19.10.2020 Aufrufe

VKD-Praxisberichte 2020

Corona als großes Thema – die alten Brandherde schwelen aber weiter Monate, die es in sich hatten – VKD-Praxisberichte 2020 erschienen Die Zahlen steigen wieder – die zweite Wellte der Corona-Pandemie scheint anzurollen. „Wir in den Krankenhäusern sind bereit und in der Lage, die notwendigen Kapazitäten dafür wieder hochzufahren“, sagt VKD-Präsident Dr. Josef Düllings. Im aktuellen Interview der gerade erschienenen VKD-Praxisberichte 2020 warnt er aber auch: „Corona ist das große Thema – aber darunter schwelen die Brandherde weiter“ – Probleme, die zum Teil seit Jahren nicht gelöst wurden. Die aktuellen Berichte aus der Krankenhauspraxis beschäftigen sich in diesem Jahr mit nur einem Schwerpunktthema: der Corona-Pandemie. Wie haben Führungskräfte und Mitarbeiter die Monate seit März erlebt? Die Autoren und Autorinnen berichten über ihre Erfahrungen, Erkenntnisse, Innovationen, über schnell gebildete Netzwerke, ein großes Engagement, von hohem Berufsethos geprägte Bereitschaft der Mitarbeiter, aber auch über die zum Teil sehr unterschiedliche Situation in psychiatrischen Krankenhäusern, Rehakliniken und in der Altenpflege. Natürlich spielt die Digitalisierung eine Rolle in den Berichten. Wichtig ebenfalls: Wie funktioniert Führung in Krisenzeiten – doch eher hierarchisch oder agil? Vielleicht lässt sich beides vereinen? Staatssekretär Andreas Westerfellhaus, Pflegeverantwortlicher der Bundesregierung, betont das Arbeiten in interprofessionellen Teams, auf Augenhöhe, als eine wichtige Erkenntnis aus der Pandemie. Dr. Matthias Geiser, Geschäftsführer des Schwarzwald-Baar Klinikums, schreibt: „Kein Heldenepos – viele Beteiligte haben zur Bewältigung der Krise beigetragen“ Er vermerkt allerdings ebenfalls, das medizinische Outcome sei gut, die wirtschaftlichen Kerben dagegen seien tief und nachhaltend. Die Erfahrungen, Lernprozesse und Entwicklungen der letzten Monate werden auch in der Zukunft die Arbeit in den Krankenhäusern beeinflussen. Ob sie auch der Politik Denkanstöße für gesundheitspolitische Entscheidungen geben werden, kann man hoffen, wobei die jüngste Verordnung zur Ausweitung der Pflegepersonaluntergrenzen nicht unbedingt dafür spricht, dass eventuell gewonnene Erkenntnisse bei allen tatsächlich nachhaltig wirken. Corona hat in diesem Jahr nicht nur die seit Jahren schwelenden Brandherde überdeckt. Sie sind dadurch auch weiter verschärft worden.

Corona als großes Thema – die alten Brandherde schwelen aber weiter

Monate, die es in sich hatten – VKD-Praxisberichte 2020 erschienen

Die Zahlen steigen wieder – die zweite Wellte der Corona-Pandemie scheint anzurollen. „Wir in den Krankenhäusern sind bereit und in der Lage, die notwendigen Kapazitäten dafür wieder hochzufahren“, sagt VKD-Präsident Dr. Josef Düllings. Im aktuellen Interview der gerade erschienenen VKD-Praxisberichte 2020 warnt er aber auch: „Corona ist das große Thema – aber darunter schwelen die Brandherde weiter“ – Probleme, die zum Teil seit Jahren nicht gelöst wurden.

Die aktuellen Berichte aus der Krankenhauspraxis beschäftigen sich in diesem Jahr mit nur einem Schwerpunktthema: der Corona-Pandemie. Wie haben Führungskräfte und Mitarbeiter die Monate seit März erlebt? Die Autoren und Autorinnen berichten über ihre Erfahrungen, Erkenntnisse, Innovationen, über schnell gebildete Netzwerke, ein großes Engagement, von hohem Berufsethos geprägte Bereitschaft der Mitarbeiter, aber auch über die zum Teil sehr unterschiedliche Situation in psychiatrischen Krankenhäusern, Rehakliniken und in der Altenpflege. Natürlich spielt die Digitalisierung eine Rolle in den Berichten. Wichtig ebenfalls: Wie funktioniert Führung in Krisenzeiten – doch eher hierarchisch oder agil? Vielleicht lässt sich beides vereinen? Staatssekretär Andreas Westerfellhaus, Pflegeverantwortlicher der Bundesregierung, betont das Arbeiten in interprofessionellen Teams, auf Augenhöhe, als eine wichtige Erkenntnis aus der Pandemie.

Dr. Matthias Geiser, Geschäftsführer des Schwarzwald-Baar Klinikums, schreibt: „Kein Heldenepos – viele Beteiligte haben zur Bewältigung der Krise beigetragen“ Er vermerkt allerdings ebenfalls, das medizinische Outcome sei gut, die wirtschaftlichen Kerben dagegen seien tief und nachhaltend.

Die Erfahrungen, Lernprozesse und Entwicklungen der letzten Monate werden auch in der Zukunft die Arbeit in den Krankenhäusern beeinflussen. Ob sie auch der Politik Denkanstöße für gesundheitspolitische Entscheidungen geben werden, kann man hoffen, wobei die jüngste Verordnung zur Ausweitung der Pflegepersonaluntergrenzen nicht unbedingt dafür spricht, dass eventuell gewonnene Erkenntnisse bei allen tatsächlich nachhaltig wirken. Corona hat in diesem Jahr nicht nur die seit Jahren schwelenden Brandherde überdeckt. Sie sind dadurch auch weiter verschärft worden.

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BEWERTUNGEN UND POSITIONIERUNGEN<br />

Ja, die Krankenhäuser waren<br />

und sind die Anker<br />

der Gesundheitsversorgung<br />

Symbolfoto<br />

SIE HABEN DAS IN DIESER TURBULENTEN,<br />

SCHWIERIGEN PANDEMIE-ZEIT ERNEUT BEWIESEN<br />

Foto: ipopba - stock.adobe.com<br />

Die deutschen Krankenhäuser haben im März<br />

dieses Jahres in einer erheblichen Geschwindigkeit<br />

auf die gesundheitspolitisch angewiesenen,<br />

gravierenden Maßnahmen gegen die<br />

Corona-Pandemie reagiert. Konsens ist inzwischen,<br />

dass Deutschland wegen seiner guten,<br />

flächendeckenden Gesundheitsversorgung<br />

sowie der im Vergleich überdurchschnittlich<br />

hohen Dichte an Intensivbetten und Beatmungsplätzen<br />

so gut durch die Pandemie gekommen<br />

ist. Nirgends in der Bundesrepublik<br />

musste ein infizierter und schwer erkrankter<br />

Patient befürchten, nicht mehr die Intensivpflege<br />

zu bekommen, die er benötigte.<br />

Wir alle haben den Verlauf der Corona-Pandemie<br />

bis heute hautnah miterlebt. Es ist aber nicht verkehrt,<br />

sich noch einmal in Erinnerung zu rufen, wie<br />

diese turbulenten ersten Monate verlaufen sind<br />

und was die Krankenhäuser geleistet haben – jene,<br />

die viele Covid-19 Patienten zu versorgen hatten,<br />

aber auch alle anderen, weil sie sofort und schnell<br />

reagiert haben. All das war nicht einfach, zumal sie<br />

zunächst nur die politischen Anforderungen umsetzten,<br />

ohne zu wissen, wie sie das wirtschaftlich<br />

schaffen würden.<br />

RADIKALE MASSNAHMEN – LEERE BETTEN<br />

Durch die dann radikalen Maßnahmen sollte eine<br />

extreme Überbeanspruchung des Gesundheitssystems<br />

– vor allem der Krankenhäuser – vermieden<br />

werden. Angesichts der Prognosen des Robert-<br />

Koch-Instituts sowie von Virologen, die von Hunderttausenden<br />

Infizierten und intensivmedizinisch<br />

zu versorgenden Patienten ausgingen, schien es<br />

politisch geboten zu sein, die Infektionskurve radikal<br />

abzuflachen.<br />

Die Folge war allerdings, dass rund 150.000 Krankenhausbetten<br />

quasi auf einen Schlag leer standen.<br />

Freie Kapazitäten hatten damit auch die Intensivstationen,<br />

die Deutsche Krankenhausgesellschaft ging<br />

von bundesweit 10.000 freien Intensivbetten aus.<br />

Viele Patienten und schwerkranke Menschen mieden<br />

in der Folge das Krankenhaus aus Angst vor einer Ansteckung.<br />

Auch viele wichtige Vorsorgeuntersuchungen<br />

wurden nicht wahrgenommen. Wichtige Krebsund<br />

Herztherapien wurden nicht durchgeführt.<br />

Ab Mai sah man dann bereits einen erheblichen<br />

Rückstau an Operationen und Behandlungen.<br />

Dr. Gerald Gaß, Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft,<br />

warnte, das verheiße nichts Gutes.<br />

Selbst wenn es zu Lockerungen käme und die Krankenhäuser<br />

wieder Schritt für Schritt in den Normalbetrieb<br />

gehen würden, werde es schwer werden, in<br />

überschaubarer Zeit auf den klinischen Normalbetrieb<br />

umzustellen. Er verwies auf den erheblichen<br />

organisatorischen Aufwand für die Umstellung.<br />

UNSICHERHEITEN UND IRRITATIONEN<br />

Der Rückblick auf diese ersten Wochen zeigt ein<br />

häufig planlos erscheinendes Vorgehen der Politik,<br />

das fehlende Vorbereitung auf einen solchen Ernstfall<br />

dokumentierte und erhebliche Versäumnisse offenbarte,<br />

die sich u.a. in den fehlenden Schutzausrüstungen,<br />

Hygienematerialien und Tests zeigten,<br />

aber auch in der fehlenden personellen und technischen<br />

Ausstattung der Gesundheitsämter und<br />

deren uneinheitlichem Vorgehen sowie fehlender<br />

Abstimmung des Prozederes untereinander.<br />

Auch die irritierende Zählweise des Robert-Koch-<br />

Instituts, die mehrfach geänderten Hinweise zum<br />

Tragen von Mund-Nase-Schutzmasken – das alles<br />

ist bekannt.<br />

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<strong>VKD</strong>-PRAXISBERICHTE <strong>2020</strong> | KLINIKEN IN KRISENZEITEN

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