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1911 1961 2011 Was geschah in Scharmede vor 50 Jahren?

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<strong>1911</strong><br />

<strong>1961</strong><br />

<strong>Was</strong> <strong>geschah</strong> <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong> <strong>vor</strong> <strong>50</strong> <strong>Jahren</strong>?<br />

<strong>Was</strong> <strong>geschah</strong> <strong>vor</strong> 100 <strong>Jahren</strong>?<br />

Die Antwort auf diese Fragen gibt uns<br />

die <strong>Scharmede</strong>r Geme<strong>in</strong>dechronik.<br />

Die 2007 begonnene Reihe wird mit den<br />

Jahreschroniken <strong>1961</strong> und <strong>1911</strong> fortgesetzt.<br />

<strong>2011</strong>


Zur Geme<strong>in</strong>dechronik von <strong>Scharmede</strong><br />

1. Geschichte der Chronikführung<br />

Am 12. Dezember 1817 erließ die Königlich Preußische Regierung <strong>in</strong> M<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>e<br />

Verordnung, die allen Städten und Geme<strong>in</strong>den des Regierungsbezirkes zugestellt wurde.<br />

Es heißt <strong>in</strong> dem 10 Punkte umfassenden Schriftstück:<br />

„Wir verordnen demnach folgendes:<br />

1. In jeder Geme<strong>in</strong>de des Regierungs-Bezirks soll mit dem 1. Januar 1818<br />

e<strong>in</strong> Chroniken-Buch eröffnet und regelmäßig fortgeführt werden.“<br />

Dieser Anordnung kam man wie auch <strong>in</strong> anderen Orten <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong> erst etliche Jahre später<br />

nach, denn die Chronikführung beg<strong>in</strong>nt hier mit dem Jahre 1841. Die ersten Jahresberichte<br />

s<strong>in</strong>d dabei sehr kurz gefasst; auch sche<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>ige Seiten des 1. Chronikbandes zu fehlen.<br />

2. Chronikbestand <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong><br />

Die Geme<strong>in</strong>dechronik umfasst bisher 6 Bände:<br />

I. 1841 – 1924<br />

II. 1925 – 1967<br />

III. 1968 – 1969<br />

1977 – 1981<br />

IV. 1982 – 1986<br />

V. 1987 – 1996<br />

VI. 1997 – 2005<br />

Die bisherigen Ortschronisten waren:<br />

Lehrer Hermel<strong>in</strong>g (bis 1886), Vorsteher Karl Schulte-Alpmann (bis 1916), Lehrer Johannes<br />

Rode (bis 1933), Vorsteher Wilhelm Schlüter (1933 bis 1935), Vorsteher He<strong>in</strong>rich Hupe<br />

(1935 bis 1937), Lehrer Klemens Wollschläger (1938 bis 1940), Josef Volmari (1940/1941),<br />

Lehrer<strong>in</strong> Sophie Lange (1945 bis 1949), Lehrer Josef Fleitmann (19<strong>50</strong> bis <strong>1961</strong>),<br />

Landesober<strong>in</strong>spektor Hubert Gees (1962 bis 1967), Josef Wellige (1968 bis 1969), Wilhelm<br />

Wiehmeier (1977 bis 3/1996), Josef (Seppel) Gees (1996 bis 2005) und Ursula Kirchhoff (seit<br />

2009).<br />

3. Anmerkungen zu den folgenden Chroniktexten<br />

Alle <strong>Scharmede</strong>r Chroniktexte wurden bisher handschriftlich verfasst, wobei die Texte bis<br />

1941 <strong>in</strong> Deutscher Schrift geschrieben wurden. E<strong>in</strong>e Transkription (Umschrift) für die Jahre<br />

1841 bis 1924 erfolgte durch Stefan Hoffknecht, für 1925 bis 1941 durch He<strong>in</strong>z Josef Claus.<br />

Die Übertragungen bef<strong>in</strong>den sich im Archiv des Heimatvere<strong>in</strong>s.<br />

Zurzeit erfolgt im Kreisarchiv e<strong>in</strong>e Mikroverfilmung der Chroniken, um diese wichtigen<br />

Informationsquellen für die Orts- und Alltagsgeschichte auch <strong>in</strong> der Zukunft zu sichern.<br />

Zu den folgenden Berichten aus den <strong>Jahren</strong> <strong>1961</strong> und <strong>1911</strong> haben wir Erläuterungen und<br />

Anmerkungen (Fußnoten) beigefügt. Sie sollen <strong>vor</strong> allem der jüngeren Generation und<br />

unseren Neubürgern weitere Informationen vermitteln.<br />

hcl 12/2010<br />

2


<strong>Scharmede</strong> <strong>vor</strong> <strong>50</strong> <strong>Jahren</strong><br />

Chronik der Geme<strong>in</strong>de aus dem Jahre <strong>1961</strong> 1<br />

Chronikführer: Josef Fleitmann 2<br />

Vorbemerkung: Die handschriftlich verfasste Chronik wurde wörtlich übertragen.<br />

Dabei wurde die damals gültige Rechtschreibung beibehalten.<br />

Die Fußnoten (Erläuterungen) wurden für diese Veröffentlichung h<strong>in</strong>zugefügt.<br />

(S. 236)<br />

<strong>1961</strong><br />

Der Januar war naß und kalt. Er brachte aber ke<strong>in</strong>en Schnee. Am 20.1. war die<br />

Straße mit Glatteis überzogen. Unfälle ereigneten sich hier <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong> nicht, da<br />

sehr bald gestreut wurde. Seit dem 1. Januar ist Josef Wern<strong>in</strong>g neuer Geme<strong>in</strong>de-<br />

arbeiter. Von Beruf ist er Maurer. Das Feuergerätehaus wurde von ihm im Januar<br />

und Februar fertiggestellt. Da die Ewige Anbetung auf e<strong>in</strong>en Sonntag (22.1.) fiel,<br />

wurde diese sehr stark besucht.<br />

Der Februar war sehr milde, es war viel zu warm für diese Jahreszeit. Die landwirt-<br />

schaftlichen und die Bau-arbeiten schreiten gut <strong>vor</strong>an.<br />

Der März brachte uns bis zur Mitte des Monats mildes Wetter, sodaß der Bauer<br />

se<strong>in</strong>en Hafer säen konnte. Ab 19. März war es naß-kalt. Viele Regen- und Schnee-<br />

schauer g<strong>in</strong>gen hier nieder. Das 5-Pfund-Brot kostet ab 1. März 2,25 DM. E<strong>in</strong> Bröt-<br />

chen kostet jetzt 8 Pf. Auch viele Waren beim Kaufmann 3 wurden teurer, so die<br />

Seife, <strong>Was</strong>chpulver, Schuhcreme von 75 Pf auf 85 Pf, Bohnerwachs, Herdputz.<br />

Lebensmittel wurden noch nicht teurer, Fleisch wurde im Herbst schon teurer,<br />

obschon die Bauern berichten, daß die Preise für Schlachtvieh nur um wenige<br />

Pfennige stiegen. Die Getreidepreise blieben seit langer Zeit stabil. Verbilligt wurden<br />

1 Geme<strong>in</strong>dechronik <strong>Scharmede</strong>, Bd. 2, S. 236 – 257.<br />

2 Der Lehrer, spätere Schulleiter und Ortsheimatpfleger Josef Fleitmann (1921-1991) hat die<br />

Jahresberichte 19<strong>50</strong> bis <strong>1961</strong> verfasst. Im Anschluss an e<strong>in</strong>e kurze Darstellung des Jahres 19<strong>50</strong><br />

schreibt er: „Der Chronist kam erst am 1.1.1951 nach <strong>Scharmede</strong> und mußte sich erst 1953 alles<br />

zusammensuchen, denn zu dieser Zeit hatte wieder e<strong>in</strong>mal die Chronik geschwiegen. So hat die<br />

Chronik im letzten Kriege schon e<strong>in</strong>mal geschwiegen und über das Leid und die Trauer den Mantel<br />

des Schweigens gelegt.“ Josef Fleitmann hatte über drei Jahrzehnte das Amt des Ortsheimatpflegers<br />

<strong>in</strong>ne und war von 1971 bis 1984 Schulleiter der Christophorusschule <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong>.<br />

3 Im Jahre <strong>1961</strong> gab es <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong> fünf Lebensmittelgeschäfte:<br />

Graskemper (<strong>Scharmede</strong>r Straße 45, 1959 bis 1968, <strong>vor</strong>mals Pött<strong>in</strong>g), Jostmeier (Kathar<strong>in</strong>enweg 3,<br />

1956 bis 1992), Kipphard (Triftstraße 26, 1959 bis 1968), Krause (Meisenweg 5, 1953 bis 1989),<br />

Wiehmeier (<strong>Scharmede</strong>r Straße 60, 1896 bis 2000). (Frdl. H<strong>in</strong>weis von Dieter Gees, der die Daten<br />

recherchiert hat.)<br />

3


die Rundfunk- und Fernsehgeräte. Jetzt kann man schon Fernsehgeräte für weniger<br />

als <strong>50</strong>0,– DM erwerben. Diese Geräte kosteten noch <strong>vor</strong> 5 <strong>Jahren</strong> rund 1000,– DM.<br />

Der Preis für 1 l Milch beträgt 42–44 Pf. Die Milcherzeugung ist <strong>in</strong> den letzten <strong>Jahren</strong><br />

sehr stark gestiegen. Aus den Erlösen von Milch und Schlachtvieh beziehen die<br />

Bauern ihr Bargeld und ihre Haupte<strong>in</strong>nahmen. Der März stand im Zeichen der<br />

Kommunal- und Kreistagswahlen, die<br />

(S. 237)<br />

am 19. März stattfanden. Es wurde ke<strong>in</strong>e große Propaganda von den Parteien<br />

betrieben. Zur Wahl stellten sich die 3 Parteien CDU, Zentrum und BHE.<br />

Unabhängige Kandidaten waren nach e<strong>in</strong>em Spruch des Bundesverfassungs-<br />

gerichtes <strong>in</strong> Karlruhe auch erlaubt. Bei e<strong>in</strong>igen E<strong>in</strong>wohnern von <strong>Scharmede</strong> bestand<br />

das Bedürfnis, unabhängige Kandidaten aufzustellen, doch zerschlugen sich die<br />

Verhandlungen. <strong>Scharmede</strong> mußte, da es über 1000 E<strong>in</strong>wohner zählt, zwei Wahl-<br />

bezirke bilden. In jedem Bezirk wurden 3 Kandidaten direkt gewählt. Das Wahl-<br />

ergebnis zeigt folgende Zahlen für die Kommunalwahlen 4 :<br />

Wahlbezirk I (Anfangsbuchstaben der Namen A – Kl )<br />

430 Wahlberechtigte, davon wählten 387 Wähler, sie gaben 1011 gültige und 1<strong>50</strong><br />

ungültige Stimmen ab. (Ungültig s<strong>in</strong>d hier die Stimmen gewertet, die weniger als 3<br />

Kandidaten angekreuzt hatten und die üblichen ungültigen Stimmen.)<br />

Fraune, Konrad Bauer <strong>Scharmede</strong> 058 5 CDU 135 Stimmen<br />

Hupe, He<strong>in</strong>rich Bauer <strong>Scharmede</strong> 042 CDU 188 Stimmen<br />

Käuper, He<strong>in</strong>rich Tischler <strong>Scharmede</strong> 047 CDU 171 Stimmen<br />

Becker, Fritz Arbeiter <strong>Scharmede</strong> 135 Zentr. 110 Stimmen<br />

Eikmeier, Johann Schweißer <strong>Scharmede</strong> 032 Zentr. 091 Stimmen<br />

Gees, Josef Architekt <strong>Scharmede</strong> 107 Zentr. 104 Stimmen<br />

Barth, Wilhelm Eisenbahner Hallenberg 011 BHE 068 Stimmen<br />

Grundmann, Oskar Eisenbahner <strong>Scharmede</strong> 165 BHE 068 Stimmen<br />

Krause, Artur Kaufmann Mittelstraße 6 005 BHE 076 Stimmen<br />

4 Als Anlage zur Chronik ist zusätzlich der amtliche Stimmzettel e<strong>in</strong>geklebt.<br />

5 Die Hausnummern wurden <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong> 1966 generell auf e<strong>in</strong>e straßenweise Zählung umgestellt.<br />

Die Zuordnung der alten Anschriften ohne Straßenangabe <strong>in</strong> dieser Liste ergebt sich aus e<strong>in</strong>er Hausnummernkonkordanz,<br />

die der ehemalige Ortsheimatpfleger Josef Wern<strong>in</strong>g 2001 erstellt hat.<br />

(Wern<strong>in</strong>g, J., Die früheren Hausnummern <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong>, <strong>in</strong>: Heimatvere<strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong> e.V., Hg.,<br />

25 Jahre Heimatvere<strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong>, Festschrift, <strong>Scharmede</strong> 2001, S. 45–52).<br />

6 Die Mittelstraße heißt seit der kommunalen Neugliederung Meisenweg. (Die Bezeichnung Mittel-<br />

straße wurde <strong>in</strong> Thüle beibehalten.)<br />

4


Wahlbezirk II (Km – Z)<br />

454 Wahlberechtigte (15 wählten per Briefwahl. 419 Stimmzettel wurden abgegeben<br />

= 92,3 %)<br />

Jostmeier, Bernhard Fuhrunternehmer <strong>Scharmede</strong> 156 CDU 182 Stimmen<br />

Rode, Stefan Ingenieur Nachtigallenweg 20 CDU 175 Stimmen<br />

Wern<strong>in</strong>g, Johannes Bauer <strong>Scharmede</strong> 013 CDU 187 Stimmen<br />

Keuper, He<strong>in</strong>rich Amtsgehilfenanwärter <strong>Scharmede</strong> 026 Zentr. 067 Stimmen<br />

Liekmeier, Josef Schlosser Nordstr. 7 5 Zentr. 084 Stimmen<br />

Wiehmeier, Wilhelm Bundesbahnbeamter <strong>Scharmede</strong> 153 Zentr. 165 Stimmen<br />

Großer, Gerhard Maurer <strong>Scharmede</strong> 146 BHE 058 Stimmen<br />

Rossig, Herbert Eisenbahner <strong>Scharmede</strong> 163 BHE 093 Stimmen<br />

Wagner, Gerhard Schlosser Hallenberg 5 BHE 074 Stimmen<br />

(S. 238)<br />

Da die Kandidaten der CDU <strong>in</strong> ihrem Wahlbezirk jedes Mal die höchste Stimmenzahl<br />

erreichten, waren diese direkt gewählt. Von der Reserveliste erhält das Zentrum für<br />

die 621 Stimmen die Kandidaten: Wilhelm Wiehmeier, Josef Gees, Fritz Becker und<br />

Johann Eikmeier, der BHE erhält für dir 437 Stimmen die Kandidaten Herbert Rossig<br />

und Wilhelm Barth <strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>derat. Die CDU hatte <strong>in</strong>sgesamt 1038 Stimmen.<br />

Über die Verteilung der Sitze aus der Reserveliste wurde nach dem de-Hondtschen 8<br />

Zahlensystem entschieden.<br />

In der letzten Woche <strong>vor</strong> den Wahlen wurde der Geme<strong>in</strong>deetat für <strong>1961</strong> beraten und<br />

beschlossen. Die Geme<strong>in</strong>de erhält danach an Schlüsselzuweisung 154 446,– DM<br />

gegenüber 126 285,– DM im Vorjahr. Die Etatsumme beträgt 268 696,– DM. Die<br />

Kreisumlage beträgt 57 670,– DM, die Amtsumlage 45 511,– DM und der Schulden-<br />

dienst 39 399,15 DM 9 . An Personalkosten hat die Geme<strong>in</strong>de 20 000,– und e<strong>in</strong>en<br />

Schulstellenbeitrag von 16 400,– aufzubr<strong>in</strong>gen. Weitere 25 000,– DM s<strong>in</strong>d für Wege-<br />

bauten <strong>vor</strong>gesehen. So soll der Delleweg 10 ausgebaut werden. Die Steuersätze<br />

bleiben die gleichen wie im Vorjahr.<br />

Die Kreistagswahl ergab für die beiden Stimmbezirke folgendes Ergebnis 11 :<br />

7<br />

Die Nordstraße heißt seit der kommunalen Neugliederung Amselweg.<br />

8<br />

Das d`Hondtsche Höchstzahlverfahren begünstigt tendenziell die größeren Parteien und wird <strong>in</strong><br />

NRW nicht mehr angewandt.<br />

9<br />

Neue Schulden waren <strong>vor</strong> allem durch den Bau der Volksschule, die 1959 e<strong>in</strong>geweiht worden war,<br />

entstanden. Die Gesamtkosten betrugen nach der Schlussabrechnung 547 867,59DM (lt. Protokoll der<br />

Sitzung des Geme<strong>in</strong>derates am 13.3.<strong>1961</strong>. In der Geme<strong>in</strong>dechronik 1960 wurden 537 625,41 DM<br />

genannt.).<br />

10<br />

Wegebezeichnung <strong>in</strong> der südlichen Feldflur. Die sog. Dellegosse wird durch natürliche Quellen im<br />

Widey und Wewerschen Forst gespeist und mündet <strong>in</strong> Thüle <strong>in</strong> den Erlbach.<br />

11<br />

Der amtliche Stimmzettel der Kreistagswahl ist <strong>in</strong> der Chronik e<strong>in</strong>geklebt.<br />

5


I II<br />

Wahlberechtigt 430 454<br />

abgegebene Stimmen 388 420<br />

Nolte, Peter Bauer Bentfeld CDU 216 243<br />

Begger, Hermann Bauer Anreppen Zentrum 034 037<br />

Volke, He<strong>in</strong>rich Schlosser Salzkotten SPD 033 018<br />

Rossig, Herbert Bundesbahn-Arbeiter <strong>Scharmede</strong> BHE 096 109<br />

ungültige Stimmen 009 013<br />

Damit hatte die CDU 459 Stimmen, Zentrum = 71 St., SPD = 51 St., BHE = 205 Stim-<br />

men. Bei der Kreistagswahl bildeten die Geme<strong>in</strong>den Anreppen, Bentfeld und Schar-<br />

mede den Stimmbezirk 15. Nach der Zeitungsmeldung ergab es <strong>in</strong> diesem Bezirk<br />

folgendes Ergebnis: CDU = 949 St., SPD = 88 St., BHE = 253 St. und Zentrum = 333<br />

St.<br />

(S. 239)<br />

Am 19. März wurde <strong>in</strong> der Kirche e<strong>in</strong>e Kollekte (Misereor) „gegen den Hunger <strong>in</strong> der<br />

Welt“ gesammelt. Sie erbrachte 4005,– DM. Die K<strong>in</strong>der spendeten <strong>in</strong> der Andacht ca.<br />

300 DM. Da <strong>in</strong> dieser Summe noch nicht die Spenden aus dem Opferstock und aus<br />

der Kapelle von Haus Widey s<strong>in</strong>d, erhöht sich die Summe für diese Kollekte auf rund<br />

6 000 DM. Das ist e<strong>in</strong> stolzes Ergebnis, das nicht erwartet wurde. Nun soll <strong>in</strong> der Kar-<br />

woche noch e<strong>in</strong>e Kleidersammlung stattf<strong>in</strong>den, die e<strong>in</strong>en guten Erfolg verspricht, da<br />

schon lange Jahre ke<strong>in</strong>e Kleidersammlung mehr stattfand.<br />

April<br />

Der April brachte sehr viel Regen, sodaß die Arbeiten im Garten und auf dem Felde<br />

verzögert wurden. Da beim ersten Wahlgang um den Bürgermeister beide Kandida-<br />

ten Hupe und Wiehmeier je 6 Stimmen erhielten, war e<strong>in</strong>e zweite Wahl notwendig<br />

geworden. Jetzt wurde e<strong>in</strong>stimmig Willi Wiehmeier 12 wiedergewählt. Zum Stellvertre-<br />

ter wurde He<strong>in</strong>rich Hupe gewählt. Für die Amtsvertretung wurden vom Geme<strong>in</strong>derat<br />

die Ratsmitglieder Hupe und Wern<strong>in</strong>g gewählt.<br />

12 Wilhelm Wiehmeier (1916–2000) stand von 1956 bis 1974 als Bürgermeister an der Spitze des<br />

Geme<strong>in</strong>derates. Von 1969 bis 1974 war er Amtsbürgermeister. Er führte fast zwei Jahrzehnte lang die<br />

Ortschronik (1977–1996). Se<strong>in</strong> E<strong>in</strong>satz für die Geme<strong>in</strong>de <strong>Scharmede</strong> wurde am 10. September 1997<br />

durch die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes gewürdigt.<br />

6


Seit dem 1. Februar ist die Poststelle 13 nicht mehr im Hause <strong>Was</strong>serkordt, sondern<br />

im Hause Sallen, dicht bei der Kirche. Neuer Posthalter wurde Kipphard, Postbote<br />

blieb Ferd<strong>in</strong>and <strong>Was</strong>serkordt. Frau <strong>Was</strong>serkordt trat <strong>in</strong> den Ruhestand. – Jostmeier,<br />

der im Dezember 1960 abbrannte, konnte das Richtfest feiern. Er hat nicht wieder an<br />

der Gunne aufgebaut, sondern näher zum Dorf h<strong>in</strong>.<br />

Aus der Schule wurden 9 Jungen und 9 Mädchen entlassen. 2 Mädchen von hier und<br />

1 Junge g<strong>in</strong>gen zu höheren Schulen nach Paderborn. E<strong>in</strong>geschult wurden 12 Kna-<br />

ben und 13 Mädchen. Insgesamt hat die Schule jetzt 184 K<strong>in</strong>der, die von 4 Lehr-<br />

personen 14 unterrichtet werden. Weißen Sonntag g<strong>in</strong>gen 8 Jungen und 8 Mädchen<br />

zum ersten<br />

(S. 240)<br />

Male zum Tisch des Herrn.<br />

Am 2. Ostertage konnte der Pfarrvikar Ewald Epke se<strong>in</strong> silbernes Priesterjubiläum<br />

feiern. Darüber berichten e<strong>in</strong>ige Zeitungsausschnitte 15 .<br />

(S. 242)<br />

Mai<br />

Auch der Mai brachte immer wieder Regen, sodaß die Kartoffeln <strong>in</strong> der Erde ver-<br />

faulen. Mancher Bauer weiß <strong>vor</strong> Nässe nicht, wie er die Kartoffeln <strong>in</strong> die Erde be-<br />

kommt. Am 1. Sonntag im Mai war das traditionelle Vogelschießen. Erst nach dem<br />

270. Schuß fiel der Vogel von der Stange. Schützenkönig wurde Josef Koch, der sich<br />

Fräule<strong>in</strong> Inge Graskemper zur König<strong>in</strong> erkor.<br />

Der Geme<strong>in</strong>derat beschloß, den Delleweg und den Weg nach Haus Widey mit e<strong>in</strong>er<br />

Teertränkdecke zu versehen. Noch im Monat Mai wurden diese Arbeiten von der<br />

Firma Thiele, Niederntudorf ausgeführt. Weiter wurde der Weg von Reil<strong>in</strong>g bis<br />

13<br />

Die Poststelle <strong>Scharmede</strong> war seit 1941 im Hause <strong>Was</strong>serkort (<strong>Scharmede</strong> Nr. 108, heute:<br />

<strong>Scharmede</strong>r Str. 66) untergebracht. Im Haus Sallen (<strong>Scharmede</strong> Nr. 6, heute: <strong>Scharmede</strong>r Str. 49,<br />

Gebäude der Sparkasse Paderborn) blieb sie bis 1978. Von 1978 bis zur endgültigen Schließung am<br />

31.12.1998 war die Poststelle im Dorfkrug. Seit dem 8.9.2004 gibt es e<strong>in</strong>e Postagentur im Getränkemarkt<br />

Witte. (Frdl. H<strong>in</strong>weis von Kilian Pött<strong>in</strong>g, der die Daten recherchiert hat.)<br />

14<br />

Neben Hauptlehrer Straßner unterrichteten Herr Fleitmann, Frau Raulf und Herr Raulf.<br />

(Schulchronik <strong>1961</strong>)<br />

15<br />

Der Chronist hat drei undatierte Zeitungsausschnitte beigefügt. Die Vorankündigung mit der<br />

Überschrift „Du bist Priester ewiglich – Pfarrvikar Ewald Epke <strong>vor</strong> 25 <strong>Jahren</strong> geweiht“ f<strong>in</strong>det sich dabei<br />

an dritter Stelle. Dieser Artikel enthält detaillierte Angaben zum Wirken des Geistlichen <strong>in</strong> den<br />

zurückliegenden 25 <strong>Jahren</strong>. Im Mittelpunk des ersten Artikels mit der Überschrift „Der das Brot des<br />

Lebens mit euch bricht!“ steht das Levitenhochamt am Vormittag, <strong>in</strong> dem Vikar Theodor Pott aus<br />

Herne die Festpredigt hielt. In e<strong>in</strong>em weiteren Bericht geht es um die Ehrung durch die Geme<strong>in</strong>de, die<br />

am Nachmittag nach der Dankandacht stattfand. In diesem Artikel mit der Überschrift „16 Ordensschwestern<br />

und Priester gestellt“ weist der Jubilar <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Dankesrede auf das lebendige Geme<strong>in</strong>deleben<br />

h<strong>in</strong>.<br />

7


Fraune geteert. Bei der Vergabe hatten 7 Firmen e<strong>in</strong>gereicht. Es fiel auf, daß<br />

zwischen dem Niedrigst- und dem Höchstgebot nur e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Spanne lag. So<br />

dicht beie<strong>in</strong>ander liegen die Gebote selten.<br />

Um den Bau der Leichenhalle wurde noch weiter verhandelt, da der Architekt Gees<br />

e<strong>in</strong>en neuen Platz und dann auch e<strong>in</strong>en anderen Plan für die Leichenhalle entwickelt<br />

hat.<br />

Am 26. Mai spendete der Hochwürdigste Herr Erzbischof Dr. Lorenz Jaeger hier <strong>in</strong><br />

der Kirche 90 Firml<strong>in</strong>gen das Sakrament der Firmung. Da an diesem Tage am Bahn-<br />

übergang – Blockstelle Thüle 16 – gearbeitet wurde, kam der Erzbischof mit etwas<br />

Verspätung an, die für den Empfang sehr günstig war. Der Platz um die Kirche wurde<br />

neu gestaltet. Die Wege wurden mit Kies und Kupfersplitt ausgefüllt. An die Seiten<br />

kommen Anpflanzungen. Die Arbeiten wurden abends <strong>in</strong> freiwilliger Geme<strong>in</strong>schaft<br />

kostenlos ausgeführt. Vor den Kirche<strong>in</strong>gang kamen große Ste<strong>in</strong>platten, die früher auf<br />

der Deele vom Bauer Konrad Eikel (Pöttens) lagen und nicht mehr gebraucht<br />

wurden.<br />

(S. 243)<br />

Auch über den Piepenbrüggegraben 17 mußte sich der Geme<strong>in</strong>derat sich beschäfti-<br />

gen, doch noch immer hat man nicht die rechte Lösung gefunden. Um die Grün-<br />

flächen der Geme<strong>in</strong>de – bei der Schule und auf dem Friedhof – zu pflegen, wurde e<strong>in</strong><br />

Rasenmäher mit Motor angeschafft.<br />

Juni<br />

Die erste Junihälfte brachte sehr viel Regen. Erst die zweite Junihälfte brachte<br />

besseres Wetter, sodaß das Heu endlich e<strong>in</strong>gebracht werden konnte. Da die Gerste<br />

Ende Juni reif war, wurde diese geschnitten und e<strong>in</strong>gefahren. Sie brachte e<strong>in</strong>en<br />

mittleren Ertrag. Im Vorjahr war der Ertrag besser. Am 4. Juni wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Feier-<br />

stunde auf dem Schulhof die Kraftfahrzeuge der Geme<strong>in</strong>de gesegnet. An der Seg-<br />

nung nahmen 57 Autos, ca. <strong>50</strong> Mopeds und Roller, 4 Lastwagen und <strong>50</strong> Trecker teil.<br />

Die Fahrzeuge waren auf dem Schulhof aufgefahren. Vikar Epke erklärte den S<strong>in</strong>n<br />

der Fahrzeugweihe und segnete dann jedes e<strong>in</strong>zelne Fahrzeug.<br />

Am 6. Juni war e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Volks- und Berufszählung, die <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong> von 13<br />

ehrenamtlichen Zählern ausgeführt wurde. Leider konnte der Chronist die Zählung<br />

16<br />

Ehemalige Blockstelle am Bahnübergang der Kreisstraße zwischen Salzkotten und <strong>Scharmede</strong><br />

(K3).<br />

17<br />

Vergl. dazu: Ortschronik 1959, S. 6 und S. 10 sowie die Fußnoten 4f.<br />

8


für die Chronik nicht auswerten, da die Zählpapiere nach Düsseldorf zum statisti-<br />

schen Landesamt gesandt werden mußten.<br />

Am 11., 12. und 13. Juni wurde hier das Schützenfest <strong>in</strong> der althergebrachten Weise<br />

gefeiert. Am Königstisch dom<strong>in</strong>ierten Mitglieder des Sportvere<strong>in</strong>s, die den König –<br />

Josef Koch – und die Pr<strong>in</strong>zen stellten. Die Schenke hatte – wie im Vorjahr – der Wirt<br />

Hans Thiele. Trotz des ungünstigen Wetters herrschte e<strong>in</strong>e sehr gute Stimmung.<br />

Zu der Fahrzeugweihe sei noch erwähnt, daß die Trecker selten im Jahre so sauber<br />

waren wie an diesem Tage.<br />

(S. 244)<br />

Juli<br />

Der Juli brachte uns mehr Regentage als Tage mit trockenem Wetter. Gegen Ende<br />

des Monats war das Wetter besser als im Anfang. Zu dieser Zeit wurde der Roggen<br />

geschnitten und sehr bald e<strong>in</strong>gefahren, da die Witterung zu unbeständig war. Da zur<br />

Zeit der Roggenblüte Regenwetter herrschte, war der Ertrag wesentlich ger<strong>in</strong>ger als<br />

im Vorjahr. Die Frühkartoffeln litten unter der nassen Witterung. 1 Zentner Früh-<br />

kartoffeln kosteten ab Hof 12,– DM. 6 bis 8 Wochen alte Ferkel kosteten <strong>50</strong>,– DM.<br />

Bei der alten Schule wurde e<strong>in</strong>e neue Trafostation errichtet, da das Stromspan-<br />

nungsnetz für den Betrieb Wagner und Kaufmann 18 nicht ausreicht. Die Haupt-<br />

straße 19 erhielt e<strong>in</strong>e neue Teerdecke. Ausgeführt wurde diese Arbeit von den<br />

Wegewärtern, die zu e<strong>in</strong>er Kolonne zusammengefaßt wurden.<br />

Der Neupriester Hans Gülle 20 von Salzkotten aus dem Orden der Weißen Väter,<br />

geweiht am 8. Juli <strong>in</strong> der Mutterhauskirche <strong>in</strong> Salzkotten durch e<strong>in</strong>en afrikanischen<br />

(schwarzen) Erzbischof, erteilte am 23.7. <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong> den Primizsegen, den ca.<br />

800 Gläubige erhielten. Bei den Bundesjugendspielen errangen von 63 K<strong>in</strong>dern<br />

20 die erforderliche Punktzahl von 40 Punkten, um Sieger zu se<strong>in</strong>.<br />

18 Vergl. dazu dieJahreschronik 1960. Dort heißt es: „Die alte Schule wurde an den metallverarbeitenden<br />

Betrieb Kaufmann und Wagner, Iserlohn für 45 000,- DM verkauft. Die Firma will hier Kle<strong>in</strong>eisenteile<br />

herstellen und später etwa 40-45 Mann beschäftigen.“ Angaben zur Produktion f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> der<br />

Schulchronik des Jahres <strong>1961</strong>: „In der alten Schule hatte sich im Laufe des Jahres die Firma Kaufmann<br />

aus Iserlohn e<strong>in</strong>gerichtet; der Betrieb nahm im Herbst (1960) se<strong>in</strong>e Fertigung auf: Kleiderhaken,<br />

Hutablagen, Schirmständer, Mantelhaken u. ä.“<br />

19 Die heutige <strong>Scharmede</strong>r Straße hieß bis zur kommunalen Neugliederung Hauptstraße. (Die gleiche<br />

Bezeichnung wurde <strong>in</strong> Verne beibehalten.) In älteren Unterlagen wird die Straße Ste<strong>in</strong>weg genannt.<br />

20 Pater Gülle (geb. 1934) g<strong>in</strong>g bereits Mitte Februar des folgenden Jahres als Missionar nach Kigoma<br />

<strong>in</strong> Tansania, Ostafrika. (Frdl. H<strong>in</strong>weis von Gertrud Pött<strong>in</strong>g, Ortsheimatpfleger<strong>in</strong>.)<br />

9


August<br />

Außer e<strong>in</strong>igen Tagen im Anfang und am Ende des Augustes regnete es täglich, so<br />

daß kaum 1 Fuder Getreide ganz trocken <strong>in</strong> die Scheune kam. Gerste und Weizen<br />

brachten e<strong>in</strong>en mittleren bis mäßigen Ertrag, während die übrigen Getreidearten<br />

noch schlechter lieferten. Nachträglich erfuhr der Chronist e<strong>in</strong>ige Zahlen aus der<br />

Volks- und Berufszählung. Danach hat <strong>Scharmede</strong> 227 Gebäude, 347 Haushalte,<br />

33 Arbeitsstätten (außer den landwirtschaftlichen) und 1593 E<strong>in</strong>-<br />

(S. 245)<br />

wohner. Am Sonntag, dem 20. August feierte <strong>in</strong> der hiesigen Kirche se<strong>in</strong> 40-jähriges<br />

Priesterjubiläum der Kamillianerpater Stefan Plesser 21 , der hier <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong> se<strong>in</strong><br />

Elternhaus hatte (heute im Besitz des Konrad Temborius, Widey). Seit der Jahr-<br />

hundertwende s<strong>in</strong>d aus der Geme<strong>in</strong>de <strong>Scharmede</strong> 13 Priester her<strong>vor</strong>gegangen.<br />

Davon s<strong>in</strong>d 10 Ordensbrüder des heiligen Kamillus geworden 22 . Heute leben von<br />

ihnen mit dem Jubilar noch drei. Pater Plesser lebt heute im Kloster zu Essen-<br />

Heidhausen. Von den Vere<strong>in</strong>en wurde dem Pater e<strong>in</strong> Album mit Farbbildern von<br />

se<strong>in</strong>em Elternhaus und von <strong>Scharmede</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Feierstunde nach dem Hochamt,<br />

an dem die ganze Familie Anteil nahm, überreicht.<br />

Am gleichen Tage feierte der Musikvere<strong>in</strong> „Jugendlust“ se<strong>in</strong> Musikfest, an dem 8<br />

auswärtige Vere<strong>in</strong>e teilnahmen. Besonderen Beifall erhielt der Radsportvere<strong>in</strong><br />

„Germania Neuhaus“ für se<strong>in</strong>e Darbietungen.<br />

Mit dem Bau e<strong>in</strong>er Leichenhalle wurde begonnen. E<strong>in</strong>ige Gräber aus den <strong>Jahren</strong><br />

1900 23 –1908 mußten e<strong>in</strong>geebnet werden. Mit den Ausschachtarbeiten wurde im<br />

August begonnen.<br />

21 Die Name „Plähser“ wird im 19. Jahrhundert mehrfach für die Hofstelle „<strong>Scharmede</strong> Nr. 35“ erwähnt.<br />

22 E<strong>in</strong>e vollständige Liste der zehn Kamillianerpatres f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong>: Ewald Epke, Von der Kapellengeme<strong>in</strong>de<br />

zur Pfarrvikarie, <strong>in</strong>: Schützenbruderschaft St. Petrus und Paulus 1664 <strong>Scharmede</strong> e.V.<br />

(Hg.), Festschrift zum 300jährigen Jubiläum der St.-Petrus-und-Paulus-Schützenbruderschaft 1664<br />

e.V. <strong>Scharmede</strong>, <strong>Scharmede</strong> 1964, S. 45. Hier f<strong>in</strong>det sich auch der H<strong>in</strong>weis, daß Pf<strong>in</strong>gsten 1937 die<br />

Kamillusstatue durch den Kamillianerprov<strong>in</strong>zial Pater Anton Wern<strong>in</strong>g geweiht wurde. Sie war e<strong>in</strong><br />

Geschenk des Ordens an die Kirchengeme<strong>in</strong>de <strong>Scharmede</strong>.<br />

23 Der heutige <strong>Scharmede</strong>r Friedhof wurde erst seit dem Jahre 1901 genutzt. In der Ortschronik<br />

dieses Jahres heißt es: „Am 14. Mai starb der Ackerwirth Conrad Eikel, genannt König, von hier, 72<br />

Jahre alt, und wurde dieser als erster auf unserem neu angelegten Kirchhofe beerdigt. Die Beerdigung<br />

nahm der Herr Pastor Borgmeier von Thüle mit se<strong>in</strong>em Küster <strong>vor</strong>. Die Leiche wurde vom Sterbehaus<br />

abgeholt, wozu sich e<strong>in</strong>e große Menge Leute e<strong>in</strong>gefunden hatte zu Freude hierüber, daß wir unsere<br />

lieben Toten jetzt <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong> beerdigen konnten.“<br />

10


September<br />

Die erste und die letzte Woche im September bescherte trockenes Wetter, die ande-<br />

ren Wochen herrschte Regenwetter <strong>vor</strong>. Durch die Nässe wird die Kartoffelfäulnis<br />

sehr begünstigt. So mancher Bauer und Gartenbesitzer klagt über se<strong>in</strong>e faulen<br />

Kartoffeln. Die Kartoffeln brachten e<strong>in</strong>en mittleren Ertrag. Dem g<strong>in</strong>g es etwas besser,<br />

der se<strong>in</strong>e Kartoffeln auf Sandboden gepflanzt hat. E<strong>in</strong>kellerungskartoffeln kosten 9<br />

bis 10,– DM je Zentner ab Hof.<br />

In diesem Jahr s<strong>in</strong>d hier kaum Birnen und Äpfel gewachsen, dagegen hängen die<br />

Pflaumenbäume so voll, daß sie brechen. Da man überall von e<strong>in</strong>er Pflaumen-<br />

schwemme spricht, muß der Erzeuger die<br />

(S. 246)<br />

Pflaumen billig abgeben. Es wird e<strong>in</strong> Preis von 4–10 DM je Zentner genannt. Oft muß<br />

der Käufer dazu noch die Pflaumen selbst pflücken. Viele Pflaumen werden gar nicht<br />

geerntet, weil es an Arbeitskräfte und an Absatz für diese Pflaumen fehlt. Am Sonn-<br />

tag, dem 3. September, predigte e<strong>in</strong> Japanmissionar <strong>in</strong> der hiesigen Kirche. Die<br />

Kollekte brachte 885,95 DM e<strong>in</strong>.<br />

Am 19. September wurde <strong>in</strong> Anwesenheit der hiesigen Feuerwehr, der Geme<strong>in</strong>de-<br />

vertretung und vieler Ehrengäste das Feuerwehrgerätehaus e<strong>in</strong>geweiht.<br />

Gleichzeitig wurde e<strong>in</strong>e neue Motorspritze TS 8 übergeben, da die alte Spritze durch<br />

die schlechte Unterbr<strong>in</strong>gung im W<strong>in</strong>-<br />

(S. 247)<br />

ter durch den Frost unbrauchbar geworden war. Die neue Spritze kann nicht mehr<br />

kaputtfrieren, da sie e<strong>in</strong>en luftgekühlten Motor besitzt 24 .<br />

Der September stand im Zeichen der Bundestagswahl zum 4. deutschen Bundestag.<br />

Überall sah man Plakate der e<strong>in</strong>zelnen Parteien, auf denen <strong>in</strong> der Hauptsache füh-<br />

rende Köpfe der e<strong>in</strong>zelnen Parteien prangten. Bee<strong>in</strong>flußt wurden die Wahlkämpfe<br />

durch die Ereignisse <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Seit dem 13. August ist dort der Ostsektor von Berl<strong>in</strong><br />

von den Westsektoren durch e<strong>in</strong>e Mauer und Stacheldrahtverhaue getrennt. Jeder<br />

Wähler hatte 2 Stimmen. Die erste galt dem Kandidaten des Bezirks, die Zweit-<br />

stimme der Partei.<br />

24 Der beigefügte Zeitungsausschnitt trägt die Überschrift „Das neue Feuerwehrgerätehaus ist e<strong>in</strong>e<br />

gute Schadensversicherung für alle Bürger! – Auch neues Feuerlöschgerät an die <strong>Scharmede</strong>r Wehr<br />

übergeben“. In dem Artikel werden die Inhalte der Festreden kurz zusammengefasst. Hauptredner<br />

waren bei der E<strong>in</strong>weihung neben Bürgermeister Wiehmeier und Brandmeister Wern<strong>in</strong>g aus<br />

<strong>Scharmede</strong> Amtsdirektor Bremann (Salzkotten), Amtsbürgermeister Gierse-Plogmeier (Garfeln) und<br />

Kreisbrandmeister Kruse (Lichtenau).<br />

11


Am 17. September hatte <strong>Scharmede</strong> laut Zählliste 898 Wahlberechtigte. Von diesen<br />

hatten 36 e<strong>in</strong>en Wahlsche<strong>in</strong> beantragt und auch erhalten. Diese wählten nun durch<br />

Briefwahl. 813 = 94,3 % gaben hier <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong> ihre Stimme ab.<br />

Die Wahl erbrachte folgendes Ergebnis 25 :<br />

1. Stimme 2. Stimme<br />

Menke CDU 564 CDU 560<br />

Jaksch SPD 152 SPD 157<br />

Hattenhauer FDP 025 FDP 028<br />

Beck GDP 058 GDP 056<br />

Gerl<strong>in</strong>g DFU 003 DFU 003<br />

Ste<strong>in</strong>meyer DG – DG –<br />

DRP –<br />

ungültig 011 009<br />

abgegebene Stimmen 813 813<br />

Oktober<br />

Der Oktober brachte herrliches Herbstwetter. Ja, es wurde schon wieder der Wunsch<br />

nach Regen geäußert. Der Geme<strong>in</strong>derat beschloß, den Bau der Kanalisation <strong>in</strong> drei<br />

Bauabschnitten durchzuführen. Auf diesen Beschluß warteten <strong>vor</strong> allen die 17 Sied-<br />

lungsbewerber, die mit der „Aachener Siedlungsgesellschaft“ auf dem Plan Schlüter<br />

an der Bahn-<br />

(S. 248)<br />

hofstraße bauen wollen; denn das <strong>Was</strong>serwirtschaftsamt Lippstadt genehmigt nur<br />

den Bau der Siedlung, wenn e<strong>in</strong>e Kanalisation gebaut wird. Über das Für und Wider<br />

der Kanalisation – besonders die laufenden Unterhaltungskosten – wurde sowohl im<br />

Geme<strong>in</strong>derat wie auch <strong>in</strong> der Geme<strong>in</strong>de heftig gerungen und gestritten.<br />

Am 15. Oktober feierte die Kriegerkameradschaft ihr 60jähriges Jubiläums- und<br />

Stiftungsfest. Die Kriegerkameradschaft wurde im Frühjahr <strong>1961</strong> wieder <strong>in</strong>s Leben<br />

gerufen. Heute zählt die Kameradschaft bereits wieder ca. 70 Mitglieder.<br />

Von dem Fest berichten Zeitungsausschnitte. 26 Als Vorstandsmitglieder fungieren zur<br />

Zeit Willi Schmittmeier, Georg Timmermann und Ferdi Fehr<strong>in</strong>g. Der Kriegervere<strong>in</strong><br />

25 In der Chronik ist e<strong>in</strong> amtlicher Stimmzettel e<strong>in</strong>geklebt.<br />

26 Die beiden undatierten Zeitungsausschnitte tragen die Überschriften „<strong>50</strong> Jahre treue Kameradschaft<br />

– Landrat Wilper hält die Totengedenkrede beim Krieger-Jubiläum“ und „Kriegerkameradschaft mahnt<br />

zum Frieden. – Zahlreiche Gäste beim 60-Jahre-Jubelfest / Ehrung von Veteranen“. Im ersten Artikel<br />

werden neben dem geplanten Festablauf e<strong>in</strong>zelne Ereignisse aus der Vere<strong>in</strong>sgeschichte genannt<br />

12


nahm auch wieder den schönen Brauch auf, am Tage Buß- und Bettag für die<br />

Gefallenen e<strong>in</strong>e Messe lesen zu lassen und dann am Kriegerdenkmal e<strong>in</strong>en Kranz<br />

niederzulegen. Dies soll schon <strong>vor</strong> dem 2. Weltkriege Tradition geworden se<strong>in</strong>.<br />

(S. 249 bis 251: ohne Text, Zeitungsausschnitte) 27<br />

(S. 252)<br />

November<br />

Der November war naß und kalt und brachte am Ende des Monats sehr viel Regen.<br />

Am 14. 11. konnte endlich das Richtfest der Friedhofskapelle gefeiert werden. Da<br />

das Leben <strong>in</strong> den kirchlichen Vere<strong>in</strong>en – ausgenommen der Müttervere<strong>in</strong>, der im<br />

Oktober e<strong>in</strong>en bes<strong>in</strong>nlichen Nachmittag bei Kuchen und Kaffee veranstaltete und im<br />

Dezember ihre alten (über 60 Jahre alte) Mitglieder bewirtete und durch Vorträge und<br />

kle<strong>in</strong>e Spiele erfreute – ziemlich erloschen ist, wurde e<strong>in</strong>e Kolp<strong>in</strong>gsfamilie <strong>in</strong>s Leben<br />

gerufen. Über deren Gründungsversammlung berichtet der nebenstehende Artikel<br />

aus der Tageszeitung. 28 Sonst machen die kirchlichen Vere<strong>in</strong>e nur noch ihre Jahres-<br />

ausflüge mit dem Omnibus.<br />

Am Missionssonntag im November erbrachte die Kollekte e<strong>in</strong>schließlich Haus Widey<br />

1 600,– DM. Im November wurden wie alljährlich die Häuser durch den Pfarrvikar<br />

geweiht. Gleichzeitig mit der Weihe wurde e<strong>in</strong>e Kollekte für e<strong>in</strong>en neuen Baldach<strong>in</strong><br />

abgehalten.<br />

Am 25. und 26. November veranstaltete der Geflügelzuchtvere<strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong> die<br />

Kreisgeflügelausstellung <strong>in</strong> der Schützenhalle. Die Ausstellung wurde wieder e<strong>in</strong><br />

voller Erfolg.<br />

(1898: Gründung, <strong>1911</strong>: Bau der Halle durch den Schützen- und den Kriegervere<strong>in</strong>, 1938: Feier des<br />

Vere<strong>in</strong>sjubiläums).<br />

Der zweite Zeitungsartikel berichtet vom Ablauf der Jubiläumsveranstaltung, an der 11 Gastvere<strong>in</strong>e<br />

teilnahmen. Der Vorsitzende der Kriegerkameradschaft Salzkotten, Wördehoff zeichnete 6 Mitglieder<br />

aus <strong>Scharmede</strong> für e<strong>in</strong>e langjährige Vere<strong>in</strong>sangehörigkeit aus.<br />

Hans Kohlenberg weist <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em <strong>Scharmede</strong>r Heimatbuch zu Recht darauf h<strong>in</strong>, dass das Jubiläum<br />

mit e<strong>in</strong>er dreijährigen Verspätung begangen wurde. Erst im Mai des Jahres war es bei e<strong>in</strong>er Versammlung<br />

<strong>in</strong> der Gastwirtschaft Thiele zu e<strong>in</strong>er Wiederbegründung gekommen (Kohlenberg, H.,<br />

<strong>Scharmede</strong>, Salzkotten 1979, S. 324; s. a. Kameradschaft ehemaliger Soldaten <strong>Scharmede</strong>, Hg.:<br />

Festschrift zum 75-jährigen Bestehen der Kameradschaft ehemaliger Soldaten, <strong>Scharmede</strong> 1973,<br />

S. 38f.)<br />

27<br />

In den Zeitungsartikeln geht es um Berichte über Sitzungen des Geme<strong>in</strong>derates und um die<br />

Geschichte der alten <strong>Scharmede</strong>r Glocke.<br />

28<br />

Der undatierte Zeitungsausschnitt mit der Überschrift „Neue Kolp<strong>in</strong>gsfamilie gegründet“ berichtet<br />

u. a. über die Wahl e<strong>in</strong>es provisorischen Vorstandes, dem neben Bernhe<strong>in</strong>z Wippermann als Senior<br />

Hansi Freitag, Leo Rode, He<strong>in</strong>z Wapelhorst, Alfons Verspohl und He<strong>in</strong>z-Josef Hupe angehörten.<br />

13


Auch <strong>in</strong> diesem Jahre zogen die K<strong>in</strong>der von <strong>Scharmede</strong> am St. Mart<strong>in</strong>stag nach<br />

Bentfeld und beteiligten sich dort am Mart<strong>in</strong>szug. 29 Bei herrlichem Wetter zogen sie<br />

mit den Fackeln durchs Dorf, um nachher e<strong>in</strong>e „süße“ Tüte zu erhalten, die die<br />

Geme<strong>in</strong>de <strong>Scharmede</strong> stiftet.<br />

(S. 253)<br />

Dezember<br />

Der Dezember bescherte uns zunächst Regen. Dann brachte er trockenen Frost, der<br />

zwischen Weihnachten und Neujahr sehr streng wurde (12° unter Null). Dadurch kam<br />

es auch, daß die Zuleitungsrohre der Heizung der neuen Schule zufroren und e<strong>in</strong><br />

Rohr sogar platzte. Um Öl zu sparen, war die Heizung abgestellt. Nun mußte e<strong>in</strong>e<br />

Wand <strong>in</strong> der Schule aufgestemmt werden, um an die Bruchstelle zu kommen. Weiter<br />

war e<strong>in</strong>e Rippe e<strong>in</strong>es Heizkörpers durch den Frost geplatzt. Da der Schaden recht<br />

bald – trotz der Ferien – gemerkt wurde, konnte größerer Schaden durch Heizen ver-<br />

mieden werden.<br />

An dieser Stelle sei auch erwähnt, daß die Schule seit etwa 2 <strong>Jahren</strong> den Namen<br />

Christophorusschule heißt nach dem Christophorusmosaik an der Straßenseite.<br />

Zu diesem Mosaik wurden über 83 000 kle<strong>in</strong>e Ste<strong>in</strong>e verbraucht 30 . Die Idee des<br />

Christophorusbildes stammt vom hiesigen Architekten Gees, der bei e<strong>in</strong>er Omnibus-<br />

fahrt des Sportvere<strong>in</strong>s <strong>vor</strong>n im Bus die Christophorusplakette entdeckte. Sofort<br />

durchzuckte ihn der Gedanke: Das wäre etwas für unsere Schule. Vom Gedanken<br />

bis zur Ausführung war (es) zwar e<strong>in</strong> weiter Weg, doch wurde er beschritten. Im<br />

Dezember erhielt die Schule endlich das erste E<strong>in</strong>gangstor nach der Bahnhofsstraße<br />

h<strong>in</strong>. Wann das letzte Tor fertig wird, steht noch nicht fest.<br />

Am 4. Dezember war die allgeme<strong>in</strong>e Viehzählung, die folgendes Ergebnis hatte: 37<br />

Pferdehalter mit 48 Pferden, 130 Schwe<strong>in</strong>ehalter mit 1530 Schwe<strong>in</strong>en (296 Ferkel<br />

unter 8 Wochen, 672 Jungschwe<strong>in</strong>e 8 Wochen bis ½ Jahr alt, 446 Schlachtschwe<strong>in</strong>e<br />

über ½ Jahr alt, 74 tragende und 40 nicht trächtige Sauen und 2 Eber), 4 Halter mit 7<br />

Ziegen, 57 Bienenvölker, bei 154 Haltern 3458 Hühner, bei 10 Haltern 51 Gänse, bei<br />

29 Der Mart<strong>in</strong>sumzug, der früher <strong>in</strong> Ostwestfalen unbekannt war, wurde 1949 durch den Hauptlehrer<br />

Rosenthal <strong>in</strong> Bentfeld e<strong>in</strong>geführt. Er hatte diesen Brauch als Junglehrer im Rhe<strong>in</strong>land kennen gelernt.<br />

In Bentfeld er<strong>in</strong>nert der Anton-Rosenthal-Platz mit Gedenkste<strong>in</strong> und Informationstafel an se<strong>in</strong>e<br />

Verdienste.<br />

30 Hier liegt wahrsche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong> Schreibfehler des Chronisten <strong>vor</strong>, denn <strong>in</strong> der Jahreschronik 1959<br />

nennt J. Fleitmann 28300 Mosaikste<strong>in</strong>e (Bd.2, S.214). Diese Zahl wird annähernd durch e<strong>in</strong>e<br />

Hochrechnung bestätigt, die 2009 bei Renovierungsarbeiten erfolgte. Nach Angaben der Ortschronist<strong>in</strong><br />

Ulla Kirchhoff wurde bei e<strong>in</strong>er Fläche von 13,6 qm e<strong>in</strong>e Zahl von 23745 E<strong>in</strong>zelste<strong>in</strong>en<br />

ermittelt.<br />

14


11 Haltern 166 Enten, bei 113 Haltern waren 821 Stück R<strong>in</strong>dvieh, davon waren 366<br />

Milchkühe.<br />

(S. 254)<br />

In der Landwirtschaft fällt besonders die weitere Mechanisierung auf, denn Arbeits-<br />

kräfte s<strong>in</strong>d sehr rar. Heute besitzt jeder Bauer e<strong>in</strong>en Stalldungstreuer. Selbst kle<strong>in</strong>ere<br />

Betriebe (Nebenbetriebe mit 5–6 Morgen Land) haben heute e<strong>in</strong>en Trecker von ca,<br />

15 PS Stärke. An dieser Stelle seien sofort die Preise der Landwirtschaft genannt:<br />

bis 8 Wochen alte Ferkel 30 DM je Stück, Schwe<strong>in</strong>e 112 DM je Zentner<br />

Lebendgewicht, e<strong>in</strong>e gute Kuh 1000,– bis 1300,– DM. 1 Ei kostete um Weihnachten<br />

19–20 Pf, 1 Suppenhuhn 5,– bis 6,– ab Hof, geschlachtet. Da <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong> mehrere<br />

Geflügelzüchter s<strong>in</strong>d, wurden zu Weihnachten sehr viel Schlachtgeflügel verkauft.<br />

Die Hasenjagd brachte e<strong>in</strong>e mittlere Strecke, da der nasse Sommer den Junghasen<br />

sehr geschadet hat.<br />

Weihnachten führte die Kath. Jugend das Schauspiel „Bergkristall“ nach e<strong>in</strong>er<br />

Novelle von Adalbert Stifter auf. Für K<strong>in</strong>der betrug der E<strong>in</strong>trittspreis <strong>50</strong> Pf; für<br />

Erwachsene wurde am 1. Januar noch e<strong>in</strong>mal gespielt, dafür mußte man 1,<strong>50</strong> DM an<br />

E<strong>in</strong>tritt bezahlen. An dieser Stelle sei e<strong>in</strong>mal erwähnt, wie die Vere<strong>in</strong>e ihre immer<br />

magere Kasse auffüllen. Die Beiträge reichen durchweg für die Vere<strong>in</strong>e nicht aus,<br />

der Schützenvere<strong>in</strong> und der Kriegervere<strong>in</strong> vielleicht ausgenommen. Vor dem 2. Welt-<br />

kriege und sofort nach dem Kriege „zogen“ Theaterstücke, an die sich ab und zu e<strong>in</strong><br />

lustiger Abend anschloß. Andere Vere<strong>in</strong>e veranstalteten e<strong>in</strong> Preisschießen. 1 oder 2<br />

Wochen lang wird <strong>in</strong> jeder der 3 Wirtschaften mit e<strong>in</strong>em Luftgewehr auf Scheibe<br />

geschossen. Jeden Tag gibt es e<strong>in</strong>en Tagespreis z. B. e<strong>in</strong>e Flasche Wacholder oder<br />

We<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>e Wurst o. ä. Wer die Höchstr<strong>in</strong>gzahl hat, erhält den ersten Preis, der <strong>in</strong> den<br />

letzten <strong>Jahren</strong> 100,– DM betrug, der 2. Preis betrug <strong>50</strong>,– DM, der 3. Preis 30,– DM.<br />

Andere Vere<strong>in</strong>e veranstalten e<strong>in</strong> Tanzvergnügen oder e<strong>in</strong>e Ausstellung mit e<strong>in</strong>er<br />

Verlosung. Verlost<br />

(S. 255)<br />

werden Gegenstände, die zum Teil gestiftet s<strong>in</strong>d. Da unter den Losen auch allerlei<br />

Nieten s<strong>in</strong>d, bleibt am Ende für die Vere<strong>in</strong>skasse mehr oder weniger übrig. Zahlen<br />

kann der Chronist nicht nennen, denn niemand läßt sich gern <strong>in</strong>s Portemonnaie<br />

sehen. Die e<strong>in</strong>zelnen Vere<strong>in</strong>e halten fest zusammen und unterstützen sich<br />

gegenseitig.<br />

15


Das Standesamt Salzkotten, zu dem auch <strong>Scharmede</strong> gehört, beurkundete für<br />

<strong>Scharmede</strong>: 18 Geburten, 9 Eheschließungen und 12 Sterbefälle. Der Pfarrvikar gab<br />

<strong>in</strong> der Jahresschlußandacht folgende Zahlen bekannt: 22 Taufen, 8 Trauungen,<br />

10 Beerdigungen (beerdigt wurden 1 Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>d, 1 Jungmann 26 Jahre alt, 3 Tote<br />

über 60 Jahre alt, 3 über 70 Jahre alt, 2 über 80 Jahre alt). 1600,– DM wurde für die<br />

Caritas im letzten Jahr gespendet. <strong>50</strong> Pakete wurden <strong>in</strong> die Ostzone versandt. Hier<br />

s<strong>in</strong>d nicht die Pakete gezählt, die e<strong>in</strong>zelne E<strong>in</strong>wohner an ihre Verwandten sandten.<br />

Für die Mission wurde 11 537,02 DM aufgebracht. Hier<strong>in</strong> war noch nicht die K<strong>in</strong>der-<br />

kollekte am 31. Dezember und nicht für das Geld für die Heidenk<strong>in</strong>der, das die<br />

Schulk<strong>in</strong>der spendeten, (enthalten). Die „Adveniat“-Kollekte zu Weihnachten, die für<br />

Südamerika bestimmt ist, erbrachte rund 2 200,– DM. Weiter gab der Vikar bekannt,<br />

daß e<strong>in</strong> Tresor für die liturgischen Gefäße <strong>in</strong> der Sakristei und e<strong>in</strong> neues Meßgewand<br />

beschafft seien. Seit dem 3. Adventssonntag ist Sonntags e<strong>in</strong>e 3. Messe – e<strong>in</strong>e<br />

Messe für die K<strong>in</strong>der –, da die Kirche heute schon zu kle<strong>in</strong> für <strong>Scharmede</strong> ist.<br />

Die Zahl der <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong> angeschlossenen Fernsehgeräte betrug etwa 100, das<br />

heißt, daß etwa <strong>in</strong> jedem 3. Haus e<strong>in</strong> Gerät steht. Am meisten werden die Geräte<br />

angestellt, solange diese noch neu s<strong>in</strong>d und der Zuschauer noch nicht „genug“<br />

gesehen hat. Nach e<strong>in</strong>er Zeit läßt das ungewählte Sehen nach. Für e<strong>in</strong> Gerät muß<br />

man im Monat 7,00 DM bezahlen. Die<br />

(S. 256)<br />

Gebühr zieht die Post e<strong>in</strong>. Heute kann man mit e<strong>in</strong>em neuen Gerät 2 verschiedene<br />

Programme wählen. Noch senden die Sender nur am Nachmittag und Abend.<br />

Am Ende des Jahres hatte <strong>Scharmede</strong> 1578 E<strong>in</strong>wohner.<br />

Der ordentliche Haushaltsplan schloß <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>- und Ausgabe mit 303 918,– DM ab,<br />

der außerordentliche Plan schloß mit 77 000,– DM ab. An Steuern wurden erhoben:<br />

Grundsteuer A = 200 % Aufkommen 16 200,– , Steuer B = 200 % = 8 900,– ,<br />

Grundsteuer C = 200 %. Diese Steuer ist neu, es ist e<strong>in</strong>e Baulandsteuer für Flächen<br />

<strong>in</strong>nerhalb der Geme<strong>in</strong>de, die vom Geme<strong>in</strong>derat als Bauland ausgewiesen werden.<br />

Wie der Chronist hörte, hat der Geme<strong>in</strong>derat <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Sitzung noch ke<strong>in</strong> Land zum<br />

Bauland erklärt, da e<strong>in</strong>erseits die Häuser sehr weit ause<strong>in</strong>andergezogen s<strong>in</strong>d – viele<br />

Ländereien liegen zwischen den Häusern <strong>in</strong>nerhalb des Dorfes, besonders zwischen<br />

dem Dorfkern und der Siedlung am Bahnhof – andererseits ist noch Bauland<br />

<strong>vor</strong>handen, das im Besitz der „Aachener Siedlungsgesellschaft“ sich bef<strong>in</strong>det. Dort<br />

16


s<strong>in</strong>d 42 Bauplätze, aber bisher nur 17 Bauwillige. An Gewerbesteuer wurde 2<strong>50</strong> % =<br />

32 000,– DM erhoben. An Schlüsselzuweisung erhielt die Geme<strong>in</strong>de 174 779,– DM.<br />

An dieser Stelle seien auch e<strong>in</strong>mal die Vergütung für den Chronisten für das Führen<br />

der Chronik genannt, soweit sie dem Chronisten bekannt s<strong>in</strong>d. 1892 erhielt der<br />

Chronist laut Bericht der alten Chronik 6,– Mark, 19<strong>50</strong>–1953 gab es 10,– DM, dann<br />

bis 1958 25,– DM, von 1958 an 40,– DM. Die Preise stiegen im letzten Jahr für<br />

manche Waren und Dienstleistungen. So kostet das Haarschneiden für Herren 1,80<br />

DM, für K<strong>in</strong>der 1,20 DM, e<strong>in</strong>e <strong>Was</strong>serwelle für Damen mit Haarwäsche 3,<strong>50</strong> DM, e<strong>in</strong>e<br />

Dauerwelle ca. 15,– DM, Rauchwaren und Genußmittel (Bier, We<strong>in</strong>, Schnaps, Kaffee<br />

und Tee) blieben <strong>in</strong> ihren Preisen konstant. Handwerkerlöhne stiegen um ca. 10 %.<br />

Die Butter- und Zuckerpreise<br />

(S. 257)<br />

waren die gleichen wie im Vorjahr. Schokolade war zum Teil sogar billiger als im<br />

Vorjahr. Um die Jahreswende gab es e<strong>in</strong> sehr großes Angebot von Apfels<strong>in</strong>en. Man<br />

konnte je nach Größe für 1 DM 10, 8, 7, 5, 4, und 3 Apfels<strong>in</strong>en erwerben. 1 kg<br />

kostete 1,20 DM. 1 Zentner Roggen kostete 19,80 DM, Weizen 20,80 DM, Hafer<br />

17,<strong>50</strong> DM, Gerste 18,– DM, Kleie 11,– DM, Fischmehl 30,– DM. Kunstdünger:<br />

Thomasmehl 5,00, Kali 6,<strong>50</strong> DM, Volldünger 14,00 DM, Ste<strong>in</strong>kohlen je Zentner 5,10<br />

DM, Briketts 3,90 DM.<br />

In <strong>Scharmede</strong> wurden im Jahre <strong>1961</strong> ca. 20–25 Autos neu zugelassen. Die Zahl der<br />

Motorräder g<strong>in</strong>g sehr stark zurück. In <strong>Scharmede</strong> laufen etwa 80–90 Autos.<br />

Seit Oktober kommt <strong>in</strong> jeder Woche am Donnerstag von 17–18 Uhr der Sparbus der<br />

Kreissparkasse Büren nach hier und tätigt Sparkassengeschäfte; dort kann man<br />

e<strong>in</strong>zahlen und abheben 31 .<br />

Laut Zeitungsbericht übernimmt der Kreis Büren die Straße von Kemper-Block an der<br />

Bundesstraße 1 über Verne, Thüle, <strong>Scharmede</strong> nach Elsen. Wenn der Kreis die<br />

Straße so übernimmt, wie sie augenblicklich ist, dann kann die Geme<strong>in</strong>de zufrieden<br />

se<strong>in</strong>, denn die Bahnhofsstraße gebraucht <strong>in</strong> nächster Zeit e<strong>in</strong>en neuen Teerüberzug.<br />

In der Nacht vom 30. zum 31. Dezember fuhr e<strong>in</strong> englischer Militärpersonenwagen<br />

neben der Brücke über die Bahn die Böschung herab und blieb auf den Schienen<br />

31 Bereits seit 1953 hielt die Spar- und Darlehnskasse Thüle <strong>in</strong> der Gaststätte Wiehmeier „Sprechstunden<br />

ohne Kontoführung“ ab. E<strong>in</strong>e Zweigstelle der Spadaka wurde 1963 <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong> auf dem<br />

Grundstück der ehemaligen Hofstätte Wern<strong>in</strong>g-Ottens eröffnet.<br />

17


liegen. Personen kamen nicht zu Schaden. Nur der Zugverkehr war 1 Stunde<br />

gesperrt. Die Sportplatzfrage konnte noch nicht geklärt werden.<br />

<strong>Scharmede</strong>, im Januar 1962 Josef Fleitmann<br />

Die Chronik des Jahres <strong>1961</strong> wurde <strong>in</strong> der<br />

öffentlichen Geme<strong>in</strong>deratssitzung vom<br />

13. März 1962 verlesen.<br />

Wiehmeier<br />

Bgmstr.<br />

18


<strong>Scharmede</strong> <strong>vor</strong> 100 <strong>Jahren</strong><br />

Chronik der Geme<strong>in</strong>de aus dem Jahre <strong>1911</strong> 32<br />

Chronikführer: Karl Joseph Alpmann 33<br />

Vorbemerkung: Für e<strong>in</strong>e bessere Lesbarkeit wurden die Schreibweise der Wörter<br />

und die Zeichensetzung den heute gültigen Rechtschreibregeln weitgehend angepasst.<br />

Ergänzungen s<strong>in</strong>d durch Klammern gekennzeichnet. E<strong>in</strong>e zeichengenaue<br />

Abschrift bef<strong>in</strong>det sich im Archiv des Heimatvere<strong>in</strong>s.<br />

Die Fußnoten (Erläuterungen) wurden für diese Veröffentlichung h<strong>in</strong>zugefügt.<br />

(S. 185)<br />

Jahr <strong>1911</strong><br />

Der Monat Januar war naß und kalt, mit etwas Schnee und ohne Frost, jedoch sehr<br />

stürmisch.<br />

Monat Februar f<strong>in</strong>g mit starkem Frost und Schneegestöber an, welches jedoch nur<br />

e<strong>in</strong>e Woche anhielt, darauf gab es wieder Tauwetter mit Regen, Sturm und Schnee-<br />

gestöber. Die Äcker und Wege waren derart durchnäßt, daß man mit Pferd und<br />

Wagen nichts machen konnte. Die Getreidepreise waren <strong>in</strong>folge des gel<strong>in</strong>den<br />

W<strong>in</strong>ters im allgeme<strong>in</strong>en niedriger als im Herbst 1910. Weizen pro Zentner 9 Mark,<br />

Roggen 7 bis 7 ½ Mark, Hafer 8 bis 9 Mark, Stroh 2 Mark, Heu 2 bis 2 M. 20 Mark,<br />

Kartoffeln 2,<strong>50</strong>. Fette Schwe<strong>in</strong>e, welche im Herbst 52 Mark pro Zentner Lebend-<br />

gewicht, kosten heute nur 42 bis 44 Mark.<br />

Dagegen waren die Ferkel von 6 Wochen alt gut bezahlt, selbe kosten pro Stück 15<br />

bis 20 Mark, auch R<strong>in</strong>dvieh war gut im Preise. Die Märkte <strong>in</strong> der Umgegend von<br />

Paderborn und Lippstadt wurden seit Januar wegen des Ausbruchs der Maul- und<br />

Klauenseuche <strong>in</strong> den Nachbarkreisen gesperrt, und durften deshalb nur mit Pferden<br />

betrieben werden, wodurch der Handel sehr geschädigt wurde. R<strong>in</strong>d(er) und<br />

Schwe<strong>in</strong>e durften deshalb nur aus dem Stalle verkauft werden.<br />

32<br />

Geme<strong>in</strong>dechronik <strong>Scharmede</strong>, Bd. 1, S.185–189. Die Texte wurden bis 1941 <strong>in</strong> deutscher Schrift<br />

niedergeschrieben.<br />

33<br />

Der Verfasser der nachfolgenden Chronik von 1910 war als Vorsteher der Geme<strong>in</strong>de 1886 mit<br />

dieser Aufgabe betraut worden und führte die Chronik 30 Jahre bis zu se<strong>in</strong>em Tode im Jahre 1916.<br />

Der 1837 geborene Vorsteher und Chronist hat <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong> die Jahrzehnte um die Jahrhundertwende<br />

entscheidend mitgestaltet. In se<strong>in</strong>er 40-jährigen Amtszeit als Bürgermeister, die mit e<strong>in</strong>er nur<br />

zweijährigen Unterbrechung von 1872 bis <strong>in</strong> das Jahr 1914 reichte, wurden <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong> entscheidende<br />

Vorhaben auf den Weg gebracht wie die Errichtung des Stationsgebäudes (1884), der<br />

Bau der Vikarie (1892), der Chausseebau zwischen Salzkotten und Bentfeld (1899), der Bau der<br />

Kirche (1906) und die Errichtung der Schützen- und Kriegerhalle (1912).<br />

19


Monat März f<strong>in</strong>g mit ziemlich trockenen Wetter an, worauf jedoch wieder Sturm und<br />

Regen folgte.<br />

Im Monat April war (es) stets trocken und kalt, die Ostertage, 16 – 17 April, waren so<br />

kalt, daß die Öfen stets geheizt werden mußten.<br />

Am 26. April verließ uns der Herr Vicar Schaefers 34 und wurde nach Bühne, Kreis<br />

Warburg, versetzt. Mai, den 6 ten erhielten wir für den beliebten Herrn Schaefers den<br />

jetzigen Herrn Vicar L<strong>in</strong>gen 35 von Her<strong>in</strong>ghausen<br />

(S. 186)<br />

bei Meschede, geboren zu Paderborn. Dem bisherigen Herrn Vicar Schaefers wurde<br />

von der Geme<strong>in</strong>de zur Anerkennung se<strong>in</strong>er 8jährigen Dienstzeit e<strong>in</strong> Geschenk<br />

gegeben, bestehend aus e<strong>in</strong>em Bücherschrank, welches von der Firma Schwarzen-<br />

dahl 36 <strong>in</strong> Paderborn geliefert wurde, und zwar für den Preis von 170 Mark. Dieses<br />

Geschenk wurde dem Herrn Vicar am Vorabend se<strong>in</strong>er Scheidung von der Geme<strong>in</strong>-<br />

devertretung <strong>in</strong> dessen Wohnung überreicht.<br />

Das Wetter <strong>in</strong> diesem Monat blieb stets trocken und kalt. Die Sommerfrucht g<strong>in</strong>g<br />

ziemlich gut auf, bei der ungünstigen Witterung gedeiete die Frucht schlecht.<br />

Namentlich blieben die Futterkräuter, Klee und Heu, welche im Monat April <strong>in</strong> den<br />

kalten Nächten nochmals verfroren waren, <strong>in</strong> ihrem Wachstum zurück. Das Kuhvieh<br />

konnte erst <strong>in</strong> der Mitte dieses Monats auf den Weiden das nötige Futter suchen.<br />

Der Monat Juni f<strong>in</strong>g mit ziemlich warmen Tagen an, ohne Regen. Somit blieben<br />

sämtliche Früchte ohne Wachstum, nur der Roggen und Weizen konnte die trockene<br />

Witterung abhalten Das <strong>Was</strong>ser im Orte war um diese Zeit so knapp, daß die im<br />

oberhalb des Dorfes wohnenden E<strong>in</strong>wohner das nötige <strong>Was</strong>ser für Menschen und<br />

Vieh fahren mußten, da die Brunnen trocken waren. Infolge dieser ungünstigen<br />

Witterung sanken die Schwe<strong>in</strong>epreise fast um die Hälfte gegen Februar und März.<br />

Der Monat Juli und August war stets trocken und dabei sehr warm, jedoch ohne<br />

besondere Gewitter, die Ernte war schon Mitte August beendet. Die Kartoffeln hielten<br />

34 Pfarrvikar Joseph Schäfers wirkte seit dem 1.10.1903 <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong>. In se<strong>in</strong>er Amtszeit erreichte<br />

<strong>Scharmede</strong> wichtige Schritte <strong>in</strong> die kirchliche Selbstständigkeit (u.a. die Führung eigener Kirchenbücher<br />

und die Genehmigung für eigenständige Prozessionen). 1905/06 wurde die heutige Kirche St.<br />

Petrus und Paulus erbaut, die <strong>in</strong> den kommenden <strong>Jahren</strong> weiter ausgestaltet wurde (u.a. Josefsaltar,<br />

Orgel, Kirchenglocken).<br />

35 Pfarrvikar He<strong>in</strong>rich L<strong>in</strong>gen (geb. 1861 <strong>in</strong> Paderborn) blieb bis zu se<strong>in</strong>er Versetzung <strong>in</strong> den<br />

Ruhestand am 1.9.1931 <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong>. Wenige Monate später, am 20.12.1931, starb er <strong>in</strong> Paderborn.<br />

Nach ihm ist <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong> e<strong>in</strong>e Straße benannt. (Für se<strong>in</strong>en Vorgänger, s. Anm. 30, ist e<strong>in</strong>e solche<br />

Ehrung bisher nicht erfolgt.)<br />

36 Die Schre<strong>in</strong>erei Schwarzendahl war <strong>in</strong> Paderborn <strong>in</strong> der Mühlenstraße ansässig (Telephon-<br />

Adressbuch für das Deutsche Reich 1907).<br />

20


sich bei der großen Dürre ganz grün, mußten im September, wo das Laub nur halb<br />

abgestorben war, aus der Erde gemacht werden.<br />

(S. 187)<br />

Die Ernte war <strong>in</strong> Weizen und Roggen ziemlich gut, dagegen war der Hafer auf dem<br />

Felde halb vertrocknet und notreif geworden. Dieserhalb war auch die Haferernte<br />

(als) sehr schlecht zu bezeichnen. Die Kartoffeln lieferten e<strong>in</strong>en guten Ertrag, waren<br />

kle<strong>in</strong> geblieben, jedoch gesund. Ende September gab es ger<strong>in</strong>gen Regen, wobei der<br />

Weizen und Roggen gut und schön <strong>in</strong> die Erde gebracht werden konnte. Die Wurzel-<br />

gewächse, Runkeln und Steckrüben, namentlich die Steckrüben, waren von Unge-<br />

ziefer total abgefressen und gab es fast gar ke<strong>in</strong>e Steckrüben, dazu noch halb faule,<br />

was e<strong>in</strong> großer Ausfall im Futter für Kuhvieh und Schwe<strong>in</strong>e ist.<br />

Da es im ganzen Sommer nur ganz wenig Regen gab, war die Klee- und Heuernte<br />

sehr knapp, jedoch war der erste Schnitt noch ziemlich gut dabei ganz trocken unter<br />

Dach gebracht. Dagegen war der 2 te Schnitt fast gar nicht zu mähen und mußte <strong>in</strong><br />

betreff des Futtermangels mit dem Kuhvieh abgeweidet werden. Die Weiden waren<br />

im Monat September und October ganz abgestorben und (es) mußte das Vieh schon<br />

notgedrungen schon auf der Stelle durch Futter erhalten werden, dabei stets ohne<br />

<strong>Was</strong>ser, welches bis anfangs Dezember von auswärts mit Wagen herbeigeschafft<br />

werden mußte, da fast sämtliche Brunnen ke<strong>in</strong> <strong>Was</strong>ser mehr hatten. Die ältesten<br />

Leute denken sich, nicht e<strong>in</strong> so trockenes Jahr erlebt zu haben.<br />

Der Monat Dezember f<strong>in</strong>g mit gel<strong>in</strong>dem Regen an, weshalb das Gras auf den Wie-<br />

den, wo ke<strong>in</strong> grünes Blatt mehr zu sehen war, wieder ganz üppig und grün wurde, so<br />

daß das Vieh <strong>in</strong> diesem Monat mehr Gras hatte wie im ganzen Spätherbst. Somit<br />

waren die Weihnachtstage e<strong>in</strong> Frühl<strong>in</strong>gswetter.<br />

(S. 188)<br />

Im Folge des großen Futtermangels waren die Viehpreise im Herbst sehr niedrig,<br />

besonders die Schwe<strong>in</strong>e, welche man kaum mehr an den Mann br<strong>in</strong>gen konnte.<br />

Ferkel von 6 Wochen konnte man für 5 bis 8 Mark pro Stück kaufen, gute fette<br />

Schwe<strong>in</strong>e kosten pro 100 Pfund Lebendgewicht 40 bis 44 Mark. R<strong>in</strong>dvieh wurde viel<br />

unter dem Wert billig verkauft. Die Fruchtpreise blieben ziemlich hoch, Weizen pro<br />

Zentner 10 Mark, Roggen 9 bis 9 ½ Mark, Hafer 9 bis 10 Mark, Kartoffeln 3 M. <strong>50</strong> bis<br />

4 Mark, Heu 2 M. <strong>50</strong> bis 3 Mark, Stroh 2 M. 20 Mark.<br />

Am 1. Dezember fand die allgeme<strong>in</strong>e Viehzählung statt; es wurden gezählt <strong>in</strong> 102<br />

Wohnungen mit Vieh: 87 Pferde, 435 Stück R<strong>in</strong>dvieh, 25 Schafe und 711 Schwe<strong>in</strong>e.<br />

21


Beim hiesigen Standesamte wurden angemeldet 28 Geburten, 17 Sterbefälle und 3<br />

Hochzeiten.<br />

Die Geme<strong>in</strong>dehaushaltslage weist e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>nahme und Ausgabe von 16 400 Mark<br />

auf. Auch wurde <strong>in</strong> diesem Jahre von dem hiesigen Schützenvere<strong>in</strong> und Krieger-<br />

vere<strong>in</strong> 37 e<strong>in</strong>e neue Vere<strong>in</strong>shalle auf dem Geme<strong>in</strong>degrundstück Ziegeleiberg 38<br />

errichtet. Die Kosten zu dem Bau haben die Vere<strong>in</strong>e übernommen und werden auf<br />

etwa 12000 Mark betragen, wozu von der Königlichen Regierung e<strong>in</strong> Zuschuß von<br />

2000 Mark bewilligt worden ist. Der Bauplatz bleibt Eigentum der Geme<strong>in</strong>de. Für die<br />

Hergabe der Bauerlaubnis auf dem Geme<strong>in</strong>deplatz hat der Vere<strong>in</strong> die Verpflichtung<br />

über-nommen, den Lehrpersonen die Halle und (den) Platz zum Spielen und Turnen<br />

zu jeder Jahreszeit unentgeltlich zu überlassen, auch hat der noch neu zu gründende<br />

Jugendvere<strong>in</strong> dasselbe Anrecht auf den Platz mit Halle zu jeder Zeit frei zu über-<br />

lassen. Soweit der Bau und Spielplatz dem Vere<strong>in</strong> zur Benutzung überlassen ist von<br />

(S. 189)<br />

Seiten der Geme<strong>in</strong>de, (ist er ?) durch e<strong>in</strong>e Drahte<strong>in</strong>friedigung abgegrenzt. Der Vor-<br />

platz und Turnplatz im Umfange der neuen Halle ist von Seiten der Geme<strong>in</strong>de auf<br />

eigene Kosten planiert worden, die Kosten hierüber betragen 455 Mark und s<strong>in</strong>d von<br />

dem Unternehmer Joseph Temme ausgeführt worden.<br />

In der heutigen Sitzung der Geme<strong>in</strong>deverordneten wurde diese Chronik pro <strong>1911</strong><br />

verlesen und für richtig befunden.<br />

<strong>Scharmede</strong>, 29. Februar 1912<br />

Die Geme<strong>in</strong>devertretung<br />

Tembories, Westermeier, Fecke, Hupe<br />

Der Vorsteher Alpmann, Führer der Chronik<br />

37 Der 1898 gegründete Vere<strong>in</strong> hieß ursprünglich „Krieger-, Landwehr- und Reserve-Vere<strong>in</strong>“.<br />

38 Die Chronik-Bezeichnung Ziegeleiberg (heute: Hallenberg) er<strong>in</strong>nert an die Vergangenheit der<br />

ehemaligen Geme<strong>in</strong>deziegelei, deren Geschichte rund 60 Jahre <strong>vor</strong>her beendet war. Für diese<br />

erstmals 1829 nachweisbare Ziegelei liegen umfangreiche Quellen <strong>vor</strong> (Inventarlisten, Pachtverträge<br />

usw.) Die Ziegelei wurde zunächst an lippische Wanderziegler verpachtet. 1851 übernahm Johann<br />

Matthias Ferl<strong>in</strong>g, Eigentümer e<strong>in</strong>er privaten Ziegelei am Henschensberg <strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong>, auch die<br />

Geme<strong>in</strong>deziegelei. 1852 wurde sie abgebrochen.<br />

He<strong>in</strong>z J. Claus; <strong>Scharmede</strong>r Ziegeleien im 19. Jahrhundert: Die Geme<strong>in</strong>deziegelei, <strong>in</strong>: Heimatvere<strong>in</strong><br />

<strong>Scharmede</strong> e.V. (Hg.), 25 Jahre Heimatvere<strong>in</strong> <strong>Scharmede</strong>, Festschrift, <strong>Scharmede</strong> 2001, S. 57-61.<br />

22

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