Die neuen Wunderwaffen der Medizin Wie wir 100 ... - Bionanonet!
Die neuen Wunderwaffen der Medizin Wie wir 100 ... - Bionanonet!
Die neuen Wunderwaffen der Medizin Wie wir 100 ... - Bionanonet!
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
NEWS-Serie, Teil 1: <strong>Die</strong> Zukunft <strong>der</strong> <strong>Medizin</strong>.<br />
Von Nanotechnik bis Stammzellen – wie Forscher jetzt die letzten Geheimnisse <strong>der</strong><br />
unheilbaren Krankheiten lüften. Und so unser Leben verlängern.<br />
<strong>Die</strong> <strong>neuen</strong> <strong>Wun<strong>der</strong>waffen</strong> <strong>der</strong> <strong>Medizin</strong><br />
<strong>Wie</strong> <strong>wir</strong> <strong>100</strong> Jahre alt werden<br />
11. August 2005<br />
Gesund bis <strong>100</strong>. <strong>Wie</strong> Forscher in den nächsten zehn Jahren Krebs, Herzinfarkt & Co<br />
ausschalten und so unser Leben verlängern wollen.<br />
Der bösartige Tumor unterhalb des Schlüsselbeins machte das Leben von Gernot<br />
Holzbauer zur Hölle. Unglaubliche Schmerzen, dazu die Neben<strong>wir</strong>kungen <strong>der</strong><br />
Chemotherapie – und trotzdem keine Heilung in Sicht. Der erst 26-jährige Patient<br />
musste mit dem Schlimmsten rechnen, alle konventionellen Therapien waren<br />
ausgereizt. Als Todgeweihter kam <strong>der</strong> Student in die Berliner Charite´, wo er viermal<br />
mit einer völlig neuartigen Nanotherapie behandelt wurde. Der Erfolg war<br />
bahnbrechend: Innerhalb von vier Wochen bildete sich <strong>der</strong> Tumor vollständig zurück.<br />
Sechs Monate später ist er nicht mehr neu aufgetreten. Holzbauer wurde von <strong>der</strong><br />
Charite´ als tumorfrei eingestuft und aus <strong>der</strong> Klinik entlassen. Heute hat er sein<br />
Studium abgeschlossen, und die Kontrolluntersuchungen haben sich auf ein<br />
Minimum reduziert. Möglich wurde dieser Therapieerfolg durch den Einsatz einer<br />
vom Nanotechnologen Andreas Jordan entwickelten <strong>neuen</strong> Technologie, die ein<br />
neues Kapitel in <strong>der</strong> Zukunft <strong>der</strong> <strong>Medizin</strong> aufschlägt.<br />
Andreas Jordan, Nanoforscher, Charité Berlin<br />
Der Berliner Strahlenbiologe gilt als Urvater <strong>der</strong> Nanotechnologie. Bereits im Jahr<br />
1988 entwickelte er erste Theorien in <strong>der</strong> Krebsbehandlung mit Nanopartikeln. Heute<br />
behandelt er Patienten an <strong>der</strong> Charité Klinik, indem er kleinste Teile als Trojanische<br />
Pferde in Krebszellen einschleust, die erhitzt werden und den Tumor zerstören.<br />
<strong>Wun<strong>der</strong>waffen</strong> für ein langes Leben.<br />
Erfolge wie dieser geben jenen Wissenschaftlern Recht, die im Kampf gegen Killer-<br />
Krankheiten wie Krebs o<strong>der</strong> Todesursachen wie Organversagen auf völlig neue<br />
Forschungsfel<strong>der</strong> setzen. Dazu gehören neben <strong>der</strong> Nanotechnologie die Gentechnik<br />
und die Stammzellenforschung. Erklärtes Ziel: In fünf bis zehn Jahren sollen in<br />
diesen Bereichen Methoden und Therapien entwickelt werden, die nicht nur<br />
Herzinfarkt, Krebs und Co ausschalten, son<strong>der</strong>n auch unser Leben wesentlich<br />
verlängern.<br />
Robert S. Langer, Professor am Massachusetts Instiute of Technology (MIT), <strong>der</strong> im<br />
Vorjahr mit dem höchsten <strong>Medizin</strong>preis <strong>der</strong> Vereinigten Staaten ausgezeichnet<br />
wurde, spricht von einem Meilenstein in <strong>der</strong> <strong>Medizin</strong>geschichte: „Wir stehen vor<br />
spektakulären Durchbrüchen. Ich kann mir gut vorstellen, dass <strong>wir</strong> Krebs in zehn<br />
Jahren so behandeln wie heute Herzkrankheiten. Damit werden <strong>wir</strong> die<br />
Lebenserwartung <strong>der</strong> Patienten deutlich nach oben schrauben.“
<strong>Die</strong> Zahl <strong>der</strong> <strong>100</strong>-Jährigen <strong>wir</strong>d deutlich ansteigen<br />
Auch Reinhard Krepler, Direktor des <strong>Wie</strong>ner AKH, ist überzeugt, dass die Menschen<br />
schon bald länger leben werden: „Wir werden nicht nur Krankheiten heilen, son<strong>der</strong>n<br />
auch den Alterungsprozess zurückschrauben. <strong>Die</strong> Zahl <strong>der</strong> <strong>100</strong>-Jährigen <strong>wir</strong>d<br />
frappant steigen.“<br />
• Nanomedizin. Als schärfste Waffen gegen Krebs und Volkskrankheiten wie<br />
Diabetes und Alzheimer gelten <strong>der</strong>zeit Teilchen mit <strong>100</strong> Nanometern. Ein Nanometer<br />
ist <strong>der</strong> Millionste Teil eines Millimeters. <strong>Die</strong>se mikroskopisch kleinen Partikel werden<br />
vor allem als Transporter eingesetzt werden, die Wirkstoffe direkt in erkrankte Zellen<br />
– etwa Krebszellen – tragen. So könnte bei Diabetes-Patienten etwa auch Insulin<br />
erstmals in Pillenform verabreicht werden. <strong>Die</strong>ser gezielte Einsatz <strong>der</strong> Medikamente<br />
vermeidet Neben<strong>wir</strong>kungen im gesunden Gewebe. Im Klartext: Im Kampf gegen den<br />
Krebs könnte statt einer Chemotherapie, die den ganzen Körper umfasst, nur die<br />
befallene Zelle behandelt werden. „Damit hätten <strong>wir</strong> die lang herbeigesehnte Pille<br />
gegen den Krebs“, erzält <strong>der</strong> Strahlenbiologe Andreas Jordan.<br />
• Gentechnik und Biotechnologie. Auch im Bereich <strong>der</strong> Gentechnik <strong>wir</strong>d eifrig an<br />
<strong>neuen</strong> Wun<strong>der</strong>mitteln gebastelt. Spezielle Designer-Medikamente gegen Volksleiden<br />
wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Osteoporose, Arthritis o<strong>der</strong><br />
Lungenkrankheiten kann man sich in den nächsten Jahren aus den Genlabors <strong>der</strong><br />
Biotech-Firmen erwarten. Hier sind die Wissenschaftler auf <strong>der</strong> Jagd nach Genen,<br />
die für bestimmte Krankheiten verantwortlich sind, um als Gegenmittel humane<br />
Antikörper zu finden. Bei medizinischer Genforschung steht aber nur die Heilung und<br />
die Vorbeugung von Krankheiten im Vor<strong>der</strong>grund und nicht die genetische<br />
Verän<strong>der</strong>ung des menschlichen Erbgutes. Österreichs bekanntester Genforscher<br />
Josef Penninger sieht in <strong>der</strong> Biotechnologie ein enormes Potenzial: „Gen- und<br />
Biotechnologie sind die größten Revolutionen, die es bis jetzt gegeben hat. Nur<br />
dauert es sehr lange, bis aus <strong>der</strong> Grundlagenforschung ein Medikament entsteht.<br />
Aber in zehn bis 15 Jahren <strong>wir</strong>d in jedem Dorf <strong>der</strong> Arzt über das Zusammenspiel von<br />
molekularer Biologie und Genen Bescheid wissen müssen, um das richtige<br />
Medikament zu verschreiben.“ Eines ist dabei sicher: Da Gentechnik eine beson<strong>der</strong>s<br />
kostspielige Form <strong>der</strong> Forschung ist – die Entwicklung eines Medikaments kostet<br />
mindestens 650 Millionen Dollar – , werden sich die Pharmafirmen vor allem auf<br />
typische Volkskrankheiten konzentrieren.<br />
Nanotechnik. Zell-Heilung durch High-Tech-Moleküle<br />
Nanopartikel sind maßgeschnei<strong>der</strong>te Moleküle mit außergewöhnlichen Fähigkeiten,<br />
die zumindest zehntausendmal kleiner sind als ein Millimeter. Sie können durch den<br />
Körper direkt zu kranken Zellen wan<strong>der</strong>n und dort entsprechende Wirkstoffe<br />
(Medikamente)abladen.<br />
Vor allem im Kampf gegen Krebs, Alzheimer und Diabetes verspricht man sich neue<br />
Therapien mithilfe <strong>der</strong> kleinen Botenstoffe. Am Massachusetts Institute of Technology<br />
(MIT) basteln Forscher sogar an Nanorobotern, die im Körper ihren Weg zum<br />
Einsatzort selbst finden. Dafür müssen die Minipartikel durch Zellen wan<strong>der</strong>n, in<br />
Blutgefäßen schwimmen o<strong>der</strong> Gewebeunebenheiten durchkreuzen. Am MIT bauen<br />
die Forscher <strong>der</strong>zeit „Attila“ – einen Roboter, <strong>der</strong> all das können soll. Für den<br />
menschlichen Körper ist er aber mit 30 Zentimetern und 1,6 Kilogramm noch deutlich<br />
zu groß.
• Stammzellenforschung. Als einer <strong>der</strong> wichtigsten Hoffnungsträger <strong>der</strong><br />
mo<strong>der</strong>nen <strong>Medizin</strong> gilt auch die Stammzellenforschung. <strong>Die</strong> Beson<strong>der</strong>heit:<br />
Stammzellen sind Urzellen, die sich unbegrenzt vermehren können. So will man<br />
künftig nicht nur Organe für Transplantationen nachzüchten, son<strong>der</strong>n auch die<br />
Selbstheilung des Körpers aktivieren. Dafür werden die Stammzellen künstlich im<br />
Labor kultiviert o<strong>der</strong> innerhalb des Körpers vermehrt. So produziert man ein<br />
biologisches Ersatzteillager. Johannes Huber, Topmediziner am <strong>Wie</strong>ner AKH, über<br />
die Vorteile dieser Heilungsmethode: „<strong>Die</strong> Stammzellentherapie ist bei jedem<br />
Menschen jedes Alters anzuwenden. Man braucht also nicht unbedingt embryonale<br />
Stammzellen. Klar ist natürlich: Je jünger <strong>der</strong> Mensch, umso jünger und besser sind<br />
die Stammzellen. Eine Stammzelle kann alle Zelltypen des Körpers bilden, egal ob<br />
Muskel-, Nerven- o<strong>der</strong> Blutzelle. Und ist deswegen ein echter Hoffnungsträger für<br />
unheilbare Krankheiten wie Parkinson o<strong>der</strong> Alzheimer, aber auch Herz-Kreislauf-<br />
Erkrankungen.“ Im Kampf um eine höhere Lebenserwartung gilt es vor allem, einen<br />
Feind zu eliminieren – den Krebs. Patienten <strong>der</strong> häufigsten Krebsarten haben heute<br />
bereits eine doppelt so lange Lebenserwartung wie noch vor 20 Jahren. Doch noch<br />
immer sterben weltweit etwa sieben Millionen Menschen jährlich an Krebs. „Das<br />
Problem ist, dass Behandlungsmethoden wie die Strahlen-, Chemo- und<br />
Wärmetherapie zwar sehr gute Erfolge erzielen, oft aber auch verheerende<br />
Neben<strong>wir</strong>kungen auslösen“, betont Andreas Jordan, Nanomediziner an <strong>der</strong> Uni-Klinik<br />
Charite` in Berlin.<br />
Frank Sinner, Chemiker, BioNanoNet Graz<br />
<strong>Die</strong> Forschergruppe des BioNanoNet will Nanopartikel entwickeln, die Wirkstoffe<br />
binden und direkt in erkrankte Zellen transportieren. „Wir forschen an <strong>der</strong> Insulin-<br />
Tablette für Diabetiker und wollen einen Nasenspray zur Behandlung von Alzheimer<br />
entwickeln“, nennt Frank Sinner die hoch gesteckten Ziele. Und er ist zuversichtlich:<br />
„In fünf bis zehn Jahren wollen <strong>wir</strong> erste Lösungen präsentieren.“<br />
Johannes Huber, Starmediziner, AKH <strong>Wie</strong>n<br />
Der Gynäkologe Johannes Huber gilt als <strong>der</strong> Visionär <strong>der</strong> <strong>Medizin</strong>. In <strong>der</strong><br />
Hormontherapie ist er ebenso zuhause wie in <strong>der</strong> Stammzellenforschung. Gerade<br />
Letzterer räumt er im Kampf gegen Herz-Kreislauf-Krankheiten, Alzheimer o<strong>der</strong><br />
Parkinson große Chancen ein. Huber: „Mit <strong>der</strong> Stammzellentherapie kann man<br />
be<strong>wir</strong>ken, dass sich Organe von selbst heilen, ohne dass man sie züchten muss. Sie<br />
regenerieren sich einfach.“<br />
KREBS: <strong>Wie</strong> <strong>Medizin</strong>er die Killer-Krankheit besiegen<br />
Aus diesem Grund arbeitet <strong>der</strong> Forscher seit 1988 im Bereich <strong>der</strong> Nanotechnologie.<br />
Sein Ziel, den Tumor direkt vor Ort auszuschalten, ohne gesundes Gewebe zu<br />
schädigen, hat er in ersten klinischen Tests bereits erreicht.<br />
Der Trick: Jordan setzt auf Wärmetherapie direkt im Tumor. Und das funktioniert so:<br />
„Wir injizieren ein bis zehn Millionen Nanopartikel direkt in die Tumorzelle. Dort<br />
breiten sich die Kleinstteilchen mit einem Kern aus Eisenoxid innerhalb weniger<br />
Stunden aus. Aufgrund ihrer speziellen Hülle bleiben sie dabei nur in <strong>der</strong> Tumorzelle<br />
und wan<strong>der</strong>n nicht in gesundes Gewebe ab.“ Dann <strong>wir</strong>d <strong>der</strong> Patient in ein neues<br />
Therapiegerät geschoben, das ein Wechselmagnetfeld erzeugt. <strong>Die</strong>ses Magnetfeld<br />
erhitzt die Partikel. Dadurch werden die Krebszellen in hohes, tödliches Fieber<br />
versetzt. Sie sterben ab. Bisher hat Jordan mit seinem <strong>neuen</strong> Verfahren 25 Patienten
therapiert. Nur drei davon sind verstorben. „<strong>Die</strong> Therapie hat sich im Kampf gegen<br />
Hirntumore, Prostatakrebs und gynäkologische Tumore wie Gebärmutterkrebs und<br />
Eierstockkrebs bereits bewährt“, erzählt er. Studien zu Brustkrebs sind noch für<br />
heuer geplant. Mit einer klinischen Zulassung seiner Nanotherapie rechnet Jordan<br />
2007. Drei deutsche und eine Schweizer Klinik haben sein selbst entwickeltes<br />
Therapiegerät bereits bestellt. Doch das Allheilmittel ist Jordans Therapie noch nicht:<br />
„Wir können heute lokale Tumore besiegen, die <strong>wir</strong> durch die Injektion gut erreichen“,<br />
bilanziert er. Schwierig <strong>wir</strong>d es bei jenen Krebsarten, die man schwer lokalisieren<br />
kann und die schnell metastasieren. Dann haben auch <strong>wir</strong> keine Chance.“<br />
• <strong>Die</strong> Nano-Transporter. Noch nicht: In den USA, genauer am MIT in Boston, <strong>wir</strong>d<br />
nämlich bereits mit <strong>der</strong> ersten Nano-Bombe gegen Krebs experimentiert, die ihren<br />
Weg zur Tumorzelle selbst findet. Dann müsste man die Nanopartikel nicht mehr<br />
mühevoll injizieren, son<strong>der</strong> könnte sie einfach in Pillenform schlucken. Der Trick <strong>der</strong><br />
Forscher: Damit die Bombe das Immunsystem ungehin<strong>der</strong>t passieren kann, ist sie<br />
mit einem Schutzmantel umgeben. Das Projektil ist dabei zu groß, um durch die<br />
Poren normaler Gefäße geschleust zu werden, nicht aber für die Gefäße des<br />
Krebsgewebes. Im Tumor angekommen, werden schließlich die<br />
chemotherapeutischen Wirkstoffe freigesetzt, die das Karzinom angreifen. Bisher hat<br />
das MIT-Team das Verfahren nur an Mäusen getestet. Dabei haben die Nanobehandelten<br />
Nager immerhin dreimal so lange überlebt wie ihre unbehandelten<br />
Artgenossen.<br />
Josef Penninger, Genforscher, Vienna Biotech<br />
Der gebürtige Oberösterreicher, <strong>der</strong> viele Jahre beim weltweit größten Biotech-<br />
Unternehmen EmGen in Kanada forschte, kehrte 2001 nach <strong>Wie</strong>n zurück. Penninger<br />
hat zuletzt bei <strong>der</strong> Analyse on SARS ein gen gefunden, das vor gefährlichen<br />
Lungenkrankheiten schützen könnte. „Wenn <strong>wir</strong> dieses Protein biologisch machen,<br />
könnten <strong>wir</strong> einen <strong>neuen</strong> Wirkstoff gegen gefährliche Grippeviren und sogar Anthrax<br />
finden.“<br />
Stammzellen. <strong>Wie</strong> sich unser Körper bald selbst heilen soll<br />
<strong>Die</strong> Stammzelle ist eine Art Urzelle, die sich unbegrenzt vermehren kann. <strong>Die</strong><br />
Beson<strong>der</strong>heit: Sie kann alle Zelltypen des Körpers bilden – egal ob Muskel-, Nerven-<br />
o<strong>der</strong> Blutzelle. Genau hier setzt die <strong>Medizin</strong>forschung an. <strong>Die</strong> Stammzellen werden<br />
nun in Labors o<strong>der</strong> innerhalb des Körpers gezüchtet, um als Ersatzteillager für<br />
geschädigte Organe verwendet werden zu können. Neben Krebstherapien setzen die<br />
<strong>Medizin</strong>er auf die so genannte Selbstheilung. Dabei sollen sich Herz, Leber und<br />
Knochen durch neue Stammzellen selbst regenerieren.<br />
• Stammzellen gegen Krebs. Kurz vor <strong>der</strong> Entwicklung einzelner Therapien ist<br />
auch die so genannte Stammzellenforschung. Oberstes Ziel auch hier: <strong>der</strong> Kampf<br />
gegen den Krebs. Georg Steiner von <strong>der</strong> Cell Danube AG in Krems: „ Wir gehen<br />
davon aus, dass Krebs durch eine Störung des Immunsystems entsteht. Daher<br />
versuchen <strong>wir</strong>, mithilfe einer Stammzellentherapie die Immunabwehr zu potenzieren.“<br />
Derzeit führen die Forscher in Kooperation mit dem AKH Therapien an Patienten<br />
durch, die an Prostata- o<strong>der</strong> Brustkrebs im fortgeschrittenen Stadium leiden. Bei dem<br />
Verfahren <strong>wir</strong>d den Patienten laufend Blut abgenommen, aus dem die so genannten<br />
Dendritischen Zellen entnommen werden. Sie sind bei gesunden Menschen für die<br />
Vernichtung <strong>der</strong> Tumorzellen verantwortlich, bei kranken aber blockiert. <strong>Die</strong> Zellen<br />
werden im Labor dann ausgereift, mit den Tumorinformationen besetzt und wie<strong>der</strong> in<br />
die Lymphknoten gespritzt. Durch diese Methode kann die Blockade <strong>der</strong> Zellen nicht
nur aufgehoben, son<strong>der</strong>n die Effektivität im Kampf gegen den Krebs auch potenziert<br />
werden. Steiner: „Wir haben schon gute Erfolge, denn die Behandlung bringt selbst<br />
im fortgeschrittenen Stadium eine Lebensverlängerung, die besser ist als bei <strong>der</strong><br />
Chemotherapie.“ Jetzt will Steiner weitere Krebsarten bekämpfen: „Als nächsten<br />
Schritt werden <strong>wir</strong> bei Eierstockkrebspatientinnen nach <strong>der</strong> ersten Chemotherapie<br />
unsere Methode einsetzen. Hier vermuten <strong>wir</strong>, dass <strong>wir</strong> durch die Zellentherapie eine<br />
neuerliche Tumorbildung verzögern können.“<br />
Genforschung. Gen-Impfstoffe zur Krankheitsvorsorge<br />
In <strong>der</strong> Genforschung sind die Wissenschaftler auf <strong>der</strong> ständigen Jagd nach Genen,<br />
die entwe<strong>der</strong> vor Krankheiten schützen o<strong>der</strong> diese verursachen. Ziel ist es, diese<br />
Gene isoliert zu betrachten und so ihre Verhaltensweisen zu studieren. So können<br />
genetische Impfstoffe entwickelt werden, die das Immunsystem auf den jeweiligen<br />
Erreger vorbereiten, ohne dass <strong>der</strong> Körper je mit irgendeiner Form des Erregers in<br />
Kontakt gekommen ist. Auf diesem Weg könnten Epidemien wie die asiatische<br />
Vogelgrippe schnell und zuverlässig eingedämmt werden.<br />
ORGANVERSAGEN: <strong>Wie</strong> sich Herz & Leber selbst heilen.<br />
Doch Stammzellen sollen nicht nur im Kampf gegen Krebs unser Leben verlängern:<br />
Mit einer speziellen Therapie sollen sich sogar Organe bald schon von selbst heilen<br />
können. Starmediziner Johannes Huber: „<strong>Die</strong> Organregeneration ist ein heißes<br />
Thema in <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen <strong>Medizin</strong>, denn Transplantationen sind kompliziert, und die<br />
Bereitschaft zum Organspenden sinkt. Daher müssen Alternativen gefunden<br />
werden.“ Das Modell <strong>der</strong> Stammzellenmethode klingt dabei äußerst<br />
vielversprechend: Durch eine Injektion werden zunächst die körpereigenen<br />
Stammzellen stimuliert. Sie zirkulieren dann in einer deutlich erhöhten Konzentration<br />
im Blut. Dann geht es darum, die Stammzellen zu jenem Organ zu schleusen, das<br />
sich regenerieren soll. Damit sie auch tatsächlich dort landen, wo sie gebraucht<br />
werden, spritzen die <strong>Medizin</strong>er Gewebshormone. Huber: „<strong>Die</strong>se Injektion <strong>wir</strong>kt wie<br />
ein Klebestoff, die Stammzellen bleiben beim gewünschten Organ hängen.“ So kann<br />
sich etwa ein Herz, das durch einen Infarkt geschwächt wurde, selbst regenerieren.<br />
Auch Leber und Niere sollen sich so schon bald selbst heilen können. <strong>Die</strong><br />
Selbstheilung <strong>der</strong> Organe mit Stammzellen befindet sich noch in klinischen Studien.<br />
„Dennoch werden <strong>wir</strong> in spätestens fünf bis zehn Jahren mit Stammzellen Teile des<br />
Herzens, <strong>der</strong> Leber sowie Knochen, Knochenmark, Muskeln und Blutzellen<br />
nachzüchten können“, ist Reinhard Krepler, Direktor des <strong>Wie</strong>ner AKH, überzeugt.<br />
• Automatischer Muskelaufbau. Bis dahin soll die Stammzellentherapie aber<br />
auch geschwächte Muskeln wie<strong>der</strong> aufbauen. Auch in diesem Bereich zählt die Cell<br />
Danube AG in Krems österreichweit zu den Erfolgreichsten. Steiner: „Wir biopsieren<br />
die Muskelzellen, kultivieren sie und trennen die funktionierenden von den nicht<br />
funktionierenden Zellen.“ Ist dieser Vorgang abgeschlossen, bekommt <strong>der</strong> Patient<br />
einen Stammzellencocktail, <strong>der</strong> leistungsfähige Muskeln wie<strong>der</strong> wachsen lässt.<br />
Konkrete Anwendungsgebiete: bei <strong>der</strong> Rehabilitation von Unfallopfern und beim<br />
Tabuthema Inkontinenz.<br />
NERVEN: So besiegen <strong>wir</strong> Parkinson, Alzheimer & Co<br />
Am Weg zum <strong>100</strong>. Geburtstag sollen uns künftig auch Nervenkrankheiten wie<br />
Alzheimer o<strong>der</strong> Parkinson nicht mehr im Wege stehen. Auch hier versprechen sich<br />
die <strong>Medizin</strong>er neue Fortschritte – etwa durch Nanoteilchen. „Wir arbeiten <strong>der</strong>zeit an
Partikeln, die in <strong>der</strong> Lage sind, Wirkstoffe durch die Blut-Hirn-Schranke direkt ins<br />
Gehirn zu transportieren“, erzählt Frank Sinner, Chemiker von BioNanoNet am<br />
Grazer Joanneum. Konkret will man die Kleinstteilchen mit so genannten „Amyloid-<br />
Binding-Peptiden“ beladen, die sich als viel versprechen<strong>der</strong> Wirkstoff im Kampf<br />
gegen Alzheimer ausgezeichnet haben. <strong>Die</strong> Peptide sollen von den Partikeln dann<br />
huckepack zum Einsatzort transportiert werden. „Das könnte etwa durch einen<br />
einfachen Nasenspray erfolgen“, meint Sinner und hofft: „Hier sollte sich in den<br />
nächsten fünf bis zehn Jahren einiges tun.“<br />
• Automatischer Muskelaufbau. <strong>Die</strong> Stammzellentherapie bietet auch realistische<br />
Hoffnungen im Kampf gegen Parkinson, multiple Sklerose und Alzheimer.<br />
Schwedischen Forschern ist es jüngst gelungen, aus Stammzellengewebe voll<br />
funktionstüchtige Gehirnzellen zu züchten. Für die künstlich gezüchteten Zellen<br />
verwendeten sie Gehirngewebe, das bei einer Wasserkopf-Operation automatisch<br />
anfällt. Aus diesen „unreifen“ Zellen züchteten die Forscher dann mehrere Millionen<br />
Gehirnzellen – darunter die aktiven „Neuronen“ sowie die beiden Arten von<br />
Hilfszellen. Damit könnten geschädigte Nervenzellen im Gehirn „ersetzt“ werden.<br />
Huber: „Sämtliche Nervenkrankheiten im Gehirn wären damit heilbar.“<br />
VOLKSLEIDEN: Genetische Impfstoffe zur Prävention<br />
Wenn die größten Killer-Krankheiten eliminiert sind, bleiben immer noch genug<br />
Volksleiden, die den <strong>100</strong>. Geburtstag verhin<strong>der</strong>n könnten. Darunter:<br />
Knochenschwund und neue Formen <strong>der</strong> Grippe. Doch auch hier will die <strong>Medizin</strong> in<br />
den nächsten fünf Jahren entsprechende Wun<strong>der</strong>mittel finden – und zwar mithilfe <strong>der</strong><br />
Gentechnik. Konkret sollen genetische Impfstoffe entwickelt werden, bei denen dem<br />
Patienten die genetischen Informationen für bestimmte Teile eines Erregers<br />
verabreicht werden. <strong>Die</strong> Körperzellen können dann das Immunsystem auf den<br />
jeweiligen Erreger vorbereiten, ohne dass <strong>der</strong> Körper je mit irgendeiner Form des<br />
Erregers in Kontakt gekommen ist. „<strong>Die</strong>se Art <strong>der</strong> Impfstoffe <strong>wir</strong>d den gesamten<br />
Bereich <strong>der</strong> Präventivmedizin verän<strong>der</strong>n“, ist Genforscher Josef Penninger<br />
überzeugt. Der Oberösterreicher hat zuletzt bei <strong>der</strong> Analyse des SARS-Virus ein Gen<br />
gefunden, das vor Lungenerkrankungen schützen könnte. Penninger: „Wir versuchen<br />
nun, dieses Protein biologisch herzustellen. Gelingt es, hätten <strong>wir</strong> ein vollkommen<br />
neues Mittel gegen unheilbare Lungenerkrankungen, Vogelgrippe o<strong>der</strong> auch<br />
Bioterrorismus mit Anthrax.“