Carmen - Schiller Gymnasium
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Eltern-Info<br />
Öffentliche „Herbstprobe“ der Theater-AG<br />
Schon fast traditionell findet auf dem Platz in der Hinteren Gasse Heidenheims,<br />
der von den Anwohnern „Kleiner Schlossplatz“ getauft wurde, Mitte<br />
Oktober das Herbstfest statt. Kulinarisches wie Kulturelles wird dort angeboten<br />
– dieses Jahr bei strahlendem Sonnenschein. Von Beginn an sind für<br />
die Sparte Theater „<strong>Schiller</strong>s Freu(n)de“, die Theater-AG unserer Schule, dort<br />
vertreten.<br />
Dieses Mal zeigten wir Probenauszüge aus<br />
unserem aktuellen Stück „Die heilige Johanna<br />
der Schlachthöfe“ von Bert Brecht, die mit<br />
großem Beifall durch die zahlreichen Anwesenden<br />
aufgenommen wurden. Dabei konnte<br />
die Gruppe zugleich Inszenierungsideen, die<br />
mit einer behutsamen Einbeziehung des Publikums<br />
arbeiten, praktisch erproben. Daneben<br />
erhielten die Neulinge in der AG die Möglichkeit,<br />
Auftrittserfahrung zu sammeln.<br />
Brechts „Heilige Johanna“ erzählt die Geschichte<br />
der Johanna Dark, die den ausgesperrten<br />
Arbeitern auf den Schlachthöfen Chicagos<br />
den Glauben an Gott näher bringen will. Angesichts<br />
des Elends versucht sie, den führenden<br />
Unternehmer der Fleischindustrie, Pierpont<br />
Mauler, zu überreden, die Fleischfabriken<br />
wieder zu eröffnen, gerät dabei aber immer<br />
tiefer in den Sog des erbitterten wirtschaftlichen<br />
Konkurrenzkampfs und der für sie undurchschaubaren<br />
Börsenspekulation. Schließ-<br />
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lich begibt sie sich aus Protest zu den auf den<br />
stillgelegten Fleischhöfen im Schnee ausharrenden<br />
Arbeitern und wird Zeugin ihrer Versuche,<br />
sich gegen die Aussperrung durch einen<br />
Generalstreik zur Wehr zu setzen. Als Arbeiter<br />
ihr eine wichtige Nachricht anvertrauen, unterschlägt<br />
sie diese aus Angst, damit gewalttätige<br />
Auseinandersetzungen zu verursachen.<br />
Politisch demonstriert Brecht mit Johannas<br />
Scheitern die Vergeblichkeit sozialer Kompromisse<br />
in der Krise und die negative Wirkung<br />
religiöser Organisationen, die, ohne es zu wollen,<br />
den Reichen und Mächtigen dienen.<br />
Großen Wert legt die Inszenierung von<br />
„<strong>Schiller</strong>s Freu(n)den“ auf den literarischen<br />
Glanz des Stücks: Die ebenso plastische wie lyrische<br />
Sprache, die den Blankvers ebenso wenig<br />
verschmäht wie das chorische Sprechen,<br />
die differenzierte Darstellung der Charaktere<br />
sowie die zarte Liebesgeschichte zwischen Johanna<br />
und dem Fleischkönig Mauler, welche<br />
durch die soziale Polarisierung zu scheitern<br />
scheint.<br />
Bewusst lässt die Theater-AG das marxistische<br />
Kolorit des 1929/30 entstandenen Stücks<br />
in den Hintergrund treten zugunsten aktueller<br />
Bezüge zur Finanz- und Spekulationskrise<br />
sowie den menschlichen Leidenschaften und<br />
Schicksale der Betroffenen wie der „Macher“.<br />
Die Premiere des gesamten Stücks, von<br />
dem in der Hinteren Gasse einige Passagen zu<br />
sehen waren, ist für den kommenden Februar<br />
geplant.<br />
H.-P. Goldberg