2020-07-12 Bayreuther Sonntagszeitung
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2 <strong>12</strong>. Juli <strong>2020</strong> Aktuell <strong>Bayreuther</strong> <strong>Sonntagszeitung</strong><br />
Ihr RechtamSonntag<br />
Die Aufteilung vonBetriebsrentenbei einer Scheidung<br />
Anzeige<br />
Die im VersAusglG vorgesehene<br />
externe Teilung von Betriebsrenten<br />
nach einer Ehescheidung ist<br />
nichtverfassungswidrig. Gerichte<br />
müssenfortanabersicherstellen,<br />
dass Frauen nicht benachteiligt<br />
werden, entschied das BVerfG<br />
am Dienstag. Die Art und Weise,<br />
wie Betriebsrenten bei einer<br />
Scheidung zwischen den Eheleuten<br />
aufgeteilt werden, verstößt<br />
nicht gegen das Grundgesetz<br />
(GG). Die maßgebliche Vorschrift,<br />
§17des Gesetzes über den<br />
Versorgungsausgleich (VersAusglG)ist<br />
mit demGG vereinbar,entschied<br />
das Bundesverfassungsgericht<br />
(Urt. v. 26.05.<strong>2020</strong>, Az. 1<br />
BvL 5/18). Die Vorschrift könne,<br />
so dieKarlsruher Richter, vonden<br />
Gerichten verfassungskonform<br />
ausgelegt werden. Wie die Rentenansprüche<br />
aufgeteilt werden,<br />
legt das Familiengericht grundsätzlich<br />
imScheidungsurteil fest.<br />
Die Familiengerichte müssen<br />
künftig aber bei der Anwendung<br />
des §17VersAusglG im Rahmen<br />
einer „verfassungskonformen<br />
Auslegung“ darauf achten, dass<br />
vor allem Frauen bei der Berechnung<br />
ihrer Ansprüche nicht systematisch<br />
benachteiligt werden,<br />
wie der künftige Gerichtspräsidentbei<br />
der Urteilsverkündung in<br />
Karlsruhesagte.<br />
Rentenansprüche aus der<br />
Zeit der Ehe sollen nach der<br />
Scheidung im Rahmen des Versorgungsausgleichs<br />
grundsätzlich<br />
fair geteilt werden. Eher<br />
unproblematisch ist eine solche<br />
Aufteilung, wenn beide Partner<br />
beim selben Versorgungsträger,<br />
etwa der Deutsche Rentenversicherung<br />
Mitglied sind. Nach der<br />
Scheidung kommt esdann zu einer<br />
internenVerrechnung, bei der<br />
die Geschiedenen bei der Aufteilung<br />
des Erworbenen annähernd<br />
gleichgestelltwerden.<br />
In Karlsruhe ging es nun aber<br />
um die sogenannte externe Aufteilung<br />
vonBetriebsrenten: Dabei<br />
erhält die zumeist ausgleichsberechtigte<br />
Frau –anders als bei<br />
allen anderen Renten –ihr Geld<br />
nicht automatisch vom selben<br />
Versorgungsträger, bei dem der<br />
zumAusgleichverpflichteteMann<br />
seine Rente hat. Die Ansprüche<br />
dürfen ausgelagert und an eine<br />
andere Unterstützungskasse<br />
übertragen werden – auch gegen<br />
den Willen der Frau. Im Wege<br />
dieser externen Teilung wollte<br />
der Gesetzgeber die Träger der<br />
betrieblichen Altersversorgung<br />
entlasten.<br />
DasProblem:Bei der Übertragung<br />
kommt eswegen der Zinsentwicklung<br />
der letzten Jahre oft<br />
zu deutlichen Verlusten. Der zum<br />
Ausgleich verpflichteteMann verliert<br />
einerseits die Hälfte seines<br />
Rentenanspruchs, bei der Frau<br />
kommtabernur einTeil davonan.<br />
Das kann mehrere hundert Euro<br />
im Monat ausmachen.<br />
Das BVerfG entschied nun,<br />
dass bei verfassungskonformer<br />
Anwendung die Regelung zur<br />
externen Teilung aus der be-<br />
trieblichen Altersvorsorge mit<br />
den Eigentumsgrundrechten der<br />
ausgleichspflichtigen und der<br />
ausgleichsberechtigten Person<br />
vereinbar sei. § 17 VersAusglG<br />
wahre auch die verfassungsrechtlichen<br />
Grenzen faktischer<br />
Benachteiligung von Frauen,<br />
wenn die Gerichteden zu berechnenden<br />
Ausgleichswert bei der<br />
Begründung des Anrechts bei<br />
einem anderen Versorgungsträger<br />
so bestimmten, dass die ausgleichsberechtigtePerson<br />
keine<br />
unangemessene Verringerung<br />
ihrer Versorgungsleistungen zu<br />
erwarten habe.<br />
Das Bundesverfassungsgericht<br />
stellte bei der Verkündung<br />
klar,dass die Gerichte im Rahmen<br />
der Aufteilung von Betriebsrenten<br />
die Interessen des Mannes,<br />
der Frau und des Arbeitgebers<br />
zu berücksichtigen hätten. Übermäßige<br />
Transferverluste müssten<br />
verhindertwerden.Als vertretbare<br />
Obergrenze nennt das Urteil<br />
Verluste von maximal zehn Prozent.<br />
Karlsruhe betonte weiter,<br />
dass die Nachteile der externen<br />
Teilung nicht umjeden Preis auf<br />
die ausgleichsberechtigtePerson<br />
verlagert werden dürften. „Einer<br />
solch einseitigen Belastung der<br />
ausgleichsberechtigten Person<br />
sind durch das Grundgesetz,<br />
auch wegen der faktischen Benachteiligung<br />
von Frauen, enge<br />
Grenzen gesetzt,die hier aus der<br />
überwiegend praktizierten Aufteilung<br />
von familienbezogenen<br />
und berufsbezogenenTätigkeiten<br />
zwischen den Ehepartnern resultiert“,heißtesineiner<br />
zusätzlicheneinführenden<br />
Erklärung des<br />
Gerichts zum heutigen Urteil. Ob<br />
die Grundrechte der Frauen am<br />
Ende gewahrt seien, sei„eine Frageder<br />
gerichtlichen Normanwendung<br />
im Einzelfall“.<br />
Die OLG-Richter gingen im<br />
Übrigen davon aus, dass zwischen<br />
2009 und 2017 mindestens<br />
90 Prozent aller Geschiedenen<br />
mit einer externen Teilung<br />
dadurch negative Folgen zu tragen<br />
hatten. §17VersAusglG kommebei<br />
schätzungsweisejeder 20.<br />
Dr.Claudia Erk<br />
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