Wenn der weiße Flieder…
Wenn der weiße Flieder…
Wenn der weiße Flieder…
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Thema Seite 5<br />
Es kann <strong>der</strong><br />
Frömmste nicht in<br />
Frieden leben …<br />
Schreibt hier eine Psychotherapeutin so<br />
ganz allgemein über längst bekannte Gründe<br />
für das nachbarliche Mobbing, o<strong>der</strong> findet<br />
es tatsächlich an mehreren Stellen in<br />
unserem schönem Neu Fahrland statt ?<br />
Die Vermutung liegt nahe, dass letzteres<br />
<strong>der</strong> Fall ist, denn ein echter Therapeut<br />
weiß, dass er mit solch einer Glosse den<br />
Betroffenen (lei<strong>der</strong>) nicht erreicht.<br />
Die Charakteristik des „bösen Nachbarn“<br />
kann ich demzufolge ergänzen: Für ihn<br />
gelten Regeln des rücksichtsvollen Umgangs<br />
nicht, son<strong>der</strong>n eigene, die über ei-<br />
Eine Glosse zur Glosse<br />
LiebeRedaktion,<br />
mit unserem Beitrag beziehen wir uns<br />
auf die Leserglosse im „Neu Fahrlän<strong>der</strong><br />
Landboten“ Nr. 132, Seite 20: „Es<br />
kann <strong>der</strong> Frömmste nicht in Frieden leben…“<br />
Wir wollten zunächst wissen, was eine<br />
Glosse ist und fanden bei <strong>der</strong> uni-essen im<br />
Internet folgende Erklärung:<br />
Wie <strong>der</strong> Kommentar ist die Glosse eine<br />
meinungsäußernde journalistische Darstellungsform.<br />
Obwohl sie oft als leicht lesbarer<br />
Text daherkommt, muss ihr Autor eine<br />
große Sachkenntnis über den zu glossierenden<br />
Gegenstand besitzen und über<br />
ein sehr gutes Ausdrucksvermögen verfügen.<br />
Denn in erster Linie unterscheidet sich<br />
die Glosse vom Kommentar nicht im Thema,<br />
son<strong>der</strong>n in ihrer sprachlichen Form.<br />
Hier wird polemisch o<strong>der</strong> satirisch eine<br />
(meist) aktuelle Nachricht des Tages aufs<br />
Korn genommen. Die Glosse zeichnet sich<br />
durch Eleganz in <strong>der</strong> Formulierung, eine<br />
schlagende Beweisführung und überraschende<br />
Pointen aus. Eines <strong>der</strong> beliebtesten<br />
Stilmittel von Glossenschreibern ist die<br />
Ironie, die freilich auch zur Quelle von<br />
Missverständnissen werden kann.<br />
Unter Zuhilfenahme dieser Erklärung<br />
kommen wir, was die oben genannte Leserglosse<br />
angeht, zu folgenden Erkenntnissen:<br />
Die große Sachkenntnis muss sich die<br />
Autorin <strong>der</strong> Glosse vermutlich durch intensive<br />
Beobachtung erarbeitet haben.<br />
Der zu glossierenden Gegenstand<br />
könnte je<strong>der</strong> zu Betroffenheitsgefühlen fähige<br />
Nachbar sein.<br />
Handelt es sich bei dem erwähnten roten<br />
Büchlein um die „Mao Bibel“ <strong>der</strong> 68er, und<br />
soll das eine polemische Nachricht sein?<br />
nem normalen nachbarschaftlichen Mito<strong>der</strong><br />
wenigstens friedvollen Nebeneinan<strong>der</strong><br />
stehen. Er schaltet und waltet wie es<br />
ihm gefällt. Die Neuankömmlinge stören<br />
seine alten Gewohnheiten nur, die er natürlich<br />
unbeirrbar weiter pflegen will. <strong>Wenn</strong><br />
es den Neuen einschränkt o<strong>der</strong> gar behin<strong>der</strong>t,<br />
dann hat <strong>der</strong> eben Pech. Für ihn gilt<br />
quasi das Recht des Erstgeborenen. Einwände<br />
lässt er nicht gelten. Sie sind sowieso<br />
Angriffe gegen seine Person. Eine<br />
offene Konfliktlösung lehnt er ab. Schade<br />
eigentlich.<br />
Vielleicht treffe ich einmal Frau Henning<br />
bei einem Spaziergang, dann können wir<br />
uns gemeinsam am Erwachen <strong>der</strong> Natur<br />
erfreuen ... N. Klaf<br />
Die Eleganz in <strong>der</strong> Formulierung könnten<br />
wir festmachen an voyerisierenden<br />
Nachbarn, die zunehmend zu einem Störfaktor<br />
im gemeindlichen Zusammenleben<br />
werden könnten. Bei Einbruch des frühlingshaften<br />
Wetters stellt sich die Frage, ob<br />
uns nicht auch pubertierende Gartenzwerge<br />
in Bedrängnis bringen könnten.<br />
Im Zusammenhang mit einer schlagenden<br />
Beweisführung kam es unseres Wissens<br />
noch nicht zu Handgreiflichkeiten.<br />
Die genannte Glosse hat zahlreiche Neu<br />
Fahrlän<strong>der</strong> Bewohner verunsichert und eine<br />
lebhafte Suche nach <strong>der</strong> Verfasserin ausgelöst.<br />
Wir wurden dabei im Landboten<br />
Nr.131 fündig, und das war in <strong>der</strong> Tat eine<br />
überraschende Pointe. Dabei stellte sich<br />
die Frage, ob dieser erste ganz familiäre und<br />
mit warmem Herzen geschriebene Beitrag<br />
möglicherweise auch als Glosse zu werten<br />
ist. Ansonsten würden wir gern erfahren,<br />
wer <strong>der</strong>/die Autor(in) bei<strong>der</strong> Beiträge ist.<br />
So ist es nun, viele Fragen haben sich aufgetan,<br />
wenig wurde erhellt und Vieles bleibt<br />
– wohl auch gewollt – im Neu Fahrlän<strong>der</strong><br />
Nebel.<br />
Unser Fazit möchten wir zusammenfassen<br />
in dem schönen altrömischen Rechtsgrundsatz:<br />
„Cui bono?“ –<br />
lateinisch: Wem<br />
zum Vorteil? Wem<br />
nutzt das?<br />
Mit freundlichen<br />
Grüßen<br />
Ihre Arbeitsgruppe<br />
Chronik und<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Neu Fahrland<br />
Darf Satire alles?<br />
Die Antwort ist: Satire darf natürlich nicht<br />
alles. Sie genießt zwar die Kunst- und<br />
Pressefreiheit und dadurch einen großen<br />
Freiraum zu gestalten, aber Satire darf<br />
nicht schmähen. Das passiert dann, wenn<br />
man jemanden so kritisiert, dass nur noch<br />
die Absicht deutlich wird, ihn verletzen zu<br />
wollen. Es ist aber immer auch eine Frage<br />
des Einzelfalles, was es für uns Journalisten<br />
bei <strong>der</strong> Produktion schwierig macht:<br />
Schmähe ich schon o<strong>der</strong> bin ich nur am<br />
Rande <strong>der</strong> Kunst- und Pressefreiheit? Das<br />
ist die Gratwan<strong>der</strong>ung bei <strong>der</strong> Satire.<br />
Wir erstellen eine Zeitschrift, in <strong>der</strong> „Bürger<br />
für Bürger“ schreiben. Das geht von<br />
<strong>der</strong> Leserpost bis hin zu solchen journalistischen<br />
Genres wie <strong>der</strong> Glosse. Denn unsere<br />
Zeitschrift soll informieren, unterhaltend<br />
sein und/o<strong>der</strong> zum Nachdenken anregen.<br />
Wie gehen wir nun an die Auswahl und<br />
ggfls. Bearbeitung <strong>der</strong> Texte? Zuerst muss<br />
<strong>der</strong>/die Autor/in <strong>der</strong> Redaktion bekannt<br />
sein. Hier gilt auch für uns das Presserecht.<br />
Auch wenn dann ein Pseudonym benutzt<br />
wird. Letzteres ist legitim und Gang und<br />
Gäbe. Vor allem fragen wir uns bei solchen<br />
Beiträgen: Werden mit <strong>der</strong> Satire konkrete<br />
Personen verletzt? Das war im vorliegenden<br />
Fall (siehe nebenstehende Leserpost-Reaktionen)<br />
nicht <strong>der</strong> Fall. Sonst hätten<br />
wir die Pflicht gehabt, tiefer zu recherchieren<br />
o<strong>der</strong> gar den Text abzulehnen.<br />
Aber es war letztlich wirklich nur eine verfremdete<br />
satirische Betrachtung des Zusammenlebens<br />
in einer Kommune – siehe<br />
„Maschendrahtzaun“ bzw. „Knallerbsenstrauch“.<br />
Und das ist rechtens. <strong>Wenn</strong> es<br />
auch immer vorkommen mag, dass sich<br />
Menschen durch eine verallgemeinerte<br />
Darstellung persönlich verletzt fühlen. Aber<br />
so ist eben auch Pressefreiheit. Und das<br />
ist gut so, meine ich.<br />
Ihr Bernd Martin