer der Seine im 15.<br />
Pariser Arrondissement hat seit seiner Eröffnung im Oktober<br />
2013 bereits 19 Millionen Besucher angezogen und sich<br />
zu einem Anziehungspunkt für Touristen entwickelt. Jetzt wurde es<br />
als bestes Shoppingcenter<br />
Europas in der<br />
Kategorie « New Developments<br />
large »<br />
ausgezeichnet. Ein<br />
Titel, der vom International<br />
Council of<br />
Shopping Centers<br />
(ICSC) vergeben<br />
wird.<br />
Mit der Straßenbahn<br />
zum Flughafen<br />
Seit April fährt die Toulouser<br />
Straßenbahn zum Flughafen der Stadt<br />
in Blagnac. Die Bahnen der Linie T2<br />
benötigen vom Terminal bis zum Palais<br />
de Justice im Zentrum von Toulouse 32<br />
Minuten. Sie verkehren von morgens<br />
5.50 Uhr (ab Palais de Justice) bzw. 5.57<br />
Uhr (ab Flughafen) bis 23.30 Uhr (ab<br />
Palais de Justice) bzw. 23.58 Uhr (ab<br />
Flughafen) alle 15 Minuten.<br />
6 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
FUSSBALL<br />
Frauenfußball-WM 2019<br />
in Frankreich<br />
SCHNAPPSCHÜSSE<br />
Paris will Büros in Wohnungen verwandeln ++ Anne Hidalgo, die<br />
Bürger meisterin von Paris, hat es in ihrem Wahlkampf versprochen: 217 leerstehende<br />
Büro ge bäude mit einer Nutzfläche von 1.000 Quadratmetern oder mehr sollen<br />
nach Vorstellung der Stadtverwaltung in Wohnungen umgewandelt werden. Die<br />
Abstimmungen mit den Eigentümern laufen. Insgesamt zählt die Stadt bei Büro immobilien<br />
einen Leerstand von 800.000 Quadratmetern.<br />
Frankreich wird Gastgeber der<br />
Weltmeisterschaft im Frauenfußball<br />
im Jahr 2019. Das Land setzte sich<br />
mit seiner Bewerbung damit gegen<br />
England, Südafrika und Neuseeland<br />
durch. Viele der Spiele sowie das<br />
Endspiel werden in Paris stattfinden.<br />
Die französische Hauptstadt profiliert<br />
sich damit als wichtiger Standort für<br />
die Förderung von Frauensport – nach<br />
der Frauenrugby-WM 2014 und der<br />
2018 stattfindenden Frauenhandball-<br />
EM. Dies freut besonders die<br />
Bürgermeisterin der Stadt, Anne<br />
Hidalgo, die als eine der wenigen<br />
Frauen in der Welt an der Spitze einer<br />
großen Metropole steht.<br />
Mehr Weinberge in China als in Frankreich ++ Auch wenn Frankreich<br />
als die Weinnation par excellence gilt, so wachsen die meisten Weinstöcke nicht<br />
dort, sondern in Spanien (über eine Million Hektar). Noch erstaunlicher ist allerdings,<br />
dass jetzt China Frankreich sogar auf den dritten Platz verwiesen hat. Im Reich der Mitte<br />
wächst Wein auf einer Fläche von 799.000 Hektar, in Frankreich sind es 7.000 Hektar<br />
weniger.<br />
Krankheit bedroht Korsikas Olivenbäume ++ Auf Korsika fürchtet<br />
man, dass eine in Italien wütende bakterielle Olivenbaumkrankheit auf die Insel überschwappen<br />
könnte. Sollte dies geschehen, könnte den Olivenbäumen das selbe<br />
Schicksal drohen wie den Weinstöcken bei der großen Reblausplage im 19. Jahr hundert.<br />
Die Folgen wären katastrophal.<br />
Mehr Fahrradwege für Paris ++ Die Stadtverwaltung von Paris hat angekündigt,<br />
dass sich die Länge der Fahrradwege in der Hauptstadt bis 2020 verdoppelt<br />
soll – von aktuell 700 auf dann 1.400 Kilometer. Außerdem sollen 10.000 zusätzliche<br />
Abstell plätze für Fahrräder geschaffen werden.<br />
Paris drittbester Investitionsstandort der Welt ++ Nach einer<br />
Stu die von KPMG platziert auch eine Studie der Beratungsgesellschaft Présence die<br />
fran zö sische Hauptstadt an dritter Stelle, wenn es um die Attraktivität für ausländische<br />
In ves toren geht – nach Dubai und New York. Paris hat sich gegenüber 2012 um sieben<br />
Plätze verbessert und London überholt.<br />
SNCF<br />
TGV-Alternative von Paris<br />
nach Bordeaux<br />
Wer es nicht so eilig hat und bereit ist,<br />
auf Komfort zu verzichten, kann am<br />
Wochenende auf der Strecke von<br />
Paris nach Bordeaux anstelle des TGV<br />
einen normalen Zug nehmen. Das<br />
neue Angebot kostet zwischen 15 und<br />
35 Euro und damit wesentlich weniger<br />
als der Hochgeschwindigkeitszug.<br />
Abfahrt in Paris ist nicht an der Gare<br />
Montparnasse wie sonst für Bordeaux,<br />
sondern an der Gare d’Austerlitz. Die<br />
Fahrzeit beträgt viereinhalb Stunden.<br />
Franzosen essen gerne Fleisch ++ Nach einer Statistik des französischen<br />
Land wirt schafts ministeriums ist der Fleischkonsum in Frankreich unverändert be achtenswert.<br />
Ein Franzose konsumiert demnach in seinem Leben sieben Rinder, 33 Schwei ne,<br />
neun Ziegen und Schafe, 1.300 Hühner, Gänse etc. (Geflügel) sowie 2,5 Hasen.<br />
33,9 Millionen Wohnungen und Häuser ++ Nach einer Untersuchung<br />
des nationalen Statistikinstituts gibt es in Frankreich 33,9 Millionen Wohnungen und Häuser.<br />
28,1 Millionen davon werden als Hauptwohnsitz benutzt. 3,2 Millionen dienen als<br />
Zweitwohnsitze und 2,6 Millionen stehen leer. 58 Prozent der als Hauptwohnsitz ge nutzten<br />
Einheiten befinden sich im Eigentum der Bewohner.<br />
Frankreichs Autohersteller umsatzschwach ++ Laut einer Un tersuch<br />
ung von Ernst & Young machten Frankreichs Autokonzerne 2014 einen Um satz von<br />
94.662 Milliarden Euro. Das hört sich zwar nach viel an, ist im Vergleich zur Kon kurrenz<br />
aber wenig. Die US-amerikanischen Autokonzerne schafften es auf 343.940 Milliarden<br />
Euro, die japanischen auf 412.357 Milliarden Euro und die deutschen sogar auf 412.731<br />
Milliarden Euro.<br />
Neue Hotels für Paris-CDG ++ Das Hotelangebot an Frankreichs wichtigstem<br />
Flughafen Paris-CDG wird ausgebaut. Diesen <strong>Sommer</strong> eröffnet ein neues Pullman-<br />
Hotel, 2017 folgt ein Melia und 2019 ein Holiday Inn Express.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 7
ON EN PARLE<br />
FRANCHE-COMTÉ<br />
Nackt ausziehen für<br />
Tempo 30<br />
Nachdem alle klassischen Mittel wie Schilder nichts gebracht haben, griffen<br />
die Gemeinderatsmitglieder der kleinen Kommune Touillon-et-<br />
Loutelet im Jura im Departement Doubs zu drastischeren Mitteln, damit<br />
die Autofahrer, die das Dorf passieren, endlich die vorgeschriebene Geschwindigkeit<br />
von 30 Stundenkilometern beachten. Sie ließen ein riesiges Plakat<br />
in der Dorfmitte anbringen, auf dem sie nackt posieren. Nur ein Tempo-<br />
30-Schild bedeckt ihren Schambereich. Die eigentlich eher humorvoll gedachte<br />
Aktion sorgt unerwartet für den gewünschten Effekt: Die Autofahrer sind neugierig<br />
und bremsen ab. Wer weiß, vielleicht macht diese ungewöhnliche Maßnahme<br />
Schule und bald lassen weitere Bürgermeister und Gemeinderatsmitglieder<br />
in anderen Kommunen im Land ebenfalls die Hüllen fallen.<br />
AUTOS<br />
Citroën denkt über neue Modellnamen nach<br />
Der französische Autobauer Citroën denkt darüber nach, die Typbezeichnungen seiner<br />
Mo delle zu ändern. Dies erklärte das Unternehmen auf dem letzten Genfer Autosalon. Seit<br />
gut 15 Jahren unterscheidet Citroën seine Modelle mit einer Bezeichnung, die mit einem<br />
« C » beginnt und dem eine Zahl folgt, also zum Beispiel « C3 », « C4 » etc. Allerdings ist die<br />
Marken politik durch immer neue Modelle inzwischen etwas unübersichtlich ge wor den. So<br />
tragen die Großraumlimousinen des Konzerns den Zusatz « Picasso ». Für die Pre mi um v ersionen<br />
der Modelle ersetzt man das « C » durch ein « DS ». Das Cross over-Modell « Cactus »<br />
trägt nur noch einen Namen und gar keine Ziffern-Buch staben kom bi na tion mehr. Daher<br />
denkt man nun über neue Modellbezeichnungen nach. Wohin die Rei se gehen könnte,<br />
ist jedoch noch nicht bekannt.<br />
PARIS<br />
Eine Goldfassade für die<br />
Reichen und die Armen<br />
Unweit der Seine im 13.<br />
Arrondissement von Paris wachsen<br />
gerade zwei Zwillingsbauten in<br />
die Höhe. Sie unterscheiden sich<br />
in ihrer Geschosszahl, die über<br />
der üblichen Traufhöhe liegt, und<br />
der Fassadengestaltung aus Gold<br />
von der Umgebung. Außerdem<br />
ist die Nutzung erstaunlich: Denn<br />
während es in einem der beiden<br />
Gebäude 95 Eigentumswohnungen<br />
gibt, deren Quadratmeterpreise<br />
bei um die 10.000 Euro liegen,<br />
wird das andere Gebäude für 93<br />
Sozialwohnungen verwendet – mit<br />
für Paris günstigen 15 Euro Miete pro<br />
Quadratmeter. Entworfen wurden<br />
die beiden ungewöhnlichen<br />
Gebäude von Harmonic + Masson<br />
und Vollenweider.<br />
ILE DE LA CITÉ<br />
Kirchenfenster der Sainte-Chapelle<br />
fertig restauriert<br />
Die Sainte-Chapelle ist eine beliebte Sehenswürdigkeit der französischen<br />
Hauptstadt. Sie wurde unter Ludwig IX. von 1241 bis 1248<br />
auf der Ile de la Cité erbaut, um Reliquien von Jesus Christus (Dornenkrone<br />
und Fragmente des Kreuzes) aufzunehmen. Berühmt ist das Gotteshaus darüber hinaus für<br />
seine 15 großen Kirchenfenster, deren Glas zu zwei Dritteln noch original aus dem 13. Jahrhundert<br />
stammt. Seit 2008 wurden diese Buntglasfenster im Auftrag des Centre des Monuments Nationaux<br />
aufwendig restauriert. Sieben Jahre später sind diese Arbeiten nun abgeschlossen, so dass sich die Kirche<br />
in alter Schönheit bewundern lässt. Insgesamt wurden neun Millionen Euro investiert.<br />
8 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Urlaub unterm Reetdach, in einer Design-Wohnung<br />
mit Sauna und Kamin, in einem Ferienhaus mit<br />
eigenem Garten oder in einer Kajüte wie auf einem<br />
Schiff, mönchgut living bietet vielfältige Optionen!<br />
Die einzigartige Lage der Anlage im Herzen des<br />
romantischen Fischerdorfes Gager im UNESCO-<br />
Biosphärenreservat Südost-Rügen verspricht Ihnen<br />
einen unvergesslichen Aufenthalt voller Entspannung<br />
und Genuss inmitten unberührter Natur, nur<br />
wenige Minuten vom Ostseestrand entfernt.<br />
mönchgut living, die ultimative ultimative Adresse<br />
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ON EN PARLE<br />
LOUVRE<br />
Neuer Einheitspreis für alle<br />
Ausstellungen<br />
Das meist besuchte Museum der Welt (mehr<br />
als neun Millionen Besucher pro Jahr) führt<br />
zum 1. Juli <strong>2015</strong> eine neue Preisstruktur ein.<br />
Ab diesem Datum kosten alle Ausstellungen in dem<br />
Museum, egal ob es sich um Dauer- oder Wechselausstellungen<br />
handelt, einheitlich 15,00 Euro. Die<br />
Direktion folgt damit einem Trend, der sich auch in<br />
anderen Museen<br />
wie dem Centre<br />
Pom pi dou oder<br />
dem Musée d’Orsay<br />
be o bacht en<br />
lässt. Man legt<br />
aber Wert darauf,<br />
dass der Ein trittspreis<br />
nie dri ger<br />
bleibt als in an deren<br />
wichtigen internationalen<br />
Museen. So kostet das New Yorker<br />
MoMA 23,00 Euro und das Amsterdamer Rijksmuseum<br />
17,50 Euro. Trotzdem wird der neue Preis<br />
Geld in die Kassen des Louvre spülen. Zwar kos te te<br />
das Kombiticket für Dauer- und Wechselausstellungen<br />
mit 16,00 Euro bisher einen Euro mehr, ein<br />
Ticket für die Dauerausstellung allein schlug in der<br />
Vergangenheit aber nur mit 12,00 Euro zu Buche. 70<br />
Prozent der Besucher sind allerdings Touristen, die<br />
sich vor allem für die Standardexponate des Museums<br />
wie die Mona Lisa oder die Venus von Milo interessieren<br />
und somit nur die Dauerausstellung besuchen.<br />
Sie müssen zukünftig drei Euro mehr dafür berappen.<br />
ANTI-TERROR-KAMPF<br />
Bargeldzahlungen über 1.000 Euro verboten<br />
Als Maßnahme im Kampf gegen die Finanzierung von<br />
Terrorgruppen hat die französische Regierung beschlossen, dass<br />
ab dem 1. September <strong>2015</strong> nur noch Rechnungen bis zu einer<br />
Summe von 1.000 Euro bar bezahlt werden dürfen. Bisher galt<br />
eine Obergrenze von 3.000 Euro. Dadurch sollen Zahlungsströme<br />
transparenter werden. Für Touristen gilt allerdings eine höhere<br />
Summe von 10.000 Euro im Gegensatz zu 15.000 Euro bisher.<br />
PARIS<br />
Immer mehr<br />
Foodtrucks<br />
Die Mode der<br />
Foodtrucks<br />
ist auch an der Seine angekommen. Allerdings verläuft<br />
die Entwicklung zurzeit noch recht unkoordiniert. In einigen<br />
Geschäftsvierteln wie La Défense sorgen die mobilen<br />
Essensstände teilweise für Probleme. Deshalb soll das Parken<br />
der Trucks nun besser geregelt werden. Grundsätzlich bleiben<br />
sie in der französischen Hauptstadt aber willkommen. « Paris als<br />
Welthauptstadt der Gastronomie muss auch für diese Innovation<br />
der Restaurantszene einen Platz finden », ließ die Bürgermeisterin<br />
Anne Hidalgo verlauten. Deshalb wurden jetzt rund 40 Stellplätze<br />
in allen Arrondissements festgelegt, auf denen Foodtrucks stehen<br />
dürfen. Ihr Angebot muss dabei aber eine Ergänzung zu den<br />
Läden der Umgebung sein. Außerdem müssen sie sich einem<br />
nachhaltigen Wirtschaften verpflichten, etwa in Bezug auf<br />
Müllvermeidung, dem Einsatz lokal produzierter Zutaten etc.<br />
PARIS-CDG<br />
Neuer Shuttle von easyBus<br />
Wenn man bisher mit dem Bus vom Pariser Flughafen<br />
Charles de Gaulle in die Innenstadt wollte, gab es<br />
zwei Optionen: Entweder Roissybus von der RATP (elf<br />
Euro, ca. 75 Minuten Fahrzeit) oder die Shuttlebusse<br />
von Air France (17 Euro, ca. 60 Minuten Fahrzeit). Nun<br />
bringt die Fluggesellschaft easyJet mit dem Angebot<br />
easyBus frischen Wind in den Markt. Kleinbusse mit<br />
einer Kapazität von bis zu 16 Passagieren verkehren ab<br />
sofort halbstündlich zwischen dem Flughafen und dem<br />
Palais-Royal im Herzen von Paris, das sich nur wenige<br />
Schritte vom Louvre entfernt befindet. Die Fahrzeit soll<br />
je nach Verkehrslage zwischen 45 und 60 Minuten<br />
betragen und die einzelne<br />
Fahrt kostet ab zwei Euro.<br />
Doch wie bei den Flugtickets<br />
der Billigfluggesellschaft gilt<br />
auch hier: Wer wirklich nur<br />
so wenig zahlen will, sollte<br />
rechtzeitig vorreservieren:<br />
www.easybus.co.uk/de.<br />
10 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
PARIS<br />
HOTELLERIE<br />
Philippe Starck mit<br />
Hotelprojekt in Metz<br />
Der französische Stardesigner<br />
Philippe Stark realisiert in Metz<br />
das zurzeit in ganz Frankreich<br />
aufregendste Hotelprojekt. Auf<br />
einen 30 Meter hohen Glasturm<br />
soll eine typische Villa im Stile<br />
des 19. Jahrhunderts gesetzt<br />
werden. Insgesamt wird das<br />
Gebäude damit 50 Meter hoch<br />
sein und zwölf Etagen haben.<br />
Das bietet Platz für 90 Zimmer, neun Suiten, Restaurants, Meetingräume<br />
und einen Spa. Die Baukosten sollen um die 20 Millionen Euro betragen.<br />
Die Eröffnung ist in drei Jahren geplant. Das Hotel befindet sich<br />
gegenüber dem Centre Pompidou von Metz und dem zukünftigen<br />
Kongresszentrum der Stadt.<br />
Schneller vom Flughafen<br />
CDG in die Innenstadt<br />
Wer mit dem Bus oder dem Taxi vom<br />
Pa ri ser Flughafen Charles de Gaulle<br />
in die Innenstadt möchte, weiß, wie<br />
qual voll es im Berufsverkehr sein kann,<br />
wenn die Autobahn ein einziger Stau<br />
ist. Um die Situation etwas zu er leichtern,<br />
wurde nun auf der be trof fen en<br />
Auto bahn A1 auf einer Län ge von fünf<br />
Kilo me tern während des mor gendlichen<br />
Berufsverkehrs in Richt ung Innen<br />
stadt von 6.30 bis 10.00 Uhr eine der<br />
Spur en für Busse und Ta xis reserviert.<br />
Da mit soll die Fahrzeit um acht Minuten<br />
ver kürzt werden. Lang fristig soll die<br />
Spur auch für Fahr zeu ge geöffnet<br />
wer den, in denen mehr als eine Person<br />
sitzt. Doch dies soll erst geschehen,<br />
wenn man ein automatisches Überwach<br />
ungs system installiert hat, das<br />
dies auch zuverlässig überprüft.<br />
WILLKOMMEN IN DER VILLA MADAME<br />
Im Herzen von Saint-Germain-des-Prés und nur wenige Schritte vom Jardin du Luxembourg entfernt,<br />
gilt La Villa Madame als Geheimtipp unter Reisenden. Das auf der Rive Gauche gelegene und in einem<br />
eleganten Stadtpalais untergebrachte Hotel bietet Erholung und ist zugleich ein guter Ausgangspunkt<br />
für Erkundungen in der Stadt.<br />
Die 28 bis ins kleinste Detail durchdachten Zimmer des Hotels bieten höchsten Komfort und eine<br />
moderne technische Ausstattung. Einige der Zimmer öffnen sich zu blumengeschmückten Terrassen.<br />
Bei schönem Wetter lädt der Garten des Hotels zum Genießen eines Drinks oder zum Entspannen in<br />
friedlicher grüner Umgebung ein.<br />
La Villa Madame ist ein elegantes, von Michel Jouannet im typischen Pariser Stil gestaltetes Boutique-<br />
Hotel, das für den urbanen Reisenden eine kleine ästhetische Oase im Zentrum von Paris darstellt.<br />
44, rue Madame<br />
75006 Paris<br />
+33 (0)1 45 48 02 81<br />
Email: reservation@villa-madame.com · Site: www.villa-madame.com · Blog: www.boutiquehotelsaintgermain.com
FRANKREICHKALENDER<br />
Auf keinen Fall verpassen:<br />
Lascaux in Paris<br />
Wer gerne einmal die Höhle von Lascaux, die auch als die « Sixtinische Kapelle der<br />
Vorgeschichte » bezeichnet wird, sehen und dafür nicht extra ins Périgord reisen<br />
will, hat diesen <strong>Sommer</strong> in Paris die Gelegenheit dazu. Die Originalhöhle ist aus<br />
Konservierungsgründen ohnehin seit 1963 für die Öffentlichkeit gesperrt, so dass<br />
selbst im Périgord nur ein Nachbau zu besichtigen ist. Eine Ausstellung, die bereits<br />
in Bordeaux, Chicago, Houston, Montreal und Brüssel Halt gemacht hat, visualisiert<br />
dank modernster 3D-Technik fünf Bereiche der Höhle auf spektakuläre Art und<br />
Weise. Außerdem erfährt man viel Spannendes über die Zeit, als die Höhle 1940<br />
entdeckt wurde, und es werden Hintergrundinformationen zu ihrer Schließung<br />
23 Jahre später gegeben. Die Ausstellung wird bis zum 30. August <strong>2015</strong> auf dem<br />
Pariser Messegelände (Parc des Expositions) an der Porte de Versailles gezeigt.<br />
www.encore-expo.fr<br />
Les Francofolies<br />
Das Festival « Les Francofolies » in La Rochelle an der<br />
Atlantikküste ist das wichtigste Festival französischsprachiger<br />
Musik in der Welt. Für viele Künstler dient<br />
es als Karrieresprungbrett. Außerdem kommen die<br />
großen Stars regelmäßig dorthin. Das von den meisten<br />
Franzosen nur kurz « Les Francos » genannte Event<br />
trägt viel dazu bei, französischsprachige Musik in einer<br />
von der englischen Sprache dominierten Welt zu fördern<br />
und zu verteidigen. Auch dieses Jahr ist das Angebot<br />
wieder überwältigend. An den fünf Festivaltagen werden<br />
mehr als 100 Konzerte auf den neun Bühnen der Stadt<br />
gegeben. Die Liste der auftretenden Sänger und Bands<br />
liest sich wie das Who’s who der französischsprachigen<br />
Musikszene. So treten<br />
unter anderem Etienne<br />
Daho, Christine and<br />
the Queens, Raphael,<br />
Christophe Willem, Féloche,<br />
Véronique Sanson,<br />
Julien Doré, Hubert-Félix<br />
Thiefaine, Thomas Fersen,<br />
Vianney, Yannik Noah,<br />
Maurane, Florent Pagny<br />
und Johnny Hallyday auf.<br />
Kein anderes Festival vereint<br />
derart viele namhafte<br />
Musiker. Das Festival<br />
findet vom 10. bis 14. Juli<br />
<strong>2015</strong> in La Rochelle statt.<br />
www.francofolies.fr<br />
Festival<br />
interceltique<br />
Das interkeltische<br />
Festival von Lorient<br />
ist eines der wichtigsten<br />
Festivals der<br />
keltischen Kultur.<br />
Mehr als 700.000<br />
Menschen treffen<br />
sich zehn Tage lang in der Bretagne, um dieses<br />
kulturelle Erbe, das die Bretagne mit Irland,<br />
Wales, Cornwall, der Isle of Man, Schottland,<br />
Galizien und Asturien verbindet, zu pflegen.<br />
Ein umfangreiches Kultur- und Musikprogramm<br />
wird dafür geboten. Dieses Jahr, zum<br />
45. Geburtstag des Festivals, stehen Cornwall<br />
und die Isle of Man im Mittelpunkt der Veranstaltung.<br />
Als Stargast ist die schottische Band<br />
Simple Minds angekündigt. Das Festival findet<br />
vom 7. bis 16. August <strong>2015</strong> in Lorient statt.<br />
www.festival-interceltique.bzh<br />
12 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Außerdem lohnenswert:<br />
Le Corbusier,<br />
Mesures de<br />
l’homme<br />
Anhand von 300<br />
Exponaten präsentiert<br />
das Pariser Centre<br />
Pompidou eine<br />
Retrospektive über<br />
Charles-Edouard Jeanneret, besser<br />
bekannt als Le Corbusier. Der Architekt,<br />
Stadtplaner, Modernist, Maler<br />
und Bildhauer prägte nachhaltig das<br />
20. Jahrhundert. Auch wenn seine<br />
Architektur und sein Stil umstritten<br />
sind, beeinflusste er trotzdem die<br />
Weise, wie Menschen heute leben.<br />
Paris, Centre Georges Pompidou,<br />
bis 03.08.<strong>2015</strong><br />
www.centrepompidou.fr<br />
Le Musée<br />
imaginaire<br />
de Tintin<br />
Aus Anlass des 40.<br />
Geburtstages des<br />
Musée en Herbe,<br />
das bei Kindern<br />
beliebt ist wie kein<br />
anderes, kommen<br />
Tim und Struppi an die Seine. Die<br />
in Zusammenarbeit mit dem Musée<br />
Hergé aus dem belgischen Louvain-la-<br />
Neuve organisierte Ausstellung lässt<br />
einen komplett in die Welt des kleinen<br />
Helden mit seinem Hund eintauchen.<br />
Darüber hinaus werden Comic-Cover<br />
Kunstwerken gegenübergestellt, die<br />
vor allem aus dem Musée du Quai<br />
Branly und dem Louvre stammen.<br />
Paris, Musée en Herbe, bis 31.08.<strong>2015</strong><br />
www.musee-en-herbe.com<br />
The Art<br />
of the Brick<br />
Dass Legos nicht<br />
nur etwas für Kinder<br />
sind, beweist<br />
diese Ausstellung<br />
in Paris. Der USamerikanische<br />
Künstler Nathan<br />
Sawaya baute mit den kleinen<br />
Plastiksteinen große Kunstwerke wie<br />
den Denker von Rodin, die Venus<br />
von Milo, den Schrei von Edvard<br />
Munch oder eine der Rosetten der<br />
Kathedrale von Chartres nach. Ein<br />
Spektakel für groß und klein.<br />
Paris, Parc des Expositions de la<br />
Porte de Versailles, bis 30.08.<strong>2015</strong><br />
www.encore-expo.fr<br />
Yves Saint<br />
Laurent 1971,<br />
la collection<br />
du scandale<br />
Am 29. Januar 1971<br />
versetzte der Modeschöpfer<br />
Yves Saint<br />
Laurent die Pariser<br />
Modewelt in helle Aufregung. Er<br />
brauchte dafür nur ein Modedefilee<br />
mit sechs Models. Die 180 geladenen<br />
Journalisten und Kunden wollten erst<br />
ihren Augen nicht trauen und äußerten<br />
ihren Unmut zum Teil lautstark.<br />
Der Grund dafür: Yves Saint Laurent<br />
ließ sich für seine neue Kollektion<br />
von der Mode aus den Kriegsjahren<br />
inspirieren. Ein derartiger Bezug zur<br />
Besatzungszeit galt als eine ungeheuerliche<br />
Provokation. Diese Ausstellung<br />
zeichnet den Skandal nach.<br />
Paris, Fondation Pierre Bergé<br />
Yves Saint Laurent, bis 19.07.<strong>2015</strong><br />
www.fondation-pb-ysl.net<br />
Le Voyage<br />
à Nantes<br />
Im westfranzösische<br />
Nantes käme<br />
man nicht auf die<br />
Idee, sich auf den<br />
bisher erarbeiteten<br />
Lorbeeren auszuruhen.<br />
Auch<br />
diesen <strong>Sommer</strong> kommen Kunst und<br />
Kultur wieder in die Stadt. Künstler,<br />
Kreative, Gärtner oder auch Köche<br />
dürfen den öffentlichen Raum mit<br />
ihren Ideen bespielen. 40 Etappen<br />
gibt es auf Rundgängen zu entdecken.<br />
Nantes, im Stadtgebiet, 03.07. bis 30.08.<strong>2015</strong><br />
www.levoyagenantes.fr<br />
Beauvais, la<br />
cathédrale<br />
infinie<br />
Schon seit 2012<br />
gibt es dieses<br />
Spektakel, das<br />
bereits mehr<br />
als 130.000<br />
Menschen<br />
gesehen haben:<br />
Nach Einbruch der Dunkelheit<br />
verwandelt sich die Fassade der<br />
höchsten gotischen Kathedrale der<br />
Welt in eine Leinwand. Gezeigt wird<br />
eine Licht- und Tonshow, die die<br />
Geschichte des Gebäudes erzählt.<br />
Beauvais, Place de la Cathédrale,<br />
bis 20.09.<strong>2015</strong><br />
www.beauvais-cathedrale.fr<br />
Le Roi de Feu<br />
Im 300. Todesjahr von Ludwig XIV.<br />
plant man in Versailles Grandioses:<br />
Die Schlossverwaltung hat einige<br />
der international renommiertesten<br />
Pyrotechniker, die Groupe F, damit<br />
beauftragt, an fünf Abenden ein<br />
Feuerwerk in die Luft zu zaubern,<br />
das selbst den Sonnenkönig vor Neid<br />
erblassen lassen würde. Ergänzt wird<br />
das Ganze durch Videoinstallationen<br />
und Schauspieler, die durch den Park<br />
laufen. Ein Spektakel, das man sich<br />
auf keinen Fall entgehen lassen sollte.<br />
Versailles, Jardins de l’Orangerie<br />
du Château, 01.,02.,08.,09. und 10.07.<strong>2015</strong><br />
www.chateauversailles-spectacles.fr<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 13
ON LIT<br />
COMIC<br />
Das wilde Montparnasse<br />
mit Jacques Prévert<br />
Jacques Prévert (1900-1977) gehört zu den<br />
wichtigsten französischen Autoren des 20.<br />
Jahrhunderts. Seine Werke, insbesondere seine Gedichte, gehören<br />
zum Standardprogramm an Frankreichs Schulen. Trotzdem<br />
ist das Wissen über sein Leben, das selbst wie ein Roman erscheint,<br />
recht wenig verbreitet. Dieser Comic bietet Abhilfe. Außerdem<br />
taucht man in die wilde Zeit der Goldenen Zwanziger Jahre des<br />
letzten Jahrhunderts ein, als sich Jacques Prévert im damals angesagten<br />
Pariser Stadtviertel Montparnasse niederließ. Seine Nachbarn<br />
waren Berühmtheiten wie Guillaume Apollinaire, Marc Chagall,<br />
Salvador Dalí oder Jean-Paul Sartre.<br />
Christian Cailleaux & Hervé Bourhis: Prévert, inventeur •<br />
Aire Libre • ISBN: 978-2800162263<br />
SACHBUCH<br />
Ulrich Wickert und sein Paris<br />
Ulrich Wickert, langjähriger ARD-Korrespondent<br />
und in Paris aufgewachsen, hat ein sehr<br />
schön gestaltetes Buch über die französische<br />
Metropole neu herausgegeben. In Aufsätzen,<br />
Reportagen und Anekdoten wird die Stadt<br />
lebendig. Er leitet die Leser durch Museen,<br />
Gärten, zu den Denkmälern<br />
und Cafés. Außerdem erzählt<br />
er von der Aufklärung und der<br />
Französischen Revolution.<br />
Ulrich Wickert: Mein<br />
Paris • Atlantik • ISBN:<br />
978-3445700107<br />
SACHBUCH<br />
Über das französische<br />
Familienglück<br />
Als die Autorin mit ihrem Mann nach<br />
Frankreich zieht, kommt sie, immer wenn<br />
sie französische Familien beobachtet,<br />
aus dem Staunen nicht heraus. Ob es<br />
um Schwangerschaft, Kinderbetreuung,<br />
Beruf und Karriere oder um das eigene<br />
Aussehen geht: Französische Familien<br />
machen vieles besser. Wie und warum<br />
erzählt die Autorin,<br />
die in Deutschland<br />
vielleicht nie Mutter<br />
geworden wäre und<br />
jetzt ihr zweites Kind<br />
erwartet.<br />
Annika Joeres: Vive la<br />
famille • Verlag Herder •<br />
ISBN: 978-3451312366<br />
COMIC<br />
Ein Jahr hinter den Kulissen<br />
des Elysée-Palastes<br />
Der französische Comicautor Mathieu Sapin<br />
verfolgte François Hollande in seinem Präsidentschaftswahlkampf<br />
2012. Ein Jahr später sendete<br />
er eine SMS an den Präsidenten und schlug<br />
ihm vor, einen Blick hinter die Kulissen des Elysée-<br />
Palastes zu werfen und dies in Form eines Comics<br />
zu verarbeiten. François Hollande willigte ein und<br />
herausgekommen ist ein beachtenswertes Werk über<br />
das Machtzentrum des Landes. Dadurch, dass es ein<br />
Comic ist, unterscheidet sich das Buch auch von den<br />
sonst üblichen Reportagen und Berichten. So erfährt<br />
man als Leser viel über den Alltag im Elysée-Palast.<br />
Etwa, dass es sechs Monate braucht, um den Besuch<br />
der englischen Königin vorzubereiten, wie mit den<br />
großen Krisen der Welt umgegangen wird, welche<br />
Last die Sicherheitsvorkehrungen für den Präsidenten<br />
im Alltag darstellen usw. Dadurch gewinnt man ein<br />
viel realistischeres Bild von der Arbeit des Staatsoberhauptes<br />
als durch die sonst üblichen Presseartikel.<br />
Mathieu Sapin: Le château, une<br />
année dans les coulisses de l’Elysée •<br />
Dargaud • ISBN: 978-2205072914<br />
14 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
BILDBAND<br />
ROMAN<br />
Über die ernstesten<br />
Fragen der<br />
menschlichen Existenz<br />
Vier Männer streifen durch Paris, besuchen ein elegantes<br />
Fest und beobachten die erotischen Strategien<br />
ihrer Mitmenschen. Alain entwickelt komplizierte<br />
Theorien über die Lust der jungen Mädchen, den<br />
Bauchnabel zu zeigen. Ramon würde endlich gern die<br />
Chagall-Ausstellung besuchen. Charles erläutert Stalins<br />
Witze, über die niemals jemand lacht. Und Caliban erfindet<br />
eine eigene Sprache, über die nur er sich kaputtlachen<br />
kann. Milan Kundera lebt seit 1978 in Paris und hat nach<br />
14 Jahren endlich wieder einen Roman veröffentlicht.<br />
Milan Kundera: Das Fest der Bedeutungslosigkeit •<br />
Hanser Verlag • ISBN: 978-3446247635<br />
Das Enfant terrible der<br />
Impressionisten<br />
Edgar Degas (1834-1917) gilt als einer der wichtigsten<br />
Vertreter des Impressionismus. Dabei war sein<br />
Verhältnis zu den anderen Malern dieser Kunstrichtung<br />
alles andere als einfach. Außerdem pflegte er ein<br />
zwiespältiges Verhältnis zur Malerei in freier Landschaft,<br />
die für den Impressionismus aber gerade so charakteristisch<br />
ist. Dies und noch viel mehr thematisiert dieser<br />
Bildband, der 80 Werke von<br />
Degas präsentiert.<br />
Ann Dumas & Vanessa<br />
Lecomte u.a.: Degas, un<br />
peintre impressionniste? •<br />
Gallimard • ISBN:<br />
978-2070148820<br />
BILDBAND<br />
Yves Saint Laurent,<br />
der Skandal von<br />
1971<br />
Im Januar 1971 präsentierte<br />
Yves Saint Laurent seine<br />
<strong>Sommer</strong>kollektion, für die er sich von der Mode<br />
aus den 1940er-Jahren inspirieren ließ, was<br />
zugleich einen Skandal auslöste, stellte doch<br />
die Presse einen Bezug zur Besatzungszeit her.<br />
Doch obwohl man die Kollektion damals als<br />
die hässlichste von Paris geißelte, wurde sie im<br />
Nachhinein zu einem Mythos.<br />
Olivier Saillard & Dominique Veillon: Yves Saint<br />
Laurent 1971, la collection du scandale •<br />
Flammarion • ISBN: 978-2081358836<br />
COMIC<br />
Der Vietnamkrieg<br />
aus der Sicht eines<br />
Kindes in Saigon<br />
Vor 40 Jahren endete der Vietnamkrieg.<br />
Marcelino Truong,<br />
Sohn eines Vietnamesen und einer Französin,<br />
wuchs in Saigon auf. Seine Familie gehört zur Oberschicht,<br />
die dem korrupten Präsidenten Ngo Dinh<br />
Diem nahesteht. Erzählt wird aus der Sicht eines kleinen<br />
Jungen, der selbst nur Bruchstücke vom Krieg<br />
mitbekommt. Alle anderen Informationen über den<br />
Krieg kommen in Form von Einblendungen aus der<br />
Sicht des erwachsenen Truong, der als Autor und Illustrator<br />
u.a. für Elle und Libération arbeitet.<br />
Marcelino Truong: Ein schöner kleiner Krieg •<br />
Egmont Graphic Novel • ISBN: 978-37704<strong>55</strong>171<br />
Bücher in deutscher Sprache: · Bücher in französischer Sprache: = leicht verständlich, = mittleres Niveau, = für Fortgeschrittene<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 15
ON ÉCOUTE<br />
CHANSON<br />
Louane: Chambre 12<br />
Die französische Öffentlichkeit wurde 2013 zum ersten<br />
Mal auf die heute 18-jährige Louane aufmerksam,<br />
als es die junge Sängerin bis ins Halbfinale<br />
der Casting-Show « The Voice » des französischen<br />
Fernsehens schaffte. Ein Jahr später wurde die junge Frau<br />
noch berühmter, da sie in dem Film « Verstehen Sie die<br />
Béliers », der in Frankreich 7,3 Millionen Zuschauer in die<br />
Kinos lockte, zwei Lieder von Michel Sardou mit viel Leidenschaft<br />
interpretierte. Dafür erhielt sie dieses Jahr sogar<br />
den César für die beste weibliche Nachwuchsdarstellerin.<br />
Auf dieser Erfolgswelle schwimmend,<br />
veröffentlichte Louane nun<br />
ihr Album « Chambre 12 », das bereits<br />
innerhalb kurzer Zeit über<br />
250.000-mal in Frankreich verkauft<br />
wurde. In zwölf Songs wirft<br />
sie einen Blick auf die heutige<br />
Welt aus der Perspektive ihrer Generation.<br />
Es geht um Hoffnungen und Enttäuschungen.<br />
Auch wenn die Melodien manchmal etwas einfach gestrickt<br />
wirken, beeindruckt stets die Stimme der jungen<br />
Künstlerin, die manchmal rau und stark, manchmal sanft<br />
und leise daherkommt. Da die Texte sehr einprägsam sind,<br />
singt man die Lieder bald mit.<br />
CHANSON<br />
Vianney: Idées Blanches<br />
Man sollte sich von<br />
dem altmodisch<br />
anmutenden<br />
Cover dieses<br />
Albums nicht<br />
täuschen lassen.<br />
Denn die Texte<br />
auf diesem<br />
ersten Album des 23-jährigen Vianney<br />
sind alles andere als konservativ. In<br />
dem Lied « Aux débutants de l’amour »<br />
geht es zum Beispiel um die Liebe zu<br />
dritt. Musikalisch mixt der junge Künstler<br />
Elemente des französischen Chansons mit<br />
elektronischer Musik. Die Inspiration für<br />
die zwölf Lieder auf diesem Album fand<br />
Vianney zum großen Teil auf seinen Reisen.<br />
So durchquerte er die Türkei als Anhalter<br />
mit nur 100 Euro in der Hosentasche,<br />
Schweden mit dem Fahrrad und<br />
Frankreich mit einem Elektro-Motorroller,<br />
wobei er diesen jeweils bei fremden<br />
Menschen aufladen musste und dadurch<br />
zahlreiche neue Bekanntschaften schloss.<br />
Die Neugierde und Offenheit für andere<br />
Menschen, die der Sänger auf seinen<br />
Reisen lernte, übersetzt er in seinem<br />
Album auf beste Art in Musik. Ein Album,<br />
das frischen Wind in die französische<br />
Musikszene bringt.<br />
.<br />
WELTMUSIK<br />
I Muvrini: Invicta<br />
I Muvrini ist eine korsische Gruppe, die sich 1979<br />
gründete und seitdem in Frankreich sehr populär<br />
ist. Ihre Stücke sind stets mehrstimmig. Außerdem sieht sich die<br />
Gruppe als eine Botschafterin der Mittelmeerinsel, die neben ihrer<br />
Schönheit leider auch für Terroranschläge und einen bewaffneten<br />
Unabhängigkeitskampf bekannt ist. Die Sänger sprachen sich<br />
jedoch immer für Toleranz und Gewaltverzicht aus. Die Lieder auf<br />
dem neuen Album setzen dies fort. Die Texte sind überwiegend auf<br />
Korsisch, es gibt aber auch ein paar Stücke auf Französisch und<br />
Englisch. Der Titel des Albums ist eine Hommage an das Gedicht<br />
« Invictus » des englischen Schriftstellers William Ernest Henley, das<br />
Nelson Mandela fast täglich während seiner Haft zitierte und woraus<br />
er in diesen schweren Jahren Kraft und Trost schöpfte.<br />
KLASSIK<br />
Philippe Jaroussky: Green<br />
Der Franzose Philippe Jaroussky ist einer der<br />
bekanntesten Kontratenöre der Welt. Auf seinem neuen Album « Green »<br />
interpretiert er Gedichte des französischen Dichters Paul Verlaine.<br />
Dafür bedient sich Philippe Jaroussky der Musik von 21 Komponisten<br />
– von Debussy und Hahn bis Charles Trenet und Georges Brassens.<br />
Insgesamt gibt es 43 Lieder auf dem Album, wobei einige Gedichte in<br />
verschiedenen Varianten vorgetragen werden. Manch eingefleischter<br />
Fan von Philippe Jaroussky ist von diesem für ihn eher ungewöhnlichen<br />
Album vielleicht etwas irritiert. Doch unterm Strich ist der Ansatz eine<br />
schöne Art und Weise, sich auch dem Werk von Verlaine zu nähern.<br />
16 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
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schriftlich ohne Angabe von Gründen widerrufen werden.
ON REGARDE<br />
KOMÖDIE<br />
Die Liebe ist stärker als alles andere<br />
Nach dem Tod seines Vaters verbringt Arnaud den<br />
<strong>Sommer</strong> damit, an der Seite seines Bruders im<br />
Familienbetrieb zu schuften, den sie zusammen<br />
fortführen wollen. Eines Tages steht er in einem Selbstverteidigungskurs<br />
am Strand der hübschen Madeleine gegenüber<br />
und verliebt sich prompt in sie. Wenig später, als er<br />
den Auftrag erhält, für Madeleines Eltern ein Poolhaus zu<br />
bauen, trifft er erneut auf das unnahbare Mädchen. Während<br />
sich seine Gefühle für sie immer weiter verstärken,<br />
weiß Madeleine mit solchen Emotionen wenig anzufangen.<br />
Denn sie ist fest davon überzeugt, dass das Ende der<br />
Welt kurz bevorsteht und will ihre verbleibende Zeit lieber<br />
dazu nutzen, Fertigkeiten für das Überleben in einer postapokalyptischen<br />
Welt zu erlernen. Dafür meldet sie sich in<br />
einem zweiwöchigen Bootscamp<br />
an, in das ihr Arnaud<br />
folgt... Der Film ist durch<br />
seine Musik, seinen Rhythmus<br />
und die fantastischen<br />
Schauspieler sehr ausdrucksstark.<br />
Es ist ein Film, der<br />
zeigt, dass alles möglich ist,<br />
wenn man liebt. Bei der<br />
diesjährigen César-Verleihung<br />
erhielt der Streifen<br />
gleich drei Preise: für das beste Erstlingswerk, die beste<br />
weibliche Hauptdarstellerin und den besten männlichen<br />
Nachwuchsschauspieler.<br />
Liebe auf den ersten Schlag • Frankreich 2014, 98 min • Originaltitel: Les combattants • Ein Film von Thomas<br />
Cailley mit Brigitte Roman, Adèle Haenel, Kévin Azaïs, Antoine Laurent u.a. • Kinostart: 2. Juli <strong>2015</strong><br />
KOMÖDIE<br />
Hinter den Kulissen der<br />
Haute Couture<br />
Die Dokumentation gewährt nie<br />
gesehene, private Einblicke in die<br />
vielschichtige Welt des Modehauses<br />
Dior. Außerdem verfolgt sie die nur<br />
zweimonatige Entstehung der ersten<br />
Haute-Couture-Kollektion des neu<br />
ernannten Chefdesigners Raf Simons.<br />
Er trat seinen Dienst als Nachfolger von John Galliano an und soll den<br />
Spagat hinbekommen, einerseits den Grundsätzen von Dior treu zu<br />
bleiben, andererseits aber das Modehaus mit seinen eigenen Visionen<br />
zu modernisieren. Die Dokumentation zeigt, welche Herzensarbeit und<br />
welches perfekte Zusammenspiel eines leidenschaftlichen Teams hinter<br />
einer Kollektion stehen. Der Regisseur Frédéric Tcheng kommt dem<br />
scheuen Raf Simons ungewöhnlich nah und stellt eine überraschende<br />
Parallele zu Christian Dior her.<br />
DOKUMENTATION<br />
Dior und ich • Frankreich 2014, 89 min • Originaltitel: Dior et moi • Ein<br />
Film von Frédéric Tchang mit Raf Simons u.a. • Kinostart: 9. Juli <strong>2015</strong><br />
Romantik à la française<br />
Was passiert, wenn ein Mann und eine Frau eine<br />
gemeinsame Leidenschaft teilen? Sie verlieben<br />
sich ineinander. So jedenfalls im Fall von Jean-<br />
René und Angelique. Der etwas schüchterne und<br />
Frauen gegenüber eher wortkarge Jean-René ist<br />
Besitzer einer kleinen Schokoladenfabrik. Da diese<br />
gerade auf Hochtouren läuft, bedarf es einer neuen<br />
Arbeitskraft. Also stellt der Manufakturinhaber<br />
die ebenso schüchterne Angélique als<br />
Schokoladenherstellerin ein. Schnell beginnen<br />
zwischen beiden die Funken zu sprühen. Wäre da<br />
nur nicht das leidige Schüchternheitsproblem...<br />
Eine romantische Komödie, die ein wenig an « Die<br />
fabelhafte Welt der Amelie » erinnert und so süß wie<br />
Schokolade ist.<br />
Die anonymen Romantiker •<br />
Frankreich 2010, 75 min •<br />
Originaltitel: Les émotifs<br />
anonymes • Ein Film von<br />
Jean-Pierre Améris mit<br />
Isabelle Carré, Benoît<br />
Poelvoorde, Lorella<br />
Cravotta u.a. • Sprachen:<br />
deutsch/französisch,<br />
Untertitel: deutsch • Ab<br />
3. Juli <strong>2015</strong> im Handel<br />
18 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
THEMENABEND<br />
Ein Abend für<br />
Brigitte Bardot<br />
Erotische Ikone der 1960er-<br />
Jahre, Sängerin, Schauspielerin<br />
und Tierschützerin –<br />
Brigitte Bardot ist ein Mythos. ARTE zeigt den Spielfilm « Mit den Waffen einer Frau » von<br />
Claude Autant-Lara aus dem Jahr 1958, in dem eine ganz junge Brigitte Bardot die verführerische<br />
Yvette Maudet spielt. Im Anschluss wiederholt ARTE den Dokumentarfilm « BB, eine Liebeserklärung<br />
». In der deutschen Fassung der Dokumentation werden die Off-Stimme des Regisseurs<br />
von Matthias Brandt gesprochen und die Erinnerungen von Brigitte Bardot von Maria Schrader.<br />
Sonntag, 7. Juni <strong>2015</strong>, 20.15 Uhr<br />
DOKUMENTATION<br />
Guédelon: Wir bauen eine Burg<br />
In der französischen Gemeinde Treigny in Burgund liegt eine ganz<br />
besondere Baustelle: Hier entsteht eine mittelalterliche Burg, und<br />
zwar ausschließlich mit Werkzeugen, Materialien und Techniken<br />
des 13. Jahrhunderts. Dieser Dokumentarfilm blickt hinter die<br />
Kulissen des Projekts und begleitet die Arbeiten von März bis<br />
Oktober 2014. Die Bauarbeiter spielen in dem Dokumentarfilm<br />
eine ebenso große Rolle wie die Archäologen und Historiker,<br />
die sie beraten. Im Film geben sie gemeinsam Einblicke in den<br />
Bauprozess der Burg<br />
und erzählen, wie diese<br />
ungewöhnliche Idee<br />
entstand.<br />
Samstag,<br />
20. Juni <strong>2015</strong>, 20.45 Uhr<br />
THEMENTAG<br />
Fête de la Musique –<br />
ARTE feiert mit!<br />
Am längsten Tag des Jahres gibt<br />
bei ARTE die Musik den Ton an. In<br />
Begleitung von Annette Gerlach<br />
und Startenor Rolando Villazón<br />
geht es quer durch Europa.<br />
Begonnen wird live aus Berlin mit Daniel Barenboim<br />
und der Berliner Staatskapelle auf dem Bebelplatz.<br />
Es folgt die wohl berühmteste Operette des deutschfranzösischen<br />
Komponisten Jacques Offenbach, « Die<br />
schöne Helena », live aus dem Théâtre du Châtelet<br />
in Paris. So geht es den ganzen Tag weiter. Bis nach<br />
Mitternacht dreht sich an diesem 21. Juni <strong>2015</strong> bei<br />
ARTE alles um die Fête de la Musique.<br />
Sonntag, 21. Juni <strong>2015</strong>, 12.<strong>55</strong> Uhr<br />
Das komplette tägliche ARTE TV-Programm finden Sie im ARTE Magazin.<br />
Jeden Monat neu am Kiosk oder im Abonnement. Jetzt bestellen unter: www.arte-magazin.de.<br />
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Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 19
ON SURFE<br />
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VERANSTALTUNGSKALENDER &<br />
RATGEBER lieber meiden sollte.<br />
Was ist gerade los in Paris?<br />
Wo lauert der<br />
nächste Stau?<br />
Vor drei Jahren hat die Stadt Paris<br />
eine Internetseite ins Leben Per kostenloser App oder<br />
gerufen, dank der die Pariser auf einer Internetseite kann<br />
einen schnelleren Überblick erhalten man sich in Echtzeit darüber<br />
sollen, welche Freizeit- und Kulturangebote<br />
gerade in der Stadt angeboten<br />
werden. Die Webseite ist eine große<br />
Erfolgsgeschichte geworden. Heute<br />
klicken bis zu eine halbe Millionen Menschen pro Tag die Seite an.<br />
Deshalb wurde diese Plattform nun weiterentwickelt, damit sie sich<br />
nicht nur an die Pariser, sondern auch an die Touristen in der Stadt<br />
wendet. Dafür übersetzte man die Webpage ins Englische. So gibt es<br />
nun Menüpunkte wie « What can I do in Paris this week? », « To meet<br />
Parisians » oder « Must-see exhibitions ». Außerdem gibt es einige<br />
Links zu anderen nützlichen Seiten wie beispielsweise « Inexpensive<br />
Paris » für die kostenbewussten Touristen. Allerdings muss man sich<br />
bei der Benutzung der englischsprachigen Version darauf einstellen,<br />
dass nicht immer alle Angaben übersetzt wurden. Die englische<br />
Übersetzung der Internetseite ist nicht die einzige Neuerung: Es gibt RATGEBER<br />
seit kurzem auch einen Ableger in Form einer kostenlosen App. Damit<br />
hat man die Möglichkeit, sich auf dem Smartphone zeigen zu<br />
lassen, was gerade in der Umgebung kulturell und auch sonst so los<br />
Wo ist das Wasser<br />
sauber?<br />
ist. Perfekt, wenn man in Paris unterwegs ist. Die App gibt es bisher<br />
jedoch nur auf Französisch. Aber vielleicht wird sich ja auch dies<br />
eines Tages ändern.<br />
www.quefaire.paris.fr · App Que faire à Paris<br />
Wie jedes Jahr wird auch vor<br />
diesem <strong>Sommer</strong> wieder die<br />
Wasserqualität an Frankreichs<br />
Stränden veröffentlicht. Die<br />
Wie findet man den billigsten Sprit?<br />
informieren, wie es gerade auf Frankreichs<br />
Straßen aussieht und wo Behinderungen bzw.<br />
Staus existieren. Außerdem wird das Wetter<br />
entlang der Strecke, die man fahren möchte,<br />
angezeigt und es gibt diverse Webcams, auf<br />
die man zugreifen kann. Wer zudem seine<br />
Reise im Voraus planen will, wird sich über den<br />
Service einer Verkehrsvorhersage freuen.<br />
www.v-traffic.com · App V traffic<br />
&<br />
Information ist sowohl per Webseite als auch als<br />
kostenlose App erhältlich. So weiß man, welche<br />
Strände empfehlenswert sind und welche man<br />
www.pavillonbleu.org · App Pavillon Bleu <strong>2015</strong><br />
Was in Deutschland bereits seit einiger Zeit<br />
existiert, gibt es nun auch in Frankreich: Benzinpreise<br />
an Tankstellen online vergleichen. Auf Initiative der<br />
französischen Regierung werden die Preise an allen<br />
Zapfsäulen im Land transparent. Der Automobilist kann<br />
also dort tanken, wo es gerade am günstigsten ist.<br />
Außerdem kann man seinen Start- und Endpunkt, die<br />
benötigte Benzinsorte, den Durchschnittsverbrauch des<br />
Fahrzeugs sowie eine Preisspanne, die man bereit ist<br />
auszugeben, angeben und erhält im Gegenzug eine<br />
empfohlene Route mit den notwendigen Tankstopps.<br />
Man verspricht sich davon, die Konkurrenz unter den<br />
Tankstellen anzukurbeln. Die Internetseite existiert nur auf<br />
Französisch, lässt sich aber trotzdem auch gut bedienen,<br />
wenn man die Sprache nicht beherrscht.<br />
www.prix-carburants.gouv.fr<br />
SPRACHE<br />
Wie sagt man das auf Elsässisch?<br />
Das Elsässische ist eine der lebendigsten Regionalsprachen in<br />
Europa. Dies zeigt sich nicht nur daran, dass sie im Elsass immer<br />
noch von vielen Menschen gesprochen und an Schulen gelehrt<br />
wird, sondern auch daran, dass sich die Sprache weiterentwickelt,<br />
was sich in sehr modernen Redewendungen ausdrückt. Die<br />
lustigsten und häufigsten gruppiert eine kostenlose App. So kann<br />
man auf entspannte Weise ein bisschen Elsässisch lernen und sich<br />
gleichzeitig ein wenig amüsieren.<br />
App Iyo<br />
20 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
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Ort<br />
Datum Unterschrift<br />
Hausnummer<br />
Frank<strong>55</strong>15
UNTERWEGS IN FRANKREICH Baskenland<br />
22 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Corniche Basque<br />
Von Saint-Jean-de-Luz nach Hendaye<br />
Im äußersten Südwesten Frankreichs lockt eine Region, die viel zu<br />
wenig Aufmerksamkeit bekommt: das französische Baskenland. Eine<br />
der schönsten Ecken dieser Region ist die Küste von Saint-Jean-de-Luz<br />
nach Hendaye, die auch als Corniche Basque bekannt ist. Eine Reise<br />
zu rotweißen Fachwerkhäusern, einer malerischen Steilküste und der<br />
baskischen Kultur.<br />
Die letzten Kilometer sind quälend. Ich muss mich<br />
zwingen, hinterm Steuer die volle Aufmerksamkeit<br />
zu bewahren. Die eintönige Strecke durch die<br />
endlosen Pinienwälder der Landes hilft dabei nicht wirklich.<br />
Erst kurz vor Biarritz wird die Landschaft wieder abwechslungsreicher<br />
und die Autobahn kurviger. Trotzdem<br />
bin ich froh, als ich endlich die Autobahnausfahrt nach<br />
Saint-Jean-de-Luz erreiche. Es ist die drittletzte Ausfahrt<br />
entlang der A63 von Bordeaux nach Spanien. Endlich bin<br />
ich an meinem heutigen Ziel. Keine Frage, die Anreise ins<br />
französische Baskenland im äußersten Südwesten des Landes<br />
ist lang. Dafür wird der Reisende mit einer ganz besonderen<br />
Kultur und einer schönen Landschaft entlohnt.<br />
Die meisten verbinden das Baskenland mit Spanien.<br />
In der Vergangenheit leider selten in einem positiven Zusammenhang:<br />
Wenn man in den letzten Jahrzehnten in<br />
der Presse über das Baskenland las, war es meist im Zusammenhang<br />
mit Bombenanschlägen und Unabhängigkeitsbestrebungen.<br />
Zum Glück sind diese Zeiten auch im<br />
spanischen Baskenland inzwischen vorbei. Zu kurz in der<br />
öffentlichen Wahrnehmung kam dabei stets, dass es auch<br />
ein Baskenland nördlich der Pyrenäen gibt. Zwar fühlen<br />
sich die Menschen hier durchaus mit ihren Brüdern und<br />
Schwestern südlich des Gebirges kulturell verbunden,<br />
doch das Streben nach Unabhängigkeit und der dafür mit<br />
allen Mitteln geführte Kampf waren auf der französischen<br />
Seite nie so stark ausgeprägt.<br />
Dies bedeutet aber nicht, dass die französischen Basken<br />
weniger stolz auf ihre Heimat sind. Auch nördlich der Alpen<br />
gibt es einige, die von einem unabhängigen Baskenland<br />
träumen oder sich wenigstens ein bisschen mehr Autonomie<br />
wünschen würden. Lange Zeit gab es die Forderung nach<br />
einem eigenen Departement. Denn das französische Baskenland<br />
ist Teil des Departements Pyrénées-Atlantiques,<br />
dessen Grenzen weit über das Baskenland hinausgehen, so<br />
dass die Basken in « ihrem » Departement keine Mehrheit<br />
stellen. François Mitterrand hatte in seinem Wahlkampf<br />
dies einst sogar versprochen. Eingehalten wurde diese Zusage<br />
jedoch nie. So bleiben bis heute vor allem die Kultur<br />
und Sprache als Klammer der baskischen Identität.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 23
UNTERWEGS IN FRANKREICH Baskenland<br />
24 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Saint-Jean-de-Luz,<br />
ein Städtchen in rotweiß<br />
Außerdem unterscheidet sich die Region architektonisch<br />
von der Umgebung. Dies fällt mir sofort auf, als<br />
ich die Autobahn verlasse und in Richtung Zentrum von<br />
Saint-Jean-de-Luz fahre. Die meisten Gebäude haben<br />
eine Fachwerkfassade. Die Flächen zwischen den überwiegend<br />
rot gestrichenen Holzbalken sind weiß verputzt.<br />
Auf dem Dach liegen rote Ziegel. Diese Architektur verleiht<br />
dem Ferienort am Atlantik eine helle und fröhliche<br />
Atmosphäre.<br />
An einem der Hauptboulevards im Zentrum liegt<br />
mein Hotel, das ich kurz zuvor über eine App für Last-<br />
Minute-Übernachtungen gebucht habe. Zu meiner<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 25
UNTERWEGS IN FRANKREICH Baskenland<br />
Freude erwartet mich ein freier Parkplatz vor dem Haus.<br />
Ich nehme meinen Koffer und checke in das nur sieben<br />
Zimmer zählende Boutique-Hotel ein. Anscheinend bin<br />
ich der einzige Gast an diesem Abend. Der Rezeptionist<br />
erwartet mich bereits und zeigt mir mein Zimmer. Danach<br />
erklärt er mir, wie ich abends wieder ins Hotel gelange,<br />
sollte ich nochmals ausgehen wollen, und schließt<br />
danach die Rezeption ab. Für eine Nacht gehört mir das<br />
an einen Stadtpalast erinnernde Haus mit einem Pool auf<br />
dem Dach ganz alleine.<br />
Dies dachte ich jedenfalls, denn am nächsten Morgen<br />
sitzt der Hausherr persönlich an der Rezeption und erzählt<br />
mir, dass seine Familie ebenfalls eine Wohnung im Haus<br />
bewohnt. Gestern Abend war er nur nicht anwesend, da<br />
sich seine Enkelin auf die Abiturprüfungen am nächsten<br />
Tag vorbereitete und er und seine Frau sie dabei unterstützen<br />
wollten. Wir kommen ein wenig ins Gespräch und so<br />
erfahre ich, dass es sich bei dem Gebäude um ein Haus<br />
handelt, in dem früher wichtige Köpfe der « baskischen<br />
Sache », womit er das Streben nach baskischer Unabhängigkeit<br />
meint, trafen. Vor einigen Jahren wandelte er das<br />
Haus zusammen mit seiner Frau in ein Boutique-Hotel<br />
um, das letzten Herbst eigentlich für immer geschlossen<br />
wurde. Schließlich wollten er und seine Frau noch ein<br />
bisschen das Leben genießen.<br />
Doch dann wütete im Grand Hôtel des Ortes, das<br />
sich am gleichen Boulevard befindet, ein Feuer und die<br />
örtliche Tourismuszentrale bat ihn, sein Hotel wenigstens<br />
für eine weitere Saison wiederzueröffnen. Er traute<br />
sich nicht, sich diesem Wunsch zu verwehren und hatte<br />
deshalb wenige Tage vor meiner Ankunft das Hotel wieder<br />
für Gäste hergerichtet. So verstehe ich auch, warum<br />
ich in der letzten Nacht der einzige Gast war. Doch<br />
selbst wenn das Hotel noch ein wenig weiterbesteht, sollen<br />
mittelfristig seine Söhne das Gebäude übernehmen,<br />
die es vermutlich wieder in ein Wohnhaus umwandeln<br />
werden.<br />
Wo der Sonnenkönig heiratete<br />
Nach diesem angenehmen morgendlichen Plausch<br />
begebe ich mich auf Stadterkundungstour. Mit seinen<br />
13.000 Einwohnern ist Saint-Jean-de-Luz ein überschaubares<br />
Städtchen, selbst wenn in der Hochsaison Touristen<br />
die Einwohnerzahl anschwellen lassen. Außerdem wirkt<br />
es sehr viel bodenständiger, aber nicht weniger charmant<br />
als das benachbarte mondäne Biarritz. Ich laufe durch<br />
die Rue Gambetta, die Hauptfußgängerzone des Ortes,<br />
in Richtung Hafen. Am Ende der Straße liegt die Place<br />
Louis XIV.<br />
Der Platz trägt nicht ohne Grund den Namen des<br />
Sonnenkönigs. Hier im Südwesten an der Grenze zu Spanien<br />
ehelichte Ludwig XIV. die spanische Infantin Maria-<br />
Theresia im Juni 1660. Die Trauung fand in der Eglise<br />
Saint-Jean-Baptiste statt, die an der Rue Gambetta nur einige<br />
Schritte von der Place Louis XIV entfernt liegt. Die<br />
Zeremonie wurde vom Bischof von Bayonne geleitet. Anschließend<br />
begab sich die Hochzeitsgesellschaft ins Haus<br />
Lohobiague, in dem der König bereits einen Monat lang<br />
logiert hatte, um sich auf seine Hochzeit vorzubereiten.<br />
Dort durften die frisch Vermählten auch ihre Hochzeitsnacht<br />
feiern. Heute trägt das Gebäude direkt am Platz den<br />
Namen « Maison Louis XIV ».<br />
Hafenatmosphäre mit Blick auf Villen<br />
Nach diesem « Ausflug » in Frankreichs Geschichte<br />
stehe ich am Rande des Hafenbeckens von Saint-Jeande-Luz.<br />
Die ganz großen Zeiten als Hafenstadt sind vorbei.<br />
Die Nachfahren der Seeräuber von einst sind längst<br />
staatstreue Bürger geworden. Auch der Walfischfang ist<br />
nur noch eine blasse Erinnerung an frühere Zeiten. Fischerboote<br />
liegen aber bis heute im malerischen Hafen<br />
von Saint-Jean-de-Luz. Der Ort ist unverändert ein wichtiger<br />
Hafen für den Fang von Thunfisch, Sardinen und<br />
Sardellen.<br />
Ich genieße den Blick auf die bunten Fischerboote,<br />
die vor mir im Hafenbecken schaukeln. Ein paar Fischer<br />
sortieren ihre Netze am Kai. Die Häuser auf der anderen<br />
Seite des Hafens gehören bereits zu Ciboure, das kleiner<br />
und weniger bekannt ist als Saint-Jean-de-Luz, sich architektonisch<br />
aber kaum unterscheidet. Am nördlichen Hafenrand<br />
fällt mir ein Haus auf, das sich durch seine Steinund<br />
Ziegelfassade von den anderen Häusern abhebt. Es<br />
handelt sich um die Maison de l’Infante. In diesem Haus<br />
eines wohlhabenden Reeders bereitete sich Maria-Theresia<br />
auf ihre Ehejahre in Versailles vor.<br />
Eine Promenade zum Flanieren<br />
Spätestens hier am Hafen habe ich mich in Saint-Jeande-Luz<br />
verliebt. Ein Gefühl, das noch stärker wird, als ich<br />
von dort aus in Richtung Meer gehe. Der breite, feinsandige<br />
Strand an der Baie de Saint-Jean-de-Luz et Ciboure,<br />
wie die durch Deiche geschützte Bucht vor dem Ort<br />
offiziell heißt, ist der perfekte Tummelplatz für Sonnenanbeterinnen<br />
und Strandcowboys. Eine erhöht angelegte<br />
Promenade lädt zum Schlendern ein. Die Villen auf den<br />
Hügeln von Ciboure im Hintergrund bilden die passende<br />
Kulisse.<br />
Ich gehe auf der Promenade in östliche Richtung,<br />
bis ich schließlich vor dem Grand Hotel stehe. Das<br />
Erdgeschoss ist noch verschlossen, aber die Handwerker<br />
sind weit vorangeschritten, aus dem durch das Feuer im<br />
Dachstuhl beschädigten Hotel wieder eine ehrwürdige<br />
Unterkunft zu machen. Für den 1. Juni <strong>2015</strong> ist die Wiedereröffnung<br />
geplant. Dann haben betuchte Gäste aus<br />
der ganzen Welt ihr Refugium im Art-Déco-Stil wieder<br />
zurück. Sicherlich werden sie dann erneut tolle Urlaubstage<br />
in Saint-Jean-de-Luz verleben können. Für mich ist<br />
jedoch der Moment gekommen, Abschied zu nehmen und<br />
meine Reise fortzusetzen.<br />
26 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Oben: Die Maison de l’Infante, in der sich Maria-Theresia auf ihre Ehe vorbereitete. Unten: In der Innenstadt von Saint-Jeande-Luz.<br />
S. 24/25: Blick über den Hafen von Saint-Jean-de-Luz nach Ciboure, das ein Ortsunkundiger kaum als eigenständige<br />
Kommune wahrnehmen würde. S. 22/23: Der Strand von Saint-Jean-de-Luz. In der Ferne erneut Ciboure mit seinen Villen.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 27
UNTERWEGS IN FRANKREICH Baskenland<br />
Oben: Ciboure. Rechts: Die Steilküste zwischen Saint-Jean-de-<br />
Luz und Hendaye entlang der Corniche Basque. Unten: Das<br />
Fort Socoa in der Bucht von Saint-Jean-de-Luz und Ciboure.<br />
28 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Ciboure, die kleine Schwester<br />
von Saint-Jean-de-Luz<br />
Über den Pont Charles de Gaulle verlasse ich Saint-<br />
Jean-de-Luz und befinde mich sogleich in Ciboure. Der<br />
Blick von hier zurück über das Hafenbecken ist nicht weniger<br />
betörend als vorhin in die andere Richtung. Ansonsten<br />
wirkt der Ort eher verschlafen. Es ist offensichtlich,<br />
dass sich das Leben meist auf der anderen Uferseite der<br />
hier ins Meer mündenden Nivelle abspielt. Dafür gibt<br />
es in Ciboure einige herrschaftliche Villen sowie schöne<br />
Fachwerkhäuser. Mit einer königlichen Hochzeit kann<br />
sich der Ort nicht brüsten, dafür erblickte Maurice Ravel,<br />
der Komponist des berühmten Boleros, in diesem Ort das<br />
Licht der Welt.<br />
Auf dem Gebiet der Kommune liegt zudem das Fort<br />
Socoa. Recht malerisch bewacht es die Bucht von Saint-<br />
Jean-de-Luz und Ciboure. Errichtet wurde es einst unter<br />
Heinrich IV. Wie bei vielen Festungen im Land legte<br />
später auch hier Vauban Hand an. Für viele Urlaubsgäste<br />
ist das Fort ein beliebtes Ausflugsziel. Auch ich lege einen<br />
kurzen Stopp ein. Von der Festung aus ergibt sich ein<br />
schöner Blick auf den Küstenverlauf.<br />
Corniche Basque, grandiose<br />
Steilküste und viel Natur<br />
Danach geht es weiter auf einer Straße, die nicht nur<br />
einen verlockenden Namen trägt, sondern ohne Übertreibung<br />
entlang eines der schönsten Küstenabschnitte<br />
Frankreichs führt: die Corniche Basque. Immer dem<br />
Küstenverlauf folgend, schlängelt sich die Straße mit ge-<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 29
UNTERWEGS IN FRANKREICH Baskenland<br />
Blick auf Hendaye-Plage, der Ableger von Hendaye direkt am Meer, beliebt bei <strong>Sommer</strong>urlaubern.<br />
bührendem Abstand zum Meer von Ciboure im Osten bis<br />
nach Hendaye an der spanischen Grenze im Westen. Es<br />
sind nur rund ein Dutzend Kilometer von einem Ort zum<br />
nächsten. Aber ein Dutzend Kilometer voller großartiger<br />
Natur.<br />
Unterwegs halte ich diverse Mal an, um das einzigartige<br />
Panorama zu genießen. Jedes Mal verliebe ich mich ein<br />
bisschen mehr in die Umgebung. Die Steilküste sieht aus<br />
wie große Schieferplatten, die schräg aus dem Meer ragen.<br />
Ich kann mich nicht erinnern, eine solche Steilküste<br />
schon einmal woanders gesehen zu haben. Strände gibt es<br />
hier nicht, dafür aber ein türkisfarbenes Meer. Trotz des<br />
Verkehrs höre ich das Rauschen des Ozeans. Die Wellen<br />
klatschen ohne Unterlass an die Felsen viele Meter unter<br />
mir. Es ist ein Anblick wie aus dem Bilderbuch. Dieses<br />
Naturerlebnis bietet einen wohltuenden Kontrast zum<br />
Trubel in Saint-Jean-de-Luz. Ich setze mich auf einen<br />
Felsen und lasse meinen Gedanken freien Lauf. Der Wind<br />
wirbelt um meinen Kopf und nimmt alle negativen Energien<br />
mit auf seine Reise.<br />
Hendaye, Grenzstadt und<br />
Rangierbahnhof<br />
Als ich danach wieder hinter dem Steuer sitze, sind es<br />
nur noch wenige Minuten bis Hendaye. Die Grenzstadt<br />
zu Spanien besteht aus zwei Ortsteilen. Direkt am Meer<br />
liegt Hendaye-Plage. Ein typischer Ferienort mit Sandstrand<br />
und modernen Appartementhäusern. In den <strong>Sommer</strong>monaten<br />
herrscht hier viel Trubel. Im Winter versinkt<br />
dieser Ortsteil dagegen in einen langen Winterschlaf.<br />
Etwas weiter im Inland, an der Bidassoa, die hier so breit<br />
wie ein See wird, liegt das eigentliche Hendaye, das ganzjährig<br />
einen recht provinziellen Charme besitzt.<br />
Eine große Fläche des Ortes nimmt der Grenzbahnhof<br />
zu Spanien ein. In Zeiten eines vereinigten Europas<br />
haben die ehemaligen Zollabfertigungsanlagen längst ihre<br />
Bedeutung verloren. Die Größe des Bahnhofs erklärt sich<br />
aber nicht nur durch die ehemalige Grenzfunktion, sondern<br />
auch durch die Tatsache, dass die Züge in Spanien<br />
eine andere Spurbreite besitzen. Hendaye ist deshalb ein<br />
wichtiger Rangierbahnhof im internationalen Güterverkehr.<br />
Ansonsten kann Hendaye nicht mit dem gleichen<br />
Charme wie Saint-Jean-de-Luz aufwarten. Zwar gibt es<br />
auch hier ein paar sehenswerte Gebäude und ist weiß die<br />
dominante Farbe der Fassaden. Doch der Ort ist – abgesehen<br />
von seinem Ableger direkt am Meer – kein klassischer<br />
Ferienort wie Saint-Jean-de-Luz. Die Einheimischen<br />
bleiben meist unter sich und gehen ihrem Alltag nach.<br />
Schön ist dagegen der Blick auf die breite Bidassoa. Über<br />
zahlreiche ankernde Segelboote hinweg schaut man auf<br />
Hondarribia an der anderen Uferseite, das bereits im spanischen<br />
Baskenland liegt.<br />
Eine Insel als<br />
Konferenzort für Könige<br />
Wenn man dem Fluss landeinwärts folgt, gelangt man<br />
zu einer kleinen Insel, die früher von strategischer Bedeutung<br />
war und heute nicht mehr viel mehr als ein Stück<br />
bewaldetes Land ist: die Ile des Faisans (dt. Fasaneninsel),<br />
die wegen ihrer Historie auch Ile de la Conférence (dt.<br />
Konferenzinsel) genannt wird.<br />
30 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
N24<br />
Seit dem 16. Jahrhundert trafen sich auf dem Eiland<br />
spanische und französische Könige für Verhandlungen.<br />
Anfang des 17. Jahrhunderts übergaben zum Beispiel<br />
Ludwig XIII. und der spanische Thronanwärter jeweils<br />
ihre Schwestern dem anderen als Braut. 1659 wurde auf<br />
der Insel der Pyrenäenvertrag geschlossen, der den Französisch-Spanischen<br />
Krieg beendete und die Pyrenäen<br />
als Grenze zwischen Spanien und Frankreich festlegte.<br />
Eine Folge des Vertrages war die Hochzeit von Ludwig<br />
XIV. mit Maria Theresia in Saint-Jean-de-Luz. Heute<br />
mag man die politische Bedeutung der Insel nicht mehr<br />
so recht glauben, wirkt sie doch wie ein unscheinbares<br />
Eiland.<br />
Lorient<br />
Vannes<br />
N165/E60<br />
Quiberon<br />
A<br />
A11/E60<br />
Für mich geht damit ein La Baule langer Tag zu Ende. Mit<br />
vielen Eindrücken im Kopf nehme St. ich Nazaire die Autobahn von<br />
Nantes<br />
Hendaye zurück in Richtung Norden. Ich schalte das A87<br />
Autoradio ein und stoße auf einen baskischen Sender. Clisson Die<br />
Cholet<br />
Sprache gilt als eine der schwersten Sprachen in Europa<br />
A83<br />
überhaupt, deren Ursprünge bis heute nicht endgültig<br />
Les Sablesd’Olonne<br />
Kasus und für<br />
bestimmt werden konnten. Es gibt zwölf<br />
das Konjugieren der Verben braucht man einen Doktortitel.<br />
Für mich passen die unverständlichen Sätze jedoch A83<br />
perfekt zu meinem Tag. Irgendwie war ich in Frankreich,<br />
wie ich es kenne, und irgendwie war ich aber auch ganz<br />
woanders. Das französische Baskenland hat mich verzaubert.<br />
N11/E601<br />
Saint-Sigismo<br />
Nio<br />
La Rochelle<br />
E5/A10<br />
E602/A837<br />
<br />
Das französische Baskenland erreicht<br />
man aus Norddeutschland über die<br />
Achse Belgien, Paris, Tours, Bordeaux<br />
bzw. aus Süddeutschland, Österreich<br />
und der Schweiz über die Verbindung<br />
Mulhouse, Beaune, Clermont-Ferrand,<br />
Bordeaux. Saint-Jean-de-Luz<br />
liegt dir ekt an der Auto bahn A63 von<br />
Biar ritz an die spanische Grenze. Die<br />
D912 von Ciboure nach Hen daye bildet<br />
die Corniche Basque.<br />
Direkte Zugverbindungen aus<br />
dem deutschsprachigen Raum ins<br />
französische Baskenland bestehen<br />
nicht. Sowohl Saint-Jean-de-Luz als<br />
auch Hendaye sind ans französische<br />
TGV-Netz angeschlossen.<br />
www.terreetcotebasques.com<br />
www.saint-jean-de-luz.com<br />
www.ciboure.fr<br />
www.hendaye-tourisme.fr<br />
64500 Ciboure<br />
Telefon: +33 (0)5 59 47 64 56<br />
Hendaye Tourisme Montalivet<br />
67bis, boulevard de la Mer<br />
64700 Hendaye<br />
Telefon: +33 (0)5 59 20 00 34<br />
Bordeaux<br />
E5/A10<br />
A52/E72<br />
A<br />
Saint-Jean-de-Luz …<br />
… Berlin 1.838 km … Hamburg 1.682 km<br />
… Köln 1.280 km … München 1.489 km<br />
… Wien 1.938 km … Zürich 1.186 km<br />
Der nächste Flughafen ist in Biarritz.<br />
Direkte Flugverbindungen aus dem<br />
deutschsprachigen Raum nach Biarritz<br />
bestehen nicht. Air France bietet<br />
aber von zahlreichen Flughäfen in<br />
Deutsch land, Österreich und der<br />
Schweiz Umsteigeverbindungen über<br />
Paris nach Biarritz an.<br />
Terre et Côte Basque<br />
20, boulevard Victor Hugo<br />
64500 Saint-Jean-de-Luz<br />
Telefon: +33 (0)5 59 24 33 50<br />
Office de Tourisme de Saint-Jeande-Luz<br />
20, boulevard Victor Hugo<br />
64500 Saint-Jean-de-Luz<br />
Telefon: +33 (0)5 59 26 03 16<br />
Office de Tourisme de Ciboure<br />
5, place Camille Julian<br />
Hendaye<br />
Donostia-<br />
S. Sebastian<br />
Hossegor<br />
Biarritz<br />
Bayonne<br />
Ciboure<br />
Spanien<br />
E5-E70/A63<br />
Saint-Jeande-Luz<br />
France<br />
A64/E80<br />
Pau<br />
A65<br />
Pamplona<br />
LESETIPP FÜR EINEN AUSFLUG IN DIE UMGEBUNG<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 32<br />
Saint-Jean-Pied-de-Port: Ein baskisches Schmuckstück<br />
Früher war die Lage von Saint-Jean-Pied-de-Port im Herzen des Baskenlandes, keine sieben Kilometer von der spanischen<br />
Grenze entfernt, von strategischer Bedeutung. Heute dösen die Schafe im Schatten der Stadtmauer und die Zitadelle hat<br />
ihre militärische Wichtigkeit längst verloren. Für den Tourismus ist das Dorf aber unverändert attraktiv. Besucher kommen<br />
gerne zu den traditionellen Festen. Außerdem gibt es einen ständigen Strom von Pilgern auf dem Weg nach Santiago<br />
de Compostela, denn in Saint-Jean-Pied-de-Port vereinen sich die verschiedenen Varianten des Jakobsweges auf<br />
französischem Gebiet, bevor es über die Pyrenäen geht.<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 90.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 31
UNTERWEGS IN FRANKREICH Provence<br />
Sénanque<br />
Klösterliche Besinnung in der Provence<br />
32 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Die Zisterzienserabtei Sénanque ist eine<br />
der wichtigsten Sehenswürdigkeiten der<br />
Provence. Menschen aus der ganzen<br />
Welt reisen hierher, um dieses Kleinod zu<br />
besichtigen und Bilder von Lavendelfeldern<br />
vor klösterlicher Kulisse zu machen. Einige<br />
wenige reisen aber nicht nur für ein paar<br />
Stunden nach Sénanque, sondern gleich<br />
für ein paar Tage. Denn im Kloster gibt es<br />
auch Zimmer für Besucher, die innerhalb<br />
der alten Steinmauern nach Ruhe und<br />
Besinnung suchen. Ein Selbstversuch. Fünf<br />
Tage bei den Mönchen von Sénanque.<br />
Die Nacht war kurz. Ursprünglich hatte ich meinen<br />
Wecker auf 4.00 Uhr gestellt, um an der Vigil um<br />
4.30 Uhr in der Kapelle teilzunehmen. Unter Vigil<br />
verstehen die Katholiken ein nächtliches Gebet. Für die<br />
Mönche von Sénanque beginnt damit ihr Tag. Ein liturgischer<br />
Tag, der durch sieben Gebete bzw. Messen seinen<br />
ganz eigenen Rhythmus bekommt. Doch um 4.00 Uhr war<br />
ich einfach noch zu müde. Die Anreise in die Provence tags<br />
zuvor war lang und ich spürte noch den Stress meines alltäglichen<br />
Lebens. Also machte ich den Wecker aus und<br />
stellte ihn erneut, diesmal auf 7.00 Uhr. Denn um 7.45 Uhr<br />
finden sich die Mönchen erneut in der Kapelle ein, um die<br />
morgendlichen Lobgesänge vorzunehmen, Laudes genannt.<br />
So stehe ich schließlich inmitten von einem Dutzend<br />
Mönchen und etwa genauso vielen Gästen wie mich, die<br />
in Sénanque versuchen, für ein paar Tage dem Alltag zu<br />
entfliehen. Obwohl 7.45 Uhr keine wirklich frühe Zeit<br />
mehr ist, merke ich, dass meine Augen trotzdem noch<br />
schwer sind. Dabei stehe ich zu Hause normalerweise<br />
nicht später auf. Aber es fühlt sich an, als ob bereits ein<br />
paar Stunden in diesen klösterlichen Mauern ausgereicht<br />
hätten, um die Schwere des üblichen Alltags zu spüren<br />
und festzustellen, wie ausgelaugt mein Körper ist.<br />
Voller Neugierde verfolge ich das Geschehen der<br />
Mönche. Der Klosterbruder, der mich gestern empfangen<br />
hat, steht nicht weit von mir entfernt und nickt mir<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 33
UNTERWEGS IN FRANKREICH Provence<br />
wohlwollend zu. Er hat mir gestern gleich als eines der<br />
ersten Dinge erklärt, dass die Teilnahme an den verschiedenen<br />
Gebeten für die Besucher freiwillig ist. Niemand<br />
ist verpflichtet, allen sieben Gebeten bzw. Messen beizuwohnen.<br />
« Fangen Sie am ersten Tag nicht gleich zu<br />
früh an. Niemand verlangt das von Ihnen. Im Laufe Ihres<br />
Aufenthaltes werden Sie von ganz alleine merken, was<br />
Ihnen gut tut und was nicht »,<br />
hat er mich sogar vorgewarnt.<br />
Dickköpfig hatte ich meinen<br />
Wecker trotzdem auf 4.00<br />
Uhr gestellt. Das Resultat ist<br />
bekannt.<br />
Die Laudes werden in<br />
Klöstern immer bei Tagesanbruch<br />
gehalten. Die aufgehende<br />
Sonne ist bei den Katholiken<br />
ein Symbol für Christus.<br />
Mit den Laudes soll ihm Lob<br />
dargebracht werden. Der<br />
Ablauf dieser morgendlichen<br />
Zeremonie ist fest geregelt. Es<br />
gibt eine Eröffnung, Psalmen,<br />
Lesungen aus der Bibel, Fürbitten,<br />
Gebete und am Ende<br />
den Segen für den Tag. Doch<br />
besonders die Lobgesänge<br />
der Mönche beeindrucken<br />
mich. Sie durchdringen die<br />
Stille in diesen alten Mauern.<br />
Ich bekomme Gänsehaut und<br />
merke, wie diese Gesänge<br />
mein tiefstes Inneres berühren.<br />
Wie anders wirkt in diesem<br />
Moment das Kloster von<br />
Sénanque. Völlig einsam und<br />
ruhig liegt es im Morgenlicht im schmalen Sénacole-Tal<br />
in den Monts de Vaucluse nördlich von Gordes.<br />
In ein, zwei Stunden wird die Situation eine völlig<br />
andere sein. Das Kloster Sénanque ist eine der Hauptsehenswürdigkeiten<br />
der Provence. Die malerischen Lavendelfelder<br />
vor der Abtei finden sich in jedem Bildband über<br />
diese Region und schmücken unzählige Postkarten. Tausende<br />
von Touristen strömen jedes Jahr nach Sénanque.<br />
Sie kommen aus Europa, Amerika, Afrika, Asien und<br />
Australien. Sogar Brautpaare reisen bisweilen an, um ein<br />
paar schöne Hochzeitsfotos vor der Kulisse des Klosters<br />
inmitten der Lavendelfelder zu schießen. Natürlich war<br />
auch ich früher schon einmal hier. Allerdings nur im Außenbereich<br />
des Klosters. Ich hätte mir nie ausgemalt, wie<br />
ruhig es im Inneren zugehen kann, wenn die Tagestouristen<br />
noch nicht oder nicht mehr da sind und Sénanque ein<br />
Kloster wie jedes andere wird.<br />
Nach der Laudes gehe ich zum Frühstück. Die Stimmung<br />
ist besonnen, aber nicht vollkommen geräuschlos.<br />
Eine südafrikanische Freundin geht jedes Jahr für eine<br />
Oben: Das Sénacole-Tal mit dem Kloster. Rechte Seite:<br />
Der Kreuzgang der Abtei. S. 32/33: Im <strong>Sommer</strong>, wenn<br />
der Lavendel blüht, ist das Kloster besonders fotogen.<br />
Woche in ein buddhistisches Kloster. Dort wird dann<br />
sieben Tage lang nur meditiert und geschwiegen. Das<br />
Sprechen ist untersagt. Sie hat mir oft begeistert davon<br />
berichtet. Sie liebt es, nicht sprechen und zuhören zu müssen.<br />
Auf mich hat das dagegen immer etwas abschreckend<br />
gewirkt. Es ist nicht so, dass ich ständig reden muss. Aber<br />
ganze Tage ohne jegliche verbale Kommunikation zu verbringen,<br />
ist nicht mein Ding.<br />
Von daher mag ich diese Mischung<br />
aus Besinnung und<br />
« normalem Leben » hier im<br />
Kloster. Man achtet auf Stille,<br />
aber es gibt auch Platz zum<br />
Reden.<br />
Ich komme ein wenig mit<br />
einem anderen Gast ins Gespräch.<br />
Für ihn ist es der letzte<br />
Tag im Kloster. Morgen wird<br />
er abreisen und wieder in sein<br />
normales Leben zurückkehren.<br />
Er gibt mir ein paar Tipps für<br />
meine Tage hier in Sénanque.<br />
Dann gehe ich wieder auf mein<br />
Zimmer. Es ist spartanisch,<br />
aber nicht ohne Komfort.<br />
Es passt eben zum Rest, den<br />
kargen Mauern der Abtei und<br />
dem klösterlichen Leben der<br />
Enthaltsamkeit. Die Sonne<br />
scheint durchs Fenster und ich<br />
bekomme Lust, diesen ersten<br />
Tag mit einer kleinen Wanderung<br />
durchs Tal zu beginnen.<br />
Die Terz um 10.00 Uhr und<br />
die Messe um 11.45 Uhr werde<br />
ich an diesem Tag auslassen<br />
und dafür rechtzeitig zur Non um 14.30 Uhr zurück sein.<br />
Als ich kurz vor 14.00 Uhr zurückkehre, bin ich fast<br />
froh, dem Trubel vor dem Kloster entrinnen zu können.<br />
Die dicken Steinmauern von Sénanque wirken wie eine<br />
Schutzhülle vor dem Alltag. Musste ich mich eben noch<br />
durch Busgruppen und Massen von Individualtouristen<br />
quälen, die alle hektisch versuchten, sich vor der Kulisse<br />
des Klosters abzulichten, bin ich in meinem Zimmer<br />
wieder von absoluter Ruhe umgeben. Bevor es gleich in<br />
die Klosterkirche geht, checke ich noch einmal mein Mobiltelefon.<br />
Es ist nichts zu machen, hier im Tal ist einfach<br />
kein Empfang zu bekommen. Ich fühle mich von der Außenwelt<br />
abgeschnitten und merke, wie ich dieses früher<br />
gefürchtete Gefühl auf einmal mag.<br />
Die Non gehört zu den Gebeten, mit denen die Arbeit<br />
des Tages unterbrochen wird. Sie ist Teil der sogenannten<br />
kleinen Horen. Sie findet zu einer Uhrzeit statt, zu der<br />
Jesus gestorben sein soll. Ich verfolge das Verhalten der<br />
Mönche erneut mit großer Neugierde und begebe mich<br />
danach für eine Siesta auf mein Zimmer.<br />
34 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
17.50 Uhr: Ich bin tatsächlich auf meinem Bett eingeschlafen.<br />
Normalerweise lege ich mich tagsüber ungern<br />
hin, doch hier in Sénanque ist plötzlich alles anders. Ich<br />
genieße es, wie sich mein Leben verlangsamt. Ich schaue<br />
aus dem Fenster. Das Licht ist sehr warm. Die Abendsonne<br />
sorgt für schöne Farben. Wenn ich mich beeile,<br />
schaffe ich es noch zur Vesper, die um 18.00 Uhr beginnt.<br />
Schließlich will ich vom klösterlichen Leben soviel wie<br />
möglich mitbekommen. Also beeile ich mich.<br />
Die Vesper erinnert mich an die Laudes am Morgen.<br />
Erneut beginnt die Zeremonie mit einer Eröffnung, auf<br />
die die Gesänge der Mönche folgen. Wie am Morgen<br />
durchdringen mich ihre Stimmen. Es folgen Psalmen,<br />
Fürbitten, Lesungen aus der Bibel, Gebete und am Ende<br />
der Segen. Mit der Vesper endet der Arbeitstag. Entspannt<br />
gehe ich aus der Kapelle. Dabei komme ich mit Bruder<br />
Jean-Marie ins Gespräch. Er fragt mich, wie mein erster<br />
Tag bisher verlaufen sei. Ich erzähle ihm, was ich gemacht<br />
habe und wie wohltuend ich bereits die Stille und Ruhe<br />
hier im Kloster empfinde. Er freut sich und wünscht mir<br />
einen schönen Abend. Außerdem<br />
sagt er mir, dass ich ihn<br />
oder seine Mitbrüder jederzeit<br />
ansprechen könnte, wenn ich<br />
Fragen oder Redebedarf hätte.<br />
Ich spüre, dass dies ernst gemeint<br />
und keine Floskel ist.<br />
Es folgen das Abendbrot,<br />
ein kleiner Rundgang durch<br />
den Kreuzgang und die Komplet<br />
um 20.15 Uhr, das Nachtgebet,<br />
womit der Tag beendet<br />
und die Nachtruhe eingeläutet<br />
wird. Ich ziehe mich danach<br />
auf mein Zimmer zurück, lese<br />
noch ein wenig und schlafe<br />
ein.<br />
Am nächsten Tag klingelt<br />
mein Wecker wieder um 4.00<br />
Uhr. Dieses Mal schaffe ich<br />
es, meine Augen zu öffnen<br />
und aufzustehen. Schließlich<br />
will ich die Vigil nicht ein<br />
zweites Mal verpassen. Als ich<br />
in die Kapelle komme, bin ich<br />
mit den Mönchen fast alleine.<br />
Obwohl rund zwei Dutzend<br />
Gäste wie ich im Kloster<br />
anwesend sind, scheint das<br />
nächtliche Gebet für die meisten einfach zu früh zu sein.<br />
Ich lausche wieder gebannt den sonoren Stimmen der<br />
Mönche. Egal, ob sie gerade singen, vorlesen oder beten,<br />
ich fühle mich fast in einen Trancezustand versetzt. Ich<br />
folge der Zeremonie und merke, wie meine Gedanken auf<br />
Wanderschaft gehen. Es ist ein schönes Gefühl. Ein Gefühl,<br />
zu sich selbst zu finden.<br />
Diesen zweiten Tag will ich komplett im Kloster<br />
verbringen. Ich nehme an den gemeinsamen Mahlzeiten<br />
teil, besuche alle Gebete und Messen und ziehe mich<br />
dazwischen entweder mit einem Buch zurück oder lasse<br />
einfach meinen Gedanken freien Lauf. Obwohl ich gerade<br />
einmal 48 Stunden im Kloster verbracht habe, spüre ich,<br />
wie die letzten Tage in weite Ferne rücken. Meine Anreise<br />
ist fast nur noch eine blasse Erinnerung. Ich weiß zwar<br />
noch, wie ich mein Flugzeug in Berlin beinahe verpasste,<br />
wie man meine Mietwagenreservierung am Flughafen<br />
von Marseille erst nicht im System fand, wie ich über eine<br />
volle Autobahn in Richtung Norden fuhr und wie landschaftlich<br />
spektakulär die letzten Kilometer von Gordes<br />
nach Sénanque waren, doch all das scheint weit weg. Das<br />
Kloster lag wie ein kleines Versprechen auf eine geruhsame<br />
Zeit im Tal. Zeitlos hübsch, architektonisch eigentlich<br />
wenig spektakulär und trotzdem einmalig schön.<br />
Natürlich erinnere ich mich auch an meinen Alltag: an<br />
das Hetzen von einem geschäftlichen Termin zum nächsten,<br />
das ständige Gefühl, mich besser ernähren und mehr<br />
Sport machen zu müssen, an<br />
Freunde, die sich beklagen,<br />
dass ich zu wenig Zeit für sie<br />
habe, an Freunde, die nach<br />
meiner Meinung zu wenig<br />
Zeit für mich haben, an meine<br />
Eltern, die mich gerne öfter<br />
sehen würden, und an meinen<br />
Bruder, der gerade sein Leben<br />
auf den Kopf gestellt hat und<br />
eine neue Existenz auf dem<br />
platten Land beginnt. An all<br />
das erinnere ich mich natürlich,<br />
trotzdem scheint es hier<br />
in den kargen Mauern von<br />
Sénanque keine Rolle mehr zu<br />
spielen. Ich vermisse auch gar<br />
nicht mehr mein Mobiltelefon,<br />
das auf dem kleinen Tisch<br />
in meinem Zimmer liegt und<br />
hier ohnehin keinen Empfang<br />
hat. Mit Gedanken über<br />
den Sinn des Lebens und den<br />
Irrsinn unserer heutigen Zeit<br />
schlafe ich ein.<br />
Am dritten Tag ist es für<br />
mich bereits eine Selbstverständlichkeit<br />
geworden, um<br />
4.00 Uhr morgens aufzustehen<br />
und am Leben der Klosterbrüder teilzunehmen. Ich<br />
kenne inzwischen ihre Gesichter und weiß es zu schätzen,<br />
wenn sie mir zunicken oder zulächeln. Auch die Abläufe<br />
der einzelnen Zeremonien sind mir schon vertraut. Ich<br />
käme gar nicht mehr auf den Gedanken, eines der Gebete<br />
zu verpassen. Sie geben meinem Tag einen Rahmen.<br />
Einen Rahmen, der mir gut tut und der verhindert, mich<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 35
UNTERWEGS IN FRANKREICH Provence<br />
zu sehr in meinen Gedanken zu verlieren. Wenn die Vigil<br />
vorbei ist, freue ich mich schon auf die Laudes. Wenn die<br />
Laudes vorbei ist, auf die Terz. Wenn die Terz vorbei ist,<br />
auf die Messe usw.<br />
Es ist nicht so, dass mich meine Tage hier im Kloster<br />
zu einem religiösen Menschen machen. Nein, ich bleibe<br />
ein überzeugter Atheist. Wenn ich versuche, die ganzen<br />
Vorgänge hier im Kloster von außen zu betrachten, kann<br />
ich mir ein Gefühl der Absurdität auch nicht ganz verkneifen.<br />
Ich weiß, dass viele Kriege auf der Welt in einem<br />
Zusammenhang mit Religionen stehen, dass Menschen<br />
sich erdreisten, im Namen Gottes anderen Menschen das<br />
Leben zur Hölle zu machen. All das weiß ich und trotzdem<br />
spielt es – so wie mein Alltag – im Moment keine<br />
Rolle. Einer der Klosterbrüder hatte mir ganz am Anfang<br />
gesagt, dass niemand hier erwarten würde, dass ich als<br />
Atheist ins Kloster komme und es als Katholik wieder<br />
verlasse. Ich selbst bin Herr über das, was hier mit mir<br />
passieren soll.<br />
Nach der Vesper komme ich an diesem Tag mit einem<br />
Mönch ins Gespräch, der mir ein wenig von der Vergangenheit<br />
des Klosters von Sénanque erzählt. Er kennt sich<br />
gut mit der Geschichte aus. Gegründet wurde die Abtei<br />
1148 durch Zisterziensermönche aus Marzan im Departement<br />
Ardèche. 1178 wurde die Klosterkirche vom damaligen<br />
Bischof, der seinen Sitz in Cavaillon hat, geweiht.<br />
Den Hintergrund bildete die religiöse Reformbewegung<br />
der Zisterzienser, die ihren Ursprung in Burgund hatte<br />
und durch den Heiligen Bernhard von Clairvaux (1090-<br />
1153) geprägt wurde. In diesem Orden geht es ums Beten<br />
und Arbeiten. Ein Leben in Armut und Bescheidenheit ist<br />
das erklärte Ideal.<br />
Meist wurden die Zisterzienserklöster an abgeschiedenen<br />
Orten gegründet. So auch in Sénanque. Die Sénancole<br />
im Tal ist ein kleiner Rinnsal, der kaum Wasser führt.<br />
Trotzdem reichte er aus, um Reservoirs anzulegen und die<br />
Böden fruchtbar zu machen. Die Umgebung bestand ansonsten<br />
nur aus dem Gewuchere der Garrigue. Doch die<br />
Mönche ließen sich davon nicht abschrecken. Mit ihrer<br />
asketischen Zurückgezogenheit und fleißigem Arbeiten<br />
machten sie Gegenden urbar, die zuvor von den Menschen<br />
links liegen gelassen wurden. Am Ende des Mittelalters<br />
existierten rund 700 Klöster des Ordens in ganz Europa.<br />
Seine Blütezeit erlebte das Kloster von Sénanque im<br />
13. und 14. Jahrhundert. Damals besaß es zahlreiche Ländereien<br />
in der Provence. Außerdem gehörten vier Mühlen<br />
und sieben Höfe zum Kloster. Ab 1509 verlor die Abtei<br />
aber schrittweise an Bedeutung. In den Religionskriegen<br />
im 16. Jahrhundert wurden die Gebäude teilweise zerstört.<br />
Während der Französischen Revolution wurde das<br />
Kloster verkauft.<br />
1854 kam es dann zu einer Neugründung klösterlichen<br />
Lebens in Sénanque, doch am Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
wurden die Mönche erneut vertrieben. 1926 kehrten<br />
sie zwar zurück, aber nur für 43 Jahre. 1969 zogen sie<br />
dann allesamt ins Kloster Lérins an der Côte d’Azur. Für<br />
Bruder<br />
Jean-<br />
Marie<br />
Mönch in der<br />
Zisterzienserabtei<br />
Sénanque<br />
Bruder Jean-Marie, welche Bedeutung besitzt heute der<br />
« Hotelbetrieb » der Abtei?<br />
Die Beherbergung von Gästen ist natürlich nicht die<br />
Hauptaufgabe unserer Abtei. Die Aufnahme von Fremden<br />
ist allerdings eine benediktinische Tradition. In diesem<br />
Sinne ist auch der Hotelbetrieb ein essentieller Bestandteil<br />
in Sénanque. Wir öffnen unsere Türen deshalb gerne allen,<br />
die in unserer Gemeinschaft nach Besinnung suchen.<br />
Die meisten, die zu uns kommen, finden hier neue Gedanken,<br />
neue Ansätze für ihr Leben und machen oft eine<br />
spirituelle Erfahrung.<br />
Wie viele Menschen haben Platz in der Abtei?<br />
Übers Jahr leben ein Dutzend Mönche hier. Für unsere<br />
Gäste stehen 23 Zimmer zur Verfügung. Außerdem gibt<br />
es einen ehemaligen Stall, in dem wir Jugendgruppen<br />
empfangen können. Wir haben also nichts mit einem<br />
Sofitel mit 500 Zimmern gemeinsam. Die Verhältnisse<br />
sind bescheiden.<br />
Sie sprechen von Zimmern, nicht von Klosterzellen...<br />
Ja, das stimmt, das haben Sie gut bemerkt. Traditionell<br />
müsste man von Klosterzellen sprechen. Doch ehrlich<br />
gesagt sind unsere Zimmer weit davon entfernt, Zellen zu<br />
sein. Das Bild vom Leben in einer Klosterzelle, die feucht<br />
und kalt ist und in der nur eine Kerze die Dunkelheit erhellt,<br />
hat nichts mehr mit der heutigen Realität zu tun.<br />
Das ist ein Klischee, dessen sich vielleicht noch das Kino<br />
36 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Sénanque folgten knapp<br />
20 Jahre, in denen das<br />
Kloster als Kulturzentrum<br />
genutzt wurde.<br />
Erst 1988 lebten im<br />
Kloster Lérins wieder<br />
ausreichend viele Mönche,<br />
um das Klosterleben<br />
in Sénanque neu<br />
zu beleben. Ein paar<br />
Ordensbrüder zogen<br />
um und begründeten<br />
die klösterliche Tradition<br />
im Sénacole-Tal<br />
neu. Die Tradition als<br />
Zisterzienserkloster war<br />
erfolgreich wiederbelebt<br />
– bis heute.<br />
Die Augen des Mönches<br />
leuchten, als er mir<br />
dies erzählt. Ich sehe, wie stolz er auf diese jüngere Vergangenheit<br />
ist. Es schwingt auch ein wenig Genugtuung mit,<br />
dass Sénanque dank dieser letzten Wiederbelebung mehr<br />
als nur eine museale Sehenswürdigkeit ist. Die Ordensbrüder<br />
tragen mit ihrer Arbeit auch zu einem erheblichen<br />
Teil zum Erhalt dieses Kulturdenkmals bei. Sie arbeiten<br />
nämlich nicht nur landwirtschaftlich, wobei sie sich um<br />
Lavendelfelder, Oliven- und Obstbäume und Bienenstöcke<br />
Blick auf Gordes, das dem Kloster am nächsten liegt und meist<br />
gemeinsam mit Sénanque besucht wird.<br />
kümmern, sondern auch handwerklich. Ich verabschiede<br />
mich nach diesem Exkurs in die Vergangenheit und gehe<br />
dieses Mal ohne den Besuch der Komplet ins Bett.<br />
An meinem vierten Tag im Kloster ist alles ein bisschen<br />
anders, denn es ist Sonntag. Die Vigil beginnt bereits<br />
um 4.15 Uhr anstatt um 4.30 Uhr. Mein Wecker klingelt<br />
deshalb bereits um 3.50 Uhr. Auch die Laudes startet<br />
15 Minuten früher. Ich lasse sie aber aus, um mich noch<br />
bedient. Wir empfangen unsere Gäste in richtigen Zimmern,<br />
die geheizt und mit allem Notwendigen ausgestattet<br />
sind. Ein bequemes Bett gehört genauso dazu wie ein<br />
Tisch und ein Stuhl.<br />
Natürlich weisen unsere Zimmer nicht den Komfort<br />
der Luxushotels auf, die man hier im Umkreis von<br />
Sénanque vielfach findet. Wir wollen den Hotels ja auch<br />
keine Konkurrenz machen. Darum geht es uns nicht.<br />
Die Menschen, die zu uns kommen, suchen nicht nach<br />
Komfort, sondern nach Besinnung. Um dieses Ziel zu ermöglichen,<br />
muss man einen gewissen Standard bieten. Es<br />
bedarf aber keines Luxus dafür. Das ist wie mit Blumen.<br />
Eine Knospe, die Sie in den Kühlschrank legen, wird nicht<br />
aufgehen. Wollen Sie, dass eine Blume erblüht, müssen Sie<br />
diese in die Sonne stellen. So braucht auch der Mensch einen<br />
gewissen Komfort wie ein beheiztes Zimmer und gutes<br />
Essen. Dann schaffen Sie damit die Voraussetzungen,<br />
dass dieser Mensch über sein Leben nachdenken kann.<br />
Wie läuft der Tag für die Gäste ab?<br />
Unser Prinzip ist, dass jeder frei ist. Natürlich gibt<br />
es – wie in jeder Gemeinschaft – ein paar Regeln zu beachten.<br />
So sind Ruhe und Besinnung wichtige Stützen<br />
unseres Zusammenlebens. Trotzdem soll auch ein Austausch<br />
stattfinden. Der für die Gästebetreuung zuständige<br />
Mönch steht stets für alle Fragen zur Verfügung. Auch<br />
dürfen die Gäste untereinander reden. Wenn es mal zu<br />
laut wird, weisen wir sie freundlich darauf hin.<br />
Wir stellen fest, dass die Gäste in den ersten Tagen<br />
meist eher still sind und sich zurückziehen. Nach zwei,<br />
drei Tagen kommen dann aber die Fragen und sie suchen<br />
das Gespräch. Die meisten bleiben vier bis fünf Tage.<br />
Während des Tages sind die Gäste eingeladen, an<br />
unseren Messen und Gebeten teilzunehmen. Dies ist aber<br />
keine Pflicht. Die Gebete und Messen finden entweder in<br />
unserer Kapelle oder in unserer Klosterkirche statt. Für<br />
einige beginnt unser Tag sehr früh bzw. zu früh. Aber wie<br />
gesagt, niemand wird gezwungen, an jedem Gebet teilzunehmen.<br />
Zwischen den Gebeten und Messen können<br />
die Gäste ihre Zeit frei gestalten. Manche lesen, andere<br />
erkunden die Umgebung.<br />
Wie funktioniert das Zusammenleben zwischen Mönchen und<br />
Besuchern?<br />
Wir hatten diesbezüglich noch nie irgendwelche Probleme.<br />
Das ergibt sich auf ganz natürliche Art und Weise.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 37
UNTERWEGS IN FRANKREICH Provence<br />
einmal ein bisschen hinzulegen. Anstelle der Terz um<br />
10.00 Uhr gibt es um diese Uhrzeit die klassische Messe,<br />
an der ich wieder teilnehme. Da Sonntag ist, wird sie auch<br />
von einigen Menschen von auswärts besucht. Es ist in der<br />
Klosterkirche sehr viel voller als sonst. Um 12.15 Uhr gibt<br />
es an diesem Tag die Sext, eine der kleinen Horen wie die<br />
Terz und die Non, nur dass sie wochentags in Sénanque<br />
nicht gefeiert wird.<br />
Die Non folgt um 14.30 Uhr, doch ich merke, dass<br />
ich an diesem Tag erst einmal genug Gottesdienste hatte.<br />
Deshalb unternehme ich erneut eine schöne Wanderung<br />
in die Umgebung des Klosters. Es ist ein sonniger Sonntag.<br />
Ich genieße den Duft von Lavendel und die wärmende<br />
Kraft der Sonne.<br />
Bevor ich am Abend wieder die Vesper besuche, erkunde<br />
ich den Chauffoir. Es handelt sich um den einzigen<br />
Raum, der früher im Kloster beheizt war. Die Mönche<br />
durften sich damals in diesem Raum aufhalten, wenn sie<br />
sich zum Beispiel nach einem starken Regenguss trocknen<br />
mussten oder wenn sie medizinische Behandlungen<br />
brauchten. Der Chauffoir diente auch als Schreibstube.<br />
Ich kann mir ausmalen, wie entbehrlich das klösterliche<br />
Leben damals gewesen sein muss und mache innerlich<br />
drei Kreuze, im 21. Jahrhundert leben zu dürfen.<br />
Am nächsten Tag, meinem fünften, folgt das Leben<br />
im Kloster erneut einem anderen Rhythmus, bevor ab<br />
Dienstag wieder die üblichen Rituale gepflegt werden.<br />
Der Montag ist in gewisser Weise der Tag zum « Ausschlafen<br />
», denn die Vigil beginnt erst um 5.30 Uhr,<br />
also eine Stunde später als sonst. Mir kommt diese eine<br />
Stunde mehr Schlaf fast wie ein göttliches Geschenk<br />
vor. Auch die Laudes beginnt eine Viertelstunde später<br />
als gewohnt.<br />
Ich will an diesem, meinem letzten Tag noch einmal<br />
das ganze Programm mitmachen. An diesem Tag werden<br />
auch keine neuen Gesichter zu uns stoßen, denn eine Anreise<br />
ist an jedem Tag in der Woche, außer am Montag<br />
möglich. So bleiben wir anwesenden Gäste unter uns.<br />
Am Nachmittag suche ich noch einmal das Gespräch<br />
mit dem Mönch, der mich am ersten Tag empfangen hat.<br />
Wir reden ein wenig über sein Leben im Kloster, über<br />
den Glauben und die katholische Kirche. Er hat ein paar<br />
interessante Ansichten. Meinen grundsätzlichen Zweifel<br />
gegenüber Religionen beseitigt er aber nicht. Doch dies<br />
ist unerheblich geworden. Für mich ist der Aufenthalt in<br />
Sénanque längst zu einer Reise zu meinem eigenen Ich<br />
geworden, in einem Umfeld, das ich als abendländliches<br />
historisches Erbe empfinde.<br />
Inzwischen fällt es mir auch gar nicht mehr schwer,<br />
meinen Tag mit Nichtstun zu verbringen. So geht die Sonne<br />
schneller unter als gedacht. Ich höre ein letztes Mal die<br />
Gesänge der Mönche in der Kapelle und lege mich schlafen.<br />
Da ich am nächsten Morgen einen anstrengenden<br />
Reisetag vor mir habe, verzichte ich auf den Besuch der<br />
Vigil und schlafe etwas länger. Anschließend frühstücke<br />
ich, packe meinen Koffer und checke aus. Der für den<br />
« Hotelbetrieb » zuständige Mönch verabschiedet mich.<br />
Ich gehe zum Parkplatz des Klosters, wo mein Mietwagen<br />
seit Tagen unbewegt steht. Die ersten Touristen machen<br />
bereits Fotos vom Kloster. Frühmorgens werden die Lavendelfelder<br />
und das Kloster am besten von der Sonne<br />
angestrahlt. Die Leute ahnen vermutlich nicht, dass die<br />
Mönche hinter den Mauern schon seit Stunden auf den<br />
Beinen sind.<br />
Ich mache mich auf den Weg zurück in meinen Alltag.<br />
Nach fünf Tagen klösterlichen Lebens freue ich mich darauf,<br />
wieder ein weltliches Dasein zu führen. Die vergangenen<br />
Tage werden aber trotzdem eine bleibende Erfahrung<br />
bleiben, die ich nicht missen möchte. Eine Rückkehr<br />
nach Sénanque ist nicht ausgeschlossen.<br />
Man respektiert sich gegenseitig. Die Neuankömmlinge<br />
brauchen meist eine kurze Phase der Eingewöhnung,<br />
gerade bezüglich des neuen Tagesrhythmus. Das ist aber<br />
ganz normal. Wir sind alle derart von unserem Alltag eingenommen,<br />
dass es etwas Zeit braucht, sich zu besinnen.<br />
Für uns ist es dabei ein Geschenk Gottes, dass die<br />
Mobiltelefone hier im Tal keinen Empfang haben. Die<br />
Gäste sind gezwungen, ihre Handys zur Seite zu legen.<br />
Ein Segen für uns. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch:<br />
Ich habe nichts gegen die moderne Technik. Ich bin der<br />
Erste, der anerkennt, welchen Nutzen wir aus diesen<br />
Technologien ziehen. So kommen beispielsweise 90 Prozent<br />
unserer Buchungen über unsere Internetseite. Doch<br />
von Zeit uns Zeit ist es wichtig, dass sich die Menschen<br />
klarmachen, dass es Wichtigeres auf der Welt gibt und<br />
dass sie ihre Abhängigkeit von den neuen Kommunikationsmöglichkeiten<br />
erkennen.<br />
Sie vermitteln den Eindruck, dass es eine große Transparenz<br />
und Offenheit im Kloster gibt. Stimmt das?<br />
Ja, das ist richtig. Unsere Türen stehen alle weit offen.<br />
Wir haben nichts zu verheimlichen. Für uns ist es wichtig,<br />
dass unsere Gäste unseren Alltag sehen können, auch die<br />
Herausforderungen und seien es nur bauliche Herausforderungen.<br />
So ist die Abtei an manchen Stellen auch eine<br />
Baustelle. Die Besucher dürfen das ruhig sehen. Unsere<br />
finanziellen Möglichkeiten sind sehr begrenzt. Neulich<br />
habe ich dem Dachdecker gesagt, dass er seine Arbeit gut<br />
machen soll. Das nächste Mal werde er in zwei oder drei<br />
Jahrhunderten wiederkommen. Zeit hat eine andere Bedeutung<br />
in einem Kloster. Wir arbeiten mit und für die<br />
Ewigkeit.<br />
Bruder Jean-Marie, wir danken Ihnen für das Gespräch.<br />
38 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Angoulême<br />
Limoges<br />
A89/E70<br />
Clermont-<br />
Ferrand<br />
A75/E11<br />
le Mont-Dore<br />
Puy de Dôme<br />
A72/E70<br />
Lyon<br />
St.-Etienne<br />
A43/E70<br />
Chambéry<br />
rdeaux<br />
63<br />
France<br />
64/E80<br />
en<br />
E5/A10<br />
A52/E72<br />
Pau<br />
Périgueux<br />
Tulle<br />
<br />
Aus Deutschland und der Schweiz Brive-la-Gaillarde aus Deutsch land, Österreich und der<br />
erreicht man A89/E70Sénanque über die<br />
Schweiz entweder direkt oder mit Umstei<br />
gen erreicht, ist Marseille.<br />
Beaulieu-sur-Dordogne<br />
Rhône-Tal-Autobahn, die man an<br />
Aurillac<br />
der Abfahrt 24 verlässt. Aus Sarlat-le-Canéda<br />
Österreich<br />
ist eine Anreise entweder ebenfalls<br />
durch das Rhône-Tal oder via<br />
Norditalien und entlang der Côte<br />
d’Azur möglich. Von der Auto bahnaus<br />
fahrt an nimmt man die D900 in<br />
Richt ung Apt. In Coustellet biegt man<br />
auf die D2 nach Gordes ab. Von Gordes<br />
aus führt anschließend die D177<br />
ins Tal zum Kloster.<br />
Sénanque …<br />
Toulouse<br />
… Berlin 1.493 km … Hamburg 1.442 km<br />
… Köln 994 km … München 999 km<br />
… Wien 1.420 km<br />
… Zürich 697 km<br />
Der nächste Flughafen ist in Avignon.<br />
Er wird aus dem deutschsprachigen<br />
Raum allerdings nicht angeflogen.<br />
Auch Air France hat die Stadt in zwischen<br />
aus ihrem Flugplan gestrichen.<br />
Der nächste Flughafen, den man<br />
Andorra<br />
Der neue TGV von Frankfurt a.M. über<br />
Mann heim, Karlsruhe und Ba den-Baden<br />
nach Marseille hält in Avig non.<br />
Sénanque selbst ist nicht ans französische<br />
Bahnnetz an ge schlos sen.<br />
www.abbayedesenanque.com<br />
A75/E11<br />
Abbaye Notre-Dame de Sénanque<br />
84220 Gordes<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 31<br />
Avignon: Ein Tag in der Stadt der Päpste<br />
Wo die Durance in die Rhône mündet und<br />
sich drei Departements treffen, liegt<br />
Avignon. Der monumentale Palast<br />
der Päpste erinnert an die glorreiche<br />
Vergangenheit der Stadt, die bis heute<br />
für viele ein Sehnsuchtsziel geblieben<br />
ist. Ein Rundgang durch die Altstadt<br />
einer lebendigen provenzalischen Stadt.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 34<br />
Mit dem Mountainbike durch die Dentelles de<br />
Montmirail<br />
In der Provence zieht nicht nur der<br />
Mont Ventoux Mountainbikefahrer<br />
an, auch die Dentelles de Montmirail,<br />
ein Höhenzug im Norden des<br />
Departements Vaucluse, unweit des<br />
legendären Berges, sind ein beliebtes<br />
Ziel für leidenschaftliche Zweiradfans. Ein schweißtreibender<br />
Selbstversuch.<br />
Telefon: +33 (0)4 90 72 17 92 Lodève<br />
Montpellier<br />
A9/E15<br />
Die Länge des Aufenthalts ist in dividuell<br />
steuerbar. Eine Ankunft Bézier am<br />
Mon tag ist Narbonne jedoch nicht möglich.<br />
A81/E80<br />
Wer<br />
Limoux<br />
nicht in der Abtei wohnen, sondern<br />
nur einen ersten A9/E15 Eindruck ge winnen<br />
möchte,<br />
France<br />
kann an geführten Besicht<br />
igungen teilnehmen. Im <strong>Sommer</strong><br />
Perpignan<br />
wird empfohlen, eine Besichtigung<br />
Collioure<br />
Céret<br />
LESETIPPS FÜR AUSFLÜGE<br />
AP7/E15<br />
IN DIE UMGEBUNG<br />
Spanien<br />
Valence<br />
A7/E15<br />
A9/E15<br />
Avignon<br />
Nîmes<br />
A54/E805<br />
Arles<br />
Orange<br />
A49/E713<br />
A7/E15<br />
Aix-en-<br />
Provence<br />
A<strong>55</strong><br />
Sénanque<br />
Gordes<br />
Apt<br />
Marseille<br />
A52<br />
A50<br />
rechtzeitig zu reservieren. Online ist<br />
dies bis zu 48 Stunden vorher möglich.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 42<br />
Orange: Eine Stadt spielt Theater<br />
Das südfranzösische Orange ist mit seinen 30.000<br />
Einwohnern nicht besonders groß, macht aber<br />
dennoch viel von sich reden. Zuallererst wegen<br />
des beeindruckenden architektonischen Erbes:<br />
Ein antikes Amphitheater und ein restaurierter<br />
Triumphbogen lohnen definitiv einen Besuch.<br />
Dieser lohnt sich auch wegen des kulturellen<br />
Angebots: Jedes Jahr findet mit den « Chorégies d‘Orange » eines der<br />
wichtigsten französischen Festivals der Oper und der klassischen Musik<br />
statt.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 52<br />
Roussillon: Das Colorado Frankreichs<br />
Was würden Sie tun, wenn Sie einen Tag in der Provence zur<br />
freien Verfügung hätten? Vielleicht touristische Höhepunkte<br />
wie Avignon oder den Mont Ventoux besichtigen?<br />
Warum nicht? Eine gute Idee wäre aber auch, einen<br />
Tag in Roussillon zu verbringen und dort neben<br />
den klassischen Sehenswürdigkeiten Restaurants,<br />
Kunstgalerien und Weingüter zu erkunden.<br />
Genießen Sie mit uns einen Tag in Roussillon!<br />
Grenoble<br />
Gap<br />
A51/E712<br />
A8/E80<br />
Toulon<br />
A57<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 90.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 39
UNTERWEGS IN FRANKREICH Ärmelkanal<br />
Le Touquet-Paris-Plage<br />
Ein Strand für die Hauptstadt<br />
Das Seebad Le Touquet-Paris-<br />
Plage ist einer der sehenswertesten<br />
Orte entlang der nordfranzösischen<br />
Côte d’Opale. Wo früher die<br />
Schönen und Reichen dem Müßiggang<br />
frönten, machen heute meist<br />
gut situierte Familien aus der näheren<br />
Umgebung Urlaub bzw. verbringen<br />
hier ihre Wochenenden.<br />
Le Touquet-Paris-Plage bietet dabei<br />
aber nicht nur eine charmante<br />
Kulisse aus der Belle Epoche, sondern<br />
zeigt sich auch als ungewöhnlich<br />
vielfältig im Erscheinungsbild.<br />
Eine Reise an den Ärmelkanal.<br />
Bei den beiden Wörtern « Paris » und « Plage » (dt.<br />
Strand) denken die meisten Hauptstädter heute an<br />
ein in jedem <strong>Sommer</strong> wiederkehrendes Ereignis, bei<br />
dem die Uferstraßen an der Seine rund vier Wochen lang<br />
für den Autoverkehr gesperrt und in einen Tummelplatz für<br />
Fußgänger, Radfahrer, Freizeitsportler und Sonnenanbeter<br />
verwandelt werden. Mir geht das nicht anders. Dabei gibt es<br />
ein « Paris-Plage » schon sehr viel länger als dieses am Anfang<br />
des neuen Jahrtausends vom ersten sozialistischen<br />
Bürgermeister von Paris eingeführte Event. Das « andere »<br />
Paris-Plage befindet sich jedoch nicht innerhalb der Pariser<br />
Stadtgrenzen, sondern rund 200 Kilometer Luftlinie nördlich<br />
der Metropole an den Ufern des Ärmelkanals.<br />
Denn seit dem 19. Jahrhundert schmückt sich der Ferienort<br />
Le Touquet mit dem Namenszusatz « Paris-Plage ».<br />
Zwar mag ein Ortsname wie Le Touquet-Paris-Plage auf<br />
den ersten Blick ziemlich sperrig wirken. Beim zweiten<br />
Hinschauen entpuppt er sich aber als genialer Marketingtrick.<br />
Er bringt außerdem zum Ausdruck, welche Ambitionen<br />
man einst an der Küste des Departements Pas-de-<br />
Calais hatte.<br />
An der Stelle, an der der Notar Alphonse Jean-Baptiste<br />
Daloz 1837 die aus Dünen bestehende Domaine du<br />
Touquet an der Mündung der Canche erwarb, entwickelte<br />
sich bis zu den Goldenen 1920er-Jahren eines der<br />
mondänsten Seebäder des Landes, das nicht weniger sein<br />
wollte, als die Badewanne der Pariser Elite. Allerdings<br />
gehören heute die meisten Villen im Ort gar nicht reichen<br />
Parisern, sondern wohlhabenden Franzosen aus der näheren<br />
Umgebung, die meist ganzjährig ihre Wochenenden<br />
hier verbringen und dafür sorgen, dass Le Touquet-Paris-<br />
Plage auch im Winter keine Geisterstadt wird.<br />
Den werbewirksamen Namenszusatz « Paris-Plage »<br />
dachte sich damals gar nicht der Eigentümer selbst aus,<br />
wie man vermuten könnte. Es war der Direktor der Tageszeitung<br />
Le Figaro, Hypolite de Villemessant, der diesen<br />
genialen Einfall hatte und ihn mit dem befreundeten<br />
Notar teilte. Richtig groß gemacht wurde das Seebad<br />
schließlich aber weder von diesen beiden Herren noch<br />
überhaupt von einem Franzosen. Es war ein Brite, Sir<br />
John Whitley, der sich zum Ende des 19. Jahrhunderts<br />
in die Dünen- und Pinienlandschaft von Le Touquet-<br />
40 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 41
UNTERWEGS IN FRANKREICH Ärmelkanal<br />
Paris-Plage verliebte und die Touquet Syndicate Limited<br />
gründete, die um die Jahrhundertwende den Ort zu einem<br />
Seebad von internationalem Renommee ausbaute.<br />
Es ist deshalb nicht Zufall, dass Le Touquet-Paris-<br />
Plage bis heute einen gewissen britischen Charme besitzt,<br />
was mir bei meiner Fahrt in den Ort auf den ersten Blick<br />
auffällt. Auch viele Besucher auf den Straßen sprechen<br />
Englisch, schließlich liegt Großbritannien gleich auf der<br />
anderen Seite des Ärmelkanals, weshalb schon wegen der<br />
geografischen Nähe viele Briten hierher kommen.<br />
Doch das ist nur eine Sache, die ich sofort bemerke.<br />
Die andere ist, dass Le Touquet-Paris-Plage mehr an eine<br />
Gartenstadt als an ein klassisches Seebad erinnert. Natürlich<br />
hat auch dieser Ferienort sein altes, ehrwürdiges<br />
Grand Hôtel, durch dessen Gänge bis heute der Geist<br />
einer vergangenen Epoche weht. Ebenso gibt es ein Kasino,<br />
das einen Hauch von Monaco an den Ärmelkanal<br />
bringt, eine Pferderennbahn, deren hübsche Tribünen<br />
unter Denkmalschutz stehen, eine Avenue mit edlen Boutiquen,<br />
eine Meeresfront mit breitem Strand sowie schicke<br />
Restaurants. Ist man erst einmal ins Herz der Kommune<br />
vorgedrungen, findet man also die typischen Ingredienzien<br />
eines mondänen Seebades.<br />
Doch dieses Zentrum macht nur einen kleinen Teil der<br />
Fläche von Le Touquet-Paris-Plage aus. Viel dominanter<br />
sind dagegen die sich darum gruppierenden Viertel, in<br />
denen sich herrschaftliche Villen und adrette Bungalows<br />
unter alten Bäumen verteilen. Eine solch grüne, ruhige<br />
und gediegene Atmosphäre kenne ich aus den anderen<br />
mondänen Seebädern des Landes wie Deauville, Cannes<br />
oder Biarritz nicht. Steht dort meist das Sehen und Gesehenwerden<br />
im Mittelpunkt, ist Le Touquet-Paris-Plage<br />
fast wie in ein großer Park, wo man sich der Diskretion<br />
verpflichtet fühlt. Nur das ebenfalls etwas mondäne Arcachon<br />
am Atlantik weist gewisse Ähnlichkeiten auf.<br />
Wahrscheinlich wurde der Ort auch deshalb in Werbekampagnen<br />
zwischen den beiden Weltkriegen als das<br />
« Arcachon des Nordens » angepriesen.<br />
Auffallend ist zudem, dass die großzügig bemessenen<br />
Grundstücke fast nie von Zäunen umgeben sind. Wie<br />
42 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
anders sind doch die Verhältnisse an der kriminalitätsgeplagten<br />
Côte d’Azur, wo keine große Villa mehr ohne<br />
Alarmanlage, Videoüberwachung und hohe Mauern bzw.<br />
Zäune auskommt. Hier habe ich dagegen fast das Gefühl,<br />
ich könnte an die Wohnzimmerscheibe klopfen und man<br />
würde mich sogar noch als Gast empfangen. Teilweise<br />
fehlen die Grundstückseinfassungen, weil sie aus denkmalpflegerischen<br />
Gründen untersagt sind, teilweise aber<br />
auch schlicht, weil diese Offenheit zum Lebensgefühl im<br />
Ort gehört.<br />
Zu einem gewissen Teil verdankt der Ort diese Atmosphäre<br />
der Gediegenheit, Ruhe und Sicherheit den klimatischen<br />
Bedingungen. Spielte zum Anfang des 20. Jahrhunderts<br />
das Wetter bei Urlaubern noch keine so große<br />
Rolle bei der Wahl ihres Ferienortes, hat sich dies bis zum<br />
Anfang des 21. Jahrhunderts grundlegend geändert. Der<br />
internationale Jetset möchte sich inzwischen stets unter<br />
blauem Himmel bei sommerlichen Temperaturen vergnügen.<br />
Die moderne Luftfahrt lässt Distanzen schmelzen.<br />
So ist das wirklich große Geld heute nicht mehr in Le<br />
Touquet-Paris-Plage, sondern in anderen Seebädern zu<br />
Hause. Für Gauner und Ganoven gibt es also spannendere<br />
Ecken im Land.<br />
Am Ärmelkanal ist niemand darüber traurig. Zwar<br />
legt man unverändert Wert darauf, kein Seebad wie jedes<br />
anders zu sein. Eine Pferderennbahn, ein Kasino, ein<br />
Golfplatz sowie ein Flugplatz sorgen für eine gewisse<br />
Exklusivität. Davon abgesehen verzichtet man aber gerne<br />
auf die Sperenzien mancher Stars und fühlt sich mit dem<br />
leicht morbiden Charme vergangener Größe recht wohl.<br />
Nachdem ich diverse Straßen durch die Wohnviertel<br />
abgefahren bin und zahlreiche Anwesen bewundert<br />
habe, stelle ich mein Fahrzeug schließlich in unmittelbarer<br />
Nähe der örtlichen Touristeninformation ab. Place<br />
de l’Hermitage hießt der breite platzartige Boulevard,<br />
an dem sich zugleich das Epizentrum des mondänen Le<br />
Touqet-Paris-Plage befindet. Die Architektur der umliegenden<br />
Gebäude verströmt die Eleganz der Belle-Epoque.<br />
An dieser Stelle erinnert das Seebad in der Tat an Seebäder<br />
wie Deauville oder Biarritz.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 43
UNTERWEGS IN FRANKREICH Ärmelkanal<br />
Eine Fischsuppe als kulinarischer Botschafter<br />
Le Touquet-Paris-Plage ist nicht nur für sein hübsches<br />
Ortsbild und seinen schönen Strand bekannt, auch kulinarisch<br />
kann das Seebad mit einer Spezialität aufwarten:<br />
der Pérard-Fischsuppe. Manche kommen nur deshalb in<br />
den Ort, um sich mit diesem Produkt einzudecken. Verkauft<br />
wird die Suppe in einem Glas, dessen Design sich<br />
seit der Erfindung derselben in den 1960er-Jahren quasi<br />
nicht verändert hat. Heute ist diese Suppe sogar in vielen<br />
Supermärkten landesweit in den Regalen zu finden.<br />
Das Rezept für die Suppe wird von Generation zu<br />
Generation weitergegeben. Die Fischsuppe ist zudem die<br />
einzige Suppe im Land, die sich mit dem « Label Rouge »<br />
schmücken darf. Das « Label Rouge » ist ein französisches<br />
Gütesiegel für hochwertige Lebensmittel. Es wird im Auftrag<br />
des französischen Landwirtschaftsministeriums vergeben.<br />
Die Pérard-Fischsuppe besteht zu mindestens 40 Prozent<br />
aus Fisch, wobei mindestens fünf verschiedene Sorten<br />
aus dem Nordatlantik verarbeitet werden. Außerdem wird<br />
mit Safran gewürzt. Konservierungsstoffe, künstliche Aromen<br />
oder Farbstoffe kommen dagegen nicht in die Suppe.<br />
Seit 1994 steht Lionel Sawicki an der Spitze des Unternehmens,<br />
das diese Suppe herstellt. Er ist der Schwiegersohn<br />
von Serge Pérard, der die Firma einst gründete.<br />
Heute arbeitet ein Dutzend Angestellter in dem Familienbetrieb.<br />
Monsieur Sawicki, Aix-en-Provence hat seine Calissons, Le<br />
Mans seine Rillettes, Cambrais seine Bêtises und Le Touquet-<br />
Paris-Plage seine Fischsuppe, kann man das so sagen?<br />
Ja, das ist richtig, und schon seit langer Zeit so. Der<br />
Grundstein dazu wurde im Zweiten Weltkrieg gelegt. Für<br />
meinen Schwiegervater Serge Pérard – wie für viele andere<br />
Bewohner von Le Touquet-Paris-Plage – war es in den<br />
Kriegsjahren schwer, genug Nahrungsmittel zu bekommen.<br />
Eines Morgens beobachtete er auf dem Fischmarkt<br />
von Boulogne-sur-Mer, wie eine Fischerin ihren Fang<br />
gegen Rationierungsmarken eintauschte, zuvor jedoch<br />
die Köpfe der Fische abschnitt und diese wegwarf. Dies<br />
veranlasste ihn dazu, die Fischhändlerin davon zu überzeugen,<br />
ihm einige dieser Köpfe zu verkaufen.<br />
Er fuhr nach Hause und kochte die Fischköpfe in<br />
heißem Wasser. Als Beilage wählte er Kartoffeln. Seit<br />
langem konnte er sich endlich einmal wieder satt essen.<br />
Für den Abend hob er den Sud auf und verfeinerte ihn mit<br />
Zwiebeln, Thymian, Lorbeer, ein bisschen Knoblauch,<br />
Salz und Pfeffer. Das Rezept für seine Fischsuppe war<br />
geboren.<br />
Rund 20 Jahre später wagte es Serge Pérard, ein Restaurant<br />
in Le Touquet-Paris-Plage zu eröffnen, in dem<br />
nur Fischgerichte gereicht wurden. Die anderen Gastronomen<br />
im Ort hielten das für ein kaum überlebensfähiges<br />
Konzept. Mein Schwiegervater ließ sich davon aber nicht<br />
beirren. Der Star auf der Speisekarte war seine legendäre<br />
Fischsuppe. Immer mehr Kunden fragten ihn, ob man<br />
diese auch mit nach Hause nehmen könnte. So entschied<br />
sich Serge Pérard, die Suppe auch abgefüllt in Gläsern für<br />
den Verkauf anzubieten.<br />
Von Anfang an war es Serge Pérard dabei wichtig,<br />
dass der Ortsname seiner Heimat auf die Gläser geschrieben<br />
wurde. So kam es, dass die Menschen die Fischsuppe<br />
immer mehr mit Le Touquet-Paris-Plage in Verbindung<br />
brachten. Heute ist das Produkt ein Teil der DNA des<br />
Seebades.<br />
Le Touquet-Paris-Plage hat Ihrem Schwiegervater also einiges<br />
zu verdanken...<br />
Ja, und nicht nur das. Serge Pérard gehörte auch zu<br />
den wenigen Familien, die an ein wichtiges Projekt des<br />
ehemaligen Bürgermeisters Léonce Deprez (von 1969<br />
bis 1995 im Amt, Anmerkung der Redaktion) glaubten.<br />
In den 1960er-Jahren war Le Touquet-Paris-Plage in den<br />
Wintermonaten ein ausgestorbenes Nest. Léonce Deprez<br />
hatte die Vision von einem Seebad, das ganzjährig<br />
Besucher anzog. Er sprach deshalb einige Gastronomen,<br />
Einzelhändler und Hoteliers an und bat sie, ihr Geschäft<br />
ganzjährig zu betreiben. Unter den Angesprochenen war<br />
auch mein Schwiegervater.<br />
Viele hielten die Vision des Bürgermeisters für eine<br />
Schnapsidee. Um mit seiner Idee trotzdem eine Kehrtwende<br />
einzuleiten, subventionierte die Stadtverwaltung<br />
sogar die Heizkosten, wenn Hoteliers ihre Herbergen<br />
über Winter geöffnet ließen. Die ersten Winter brachte<br />
dies nicht wirklich mehr Besucher in den Ort. Doch dann<br />
sprach es sich herum, dass man in Le Touquet-Paris-Plage<br />
auch im Winter eine Unterkunft oder ein Restaurant<br />
finden konnte. Das Seebad entwickelte sich auch in der<br />
Nebensaison zu einem beliebten Ziel. Serge Pérard nahm<br />
mit seinem Restaurant an dieser Entwicklung teil.<br />
Ihre Firma ist damit insgesamt zu einem Markenzeichen des<br />
Ortes geworden...<br />
So könnte man das sehen. Außerdem nehmen die<br />
Menschen, wenn sie eine unserer Suppen kaufen, ein<br />
Stück Urlaub mit nach Hause. Sie essen sie zu Hause vielleicht<br />
mit Freunden oder anderen Familienangehörigen.<br />
So entsteht ein Schneeballsystem, von dem Le Touquet-<br />
Paris-Plage profitiert.<br />
Monsieur Sawicki, wir bedanken uns für das Gespräch.<br />
44 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Impressionen aus der Innenstadt von Le Touquet-<br />
Paris-Plage. S. 42/43: Das Mündungsgebiet<br />
der Canche. S. 41: Das Westminster, das<br />
beste Hotel am Platz. S. 40: Edle Boutiquen<br />
im mondänen Epizentrum des Seebades.<br />
Ich mache mich von dort zu Fuß auf den Weg in Richtung<br />
Meer. Vorbei an edlen Boutiquen erreiche ich schon<br />
wenige Minuten später das herrschaftliche Gebäude des<br />
Westminster. Das 4-Sterne-Hotel wurde 1924 im Art-<br />
Déco-Stil erbaut und definiert sich als das erste Haus am<br />
Platz. Die rote Klinkerfassade lässt mich unweigerlich an<br />
England denken. Zu gut kann ich mir vorstellen, wie sich<br />
feine englische Damen in der Lobby zum Tee treffen, um<br />
über ihre Urlaubserlebnisse zu sprechen und über die letzten<br />
Neuigkeiten aus dem Ort zu tratschen.<br />
Vielleicht komme ich am Nachmittag nochmal zurück,<br />
um selbst einen Tee oder Kaffee zu genießen. Jetzt<br />
will ich aber erst weiter zum Meer. Der Boulevard hat<br />
längst seinen Namen gewechselt und heißt inzwischen<br />
Rue Saint-Paul. Aber nicht nur der Straßenname ist neu:<br />
Erneut bin ich erstaunt, wie oft Le Touquet-Paris-Plage<br />
sein Gesicht ändert. Befand ich mich zuerst in einer großzügigen<br />
Gartenstadt, dann in einem klassischen Seebad<br />
der Belle Epoche, laufe ich nun durch eine lebendige<br />
verkehrsberuhigte Einkaufsstraße mit Häusern, die mich<br />
stark an eine typisch normannische Kleinstadt erinnert.<br />
Gerade an den Wochenenden mit schönem Wetter<br />
geht es sehr geschäftig in der Straße und ihren Seitenstraßen<br />
zu. Schließlich strömen dann auch viele Tagesausflügler<br />
für ein paar Stunden in den Ort. An solchen Tagen<br />
ist es kaum möglich, einen freien Tisch in den Restaurants<br />
und Bistros zu finden. Aber selbst dann wird Le Touquet-<br />
Paris-Plage nie so hektisch wie die großen Ferienorte an<br />
der Côte d’Azur oder am Atlantik. Am Ärmelkanal bewahrt<br />
man sich stets eine gewisse Gelassenheit. Schließlich<br />
sind die ganz großen ruhmreichen Zeiten vorbei.<br />
Als ich schließlich am Meer angekommen bin, ist die<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 45
UNTERWEGS IN FRANKREICH Ärmelkanal<br />
Oben: Der Strand<br />
von Le Touquet-<br />
Paris-Plage ist breit<br />
und feinsandig. In<br />
einer Strandbar<br />
kann man chillen.<br />
Links: Schmucklose<br />
Apartmenthäuser<br />
verschandeln<br />
die Uferfront des<br />
Seebades. Rechts:<br />
Rund um die Place<br />
de l’Hermitage<br />
versprühen die<br />
Gebäude den<br />
Charme der<br />
Belle Epoque.<br />
Enttäuschung groß. Die Apartmenthäuser, die am Strand<br />
stehen, sind nicht gerade eine Augenweide. Ein gesichtsloser<br />
Kasten reiht sich an den nächsten. Die Balkone sind<br />
außerhalb der beiden <strong>Sommer</strong>monate Juli und August<br />
meist verwaist und die Jalousien vor den Fenstern heruntergelassen.<br />
Wie schade, dass das Westminster und die<br />
anderen herrschaftlichen Gebäude in seiner Umgebung<br />
nicht einst hier am Meer errichtet wurden. Am besten<br />
man dreht sich deshalb gar nicht erst um, sondern genießt<br />
schlicht den grandiosen breiten Sandstrand. Der perfekte<br />
Ort für mich, in einer Strandbar etwas auszuruhen und<br />
ein Getränk zu bestellen.<br />
Nach dieser Pause möchte ich aber unbedingt noch an<br />
die Mündung der Canche, die den Ort in Richtung Norden<br />
begrenzt. Dafür braucht es einen kleinen Spaziergang<br />
auf einem zur Promenade ausgebauten Weg. Nach rund 15<br />
bis 20 Minuten gelange ich schließlich zu meinem Ziel.<br />
Erneut bin ich erstaunt, wie anders Le Touquet-Paris-<br />
Plage hier wirkt. Die Canche wird auf ihren letzten Metern<br />
zum Meer erstaunlich breit, so dass sie fast wie ein See<br />
wirkt. Sanddünen und Gräser prägen die Ufer. Der Wind<br />
rüttelt an meinem Körper. Hier wirkt das eben noch mondäne<br />
und lebendige Seebad wie ein wildes Naturparadies<br />
weit ab jeglicher Zivilisation.<br />
Ein Naturparadies, das zum Glück geschützt ist.<br />
Seit den 1980er-Jahren ist es ein Naturpark. Viele Vögel<br />
kommen ins Mündungsgebiet zum Nisten. Auch Wildschweine<br />
und Füchse fühlen sich hier wohl. Ich ergötze<br />
mich vor allem an dem Anblick der vielen Kiter. Es ist<br />
ein fantastischer Anblick, wie sie mit ihren Brettern und<br />
den bunten Segeln an der Leine über die Canche jagen.<br />
Wäre ich etwas sportlicher, hätte ich Lust, mich zu ihnen<br />
zu gesellen.<br />
Ich verweile noch eine gute Weile und schlendere<br />
46 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
dann langsam zu meinem Auto zurück. Wenn ich ehrlich<br />
bin, dann hat Le Touquet den Namenszusatz « Paris-<br />
Plage » nicht mehr oder minder verdient als andere Orte<br />
am Ärmelkanal, die sich leicht von der Hauptstadt aus erreichen<br />
lassen. Einen echten Bezug zu Paris gibt es nicht<br />
und die meisten regelmäßigen Besucher kommen eher aus<br />
den Regionen Nord-Pas-de-Calais und Picardie. Daher<br />
ist es auch nicht zu bedauern, dass die meisten Pariser bei<br />
« Paris-Plage » inzwischen an ihre Seine-Ufer im <strong>Sommer</strong><br />
denken. Sehenswert ist das Seebad dagegen definitiv.<br />
Vielleicht sollte ich vor meiner Rückfahrt in die Hauptstadt<br />
doch noch an ein Wohnzimmerfenster klopfen. Ich<br />
würde gerne jemanden in dieser grünen Oase am Ärmelkanal<br />
kennen.<br />
Calais Dunker<br />
Ile de Sein<br />
Pointe<br />
du Raz<br />
<br />
Aus Norddeutschland erreicht man<br />
Le Touquet-Paris-Plage über Belgien<br />
und die Autobahn entlang des<br />
Ärmelkanals. Aus Süddeutschland,<br />
Österreich und der Schweiz ist die<br />
Anreise über den Osten Frankreichs<br />
günstiger.<br />
Le Touquet-Paris-Plage …<br />
… Berlin 995 km … Hamburg 823 km<br />
… Köln 483 km … München 975 km<br />
… Wien 1.392 km<br />
… Zürich 826 km<br />
Le Touquet-Paris-Plage besitzt einen<br />
eigenen Flughafen, der sich sogar<br />
international nennt, aber Linienflüge<br />
gibt es quasi keine. Der nächste<br />
aus dem deutschsprachigen Raum<br />
nonstop angeflogene Flughafen<br />
Lannion<br />
ist in Paris. Eine Alternative ist der<br />
N12/E50<br />
Flughafen von Brüssel.<br />
Brest<br />
Saint-Brieuc<br />
N12/E50<br />
N164<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 34<br />
Quimper<br />
Dieppe: Die Stadt und D768das Meer<br />
Direkte Zugverbindungen aus dem<br />
deutschsprachigen Raum existieren<br />
nicht. Der nächste Bahnhof mit<br />
regionalen Verbindungen befindet<br />
sich in Etaples auf der anderen<br />
Uferseite der Canche.<br />
www.letouquet.com<br />
Calais, ein Stadtname, den fast jeder kennt und A83<br />
den jeder grob auf einer Landkarte Les verorten Sablesd’Olonne<br />
kann. Welche andere Stadt mit gerade<br />
Office Cherbourg- de Tourisme<br />
Octeville<br />
Palais des Congrès<br />
Place de l’Hermitage<br />
62520 Le Touquet-Paris-Plage<br />
Telefon: +33 (0)3 21 06 72 00<br />
N13<br />
Soupes Pérard<br />
Atelier Régals du Touquet<br />
Avenue Georges Besse A84/E401<br />
62520 Le Touquet-Paris-Plage<br />
DinardSaint-Malo<br />
Avranches<br />
www.soupesmarines.com<br />
N176/E401 Mont-Saint-Michel<br />
LESETIPPS FÜR AUSFLÜGE IN DIE UMGEBUNG<br />
Rennes<br />
A84<br />
Saint-Lô<br />
A29/E44<br />
Le Havre<br />
A28/E402<br />
A11/E50<br />
England. Calais ist keine Stadt, die auf den ersten Blick begeistert.<br />
Trotzdem lohnt sie einen Abstecher, gerade auch wegen A10/E5 eines<br />
In den N165/E60 Reiseführern über die Normandie N24 wird Dieppe sehenswerten Museums, das die Vergangenheit der Gegend als<br />
Le Mans<br />
Orléans<br />
neben den anderen Badeorten an der Hochburg der Spitzenfertigung thematisiert.<br />
Lorient<br />
A11/E501<br />
Côte d‘Albâtre<br />
Vannes<br />
meist in die Kategorie « ganz<br />
A28/E502<br />
interessant » eingeordnet. N165/E60 Ein Ausflugsziel, das<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 54<br />
Blois<br />
Quiberon man vielleicht einmal anfahren kann, wenn<br />
Lille: Die unterschätzte Metropole<br />
Chambord<br />
A10/E5-E60<br />
Angers<br />
man gerade in der Nähe ist. Dabei verdient A11/E60 Anders als Marseille, Bordeaux oder Lyon fehlt Cheverny bei vielen<br />
La Baule<br />
Dieppe mehr als nur einen kurzen Abstecher.<br />
Frankreichreisenden A86/E60<br />
Tours Lille Chenonceau auf der Wunschliste A71/E9<br />
St. Nazaire<br />
A85<br />
Nantes<br />
der sehenswerten französischen Großstädte.<br />
A87<br />
Monts<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 48<br />
Dabei lohnt Frankreichs A10/E5 nördlichste Metropole Bourges<br />
Clisson<br />
Calais: Eine Stadt mit Spitze<br />
Cholet<br />
ebenso einen Besuch wie die beliebteren<br />
A13/E46<br />
Rivalen weiter südlich. Es locken eine Altstadt<br />
A20/E9<br />
mit flämischer Atmosphäre, eine stärkere<br />
Offenheit gegenüber nordeuropäischem<br />
einmal 75.000 Einwohnern kann das von sich Design, malerische Gassen und Plätze sowie herzliche und<br />
A83<br />
Poitiers<br />
behaupten? Doch die Stadt verdankt ihre freundliche Menschen. Außerdem ist Lille für viele Besucher aus<br />
Bekanntheit weniger ihrer eigenen Anmut als dem Saint-Sigismond deutschsprachigen Raum nur einen Katzensprung entfernt.<br />
vielmehr ihrem berühmten Fährhafen nach N11/E601 Impressionen Niort aus einer dynamischen Metropole.<br />
La Rochelle<br />
E5/A10<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 90.<br />
Caen<br />
Alençon<br />
A131<br />
Rouen<br />
A13/E5<br />
Evreux<br />
Chartres<br />
Boulogne-sur-Mer<br />
Le Touquet-<br />
Paris-Plage<br />
Amiens<br />
A16<br />
PARIS<br />
Versailles<br />
A6/E15<br />
A71/E11<br />
Montluçon<br />
E602/A837<br />
Angoulême<br />
Limoges<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 47<br />
A
UNTERWEGS IN FRANKREICH Loire-Tal<br />
48 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Das Loire-Tal ist berühmt für seine majestätischen<br />
Schlösser, mundenden Weine, sehenswerten Orte<br />
und liebliche Landschaft. Die Kleinstadt Saumur<br />
auf halbem Wege zwischen Tours und Angers<br />
erfüllt perfekt die Vorstellungen, die Besucher<br />
von dieser Region haben. Zu ihren Attraktionen<br />
gehören aber nicht nur bauliche Meisterwerke,<br />
sondern auch Pferde. Ein Besuch in der Stadt<br />
des Cadre Noir.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 49
UNTERWEGS IN FRANKREICH Loire-Tal<br />
Wenn man sich vom Westen her dem Zentrum der<br />
knapp 30.000 Einwohner zählenden Kleinstadt<br />
an der Loire nähert, liegt nicht selten der Duft<br />
von Pferdemist in der Luft. Die olfaktorische Annährung<br />
an die Stadt mit einem der am schönsten gelegenen<br />
Schlösser entlang der Loire ist also<br />
durchaus gewöhnungsbedürftig. Der<br />
animalische Geruch hat aber eine Ursache,<br />
für die man sich in Saumur nicht<br />
schämt. Ganz im Gegenteil, man ist sogar<br />
stolz darauf: Denn er stammt aus<br />
den Ställen und von den Pferden des<br />
Cadre Noir, der berühmtesten Reitschule<br />
Frankreichs.<br />
Was die Patrouille de France, die<br />
offizielle Kunstflugstaffel der französischen<br />
Luftwaffe, die man vor allem von<br />
den spektakulären Überflüge der Pariser<br />
Champs-Elysées am französischen<br />
Nationalfeiertag kennt, für die Lüfte<br />
ist, stellt der Cadre Noir für die Reiterei<br />
dar. Die Reitschule aus Saumur ist<br />
nicht nur die berühmteste des Landes,<br />
sie ist auch eine der renommiertesten<br />
französischen Institutionen überhaupt.<br />
Eine Institution, die sich der Tradition<br />
verpflichtet fühlt und von einigen<br />
manchmal als vieille France, also als<br />
altmodisch, belächelt wird, wovon man<br />
sich in Saumur aber noch nie beirren<br />
ließ.<br />
Die Einwohner von Saumur sind<br />
nicht ohne Grund stolz auf den Cadre<br />
Noir. Zunächst einmal wegen der langen<br />
Geschichte der Reitschule. Während<br />
der Napoleonischen Feldzüge<br />
spielte die französische Kavallerie eine<br />
wichtige Rolle. Es zeigte sich damals<br />
jedoch, dass die reiterlichen Fähigkeiten<br />
der Soldaten zum Teil unzureichend<br />
waren, weswegen die Kavallerie<br />
hohe Verluste hinnehmen musste. Seit<br />
1825 wurde in Saumur deshalb eine<br />
Reitschule ins Leben gerufen, die den<br />
Einsatz von Pferden in der Armee verbessern<br />
sollte.<br />
Als Lehrmeister engagierte man die<br />
renommiertesten Reitlehrer der damaligen<br />
Epoche. Es waren Zivilisten und keine Militärangehörigen,<br />
die die neuen Offiziere der Kavallerie ausbilden<br />
sollten. Ihre Fähigkeiten basierten auf der Tradition<br />
der französischen Reitkunst, die sich zuvor seit der Zeit<br />
der Renaissance durch aus Italien kommende Moden in<br />
Frankreich entwickelt hatte. Der Name dieses Elite- und<br />
Ausbildungskorps leitete sich von der schwarzen Farbe der<br />
Uniformen ab.<br />
Doch selbst wenn heute der Cadre Noir Weltruhm<br />
genießt und niemand mehr auf die Idee käme, diese ehrwürdige<br />
Institution abzuschaffen, gab es auch schwierige<br />
Phasen in der Vergangenheit. Insbesondere am Anfang<br />
des 20. Jahrhunderts, als Kriege nicht mehr mit Pferden,<br />
sondern zunehmend mit Fahrzeugen,<br />
Panzern und Flugzeugen geführt wurden.<br />
Die militärische Bedeutung der<br />
Vierbeiner ging dramatisch zurück.<br />
Deshalb stellte sich die Frage nach dem<br />
Sinn einer Reitschule innerhalb der<br />
Armee. Die damalige Regierung konnte<br />
sich – aus heutiger Sicht zum Glück<br />
– jedoch nicht dazu durchringen, den<br />
Cadre Noir abzuschaffen, schließlich<br />
galt die Reitschule längst als ein Teil<br />
des kulturellen Erbes des Landes.<br />
In der neueren Vergangenheit kam<br />
der Einrichtung außerdem zugute,<br />
dass sich der Reitsport als Freizeitbeschäftigung<br />
und Leistungssport immer<br />
mehr entwickelt hat. Gerade in den<br />
1970er-Jahren entstanden überall in<br />
Frankreich zahlreiche neue Reitzentren.<br />
Man bemühte sich deshalb um die<br />
Gründung einer nationalen Reitschule<br />
zur Ausbildung von Reitlehrern und<br />
Pferdeprofis auf hohem Niveau. 1972<br />
schuf der damals amtierende Sportminister<br />
auf der Basis des Cadre Noir<br />
die Ecole Nationale d’Equitation. Die<br />
Institution verlor damit ihren militärischen<br />
Status und wurde zu einer zivilen<br />
Einrichtung.<br />
Die Menschen in Saumur sind<br />
aber nicht nur wegen dieser langen<br />
Geschichte stolz auf den Cadre Noir.<br />
Die Reitschule wird auch wegen ihres<br />
hohen Anspruchs geschätzt. Es geht<br />
um Spitzenleistungen und Exzellenz<br />
im Reitsport. Der Cadre Noir ist eine<br />
Eliteeinrichtung. Seit 2011 gehört die<br />
französische Reitkunst zudem zum<br />
immateriellen Weltkulturerbe der<br />
UNESCO. Eine Auszeichnung, die<br />
erst durch den Cadre Noir ermöglicht<br />
wurde.<br />
Hinzu kommt, dass die Expertise<br />
des Cadre Noir weltweit geschätzt wird. So unterschrieb<br />
man kürzlich einen Vertrag mit China, der den Kauf von<br />
3.000 französischen Pferden vorsieht und die Reitschule<br />
beauftragt, sich um eine ähnliche Institution südöstlich<br />
von Peking zu kümmern. Ähnliche Verträge verhandelt<br />
man gerade mit Ungarn und Katar.<br />
In Anbetracht dieser Fakten nimmt man ein paar Geruchsbelästigungen,<br />
die Pferdeliebhaber ohnehin nicht als<br />
50 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Die Reiter des Cadre Noir gehören zur Elite des Pferdesports. Der Name der Reitschule leitet sich von der schwarzen Farbe ihrer<br />
Uniformen ab. S. 48/49: Durch seine erhöhte Lage und wehrhafte Architektur erinnert das Schloss von Saumur an eine Burg.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 51
UNTERWEGS IN FRANKREICH Loire-Tal<br />
Links: In der Innenstadt<br />
von Saumur. Unten:<br />
Blick über die Dächer<br />
der Innenstadt mit dem<br />
Kirchturm der Eglise<br />
Saint-Pierre. Rechte Seite:<br />
Blick vom Pont Cessart<br />
auf die Innenstadt und<br />
das Schloss von Saumur.<br />
solche bezeichnen würden, gerne in Kauf. Außerdem lässt<br />
sich der Cadre Noir besichtigen, so dass er heute neben<br />
dem Schloss und der Altstadt eine der Hauptsehenswürdigkeiten<br />
von Saumur geworden ist, die zahlreiche Touristen<br />
anzieht und den Ruf der Stadt in die Welt trägt.<br />
Während eines Besuchs der Institution erfährt man<br />
nicht nur alles über die Geschichte des Cadre Noir, man<br />
kommt auch ganz nah an die Pferde heran. Außerdem<br />
sieht man die Grand Manège des Ecuyers, eine große<br />
Halle, in der regelmäßig Wettbewerbe durchgeführt und<br />
Vorführungen gezeigt werden. Es gibt sogar ein Musical<br />
mit Pferden. Mit einer Länge von 83 Metern, einer Breite<br />
von 32 Metern und 1.500 Sitzplätzen ist sie die angeblich<br />
größte Reithalle Europas. Wenn man ein bisschen Glück<br />
hat, kann man bei einer Besichtigung zudem den Reitlehrern<br />
bei ihrer Arbeit zusehen – ein nicht nur für Pferdeliebhaber<br />
spannendes Erlebnis.<br />
Wer nicht wegen der Pferde den Weg nach Saumur<br />
findet, der kommt meist wegen einer anderen wichtigen<br />
Sehenswürdigkeit in die Stadt: das Schloss. Nun ist das<br />
ganze Loire-Tal westlich und östlich von Saumur nur so<br />
mit Schlössern gesegnet und in der Gegend gibt es zweifelsfrei<br />
spektakulärere und größere Schlösser wie etwa die<br />
von Chambord, Chennonceau oder Amboise, um nur ein<br />
paar Beispiele zu nennen. Das Schloss von Saumur bietet<br />
seinen besonderen Reiz aber auch weniger wegen seiner<br />
Architektur oder Größe, sondern vielmehr aufgrund der<br />
Lage.<br />
Malerisch ist es auf einer Anhöhe direkt an der Loire<br />
gelegen und überragt damit die Dächer der schmucken<br />
Altstadt sowie das flache Flusstal. Die Stadtsilhouette<br />
von Saumur ist schlichtweg betörend. Besonders schön<br />
lässt sich dieser Anblick vom rechten Ufer der Loire aus<br />
bewundern. Hier versteht man sofort, warum Saumur und<br />
52 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
sein Schloss zu den Höhepunkten einer Reise entlang der<br />
Loire gehören. Es ist nicht ein « architektonischer Leuchtturm<br />
», der die Kleinstadt so besonders macht, sondern das<br />
Ensemble aus Stadt, Schloss und Fluss.<br />
Eigentlich gibt es bezüglich der Stadtsilhouette nur<br />
einen kleinen Wehmutstropfen: Da sich die Stadt am<br />
südlichen Ufer der Loire ausbreitet, die Uferfassaden sowie<br />
das Schloss also nach Norden ausgerichtet sind, wird<br />
man beides nie perfekt von der Sonne angeleuchtet sehen.<br />
Gerade Fotografen verzweifeln immer wieder daran, denn<br />
der Blick auf die Stadt ist ansonsten ein Postkartenmotiv<br />
par excellence. So bleibt beleuchtungsmäßig immer ein<br />
bisschen Imperfektion.<br />
Als im Jahre 962 zum ersten Mal eine Festung in<br />
Saumur errichtet wurde, hat man sich darüber sicherlich<br />
keine Gedanken gemacht. Fotoapparate wurden erst viele<br />
Jahrhunderte später erfunden. Die erste Burg entstand im<br />
Zusammenhang mit einer Benediktinerabtei. Rund ein<br />
halbes Jahrhundert später wütete ein Feuer. Anschließend<br />
sowie in den darauffolgenden drei Jahrhunderten gab es<br />
diverse Um- und Ausbauten.<br />
1368 beschloss Ludwig I. schließlich den Umbau der<br />
Burg in ein Schloss. Umfangreiche Bauarbeiten, bei denen<br />
unter anderem die Türme erhöht wurden, begannen<br />
und wurden unter Ludwig II., Ludwig III. sowie René<br />
d’Anjou fortgesetzt. Als zum Ende des 16. Jahrhunderts<br />
Saumur zu einem wichtigen Schutzplatz für Frankreichs<br />
Hugenotten wurde, ließ Philippe Duplessis-Mornay die<br />
Befestigungsanlagen ausbauen.<br />
Napoleon Bonaparte richtete im Schloss von Saumur<br />
am Anfang des 19. Jahrhunderts ein Staatsgefängnis ein.<br />
Dies hatte massive Eingriffe in die ursprüngliche Architektur<br />
zur Folge. Fenster und Treppen wurden zugemauert,<br />
um den Häftlingen keine Fluchtmöglichkeiten zu<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 53
UNTERWEGS IN FRANKREICH Loire-Tal<br />
Links: Das Schloss von Saumur, das zurzeit saniert wird. Rechts: Einer der Plätze in der Innenstadt von Saumur.<br />
geben. Außerdem zog man ein Zwischengeschoss ein, um<br />
möglichst viele Zellen unterbringen zu können.<br />
Danach diente das Gebäude als Waffen- und Munitionslager.<br />
Erst Anfang des 20. Jahrhunderts begann<br />
schließlich die zivile Nutzung des Schlosses. 1906 kaufte<br />
die Stadt das Anwesen vom französischen Staat und eröffnete<br />
in dessen Mauern 1912 ein Museum. Heute wird<br />
die Sehenswürdigkeit seit Jahren umfangreich restauriert,<br />
damit sich auch zukünftige Generationen noch an der<br />
Pracht des Gebäudes erfreuen können. Außerdem war<br />
2001 eine Mauer eingestürzt. Dies bedeutet, dass einige<br />
Bereiche nicht zugänglich sind und dass Gerüste teilweise<br />
die Fassaden verdecken.<br />
Auch wenn das Schloss von heute nicht mehr die<br />
befestigte Burg von einst ist, so ist architektonisch im<br />
Vergleich zu vielen anderen Loire-Schlössern ein sehr<br />
wehrhafter Charakter erhalten geblieben. Auch die erhöhte<br />
Lage auf einem Plateau oberhalb der Loire erinnert an<br />
Burgen. Dieser Rundblick ist heute einer der Höhepunkte<br />
einer Schlossbesichtigung. Die in unmittelbarer Umgebung<br />
wachsenden Weinstöcke bilden außerdem einen sehr<br />
idyllischen Rahmen und lassen die wehrhafte Architektur<br />
dadurch weniger monumental wirken. Wer möchte, kann<br />
sich im Inneren des Schlosses umsehen. Der Schlosshof<br />
mit temporären Tribünen dient im <strong>Sommer</strong> zudem als<br />
Veranstaltungsort.<br />
Mit der Reitschule Cadre Noir und dem Schloss sind<br />
aber erst zwei Trümpfe von Saumur beschrieben. Ein dritter<br />
ist die Stadt selbst. Nicht nur ihre Lage an der sanft<br />
dahinfließenden Loire ist bezaubernd, auch die Gassen<br />
der Innenstadt lohnen einen Besuch. Dort spürt man noch<br />
die unaufgeregte Atmosphäre einer typischen Kleinstadt,<br />
in der – außer in der Hochsaison, wenn viele Touristen<br />
die Straßen bevölkern – die Einwohner geruhsam ihrem<br />
Alltag nachgehen.<br />
Ein Blickfang der Innenstadt ist das Stadttheater.<br />
Zusammen mit dem Schloss prägt es am stärksten die<br />
Silhouette der Stadt. Es liegt direkt an der wichtigsten<br />
Brücke von Saumur, dem Pont Cessart, und fungiert ein<br />
wenig als Entree in die Altstadt. Die letzten sechs Jahre<br />
lang hob sich in dem historischen Gebäude kein Theatervorhang.<br />
Umfangreiche Sanierungsarbeiten wurden<br />
durchgeführt. Doch seit letztem Dezember erstrahlt das<br />
Haus wieder im alten Glanz. Die Bewohner und Besucher<br />
von Saumur können wieder Theaterstücken in diesen ehrwürdigen<br />
Mauern beiwohnen.<br />
Außerdem lohnen einige Kirchen den Besuch. Zum<br />
Beispiel Notre-Dame-de-Nantilly, eine Kirche im romanischen<br />
Stil, deren Wurzeln bis ins 12. Jahrhundert<br />
reichen. Die Eglise Saint-Pierre verzaubert dagegen mit<br />
ihrer gotischen Architektur. Sie beherbergt einen Tapisseriezyklus<br />
aus dem 16. Jahrhundert. Ebenfalls hübsch ist<br />
das Rathaus von Saumur, das sich in unmittelbarer Nachbarschaft<br />
zum Stadttheater befindet.<br />
Wenn man dann irgendwann seinen Besuch in Saumur<br />
beendet, sollte man zum Abschluss auf die nördliche Uferseite<br />
zurückkehren. Der einzigartige Blick auf die Stadt<br />
sollte das Bild sein, das man als letztes von Saumur in Erinnerung<br />
behält. Vielleicht neigt sich in dem Moment ein<br />
ereignisreicher Tag bereits dem Ende zu und man hofft<br />
für einen Moment, dass die Schlossfassade doch noch im<br />
hellen Sonnenlicht der untergehenden Sonne erstrahlen<br />
möge. Ein Wunsch, der unerfüllt bleiben wird. Dies ist<br />
angesichts der Pracht auf der anderen Uferseite aber auch<br />
nicht wirklich schlimm. Den Geruch nach Pferdemist hat<br />
man ohnehin schon lange vergessen.<br />
54 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Lannion<br />
Saint-Malo<br />
Dinard<br />
Avranches<br />
A28/E402<br />
Brest<br />
Ile de Sein<br />
<br />
Aus Norddeutschland erreicht man<br />
Pointe<br />
Saumur über Nordfrankreich du Raz und<br />
Paris, aus Süddeutschland, Österreich<br />
und der Schweiz über den<br />
Osten Frankreichs. Die Stadt liegt<br />
süd lich der Autobahn A85 von Tours<br />
nach Angers, die man an der Abfahrt<br />
<strong>Nr</strong>. 3 verlässt.<br />
Saumur …<br />
… Berlin 1.371 km … Hamburg 1.215 km<br />
… Köln 813 km … München 1.154 km<br />
… Wien 1.571 km … Zürich 853 km<br />
Der nächste Flughafen ist in Tours,<br />
wohin es aus dem deutsch sprachigen<br />
Raum allerdings keine direkten<br />
Flug ver bindungen gibt. Auch Air<br />
France bietet keine Flüge nach Tours<br />
an. Der nächste aus Deutschland,<br />
Österreich und der Schweiz an ge flogene<br />
Flughafen ist in Paris.<br />
Es gibt aus dem deutschsprachigen<br />
Raum keine direkten Zugverbin dun-<br />
Quimper gen ins Loire-Tal. Von Paris verkehrt<br />
D768<br />
der TGV nach Tours und Angers. N24 Von<br />
N165/E60<br />
beiden Städten fahren Nah verkehrszüge<br />
nach Saumur. Lorient<br />
Vannes<br />
www.ot-saumur.fr<br />
Quiberon<br />
Office de Tourisme du<br />
La<br />
Saumurois<br />
Baule<br />
8bis, quai Carnot<br />
49400 Saumur<br />
Telefon: +33 (0)2 41 40 20 60<br />
Ecole Nationale d’Equitation<br />
Avenue de l’Ecole nationale<br />
d’Equitation<br />
N12/E50<br />
Saint-Brieuc<br />
N164<br />
49400 Saint-Hilaire-Saint-Florent<br />
Telefon: +33 (0)2 41 53 50 60<br />
www.cadrenoir.fr<br />
Besichtigung von Februar bis<br />
Oktober möglich.<br />
Château de Saumur<br />
49400 Saumur<br />
N165/E60<br />
Telefon: +33 (0)2 41 40 24 40<br />
www.chateau-saumur.com<br />
N12/E50<br />
St. Nazaire<br />
N176/E401<br />
Mont-Saint-Michel<br />
Rennes<br />
A84<br />
Nantes<br />
A83<br />
A83<br />
Öffnungszeiten E602/A837 variieren je nach<br />
Jahreszeit.<br />
A11/E60<br />
N11/E601<br />
A87<br />
Cholet<br />
La Rochelle<br />
A11/E501<br />
Angers<br />
Niort<br />
Alençon<br />
A86/E60<br />
Saumur<br />
E5/A10<br />
Besichtigung von April bis Oktober<br />
Angoulême<br />
möglich.<br />
Le Mans<br />
Poitiers<br />
A28/E502<br />
Tours<br />
A10/E5<br />
Montalivet<br />
LESETIPPS FÜR AUSFLÜGE IN DIE UMGEBUNG<br />
E5/A10<br />
A89/E70<br />
Pé<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 36<br />
Blois: Ein Schloss der Geheimnisse und Intrigen<br />
Auf einem kleinen Hügel über der Loire liegt idyllisch<br />
die Stadt Blois. Dabei birgt sie furchtbare<br />
Geheimnisse. Hier wirkt alles, als wäre die<br />
Zeit immer genauso ruhig dahingezogen<br />
wie der Fluss vor den Stadttoren. Doch oben<br />
über der Stadt hat das Schloss Intrigen,<br />
Verschwörungen und Skandale gesehen,<br />
die dramatisch und nur selten amüsant waren. Ein Besuch in<br />
der ehemaligen Residenz der französischen Könige ist eine<br />
gute Gelegenheit, einige besondere Seiten des französischen<br />
Geschichtsbuchs aufzuschlagen.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 38<br />
Mit dem Ballon übers Loire-Tal<br />
Eine Ballonfahrt ist für viele ein alter Kindheitstraum. Ihn<br />
über dem Loire-Tal mit seinen weltberühmten<br />
Schlössern zu verwirklichen, ist ein ganz<br />
besonderes Erlebnis. Keiner wird sich dabei<br />
der Magie einer solchen Reise in luftiger Höhe<br />
Les Sablesd’Olonne<br />
entziehen können. Das geräuschlose Le Porge Schweben, die Ungewissheit,<br />
Bordeaux<br />
wo genau man landen wird, die bezaubernde Schönheit der<br />
Loire-Schlösser aus der Cap-Ferret Vogelperspektive, alles A52/E72 trägt dazu bei. Am<br />
besten man macht es wie der kleine Prinz von Saint-Exupéry: Man<br />
öffnet weit seine Augen und lässt sich überraschen.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. Mimizan 43<br />
Cheverny: Das Schloss von Tim und Struppi<br />
E5-E70/A63<br />
Chenonceau, Chambord, Azay-le-Rideau, die<br />
großen Namen im Loire-Tal lassen manchmal<br />
vergessen, dass auch weniger bekannte<br />
Hossegor Schlösser in der Nachbarschaft France einen Umweg<br />
lohnen. Ein solches befindet sich südöstlich<br />
Biarritz Bayonne<br />
Hendaye von Blois in Cheverny. A64/E80 Zwar hat hier niemals<br />
ein SareKönig gewohnt, dafür ist das Schloss<br />
Donostiaden<br />
meisten Pau<br />
S. Sebastian Kindern und Erwachsenen wegen einer Comic-<br />
Serie bekannt: Tim und Struppi. Cheverny war das Vorbild für das<br />
berühmte Schloss Mühlenhof von Kapitän Haddock. Darüber<br />
hinaus erzählt Pamplona es von einer großen Familiendynastie und ist eines<br />
der heute noch am prunkvollsten eingerichteten Schlösser entlang<br />
der Loire.<br />
Spanien<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 90.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · <strong>55</strong>
UNTERWEGS IN FRANKREICH Ferienwohnungen<br />
urrenane<br />
Ferienwohnungen mit Charakter<br />
Sylvette, die uns zu unserer Ferienwohnung begleitet,<br />
geht auf der Treppe, die zum Apartment « Le Santeuil<br />
» führt, welches wir für ein Wochenende in<br />
Nantes gemietet haben, voran. Vor der Eingangstür dreht<br />
sie sich allerdings zu uns um und reicht uns den Schlüssel:<br />
« Ich lasse Sie die Tür öffnen, Sie werden staunen ». Recht<br />
hat sie. Wir betreten nicht nur eine Wohnung, wir tauchen<br />
in ein unerwartetes Universum ein. Wir fühlen uns in ein<br />
adliges Anwesen aus dem 17. oder 18. Jahrhundert versetzt.<br />
Die Räume sind äußerst großzügig geschnitten. Die<br />
Wohnung misst 120 Quadratmeter und besteht aus einem<br />
Wohnzimmer, zwei Schlafzimmern, einer Küche, einem<br />
Badezimmer sowie einem Flur. Die Decken sind über vier<br />
Meter hoch. Die Holzdielen unter unseren Füßen knacken.<br />
Wir haben Angst, die Herrschaften auf den gemalten<br />
Porträts an den Wänden zu erschrecken. Sie scheinen<br />
unsere Ankunft aber unbeeindruckt zu verfolgen. Wir<br />
fragen uns, ob es einen Zusammenhang zwischen diesen<br />
Gemälden und der Geschichte des Apartments gibt.<br />
Die Wohnung wirkt mit ihren Kronleuchtern, Wandbespannungen<br />
und Vorhängen wie eine Inszenierung, fast<br />
wie eine Theaterkulisse. Sie könnte auch das Zuhause einer<br />
reichen Erbtante sein, die gerade verreist ist. Überall<br />
steht Nippes als Dekoration. Die Sachen wirken wie Souvenirs,<br />
deren Geschichte man gerne kennen würde.<br />
In Wahrheit ist das Apartment aber keine Theaterkulisse<br />
und gehört es auch keiner reichen Erbtante, sondern<br />
Hervé Niquet. Der in den 1950er-Jahren geborene Mann<br />
ist ein international bekannter französischer Dirigent, der<br />
sich vor allem mit Barockmusik auskennt. Dies zeigen<br />
auch die CDs, die neben der Hifi-Anlage in einem der<br />
Schlafzimmer liegen. Meist ist Hervé Niquet unterwegs,<br />
um an den großen Opernhäusern der Welt zu dirigieren.<br />
Mehrmals im Jahr kommt er aber für ein paar Tage nach<br />
56 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Nantes und bewohnt dann diese Wohnung. Der Nippes<br />
sind seine Mitbringsel. Wenn Hervé Niquet aber nicht in<br />
Nantes ist, kann man sein Apartment mieten. Als Tourist<br />
hat man damit nicht nur eine<br />
komfortable Unterkunft, sondern<br />
taucht auch ein bisschen in die<br />
Welt dieses großen Dirigenten der<br />
barocken Musik ein.<br />
Für alle, die diesen Einrichtungsstil<br />
als zu überladen und<br />
barock empfinden, gibt es aber<br />
Alternativen: Die Agentur Surprenantes<br />
(ein Wortspiel aus Nantes<br />
und surprenant, dt. erstaunlich)<br />
vermietet noch neun andere möblierte<br />
Wohnungen für zwei bis<br />
zehn Personen, die sich alle im<br />
Zentrum der Hauptstadt der Paysde-la-Loire<br />
befinden. Man will<br />
damit – übrigens mit dem Segen<br />
Surprenantes<br />
86, quai de la Fosse<br />
44100 Nantes<br />
Telefon: +33 (0)6 38 44 49 98<br />
www.surprenantes.com<br />
Ab 99 Euro für 2 Personen<br />
10 Apartments für 2-10 Personen,<br />
WLAN<br />
der Stadt – eine Alternative zu den klassischen Hotels<br />
schaffen, um das Übernachtungsangebot für Touristen<br />
noch vielfältiger zu gestalten. Jede Ferienwohnung erzählt<br />
dabei eine eigene Geschichte und hat einen ganz individuellen<br />
Stil.<br />
So kann man zum Beispiel auf einem Hausboot in<br />
modernem Design auf einem Kanal im Zentrum (Apartment<br />
« Le D’Ô »), im fantasievollen Dekor als Hommage<br />
an den berühmten Sohn der Stadt,<br />
Jules Vernes, (Apartments « De<br />
la terre à la lune », « Le voyage<br />
extraordinaire », « La cabane du<br />
capitaine Némo », « La nuit »,<br />
« Nuit surprenante en ballon »)<br />
oder in einer Wohnung voller<br />
Natur (Apartment « Sur un arbre<br />
perché ») nächtigen. Egal, mit<br />
welcher Ferienwohnung man beginnt,<br />
man wird danach die Lust<br />
verspüren, erneut nach Nantes zu<br />
reisen, um ein anderes Apartment<br />
auszuprobieren.<br />
Nantes hat mit diesem Angebot<br />
deshalb einmal mehr bewiesen,<br />
dass es im touristischen Bereich<br />
eine der dynamischsten und innovativsten Städte des<br />
Landes ist. Derartige Themen-Ferienwohnungen findet<br />
man in Frankreich bisher nur in der Hauptstadt der Paysde-la-Loire.<br />
Wir genießen jedenfalls unser Wochenende<br />
zu Gast bei einem weltberühmten Dirigenten.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 57
UNTERWEGS IN FRANKREICH Korsika<br />
58 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Wenn Steine zu<br />
sprechen beginnen<br />
Die Menhire von Filitosa<br />
Menhire, Rundbauten, Felsdächer: Filitosa<br />
uf Korsika gehört zu den faszinierendsten<br />
archäologischen Fundstätten des Mittelmeerraums<br />
und zieht jeden Besucher sofort<br />
in seinen Bann. Die steinernen Zeugnisse<br />
vergangener Kulturen stammen aus<br />
ver schiedenen Jahrhunderten, von der<br />
Jungsteinzeit über die Megalithkultur bis<br />
zur torreanischen und römischen Epoche.<br />
Ein Spaziergang über das Gelände ist eine<br />
Entdeckungsreise der besonderen Art.<br />
Filitosa war einst ein bedeutungsloser Ort im Tavaro-<br />
Tal nördlich von Propriano. Das änderte sich erst<br />
1946, als ein Mann namens Jean Cesari entdeckte,<br />
welche merkwürdigen Steine und verfallenen Bauten sich<br />
auf seinem Grundstück befanden. Die Kunde von dieser<br />
geheimnisvollen Fundstätte machte die Runde und erreichte<br />
den bekannten französischen Archäologen Roger<br />
Grosjean. Dieser begann 1954 die wissenschaftliche Erforschung<br />
der Örtlichkeit. Dabei stellte sich bald heraus, dass<br />
Filitosa eine außergewöhnliche archäologische Fundstätte<br />
war. Grosjean setzte sich später als Leiter des Centre de<br />
Préhistoire Corse intensiv mit der Vor- und Frühgeschichte<br />
Korsikas auseinander.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 59
UNTERWEGS IN FRANKREICH Korsika<br />
Die Hinkelsteine von Filitosa befinden sich in einer idyllischen<br />
Umgebung. Manche Menhire haben anthropomorphe<br />
Züge. S. 59: Die im Halbkreis stehenden Menhire sehen aus<br />
wie Wächter. S. 58: Je nach der eigenen Fantasie kann man<br />
Gesichter oder gar Menschen in den Steinen erkennen.<br />
Die Anlage von Filitosa mit ihren vielen verstreut liegenden<br />
Steinen, Bauten und Felsformationen befindet sich<br />
inmitten eines alten Olivenhains auf einer kleinen Anhöhe.<br />
Diese strategisch günstige Position wurde nachweislich<br />
bereits vor 8.000 Jahren von Hirten und Bauern besiedelt.<br />
Ab 3500 v. Chr. wurden die Megalithiker sesshaft,<br />
ab 1600 v. Chr. tauchten die sogenannten Torreaner auf,<br />
ein fremdes Seevolk, das in der Bronzezeit die Bewohner<br />
Korsikas bedrängte und turmförmige Festungsbauten<br />
(torre) errichtete.<br />
Filitosa ist für Fachleute, aber auch für die Besucher<br />
der Anlage unter anderem deshalb so interessant, weil nirgendwo<br />
sonst im Mittelmeerraum megalithische Menhire<br />
und Turmbauten der Torreaner am selben Ort gefunden<br />
wurden. Das bedeutet, dass vor ca. 4.000 Jahren megalithische<br />
und torreanische Stämme aufeinandergetroffen<br />
waren, wobei letztere die Oberhand gewannen und die<br />
megalithischen Zeitgenossen in die Schranken wiesen.<br />
Roger Grosjean ging davon aus, dass die beiden Kulturen<br />
einander feindlich gesinnt waren. Denn megalithische<br />
Menhire wurden von den Torreanern « zweckentfremdet »<br />
und als Baumaterial in deren typische Rundbauten integriert.<br />
Entstanden sind Kastelle und Wehrtürme, heute nur<br />
noch als Ruinen erkennbar.<br />
Als Menhir bezeichnet man übrigens aufgerichtete,<br />
mehr oder minder große Monolithen. Der Begriff kommt<br />
ursprünglich aus dem Bretonischen und bezeichnete einen<br />
langen Stein (maen = Stein, hir = lang). Diese Bezeichnung<br />
fand bereits Ende des 18. Jahrhunderts Eingang in die<br />
archäologische Fachliteratur Frankreichs und Kontinentaleuropas.<br />
Menhire werden auch Hinkelsteine genannt<br />
– Asterix und Obelix lassen grüßen. Falls die Steinsäulen<br />
anthropomorphe Formen, zumindest aber Kopfumrisse,<br />
Augenpaare oder Gesichter aufweisen, nennt man sie<br />
Menhir-Statuen. Die Menhire von Filitosa stellen zudem<br />
teilweise Krieger mit Schwertern dar.<br />
Filitosa ist parkähnlich erschlossen und von einer<br />
großen Ringmauer umgeben. Die Anlage ist in mehrere<br />
Bereiche gegliedert: Man kann ein Ost- und Westmonument,<br />
ein zentrales Kultmonument, eine Siedlung mit<br />
torreanischen Bauten und mehrere Steinformationen<br />
besichtigen. Es lässt sich für den Laien manchmal kaum<br />
erkennen, was die Natur bereits im Ursprung geliefert hat<br />
oder was Menschen später herausgemeißelt haben.<br />
Den Rundgang durch den Freiluftpark beginnen die<br />
meisten Besucher am Koloss « Filitosa V ». Mit den wenig<br />
poetischen Bezeichnungen der Steine muss man sich<br />
abfinden, die Namensgebung entspricht archäologischen<br />
Gepflogenheiten. Sie ist darauf ausgelegt, die Katalogisierung<br />
praktisch und nachvollziehbar zu machen. « Filitosa<br />
V » ist demnach der fünfte in der Anlage gefundene Menhir.<br />
Die Statue lässt Waffen und angedeutete Kleidung erkennen.<br />
Mit zweieinhalb Metern Höhe gehört sie zu den<br />
größten auf Korsika gefundenen Menhir-Statuen. Der<br />
Kopfteil ist jedoch verloren gegangen.<br />
Umgekehrt verhält es sich bei anderen Menhiren, die<br />
60 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
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#FRA15
UNTERWEGS IN FRANKREICH Korsika<br />
Oben: Die einzelnen Menhire sind<br />
durchnummeriert. Hier « Filitosa IX ».<br />
Links: Eingangsbereich. Rechte Seite: Die<br />
archäologische Stätte von Cauria. Neben<br />
den Menhiren ist der Dolmen von Fontaccia<br />
(unten links) der Höhepunkt der Anlage.<br />
ausschließlich oder zum größten Teil nur noch aus einem<br />
Kopfteil bestehen. Am eindrucksvollsten präsentieren sich<br />
beispielsweise die Statuen « Filitosa VI » und « Filitosa<br />
IX » mit ihren klar hervortretenden Gesichtszügen. Hier<br />
waren echte Künstler am Werke, die schon in der Steinzeit<br />
ihr Handwerk beherrschten.<br />
Besonders eindrucksvoll sind auch die fünf Menhir-<br />
Statuen unweit des Baches, der sich durch das Tal des<br />
Geländes schlängelt. Sie sehen aus wie Wächter, die die<br />
torreanische Siedlung auf dem Hügel der Anlage fest im<br />
Visier haben. Die Überreste dieser Siedlung bestehen aus<br />
überdachten Gängen, Kammern, Verschlägen und einem<br />
Brunnen. Man kann auf den alten Grundmauern der<br />
Siedlung entlanglaufen und -klettern, und sich plastisch<br />
ein Bild von der damaligen Wohnsituation machen.<br />
Das mittlere Monument der Anlage vereint Megalith-<br />
Kultur und Torre-Kultur. Zu sehen sind ein senkrechter<br />
Polierstein mit Doppelmulde, eine Opferstelle sowie<br />
Bruchstücke von 32 Menhiren, die als Bausteine in die<br />
Ringmauer rund um den Torre eingefügt worden sind.<br />
Sämtliche Funde, die man heute sieht, dienten den Torreanern<br />
seinerzeit als Baumaterial. Ohne Rücksicht auf<br />
historische Verluste verwendeten sie die vorgefundenen<br />
Hinkelsteine für ihre Wohnbauten und Kultmonumente.<br />
Archäologen mussten die Menhire später äußerst behutsam<br />
aus dem Gemäuer befreien.<br />
Kaum ein Besucher kann sich der mystischen Atmosphäre<br />
dieser uralten Kultstätte entziehen. Die « Tonspur »<br />
trägt das Ihre zur magischen Wahrnehmung bei: Zikaden<br />
lärmen in der lähmenden Mittagshitze und aus der Ferne<br />
dringt das Geläut von Ziegenglöckchen herüber. An einzelnen<br />
Besichtigungspunkten erklingt sphärische Musik aus<br />
dezent platzierten Lautsprechern. Der eigene Geist beginnt<br />
zu schweben und auf einmal haben nicht nur Menhire Gesichter,<br />
sondern auch einzelne Felsen. Ist das noch ein natürlicher<br />
Steinbrocken oder schon eine Figur? Wollten die<br />
Götter uns etwas mitteilen, als sie diese riesigen Steinsaurier<br />
in die Landschaft platzierten? Den Menschen, die hier vor<br />
tausenden von Jahren siedelten, muss es ähnlich ergangen<br />
sein. Die Natur sprach zu ihnen und war voller Geheimnisse.<br />
Neben dem Eingang der Ausgrabungsstätte wird<br />
derzeit ein neues Museum errichtet, in dem in Zukunft<br />
die Ausgrabungsfunde aus unterschiedlichen Phasen präsentiert<br />
werden. Eigentlich sollte es schon im April 2014<br />
eröffnet werden. Doch es kam zu Verzögerungen. Nun ist<br />
die Eröffnung für April 2016 geplant. Derzeit befinden<br />
sich im Eingangsbereich nur einige Schaukästen und Tafeln<br />
mit Erklärungen, die man sich durchaus auch bis zum<br />
Schluss aufheben kann. Wer Filitosa besucht, muss vorher<br />
kein dickes archäologisches Buch lesen. An den Stationen<br />
gibt es gut aufbereitete Audio-Erläuterungen aus dem<br />
Lautsprecher, die ebenfalls auf Deutsch abrufbar sind.<br />
62 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Lust auf eine Extra–Portion Menhire?<br />
Neben dem berühmten Filitosa gibt es auf Korsika<br />
weitere, extrem spannende Fundorte mit Menhiren.<br />
Einige liegen in der Nähe von Filitosa, so dass man das<br />
komplette « Menhir-Geschichtsprogramm » an einem Tag<br />
erledigen kann. Erwähnt und empfohlen seien an dieser<br />
Stelle Cauria und Palaggio.<br />
Die prähistorischen Funde von Cauria und Palaggio<br />
lassen sich am besten von der Stadt Sartène aus erreichen.<br />
In der örtlichen Touristeninformation gibt es Faltblätter<br />
mit den wichtigsten Informationen, inklusive Wegbeschreibung.<br />
Die eigentlichen Fundstellen unter freiem<br />
Himmel müssen ohne Museumswächter auskommen, sie<br />
sind dafür aber auch jederzeit und kostenlos zugänglich.<br />
Cauria – Dolmen in<br />
faszinierender Landschaft<br />
Die Anlage von Cauria erläuft man sich in einem etwa<br />
einstündigen Spaziergang. Dabei kommt man zudem in<br />
den Genuss einer äußerst faszinierenden Landschaft. Im<br />
Hintergrund erheben sich gewaltige Berge, den direkten<br />
Weg säumen Felsformationen, verwunschene Wäldchen<br />
und die allgegenwärtige Maccia. Bereits nach zehn Minuten<br />
erreicht man die ersten spektakulären Zeugnisse der<br />
Vergangenheit, die Steinalleen von Stantari. Sie umfassen<br />
etwa 15 gut erhaltene Menhire unterschiedlicher Größen<br />
und Formen.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 63
UNTERWEGS IN FRANKREICH Korsika<br />
Anders als in Filitosa<br />
und Cauria stehen<br />
die Menhire von<br />
Palaggio inmitten<br />
oft unwegsamen<br />
Gebüschs. Die<br />
meisten Hinkelsteine<br />
liegen chaotisch<br />
in der Landschaft<br />
herum.<br />
Weiter geht es zur Steinallee von Renaggiu. Zwar setzt<br />
nun ein leichter Gewöhnungseffekt ein, besonders wenn<br />
man schon Filitosa besichtigt hat, dennoch ist der Anblick<br />
dieser merkwürdigen Steine, die so souverän in der Landschaft<br />
stehen, immer wieder aufs Neue spannend. Hier<br />
waren Menschen vor Tausenden von Jahren tätig. Und<br />
heute ist hier weit und breit nichts los.<br />
Zweifelsfrei als Höhepunkt in Cauria gilt der Dolmen<br />
von Fontaccia. Dieser schon von weitem sichtbare Steintisch<br />
besteht aus riesigen Steinplatten. Sie umgeben einen<br />
natürlich längst geplünderten Grabraum. Die Deckplatte<br />
ist 3,4 mal 2,9 Meter groß und wiegt unglaubliche drei<br />
Tonnen. Wie diese Platte vor ca. 4.000 Jahren hochgehievt<br />
wurde, bleibt den Forschern ein Rätsel. Bereits 1840<br />
wurde der Dolmen vermessen. Zu dieser Zeit sprachen die<br />
Bauern der Umgebung noch ehrfürchtig von der Stazzona<br />
d’u Diavuli, der Teufelsschmiede. Sie nutzten den Bau<br />
eher respektlos als Unterstand bei Regen.<br />
Palaggio – Steine in der Wildnis<br />
Nur wenige Kilometer landeinwärts vom kleinen Hafenort<br />
Tizzano aus befindet sich auf einem Privatgelände<br />
der kaum erforschte Menhir-Standort Palaggio. Man<br />
kann das Areal ungehindert betreten, hat aber nicht das<br />
Gefühl, willkommen zu sein. Ein altes Blechschild ist<br />
der einzige Hinweis auf die Anlage. Diese zu erreichen<br />
bedeutet, einen circa 30 Minuten langen Gang ins Gelände<br />
zu absolvieren. Wer den schmalen Pfad, vorbei an<br />
einem verfallen Gutshaus und über die Hügel, schließlich<br />
bewältigt hat, kommt sich am Ziel wie ein Erstentdecker<br />
vor.<br />
Bis auf wenige Menhire, die zu einer Reihe aufgestellt<br />
wurden, liegen die Steine chaotisch in der Gegend herum.<br />
Die meisten sind bereits stark verwittert, von Gesichtern<br />
oder sonstigen Konturen ist nichts mehr zu erkennen.<br />
Kaum zu glauben: Es sind alles unwiederbringliche Origi-<br />
64 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Valence<br />
Briançon<br />
Crest<br />
Die<br />
arbonne<br />
80<br />
ce<br />
pignan<br />
ien<br />
A9/E15<br />
AP7/E15<br />
Montpellier<br />
A9/E15<br />
Marseille<br />
<br />
Wer mit dem Auto nach Korsika reisen<br />
will, ist auf eine Fähre angewiesen.<br />
Aus dem deutschsprachigen Raum<br />
führt der schnellste Weg über Italien<br />
und die Fährhäfen Savona und<br />
Livorno. Wer lieber über das fran-<br />
Collioure zösische Festland anreist, kann eine<br />
Fähre ab Marseille, Toulon oder Nizza<br />
nehmen. Zielhäfen sind vor allem<br />
Ajaccio, Bastia und Calvi. Ajaccio<br />
liegt dabei Filitosa am nächsten. Die<br />
archäologische Stätte liegt an der<br />
D57 von Sollacaro ans Meer.<br />
Filitosa …<br />
… Berlin 1.643 km … Hamburg 1.726 km<br />
… Köln 1.442 km … München 1.0<strong>55</strong> km<br />
… Wien 1.256 km<br />
A7/E15<br />
… Zürich 893 km<br />
Korsika verfügt über vier Flughäfen.<br />
Die Filitosa am nächsten gelegenen<br />
sind in Ajaccio und Figari. Air France<br />
fliegt aus Deutschland, Öster reich<br />
A7/E15<br />
Aix-en-<br />
Provence<br />
A<strong>55</strong><br />
Saillans<br />
A52<br />
Gap<br />
nale, die da dem Verfall preisgegeben sind – ohne archäologische<br />
Untersuchung und Aufarbeitung, überwuchert<br />
von Gestrüpp.<br />
Orange<br />
A51/E712<br />
erschöpfen sich damit auch A9/E15 schnell, denn Dornen und<br />
A75/E11<br />
stachelige Blätter halten vom Anfassen Avignon Apt oder Freilegen<br />
Porto-<br />
Vecchio<br />
Sartène<br />
der Saint-Guilhemle-Désert<br />
A54/E805<br />
Menhire ab. Damit Nîmes sind sie aber auch ganz gut vor<br />
menschlichen Zerstörungsakten geschützt. Und vielleicht<br />
Lodève<br />
Bézier<br />
Die Entdeckungsmöglichkeiten für den Besucher<br />
Arles<br />
A8/E80<br />
igen Raum nach Bas tia und mit<br />
airberlin von Düssel dorf nach Calvi.<br />
Eine Anreise mit dem Zug ist ein<br />
mühsames Unterfangen. Man<br />
muss einen der italienischen oder<br />
französischen Fährhäfen ansteuern<br />
und von dort mit der Fähre nach<br />
Korsika übersetzen.<br />
www.filitosa.fr<br />
A57<br />
Station Préhistorique de Filitosa<br />
20140 Petreto-Bicchisano<br />
Telefon: +33 (0)4 95 74 00 91<br />
Filitosa ist täglich ab Ostern<br />
bis Ende Oktober geöffnet.<br />
steht in Zukunft doch noch Geld bereit, um die Funde<br />
hier wissenschaftlich aufzuarbeiten. Wenn es um die<br />
Qualität der Hinkelsteine geht, kann Palaggio nicht mit<br />
France Filitosa und Cauria mithalten. Hinsichtlich Abenteuer<br />
und wilder Romantik lohnt die Anlage aber allemal. Auch<br />
rundet eine Erkundung dieser unsortierten Steinsammlungen<br />
den Gesamteindruck in Sachen korsische Menhire<br />
wunderbar ab.<br />
Cannes<br />
A8/E80<br />
Nice<br />
Die Öffnungszeiten beginnen<br />
um 8.00 Uhr und dauern bis<br />
Sonnenuntergang. Für die<br />
Besichtigung sollte man mindestens<br />
eine Stunde einplanen.<br />
Calvi<br />
L‘Ile-Rousse<br />
Ajaccio<br />
A50<br />
und Toulon der Schweiz beide Orte via<br />
Paris an. Alternativ bestehen Rayol- in den<br />
Canadelsur-Mer<br />
wings<br />
<strong>Sommer</strong> mon aten mit Ger man<br />
Direktflüge aus dem deutsch sprach-<br />
Bonifacio<br />
Bastia<br />
Corte<br />
Filitosa<br />
LESETIPPS FÜR KORSIKA<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 49<br />
Cap Corse: Türme, Kühe und Kanonen, unterwegs auf<br />
dem Zöllnerpfad vom Cap Corse<br />
Das Cap Corse, die nördlichste Spitze Korsikas,<br />
ist bei Touristen beliebt, denn hier lässt sich<br />
jede Menge sehen und erleben. Wer im Urlaub<br />
Natur, Kultur und etwas sportliche Betätigung<br />
kompakt miteinander kombinieren will,<br />
dem sei eine Wanderung auf dem Sentier<br />
des Douaniers empfohlen: Ein schmaler Pfad führt entlang von<br />
Klippen und schönen Stränden durch eine beeindruckende<br />
Küstenlandschaft. Besonders faszinieren halb verfallene Türme aus<br />
der Zeit der genuesischen Herrschaft.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 51<br />
Bonifacio: Korsikas geschichtsträchtiger Höhepunkt<br />
An der Südspitze Korsikas, auf weithin sichtbaren<br />
Kreidefelsen, thront das Städtchen Bonifacio<br />
ehrwürdig und majestätisch. Eine massive<br />
Festungsmauer umgibt die Stadt. Viele Häuser<br />
balancieren verwegen über dem Abgrund.<br />
Am Fuße der Felsen hat das Meer tiefe<br />
Grotten in die Sandsteinküste gewaschen.<br />
Aufgrund seiner spektakulären Lage ist Bonifacio vor allem in den<br />
<strong>Sommer</strong>monaten ein Magnet für viele Besucher und ohne Frage<br />
ein Höhepunkt eines jeden Urlaubs auf Korsika. Hier wurde(n)<br />
Geschichte(n) geschrieben, die man auf Schritt und Tritt spürt.<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 90.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 65
UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne<br />
Eine Handbreit<br />
Wasser unterm Kiel<br />
Ein Familienlogbuch aus der Bretagne<br />
66 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Zehn Autominuten von<br />
Plouguerneau entfernt, liegt der<br />
Hafen von L’Aber-Wrac’h, der<br />
jedes Wassersportlerherz höher<br />
schlagen lässt. Da ich stets mit<br />
meiner Familie reise, dachte ich<br />
bisher, dass ein Aktivurlaub auf<br />
dem Wasser für Jahre auf Eis<br />
gelegt sei, zumindest bis die Kinder<br />
ins Teenageralter gelangt sind.<br />
Dies war ein Irrtum, wie ich nun<br />
glücklicherweise feststellen konnte.<br />
Ein Erlebnisbericht über eine<br />
traumhaft schöne und aufregende<br />
Woche in der Bretagne mit zwei<br />
glücklichen Kindern und<br />
ebensolchen Eltern.<br />
Jedes Jahr verbringen wir einige Zeit unserer Ferien in unserem<br />
Ferienhaus an der Nordwestspitze der Bretagne im Ort Plouguerneau<br />
im Departement Finistère. Dieses Mal wollen wir uns aber<br />
nicht nur mit Strand, Dünen und Menhiren begnügen, sondern auch<br />
einmal aufs Wasser. Unsere Kinder, die neunjährige Elise und der vierjährige<br />
Luke, müssen in dieser Zeit jedoch betreut werden – kein leichtes<br />
Unterfangen, so weit weg von der Heimat und den Großeltern. Doch<br />
wir haben eine Lösung für dieses Problem gefunden.<br />
Sie ist im Hafen von L’Aber-Wrac’h zu finden. Wasseraktivitäten<br />
jeglicher Art werden dort angeboten, vom Kajakpaddeln übers Segeln<br />
bis hin zum Surfen. Die Preise sind durchaus akzeptabel und man kann,<br />
wenn man frühzeitig bucht, Rabatte aushandeln. Es gibt ein ganzjähriges<br />
Kursangebot, welches während der französischen Ferien am umfangreichsten<br />
ist. Zur Auswahl stehen Vor- und Nachmittagskurse, die<br />
jeweils drei Stunden dauern. Das Besondere ist zudem, dass auch für den<br />
Nachwuchs gesorgt ist.<br />
Für Elise haben wir schon von zu Hause einen Wochenkurs in der<br />
« Optimistenklasse » (kleines leichtes Segelboot für Kinder, zu zweit zu<br />
fahren) gebucht. Mein Mann und ich wollen uns zum ersten Mal in unserem<br />
Leben auf einen Katamaran wagen. Vorkenntnisse durchs Segeln<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 67
UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne<br />
Oben und S. 66/67: Die Gegend rund um den Hafen von L’Aber-Wrac’h bietet ein Stück Bretagne wie im Bilderbuch. S. 69:<br />
Egal ob mit oder ohne Vorerfahrungen, in der Segelschule kann jeder erlernen, wie man einen Katamaran segelt.<br />
und Surfen sind vorhanden, was aber nicht zwingend notwendig<br />
ist, um einen Kurs dieser Art zu belegen. Luke wird<br />
ebenfalls optimal versorgt: Er darf mit der Gruppe « Jardin<br />
de Mer » mit liebevollen Betreuern und einer Horde anderer<br />
Kleinkinder die Inseln und Strände der Bucht mit einem<br />
Boot anfahren. So sind alle Familienmitglieder zeitgleich in<br />
ihren Kursen untergebracht und es kann losgehen.<br />
Tag 1<br />
Pünktlich um 9.30 Uhr morgens finden die Gruppeneinteilung<br />
und die Ausgabe der Neoprenanzüge sowie der<br />
Schwimmwesten statt. Sämtliches Equipment kann man für<br />
wenig Geld ausleihen. Ratsam ist es, die Anzüge schon ein<br />
bis zwei Tage vorher dort abzuholen und gründlich durchzuwaschen.<br />
Größen sind allesamt reichlich vorhanden, aber<br />
auch hier ist es empfehlenswert, eventuell einer der Ersten<br />
zu sein, um das beste und passendste Material zu erhalten.<br />
Die Gruppen sind je nach Sportart mit bis zu zwölf<br />
Personen besetzt und werden von ein bis zwei Lehrern<br />
betreut. Gleich zu Beginn wartet jedoch die erste Überraschung<br />
auf uns: Der Betreuer begrüßt uns auf Bretonisch<br />
und fährt auch in dieser Sprache eine kleine Weile lang<br />
fort, bis er auf Französisch umschwenkt – ein erster Gag<br />
der Crew, um die « Frischlinge » zu irritieren. Erleichtert<br />
stellen wir fest, dass alle Leiter ein sehr gut verständliches<br />
Französisch und auch ein paar Brocken Englisch sprechen.<br />
Die komplette Belegschaft, von der Sekretärin in<br />
der Anmeldung bis zu den Animateuren, ist durchweg gut<br />
gelaunt und sehr freundlich.<br />
Anschließend geht es nach einer blitzschnellen Einweisung,<br />
bei der uns gezeigt wird, welche Segel wie zu<br />
spannen sind, mit einem Motorboot aufs Wasser. Wir<br />
werden an den fertig aufgeriggten Katamaranen in Zweier-<br />
bzw. Dreiergruppen abgesetzt und nach einer weiteren<br />
kurzen Erklärung, wie der Parcours aussehen soll, losgeschickt.<br />
Bald haben wir Wind und Segel unter Kontrolle<br />
und können so richtig Gas geben. Es ist ein Riesenspaß.<br />
Nach drei Stunden treffen wir uns alle im Hafen wieder.<br />
Die Heimfahrt zum Ferienhaus ist recht ruhig, da die<br />
Kinder schon nach zwei Minuten in ihren Sitzen zufrieden<br />
einschlafen. An diesem Tag ist ihnen über ihren Kurs<br />
nicht wirklich viel zu entlocken, die Eindrücke waren zu<br />
vielfältig. Aber sie brennen schon auf den nächsten Tag.<br />
Tag 2<br />
Da heute der Wind eine Pause macht, lernt Elise in ihrem<br />
Optimistenkurs mit dem Papillon-Segel umzugehen.<br />
Geübt werden zudem « Mann über Bord »-Manöver. Die<br />
68 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Kinder müssen dabei ins Wasser springen und versuchen,<br />
alleine wieder auf das Boot zu klettern. Bei dem einen oder<br />
anderen Kursteilnehmer muss der Lehrer allerdings nachhelfen.<br />
Die Kinder sollen lernen, die Launen der Natur<br />
niemals zu unterschätzen. Bei allem Spaß und Spiel stehen<br />
das Training und die Sicherheit stets an erster Stelle.<br />
Auch für unsere Gruppe heißt es heute: baden gehen.<br />
Das Wetter – nämlich wenig Wind und kaum Wellengang<br />
– ist ideal, um Kentermanöver zu üben. Wir legen<br />
unseren Katamaran mit einigen Tricks auf die Seite, bis<br />
dieser kentert und müssen ihn anschließend wieder aufrichten.<br />
Kein leichtes Unterfangen. Wir sind sehr froh<br />
über diese kontrollierte Trainingseinheit, bevor es später<br />
einmal hart auf hart kommt.<br />
Etwas durchgefroren, aber sehr zufrieden kommen wir<br />
mittags wieder im Hafen an. Dort erwartet uns ein sehr<br />
stolzer Luke. Er hat mit seiner Jardin-de-Mer-Gruppe<br />
sechs Krebse gefangen, die uns in Eimerchen präsentiert<br />
werden. Picknick an einem der unzähligen Strände und<br />
die Exkursionen auf die kleinen Inseln bilden einen festen<br />
Programmpunkt für die Kleinen. Oft hören wir die<br />
Freudenschreie der Kinder über die ganze Bucht, wenn<br />
ihr Boot auf dem Weg zur nächsten Pirateninsel bei einer<br />
höheren Welle ein wenig abhebt.<br />
Tag 3<br />
Beim Heraustreten aus unserer Ferienwohnung verheißen<br />
Sonnenschein und Wind einen idealen Segeltag.<br />
Als wir am Hafen ankommen, haben wir Gewissheit:<br />
Die Fahnen stehen gut im Wind, es kann losgehen!<br />
Die Katamarangruppe bekommt heute noch ein Trapez<br />
umgeschnallt, was mein Herz ein wenig zum Pochen<br />
bringt. Angekettet an ein Boot über das Meer rasen, ob<br />
das wirklich mein Wunsch ist? In meinem Kopf geistern<br />
merkwürdige Bilder herum. Elises Optimistengruppe ist<br />
schon verschwunden und ich sehe gerade noch, wie sich<br />
die Jardin-de Mer-Gruppe in kleine Neoprenshortys pellt.<br />
Heute wird es also ernst.<br />
Kaum an den Katamaranen abgeliefert, werden die<br />
Segel angebracht und los geht es mit reichlich Fahrt.<br />
Teilweise liegt nur noch eine Kufe des Katamarans im<br />
Wasser und ich muss mich mit dem kompletten Körper<br />
herauslehnen, um das Boot am Kippen zu hindern. Das<br />
Trapez einzuhängen, traue ich mich heute noch nicht, da<br />
mir auch ein wenig die Einweisung fehlt. In diesem Kurs<br />
lautet die Devise: learning by doing. Die Betreuer sind zwar<br />
ständig in Sichtweite, aber halten sich zurück, wenn sie<br />
den Eindruck haben, dass man zurechtkommt. Morgen<br />
probiere ich das Trapez aber bestimmt aus.<br />
Beliebter Gag bei den Betreuern: Wer noch nicht<br />
durch unfreiwilliges Kentern nass ist, wird mit dem Außenbootmotor<br />
des Schlauchbootes geduscht. Niemand<br />
darf trocken im Hafen einlaufen!<br />
Elise hat heute neben etlichen Segelmanövern gelernt,<br />
ein Boot vom Strand aus anzuschieben und an Bord zu<br />
springen. Ich zähle jeden Tag heimlich bei der Ankunft<br />
der Gruppe durch, ob auch wieder alle Kinder glücklich<br />
im Hafen angekommen sind. Bis jetzt stimmt es jedes<br />
Mal. Luke war auf einer weiteren Pirateninsel und hat<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 69
UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne<br />
Höhlen besichtigt. Die Eimer mit den Krebsen sind leer,<br />
ich wage nicht nachzufragen, wo die Tiere gelandet sind.<br />
Luke ist sich sicher, dass die Krebse wieder ausgesetzt<br />
wurden. Dies würde mich allerdings wundern.<br />
Tag 4<br />
Langsam stellt sich die Routine ein. Diesmal sind<br />
wir allesamt eine Viertelstunde vor Kursbeginn fertig am<br />
Hafen angelangt. So früh haben wir es vorher noch nie<br />
geschafft. Plötzlich guckt mein Mann an sich herunter<br />
und ruft: « Ich muss noch mal heim, ich habe meinen<br />
Neoprenanzug vergessen! ». Ohne Anzug drei Stunden<br />
lang dem 18 Grad kalten Atlantikwasser ausgesetzt zu<br />
sein, ist unmöglich. Man sitzt zwar meist über Wasser<br />
im Trampolin oder auf den Kufen, aber ständig schwappt<br />
Wasser oder Gischt hoch. Also wieder zurück zum Haus,<br />
Anzug aus dem Wäscheraum geholt und wieder zurück<br />
zur Gruppe. Punktlandung, alles hat geklappt!<br />
Wir starten bei bedecktem Wetter und mäßigem<br />
Wind. Ich nutze die Chance und probiere das Trapez aus.<br />
Ein Heidenspaß! Nie wieder möchte ich anders Katamaran<br />
segeln! Damit wir nicht zu übermütig werden, sorgen<br />
unsere Animateure von ihrem Schlauchboot aus für Abkühlung<br />
– diesmal mit riesigen Wasserspritzpistolen. Das<br />
Besondere heute ist, dass wir bei Ebbe aufs Wasser gehen<br />
und bei einsetzender Flut zurückkehren, wobei hier an der<br />
bretonischen Küste zwischen den Gezeiten ein Höhenunterschied<br />
von mehreren Metern überwunden werden<br />
muss. Die Kräfte, die am Boot zerren, sind immens. Ein<br />
merkwürdiges Gefühl, da die Wasseroberfläche ansonsten<br />
ganz ruhig aussieht.<br />
Elise hat fleißig ihre Manöver mit ihrer Optimistengruppe<br />
geübt. Es ist schon eine kleine eingeschworene<br />
Gemeinschaft und erste Freundschaften wurden geschlossen.<br />
So ist bereits abgemacht, dass Elise und ihre Bootspartnerin<br />
Lucy auch nach der Segelwoche in Kontakt<br />
bleiben werden.<br />
Luke ist auf dem Heimweg in den Hafen im Boot<br />
unter einer Plane eingekuschelt eingeschlafen und musste<br />
am Steg erst einmal geweckt werden. Die Jardin-de-Mer-<br />
Gruppe hat heute Krabbenkäfige ausgesetzt und nun wartet<br />
alles gespannt auf morgen, wenn es ans Einholen der<br />
Körbe geht. Wir belohnen uns noch mit einem Besuch in<br />
einer Crêperie, die es hier in fast jedem Ort gibt. Wir sind<br />
alle ein bisschen sentimental, dass morgen schon der letzte<br />
Tag ist.<br />
Tag 5<br />
Nachdem wir uns wieder in unsere engen Neoprenanzüge<br />
gezwängt haben, mittlerweile schon ein gewohntes<br />
Gefühl, ähnlich wie das Anziehen von Kompressionsstrümpfen,<br />
nur über den ganzen Körper, und unsere<br />
Schwimmwesten und Trapeze ausgesucht haben, gehen<br />
wir zu unserer Katamarangruppe. Wir dürfen heute den<br />
etwas schnelleren, aber instabileren Hobycat 18 ausprobieren.<br />
Den Grund erfahren wir auf dem Wasser: Alle<br />
Kursteilnehmer, auch die der anderen Klassen, treffen sich<br />
in der Bucht von Aber Wrac’h zu einem Wettrennen.<br />
70 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Oben: Das Kursangebot der Segelschule ist vielfältig. Diverse Bootstypen<br />
stehen zur Auswahl. Darunter: Elise und Luke. Rechts: Das Tragen der<br />
Schwimmweste ist obligatorisch. Linke Seite: Auch der Nachwuchs<br />
wird gut betreut. S. 72: Die Zertifikate für bestandene Kurse.<br />
Nachdem uns die Rennstrecke zugerufen wird, geht es<br />
mit einem Kanonenstart los. Einmal durch die Bucht und<br />
um das schwarze Schlauchboot herum. Bei nur mäßigem<br />
Wind kein leichter Auftrag, denn man muss zwischen<br />
kürzester Strecke und bestem Wind ständig abwägen und<br />
die Verfolger mit ihren Manövern im Auge behalten. Wir<br />
kreuzen günstig und liegen bald in Führung. Dann aber<br />
ein Missgeschick: Durch die einsetzende Ebbe ist das<br />
Gebiet, in dem wir gerade segeln, nicht mehr in allen Bereichen<br />
befahrbar. Schon haben wir auf Grund aufgesetzt.<br />
Glücklicherweise gelangen wir mit einer Windböe<br />
wieder ein paar Meter weiter nach draußen und die Verfolgung<br />
unserer Mitstreiter kann aufgenommen werden.<br />
Wir haben günstigen Wind und gewinnen schnell wieder<br />
an Metern. Mit deutlichem Vorsprung können wir das<br />
Rennen schließlich für uns entscheiden – ein Riesenerfolg,<br />
wenn man bedenkt, dass dies unsere erste Woche auf<br />
einem Katamaran ist.<br />
Anschließend geht es noch auf eine Insel, auf der wir<br />
auch Elise mit ihrer Optimistenklasse und Luke mit der<br />
Jardin-de-Mer-Gruppe treffen. Nach einem kleinen Picknick<br />
geht es danach wieder zurück in Richtung Hafen.<br />
Einen kurzen Abstecher erlaubt sich unsere Gruppe aber<br />
noch zum krönenden Abschluss: Wir fahren eine große<br />
Rettungsboje an und dürfen aus vier Metern Höhe ins<br />
Wasser springen. Ein lustiger Spaß, bei dem ich allerdings<br />
Zuschauerin bleibe. Auch nach fünf Tagen auf dem Meer<br />
habe ich mich nicht an die ungemütlichen Wassertemperaturen<br />
gewöhnt und verweile lieber auf dem halbwegs<br />
trockenen Boot.<br />
Im Hafen werden wir traditionsgemäß mit frisch zubereiteten<br />
Crêpes verwöhnt und nehmen unsere Zertifikate<br />
über den jeweils bestandenen Kurs in Empfang. Neben<br />
einer persönlichen Bewertung, die der Lehrer abgibt,<br />
kann man auch die diversen Stufen abgestempelt bekommen,<br />
die man schon absolviert hat. Es fängt bei Niveau<br />
eins (« premier bords », d.h. man findet sich an seiner Position<br />
im Boot zurecht und kann Anweisungen umsetzen)<br />
an und reicht bis zu Niveau fünf (« maîtrise », d.h. man navigiert<br />
eigenständig ohne jegliche fremde Anweisung). Es<br />
handelt sich um das offizielle Dokument der französischen<br />
Segelschulen und wird bei jedem Kurs weitergeführt.<br />
Als Fazit über die ganze Woche können ich und die<br />
gesamte Familie feststellen: Dieser Urlaub war so interessant<br />
und kurzweilig, wie man es sich nur wünschen<br />
kann. Das Wetter ist fast schon Nebensache. Ob es ein-<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 71
UNTERWEGS IN FRANKREICH Bretagne<br />
mal bedeckt ist oder die Sonne scheint,<br />
ist auf dem Wasser bei dieser Aktivität<br />
nicht relevant. Dennoch sollte man<br />
stets einen geeigneten Sonnenschutz<br />
auftragen. Das Gesicht mehrere<br />
Nuancen dunkler, die Haare dafür<br />
deutlich heller geworden, sehen<br />
wir nach unseren paar Tagen auf<br />
dem Wasser wie echte Seebären<br />
aus.<br />
Außerdem stellen wir<br />
fest, dass wir noch nie eine so<br />
erholsame Urlaubswoche verbracht<br />
haben. Dies liegt wohl auch<br />
daran, dass unsere Kinder während unseres<br />
Kurses sicher und gut untergebracht waren<br />
und mindestens genauso viel Spaß<br />
hatten wie wir! Fest steht für uns<br />
alle schon heute: In den nächsten<br />
Ferien buchen wir wieder. Ich<br />
möchte dann einen Lazer segeln.<br />
Das ist ein leichtes schnelles Segelboot<br />
für eine Person. Mein<br />
Mann will sich im Kiten ausprobieren.<br />
Elise macht weiter mit<br />
ihrem Segelkurs, diesmal eine<br />
Bootsgröße größer (zu fahren<br />
ab zehn Jahren). Luke wird in<br />
den « Club des Moussaillons »<br />
gehen. Da fangen sie auch<br />
schon ein wenig mit Kajak<br />
und Booten an.<br />
LESETIPPS FÜR AUSFLÜGE IN DIE UMGEBUNG<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 29<br />
Ile de Bréhat: Die Insel ruft<br />
Wenn man Ruhe und Erholung sucht, sehnt man<br />
sich schnell nach einer einsamen Insel. Die Ile de<br />
Bréhat an der bretonischen Nordküste ist<br />
ein solches Sehnsuchtsziel. Dieses kleine<br />
Eiland von gerade einmal 3,5 Kilometern<br />
Länge und 1,5 Kilometern Breite bietet eine<br />
unglaubliche Vielfalt. Es ist ein Königreich<br />
für Wanderer und Radfahrer mit einer dank<br />
des Golfstroms fast mediterranen Vegetation. Auf Bréhat fühlt<br />
man sich sofort wohl, vielleicht auch weil der Rest der Welt so weit<br />
entfernt scheint.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 31<br />
Pointe du Raz: Das Ende der Welt<br />
Die Bretonen nennen den westlichsten Punkt<br />
Frankreichs « Penn ar Bed », was « Ende der<br />
Welt » bedeutet. Keine Frage, ein solcher Ort<br />
flößt Respekt ein. An der Pointe du Raz im<br />
Departement Finistère fällt das französische<br />
Festland über eine bis zu 72 Meter hohe<br />
Steilküste in den Ozean. Wo die Wellen<br />
unaufhörlich an die Felsen klatschen, lockt<br />
ein majestätisches Kap, das jeden in seinen Bann zieht.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 39<br />
Abbaye de Daoulas: Kloster der Kultur und der<br />
Heilpflanzen<br />
Die Abtei von Daoulas rund 20 Kilometer südöstlich<br />
von Brest kann mit einem Kreuzgang aus<br />
dem 12. Jahrhundert im romanischen Stil,<br />
einem Oratorium aus dem 16. Jahrhundert,<br />
einem Brunnen mit magischen Kräften,<br />
einem der schönsten Heilpflanzengärten des Kontinents und mit<br />
Schafen, die zu den kleinsten der Welt gehören, aufwarten. Das<br />
religiöse Erbe und die kulturelle Nutzung von heute bilden dabei<br />
eine reizvolle Symbiose. Alles Gründe, bei der nächsten Reise in die<br />
Bretagne einen Abstecher zu dieser Abtei einzuplanen.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41<br />
Brest: Die unterschätzte Hafenstadt am Ende der Welt<br />
Für viele liegt Brest in einer Sackgasse ganz weit<br />
weg im Westen der Bretagne, jedenfalls irgendwo,<br />
wohin man sich nicht so schnell verirrt.<br />
Die letzte französische Großstadt vor den<br />
Weiten des Atlantischen Ozeans litt lange<br />
Zeit unter ihrer isolierten Lage. Doch Brest<br />
ist heute alles andere als ein verschlafenes<br />
Provinznest. Trotz einer sehr bewegten und<br />
oft tragischen Geschichte hat die Hafenstadt ihr ganz eigenes<br />
Lebensgefühl gefunden. Brest überrascht und lohnt definitiv die<br />
weite Anreise.<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 48<br />
Ploumanac‘h: Die Magie der bretonischen Nordküste<br />
Die Bretagne ist reich an Sehens wür dig keiten.<br />
Eine ganz besondere Perle ist der kleine Hafenort<br />
Ploumanac‘h und sein bekannter Zöllnerpfad<br />
an der Côte de Granit Rose. Auf nur<br />
wenigen Kilometern erlebt man hier die<br />
Bretagne wie aus dem Bilderbuch. Ein Ort<br />
mit Suchtpotential.<br />
INFORMATIONEN ZUR BESTELLUNG DIESER UND ANDERER<br />
AUSGABEN FINDEN SIE AUF SEITE 90.<br />
72 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
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29870 Lannilis<br />
Telefon: +33 (0)2 98 04 05 43<br />
CVL Centre de voile de L’Aber Wrac‘h<br />
29870 Landéda<br />
Telefon: +33 (0)2 98 04 90 64<br />
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L’Aber-Wrac’h<br />
Brest<br />
N165/E60<br />
N164<br />
Quimper<br />
N165/E60<br />
Lannion<br />
N12/E50<br />
Saint-Brieuc<br />
Lorient<br />
Quiberon<br />
D768<br />
Vannes<br />
N24<br />
N165/E60<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 73
FRANKREICH HEUTE Regionen<br />
Neugliederung<br />
der Regionen<br />
Teil 2: Auf der Suche nach<br />
neuen Hauptstädten<br />
Rennes<br />
Caen<br />
(Präfektur)<br />
Nantes<br />
Rouen<br />
(Conseil<br />
Régional)<br />
Paris<br />
Orléans<br />
Lille<br />
Amiens<br />
Châlons-en-<br />
Champagne<br />
Dijon<br />
Metz<br />
Strasbourg<br />
Besançon<br />
Nachdem in der letzten Ausgabe der Frage<br />
nachgegangen wurde, welche Namen die<br />
neuen französischen Regionen tragen<br />
könnten, geht es dieses Mal um die zukünftigen<br />
Hauptstädte der Regionen. Eine Frage,<br />
die durchaus politische Sprengkraft besitzt,<br />
gibt es doch zahlreiche lokale Animositäten.<br />
Kaum eine der aktuell 22 Hauptstädte wird<br />
ihren Hauptstadttitel gerne abgeben. Doch<br />
dies ist unweigerlich notwendig, denn in<br />
Zukunft gibt es nur noch 13 Regionen – und<br />
damit auch nur noch 13 regionale Hauptstädte.<br />
Offiziell sollen die neuen Hauptstädte<br />
nach einem ausführlichen Reflexionsprozess<br />
im Juli 2016 ernannt werden. Doch Tendenzen<br />
lassen sich schon heute ausmachen.<br />
In sechs Regionen wird sich ohnehin nichts<br />
ändern, da diese von der Fusionswelle verschont<br />
blieben. In vier der sieben neuen<br />
Regionen scheint der Name der neuen<br />
Hauptstadt auch bereits inoffiziell festzustehen.<br />
Bleiben vor allem drei neue Regionen,<br />
in denen es mehr oder weniger spannend<br />
werden könnte.<br />
Amiens capitale! C’est capital! » (dt. etwa Hauptstadt<br />
Amiens! Das ist von größter Wichtigkeit!), ein<br />
« Wortspiel, das aktuell auf vielen Schildern in der<br />
derzeitigen Hauptstadt der noch eigenständigen Region<br />
Picardie zu lesen ist. So auch am 22. April dieses Jahres, als<br />
der Ministerrat im nicht zu fernen Paris die Weichen für<br />
eine vermutlich weniger bedeutende Zukunft der Stadt<br />
stellte, zumindest im politischen und verwaltungstechnischen<br />
Sinne. Denn mit dem Gesetz zur Neugliederung<br />
des Landes vom 16. Januar <strong>2015</strong> wurde festgelegt, dass die<br />
Region Picardie mit der Region Nord-Pas-de-Calais verschmelzen<br />
wird. Das Pech von Amiens ist dabei, dass die<br />
aktuelle Hauptstadt der Region Nord-Pas-de-Calais, Lille,<br />
Poitiers<br />
Limoges<br />
Bordeaux<br />
Toulouse<br />
Clermont-<br />
Ferrand<br />
Montpellier<br />
Lyon<br />
Marseille<br />
Wahrscheinliche Hauptstadt der neuen Region<br />
Derzeitige Hauptstadt, die diesen Status vermutlich verlieren wird<br />
Hauptstadt, die von der Reform nicht betroffen ist<br />
Ajaccio<br />
sehr viel größer und wichtiger ist als Amiens. Es ist deshalb<br />
recht wahrscheinlich, dass Lille die Hauptstadt der neuen<br />
Region Nord-Pas-de-Calais-Picardie werden wird.<br />
Viele Bewohner von Amiens finden diese Perspektive<br />
jedoch wenig prickelnd. So etwa Julie, Jurastudentin und<br />
gebürtig aus Amiens stammend. « Ja, ich bin für die Reform<br />
der Regionen, aber Amiens soll Hauptstadt bleiben »,<br />
sagt sie. Eines ihrer Argumente: « Lille ist doch ohnehin<br />
schon die wichtigere Stadt in der neuen Region. Dann<br />
können wir doch als Ausgleich den Hauptstadtstatus<br />
behalten. Stellen Sie sich vor, Bayern und Baden-Württemberg<br />
müssten fusionieren. Was würden die Menschen<br />
in Stuttgart wohl sagen, wenn sie zukünftig aus München<br />
regiert werden sollten? » Diese wie viele ähnliche Stimmen<br />
zeigen, wie lokalpatriotisch aufgeladen die Diskussion ist.<br />
Sicherlich gibt es in Lille eine andere Julie, die mit gleicher<br />
Inbrunst für Lille als Hauptstadt argumentieren würde.<br />
Der Innenminister machte in der Ministerrunde am<br />
22. April aber erneut unmissverständlich klar, dass die<br />
territoriale Neugliederung des Landes eines der wichtigsten<br />
Reformprojekte der Regierung sei. Um mit diesem<br />
Vorhaben einen weiteren Schritt voranzukommen, wurden<br />
an diesem Tag die Präfekten der neuen Regionen ernannt.<br />
Die Präfekten sind in den Regionen die Statthalter des<br />
Staates. Um sie herum gruppieren sich weitere administrative<br />
Einheiten. Ihr Sitz definiert damit auch faktisch die<br />
Hauptstadt einer Region. Ernannt werden die Präfekten<br />
vom Staatspräsidenten auf Vorschlag des Premierministers<br />
74 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
im Rahmen der Ministerrunde.<br />
Theoretisch hätte am 22. April also eine Liste mit den<br />
13 neuen Präfekten und den Orten, in denen sie sitzen<br />
sollen, veröffentlich werden können. Der Premierminister<br />
hätte dazu die notwendige Macht, der Staatspräsident<br />
müsste dies absegnen. Ein derart zentralistischer Ansatz<br />
hätte in den einzelnen Regionen aber sicherlich für sehr<br />
viel böses Blut gesorgt. Deshalb hat sich die Regierung<br />
am 22. April für ein behutsameres Vorgehen entschieden:<br />
Man veröffentlichte lediglich die Namen der Präfekten für<br />
die neuen Regionen. Teil ihrer Aufgabe soll es nun sein,<br />
in den Regionen zu schauen, wie die Administrationen in<br />
den fusionierten Regionen verteilt und welches die neuen<br />
Hauptstädte werden sollen.<br />
Damit will die Regierung deutlich machen, dass bezüglich<br />
der neuen Hauptstädte noch nichts entschieden<br />
ist. Dies soll gerade die Menschen wie Julie in den Hauptstädten,<br />
die vermutlich ihren Hauptstadtstatus verlieren<br />
werden, beruhigen. Man verspricht einen ausführlichen<br />
Abstimmungsprozess in den betroffenen Regionen. Die<br />
neuen Hauptstädte sollen erst im Juli 2016 endgültig feststehen.<br />
Auch die neuen Conseils Régionaux, die am 6.<br />
und 13. Dezember <strong>2015</strong> gewählt werden, sollen noch die<br />
Möglichkeit der Mitsprache erhalten.<br />
Doch trotz dieser Beteuerungen aus Paris haben viele<br />
Menschen wie Julie Zweifel daran, dass die Würfel noch<br />
nicht gefallen sind. Eine wichtige Vorentscheidung kann<br />
zum Beispiel darin gesehen werden, dass am 22. April für<br />
alle sieben neuen Regionen jeweils die Präfekten der jetzigen<br />
Teilregionen für den neuen Posten nominiert wurden,<br />
in denen die vermutlich neuen Hauptstädte liegen. Für die<br />
neue Region Nord-Pas-de-Calais-Picardie ist dies beispielsweise<br />
der derzeitige Präfekt von Nord-Pas-de-Calais.<br />
Man muss nicht viel Fantasie haben, um zu unterstellen,<br />
dass sein Herz eher für Lille als für Amiens schlagen wird,<br />
auch wenn er offiziell neutral zu agieren hat.<br />
So zeichnen sich schon jetzt die neuen regionalen<br />
Hauptstädte ab. In den sechs von der Fusionswelle nicht<br />
erfassten Regionen ist die Sache ohnehin klar: Rennes<br />
wird die Hauptstadt der Bretagne bleiben, Nantes die der<br />
Pays-de-la-Loire, Orléans die der Region Centre, Paris<br />
die der Ile-de-France, Marseille die der Region Provence-<br />
Alpes-Côte d’Azur (PACA) und Ajaccio die der Insel<br />
Korsika.<br />
Aber auch in den sieben neuen Regionen sind nicht<br />
alle Hauptstädte vollkommen strittig. Teilweise ist die<br />
Dominanz einer Stadt in den neuen Superregionen schon<br />
heute so groß, dass ihre Ernennung als neue Hauptstadt<br />
kaum große Diskussionen auslöst, auch nicht bei den Bewohnern<br />
der unterlegenen Stadt.<br />
So gilt es als sehr wahrscheinlich, dass Straßburg die<br />
neue Hauptstadt der drei fusionierten Regionen Elsass,<br />
Lothringen und Champagne-Ardenne wird. Die Stadt, in<br />
der auch das Europäische Parlament seinen Sitz hat, ist<br />
bedeutend wichtiger und größer als Metz und Châlonsen-Champagne.<br />
In der zusammengelegten Region Burgund<br />
und Franche-Comté scheint man sich ähnlich einig<br />
zu sein, dass Dijon die neue Hauptstadt wird. Der Ort ist<br />
nicht nur wichtiger, sondern liegt auch zentraler als Besançon.<br />
Etwas weiter südlich wird voraussichtlich die Metropole<br />
Lyon zur Hauptstadt der zusammengelegten Regionen<br />
Rhône-Alpes und Auvergne. Clermont-Ferrand kann<br />
es mit der Strahlkraft der Rhône-Metropole nicht aufnehmen.<br />
Außerdem liegt Lyon ebenfalls zentraler. Ähnlich<br />
sicher ist, dass sich Bordeaux über den Hauptstadttitel für<br />
die Superregion aus Aquitanien, Poitou-Charentes und<br />
Limousin freuen wird. Weder Limoges noch Poitiers werden<br />
dies verhindern können.<br />
Spannender sieht es dagegen bei der Fusion von<br />
Languedoc-Roussillon und Midi-Pyrénées aus. Zwar ist<br />
Toulouse größer und wirtschaftlich stärker als Montpellier,<br />
aber Montpellier gilt von jeher als eine sehr ehrgeizige<br />
Stadt, die stark wächst, viele junge Leute anzieht<br />
und nach Höherem strebt. Dies ist einer der drei Fälle,<br />
die noch nicht ganz vorentschieden sind, auch wenn die<br />
Medien immer mehr davon ausgehen, dass Toulouse am<br />
Ende doch das Rennen machen wird.<br />
Bleiben noch zwei weitere strittige Fälle. Einer der<br />
kompliziertesten dürfte die neue Normandie werden.<br />
Denn sowohl die Hauptstadt der alten Basse-Normandie,<br />
Caen, als auch der alten Haute-Normandie, Rouen, würden<br />
gerne die zukünftige Hauptstadt der vereinigten Normandie<br />
werden. Beide Städte unterscheiden sich zudem<br />
nicht so sehr stark hinsichtlich ihrer Größe und Bedeutung.<br />
Am Ende könnte es hier sogar zu einem Kompromiss<br />
kommen, bei dem beide Städte einen Teil des Kuchens<br />
abbekommen. Caen könnte die offizielle Hauptstadt werden,<br />
Rouen aber den Sitz des Conseil Régional erhalten.<br />
Caen wäre dann die administrative Hauptstadt, Rouen<br />
die politische. Dieser Kompromiss könnte auch deshalb<br />
herauskommen, da beide Städte wichtige Fürsprecher in<br />
der aktuellen Regierung haben. Der französische Außenminister<br />
Laurent Fabius ist der ehemalige Präsident der<br />
Agglomeration von Rouen. Der Innenminister Bernard<br />
Cazeneuve wurde dagegen als Abgeordneter in der<br />
Basse-Normandie gewählt. Ob dies am Ende wirklich so<br />
eintreten wird oder ob es eher Hirngespinste politischer<br />
Kommentatoren sind, wird sich im Juli 2016 zeigen.<br />
Allerdings hat dieser Ansatz auch die Verantwortlichen<br />
im zweiten strittigen Fall im Norden des Landes<br />
auf ähnliche Ideen gebracht. Zwar scheinen alle neutralen<br />
Fakten eher für Lille als für Amiens zu sprechen. Doch<br />
in der Picardie, wo man anfänglich ohnehin gegen eine<br />
Fusion mit einer anderen Region war und unbedingt die<br />
Eigenständigkeit verteidigen wollte, ist man kampfeslustig.<br />
Die Bürgermeisterin von Amiens, Brigitte Fouré, hat<br />
jedenfalls bereits klargemacht, dass es für sie nicht notwendig<br />
sei, dass der Conseil Régional und die Präfektur<br />
in der gleichen Stadt ihren Sitz hätten. Man könne das ja<br />
auch gut zwischen Lille und Amiens aufteilen.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 75
FRANKREICH HEUTE Gesellschaft<br />
Das Comeback<br />
der Innenstädte<br />
Ein attraktives Stadtzentrum stellen sich die meisten Franzosen – wie<br />
die meisten anderen Europäer auch – als einen Ort vor, an dem man<br />
öffentliche Einrichtungen wie Kirchen und Rathäuser, aber auch zahlreiche<br />
Geschäfte und Märkte findet. Diese Wunschvorstellung entsprach in den<br />
letzten Jahrzehnten aber in immer weniger Orten der Realität. Durch eine<br />
Amerikanisierung der Gewohnheiten und eine auf das Auto ausgerichtete<br />
Gesellschaft entstanden immer mehr Einkaufszentren auf der grünen Wiese,<br />
die den etablierten Geschäften in der Innenstadt die Lebensgrundlage<br />
entzogen. Ganze Stadtzentren verödeten. Seit einiger Zeit lässt sich allerdings<br />
eine Trendwende beobachten. Die Innenstädte kommen wieder in Mode.<br />
Saint-Vincent-du-Lorouër ist eine kleine Kommune<br />
wie viele andere in Frankreich. Der Ort liegt an einer<br />
größeren Landstraße im Departement Sarthe in der<br />
Region Pays-de-la-Loire. Knapp 1.000 Menschen nennen<br />
die Gemeinde ihr Zuhause. Es gibt ein Rathaus, eine<br />
Schule, eine Kirche und einen zentralen Platz. Doch eine<br />
Sache, die früher jede Kommune dieser Größe auszeichnete,<br />
war immer weniger vorhanden: Geschäfte.<br />
Am Beispiel von Saint-Vincent-du-Lorouër lässt sich<br />
gut erkennen, wie sich die Zentren von Frankreichs Dörfern<br />
und Städten in den letzten Jahrzehnten verändert<br />
haben: Vor 30 Jahren existierten in Saint-Vincent-du-Lorouër<br />
noch zwei Restaurants, zwei Lebensmittelhändler,<br />
zwei Bäckereien, zwei Autowerkstätten, eine Metzgerei<br />
und eine Postfiliale. Es gab ein richtiges Geschäftsleben,<br />
sogar mit konkurrierenden Händlern.<br />
Doch dann schlossen die Geschäfte nach und nach.<br />
Wenn jemand im Ort sagte, er würde zum Bäcker gehen,<br />
war es plötzlich nicht mehr notwendig zu fragen, zu welchem.<br />
Von zwei Bäckereien, zwei Lebensmittelhändlern,<br />
zwei Autowerkstätten und zwei Restaurants blieb jeweils<br />
nur ein Betrieb übrig. Doch auch damit war das Händlersterben<br />
noch nicht zu Ende. Auch die verbliebenen Geschäfte<br />
gaben nach und nach auf, so dass irgendwann nur<br />
noch der Metzger, eine Autowerkstatt und eine Post filiale,<br />
die allerdings nur noch ein paar Stunden pro Woche<br />
geöffnet hat, existierten. Das Geschäftsleben von Saint-<br />
Vincent-du-Lorouër war quasi zum Erliegen gekommen.<br />
Im Rathaus sah man das natürlich nicht gerne. Die<br />
diversen Bürgermeister der letzten 30 Jahren gingen<br />
unterschiedlich mit dieser Herausforderung um. Einige<br />
versuchten sogar, wieder Geschäfte in den Ort zu locken,<br />
indem sie frisch renovierte Ladenräume kostenlos zur<br />
Verfügung stellten. Doch all dies veränderte die Lage<br />
nicht wirklich und die Menschen von Saint-Vincent-du-<br />
Lorouër gewöhnten sich daran.<br />
Nun könnte man denken, dass diese Entwicklung im<br />
Zusammenhang mit einer an Einwohnern verlierenden<br />
76 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Landgemeinde steht. Doch im Falle von Saint-Vincentdu-Lorouër<br />
stimmt dies nicht. Jedes Jahr ziehen neue<br />
Menschen in den kleinen Ort. Oft Pariser, die – durch<br />
günstige Immobilienpreise und die Nähe zur französischen<br />
Hauptstadt angezogen – in Saint-Vincent-du-Lorouër<br />
ein neues Leben auf dem Land beginnen.<br />
Die Menschen gewöhnten sich aber daran, ihre Einkäufe<br />
nicht um die Ecke im Ort zu erledigen, sondern<br />
mit dem Auto in die nächste Stadt zu fahren, um in den<br />
dortigen großen Supermärkten auf der grünen Wiese<br />
einzukaufen. Diese neuen vermeintlichen Shoppingparadiese<br />
sind aus den USA herübergeschwappt. Es gibt<br />
kostenlose Parkplätze en masse und das Warenangebot ist<br />
enorm. Außerdem findet man dort nicht nur Regale voller<br />
Lebensmittel, sondern auch frischen Fisch und frisches<br />
Fleisch sowie Dienstleistungen wie etwa die Post.<br />
Viele empfanden diese neuen Einkaufsmöglichkeiten<br />
als Fortschritt. Es wurde zur Normalität, dass man einige<br />
Kilometer mit dem Auto fuhr, selbst wenn man nur ein<br />
frisches Baguette erwerben wollte. Nur Einwohner ohne<br />
Autos und ältere Menschen, die nicht mehr Auto fahren<br />
mochten oder konnten, bekamen ein Problem mit der eigenen<br />
Versorgung.<br />
Was in den letzten 30 Jahren in Saint-Vincent-du-<br />
Lorouër passierte, geschah in ähnlicher Weise überall<br />
im Land. Trotz diverser Versuche der jeweils politisch<br />
Verantwortlichen, dem Trend entgegenzusteuern, leerten<br />
sich die Zentren der französischen Kommunen, während<br />
die Shoppinggebiete im Umkreis größerer Orte wuchsen.<br />
Laut einer Untersuchung von Observatoire Procos ist der<br />
Leerstand von Ladenflächen in Innenstädten landesweit<br />
von 2001 bis 2013 von 5,8 auf 7,2 Prozent angestiegen.<br />
Nur die ganz großen Städte konnten sich dem Trend<br />
widersetzen. In Orten wie Paris, Marseille, Lyon, Bordeaux,<br />
Toulouse oder Lille ist die innerstädtische Bevölkerung<br />
groß genug, so dass die auch dort neu entstandenen<br />
Shoppingcenter am Ortsrand kein Händlersterben<br />
im Zentrum auslösten. Anders sieht es dagegen in mittelgroßen<br />
Kommunen aus. Städte wie Dijon, Alençon, Châteauroux,<br />
Béziers, Tours oder Vannes mussten ebenfalls<br />
erleben, wie ihre Innenstädte ein Stück weit ausstarben.<br />
Manchmal waren solche Entwicklungen selbst verschuldet,<br />
wenn ein Bürgermeister beispielsweise ein neues<br />
Shoppingcenter genehmigte, um neue Arbeitsplätze zu<br />
schaffen, weil zuvor vielleicht eine Fabrik im Ort schließen<br />
musste und Arbeitslosigkeit drohte. Teilweise folgte<br />
diese Entwicklung aber auch schlicht dem Zeitgeist.<br />
In jüngerer Zeit scheint es jedoch eine Trendwende zu<br />
geben. In immer mehr Kommunen im Land kann man sehen,<br />
wie die Innenstädte einen zweiten Frühling erleben.<br />
Menschen wissen es wieder zu schätzen, zentral zu wohnen<br />
und auch vor Ort ihre Einkäufe erledigen zu können.<br />
Wenn Bürgermeister Shoppingcenter auf der grünen Wiese<br />
oft nicht verbieten können, so haben sie gelernt, wie sie<br />
die Innenstädte trotzdem stärken können. Die Vereinigung<br />
der französischen Bürgermeister hat mit Hilfe des<br />
Staates sogar einen Leitfaden dazu herausgebracht. Auf<br />
100 Seiten werden den Bürgermeistern Tipps gegeben,<br />
wie sie mit der Herausforderung der sterbenden Zentren<br />
umgehen sollten, um eine Kehrtwende einzuleiten.<br />
Unterstützt wird die politische Arbeit in vielen Orten<br />
durch lokale Initiativen. So hat man sich in Noyon im Departement<br />
Oise einen sehr originellen Ansatz ausgedacht:<br />
Im Ort gibt es eine Art « Laden auf Probe ». Menschen,<br />
die darüber nachdenken, ein Geschäft zu eröffnen, können<br />
für vier Monate dieses Ladenlokal anmieten, um ihr<br />
Konzept auszuprobieren und sich der Realität zu stellen.<br />
Erweist sich das Konzept während dieser Zeit als erfolgversprechend,<br />
hilft man ihnen anschließend, einen dauerhaften<br />
Laden in der Stadt zu finden.<br />
In Orléans haben sich 120 Händler zusammengeschlossen,<br />
um ihren Kunden eine gemeinsame Kundenkarte<br />
anzubieten. Damit wird den Kunden angeboten, den<br />
öffentlichen Nahverkehr kostenlos für eine Shoppingtour<br />
zu nutzen oder kostenlos in der Innenstadt zu parken.<br />
In Sceaux im Pariser Großraum haben die Händler<br />
gemeinsam mit der Stadtverwaltung ein System eingerichtet,<br />
wodurch die Kunden Waren der einzelnen Geschäfte<br />
per Computer oder Smartphone rund um die Uhr<br />
bestellen können, um sie anschließend gesammelt in einer<br />
der teilnehmenden Boutiquen oder an der Packstation im<br />
Ort abzuholen. So erspart sich der Kunde das mühsame<br />
Aufsuchen der einzelnen Läden, unterstützt aber trotzdem<br />
den lokalen Handel.<br />
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt man in einem anderen<br />
Pariser Vorort, in Montrouge. Dort lassen sich die<br />
Produkte von 30 lokalen Geschäften ebenfalls per Internet<br />
einkaufen, um sie anschließend an einer zentralen Stelle<br />
am U-Bahnhof, der von vielen Einheimischen täglich frequentiert<br />
wird, abzuholen.<br />
In Saint-Etienne im Süden setzt man dagegen auf<br />
Design. Die Stadt war 2010 von der UNESCO zur Stadt<br />
des Designs erklärt worden. Dieser Logik folgend rief die<br />
Stadtverwaltung ein Programm ins Leben, womit den<br />
Händlern vor Ort geholfen wird, ihre Verkaufsräume attraktiver<br />
zu gestalten. Es gibt dafür Schulungen und sogar<br />
finanzielle und kommunikative Unterstützung.<br />
Das Ziel all dieser Beispiele ist jeweils das gleiche:<br />
Man möchte die Menschen zurück in die Innenstädte<br />
locken und damit den Handel vor Ort stützen bzw. neu<br />
beleben. Es scheint zu funktionieren. In einigen Städten<br />
zeigt sich inzwischen sogar, dass große Handelsketten<br />
in die Zentren zurückkehren, die sie einst zugunsten der<br />
Peripherie verlassen hatten. So etwa in Bordeaux mit der<br />
Schuhkette « La Halle aux Chaussures », die kürzlich im<br />
Zentrum eine große Filiale eröffnete.<br />
Schön ist zudem, dass dieser neue Trend « Zurück in<br />
die Innenstadt » nicht nur die mittelgroßen Städte betrifft.<br />
Auch in den kleinen Kommunen tut sich etwas. So haben<br />
in Saint-Vincent-du-Lorouër kürzlich ein Friseur und<br />
eine Bäckerei eröffnet. Bisher scheint ihr Angebot von den<br />
Einheimischen freudig angenommen zu werden.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 77
FRANKREICH HEUTE Großevents<br />
Paris: Oympische Spiele<br />
oder Weltausstellung?<br />
Nachdem sich Paris in den letzten Jahren<br />
schon einige Male um die Olympischen<br />
<strong>Sommer</strong>spiele beworben hat und jeweils im<br />
Auswahlprozess unterlag (1992 gegenüber<br />
Barcelona, 2008 gegenüber Peking und 2012<br />
gegenüber London), soll es für 2024 nun<br />
endlich klappen. Die Stadt will sich gegen<br />
Städte wie Rom, Hamburg und Boston als<br />
Austragungsort durchsetzen. Doch das ist<br />
nicht das einzige Großprojekt, das die französische<br />
Hauptstadt fest im Visier hat. Neben<br />
den Olympischen Spielen denkt man auch<br />
darüber nach, sich um die Weltausstellung<br />
2025 zu bemühen. Für manche eine ideale<br />
Ergänzung. Für andere steht dagegen fest,<br />
dass am Ende nur eines der beiden Ereignisse<br />
organisiert werden sollte.<br />
Wie viele Franzosen verfolgte auch Anne Hidalgo,<br />
die Bürgermeisterin von Paris, am 6. November<br />
letzten Jahres die Fernsehansprache von François<br />
Hollande, die er, aus Anlass der Halbzeit seiner Amtszeit,<br />
ans Volk hielt. Anne Hidalgo kennt den französischen<br />
Präsidenten gut. Als dieser noch Generalsekretär der Sozialistischen<br />
Partei und noch nicht Staatsoberhaupt Frankreichs<br />
war, arbeitete sie ebenfalls im Führungsgremium der<br />
Partei. Umso überraschter war sie deshalb über das, was sie<br />
während der Fernsehansprache zwischen diversen politischen<br />
Reflexionen ohne Vorwarnung hören musste. François<br />
Hollande erklärte: « Ich bin dafür, dass sich Paris, wenn<br />
die Stadt es will, für die Austragung der Olympischen<br />
<strong>Sommer</strong>spiele bewirbt. Eine solche Bewerbung ist sehr<br />
wichtig, denn die Spiele werden einen Moment der Leidenschaft<br />
kreieren, die Infrastruktur verbessern, die Wirtschaft<br />
ankurbeln und Jobs schaffen. »<br />
Die Bürgermeisterin war perplex. Niemand hatte sie<br />
zuvor über diese Ankündigung, die immerhin ihre Stadt<br />
betraf, unterrichtet, geschweige denn, ihre Meinung dazu<br />
eingeholt. Als langjährige Politikerin wusste sie zwar, dass<br />
derartige nicht abgestimmte Entscheidungen des Präsidenten<br />
für französische Verhältnisse durchaus normal,<br />
wenn nicht gar Tradition sind. Trotzdem war sie nicht<br />
bereit, diese Ankündigung unkommentiert zu lassen.<br />
Als gewählte Vertreterin der Pariser gab sie danach<br />
rasch zu verstehen, dass die Stadt die Möglichkeit einer<br />
Bewerbung in Betracht ziehen, dass man sich aber die dafür<br />
nötige Zeit nehmen würde und dass die Dinge noch<br />
nicht endgültig entschieden seien. « Eine Bewerbung für<br />
Olympische Spiele war nicht Teil meines Wahlkampfes.<br />
Die Pariser erwarten von mir zuallererst, dass wir Probleme<br />
wie die Wohnungsnot, infrastrukturelle Engpässe und<br />
soziale Ungleichheiten lösen. », erklärte sie. Außerdem:<br />
« Niemand wird meinen Zeitplan und meine Methode ändern<br />
können. Ich weiß, was es bedeutet, wenn Träume an<br />
der Realität zerbrechen. »<br />
Obwohl die Medien nach der Ankündigung von<br />
François Hollande vor allem die positiven Aspekte einer<br />
Bewerbung in den Vordergrund stellten, gerade auch im<br />
Hinblick darauf, die Menschen in wirtschaftlich schwierigen<br />
Zeiten hinter einem Zukunftsprojekt zu vereinen,<br />
präzisierte Anne Hidalgo ihre Forderungen: « Es steht außer<br />
Frage, dass die Pariser Steuerzahler ein solches Vorhaben<br />
alleine schultern. Ich will finanzielle Garantien vom<br />
78 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Staat, sollten wir uns bewerben ». Außerdem machte sie<br />
unmissverständlich klar, dass das letzte Wort das Pariser<br />
Stadtparlament haben sollte.<br />
Ab Februar landeten dann diverse Studien und Zusagen<br />
auf ihrem Schreibtisch im Rathaus. Darunter eine<br />
offizielle Machbarkeitsstudie, die zu dem Ergebnis kam,<br />
dass Paris von den Spielen profitieren würde. Allerdings<br />
stammte diese vom Comité Français du Sport International,<br />
dem französischen Sportverband, der natürlich ein<br />
großes Interesse an der Ausrichtung der Olympischen<br />
Spiele auf französischem Boden hat. Ein Detail, das Anne<br />
Hidalgo und ihr Team natürlich misstrauisch machte.<br />
Was die Studie aber zur Freude der Bürgermeisterin<br />
belegte: In der französischen Hauptstadt wären bescheidene,<br />
kostengünstige Spiele möglich, denn viele Einrichtungen<br />
für die Austragung der Wettkämpfe existieren<br />
bereits. So etwa ein großes Stadion (Stade de France,<br />
gebaut einst für die Fußballweltmeisterschaft 1998) für<br />
die Eröffnungs- und Schlusszeremonie und diverse<br />
Wettkämpfe. Mit dem Stade du Parc des Princes und<br />
dem Palais Omnisports de Bercy stehen darüber hinaus<br />
zwei weitere große Sporteinrichtungen zur Verfügung.<br />
Das Tennisstadion von Roland Garros wäre<br />
perfekt für die Tenniswettkämpfe.<br />
Für Sportarten, die keine festen Einrichtungen<br />
benötigen, gebe es in der Stadt zudem diverse Standorte,<br />
die schöne Bilder der französischen Hauptstadt<br />
medienwirksam um die Welt senden würden.<br />
So könnten auf den Champs de Mars am Eiffelturm die<br />
Beachvolleyballer gegeneinander antreten. Die Wiesen<br />
vor dem Hôtel des Invalides böten sich für die Bogenschützen<br />
an. Im Grand Palais könnte gefochten werden.<br />
Für den Start- und Endpunkt des Marathons plant man<br />
den Trocadéro ein. Die Radfahrer könnten ihre Runden<br />
in Versailles drehen.<br />
Unterm Strich würde also nur Weniges fehlen: ein<br />
Olympiadorf für die Athleten, ein für Wettkämpfe geeignetes<br />
Schwimmbad sowie ein Pressezentrum. Was dagegen<br />
den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs anginge, so<br />
würde die Bewerbung lediglich Investitionen in Höhe von<br />
32 Milliarden Euro beschleunigen, die im Rahmen des<br />
Projektes der Schaffung eines Groß-Paris ohnehin investiert<br />
werden sollen.<br />
Die Experten gehen deshalb davon aus, dass Olympische<br />
Spiele in Paris « nur » fünf bis sechs Milliarden Euro<br />
kosten würden. Dies ist im Vergleich zu den letzten Spielen<br />
eine eher bescheidene Größenordnung. Die bisher<br />
teuersten Olympischen Spiele fanden in Sotchi 2014<br />
statt. Und obwohl es sich « nur » um die Winterausgabe<br />
des Wettbewerbs handelte, schlugen sie mit 36 Milliarden<br />
Euro zu Buche – also mit einem Vielfachen<br />
von dem, was in Paris für die größeren <strong>Sommer</strong>spiele<br />
ausgegeben werden müsste.<br />
Bezüglich der erwarteten fünf bis sechs Milliarden<br />
Euro hat das Internationale Olympische Komi-<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 79
FRANKREICH HEUTE Großevents<br />
tee (IOC) angekündigt, rund 1,8 Milliarden Euro selbst<br />
beizusteuern. Eine weitere Milliarde Euro ist aus dem<br />
Ticketverkauf und Sponsoring zu erwarten. Bleiben also<br />
rund drei Milliarden Euro, die die französischen Steuerzahler<br />
bzw. die Privatwirtschaft aufbringen müssten.<br />
Eine Summe, die beherrschbar erscheint.<br />
Gleichzeitig weiß man aber, dass derartige Großevents<br />
am Ende oft teurer werden als anfänglich geplant. Allerdings<br />
hat die Vergangenheit gezeigt, dass die Kostensteigerungen<br />
meist im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur<br />
anfallen, so etwa in Sotchi beim Bau der Skistationen oder<br />
in Athen bei der Konstruktion eines neuen Flughafens.<br />
Im Fall von Paris ist die Infrastruktur aber weitestgehend<br />
vorhanden. Die Chancen sind also nicht schlecht, dass der<br />
Kostenrahmen eingehalten werden könnte. Außerdem<br />
ist die Hälfte des Budgets für den Bau des Olympischen<br />
Dorfes vorgesehen. Es würden Wohnungen entstehen, in<br />
die nach den Spielen die Pariser selbst einziehen könnten,<br />
was sich positiv auf den angespannten Wohnungsmarkt in<br />
der französischen Hauptstadt auswirken würde.<br />
Obwohl die offizielle Machbarkeitsstudie von einem<br />
Sportverband kam, hat sie Anne Hidalgo und ihr Team<br />
überzeugt. Die Bürgermeisterin erklärte inzwischen, dass<br />
die Stadt ihren Hut in den Ring beim IOC werfen wolle.<br />
Am 13. April gab außerdem das Stadtparlament seine<br />
Zustimmung für eine Bewerbung. Der offizielle Bewerbungsprozess<br />
beim IOC kann in Gang gesetzt werden.<br />
Olympische Spiele 2024 in Paris wären zudem ein schönes<br />
Jubiläum. Denn das letzte Mal trafen sich die Olympioniken<br />
1924 an der Seine, also genau 100 Jahre vorher. Ob<br />
es aber wirklich dazu kommen wird, ist noch vollkommen<br />
offen. Der Wettbewerb um die Spiele ist hart.<br />
Aber nicht nur die anderen Bewerberstädte um die<br />
Olympischen Spiele 2024 wie Hamburg, Rom oder<br />
Boston könnten dem französischen olympischen Traum<br />
entgegenstehen. Es gibt auch noch eine hausgemachte<br />
Konkurrenz. Es mehren sich nämlich Stimmen, die wollen,<br />
dass Paris im Jahre 2025 Austragungsort der Weltausstellung<br />
wird. Käme die Stadt zum Zuge, würde zum<br />
siebten Mal eine Expo in der Seine-Metropole stattfinden.<br />
Allerdings ist die letzte schon eine Ewigkeit her: Sie fand<br />
1937, zwei Jahre vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges,<br />
statt. Am berühmtesten war vermutlich die Weltausstellung<br />
von 1900, der Paris emblematische Bauwerke wie den<br />
Eiffelturm, das Grand Palais, das Petit Palais oder den<br />
Bahnhof « Gare de Lyon » zu verdanken hat.<br />
In einem Jahr könnte Frankreich seine Bewerbung für<br />
die Expo 2025 beim Weltausstellungsbüro, das sich interessanterweise<br />
ebenfalls in Paris befindet, einreichen. Sogar<br />
einen Slogan gibt es bereits: Au cœur des territoires s’ouvre<br />
celui des hommes (dt. etwa Im Herzen der Regionen öffnen<br />
sich die Herzen der Menschen). Die Weltausstellung würde<br />
sechs Monate dauern. Man geht von 80 Millionen Besuchern<br />
aus. Die Expo wäre damit ein sehr viel größerer Publikumsmagnet<br />
als die Olympischen <strong>Sommer</strong>spiele, die lediglich<br />
wenige Millionen Live-Besucher anziehen würden.<br />
Anders als bei der Weltausstellung von 1900 will man<br />
dieses Mal kein neues Wahrzeichen wie den Eiffelturm<br />
errichten. Herzstück der Expo soll ein 200.000 Quadratmeter<br />
großes « digitales Expo-Dorf » irgendwo im Pariser<br />
Großraum sein. Daneben soll es zwölf weitere « Antennen<br />
» geben, die sich über die ganze Stadt, aber auch über<br />
andere Orte im Land verteilen könnten. Die Weltausstellung<br />
würde damit näher an die Menschen heranrücken<br />
und symbolträchtige Orte wie Bahnhöfe, besondere Plätze<br />
oder kulturelle Einrichtungen erobern. Die genauen<br />
Details sind noch offen.<br />
Auf der Kostenseite geht man momentan von drei<br />
Milliarden Euro aus. Außerdem würde eine Weltausstellung<br />
genau wie Olympische Spiele diverse Infrastrukturmaßnahmen<br />
beschleunigen. Die Befürworter der Expo-<br />
Bewerbung nennen als Beispiel gerne eine schnellere<br />
Schienenanbindung der beiden Pariser Flughäfen Charles<br />
de Gaulle und Orly an die Innenstadt, die nach bisherigen<br />
Planungen bis 2030 realisiert werden soll, dann aber<br />
schon 2025 fertig sein könnte.<br />
Aber welcher Bewerbung soll man nun den Vorrang<br />
einräumen? Oder sollten trotz der zeitlichen Nähe beide<br />
Events gleichzeitig angestrebt werden? Für Anne Hidalgo<br />
ist die Sache klar: « Bleiben wir vernünftig. Entweder<br />
Olympische Spiele oder Weltausstellung. Beide Ereignisse<br />
können erfolgreich sein. Aber beide zusammen sind nicht<br />
verantwortungsvoll. Ab einem gewissen Moment muss<br />
man sich für ein Projekt entscheiden. »<br />
Anders sehen das die Politiker auf nationaler Ebene.<br />
Sowohl François Hollande als auch Premierminister Manuel<br />
Valls sehen keinen Grund für ein « Entweder-Oder ».<br />
Letzterer erklärte Mitte April vor einer Versammlung der<br />
Bürgermeister der Kommunen des Pariser Großraumes:<br />
« Beide internationalen Ereignisse haben eine Chance. Paris<br />
ist groß genug, beides auszurichten. » Trotzdem hegen<br />
viele Menschen Zweifel, ob Frankreich in der derzeitig<br />
wirtschaftlich schwierigen Lage des Landes beide Großereignisse<br />
wirklich stemmen kann.<br />
Zurzeit werden dennoch erst einmal beide Bewerbungen<br />
vorangetrieben. Für das Weltausstellungsprojekt hat<br />
man Pascal Lamy, den ehemaligen Kopf der Welthandelsorganisation,<br />
als Chef gewinnen können. Die Bewerbung<br />
um die Olympischen Spiele soll von einem großen Mann<br />
aus der Sportwelt angetrieben werden: Bernard Lepasset,<br />
der Präsident des Comité Français du Sport International.<br />
Die Diskussion um die beiden Projekte wird also auch ein<br />
Wettstreit zwischen diesen beiden Männern werden.<br />
Es bleibt offen, ob Paris sich am Ende um beide Events<br />
bemüht oder eine Vorauswahl trifft. Die Menschen im<br />
Land scheinen gespalten zu sein. In Umfragen sprechen<br />
sich knapp zwei Drittel der Franzosen für Olympische<br />
Spiele in Paris aus. Gleichzeitig sagt eine Mehrheit, dass sie<br />
die Weltausstellung bevorzugen würde, sollte es nur eines<br />
der beiden Events geben. Zu hoffen ist nur, dass sich die<br />
Stadt mit zwei derartigen Großereignissen nicht verzettelt<br />
und am Ende vielleicht vollkommen leer ausgeht.<br />
80 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Frankreich digital erleben!<br />
Ab sofort können Sie das aktuelle Heft sowie ältere Ausgaben von<br />
Frankreich erleben auch in digitalisierter Form lesen. Erhältlich ist das<br />
Angebot über den Kiosk von Apple (für iPad), bei Google Play oder im<br />
Internet unter der Adresse http://frankreicherleben.digitalpublishing.io
ART DE VIVRE Lebensart<br />
Auf der Terrasse eines<br />
französischen Cafés...<br />
Eine der angenehmsten kleinen Freuden des<br />
<strong>Sommer</strong>s ist es, sich auf der Terrasse eines Cafés<br />
niederzulassen und bei einem Getränk ausgiebig<br />
seine Lieblings zeitung zu studieren oder einfach nur<br />
die vorbei laufenden Passanten zu beobachten.<br />
Sobald die ersten Sonnenstrahlen die Frühlingsluft<br />
erwärmen, wird dies zu einem französischen Nationalsport.<br />
Das französische Kino hat die Cafékultur und<br />
das Treiben auf deren Terrassen ebenso verewigt wie<br />
es zahlreiche literarische Werke tun. Aber was trinken<br />
die Franzosen eigentlich typischerweise auf den<br />
Terrassen ihrer so heißgeliebten Cafés? Und was sollte<br />
man möglichst beim Kellner bestellen, um nicht als<br />
Tourist aufzufallen?<br />
Sobald Sie auf der Terrasse eines Cafés<br />
Platz genommen haben, können Sie<br />
das immergleiche Schauspiel beobachten.<br />
Die Franzosen um Sie herum bestellen<br />
entweder « un café » oder « un expresso », was<br />
jedoch nur zwei unterschiedliche Begriffe für<br />
dasselbe Getränke sind, nämlich ein starker<br />
Kaffee in einer sehr kleinen Tasse, die aber<br />
zumeist randvoll ist. Den Franzosen gelingt es<br />
im Allgemeinen spielend, sich stundenlang an<br />
der winzigen Tasse festzuhalten und nur in<br />
kleinsten Schlucken am Kaffee zu nippen.<br />
Am Ende der Zeitungslektüre ist der Kaffee<br />
selbstredend kalt, aber das stört niemanden<br />
auch nur im Geringsten.<br />
Im Endeffekt geht es schließlich gar nicht<br />
um den Kaffee, sondern darum, bestmöglich<br />
82 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
den Moment zu genießen. Und was gibt es Schöneres, als<br />
entspannt in einer Zeitung zu schmökern und die Umgebung<br />
zu beobachten. Allerdings gibt es durchaus Kellner –<br />
gerade in Paris –, die ihre Träumer gerne auffordern, noch<br />
ein weiteres Getränk zu bestellen, schließlich nehmen sie<br />
anderen potentiellen Kunden den Platz weg, wenn sie nur<br />
lesen und nicht viel konsumieren.<br />
Neben Tee und Kaffee gibt es ein weiteres Getränk,<br />
welches bei den Franzosen beliebt ist und 1954 in Bordeaux<br />
erfunden wurde: « le cacolac ». Hierbei handelt<br />
es sich um einen Kakao, der in fast allen Cafés in einer<br />
nostalgisch anmutenden Flasche serviert wird. Wenn Sie<br />
diesen bestellen, werden Sie in den Augen des Kellners<br />
unweigerlich in den Rang eines wahren Kenners der französischen<br />
Lebensart erhoben.<br />
Gerade im <strong>Sommer</strong> möchten viele Franzosen jedoch<br />
lieber etwas Erfrischendes trinken und bestellen daher<br />
« un citron pressé » oder « une orange pressée », um damit<br />
zugleich in den Genuss gesunder Vitamine zu kommen.<br />
Gleichzeitig ist diese Getränkeauswahl sehr günstig, da<br />
Sie nicht nur ein Glas mit dem ausgepressten Saft bekommen,<br />
sondern auch noch eine Karaffe mit Leitungswasser,<br />
die üblicherweise so viel Flüssigkeit enthält, dass Sie mehrere<br />
Stunden mit Ihrem Getränk verbringen können.<br />
Allerdings sollten Sie nicht versuchen, eine Saftschorle<br />
zu bestellen, sei es auf Basis von Apfelsaft oder jeglicher<br />
anderer Fruchtsorten. Damit wird man Sie sofort als Tourist<br />
identifizieren, da eine Saftschorle gänzlich unbekannt<br />
ist. Franzosen können sich darunter schlicht nichts vorstellen.<br />
Wenn Sie auf gar keinen Fall auf Ihre Saftschorle<br />
verzichten wollen, müssen Sie einen Saft und ein Mineralwasser<br />
getrennt bestellen. Der Kellner wird aber nicht<br />
verstehen, was Sie damit vorhaben.<br />
Am nächsten kommt einer Schorle vielleicht noch<br />
eine Orangina, wenn diese auch weniger mit einer Orangensaftschorle<br />
zu vergleichen ist, sondern eher mit einer<br />
Orangenlimonade. Kohlensäurehaltige Getränke gibt es<br />
dagegen natürlich viele. Es sind die gleichen großen Marken<br />
wie überall auf der Welt, etwa Coca-Cola, Pepsi oder<br />
Schweppes. Wenn man eine Cola bestellen will, sagt man<br />
übrigens « un coca s.v.p. » und nicht « un cola s.v.p. ».<br />
Wenn es um alkoholische Getränke geht, sind Franzosen<br />
üblicherweise sehr traditionell. Einen einzelnen<br />
Mann vor seinem Bierglas sitzen zu sehen, ist nichts Ungewöhnliches,<br />
eine oder mehrere Frauen dagegen schon.<br />
Während in nordeuropäischen Ländern in diesem Punkt<br />
Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern herrscht<br />
und der Genuss von Bier eher eine Geschmacksfrage ist,<br />
so wird es in Frankreich immer noch als wenig schicklich<br />
angesehen, wenn Frauen Bier trinken.<br />
Ähnlich verhält es sich mit dem Pastis oder Ricard.<br />
Diese anishaltigen Getränke, welche an Marseille und<br />
die Provence erinnern, werden ebenfalls vorwiegend von<br />
Männern getrunken. Hin und wieder wird ein Pastis mit<br />
etwas Minzsirup bestellt, wobei dann beim Kellner nach<br />
einem « Perroquet » gefragt wird, weil die grüne Minzfarbe<br />
an einen Papagei erinnert. Gerade in Südfrankreich<br />
können Sie sicher sein, mit dem Bestellen eines « Perroquet<br />
» ein äußerst typisches <strong>Sommer</strong>getränk zu genießen.<br />
Auch beim Wein halten sich Klischees und Gebräuche<br />
hartnäckig. Während Frauen üblicherweise ein Glas<br />
Weißwein bestellen, greifen Männer eher zu Rotwein.<br />
Doch ganz langsam ändern sich hier die Verhaltensweisen.<br />
Nicht unwesentlich dazu beigetragen hat der Roséwein,<br />
der üblicherweise als « der » klassische <strong>Sommer</strong>wein<br />
angesehen wird. Die Franzosen sind sogar Weltmeister,<br />
wenn es um Roséweine geht: 37 Prozent der weltweiten<br />
Produktion dieser Weine werden in Frankreich getrunken.<br />
Die US-Amerikaner konsumieren nur zwölf Prozent<br />
der Weltproduktion und die Deutschen sogar nur neun<br />
Prozent. Interessanterweise wird in Frankreich jedoch<br />
nicht der meiste Rosé im Süden, sondern im Loire-Tal getrunken,<br />
wie 2014 eine offizielle Studie des INPES, dem<br />
nationalen Institut der Suchtvorbeugung und Gesundheitsausbildung,<br />
herausgefunden hat. Diese Region liegt<br />
mit 43,5 Prozent an der Spitze im Land.<br />
Frankreich ist jedoch nicht nur der größte Konsument<br />
von Roséwein, sondern auch der größte Produzent – vor<br />
Italien und Spanien. Allerdings ist der Konsum so hoch,<br />
dass Frankreich trotzdem Roséweine importieren muss.<br />
Viele Franzosen sehen einen Rosé als « das » klassische<br />
Getränk an, welches in größerer Runde auf der Terrasse<br />
eines Cafés getrunken wird. Für sie gehören Sonne, Urlaub,<br />
gutes Essen und ein Glas Rosé einfach zusammen.<br />
Wenn Sie sich von den vielen Rosétrinkern um sich<br />
herum abheben möchten, sollten Sie nicht einfach nur einen<br />
großen Eiskübel mit einer Roséweinflasche bestellen,<br />
sondern einen « rosé pamplemousse ». Diese auf den ersten<br />
Blick merkwürdige Mixtur aus Roséwein und Pampelmusenaroma<br />
wird von einigen Franzosen sehr geschätzt, da<br />
der oftmals gar nicht so leichte Rosé damit eine frischere<br />
Note erhält.<br />
Wenn Sie jedoch ein geübter Biertrinker sind, dann<br />
wird Ihnen Frankreich wie die Diaspora vorkommen,<br />
da der Bierausschank mitnichten mit Bierkulturen wie<br />
in Belgien oder Deutschland zu vergleichen ist. Wer ein<br />
großes frisch gezapftes Pils liebt, der wird sich über das<br />
25cl-Glas wundern, in dem normalerweise belgisches oder<br />
holländisches Bier großer Konzerne ausgeschenkt wird.<br />
Manchmal bestellen die bierliebenden Franzosen auch ein<br />
« Monaco », ein Bier mit Granatapfelsirup, welches vielen<br />
Puristen sicher nie auf den Tisch kommen würde.<br />
Vor allem der Preis lässt viele Biertrinker davor zurückschrecken,<br />
in Frankreich Bier in rauen Mengen zu<br />
konsumieren, da beispielsweise in Paris das 25cl-Glas oft<br />
bereits fünf Euro oder mehr kostet. Außerdem ist es in<br />
Frankreich relativ untypisch, ein Bier zu bestellen, so dass<br />
Sie mit einem Pastis oder Rosé nicht nur besser aufgehoben<br />
sind, sondern sich auch vortrefflich an die französische<br />
Kultur und einheimischen Gebräuche anpassen. Und<br />
am schönsten ist ohnehin, was man sich in Frankreich<br />
beim Anstoßen wünscht: « Santé! » (dt. Gesundheit).<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 83
«<br />
Passend<br />
ART DE VIVRE Rezept<br />
zum <strong>Sommer</strong> will ich Ihnen dieses Mal nicht<br />
ein, sondern gleich fünf Rezepte präsentieren, die sich<br />
gut für eine Mahlzeit an heißen Tagen eignen. Es geht<br />
um Quiches, die trotz ihrer Einfachheit zum Renommee<br />
der französischen Küche beitragen. Nachdem ich Ihnen<br />
in der Ausgabe <strong>Nr</strong>. 33 die bekannteste aller Quiches, die<br />
Quiche Lorraine, vorgestellt habe, geht es dieses Mal um<br />
fünf weitere Varianten. Die Basis ist jeweils die gleiche.<br />
Als Grundlage dient ein Blätterteig, der die Quiche leichter<br />
macht als der alternativ mögliche Mürbeteig. Auch die<br />
Füllmasse ist identisch. Doch durch die dann hinzugefügten<br />
Zutaten kommen am Ende geschmacklich ganz<br />
unterschiedliche Gerichte dabei heraus. Bon appétit!»<br />
Spezial: Quiches<br />
Jeweils für 4 Personen • Vorbereitungszeit: 20-30 min, je nach Quiche<br />
84 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
TEIG (FÜR ALLE QUICHES)<br />
Zutaten<br />
Zubereitung<br />
1 Blätterteig (selbst zubereitet<br />
oder fertig gekauft)<br />
• Quicheform gut einfetten und<br />
den Blätterteig gleichmäßig<br />
darin ausbreiten, so dass auch die<br />
Ränder mit Teig bedeckt sind.<br />
• Damit die Füllmasse den Teig später<br />
nicht aufweicht, sollte er zuvor<br />
im Backofen angebacken werden.<br />
Damit er dabei nicht zu braun wird,<br />
den Teig vorher mit Backpapier belegen<br />
und dieses mit Keramikkugeln<br />
(oder getrockneten weißen Bohnen<br />
bzw. Linsen) beschweren. Zehn Minuten<br />
im Backofen bei 200 Grad backen<br />
lassen. Danach die Quicheform<br />
herausnehmen und das Backpapier<br />
sowie die Keramikkugeln entfernen.<br />
Der Teig ist bereit für die Füllung.<br />
FÜLLMASSE<br />
(FÜR ALLE QUICHES)<br />
Zutaten<br />
200 ml Schlagsahne<br />
200 ml Crème fraîche<br />
3 Eier<br />
geriebene Muskatnuss<br />
Salz und Pfeffer<br />
Zubereitung<br />
• Schlagsahne, Crème fraîche<br />
und Eier in einer Schüssel gut<br />
verrühren. Mit Salz und Pfeffer<br />
(wenn später Speck als Zutat<br />
genommen wird, nur wenig davon)<br />
und Muskatnuss abschmecken.<br />
TIPPS<br />
(FÜR ALLE QUICHES)<br />
• Wenn die Quiche besonders goldbraun<br />
werden soll, kurz vor Ende der<br />
Backzeit ein wenig geriebenen Gruyère-Käse<br />
über die Quiche streuen<br />
und die Grillfunktion des Ofens<br />
aktivieren. Achtung: Die Quiche<br />
kann nun schnell verbrennen, deshalb<br />
den Vorgang gut überwachen.<br />
• Je nach Vorliebe kann die<br />
Füllmasse jeweils zusätzlich<br />
mit Currypulver, Safran oder<br />
Paprika gewürzt werden.<br />
• Die Quiches sollten jeweils<br />
mit einem frischen grünen<br />
Salat serviert werden.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 85
ART DE VIVRE Rezept<br />
QUICHE AUX<br />
<br />
OIGNONS<br />
ET AU JAMBON<br />
Zutaten<br />
QUICHE À LA<br />
MOUTARDE, AU THON<br />
ET AUX TOMATES<br />
Zutaten<br />
3 Zwiebeln<br />
4 Scheiben gekochter Schinken<br />
Butter<br />
Olivenöl<br />
Salz und Pfeffer<br />
Zubereitung<br />
• Zwiebeln schälen und in kleine<br />
Scheiben scheiden. Ebenso<br />
den gekochten Schinken in<br />
kleine Rechtecke schneiden.<br />
Butter und einen Schuss Olivenöl<br />
in einer Pfanne erhitzen und<br />
anschließend die Zwiebelringe<br />
darin andünsten, bis diese goldbraun<br />
werden. Die Pfanne von der<br />
Hitze nehmen und den gekochten<br />
Schinken hinzugeben. Beides<br />
gut miteinander vermischen.<br />
• <br />
• <br />
Die Zwiebeln und den gekochten<br />
Schinken gleichmäßig auf den<br />
Teig verteilen. Danach die Füllmasse<br />
darüber gießen, bis diese<br />
ebenfalls gleichmäßig verteilt ist.<br />
• <br />
20 bis 25 Minuten bei 200 Grad<br />
im Backofen backen lassen.<br />
4 EL Dijon-Senf (stark)<br />
250 g Thunfisch<br />
aus der Dose<br />
3 Tomaten<br />
150 geriebener Gruyère-Käse<br />
Zubereitung<br />
• Den Teig gleichmäßig<br />
mit Senf bestreichen.<br />
• <br />
• <br />
• <br />
• <br />
• <br />
Anschließend den Thunfisch<br />
auf dem mit Senf bestrichenen<br />
Teig verteilen.<br />
Tomaten in Scheiben schneiden<br />
und auf den Thunfisch legen.<br />
Danach die Füllmasse darüber<br />
gießen, bis diese<br />
gleichmäßig verteilt ist.<br />
Alles mit dem Gruyère-<br />
Käse bestreuen.<br />
Rund 30 Minuten bei 200 Grad<br />
im Backofen backen lassen.<br />
86 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
QUICHE AUX POIREAUX,<br />
<br />
AUX LARDONS ET AU<br />
FROMAGE DE CHÈVRE<br />
Zutaten<br />
QUICHE AUX<br />
<br />
POIREAUX ET AU<br />
SAUMON FUMÉ<br />
Zutaten<br />
QUICHE AU POULET,<br />
<br />
AUX CHAMPIGNONS<br />
ET AU GRUYÈRE<br />
Zutaten<br />
4 Lauchstangen<br />
100 g geräucherter Speck<br />
(gestückelt)<br />
1 Ziegenkäse (z.B. Cabécou,<br />
Crottin de Chavignol,<br />
Rocamadour, Valençay)<br />
Butter<br />
Zubereitung<br />
• Die Lauchstangen in dünne<br />
Streifen schneiden.<br />
• <br />
In einer Pfanne Butter erhitzen<br />
und die Speckstücke darin anbraten.<br />
Dann die Lauchstreifen<br />
hinzugeben. Rund 15 Minuten<br />
dünsten lassen. Die Lauchstreifen<br />
werden sich dabei nach und nach<br />
voneinander lösen. Anschließend<br />
alles auf dem Teig verteilen.<br />
• <br />
• <br />
• <br />
Danach die Füllmasse darüber<br />
gießen, bis diese gleichmäßig<br />
verteilt ist.<br />
Ziegenkäse in Scheiben schneiden<br />
und anschließend gleichmäßig<br />
verteilt auf die Füllmasse legen.<br />
20 bis 25 Minuten bei 200 Grad<br />
im Backofen backen lassen.<br />
4 Lauchstangen<br />
100 g geräucherter Speck<br />
(gestückelt)<br />
4 Scheiben geräucherter<br />
Lachs<br />
Butter<br />
Zubereitung<br />
• Die Lauchstangen in dünne<br />
Streifen schneiden.<br />
• <br />
In einer Pfanne Butter erhitzen<br />
und die Speckstücke darin anbraten.<br />
Dann die Lauchstreifen<br />
hinzugeben. Rund 15 Minuten<br />
dünsten lassen. Die Lauchstreifen<br />
werden sich dabei nach und nach<br />
voneinander lösen. Anschließend<br />
alles auf dem Teig verteilen.<br />
• <br />
Danach die Füllmasse darüber<br />
gießen, bis diese gleichmäßig<br />
verteilt ist.<br />
Die vier Lachsscheiben auf die<br />
Füllmasse legen, so dass die gesamte<br />
Oberfläche bedeckt wird. Alternativ<br />
können die Lachsscheiben auch<br />
in kleine Rechtecke geschnitten<br />
werden und zuvor unter den angedünsteten<br />
Lauch gemischt werden.<br />
• <br />
• <br />
20 bis 25 Minuten bei 200 Grad<br />
im Backofen backen lassen.<br />
200 g Hähnchenbrust<br />
4 große Champignons<br />
100 g Gruyère-Käse<br />
Butter<br />
Currypulver<br />
Zubereitung<br />
• Champignons in Scheiben<br />
schneiden und in Butter in<br />
einer Pfanne andünsten.<br />
Füllmasse zu den Champignons<br />
geben. Gruyère-Käse hinzugeben<br />
und alles gut vermischen. Mit<br />
Currypulver abschmecken.<br />
• <br />
• <br />
Hähnchenfleisch in kleine Stücke<br />
schneiden und in einer Pfanne<br />
in Butter braten. Anschließend<br />
auf dem Teigboden gleichmäßig<br />
verteilen. Darüber die Füllmasse<br />
mit den Champignons geben.<br />
• <br />
30 bis 35 Minuten bei 200 Grad<br />
im Backofen backen lassen.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 87
ART DE VIVRE Produkte<br />
Serie: Typisch französische Produkte (5)<br />
Messer<br />
In dieser Serie werden Produkte vorgestellt,<br />
die sich in fast jedem französischen Haushalt<br />
befinden oder die für viele Franzosen<br />
kleine Nationalheiligtümer sind, auch<br />
wenn sie – vom Ausland aus betrachtet<br />
– vielleicht nicht immer als typisch französisch<br />
wahrgenommen werden. Zu diesen<br />
Produkten zählen auch Messer, die meist<br />
mit einer Stadt oder einer Region in Verbindung<br />
gebracht werden und deren Vielfalt<br />
kaum jemand außerhalb Frankreichs<br />
erahnt. Es gibt Taschenmesser und klassische<br />
Messer. Messer, die teilweise noch<br />
aufwendig in Handarbeit produziert werden,<br />
und Messer, die durch ihre besondere<br />
Form auffallen. Gerade die einklappbaren<br />
Messer sind Utensilien, die viele<br />
Franzosen in ihrer Jugend geschenkt bekommen<br />
und die sie dann das ganze Leben<br />
lang begleiten. Im Folgenden werden<br />
die vier wichtigsten Messer dieser Art kurz<br />
vorgestellt.<br />
Thiers-Messer<br />
Messer aus der Messerhauptstadt<br />
noire » – 20 Jahre bevor das berühmte Buch « Germinal<br />
» von Emile Zola herauskam, das sich mit einer<br />
ähnlichen sozialen Thematik, allerdings an einem anderen<br />
Ort und mit einer anderen Branche beschäftigte.<br />
Bis heute ist diese industrielle Vergangenheit in der<br />
Stadt sichtbar. Im « Tal der Fabriken » entlang der Durolle<br />
findet man viele bauliche Zeugnisse aus vergangenen<br />
Zeiten. Die Fabrikanten nutzten den Fluss, um<br />
damit ihre Schmiedehämmer anzutreiben. Noch heute<br />
sind hier 75 Betriebe angesiedelt, die in Handarbeit<br />
Messer herstellen. Rund zwei Drittel der in Frankreich<br />
in traditioneller Weise hergestellten Messer stammen<br />
aus Thiers. Knapp ein Drittel der Produktion ist für<br />
den Export bestimmt.<br />
In Thiers werden heute auch Messer gefertigt, die<br />
einst für andere Regionen bekannt waren. Doch der Star<br />
aus der Stadt ist das Messer, das den Ortsnamen im Namen<br />
trägt: Le Thiers®. Erfunden wurde es 1994 gemeinsam<br />
von mehreren Messermanufakturen im Ort. Ziel<br />
war es, dem Kunden ein Messer anzubieten, das nicht<br />
nur qualitativ hochwertig ist, sondern auch hundertprozentig<br />
aus lokaler Produktion stammt. Es gibt feste Vorgaben<br />
für die Herstellung, auf deren Basis es dann aber<br />
von verschiedenen Fabrikanten produziert wird. Man<br />
erkennt das Messer leicht an seiner speziellen Form. Das<br />
Messer hat einen Patentschutz, damit Produzenten aus<br />
China nicht auf die Idee kommen, es zu klonen.<br />
Das Thiers®-Messer kostet um die 70 Euro. In Thiers treffen sich<br />
jedes Jahr Messerhersteller aus vielen Ländern während der<br />
Messe « Coutellia », die immer im Mai stattfindet.<br />
Laguiole-Messer<br />
Das Messer mit der Biene oder Fliege<br />
Die kleine Stadt Thiers östlich von Clermont-<br />
Ferrand im Departement Puy-de-Dôme gilt seit dem<br />
16. Jahrhundert als die Messerhauptstadt Frankreichs.<br />
Messerschmieden prägten über Jahrhunderte das<br />
Stadtbild und sorgten für Wohlstand, aber auch für<br />
eine Arbeiterschaft, die unter schwierigen Bedingungen<br />
leben musste. Die französische Schriftstellerin<br />
George Sand veranschaulichte die Zustände in der<br />
Stadt in ihrem 1859 erschienenen Werk « La ville<br />
Im Länderdreieck von Auvergne, Languedoc-<br />
Roussillon und Midi-Pyrénées liegt das Pays d’Aubrac.<br />
Die Gegend ist bekannt für das Laguiole-Messer aus<br />
dem gleichnamigen Ort. Ein Messer, das aber längst<br />
nicht mehr nur in dem kleinen Dorf Laguiole hergestellt<br />
wird, sondern beispielsweise auch in Thiers.<br />
Besonderes Kennzeichen des Messers: Ein Logo,<br />
das ein Insekt zeigt, wobei nicht klar ist, ob dies eine<br />
Fliege oder eine Biene darstellen soll. Für die Bienen-<br />
88 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
dem Ort an. Ab dem 18. Jahrhundert entwickelte sich daraus<br />
ein prosperierender Wirtschaftszweig, an dem einige<br />
einflussreiche Familien aus Nontron beteiligt waren.<br />
Die Herstellung der Messer erfolgt bis heute per Hand,<br />
so dass jedes Messer ein Unikat ist. Der Herstellungsprozess<br />
wird dabei von Anfang bis Ende von der gleichen<br />
Person durchgeführt. Der Griff der Messer ist aus Ebenholz,<br />
Wacholder oder Buchsbaum. Bei der Verwendung<br />
von Buchsbaumholz wurde dieses zuvor vier Jahre an der<br />
frischen Luft zum Austrocknen gelagert.<br />
Als Markenzeichen prangt seit dem 19. Jahrhundert<br />
auf dem Griff eines Nontron-Messers ein « V », das von<br />
drei kleinen Punkten umgeben wird. Die Bedeutung des<br />
Symbols ist nicht ganz geklärt. Es verweist vermutlich auf<br />
das Victory-Zeichen.<br />
these spricht die Legende, wonach Napoleon Bonaparte<br />
dem Ort Laguiole angeblich erlaubt haben soll, wegen<br />
des Mutes der Bewohner eine Biene im Wappen zu tragen.<br />
Zweifel daran sind jedoch berechtigt, denn eigentlich<br />
waren die Männer aus dem Ort für ihre Tendenz zur Fahnenflucht<br />
bekannt. Für die Fliege ist dagegen anzuführen,<br />
dass das kleine Dreieck, mit der man die Klinge aus<br />
der Verankerung löst, im Französischen ebenfalls Fliege<br />
heißt. Ein starkes Argument dafür, dass eher eine Fliege<br />
abgebildet ist. Da Fliege aber weniger nobel klingt als<br />
Biene, ist vielleicht die Legende mit der Biene entstanden.<br />
Genau geklärt ist diese Frage aber nicht.<br />
Anders als in Thiers haben die Messerhersteller in Laguiole<br />
ihr Produkt nicht patentrechtlich schützen lassen.<br />
So kam es, dass sich 1993 ein Mann aus dem Pariser Großraum<br />
die Rechte an dem Namen gesichert hatte und unter<br />
der Marke « Laguiole » nicht nur Messer, sondern auch<br />
Kleidung, Möbel und Spiele vermarktete, meist hergestellt<br />
in China oder Pakistan. Erst 2014 rettete der Europäische<br />
Gerichtshof die Tradition aus dem Pays d’Aubrac und<br />
annullierte dessen Namensrechte. Trotzdem kommt ein<br />
Laguiole-Messer nicht automatisch aus Laguiole.<br />
Ein traditionelles Laguiole-Taschenmesser kostet um die 70 Euro.<br />
Nontron-Messer<br />
Ein Messer als Unikat<br />
In Nontron östlich von Angoulême kann die Messerherstellung<br />
auf eine lange Vergangenheit zurückblicken.<br />
Die erste Messermanufaktur siedelte sich bereits 1653 in<br />
Modell mit Buchsbaumgriff um die 50 Euro, Modell mit Ebenholz<br />
um die 60 Euro. In Nontron findet jedes Jahr ein Messerfest (Fête<br />
du couteau) statt, das nächste Mal am Wochenende vom 8. und<br />
9. August <strong>2015</strong>.<br />
Opinel-Messer<br />
Ein Massenprodukt, aber mit Seele<br />
1890 von Joseph Opinel erfunden, gehören Opinel-<br />
Messer heute zu den beliebtesten Messern der Franzosen.<br />
Gerade Outdoorfans und Wanderer wissen die Klappmesser<br />
zu schätzen. Rund 3,5 Millionen Stück verlassen<br />
jedes Jahr die Fabrik in Savoyen. Im Unterschied zu den<br />
drei anderen vorgestellten Messern ist bei diesem Messer<br />
von Handfertigung keine Rede mehr. Jeder Arbeitsschritt<br />
wurde im Laufe der Zeit automatisiert. Trotzdem fühlt<br />
sich die Marke ihrer Heimat und der eigenen Tradition<br />
sehr verbunden. Obwohl die Herstellung heute mit Hilfe<br />
von Maschinen erfolgt, wurde der aufwendige Produktionsprozess<br />
beibehalten. 50 Arbeitsschritte sind notwendig,<br />
damit aus einem Messer ein Opinel-Messer wird. Seit<br />
1989 erscheint der Name der Marke sogar im Larousse-<br />
Wörterbuch, dem Äquivalent des Dudens.<br />
Das klassische Modell kostet um die 10 Euro.<br />
In den letzten Ausgaben sind erschienen:<br />
Hollywood- und Malabar-Kaugummis (Ausgabe <strong>Nr</strong>. 51),<br />
Petit Suisse (Ausgabe <strong>Nr</strong>. 52), Orangina (Ausgabe <strong>Nr</strong>. 53),<br />
Duralex-Gläser (Ausgabe <strong>Nr</strong>. 54)<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 89
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 23<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 28<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 29 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 31 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 32<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 34<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 35 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 36<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 37<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 38 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 39<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 40<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 42 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 43 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 44 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 45<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 46<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 47 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 48<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 49 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 50 Ausgabe <strong>Nr</strong>. 51<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 52<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 53<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 54
Haben Sie eine Ausgabe verpasst?<br />
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Reisethemen,<br />
nach Regionen geordnet:<br />
8<br />
9<br />
7<br />
12<br />
6<br />
11<br />
Landesweite Themen<br />
1 2<br />
3<br />
10<br />
13<br />
5<br />
14<br />
16<br />
4<br />
15<br />
17<br />
18<br />
Künstlerdörfer – 10 Künstlerdörfer zum Verlieben 54<br />
Kultur – Museumseröffnungen wie am Fließband 54<br />
Brücken – Frankreichs bemerkenswerteste Brücken 53<br />
Küsten – Frankreichs schönste Küsten 51<br />
Dörfer – Frankreichs spektakulärste Dörfer 50<br />
Traumstraßen – Frankreichs spektakulärste Traumstraßen 48<br />
Camping – Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze 45<br />
(Teil 2: Westfrankreich)<br />
Camping – Frankreichs außergewöhnliche Campingplätze 44<br />
(Teil 1: Ostfrankreich)<br />
Wellness in den Bergen – Nach dem Sport die Erholung 43<br />
10 Ideen... – ...für Ferien am Meer 40<br />
Kathedralen – Die 10 schönsten Kathedralen Frankreichs 35<br />
Inseln – Die 10 schönsten Inseln Frankreichs 34<br />
Naturwunder – Die 10 schönsten Naturwunder Frankreichs 33<br />
Gärten – Die 10 schönsten Gärten Frankreichs 32<br />
1 Paris <strong>Nr</strong>.<br />
Pariser Rathaus – Ein Palast für die Hauptstädter 53<br />
Stadtentwicklung – Die ambitionierten Projekte der neuen 51<br />
Bürgermeisterin<br />
Louvre – Wie Mona Lisa & Co. den Krieg überlebten 50<br />
Oscar Niemeyer – Mit Frankreich auf Du und Du 48<br />
Monnaie de Paris – MétaLmorphoses, die Geburt eines neuen 48<br />
Stadtteils<br />
Monnaie de Paris – Eine Fabrik hinter königlicher Fassade 46<br />
Paris mit Kindern – Tipps für einen Städtebesuch mit dem 42<br />
Nachwuchs<br />
Le Bon Marché – Eine Pariser Institution feiert ihren 160. 41<br />
Geburtstag<br />
Hôtel des Invalides – Ein kleines Militär-Versailles mitten in 38<br />
Paris<br />
Les Arènes de Lutèce – Die unerwartete Entdeckung eines 37<br />
römischen Amphitheaters<br />
Lido – Carien, Porträt einer Startänzerin 37<br />
Avenue des Champs-Elysées – Wie steht es um den Glanz 36<br />
des Prachtboulevards?<br />
Musée Rodin – Der Charme eines Künstleranwesens mit 35<br />
einzigartigem Garten<br />
Haussmann und die Impressionisten – Wie Haussmann 34<br />
Paris neu erfand<br />
Pantheon – Großes Gebäude für die Großen Frankreichs 32<br />
Butte-aux-Cailles – Aus der Mitte entsprang ein Fluss 31<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen 31<br />
Hauptstadt (6): Designrestaurants<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Gärten in Paris – Oasen der Ruhe 29<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen 29<br />
Hauptstadt (4) – Weinbars<br />
Batobus – Mit dem Linienschiff über die Seine 28<br />
Stadtentwicklung – Seine-Ufer: Neugestaltung der Ufer der 28<br />
Seine<br />
Serie: Restaurants und Brasserien der französischen 28<br />
Hauptstadt (3) – Ungewöhnliche Restaurants<br />
Mehr als nur Kino – Legendäre Lichtspielhäuser der<br />
23<br />
französischen Hauptstadt<br />
Hotels<br />
La Belle Juliette – Paris 54<br />
Hotel Lutetia – Paris 32<br />
2 Pariser Umland <strong>Nr</strong>.<br />
Ecouen – Ein Museum für die Renaissance 50<br />
Saint-Denis – Ruhestätte der Könige 33<br />
3 Norden & Champagne <strong>Nr</strong>.<br />
Lille – Die unterschätzte Metropole 54<br />
Calais – Eine Stadt mit Spitze 48<br />
Musée Matisse – Kunstgenuss auf dem platten Land 47<br />
Pays de Condé – Eine Bergbaugegend erfindet sich neu 43<br />
Maison de Robert Schuman – Zu Besuch bei einem der Väter 42<br />
des vereinten Europas<br />
Marne – In der Heimat des Champagners 40<br />
10 Ideen... für Nord-Pas-de-Calais 38<br />
Arras & Douai – Riesen für den Kleinen 36<br />
Jardin Mosaic – Ein Spaziergang wird zur Reise 33<br />
Belfriede – Symbole der Freiheit 29<br />
Hotels<br />
Pasino – Saint-Amand-les-Eaux 43<br />
4 Elsass & Lothringen <strong>Nr</strong>.<br />
Château de Lunéville – Wie Phoenix aus der Asche 52<br />
Grosbliederstroff & Kleinblittersdorf – Ein Grenzfall: Zwei 49<br />
zwangsverbrüderte Orte stellen sich vor<br />
Abbaye de Murbach – Es steht ein Kloster im Walde 47<br />
Schiffshebewerk Saint-Louis/Arzviller – Ein Fahrstuhl für 45<br />
Schiffe<br />
Musée Lalique – Eine Hommage an die Glasmacherkunst 43<br />
Genuss – Die AOC des Elsass 42<br />
10 Ideen... für ein Wochenende im Elsass 41<br />
Haut-Koenigsbourg – Ein wahrhaft deutsch-französisches 40<br />
Kulturerbe<br />
Bitche – Das zweite Leben einer Zitadelle 38<br />
Grand Ballon – Eine Wanderung auf die Spitze der Vogesen 37<br />
Neufchef & Aumetz – Das stolze Erbe der lothringischen 36<br />
Kumpel<br />
Mont Sainte-Odile – Berg der Hoffnung und der Tragödie 35<br />
Städtevergleich – Metz versus Nancy 34<br />
Route des Crêtes – Höhenrausch in den Vogesen 29<br />
Hotels<br />
La Clairière Bio- & Spa-Hotel – La Petite-Pierre 38<br />
Museumotel L’Utopie – Râon-l’Etape 29<br />
5 Burgund & Jura <strong>Nr</strong>.<br />
Dijon – Mehr als nur Senf 53<br />
Genuss – Die AOC der Franche-Comté 47<br />
Genuss – Die AOC Burgunds 48<br />
Saône – Mit dem Hausboot auf der Saône unterwegs 44<br />
Maison de Louis Pasteur – Ein Dorf im Fokus der<br />
43<br />
Wissenschaft<br />
Hospices de Beaune – Ein Krankenhaus mit Weinbergen 41<br />
Lac de Pannecière – Spaziergang durch die Ruinen eines 41<br />
untergegangenen Dorfes<br />
Montbéliard – Die Farben einer Stadt 41<br />
Peugeot-Museum – Mehr als ein Automobilmuseum 39<br />
Roche de Solutré & Roche de Vergisson – Zwei Felsen, ein 35<br />
Wanderparadies<br />
Wein – Saint-Véran aus Burgund 35<br />
Châtillon-sur-Seine – Das Erwachen einer verschlafenen 34<br />
Provinzstadt<br />
Château de Saint-Fargeau – Wo der Blick hinter die Kulissen 32<br />
erlaubt ist<br />
6 Loire-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
Genuss – Die AOC der Pays de la Loire 45<br />
Cheverny – Das Schloss von Tim und Struppi 43<br />
Ballonfahrt übers Loire-Tal – Bitte zeichne mir ein Schloss 38<br />
Blois – Ein Schloss der Geheimnisse und Intrigen 36<br />
Wein – Chinon, ein Wein für alle Fälle 34<br />
Le Mans – Unerwartet anders 33<br />
Angers – Einfach l(i)ebenswert 30<br />
Hotels<br />
Troglododo – Azay-le-Rideau 31<br />
7 Normandie <strong>Nr</strong>.<br />
Cherbourg – Dem Meer zugewandt 53<br />
Rouen – Die normannische Hauptstadt 51<br />
Cabour, Deauville, Trouville-sur-Mer, Honfleur – Die Stars 49<br />
der Côte Fleurie<br />
Oscar Niemeyer – Mit Frankreich auf Du und Du 48<br />
Mont-Saint-Michel – Der Wunsch, eine Insel zu werden 48<br />
Impressionismus – Normandie, Heimat des Impressionismus 45<br />
Genuss – Die AOC der Normandie 39<br />
10 Ideen... für die Normandie 37<br />
Dieppe – Die Stadt und das Meer 34<br />
Livarot – Das Brot der armen Leute 32<br />
Mémorial Caen – Ein Museum für den Frieden 31<br />
Ile de Tatihou – Eine fantastische Reise 28<br />
Jumièges – Die Ruinenreste der Abtei von Jumièges 23<br />
Hotels<br />
Hotel de Bourgtheroulde – Rouen 51<br />
Hôtel les bains de Cabourg – Cabourg 49<br />
Domaine de la Corniche – Rolleboise 36<br />
8 Bretagne <strong>Nr</strong>.<br />
Montagnes Noires – Wo die Bretagne in die Höhe wächst 54<br />
Côte d’Emeraude – Vom Cap Fréhel zur Pointe du Grouin 52<br />
Ploumanac’h – Die Magie der bretonischen Nordküste 48<br />
Vitré, Fougères, Combourg, Château des Rochers-Sévigné 47<br />
– Mittelalterliche Festungen und literarische Vermächtnisse<br />
Brest – Die unterschätzte Hafenstadt am Ende der Welt 41<br />
Genuss – Die AOC der Bretagne 40<br />
Abbaye de Daoulas – Kloster der Kultur und der Heilpflanzen 39<br />
Golfe du Morbihan – Ein typisch bretonisches Naturerlebnis 35<br />
Pointe du Raz – Das Ende der Welt 31<br />
Ile de Bréhat – Die Insel ruft 29<br />
Hotels<br />
Castel Beau Site – Ploumanac’h 48<br />
9 Atlantikküste <strong>Nr</strong>.<br />
Angoulême – Provinznest und Hauptstadt 52<br />
Rochefort – Die Stadt, die ihre Träume lebt 49<br />
Wein – Jurade de Saint-Emilion 47<br />
Bordeaux – Bordeaux 2.0 46<br />
Ile d’Oléron, Ile de Ré, Ile Madame, Ile d’Aix, Fort Boyard – 46<br />
Reif für die Insel(n)<br />
Wein – Ein asiatischer Winzer im Bordelais 46<br />
Loire-Mündung – Kunst am Fluss 45<br />
Nantes – Im Westen viel Neues 44<br />
Cognac – Von betrunkenen Spinnen und verdächtig<br />
42<br />
schwarzen Fassaden<br />
Radfernweg – Velodyssey, immer am Atlantik entlang 41<br />
Klöster – Abteien, die sogar Kinder begeistern 40<br />
Marais Poitevin – Die grünen Kanäle des Marais Poitevin 38
Likör – Angélique de Niort, Likor aus einer Heilpflanze 38<br />
Wein – Château Bardins 37<br />
Futuroscope – Zukunftspark mit rosiger Zukunft 37<br />
Gironde – Wie Vauban eine Flussmündung abriegelte 36<br />
Stadtentwicklung – Bordeaux, eine Stadt mit Ambitionen 35<br />
Genuss – Gâteau basque 34<br />
Clisson – Ein Stück Italien im Westen Frankreichs 32<br />
Saint-Jean-Pied-de-Port – Ein baskisches Schmuckstück 32<br />
Bassin d’Arcachon – Auf den Spuren der Austernzüchter 28<br />
Hotels<br />
Hôtel Napoléon – Ile d’Aix 46<br />
Logis Saint-Martin – Saint-Maixent-l’Ecole 37<br />
L’Avant-Scène – Bordeaux 34<br />
10 Auvergne & Limousin <strong>Nr</strong>.<br />
Cevennen – Im Land einsamer Hochebenen und tiefer 52<br />
Schluchten<br />
Vichy – Ein Kurbad mit schicksalhafter Vergangenheit 49<br />
Genuss – Die AOC des Limousin 48<br />
Clermont-Ferrand – Aufbruch aus schwieriger Position 47<br />
Genuss – Die AOC der Auvergne 38<br />
Viaduc de Garabit – Der horizontale Eiffelturm im<br />
37<br />
Zentralmassiv<br />
Hotels<br />
Domaine Saint Estève – Millau 53<br />
11 Périgord & Midi-Pyrénées <strong>Nr</strong>.<br />
Rodez – In der Heimat von Pierre Soulages 54<br />
Genuss – Die AOC von Midi-Pyrénées 50<br />
Tradition – Toulouse im Zeichen des Veilchens 47<br />
Airbus-Fabrik – Zu Besuch bei Airbus in Toulouse 46<br />
Gouffre de Padirac – Der Erdmitte ein Stückchen<br />
44<br />
näherkommen<br />
Trüffel in Sarlat-la-Canéda – Schwarze Diamanten 44<br />
Pastell – Das blaue Gold 43<br />
Bastiden – Die neuen Städte des Mittelalters 42<br />
Genuss – Diskrete Früchtchen, Backpflaumen aus Agen 33<br />
Im Katharerland – Ein Wanderweg zwischen Mittelmeer und 30<br />
den Pyrenäen<br />
Hotels<br />
Grand Hôtel Le Turenne – Beaulieu-sur-Dordogne 47<br />
Le Grand Balcon – Toulouse 42<br />
12 Pyrenäen <strong>Nr</strong>.<br />
Le Train Jaune – Ein Zug als Wahrzeichen 45<br />
Saint-Jean-Pied-de-Port – Ein baskisches Schmuckstück 32<br />
13 Languedoc-Roussillon <strong>Nr</strong>.<br />
La Grande-Motte – Retrochic am Mittelmeer 50<br />
Sète – Authentisch und definitiv südländisch 48<br />
Saint-Guilhem-le-Désert – Wenn ein Krieger zum<br />
47<br />
Klosterbruder wird<br />
Stadtentwicklung – Montpellier, ein Synonym für Dynamik 47<br />
Le Train Jaune – Ein Zug als Wahrzeichen 45<br />
Wein – Les Grés de Montpellier 44<br />
Pont du Gard – Altes Aquädukt erfrischend jung 41<br />
Céret & Collioure – Zwei Dörfer im Fokus der Kunst 37<br />
Wein – AOC Fitou, Qualitätsgarant aus dem Süden 33<br />
Nîmes – Römische Baudenkmäler und mediterrane<br />
23<br />
Lebensfreude<br />
14 Rhône-Tal <strong>Nr</strong>.<br />
Lyon-Confluence – 24 Stunden im Neubauviertel 48<br />
Montélimar & Umgebung – Eine Reise zwischen gestern und 46<br />
morgen<br />
Lyon & Umgebung – Eine Reise zu den städtebaulichen 44<br />
Utopien des 20. Jahrhunderts<br />
Tradition – Guignol, kleine Helden aus Lyon 43<br />
Drôme-Tal – Ein Geheimtipp zwischen Provence und Alpen 42<br />
Wein – Clairette de Die 42<br />
Genuss – Die AOC von Rhône-Alpes 41<br />
Grignan – Im Land der schönen Briefe: eine Reise nach 40<br />
Grignan<br />
Wein – Lirac, das «mediterranste» Weinanbaugebiet im 40<br />
Rhône-Tal<br />
Jardin Zen d’Erik Borja – Auf der Suche nach dem verlorenen 39<br />
Garten<br />
Gastronomie – Michel Chabran, der Luxus der Simplizität 39<br />
Genuss – L’O Provençale: Olivenöl aus Nyons 36<br />
Genuss – Nougat aus Montélimar 35<br />
Ardèche – Zu den schönsten Dörfern der Ardèche 34<br />
Palais Idéal du Facteur Cheval – Die Kraft eines Traumes 33<br />
Hotels<br />
Cour des Loges – Lyon 44<br />
Manoir de la Roseraie – Grignan 40<br />
Helvie – Vals-les-Bains 23<br />
15 Alpen <strong>Nr</strong>.<br />
Lac d’Annecy – Einmal um den Lac d’Annecy 51<br />
Chambéry – Die alte Hauptstadt Savoyens 50<br />
Route Napoleon – Einmal quer durch die Alpen 49<br />
Montblanc – Alpine Winterfreuden 31<br />
Val d’Isère – Internationale Skistation auf 1.850 Metern Höhe 30<br />
Vogelpark von Villars-les-Dombes – Gefiederte Freunde 28<br />
Hotels<br />
Petit Hôtel Confidentiel – Chambéry 50<br />
Avenue Lodge Hotel – Val d’Isère 28<br />
16 Provence <strong>Nr</strong>.<br />
Arles – Römische Pracht und prachtvolle Kunstvorlage 53<br />
Roussillon – Das Colorado Frankreichs 52<br />
Marseille – Die Renaissance einer Metropole!? 49<br />
Umwelt – Lavendel der Provence in Gefahr 46<br />
Les Baux-de-Provence – Die unerwarteten Reize eines viel 44<br />
besuchten Dorfes<br />
Genuss – Die AOC von Provence-Alpes-Côte d’Azur 44<br />
Orange – Eine Stadt spielt Theater 42<br />
10 Ideen... für die Provence 39<br />
Dentelles de Montmirail – Mit dem Mountainbike durch das 34<br />
kleine Gebirge<br />
Saint-Rémy-de-Provence – Die provenzalische Idylle von 33<br />
Saint-Rémy<br />
Avignon – Ein Tag in der Stadt der Päpste 31<br />
Wanderung – Auf Schusters Rappen durch die Provence 29<br />
Hotels<br />
B Design & Spa – Le Paradou 39<br />
Attrap’Rêves – Allauch 33<br />
17 Côte d’Azur <strong>Nr</strong>.<br />
Antibes – Die Überraschung an der französischen Riviera 54<br />
Monaco – Internationales Zirkusfestival von Monte Carlo 53<br />
Parks & Gärten – Exotische Gärten und grüne Oasen an der 51<br />
Côte d’Azur<br />
Gonfaron – Ein Eldorado für Schildkröten 50<br />
Monaco – Die unglaubliche Saga eines kleines Fürstentums 47<br />
Grasse – Der Duft einer Hauptstadt 45<br />
Bormes-les-Mimosas – Wo Blumen wie Königinnen verehrt 39<br />
werden<br />
Ile de Port-Cros – Kleine Trauminsel im Mittelmeer 38<br />
Domaine du Rayol – Die Geschichte eines ungewöhnlichen 36<br />
Parks<br />
Eze – Wo die Berge ins Meer fallen 35<br />
Nizza – Frühlingsgefühle einer Diva 32<br />
Côte d’Azur – Jean Cocteau zwischen Nizza und Menton 28<br />
Hotels<br />
Mas du Grand Vallon – Mougins 45<br />
Clarion Grand Hôtel Aston – Nizza 41<br />
Château de la Messardière – Saint-Tropez 35<br />
18 Korsika <strong>Nr</strong>.<br />
Bonifacio – Korsikas geschichtsträchtiger Höhepunkt 51<br />
Cap Corse – Türme, Kühe und Kanonen: Unterwegs auf dem 49<br />
Zöllnerpfad vom Cap Corse<br />
Gesellschaft – Korsika, die Revolution der Frauen geht weiter 44<br />
Genuss – Die AOC Korsikas 43<br />
Überseegebiete (DOM/TOM)<br />
Guadeloupe – Mehr als eine Insel, ein ganzes Archipel 52<br />
Französisch-Guayana – Natur, Geschichte, Raumfahrt 37<br />
Martinique – Entdeckungen in einer Postkartenidylle 31<br />
Ti’Punch & Planteur – Der Charme der Antillen in zwei 31<br />
Cocktails<br />
Hotels<br />
La Toubana Hôtel & Spa – Guadeloupe 52<br />
Cap Est Lagoon Resort & Spa – Martinique 30<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Weitere Themen<br />
Chantals Rezepte<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Appetitanreger<br />
Gratin de légumes du jardin 47<br />
Suppen<br />
La soupe aux champignons de Paris 52<br />
Soupe à l’oignon gratinée 48<br />
Gaspacho de tomates et fraises 46<br />
Gaspacho de tomate 40<br />
Velouté de laitue 38<br />
Salate<br />
Salade au crottin de chèvre chaud 34<br />
Quiches & Tartes<br />
Quiche sans pâte 44<br />
Tarte aux rillettes 37<br />
Quiche Lorraine 33<br />
Gratins, Aufläufe & Toasts<br />
Croque Monsieur & Croque Madame 54<br />
Gratin dauphinois 35<br />
Parmentier de canard 31<br />
Fleischgerichte<br />
Steak tartare 51<br />
Coq au vin 43<br />
Meeresfrüchtegerichte<br />
Huitres chaudes à la fondue de poireaux et son sabayon 32<br />
Moules à la crème 29<br />
Desserts<br />
Ile flottante 49<br />
Fondant au chocolat au coeur de framboises 45<br />
Poires safranées et ses tuiles à l’orange 42<br />
Crème brûlée à la fleur d’oranger 39<br />
Soupe de fraises 28<br />
Gebäck<br />
Les petits sablés de Noël 53<br />
Le Paris-Brest 50<br />
Cannelés 41<br />
Baba au rhum 23<br />
Getränke<br />
Liqueur d’estragon 36<br />
Weine & Alkoholika<br />
Produktpiraterie – Wenn Weinflaschen gefälscht sind 54<br />
Weltkulturerbe – Frankreichs Winzer greifen zum Welterbetitel:<br />
53<br />
Les coteaux, maisons et caves de Champagne (Teil 2)<br />
Weltkulturerbe – Frankreichs Winzer greifen zum<br />
52<br />
Welterbetitel: Les Climats de Bourgogne (Teil 1)<br />
Muscadet – Ein Wein voller Überraschungen 51<br />
Châteauneuf-du-Pape – Ein Wein mit päpstlicher Aura 50<br />
Aperitif – Die Kunst des Aperitifs 49<br />
Weinfarbe – Eine kleine Weinfarbenkunde 48<br />
Jurade de Saint-Emilion – Mehr als Folklore: eine Tradition, 47<br />
die lebt!<br />
Peter Kwok – Ein asiatischer Winzer im Bordelais 46<br />
Karaffieren und Dekantieren – Die Kunst des Karaffierens 45<br />
und Dekantierens<br />
Les Grés de Montpellier – Ein Weinanbaugebiet auf dem 44<br />
Sprung in die nächste Liga<br />
Picon – «Un Picon-Bière, s’il vous plaît» 43<br />
Cognac – Von betrunkenen Spinnen und verdächtig<br />
42<br />
schwarzen Fassaden<br />
Clairette de Die – Der Schaumwein für glückliche Menschen 42<br />
Lagerung – Tipps zum Aufbewahren von Wein 41<br />
Bier – Schattendasein oder Geheimtipp? 40<br />
Lirac – Das «mediterranste» Weinanbaugebiet im Rhône-Tal 40<br />
Wein & Gesundheit – Vive le vin! Vive la santé! 39<br />
Angélique de Niort – Likor aus einer Heilpflanze 38<br />
Château Bardins – Ein kleines Familien-Weingut in Pessac- 37<br />
Léognan<br />
Cognac – Eine ungewöhnliche Erfolgsgeschichte 36<br />
Saint-Véran – Erschwinglicher Spitzenwein aus Burgund 35<br />
Vinexpo – Die Welt des Weins zu Gast in Frankreich 35<br />
Chinon – Ein Wein für alle Fälle 34<br />
AOC Fitou – Qualitätsgarant aus dem Süden 33<br />
Crème de Cassis – Ein Getränk, das kein großes Brimborium 32<br />
um sich macht<br />
Ti’Punch & Planteur – Der Charme der Antillen in zwei 31<br />
Cocktails<br />
Saint-Pourçain – Wein von der Tafel der Mächtigen 29<br />
Alpillen – Das Weingebiet Les Baux-de-Provence 28<br />
Rum – Hochprozentiges aus Übersee 23<br />
Genuss<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Spitzengastronomie – Fabian Feldmann, ein deutscher 53<br />
Sternekoch im Land der Feinschmecker<br />
Produkte – Orangina 53<br />
Produkte – Petit Suisse 52<br />
Produkte – Hollywood- und Malabar-Kaugummis 51<br />
<strong>Nr</strong>.
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC von Midi-Pyrénées 50<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC Aquitaniens 49<br />
Pays de la Loire – Gut essen im Pays-de-la-Loire 49<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC des Limousin 48<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Franche-Comté 47<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC Burgunds 46<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Pays de la Loire 45<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC von Provence-Alpes-Côte 44<br />
d’Azur<br />
Trüffel – Schwarze Diamanten 44<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC Korsikas 43<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC des Elsass 42<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC von Rhône-Alpes 41<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Bretagne 40<br />
Gastronomie – Michel Chabran, der Luxus der Simplizität 39<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Normandie 39<br />
Serie: Frankreichs AOC – Die AOC der Auvergne 38<br />
Rillettes – Einfach, deftig, köstlich 37<br />
L’O Provençale – Olivenöl aus Nyons 36<br />
Nougat – Süßigkeit aus Montélimar 35<br />
Gâteau basque – Traditionelles Gebäck aus dem Baskenland 34<br />
Backpflaumen aus Agen – Diskrete Früchtchen 33<br />
Livarot – Das Brot der armen Leute 32<br />
Ti’Punch & Planteur – Der Charme der Antillen in zwei 31<br />
Cocktails<br />
Guide Michelin – Eine Deutsche an der Spitze der<br />
29<br />
französischen Gastronomiebibel<br />
Politik & Wirtschaft<br />
Regionen – Auf der Suche nach neuen Namen 54<br />
Kindergeld – Ist eine Reform überhaupt möglich? 53<br />
Pestizide – Marie-Lys Bibeyran, eine Frau kämpft gegen 53<br />
Pestizide<br />
Regionen – Neugliederung der Regionen 52<br />
SNCM – Ist die Fährgesellschaft noch zu retten? 51<br />
Landesstruktur – Reform der Regionen und Departements 50<br />
François Hollande – Es ist nicht einfach, Präsident zu sein 49<br />
Verkehrspolitik – Die Wiederentdeckung der Langsamkeit 47<br />
Monnaie de Paris – Pessac, hinter den Kulissen der Euro- 47<br />
Münzprägung<br />
Hochschulpolitik – Teaching in English? Oh mon Dieu! 46<br />
Umwelt – Lavendel der Provence in Gefahr 46<br />
Deutsch-Französische Freundschaft – Wenn eine<br />
44<br />
Freundschaft zum Ritual wird<br />
Gregor Gysi – Der Linken-Politiker und Frankreich 43<br />
Machtverhältnisse – Alles nach links 41<br />
Medien – Die politische Ausrichtung französischer Medien 40<br />
Tourismus – Hauptsache außergewöhnlich 40<br />
Volksabstimmungen – Modethema im Wahlkampf 39<br />
Fünf Jahre Sarkozy – Zeit für eine Bilanz 38<br />
François Hollande – Der neue Präsident? 37<br />
Umweltschutz – Kettensägenmassaker am Welterbe Canal 36<br />
du Midi<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Präsidentschaftswahl 2012 – Die Kultur als<br />
35<br />
Wahlkampfthema<br />
Laizität – Ein Thema von immerwährender Aktualität 34<br />
TGV – Wieviel Hochgeschwindigkeit kann sich Frankreich 34<br />
leisten?<br />
Bistrosterben – Naht das Ende des Bistros? 33<br />
Marine Le Pen – Das «neue» Gesicht des französischen 32<br />
Rechtsextremismus<br />
Austernkrise – Sterben Frankreichs Austern aus? 32<br />
Staatsbankette – Wenn die Politik durch den Magen geht 29<br />
Reiseziele der Politiker – Plages de gauche, plages de 28<br />
droite, Urlaub in politischen Farben<br />
Frankophonie – Eine Situationsanalyse 28<br />
Frédéric Mitterrand – Der neue französische Kulturminister 23<br />
Gesellschaft & Alltag<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Erinnerungskultur – Passen Gedenken und Tourismus 52<br />
zusammen?<br />
Vergangenheitsbewältigung – Die geklauten Kinder von La 51<br />
Réunion<br />
Fußball – Annike Krahn, eine deutsche Fußballerin in Paris 50<br />
Wandern – Die Franzosen entdecken das Wandern 49<br />
Deutsch-Französische Freundschaft – Ein Grenzfall: Zwei 49<br />
zwangsverbrüderte Orte stellen sich vor<br />
Fußball-EM 2016 – Frankreich im Stadienbaurausch 48<br />
Franzosen und Gesellschaftsspiele – Ein Markt mit<br />
45<br />
Steigerungspotential<br />
Verkehr – Neuer Trend: Der Bahnhof wird zum Flughafen 44<br />
Gewalt auf Korsika – Die Revolution der Frauen geht weiter 44<br />
EU-Hauptstadtjahre: 2013 – Nantes und Marseille werden 43<br />
europäische Hauptstädte<br />
Winterschlussverkauf – Der andere Wintersport 43<br />
Michel Chevalet – Der Mann, der den Franzosen die<br />
42<br />
Wissenschaft erklärt<br />
Kriminalität – Angst über der Stadt 42<br />
Bürgerbewegung – Libérez les menhirs 42<br />
Jean Viard – Der Mann, der Frankreich beobachtet 41<br />
Simone Hérault – Die Stimme Frankreichs 40<br />
Berühmtheiten – Die 100 bekanntesten Franzosen 39<br />
Frankreichbild – Frankreichs Image in der Welt 39<br />
Académie Française – Die Unsterblichen, die 40 Wächter der 39<br />
französischen Sprache<br />
Der Präfekt – Lebendes Symbol des Zentralismus 38<br />
Lido – Carien, Startänzerin im Lido 37<br />
Tourismus – Trends für den Winterurlaub 2011/12 36<br />
Gardienne – Félisa, Gardienne in Paris 36<br />
Spendenbereitschaft – Wie großzügig sind die Franzosen? 35<br />
Ladenöffnungszeiten – Wird der Sonntag zum Werktag 34<br />
Ehrenlegion – Geht es noch um Verdienste? 33<br />
Frauen – Madame Glückspilz? Die Situation der französischen 32<br />
Frauen<br />
Mona Ozouf – Bretonin, Französin und Europäerin 31<br />
Elite-Hochschulen – Es lebe die Elite!: Frankreichs Grandes 29<br />
Ecoles<br />
Fußball – Ist der Ball denn auch in Frankreich rund? 28<br />
Frankophonie – Eine Situationsanalyse 28<br />
Versailles – Traditionelle Berufe hinter historischen Mauern 23<br />
Kunst & Kultur<br />
Neue Museen – Museumseröffnungen wie am Fließband 54<br />
Künstlerdörfer – 10 Künstlerdörfer zum Verlieben 54<br />
Musée Soulages Rodez – In der Heimat von Pierre Soulages 54<br />
Louvre – Wie Mona Lisa & Co. den Krieg überlebten 50<br />
Musée Matisse – Kunstgenuss auf dem platten Land 47<br />
Götz Alsmann – Götz Alsmann in Paris 46<br />
Patricia Kaas – Französische Chansonsängerin mit deutschen 45<br />
Wurzeln<br />
Museen – Frankreichs Museen auf der Überholspur 45<br />
ST-ART – Eine Kunstmesse zwischen den Welten 38<br />
Céret & Collioure – Zwei Dörfer im Fokus der Kunst 37<br />
Musée Rodin – Der Charme eines Künstleranwesens mit 35<br />
einzigartigem Garten<br />
Französisches Historisches Museum – Ein Projekt schlägt 31<br />
hohe Wellen<br />
Pariser Philharmonie – Wenn Politik von der Realität<br />
31<br />
eingeholt wird<br />
Jean Cocteau an der Côte d’Azur – Jean Cocteau zwischen 28<br />
Nizza und Menton<br />
Lebensart<br />
Spiele – Ein Puzzle als Unikat 54<br />
Produkte – Duralex-Gläser 54<br />
Tradition – Toulouse im Zeichen des Veilchens 47<br />
Guignol – Kleine Helden aus Lyon 43<br />
Le Bon Marché – Eine Pariser Institution feiert ihren 160. 41<br />
Geburtstag<br />
Bunte Töpfe – Keramik aus Vallauris 28<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
<strong>Nr</strong>.<br />
Eine Übersicht aller jemals erschienenen Themen,<br />
also auch der ausverkauften Ausgaben,<br />
finden Sie im Internet: www.frankreicherleben.de<br />
Werbecode: <strong>55</strong>/15<br />
ich bestelle die folgende(n) Ausgabe(n) von Frankreich erleben für 4,90 € pro<br />
Heft (bis Ausgabe <strong>Nr</strong>. 33) bzw. 5,90 € pro Heft (ab Ausgabe <strong>Nr</strong>. 34) zzgl.<br />
Ver sand kos ten pauschale. Diese beträgt innerhalb Deutschlands 1,00 € pro<br />
Heft, maximal jedoch 7,00 € pro Bestellung. Andere europäische Länder:<br />
2,00 € pro Heft, maximal 14,00 € pro Bestellung. Außereuropäische Länder: 3,00 € pro Heft,<br />
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DEN BESTELLPREIS<br />
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belasten Sie bitte meiner Kreditkarte:<br />
<br />
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MasterCard<br />
Kartennummer Gültig Monat/Jahr Prüfziffer<br />
<br />
ziehen Sie bitte von meinem Bankkonto ein<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 23<br />
<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 28<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 29<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 31<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 32<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 34<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 35<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 36<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 37<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 38<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 39<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 40<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 41<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 42<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 43<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 44<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 45<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 46<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 47<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 48<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 49<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 50<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 51<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 52<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 53<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 54<br />
Vorname / Name<br />
Straße / Hausnummer<br />
PLZ<br />
Ort<br />
Land<br />
Telefonnummer für Rückfragen<br />
IBAN<br />
BIC<br />
Ich ermächtige die AVZ GmbH, Storkower Straße 127a, 10407 Berlin,<br />
Gläubiger-Identifikationsnummer DE39Z0200000080844 den Bestellpreis<br />
von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Die Mandatsreferenz<br />
wird mir gesondert mitgeteilt.<br />
Datum, Unterschrift<br />
Diese Bestellung kann innerhalb von 14 Tagen beim Aboservice<br />
schriftlich ohne Angabe von Gründen widerrufen werden.
KULTURSCHOCK<br />
Immer, wenn unsere französischen Freunde nach<br />
Deutschland kommen, gibt es das gleiche Spielchen.<br />
Wir sind in irgendeinem Restaurant oder Geschäft.<br />
Unsere Freunde wollen bezahlen und zücken ihre Kreditkarte.<br />
Die Servicekraft oder Verkäuferin quittiert das mit<br />
einem abschätzigen « Wir nehmen nur EC-Karte oder<br />
Bargeld ». Es folgen minutenlange Lästereien unserer<br />
Freunde uns gegenüber, dass man hier ja wohl noch im<br />
Mittelalter leben würde. Na ja, im Grunde haben sie recht.<br />
Beim Thema bargeldloses Zahlen ist Deutschland im internationalen<br />
Vergleich in der Tat eher Entwicklungsland.<br />
Und EC-Karten hat kaum ein ausländischer Gast. Also<br />
lassen wir die Lästereien über uns ergehen.<br />
Doch der Moment der « Revanche » kommt... Ich muss<br />
eine Rechnung in Frankreich bezahlen und will dafür eine<br />
Überweisung von unserem französischen Konto auf ein<br />
anderes französisches Konto vornehmen. Frohen Mutes<br />
wähle ich mich online in das Konto ein. Es gibt auch einen<br />
Link « Überweisung » im Menü. Routiniert klicke ich<br />
darauf und erwarte ein Formular mit Feldern wie Kontoinhaber,<br />
IBAN usw. Doch zu meiner Überraschung ist auf<br />
dem Bildschirm davon nichts zu sehen. Vielmehr soll ich<br />
aus einer Liste mein Empfängerkonto auswählen, auf das<br />
das Geld gehen soll.<br />
Da ich bisher noch nie eine Überweisung von diesem<br />
Konto aus getätigt habe, ist diese Liste natürlich leer. Ich<br />
muss also erst das Konto aufwendig registrieren. Dafür<br />
muss ich aber zunächst meine Telefonnummer hinterlegen,<br />
um für die Registrierung eines Empfängerkontos von<br />
der Bank einen Code per automatischem Anruf zu erhalten.<br />
Es beginnt ein aufwendiger Registrierungsprozess,<br />
erst für die Telefonnummer, dann für das Empfängerkonto.<br />
Als dann endlich der Moment gekommen ist, in dem<br />
das Telefon klingelt, um per Bandansage meinen Code<br />
für die endgültige Freischaltung des Empfängerkontos<br />
zu erhalten, tritt die nächste Hürde auf: Die automatische<br />
Bandansage ist von der Qualität her so miserabel, dass<br />
ich – trotz wirklich guter Französischkenntnisse – große<br />
Mühe habe, den Code, der sowohl aus Buchstaben als<br />
auch aus Zahlen besteht, richtig zu verstehen. Zwischen<br />
« Z » und « 7 » oder « E » und « 2 » kann ich normalerweise<br />
gut unterscheiden. Doch die Stimme vom Band spricht<br />
die einzelnen Bestandteile des Codes so undeutlich aus,<br />
94 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
dass ich mehrere Anläufe brauche, bis der Code endlich<br />
akzeptiert wird und das Empfängerkonto damit in meiner<br />
Liste erscheint.<br />
Danach geht die Überweisung unproblematisch über<br />
die Bühne. Ich wähle das gerade registrierte Empfängerkonto<br />
aus meiner Liste, gebe den gewünschten Überweisungsbetrag<br />
sowie einen Verwendungszweck ein und das<br />
Geld verschwindet in Richtung Empfänger. Allerdings<br />
haben diese diversen Schritte ein Vielfaches mehr an Zeit<br />
gekostet, als ich es sonst von einer deutschen Bank gewöhnt<br />
bin. Außerdem muss bei jedem neuen Empfänger<br />
der Registrierungsprozess des Kontos wiederholt werden.<br />
Damit bläht sich mit jeder Registrierung meine Empfängerliste<br />
mehr und mehr auf. Dies mag für Überweisungen,<br />
die regelmäßig anfallen, sinnvoll sein. Aber mir<br />
erschließt sich der Nutzen nicht für Empfängerkonten,<br />
die ich nur einmal in meinem Leben benutzen will. Innerlich<br />
schüttelte ich den Kopf und freue mich schon auf<br />
das nächste Treffen mit unseren französischen Freunden.<br />
Endlich weiß ich eine gute Antwort, wenn sie mal wieder<br />
über unsere mangelnde Kreditkartenakzeptanz lästern.<br />
« Wir können dafür Überweisungen in Sekundenschnelle<br />
überall hin tätigen », werde ich Ihnen dann entgegenhalten.<br />
Was ich in dem Moment noch nicht weiß, es kann<br />
noch schlimmer kommen. Denn einige Zeit später will<br />
ich eine Überweisung von unserem französischen Konto<br />
auf ein ausländisches tätigen. Wohl gemerkt, ein ausländisches<br />
Konto innerhalb des harmonisierten europäischen<br />
Zahlungsraums SEPA. Von meinem deutschen Konto ist<br />
dies genauso kinderleicht wie eine nationale Überweisung.<br />
IBAN und BIC genügen und der Überweisung steht<br />
nichts im Wege.<br />
Natürlich weiß ich aber bereits, dass ich bei meinem<br />
französischen Konto das ausländische erst als Empfängerkonto<br />
registrieren muss. Routiniert mache ich mich an<br />
den Vorgang. Inzwischen habe ich damit Übung. Doch<br />
dann kommt die große Überraschung: Anstatt wie üblich<br />
alle Kontoangaben einzutippen und dann auf einen<br />
automatischen Anruf von der Bank zu warten, um den<br />
Freischaltungscode zu erhalten, soll ich eine Seite mit der<br />
Kontoverbindung ausdrucken, diese unterschreiben und<br />
per Post (!) an meine Filiale in Frankreich schicken. Erst<br />
wenn die Filiale dieses Dokument erhalten hat, wird das<br />
Konto in die Empfängerliste aufgenommen.<br />
Im ersten Moment glaube ich, dass es sich um einen<br />
Scherz handeln muss. Kann es im Jahre <strong>2015</strong> sein, dass<br />
digitales Banking wieder ganz analog wird? Aber ich habe<br />
mich nicht vertan. Auch beim zweiten Versuch komme ich<br />
zum gleichen Ergebnis. Es nützt nichts: Ich muss den Drucker<br />
anmachen, eine Briefmarke für Frankreich suchen,<br />
zum Briefkasten gehen und tagelang warten, bis ich endlich<br />
meine innereuropäische Überweisung vornehmen kann.<br />
Ich bin so schockiert, dass ich gleich unsere französischen<br />
Freunde anrufe. Ich muss einfach sofort lästern<br />
und kann nicht auf den nächsten Besuch warten. Unsere<br />
Freunde versuchen sich erst mit Antworten wie « das<br />
französische Bankensystem ist eines der sichersten und<br />
effizientesten der Welt » herauszureden. Doch da haben<br />
sie nicht mit meiner Vehemenz gerechnet. Mit iTan- oder<br />
smsTan-Verfahren räume ich alle Argumente aus dem<br />
Weg, bis wir alle nur noch herzhaft am Telefon lachen.<br />
Allerdings können sie mich in einem Punkt beruhigen:<br />
Der manuelle Ansatz für innereuropäische Überweisungen<br />
ist wohl meiner Bank geschuldet. Sie ist zwar eine<br />
der größten französischen Banken überhaupt, zeigt sich<br />
diesbezüglich aber etwas der Zeit hinterherhinkend. Bei<br />
anderen französischen Banken lassen sich ausländische<br />
Konten zum Teil genauso registrieren wie inländische.<br />
Nur der komplizierte Ansatz der Kontenregistrierung ist<br />
überall Standard. « Aber gut, Ihr zahlt ja auch noch mit<br />
Schecks », gebe ich unseren Freunden als letzte ironische<br />
Spitze mit auf dem Weg, bevor unser Gespräch wieder um<br />
andere Themen kreist.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 95
GUÉWEN A TESTÉ<br />
Guéwen a testé …<br />
... Wohnmobil in Frankreich<br />
Wohnmobile vermitteln mir seit jeher das Gefühl von Freiheit.<br />
Allerdings ist diese in Frankreich genauso wenig grenzenlos wie in<br />
anderen europäischen Ländern, zum Beispiel wenn es darum geht,<br />
wo man sein Nachtlager aufschlägt. Ich habe für Sie geschaut, was<br />
man wissen sollte, wenn man in Frankreich mit einem Wohnmobil<br />
unterwegs ist.<br />
Braucht man einen speziellen Führerschein?<br />
Nein, grundsätzlich kann man Wohnmobile bis zu 3,5<br />
Tonnen mit dem normalen Autoführerschein durch Frankreich<br />
steuern. Für größere Wohnmobile ist dagegen ein<br />
gesonderter Führerschein notwendig.<br />
Gibt es spezielle Geschwindigkeitsbegrenzungen?<br />
Ebenfalls nein, sofern es sich um Wohnmobile bis zu 3,5<br />
Tonnen handelt. Diese Fahrzeuge dürfen genauso schnell<br />
fahren wie alle anderen Autos. Entscheidend ist also die<br />
für eine Straße zulässige Höchstgeschwindigkeit. Anders<br />
sieht es für größere Wohnmobile aus, die über 3,5 Tonnen<br />
wiegen. Für sie gelten Sonderregelungen wie für Lkws und<br />
Busse.<br />
Was müssen die Passagiere beachten?<br />
Die Passagiere in der Fahrerkabine müssen beim Fahren<br />
angeschnallt sein. Ebenso alle Passagiere, die « die Sicht<br />
des Fahrers einschränken können. » Theoretisch wäre es<br />
damit erlaubt, beim Fahren im hinteren Bereich des Fahrzeuges<br />
zu schlafen, wenn man dadurch nicht den Fahrer in<br />
seiner Sicht einschränkt. Man sollte aber nicht vergessen,<br />
dass dies mit einem großen Verletzungs- und Tötungsrisiko<br />
im Falle eines Unfalls verbunden ist, so dass jeder Passagier<br />
schon aus eigenem Interesse angeschnallt sein sollte.<br />
Gelten höhere Autobahngebühren?<br />
Ja, außer wenn das Wohnmobil nicht höher als zwei<br />
Meter ist und das Gewicht nicht 3,5 Tonnen überschreitet.<br />
Wohnmobile, die höher als zwei Meter, aber niedriger als<br />
drei Meter sind und deren Gewicht 3,5 Tonnen nicht überschreitet,<br />
fallen in die Kategorie 2 der französischen Autobahngesellschaften.<br />
Die Autobahngebühren sind damit<br />
rund 50 Prozent teurer als für normale Autos (Kategorie<br />
1). So kostet die Strecke Paris-Marseille 90,60 Euro anstatt<br />
57,80 Euro. Noch größere Wohnmobile oder Wohnmobile<br />
mit Aufbauten, die höher als drei Meter sind, fallen sogar<br />
in die noch teurere Kategorie 3. An den Mautstellen ist zu<br />
beachten, dass die Spuren für das Bezahlen mit Kreditkarte<br />
auf Fahrzeuge mit einer maximalen Höhe von zwei Metern<br />
beschränkt sind. Im Zweifelsfalle sollte man diese Spuren<br />
meiden.<br />
Wo darf man parken?<br />
Eine Frage, die leider komplexer ist, als es auf den ersten<br />
Blick scheint. Grundsätzlich gelten in Frankreich keine<br />
besonderen Parkregeln für Wohnmobile. Wenn das Parken<br />
allgemein erlaubt ist, dürfen grundsätzlich auch Wohnmobile<br />
abgestellt werden, wenn sie den Verkehr nicht stören.<br />
Allerdings dürfen die Bürgermeister und Präfekten für ihr<br />
Gebiet Sonderregeln festlegen, wovon sie in touristisch<br />
begehrten Gegenden regen Gebrauch machen. So kann es<br />
beispielsweise verboten sein, über Nacht mit einem Wohnmobil<br />
auf einem Parkplatz zu parken. Man sollte also sehr<br />
sorgfältig die Rechtslage vor Ort checken.<br />
Außerdem sieht die französische Straßenverkehrsordnung<br />
einen Unterschied zwischen Parken und Campen vor.<br />
Wenn man Tische, Stühle oder Sonnenschirme vor seinem<br />
Wohnmobil aufbaut, wird aus Parken Campen, was meist<br />
untersagt ist. Für das Campen haben die Kommunen in<br />
touristischen Gegenden oft gesonderte Plätze ausgewiesen,<br />
die zudem die notwendige Infrastruktur dafür aufweisen,<br />
wie etwa die Möglichkeit, Abwasser abzulassen, Chemietoiletten<br />
zu säubern etc. Darüber hinaus ist es grundsätzlich<br />
untersagt, direkt an der Küste, in Naturschutzgebieten oder<br />
in der Nähe von unter Denkmalschutz stehenden Sehenswürdigkeiten<br />
zu campen. In Zweifelsfällen sollte man sich<br />
bei der örtlichen Touristeninformation über die Regeln vor<br />
Ort erkundigen. Auf Privatgrundstücken darf man dagegen<br />
bis zu drei Monate campen, wenn der Eigentümer sein Einverständnis<br />
dazu gegeben hat.<br />
96 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
LESERBRIEFE · IMPRESSUM<br />
Impressum<br />
Frankreich erleben ist das Ergebnis von Teamarbeit. Neben den<br />
Autoren und Fotografen tragen auch die Lektoren, Grafiker und<br />
alle anderen Mitarbeiter zur Qualität der einzelnen Artikel bei.<br />
Daher sind keine einzelnen Personen am Ende eines Artikels<br />
hervorgehoben, sondern findet die Nennung im Impressum statt.<br />
Frankreich erleben erscheint im Verlag<br />
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Herausgeber: Markus Harnau<br />
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Cobac, Dominique Cache, Stefanie Dracker, Andrea Garbe, Dr.<br />
Jan Grasshoff, Olivier Huonnic, Ute Jessel, Alain Lardière, Dr. Petra<br />
Morich, Ina Muñoz, Winfried Ressler, Gérard Rival, Serge Robin,<br />
Susanne Ziegler<br />
Layout: Zauberhaus.eu<br />
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15: DR • S.16: DR • S.18: DR • S.19: Arte, DR • S.20: DR •<br />
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du Tourisme de Bretagne • S.70: Sacha Ziegler, Globus<br />
Medien • S.71: Pierre Torset, Comité Régional du Tourisme de<br />
Bretagne, Sacha Ziegler, Globus Medien• S.72: Sacha Ziegler,<br />
Globus Medien • S.76: Serge Robin, Ajc Presse • S.79: Amélie<br />
Dupont, Office de Tourisme de Paris • S.82: Dr Jan Grasshoff,<br />
Globus Medien • S.84-87: Maurice Albert, Ajc Presse • S.88-<br />
89: DR; Serge Robin, Ajc Presse • S.94: Chantal Cobac für<br />
Frankreich erleben • S.96: Serge Robin, Ajc Presse • S.98: Dr<br />
Jan Grasshoff, Globus Medien.<br />
Leserbriefe<br />
Über das Arte-Magazin bin ich<br />
zu Frankreich erleben gekommen.<br />
Das erste Magazin <strong>Nr</strong>. 48 hat mich<br />
sehr beeindruckt und die Erwartung<br />
auf das nächste war sehr groß. Die<br />
Themenvielfalt gefällt mir, ebenso<br />
die schönen Fotos, meist in sehr<br />
guter Qualität. Vier vorangegangene<br />
Magazine wurden mir als<br />
Weihnachtsgeschenk nachgekauft.<br />
Frankreich hat viele große Traditionen.<br />
Eine davon ist die Messerherstellung<br />
in Laguiole und später<br />
in Thiers. Ich würde mich sehr<br />
freuen, wenn in einer der folgenden<br />
Magazine dies mal zum Thema gemacht<br />
werden könnte. Ich bin fester<br />
Überzeugung, dass es den geneigten<br />
Leser auch interessieren würde. Ich<br />
wünsche Ihnen weitere gute Ideen,<br />
Freude und Erfolg bei Arbeit.<br />
Michael Erler, Dresden<br />
Redaktion: Wie Sie sehen können, ist Ihr<br />
Wunsch bereits in Erfüllung gegangen.<br />
Neben neuen Anregungen freue<br />
ich mich auch immer über ein<br />
Wiedersehen mit Reisezielen, die<br />
wir erst kürzlich besucht haben, so<br />
diesmal gleich zwei Städte: Antibes,<br />
das wir im letzten <strong>Sommer</strong>urlaub an<br />
der Côte d‘Azur besucht haben, und<br />
Lille, wohin wir vor zwei Jahren für<br />
eine Städtetour gefahren sind! Vielen<br />
Dank dafür. Zu Lille möchte ich<br />
noch einen Tipp geben, nämlich den<br />
Besuch im Museé d‘Art Moderne<br />
in Villeneuve-d‘Ascq. Es beheimatet<br />
Werke bekannter Künstler des<br />
20. Jahrhunderts, eine Ausstellung<br />
sogenannter « Art Brut » und einen<br />
Skulpturenpark, durch den man<br />
flanieren kann. Das Museum ist von<br />
Lille mit Metro und Bus gut zu erreichen.<br />
Rainer Hartung, Köln<br />
Ich bin Leser seit der <strong>Nr</strong>. 1, auch<br />
ohne Abo habe ich alle Hefte. Leserbriefe<br />
schreibe ich so gut wie nie,<br />
heute muss es aber sein. Der Artikel<br />
über Antibes hat mir eigentlich sehr<br />
gut gefallen, aber: Über Antibes<br />
schreiben und Juan-les-Pins mit<br />
seinem Jazzfestival erwähnen, aber<br />
in diesem Zusammenhang nicht<br />
einen der ganz Großen des Jazz,<br />
dessen Büste in Antibes steht und<br />
an Sidney Bechet erinnert, der seine<br />
letzten Jahre dort verbrachte, das<br />
geht nicht. Ansonsten aber, machen<br />
Sie so weiter. Eine tolle Zeitschrift.<br />
Wolfgang Walther, Ronnenberg<br />
Gratulation zu Ihrem Artikel<br />
über Antibes, der mehr als treffend<br />
zum Ausdruck bringt, warum dieser<br />
Ort anders ist als viele an der Côte<br />
d’Azur. Besonders ist er auch für<br />
meine Frau und mich persönlich. In<br />
der Chapelle de la Garoupe machte<br />
ich meiner Frau einen Heiratsantrag<br />
und ein Jahr später heirateten wir in<br />
der Kathedrale von Antibes. Seither<br />
kehren wie stets an unserem Hochzeitstag<br />
an den Ort des Geschehens<br />
zurück. Der Artikel und die Bilder<br />
weckten somit schon die Sehnsucht<br />
auf unseren nächsten Hochzeitstag.<br />
Danke dafür!<br />
Dr. Roman Hirner, Augsburg<br />
Hat Ihnen unser Magazin gefallen? Haben Sie Verbesserungsvorschläge oder<br />
Anregungen? Schreiben Sie uns. Wir sind gespannt auf Ihre Meinung!<br />
Per E-Mail: leserbriefe@frankreicherleben.de<br />
Per Brief: Frankreich erleben - Leserbriefe<br />
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Per Fax: +49 (0)30 920372065<br />
Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe in gekürzter Fassung zu veröffentlichen.<br />
Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong> · 97
VORSCHAU<br />
Loire<br />
Unterwegs im südlichen Loiret<br />
Jura<br />
Kunst und Natur im Loue-Tal<br />
Bretagne<br />
Wilde Crozon-Halbinsel<br />
Die schönsten Gärten des<br />
Périgord<br />
Perpignan<br />
Wo Frankreich katalanisch ist<br />
... und viele<br />
weitere Themen<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 56 – Herbst <strong>2015</strong> erscheint am 25. August <strong>2015</strong><br />
98 · Frankreich erleben · <strong>Sommer</strong> <strong>2015</strong>
Erleben Sie die Provence<br />
mit Frankreich erleben!<br />
Orange<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 42<br />
Dentelles de<br />
Montmirail<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 34<br />
Avignon<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 31<br />
Roussillon<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 52<br />
Arles<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 53<br />
Avignon<br />
10 Ideen für<br />
die Provence<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 39<br />
Marseille<br />
Toulon<br />
Les Baux-de-<br />
Provence<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 44<br />
Wanderung durch<br />
die Provence<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 29<br />
Marseille<br />
Ausgabe <strong>Nr</strong>. 49<br />
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Provenzalischer Stil trifft auf modernes Design, so lautet das<br />
Motto dieser Traumvilla im Herzen des Lubéron. Das 2012<br />
komplett sanierte und 2014 neu möblierte Haus bendet sich<br />
direkt in Roussillon, einem der begehrtesten und schönsten<br />
Dörfer der Provence.<br />
Von der Villa gleitet der Blick über das weite Tal nach Gordes,<br />
auf die Monts de Vaucluse und den Mont Ventoux. Allein dieser<br />
atemberaubende Panoramablick wird dafür sorgen, dass<br />
Sie nie mehr abreisen wollen.<br />
Die 250 qm große Villa verfügt über zwei Einheiten, jeweils<br />
mit eigener Küche und eigenem Wohnbereich ausgestattet,<br />
die gemeinsam oder getrennt gemietet werden können. Insgesamt<br />
stehen sechs Schlafzimmer und fünf Badezimmer zur<br />
Verfügung, so dass bis zu 12 Personen bequem Platz nden.<br />
Die moderne und hochwertige Einrichtung bildet einen geglückten<br />
Kontrapunkt zu dem traditionellen Baustil der Villa.<br />
Im 2.500 qm großen Garten können Sie sich in einem 5 x<br />
10 m großen Innity-Pool abkühlen oder sich in bequemen<br />
Liegestühlen sonnen. Sie sind dabei vor neugierigen Blicken<br />
aus der Nachbarschaft geschützt, können durch das terrassierte<br />
Gelände aber jederzeit den 270°-Traumblick über die<br />
Provence genießen.<br />
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Urlaub in der Provence!<br />
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