Dit un Dat 05-2020
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BOHMSTEDT 06<br />
B O H M S T E D T<br />
Bohmstedter Lüüd: Ursula Will<br />
Ursula Will (genannt Ursel), geb. Venske, wurde 1933 in der Gemeinde<br />
Schmorow im Kreis Regenwalde (Pommern) geboren. Ihre Eltern arbeiteten<br />
auf einem Gut <strong>un</strong>d hielten nebenbei etwas Vieh <strong>un</strong>d Geflügel für<br />
den Eigenbedarf. Ursels Vater kümmerte sich in erster Linie um die<br />
Pferde des Großbetriebes. Bei Kriegsausbruch wurde er eingezogen <strong>un</strong>d<br />
fiel bereits 1942. In einem Nachbarort besuchte Ursel die Schule, aber<br />
im Alter von 12 Jahren musste sie mit ihrer Familie die Heimat verlassen.<br />
Wie überall in der Umgeb<strong>un</strong>g wurde gegen Kriegsende auch auf dem<br />
Gut in Schmorow ein Treck zusammengestellt. Ein Gespann bildete Ursels<br />
Familie, wozu ihre Mutter, die Großeltern, Tanten <strong>un</strong>d zwei Geschwister<br />
gehörten. Die Oder überquerte man bei Stettin auf einer<br />
Notbrücke, kurz danach sprengte man auch diese Überführ<strong>un</strong>g. Durch<br />
die Fülle des Flüchtlingsstromes wurde das Vorankommen teilweise erheblich<br />
erschwert, hinzu kam der ständige Fliegeralarm. Außerdem<br />
waren die Pferde derer, die bereits einen sehr weiten Weg hinter sich<br />
hatten, vollkommen erschöpft. Ursel ist den größten Teil der Strecke<br />
zu Fuß gelaufen, gelegentlich durfte sie aber auch das Fahrrad benutzen.<br />
Die Flucht begann am 3. März <strong>un</strong>d endete am 28. März 1945 in Wittbek.<br />
Dort wurde die Familie auf verschiedene Haushalt<strong>un</strong>gen aufgeteilt.<br />
Ursel besuchte in Wittbek bis 1948 die Schule <strong>un</strong>d wurde in demselben<br />
Jahr in Ostenfeld konfirmiert. Wie andere Flüchtlingskinder auch, erlernte<br />
sie bald die plattdeutsche Sprache. Anschließend ging sie einige<br />
Jahre in der näheren Umgeb<strong>un</strong>g auf einem Bauernhof in Stell<strong>un</strong>g. Dort<br />
musste sie alle Arbeiten ausführen, die damals im Stall <strong>un</strong>d auf dem<br />
Feld anfielen. Ab 1951 war Ursel noch auf verschiedenen anderen Höfen<br />
tätig, bis sie dann beim Bäcker in Treia Arbeit fand.<br />
In Treia lernte sie dann beim Tanz Thomas Will aus Bohmstedt kennen.<br />
Er war zu dem Zeitp<strong>un</strong>kt auf dem Bauernhof seines Onkels in Gammel<strong>un</strong>d<br />
beschäftigt. Thomas ist 1929 in Bohmstedt (An de Lehmkuhl) geboren.<br />
Zuhause hatten seine Eltern, die frühzeitig verstorben sind, eine<br />
kleine Hofstelle betrieben. Deshalb waren Haus <strong>un</strong>d Land eine Zeitlang<br />
an Hugo Gr<strong>un</strong>waldt verpachtet. 1953 heirateten Thomas <strong>un</strong>d Ursel <strong>un</strong>d<br />
bezogen das Elternhaus in Bohmstedt. Hugo Gr<strong>un</strong>waldt hatte sich in<br />
Wills Hauskoppel am Langackerweg (heute Antje <strong>un</strong>d Hermann Christiansen)<br />
ein Haus mit einem kleinen Stall gebaut. Thomas Will hat stets<br />
auch außerhalb der Landwirtschaft gearbeitet, denn die Hofstelle war<br />
zu klein, um eine Familie zu ernähren. So kam es denn, dass Ursel sich<br />
um das Vieh gekümmert hat. Besonders erinnert sie sich daran, wie sie<br />
mit Kannen <strong>un</strong>d sonstigem<br />
Melkgeschirr<br />
am Fahrrad auf ausgefahrenen<br />
Sandwegen<br />
nach Dänsch oder<br />
zur Süderfenne fuhr,<br />
um bis zu fünf Kühe<br />
zu melken.<br />
Thomas hat z<strong>un</strong>ächst<br />
bei anderen Bauern<br />
mitgearbeitet, war im<br />
Forst tätig, <strong>un</strong>d dann<br />
sehr lange beim Bau<strong>un</strong>ternehmen<br />
Görtzen<br />
in Bohmstedt angestellt.<br />
Schließlich hat<br />
Thomas noch 10 Jahre<br />
bei Müll-Ex-West in<br />
Ahrenshöft gearbeitet.<br />
Nach Feierabend hat<br />
er außerdem immer<br />
bei Hans-Martin Andresen-Paulsen in der Landwirtschaft ausgeholfen.<br />
Dafür nutzte Thomas häufig die Maschinen seines Nachbarn auf den<br />
eigenen Flächen. Ursel <strong>un</strong>d Thomas haben zwei Töchter. 1954 wurde<br />
Margrit <strong>un</strong>d 1960 Karin geboren. Heute hat Ursel außerdem vier Enkel<strong>un</strong>d<br />
zwei Urenkelkinder. Anfang 1960 wurde für Ursels Mutter Erna eine<br />
Wohn<strong>un</strong>g angebaut. Nach ihrem Ableben haben dort bis 1980 noch<br />
verschiedene j<strong>un</strong>ge Paare gewohnt.<br />
Mitte der 1990er Jahre ging Thomas in Rente, zugleich hat er dann auch<br />
die Landwirtschaft aufgegeben. Das Land wurde an Hans-Martins Sohn<br />
Hans-Erik, bei dem Thomas anschließend noch gerne <strong>un</strong>d viel geholfen<br />
hat, verpachtet.<br />
2003 feierte das Paar die Goldene <strong>un</strong>d 2013 die Diamantene Hochzeit.<br />
Häufig waren die beiden, die nie ein Auto besaßen, auf dem Rad <strong>un</strong>terwegs.<br />
Einige Reisen wurden ebenfalls <strong>un</strong>ternommen. So war man in<br />
Norwegen, bei Ursels Schwester im Rheinland <strong>un</strong>d bei der Enkelin Bettina<br />
in Franken. Auch bei der Taufe der Urenkelkinder in Würzburg<br />
waren Thomas <strong>un</strong>d Ursel zugegen. Gemeinsam mit Schwager <strong>un</strong>d<br />
Schwägerin besuchte man sogar die alte Heimat in Pommern.<br />
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