Beton- und Stahlbetonbau - Rieger und Brandt GmbH
Beton- und Stahlbetonbau - Rieger und Brandt GmbH
Beton- und Stahlbetonbau - Rieger und Brandt GmbH
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
10<br />
101. Jahrgang<br />
Oktober 2006<br />
Heft 10<br />
ISSN 0005-9900<br />
A 1740<br />
<strong>Beton</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Stahlbetonbau</strong><br />
Sonderdruck:<br />
Besonderheiten beim Entwurf<br />
semi-integraler Spannbetonbrücken<br />
Eine Alternative im Brückenbau mit zunehmender Bedeutung −<br />
aufgezeigt am Beispiel der Fahrbachtalbrücke im Zuge der<br />
BAB A3 bei Aschaffenburg<br />
Stefan Schiefer<br />
Michael Fuchs<br />
Bernd <strong>Brandt</strong><br />
Gerhard Maggauer<br />
Andreas Egerer
Fachthemen<br />
Stefan Schiefer<br />
Michael Fuchs<br />
Bernd <strong>Brandt</strong><br />
Gerhard Maggauer<br />
Andreas Egerer<br />
Besonderheiten beim Entwurf semi-integraler<br />
Spannbetonbrücken<br />
Die integrale Bauweise bietet für <strong>Beton</strong>brücken kleiner <strong>und</strong> zunehmend<br />
auch mittlerer Bauwerkslänge in vielen Fällen die optimale<br />
Lösung. Die fugen- <strong>und</strong> lagerlose Konstruktion ermöglicht<br />
wartungsarme, robuste <strong>und</strong> ästhetisch ansprechende Bauwerke.<br />
Bei der statischen Berechnung <strong>und</strong> konstruktiven Durchbildung<br />
integraler Bauwerke sind die Interaktionen zwischen Überbau,<br />
Unterbauten <strong>und</strong> Baugr<strong>und</strong> im Rahmen einer Optimierungsaufgabe<br />
zu lösen. Zum Nachweis der Ausführbarkeit einer semi-integralen<br />
Konstruktion werden am Beispiel der in Bau befindlichen<br />
Fahrbachtalbrücke gr<strong>und</strong>sätzliche Betrachtungen angestellt <strong>und</strong><br />
deren Relevanz für die Entwurfs- <strong>und</strong> Ausführungsplanung untersucht.<br />
Daraus leiten sich Empfehlungen, Bemessungshilfen <strong>und</strong><br />
einzuhaltende Randbedingungen für die Bearbeitung semi-integraler<br />
Brücken ab. Insbesondere die Gründung hat einen wesentlichen<br />
Einfluß auf die Bemessung <strong>und</strong> das Verformungsverhalten<br />
des Gesamtsystems. Während die Beanspruchungen infolge der<br />
äußeren Einwirkungen (Eigengewicht <strong>und</strong> Verkehrslasten etc.) eine<br />
möglichst steife Gründung fordern, werden im Gegensatz dazu<br />
die Zwangsbeanspruchungen (Temperatur <strong>und</strong> unterschiedliche<br />
Stützensetzungen etc.) mit einer zunehmenden Nachgiebigkeit<br />
der Gründung abgebaut. Für die statischen Nachweise ist daher<br />
eine realistische Beschreibung der Bodenkennwerte des Baugr<strong>und</strong>es<br />
durch die Berücksichtigung von unteren <strong>und</strong> oberen<br />
Grenzwerten erforderlich.<br />
Particularities in the Design of Semi-integral Prestressed<br />
Concrete Bridges<br />
An alternative bridge construction of increasing importance –<br />
illustrated by the example of the Fahrbach valley bridge near<br />
Aschaffenburg which is part of the autobahn A3.<br />
The integral construction method offers smaller concrete<br />
bridges, and increasingly concrete bridges of middle construction<br />
lengths, the optimum solution in many cases. A construction<br />
without joints or bearings allows low-maintenance, robust and<br />
aesthetical structures. With the static analysis and constructive<br />
design of integral structures, the interactions between the superstructure,<br />
substructure and subsoil are solved by means of an<br />
optimization framework. In order to verify the feasibility of a semiintegral<br />
construction, the example of the currently <strong>und</strong>er construction<br />
Fahrbach valley bridge is outlined here. Basic considerations<br />
are taken into account and their relevance for the design<br />
and execution planning is investigated. Recommendations, design<br />
aids and relevant bo<strong>und</strong>ary conditions for semi-integral<br />
bridges are derived from this investigation. In particular the fo<strong>und</strong>ation<br />
has a significant influence on the design and the deformation<br />
behavior of the overall system. The loadings resulting from<br />
external actions (dead weight and traffic loads etc.) require a<br />
very stiff fo<strong>und</strong>ation. This contrasts the demands of temperature<br />
and the varying settlements of supports etc., which require an in-<br />
DOI: 10.1002/best.200600500<br />
Eine Alternative im Brückenbau mit zunehmender Bedeutung – aufgezeigt<br />
am Beispiel der Fahrbachtalbrücke im Zuge der BAB A3 bei Aschaffenburg<br />
creasing flexibility of the fo<strong>und</strong>ation to manage the constraints.<br />
Hence, a realistic characterization of the soil properties of the<br />
subsoil is necessary for the static verification by consideration of<br />
lower and upper limit values.<br />
1 Einleitung<br />
Fugenlose <strong>Beton</strong>brücken zählen in einigen europäischen<br />
Ländern <strong>und</strong> vor allem in den USA bereits zur Regelbauweise.<br />
In Deutschland hingegen sind diese sogenannten<br />
integralen Bauwerke, abgesehen von Überführungen<br />
untergeordneter Straßen, eher noch die Ausnahme. Dies<br />
gilt auch für den Bestand der Autobahndirektion Nordbayern<br />
von insgesamt 1679 Brücken mit einem Anteil von<br />
36 integralen bzw. semi-integralen Bauwerken. Von den<br />
integralen Bauwerken wurden in den letzten 10 Jahren 28<br />
Bauwerke teils als Amtsvorschlag <strong>und</strong> teils als Sondervorschlag<br />
errichtet, was die zunehmende Bedeutung dieser<br />
Bauweise zeigt. Die Vielzahl der bestehenden integralen<br />
Einfeldbauwerke werden bei dieser Betrachtung vernachlässigt.<br />
Auch das Hessische Landesamt für Straßen- <strong>und</strong><br />
Verkehrswesen hat bereits 2003 Entwurfshilfen für die Bemessung<br />
integraler <strong>Beton</strong>brücken mit einem Regelquerschnitt<br />
von RQ 10,5 <strong>und</strong> einer Gesamtlänge bis 75 m herausgegeben<br />
[1]. Gegenüber der konventionellen Bauweise<br />
mit Lagerung sind es gerade die Zwangsbeanspruchungen<br />
in den mehrfach statisch unbestimmten Systemen dieser<br />
Bauweise, die zu einer gewissen Skepsis verleiten <strong>und</strong> die<br />
Diskussion im Brückenbau anregen.<br />
Bei einer vollständig fugenlosen <strong>Beton</strong>brücke (integrales<br />
Bauwerk) werden die Pfeiler <strong>und</strong> die Widerlager<br />
monolithisch mit dem Überbau verb<strong>und</strong>en. Durch die zyklisch<br />
auftretenden Verformungen infolge Temperatureinwirkungen<br />
werden die Hinterfüllung <strong>und</strong> die Gründung<br />
der Widerlager beansprucht. Über die daraus resultierenden<br />
Interaktionen zwischen Brücke <strong>und</strong> Baugr<strong>und</strong> liegen<br />
experimentelle <strong>und</strong> rechnerische Untersuchungen vor [2],<br />
[3].<br />
Abgesehen von Rahmenbauwerken mit geringen<br />
Stützweiten kamen vollständig fugenlose Brücken mit<br />
Stützweiten von rd. 50 m bei der Überführung von einbahnigen,<br />
i. d. R. untergeordneten Straßen über B<strong>und</strong>esautobahnen<br />
zur Anwendung (Bild 1). Bei einer dreifeldrigen<br />
Rahmenbrücke unter Verwendung von Spannbetonfertigteilen<br />
mit monolithisch verb<strong>und</strong>enen Schrägstielen<br />
<strong>und</strong> Auflagerscheiben wurde eine Gesamtstützweite von<br />
etwa 62 m erreicht [4]. Die Stützweite wird durch die<br />
2 © 2006 Ernst & Sohn Verlag für Architektur <strong>und</strong> technische Wissenschaften <strong>GmbH</strong> & Co. KG, Berlin · <strong>Beton</strong>- <strong>und</strong> <strong>Stahlbetonbau</strong> 101 (2006), Heft 10
S. Schiefer/M. Fuchs/B. <strong>Brandt</strong>/G. Maggauer/A. Egerer · Besonderheiten beim Entwurf semi-integraler Spannbetonbrücken<br />
Bild 1. BW 36-3, Spannbetonrahmen im Zuge der BAB 73<br />
Fig. 1. BW 36-3, Prestressed concrete frame structure over<br />
the BAB A 73<br />
zulässigen Verformungen zwischen der Brücke <strong>und</strong> dem<br />
Straßendamm begrenzt. Die Verformungen werden durch<br />
Fahrbahnübergänge aus Asphalt (ZTV-ING, Teil 8 Abschnitt<br />
2 [5]) mit zulässigen Längenänderungen von<br />
+25,0 mm bzw. –12,5 mm schadlos aufgenommen.<br />
Durch die Rahmenkonstruktion sind bei dieser<br />
Stützweite keine Mittelpfeiler erforderlich. Neben den<br />
ästhetischen Möglichkeiten dieser Bauweise <strong>und</strong> den geringeren<br />
Unterhaltungskosten durch den Wegfall der Lager<br />
können als weitere Vorteile insbesondere die Reduzierung<br />
der Unfallgefahr im Zuge der Autobahn, die Verbesserung<br />
des Fahrkomforts durch den kontinuierlichen<br />
Übergang zwischen Brücke <strong>und</strong> Straßendamm <strong>und</strong> die<br />
Erhöhung der Robustheit genannt werden [6]. Mit dem<br />
ARS 23/1999 [7] hat das B<strong>und</strong>esministerium für Verkehr,<br />
Bau <strong>und</strong> Stadtentwicklung (BMVBS) Musterentwürfe für<br />
integrale Verb<strong>und</strong>brücken zur Überführung von Wirtschaftswegen<br />
zusammengestellt <strong>und</strong> zur Anwendung empfohlen.<br />
Bei längeren Brücken sind beim Übergang zwischen<br />
dem Bauwerk <strong>und</strong> der Hinterfüllung Dehnfugen (z. B.<br />
Richtzeichnung Übe 1 [8]) erforderlich. Im Zuge von<br />
B<strong>und</strong>esautobahnen werden diese Brücken im Bereich der<br />
Widerlager konventionell gelagert. Wird nur der Überbau<br />
mit den Mittelstützen monolithisch verb<strong>und</strong>en, so spricht<br />
man von einer semi-integralen Bauweise. Auch solche<br />
Brücken werden nach Schlaich et al. [9] den lager- <strong>und</strong><br />
fugenlosen Bauwerken zugeordnet. Die semi-integrale<br />
Bauweise verbindet die Vorteile der konventionellen Lagerung<br />
im Bereich der Widerlager mit den Vorteilen der<br />
monolithischen Konstruktion im Bereich der Pfeiler. Die<br />
Problematik der Verformungen zwischen dem Widerlager<br />
<strong>und</strong> der Hinterfüllung bei den vollständig fugenlosen Bauwerken<br />
wird umgangen.<br />
Bei den Ausschreibungen konventionell gelagerter<br />
Bauwerke wurden in geeigneten Fällen wirtschaftliche<br />
Sondervorschläge in semi-integraler Bauweise angeboten.<br />
Der Preisvorteil gegenüber dem günstigsten Hauptangebot<br />
lag im Mittel bei rd. 10%. Daher hat die Autobahndirektion<br />
Nordbayern nach Untersuchung <strong>und</strong> Prüfung der<br />
Ausführbarkeit von vornherein semi-integrale Bauwerke<br />
geplant <strong>und</strong> ausgeschrieben. Nachfolgend werden die<br />
Vorteile <strong>und</strong> Besonderheiten beim Entwurf einer 100 m<br />
langen semi-integralen Autobahnbrücke in Spannbeton<br />
über drei Felder im Zuge des 6-streifigen Ausbaus der Bun-<br />
Bild 2. Systemskizze der Fahrbachtalbrücke<br />
Fig. 2. System sketch of the Fahrbach valley bridge<br />
desautobahn A3 zwischen den Anschlußstellen Aschaffenburg<br />
West <strong>und</strong> Ost aufgezeigt (Bild 2).<br />
2 Entwurfskriterien<br />
Die fugenlose Bauweise ist kein Novum, sondern eine<br />
Bauweise, deren Vorzüge durch zahlreiche Beispiele in<br />
den vergangenen Jahren dokumentiert <strong>und</strong> veröffentlicht<br />
wurden. Bei der Beachtung bestimmter Entwurfskriterien<br />
können die Vorteile der semi-integralen Bauweise bei<br />
dreifeldrigen Spannbetonbrücken voll ausgeschöpft werden:<br />
– Verringerung der Herstellungskosten durch eine schlankere<br />
Konstruktion <strong>und</strong> den Wegfall des Wartungsganges<br />
im Bereich der Übergangskonstruktionen.<br />
– Erweiterung der Gestaltungsmöglichkeiten durch den<br />
Baustoff <strong>Beton</strong> ohne ästhetisch unterbrechende Lagerung<br />
im Bereich der Mittelpfeiler.<br />
– Gevoutete Überbauten sind nicht nur ein Gestaltungselement,<br />
sondern verhalten sich unter Last <strong>und</strong> Zwang<br />
günstiger als solche mit konstanter Querschnittshöhe.<br />
– Im Vergleich zu konventionell gelagerten Brücken ist<br />
ein größeres Mittelfeld mit kürzeren Randfeldern möglich.<br />
– Höhere Red<strong>und</strong>anz durch die Rahmenwirkung.<br />
– Geringere Unterhaltungskosten.<br />
Um die Vorteile der semi-integralen Bauweise speziell bei<br />
symmetrischen Spannbetonbrücken über drei Felder mit<br />
eingespannten Mittelstützen voll ausnutzen zu können, ist<br />
eine Bauwerkslänge interessant, bei der bedingt durch den<br />
Verschiebungsruhepunkt in Bauwerksmitte beidseits<br />
Übergangskonstruktionen mit einem Dichtprofil ausreichend<br />
sind. Dadurch kann auf einen aufwendigen Wartungsgang<br />
verzichtet werden. Die mögliche Bauwerkslänge<br />
wird durch die zulässigen Spaltbreiten der Fahrbahnübergänge<br />
bestimmt.<br />
Bei der Übe 1-Konstruktion gemäß den Richtzeichnungen<br />
für Ingenieurbauten RiZ-ING [8] liegt der Grenzwert<br />
der Fugenspaltbreite bei 70 mm. Damit sind Bauwerkslängen<br />
von rd. 80 m möglich. Weiterentwicklungen<br />
von Fahrbahnübergängen mit einem Dichtprofil <strong>und</strong> wellenförmigen<br />
Randplatten vergrößern die maximale Spaltbreite<br />
auf 100 mm <strong>und</strong> damit auch die mögliche Bauwerkslänge<br />
in Abhängigkeit von der Steifigkeit des Gesamtsystems<br />
auf bis zu 120 m. Bei diesen Übergangskonstruktionen<br />
handelt es sich zwar um einen wasserdichten<br />
Fahrbahnübergang mit einem Dichtprofil, nicht aber um<br />
eine Übe 1-Konstruktion gemäß den RiZ-ING [8]. Die<br />
<strong>Beton</strong>- <strong>und</strong> <strong>Stahlbetonbau</strong> 101 (2006), Heft 10<br />
3
Bild 3. Beispiel einer monolithischen Verbindung zwischen<br />
Pfeiler <strong>und</strong> Überbau<br />
Fig. 3. Example of a monolithic connection between piers<br />
and superstructure<br />
Anwendung solcher Fahrbahnübergänge im Zuge von<br />
B<strong>und</strong>esfernstraßen bedarf noch der Zustimmung im Einzelfall<br />
durch das BMVBS.<br />
Die Einspannung der Pfeiler in den Überbau reduziert<br />
die Knicklänge <strong>und</strong> ermöglicht Konstruktionen mit<br />
gestalterischen Möglichkeiten der Pfeiler <strong>und</strong> des Überbaus.<br />
Anstelle der Lagerung bietet die monolithische Verbindung<br />
einen zusätzlichen gestalterischen Spielraum.<br />
Zudem ermöglicht die Einspannung wegen der im Vergleich<br />
zur gelagerten Variante geringeren Feldmomente<br />
größere Schlankheiten des Überbaus im Feldbereich bzw.<br />
größere Stützweiten der Mittelfelder bei mehrfeldrigen<br />
Bauwerken. Im Bild 3 ist eine monolithische Verbindung<br />
zwischen Pfeiler <strong>und</strong> Überbau dargestellt. Die Gestaltung<br />
der Pfeiler wird noch zusätzlich durch eine Abfasung der<br />
Kanten <strong>und</strong> eine Einschnürung unterhalb des Pfeilerkopfes<br />
hervorgehoben.<br />
3 Konstruktion<br />
3.1 Allgemeines<br />
Integrale Bauwerke werden in Deutschland nach den<br />
DIN-Fachberichten [10] bis [13] bemessen. Infolge der Interaktionen<br />
zwischen dem Überbau, den Unterbauten <strong>und</strong><br />
dem Baugr<strong>und</strong> sind bei der Konstruktion von semi-integralen<br />
Dreifeldbauwerken eine Reihe von Randbedingungen<br />
zu beachten, die eine rechnerische Untersuchung des<br />
Gesamtsystems erfordern, um sowohl eine gestalterisch<br />
ansprechende als auch wirtschaftliche Konstruktion zu<br />
erhalten.<br />
Zum Nachweis der Ausführbarkeit einer semi-integralen<br />
Konstruktion werden am Beispiel der in Bau befindlichen<br />
Fahrbachtalbrücke – soweit möglich in allgemeiner<br />
Form – gr<strong>und</strong>sätzliche Betrachtungen, die hinsichtlich<br />
der Einwirkungen auch über die Forderungen<br />
des DIN-Fachberichts 101 [10] hinausgehen, angestellt<br />
<strong>und</strong> deren Relevanz für die Entwurfs- <strong>und</strong> Ausführungsplanung<br />
untersucht. Daraus leiten sich Empfehlungen,<br />
Bemessungshilfen <strong>und</strong> einzuhaltende Randbedingungen<br />
für die Bearbeitung semi-integraler Brücken ab.<br />
4 Sonderdruck aus: <strong>Beton</strong>- <strong>und</strong> <strong>Stahlbetonbau</strong> 101 (2006), Heft 10<br />
S. Schiefer/M. Fuchs/B. <strong>Brandt</strong>/G. Maggauer/A. Egerer · Besonderheiten beim Entwurf semi-integraler Spannbetonbrücken<br />
3.2 Gründung<br />
Die Gründung ist abhängig von der Tragfähigkeit des Baugr<strong>und</strong>es.<br />
Als mögliche Varianten kommen eine Flachgründung<br />
oder Tiefgründung mittels Großbohrpfählen in Betracht.<br />
Die geotechnische Bemessung von Gründungen ist<br />
seit 2005 in der DIN 1054 [14] geregelt. Gegenüber der<br />
DIN 1054 [15] von 1976 ist nun auch für Bauwerke <strong>und</strong><br />
Bauteile im Erd- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>bau das Sicherheitskonzept<br />
mit Teilsicherheitsbeiwerten anzuwenden.<br />
Bei integralen Bauwerken soll die Gründung einerseits<br />
setzungsarm <strong>und</strong> damit möglichst steif ausgebildet<br />
werden, andererseits ist zur Beherrschung der Zwangsschnittgrößen<br />
im Bauwerk eine ausreichende Nachgiebigkeit<br />
der Gründung <strong>und</strong> der Unterbauten erforderlich. Diese<br />
gegensätzlichen Anforderungen sind im Rahmen einer<br />
Grenzfallbetrachtung zu lösen. Neben der Bauwerksgeometrie<br />
<strong>und</strong> den Steifigkeitsverhältnissen im Rahmen<br />
(Überbau/Pfeiler) werden die auftretenden Zwangsbeanspruchungen<br />
von der Steifigkeit des Baugr<strong>und</strong>s beeinflußt.<br />
Eine realistische Beschreibung der Baugr<strong>und</strong>steifigkeiten<br />
ist daher zur Erfassung der tatsächlichen Beanspruchungen<br />
von entscheidender Bedeutung.<br />
Berücksichtigung von unteren <strong>und</strong> oberen Grenzwerten<br />
der Bodenkennwerte.<br />
In der Regel werden vom Baugr<strong>und</strong>gutachter „ungünstige“<br />
Bodenkennwerte angegeben. Bei der Bemessung<br />
von integralen Bauwerken ist diese Angabe allerdings<br />
nicht ausreichend. Für den horizontalen Bettungsmodul<br />
gibt es keine auf der sicheren Seite liegende Abschätzung<br />
nach oben oder nach unten, weil entweder die Zwangsbeanspruchung<br />
im Überbau oder die Dehnwege unterschätzt<br />
werden. Bei integralen Brücken sind deshalb zwei<br />
getrennte Berechnungen am Gesamtsystem unter Berücksichtigung<br />
von unteren <strong>und</strong> oberen Grenzwerten der<br />
Bodenkennwerte erforderlich.<br />
Bei der semi-integralen Bauweise ist die Pfahlgründung<br />
im Zusammenhang mit ihrer Nachgiebigkeit in<br />
Brückenlängsrichtung zu berücksichtigen. Durch die<br />
Wahl von Durchmesser, Länge <strong>und</strong> Anordnung kann das<br />
Verformungspotential der Pfähle genutzt werden.<br />
3.3 Statisches System<br />
Als Ergebnis einer Variantenuntersuchung für den Neubau<br />
der Fahrbachtalbrücke im Zuge der BAB A3 bei<br />
Aschaffenburg wurde entschieden, daß das neu zu errichtende<br />
Brückenbauwerk als semi-integrales Bauwerk geplant<br />
werden sollte (Bild 4). Der Brückenüberbau wird als<br />
zweistegig gevouteter Plattenbalkenquerschnitt ausgebildet,<br />
der nur in Brückenlängsrichtung vorgespannt ist.<br />
Durch die monolithische Verbindung zwischen Überbau<br />
<strong>und</strong> Pfeiler wird ein Teil der Vorspannkraft in den Baugr<strong>und</strong><br />
weitergeleitet. Bei der Fahrbachtalbrücke liegen<br />
diese Verluste, die bei der Bemessung zu berücksichtigen<br />
sind, unter 5%.<br />
Die Einzelstützweiten werden mit 29,80 m – 40,00 m<br />
– 29,80 m geringfügig gegenüber dem Bestand geändert.<br />
Je Plattenbalkensteg <strong>und</strong> Pfeilerachse werden rd. 12 m
S. Schiefer/M. Fuchs/B. <strong>Brandt</strong>/G. Maggauer/A. Egerer · Besonderheiten beim Entwurf semi-integraler Spannbetonbrücken<br />
Bild 4. Ansicht der Fahrbachtalbrücke<br />
Fig. 4. View of the Fahrbach valley bridge<br />
Bild 5. Statisches System<br />
Fig. 5. Static system<br />
hohe Einzelpfeiler mit quadratischem Querschnitt<br />
(1,60 m/1,60 m) ausgeführt. Die Pfeilerbreite wird entsprechend<br />
der Breite der Unterkante des Plattenbalkensteges<br />
festgelegt, um einen stetigen Übergang zwischen<br />
Pfeiler <strong>und</strong> Überbau zu gewährleisten. Die Einspannung<br />
des Pfeilers in den Überbau wird durch die in Brückenlängsrichtung<br />
geplante Pfeilerkopfaufweitung mit einer<br />
Höhe von 2,0 m gestalterisch betont. Zusätzlich erhalten<br />
die Pfeiler unterhalb der Aufweitung eine von oben nach<br />
unten linear zunehmende Abfasung. Die Gründung der<br />
Pfeiler <strong>und</strong> der Kastenwiderlager erfolgt mit Großbohrpfählen<br />
D = 1,20 m. Die Lastweiterleitung von den Pfeilern<br />
in die Pfähle gewährleistet ein Pfahlkopfbalken mit<br />
einer Dicke von 1,80 m. Für den Überbau <strong>und</strong> die Pfeiler<br />
ist <strong>Beton</strong> der Festigkeitsklasse C 40/50 vorgesehen, der<br />
neben anderen Vorteilen gegenüber <strong>Beton</strong>en mit niedrigeren<br />
Festigkeiten weniger zwangsempfindlich ist [9], [16].<br />
Im Anschluß an die Widerlager <strong>und</strong> Pfeiler wird der gesamte<br />
Überbau auf Traggerüst ohne Arbeitsfugen in Ortbetonbauweise<br />
hergestellt.<br />
Die statischen Nachweise werden an einem räumlichen<br />
Trägerrostmodell mittels einer FE-Berechnung<br />
durchgeführt (Bild 5). In Brückenlängsrichtung werden<br />
zwei Längsträger als Biegestäbe definiert, die im Querschnitt<br />
aus dem Steg des Plattenbalkens <strong>und</strong> den mitwirkenden<br />
Anteilen der Fahrbahnplatte <strong>und</strong> des Kragarmes<br />
bestehen. Die Querstäbe des Trägerrostmodells werden<br />
durch Schalenelemente mit ausschließlicher Tragwirkung<br />
in Brückenquerrichtung abgebildet. Querträger werden<br />
nur im Bereich der Widerlager zwischen den Längsträgern<br />
angeordnet. Die Pfeiler <strong>und</strong> die Pfähle werden als Biegestäbe<br />
idealisiert. Sie sind über biegestarre Kopplungen mit<br />
den anschließenden Bauteilen verb<strong>und</strong>en. Die Lagerung<br />
jedes Pfahls in vertikaler Richtung erfolgt über eine Fußfeder,<br />
die durch statische <strong>und</strong> dynamische Pfahlprobebelastungen<br />
aus der Prüflast <strong>und</strong> der zugehörigen Pfahlsetzung<br />
ermittelt wird. In horizontaler Richtung werden<br />
Bettungsmoduln für die Pfähle angesetzt, die aus den Ergebnissen<br />
der horizontalen Pfahlprobebelastungen abgeleitet<br />
sind.<br />
4 Besondere Einwirkungen <strong>und</strong> Bemessungsansätze<br />
4.1 Temperatureinwirkungen<br />
Folgende Temperatureinwirkungen können bei einem<br />
semi-integralen Bauwerk auftreten:<br />
– Schwankung des konstanten Temperaturanteils im<br />
Überbau in Längs- <strong>und</strong> Querrichtung: ΔT l NÜ = ΔT q NÜ =<br />
± 27 K gemäß DIN-Fachbericht 101 [10], Abs. 6.3.1.3.3.<br />
– Schwankung des konstanten Temperaturanteils in den<br />
Pfeilern, sowohl gleichmäßig in allen Pfeilern als auch<br />
einseitig nur in den Pfeilern unterhalb eines Längsträgers:<br />
Es wird derselbe Ansatz für die Temperatur gewählt<br />
wie für den Überbau. Die Temperaturbeanspruchung<br />
nur einer Pfeilerreihe mit ΔT N ± 15 K in Anlehnung<br />
an DIN-Fachbericht 101 [10], Abs. 6.3.1.6 stellt<br />
einen Grenzfall für die Beanspruchungen in Querrichtung<br />
dar.<br />
– Linearer Temperaturunterschied in vertikaler Richtung<br />
im Überbau in Längs- <strong>und</strong> Querrichtung: ΔT M,pos =<br />
+ 0,82 × 15 = 12,3 K (Oberseite wärmer) bzw. ΔT M,neg =<br />
– 1,0 × 8 = - 8 K (Unterseite wärmer) gemäß DIN-Fachbericht<br />
101 [10], Tab. 6.1 <strong>und</strong> 6.2.<br />
– Linearer Temperaturunterschied in horizontaler Richtung<br />
im Überbau: Dieser Lastfall kann als Schwankung<br />
des konstanten Temperaturanteils bzw. als linearer Temperaturunterschied<br />
in einem Längsträger erfaßt werden.<br />
Hinsichtlich der Möglichkeit der direkten Sonneneinstrahlung<br />
auf einen Längsträgersteg ist die Orientierung<br />
des Bauwerks zu den Himmelsrichtungen <strong>und</strong> die Verschattung<br />
der Stege durch die Kragarme nach<br />
Specht/Fouad [17] von wesentlicher Bedeutung. Bei einem<br />
Verhältnis Kragarmlänge zur Steghöhe L K/L S > 1,5<br />
gilt für ein in O-W-Richtung orientiertes Bauwerk ein<br />
horizontaler Temperaturunterschied ΔT L = 3 K. Da die<br />
Untersuchungen von Specht/Fouad [17] für einen Kastenträger<br />
gelten, lassen sie sich nur bedingt auf einen<br />
zweistegigen Plattenbalken übertragen. Aus diesem<br />
Gr<strong>und</strong>e werden – als pragmatischer Lösungsansatz –<br />
beide Lastfälle untersucht.<br />
– Linearer Temperaturunterschied in horizontaler Richtung<br />
in den Pfeilern: ΔT M = + 5 K in Anlehnung an DIN-<br />
Fachbericht 101 [10], Abs. 6.3.1.4.2. Bei den Pfeilern entsteht<br />
aufgr<strong>und</strong> des sich über den Tag <strong>und</strong> das Jahr ändernden<br />
Sonnenstandes ein horizontaler Temperaturgradient<br />
zwischen den gegenüberliegenden Seiten<br />
sämtlicher Pfeiler unterhalb eines Längsträgers. Dies<br />
führt bei einem integralen Bauwerk zu Beanspruchungen<br />
sowohl in Brückenlängs- als auch in -querrichtung.<br />
Durch die Zusammenfassung beider Lastfälle wird<br />
näherungsweise die Sonneneinstrahlung über Eck erfaßt.<br />
<strong>Beton</strong>- <strong>und</strong> <strong>Stahlbetonbau</strong> 101 (2006), Heft 10<br />
5
Bild 6. Verformungen infolge eines linearen Temperaturunterschiedes<br />
Fig. 6. Deformation as a result of a linear difference in temperature<br />
Die Temperatureinwirkungen werden am Gesamtsystem<br />
als Einheitstemperaturlastfälle aufgebracht <strong>und</strong> die zugehörigen<br />
Verformungen ermittelt. Exemplarisch ist in<br />
Bild 6 die Verformungsfigur für den linearen Temperaturunterschied<br />
in vertikaler Richtung im Überbau dargestellt.<br />
Zusätzliche Temperatureinwirkungen können<br />
einen bemessungsrelevanten Einfluß auf das<br />
Gesamttragwerk haben.<br />
Die Auswertung der Biegemomente erfolgt unter Beachtung<br />
der zu berücksichtigenden Temperaturen für die<br />
Überbaulängsrichtung im Rand- <strong>und</strong> Mittelfeld sowie in<br />
der Pfeilerachse <strong>und</strong> für die Überbauquerrichtung am<br />
Kragarmanschnitt, an der Voute der Fahrbahnplatte <strong>und</strong><br />
in Fahrbahnmitte. Die Auswirkung auf die Unterbauten<br />
wird am Pfeilerkopf ausgewertet. In der Tabelle 1 ist für<br />
sämtliche untersuchten Stellen nur der maximale prozentuale<br />
Anteil der einzelnen Temperaturlastfälle an den Gesamttemperaturschnittgrößen<br />
angegeben. Der konstante<br />
Temperaturanteil ΔT N <strong>und</strong> der lineare Temperaturunterschied<br />
ΔT M im Überbau in Brückenquerrichtung können<br />
bei größeren Steifigkeiten des Überbaus in Querrichtung –<br />
was in besonderem Maße durch die Anordnung von<br />
Querträgern beeinflußt wird – einen bemessungsrelevanten<br />
Einfluß auf das Gesamttragwerk haben.<br />
Der Ansatz von Differenzen des konstanten Temperaturanteils<br />
in den Pfeilern kann die Dimensionierung der<br />
Querschnitte beeinflussen. Der Ansatz einer konstanten<br />
Temperaturdifferenz von 15,0 K ist normativ nicht geregelt<br />
<strong>und</strong> bedarf einer Bestätigung durch Messungen an bestehenden<br />
Bauwerken.<br />
4.2 Unterschiedliche Setzungen in Querrichtung<br />
Integrale Brückenbauwerke sind bei Baugr<strong>und</strong>setzungen<br />
infolge der monolithischen Verbindung des Überbaus mit<br />
den Unterbauten Zwangsbeanspruchungen ausgesetzt.<br />
Bei Einhaltung bestimmter Randbedingungen können un-<br />
6 Sonderdruck aus: <strong>Beton</strong>- <strong>und</strong> <strong>Stahlbetonbau</strong> 101 (2006), Heft 10<br />
S. Schiefer/M. Fuchs/B. <strong>Brandt</strong>/G. Maggauer/A. Egerer · Besonderheiten beim Entwurf semi-integraler Spannbetonbrücken<br />
Tabelle 1. Auswertung Temperaturlastfälle<br />
Table 1. Evaluation of temperature load cases<br />
Überbau Pfeiler<br />
Lastfall längs quer<br />
Bezeichnung [K] [%] [%] [%]<br />
Konstanter Temperaturanteil ΔT N,pos 1) +27,0 3,8 8,6 16,2<br />
Konstanter Temperaturanteil ΔT N,neg 1) –27,0 1,5 6,3 19,7<br />
Linearer Temperaturunterschied ΔT M,pos 1) +12,3 97,3 93,2 52,1<br />
Linearer Temperaturunterschied ΔT M,neg 1) –8,0 88,4 89,7 41,4<br />
Konstanter Temperaturanteil ΔT N,pos 2) +3,0 0,3 8,3 2,4<br />
Konstanter Temperaturanteil ΔT N,neg 2) –3,0 0,1 8,3 2,9<br />
Konstanter Temperaturanteil ΔT N,pos 3) +27,0 2,1 0 5,5<br />
Konstanter Temperaturanteil ΔT N,neg 3) –27,0 2,4 0 4,5<br />
Konstanter Temperaturanteil ΔT N,pos 4) +15,0 4,0 15,6 2,4<br />
Konstanter Temperaturanteil ΔT N,neg 4) –15,0 1,2 15,6 1,9<br />
Linearer Temperaturunterschied ΔT M,pos 5) +5,0 5,8 17,2 28,2<br />
1) Temperaturansatz auf den Überbau in Brückenlängs- <strong>und</strong> -querrichtung<br />
2) Temperaturansatz ausschließlich auf einen Längsträger<br />
3) Temperaturansatz auf alle Pfeiler<br />
4) Temperaturansatz ausschließlich auf die Pfeiler unterhalb eines<br />
Längsträgers<br />
5) Temperaturansatz auf die Pfeiler unterhalb eines Längsträgers,<br />
Sonneneinstrahlung von Süden <strong>und</strong> Westen bzw. Osten<br />
terschiedliche Setzungen in Brückenquerrichtung vernachlässigt<br />
werden.<br />
Anforderungen an das Bauwerk:<br />
– Der Überbau ist so zu konstruieren, daß die maximalen<br />
Pfeilerlasten annähernd gleich groß sind.<br />
– Die Pfähle sind möglichst symmetrisch zu den Pfeilern<br />
anzuordnen.<br />
– Der Abstand zwischen den Pfeilern benachbarter Überbauten<br />
sollte größer sein als der Abstand der Pfeiler eines<br />
Überbaus, um die gegenseitige Beeinflussung der<br />
beiden Überbauten möglichst gering zu halten.<br />
– Zusätzliche Beanspruchungen infolge unterschiedlicher<br />
Setzungen sollten auf die Unterbauten beschränkt bleiben<br />
<strong>und</strong> möglichst nicht den Überbau beeinflussen.<br />
Dies ist zu verwirklichen, wenn kein Querträger im Pfeilerbereich<br />
angeordnet wird <strong>und</strong> die Pfahlkopfplatte wesentlich<br />
steifer als der Überbau in Querrichtung ist.<br />
Vom Baugr<strong>und</strong>gutachter sollten ergänzend zu Setzungen<br />
auch vertikale Pfahlfußfedern angegeben werden.<br />
Anforderungen an den Baugr<strong>und</strong>:<br />
– Der Boden sollte möglichst homogen bzw. gleich geschichtet<br />
sein.<br />
– Die zu erwartende ungleichmäßige Setzung sollte geringer<br />
als die zu erwartende gleichmäßige Setzung sein.<br />
– Bei einer zu erwartenden gleichmäßigen möglichen Setzung<br />
von maximal 5 mm brauchen ungleichmäßige Setzungen<br />
nicht mehr berücksichtigt zu werden, z. B.<br />
Gründung auf Fels.
S. Schiefer/M. Fuchs/B. <strong>Brandt</strong>/G. Maggauer/A. Egerer · Besonderheiten beim Entwurf semi-integraler Spannbetonbrücken<br />
– Da die Pfahlkopfplatte sich aus mechanischen Gründen<br />
nur verdrehen <strong>und</strong>/oder verbiegen kann, erscheint es<br />
sinnvoll <strong>und</strong> notwendig, daß vom Baugr<strong>und</strong>gutachter<br />
zusätzlich zu Setzungen vertikale Pfahlfußfedern angegeben<br />
werden.<br />
An einem elastisch gelagerten System auf Pfahlfußfedern<br />
können die Verformungen in vertikaler Richtung <strong>und</strong> die<br />
Schnittgrößen bestimmt werden.<br />
4.3 Mitwirkung des <strong>Beton</strong>s auf Zug<br />
Bei semi-integralen Bauwerken hängt die Größe der<br />
Zwangsbeanspruchungen insbesondere von dem Steifigkeitsverhältnis<br />
zwischen Überbau <strong>und</strong> Unterbauten sowie<br />
vom Bauablauf ab. Während der Herstellung ist zur Reduzierung<br />
der Zwangsbeanspruchungen sowohl die Erwärmung<br />
beim Abbindevorgang des <strong>Beton</strong>s durch betontechnologische<br />
Maßnahmen als auch die anschließende Abkühlung<br />
beim Abfließen der Hydratationswärme durch<br />
geeignete Nachbehandlungsmaßnahmen gering zu halten.<br />
Die Mitwirkung des <strong>Beton</strong>s auf Zug kann mit einer<br />
einfachen Näherung erfaßt werden.<br />
Für die Abbildung der Steifigkeitsverhältnisse im FE-<br />
Modell ist zu berücksichtigen, daß bei gerissenen <strong>Stahlbetonbau</strong>teilen<br />
die auftretenden Zugspannungen durch<br />
den <strong>Beton</strong>stahl <strong>und</strong> den <strong>Beton</strong> (zwischen den Rissen) abgetragen<br />
werden. Die Erhöhung der Steifigkeit durch die<br />
Mitwirkung des <strong>Beton</strong>s auf Zug im Zustand II gegenüber<br />
dem „reinen“ Zustand II kann nach Zilch/Rogge [18] auf<br />
zwei Arten berücksichtigt werden:<br />
– Ansatz einer konstanten Restzugspannung in der <strong>Beton</strong>arbeitslinie,<br />
die deutlich kleiner als die Zugfestigkeit des<br />
<strong>Beton</strong>s ist.<br />
– Ansatz einer verringerten Stahldehnung bestehend aus<br />
der Stahldehnung <strong>und</strong> einem Abzugsterm infolge Zugversteifung<br />
(tension stiffening).<br />
Im vorliegenden Fall wird durch die gewählte Vorspannung<br />
gewährleistet, daß der Überbau nicht in den Zustand<br />
II übergeht. Damit beschränkt sich die Untersuchung<br />
zur Zugversteifung auf die Pfeiler <strong>und</strong> die Pfahlgründung.<br />
Die Zwangsschnittgrößen infolge indirekter<br />
Einwirkungen werden gemäß DIN-Fachbericht 102 [11]<br />
mit einem linearen Verfahren berechnet, wobei die Steifigkeiten<br />
der Pfeilerquerschnitte nach Zustand II mit einem<br />
nichtlinearen Iterationsverfahren unter Berücksichtigung<br />
der Mitwirkung des <strong>Beton</strong>s auf Zug nach Quast [19] ermittelt<br />
werden.<br />
Für die Iterationsschritte gilt:<br />
1. Iterationsschritt:<br />
– Durchführung einer linear-elastischen Schnittgrößenermittlung<br />
mit der charakteristischen (seltenen)<br />
Einwirkungskombination nach DIN-Fachbericht<br />
101 [10] am Gesamtsystem mit den Elementsteifigkeiten<br />
des Zustands I, wobei die erforderliche Bewehrung<br />
in einer Voruntersuchung berechnet <strong>und</strong><br />
für das gesamte Iterationsverfahren beibehalten<br />
wird.<br />
– Festlegung der Bereiche, die in den Zustand II übergehen.<br />
Dabei wird angenommen, daß diejenigen<br />
Bauteile, deren Randzugspannung den 5%-Fraktilwert<br />
f ctk;0,05 der <strong>Beton</strong>zugfestigkeit überschreitet, in<br />
den Zustand II übergehen.<br />
– Ermittlung der Steifigkeit im Zustand II unter<br />
Berücksichtigung der Mitwirkung des <strong>Beton</strong>s auf<br />
Zug.<br />
2. <strong>und</strong> weitere Iterationsschritte:<br />
– Wiederholung der linear-elastischen Schnittgrößenermittlung<br />
am Gesamtsystem mit den Steifigkeiten<br />
im Zustand II.<br />
– Festlegung der Bereiche, die im jeweiligen Iterationsschritt<br />
zusätzlich in den Zustand II übergehen <strong>und</strong><br />
erneute Ermittlung der Steifigkeiten im Zustand II<br />
unter Berücksichtigung der Mitwirkung des <strong>Beton</strong>s<br />
auf Zug mit den Schnittgrößen des zugehörigen Iterationsschrittes.<br />
– Wiederholung der Iterationsschritte bis sich nur<br />
noch geringe Veränderungen (≤ 3,0%) der Steifigkeiten<br />
zwischen den beiden letzten Iterationsschritten<br />
einstellen.<br />
Bild 7 zeigt den Verlauf der Biegesteifigkeit des Pfeilerquerschnitts<br />
über die Pfeilerhöhe in Abhängigkeit von den<br />
durchgeführten Iterationsschritten. Dargestellt ist jeweils<br />
die Biegesteifigkeit des Zustands II bezogen auf die Biegesteifigkeit<br />
des Zustands I.<br />
In Bild 8 sind die Ergebnisse des Iterationsverfahrens<br />
zur Ermittlung der Steifigkeiten der Pfeilerquerschnitte<br />
mit <strong>und</strong> ohne Berücksichtigung der Mitwirkung des <strong>Beton</strong>s<br />
auf Zug zusammengestellt. Für die Ermittlung der<br />
Schnittgrößen aus Zwangseinwirkungen ist am Endsystem<br />
gemäß ARS 11/2003 [20] mindestens die 0,4fache<br />
Steifigkeit des Zustands I anzusetzen.<br />
Alternativ werden die Zwangsschnittgrößen gemäß<br />
ARS 11/2003 [20] für die Nachweise im Grenzzustand der<br />
Tragfähigkeit mit den 0,6fachen Steifigkeiten des Zustands<br />
I berechnet. Die Steifigkeitsabminderung wird nur<br />
für die Unterbauten (Pfeiler <strong>und</strong> Pfähle) vorgenommen, da<br />
der Überbau aufgr<strong>und</strong> der gewählten Vorspannung nicht<br />
in den Zustand II übergeht. In Tabelle 2 werden Verhältniswerte<br />
des Bemessungsmomentes am Pfeilerkopf für die<br />
oben beschriebenen Steifigkeiten angegeben.<br />
Für die Ermittlung der Zwangsschnittgrößen liefert<br />
der vereinfachte Ansatz der 0,6fachen Steifigkeit des<br />
Pfeilerhöhe [m]<br />
12,0<br />
10,0<br />
8,0<br />
6,0<br />
4,0<br />
2,0<br />
0<br />
0<br />
1<br />
2<br />
3<br />
E<br />
0,1 0,2<br />
1 3 E 2<br />
1. Iterationsschritt<br />
2. Iterationsschritt<br />
3. Iterationsschritt<br />
Endsystem<br />
0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8<br />
EJ<br />
II<br />
/ EJ<br />
I<br />
Bild 7. Biegesteifigkeit der Pfeiler im Zustand II<br />
Fig. 7. Flexural rigidity of the piers in condition II<br />
0,9<br />
<strong>Beton</strong>- <strong>und</strong> <strong>Stahlbetonbau</strong> 101 (2006), Heft 10<br />
1,0<br />
7
Zustands I für die Unterbauten gemäß ARS 11/2003 [20]<br />
ausreichend genaue Ergebnisse. Eine Ermittlung der Steifigkeiten<br />
ohne Berücksichtigung der zugversteifenden<br />
Wirkung des <strong>Beton</strong>s führt jedoch zu einer Unterschätzung<br />
der Zwangsschnittgrößen. Für die Pfeiler ist anschließend<br />
zu prüfen, ob eine Berechnung nach Theorie II. Ordnung<br />
mit den abgeminderten Steifigkeitswerten durchzuführen<br />
ist.<br />
4.4 Theorie II. Ordnung<br />
Die Notwendigkeit einer Berechnung nach Theorie II.<br />
Ordnung läßt sich nach dem Verfahren von Vianello auf<br />
einfache Weise überprüfen. Gr<strong>und</strong>lage dieses Verfahrens<br />
ist die Annahme, daß die Verformungen f II eines Pfeilers<br />
nach Theorie II. Ordnung näherungsweise affin zu den<br />
Verformungen f I nach Theorie I. Ordnung sind.<br />
II<br />
f<br />
N<br />
ki<br />
I<br />
f<br />
≈<br />
N − N<br />
ki<br />
Biegesteifigkeit mit Berücksichtigung der<br />
Mitwirkung des <strong>Beton</strong>s auf Zug.<br />
Biegesteifigkeit ohne Berücksichtigung der<br />
Mitwirkung des <strong>Beton</strong>s auf Zug.<br />
rechnerische Mindestbiegesteifigkeit<br />
gemäß ARS 11/2003.<br />
Bild 8. Verlauf der Biegesteifigkeit der Pfeiler im Zustand II<br />
mit <strong>und</strong> ohne Berücksichtigung der Mitwirkung des <strong>Beton</strong>s<br />
auf Zug<br />
Fig. 8. Distribution of the flexural rigidity of the piers in<br />
condition II with and without consideration of the tension<br />
strength of concrete<br />
Tabelle 2. Bemessungsmomente am Pfeilerkopf<br />
Table 2. Design moments at the pier head<br />
Biegesteifigkeit der Unterbauten<br />
mit ohne EI II = 0,6 EI I<br />
Schnittgröße Berücksichtigung der Mitwirkung (ARS 11/2003)<br />
des <strong>Beton</strong>s auf Zug<br />
vorh. M y,d 1) 100% 93% 98%<br />
1) ständige <strong>und</strong> vorübergehende Bemessungssituation nach<br />
DIN-Fachbericht 101<br />
8 Sonderdruck aus: <strong>Beton</strong>- <strong>und</strong> <strong>Stahlbetonbau</strong> 101 (2006), Heft 10<br />
S. Schiefer/M. Fuchs/B. <strong>Brandt</strong>/G. Maggauer/A. Egerer · Besonderheiten beim Entwurf semi-integraler Spannbetonbrücken<br />
(1)<br />
mit<br />
N ki = π 2 · EI/s k 2 = ideelle Knicklast<br />
N = Bemessungslast (ständige <strong>und</strong> vorübergehende<br />
Einwirkungskombination)<br />
s k = Knicklänge<br />
EI = Biegesteifigkeit<br />
Mit dem Knickkennwert ν = N ki/N folgt:<br />
fII ≈fIν ⋅<br />
ν − 1<br />
Für das Moment nach Theorie II. Ordnung gilt:<br />
ν<br />
M ≈M ⋅ = β ⋅M<br />
ν − 1<br />
II I I<br />
Dieses von Vianello entwickelte Verfahren gilt exakt nur<br />
dann, wenn die Biege- oder Momentenlinie nach Theorie<br />
I. Ordnung affin zur Knickbiegelinie ist [21]. Der Vergrößerungsfaktor<br />
β für die Schnittgrößen nach Theorie II.<br />
Ordnung ist in Abhängigkeit vom Knickkennwert ν in<br />
Bild 9 dargestellt.<br />
Ist der Knickkennwert ν > 10, kann auf eine Berechnung<br />
nach Theorie II. Ordnung verzichtet werden, da<br />
dann die Erhöhung der Schnittgrößen unter 10% liegt. Bis<br />
zu einem Knickbeiwert ν > 6 kann die Erhöhung der<br />
Schnittgrößen nach Theorie II. Ordnung überschlägig abgeschätzt<br />
werden, bei einem kleineren Knickkennwert<br />
sind genauere Berechnungen erforderlich. Als Knicklänge<br />
der Pfeiler kann für ein verschiebliches Rahmensystem bei<br />
üblichen Gründungsverhältnissen zur Vordimensionierung<br />
die zweieinhalbfache Pfeilerhöhe angenommen werden.<br />
Die Steifigkeit im Zustand II wird in Anlehnung an<br />
das ARS 11/2003 [20] mit den 0,6fachen Werten der Steifigkeit<br />
des Zustands I angesetzt.<br />
Damit ergibt sich im vorliegenden Fall:<br />
2 II 2<br />
Rechnung nach<br />
Theorie II. Ordnung<br />
erforderlich<br />
Rechnung nach<br />
Theorie II. Ordnung nicht erforderlich<br />
Bild 9. Knickkennwert ν zur näherungsweisen Bestimmung<br />
der Schnittgrößen nach Theorie II. Ordnung<br />
Fig. 9. Characteristic buckling value ν for the approximate<br />
determination of internal forces according to the second<br />
order theory<br />
π<br />
ν =<br />
⋅ EI / sk<br />
N<br />
=<br />
π2<br />
⋅31400 ⋅0, 6 ⋅0, 546 /( 2, 5 ⋅12,0)<br />
=<br />
16, 2<br />
2<br />
= 70 , < 10<br />
(2)<br />
(3)<br />
(4)
S. Schiefer/M. Fuchs/B. <strong>Brandt</strong>/G. Maggauer/A. Egerer · Besonderheiten beim Entwurf semi-integraler Spannbetonbrücken<br />
Der Knickbeiwert zwischen 6 <strong>und</strong> 10 weist auf eine konstruktiv<br />
sinnvolle <strong>und</strong> wirtschaftliche Dimensionierung<br />
des Pfeilerquerschnitts mit einer Seitenlänge von 1,60 m<br />
hin. Durch Umformung von Gl. (4) ergibt sich mit I Ι =<br />
a 4 /12 <strong>und</strong> ν min = 6 eine dimensionsgeb<strong>und</strong>ene Dimensionierungshilfe<br />
zur Ermittlung der Seitenlänge a eines quadratischen<br />
Pfeilers der <strong>Beton</strong>güte C 40/50 (Bild 10).<br />
ν<br />
a<br />
min ⋅N⋅sk 6⋅N⋅(, 2 5⋅l)<br />
min = 4 20 ⋅<br />
= 4 20 ⋅<br />
E ⋅ π2 31400<br />
⋅ π2<br />
= 022 , 4 N⋅l2[ m]<br />
(N ist in [MN] <strong>und</strong> l in [m] einzusetzen)<br />
5 Bodenmechanische Untersuchungen<br />
5.1 Parameterstudien zum Baugr<strong>und</strong><br />
2<br />
Für die Gründungsanordnung im Pfeilerbereich der Fahrbachtalbrücke<br />
gemäß Bild 11 werden Parameterstudien<br />
am Gesamtsystem zur Beurteilung der Auswirkungen unterschiedlicher<br />
Baugr<strong>und</strong>verhältnisse mit folgenden Pfahlfußfedern<br />
durchgeführt:<br />
– 480 MN/m als unterer Grenzwert<br />
– 600 MN/m als Mittelwert<br />
– 720 MN/m als oberer Grenzwert<br />
Zur Beurteilung unterschiedlicher Setzungen in Querrichtung<br />
werden die Pfahlfußfeder unter einem Randpfahl<br />
(hier: Pfahl 1) zusätzlich um 20% bzw. 50% abgemindert<br />
<strong>und</strong> die auftretenden Setzungen unter der Lastfallkombination<br />
GZ2 (Gebrauchszustand nach DIN 1054 [14]) ermittelt<br />
(Bild 12).<br />
Die Auswirkungen unterschiedlicher Pfahlfußfederabminderungen<br />
unter einem Randpfahl auf die Normalkraft<br />
im benachbarten Pfahl werden in Bild 13 in Abhängigkeit<br />
vom Gr<strong>und</strong>wert der Pfahlfußfeder dargestellt.<br />
2<br />
=<br />
1 = 20 m<br />
1 = 15 m<br />
1 = 10 m<br />
1 = 5 m<br />
Bild 10. Mindestseitenlänge eines Pfeilers in Abhängigkeit<br />
von der Pfeilernormalkraft <strong>und</strong> -höhe (C 40/50)<br />
Fig. 10. Minimum side length of a pier as a function of the<br />
pier’s normal force and height (C 40/50)<br />
(5)<br />
Bild 11. Pfahlanordnung im Pfeilerbereich<br />
Fig. 11. Pile arrangement in pier area<br />
720 MN/m<br />
600 MN/m<br />
480 MN/m<br />
Bild 12. Setzungen am Pfahlfuß in Querrichtung in Abhängigkeit<br />
von den Pfahlfußfedern<br />
Fig. 12. Settlements at the pile base in the transverse direction<br />
as a function of the springs at the pile base<br />
Unterschiedliche Pfahlfußfedern haben nur einen geringen<br />
Einfluß auf die prozentuale Pfahllasterhöhung des<br />
benachbarten Pfahls. Unter der Voraussetzung einer wirtschaftlich<br />
durchgeführten Bohrpfahldimensionierung ist<br />
davon auszugehen, daß eine Pfahllasterhöhung bis zu<br />
10% vom Pfahlquerschnitt noch aufgenommen werden<br />
kann. Aus Bild 13 ergeben sich daraus maximal zulässige<br />
Abminderungen der Pfahlfußfeder des Randpfahls im Bereich<br />
von 35%. Dieser Wert ist nahezu unabhängig vom<br />
Gr<strong>und</strong>wert der Pfahlfußfeder. Damit wird in der Regel<br />
nicht die Änderung der Pfahllast, sondern die Differenz-<br />
<strong>Beton</strong>- <strong>und</strong> <strong>Stahlbetonbau</strong> 101 (2006), Heft 10<br />
9
Erhöhung Pfahllast [%]<br />
(Pfahl 2)<br />
20<br />
10<br />
Gr<strong>und</strong>wert der Pfahlfußfedern<br />
480 MN/m<br />
600 MN/m<br />
720 MN/m<br />
0<br />
0 10 20 30 40<br />
Abminderung Pfahlfußfeder [%] (Pfahl 1)<br />
Bild 13. Lasterhöhung des benachbarten Pfahls infolge der<br />
Abminderung der Pfahlfußfeder des Randpfahls<br />
Fig. 13. Load increase of the adjacent pile as a result of the<br />
minimization of the spring at the pile base of the edge pile<br />
setzung benachbarter Bohrpfähle das für die Ausführbarkeit<br />
entscheidende Kriterium.<br />
5.2 Pfahlwiderstände bei zyklischen <strong>und</strong> dynamischen<br />
Einwirkungen<br />
5.2.1 Axialer Pfahlwiderstand<br />
Ändert eine Einwirkung ihre Größe innerhalb eines unteren<br />
<strong>und</strong> oberen Grenzwertes (Schwellbelastung) oder aber<br />
ihre Richtung (Wechselbelastung), wird dies nach<br />
Seitz/Schmidt [22] als zyklische Belastung bezeichnet. Bei<br />
axial zyklisch beanspruchten Pfahlgründungen mit<br />
Schwell- <strong>und</strong>/oder Wechsellastanteilen über 20% der charakteristischen<br />
Pfahlwiderstände R 2,k im Gebrauchszustand<br />
kann eine Verschlechterung des Pfahltragverhaltens<br />
durch Abnahme der Mantelreibung eintreten [14]. Hinsichtlich<br />
zyklischer <strong>und</strong> dynamischer Einwirkungen in<br />
axialer Richtung sollte das Baugr<strong>und</strong>gutachten folgende<br />
Angaben enthalten:<br />
– Randbedingungen, bei deren Einhaltung auf die Untersuchung<br />
axial zyklischer Einwirkungen verzichtet werden<br />
kann, z. B. Einbindelänge in eine bestimmte Bodenschicht.<br />
– Abgeminderte Pfahlmantelreibung, sofern eine Verschlechterung<br />
des Pfahltragverhaltens eintreten kann.<br />
Für die Entwurfsbearbeitung reicht in der Regel der Nachweis<br />
aus, daß die Pfahllast infolge Verkehrslasten gemäß<br />
Lastmodell 1 nach DIN-Fachbericht 101 [10] kleiner als<br />
10% des charakteristischen Pfahlwiderstandes R 2,k ist.<br />
5.2.2 Horizontaler Pfahlwiderstand<br />
Die maßgebenden Horizontalbeanspruchungen in<br />
Brückenlängsrichtung entstehen infolge der Zwangsbeanspruchungen<br />
Kriechen, Schwinden <strong>und</strong> Temperatur sowie<br />
infolge Bremsen. Die Größe der Zwangsbeanspruchungen<br />
nimmt zu bzw. ab mit zunehmenden bzw. abnehmenden<br />
Bettungsmodul.<br />
Für sämtliche Einwirkungen H s – mit Ausnahme von<br />
Temperatur <strong>und</strong> Bremsen – ist mit den charakteristischen<br />
statischen Bettungsmoduln zu rechnen. Für lang- <strong>und</strong> mittelfristige<br />
zyklische Beanspruchungen H T (Temperatur)<br />
sind bei Lockergesteinsschichten die charakteristischen<br />
statischen Bettungsmoduln zu halbieren (Bild 14). Bei<br />
10 Sonderdruck aus: <strong>Beton</strong>- <strong>und</strong> <strong>Stahlbetonbau</strong> 101 (2006), Heft 10<br />
S. Schiefer/M. Fuchs/B. <strong>Brandt</strong>/G. Maggauer/A. Egerer · Besonderheiten beim Entwurf semi-integraler Spannbetonbrücken<br />
50<br />
Bild 14. Bodenschichtung in Achse 30<br />
Fig. 14. Soil stratification at axis 30<br />
festen Gesteinsschichten ist keine Abminderung erforderlich.<br />
Zyklische Beanspruchungen haben in der Regel<br />
einen geringen Einfluß auf die Bodenkennwerte.<br />
Für kurzfristige zyklische (stoßartige) Beanspruchungen<br />
(Bremsen) können die charakteristischen statischen<br />
Bettungsmoduln verdreifacht <strong>und</strong> für „wiederholte Bremslasten“<br />
H B verdoppelt werden. Zum Nachweis der Gesamtverformung<br />
kann mit einem Ersatz-Bettungsmodul<br />
c Ersatz gerechnet werden [23]:<br />
H H H<br />
cErsatz = c⋅(,<br />
10⋅ S + 05 , ⋅ T + 20 , ⋅ B )<br />
H H H<br />
mit<br />
H = ∑ (H S + H T + H B)<br />
Die Überlagerung unterschiedlicher zyklischer Beanspruchungen<br />
kann – je nachdem, ob der Temperatur- oder der<br />
Bremsanteil an der Horizontalbeanspruchung überwiegt –<br />
sowohl zu einer Erhöhung als auch zu einer Abminderung<br />
des Bettungsmoduls c führen. Es wird angeregt, auf Untersuchungen<br />
von horizontalen zyklischen Beanspruchungen<br />
zu verzichten, sofern vom Baugr<strong>und</strong>gutachter nicht<br />
ausdrücklich anders lautende Forderungen gestellt wer-<br />
(6)
S. Schiefer/M. Fuchs/B. <strong>Brandt</strong>/G. Maggauer/A. Egerer · Besonderheiten beim Entwurf semi-integraler Spannbetonbrücken<br />
den. Im Regelfall sollten diese Beanspruchungen durch<br />
die Berücksichtigung unterer <strong>und</strong> oberer Grenzwerte der<br />
charakteristischen statischen Bettungsmoduln abgedeckt<br />
sein.<br />
5.2.3 Plastische Verformungen des Baugr<strong>und</strong>s<br />
Der Einfluß plastischer Verformungen des Baugr<strong>und</strong>s infolge<br />
zyklischer Belastungen sowohl in axialer als auch in<br />
horizontaler Richtung sollte nur untersucht werden, wenn<br />
dies vom Baugr<strong>und</strong>gutachter ausdrücklich gefordert wird.<br />
Die Berücksichtigung kann durch eine Verminderung der<br />
Pfahlmantelreibung bzw. eine zusätzliche Variation der<br />
horizontalen Bettungsmoduln erfolgen.<br />
6 Begrenzung der Rißbreite<br />
Die Nachweise zur Begrenzung der Rißbreite werden auf<br />
der Gr<strong>und</strong>lage der Elastizitätstheorie mit den Steifigkeiten<br />
des Zustands I geführt <strong>und</strong> umfassen nach DIN-Fachbericht<br />
102 [11], Abs. 4.4.2 folgende Nachweise:<br />
– Mindestbewehrung zur Begrenzung der Rißbreite.<br />
– Begrenzung der Rißbreite unter der häufigen Einwirkungskombination<br />
ohne direkte Berechnung.<br />
In Bauteilen, mit Ausnahme von vorgespannten Bauteilen,<br />
bei denen unter der seltenen Einwirkungskombination<br />
<strong>und</strong> unter den maßgebenden charakteristischen Werten<br />
der Vorspannung die <strong>Beton</strong>druckspannungen am<br />
Querschnittsrand dem Betrag nach größer als 1 N/mm 2<br />
sind, wird gemäß Heft 525 DAfStb [24] immer eine rißverteilende<br />
Mindestbewehrung angeordnet.<br />
Die Mindestbewehrung wird für die theoretische<br />
Rißschnittgröße dimensioniert, auch wenn die rechnerisch<br />
ermittelten Schnittgrößen die Rißschnittgröße nicht<br />
erreichen. Eine ausreichend dimensionierte Mindestbewehrung<br />
ist besonders in den Anschlußbereichen Überbau/Pfeiler<br />
konstruktiv sinnvoll, um Zwangseinwirkungen<br />
oder Eigenspannungen – z. B. aus dem Abfließen der<br />
Hydratationswärme oder dem Bauablauf – abzudecken.<br />
Die Nachweise zur Begrenzung der Rißbreite werden<br />
unter der häufigen Einwirkungskombination für den Rechenwert<br />
der Rißbreite von w k = 0,2 mm geführt. Die Auswertung<br />
der Nachweise zur Begrenzung der Rißbreite<br />
führt zu dem Ergebnis, daß im Pfeilerbereich der Nachweis<br />
bemessungsrelevant wird. Die Erhöhung des Bewehrungsgehaltes<br />
gegenüber den Nachweisen im GZT beeinträchtigt<br />
die Ausführbarkeit jedoch nicht.<br />
7 Verschiebewege der Übergangskonstruktion<br />
7.1 Vergleich der Verschiebewege von semi-integralen <strong>und</strong><br />
konventionell gelagerten Brücken<br />
Es werden Parameterstudien an zwei Systemen mit einer<br />
Variation der Pfeilerhöhe durchgeführt:<br />
– Pfeiler ohne Lager (semi-integrales Bauwerk).<br />
– Pfeiler mit Lagern (Bauwerk mit konventioneller Lagerung<br />
auf Verformungslagern <strong>und</strong> Längsfesthaltungen in<br />
beiden Pfeilerachsen).<br />
Die Verformungen u x in Brückenlängsrichtung infolge der<br />
Lastfallkombination GZ2 (Gebrauchszustand nach DIN<br />
Pfeilerhöhe [m]<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
o m<br />
0 10 50<br />
o<br />
Horizontalverformung u in Brückenlängsrichtung [mm]<br />
1054 [14]) sind in Bild 15 dargestellt. Maßgeblichen Einfluß<br />
auf die Verformungen hat der Lastfall Bremsen. Bei<br />
einem semi-integralen Bauwerk treten in Brückenlängsrichtung<br />
im Vergleich zur konventionellen Lagerung kleinere<br />
Verformungen sowohl am Pfeiler- als auch am Pfahlkopf<br />
auf. Für die Brückenquerrichtung ergeben sich qualitativ<br />
gleiche Ergebnisse bei wesentlich kleineren Absolutbeträgen<br />
der Verformungen.<br />
Bei semi-integralen Bauwerken treten in<br />
Brückenlängsrichtung im Vergleich zur konventionellen<br />
Lagerung kleinere Verformungen auf.<br />
Aufgr<strong>und</strong> von horizontalen Pfahlprobebelastungen<br />
werden vom Baugr<strong>und</strong>gutachter zwei Bereiche in Abhängigkeit<br />
von der charakteristischen Gesamthorizontalkraft<br />
H mit jeweils einem unteren <strong>und</strong> einem oberen<br />
Grenzwert für den Bettungsmodul angegeben. Die Angabe<br />
von zwei Bereichen resultiert aus den Meßergebnissen der<br />
horizontalen Pfahlprobebelastungen [25], wonach die<br />
Horizontalverschiebungen des Pfahles bei Belastungen<br />
von H/D > 0,25 MN/m stärker zunehmen als von H/D <<br />
0,25 MN/m. Ein unterer <strong>und</strong> ein oberer Grenzwert für<br />
den Bettungsmodul werden gemäß Heft 496 DAfStb [16]<br />
<strong>und</strong> Berger et al. [26] empfohlen, da bei zu hohem Bettungsmodul<br />
die Verschiebungen, bei zu niedrigem Bettungsmodul<br />
die Zwangsbeanspruchungen unterschätzt<br />
werden.<br />
Falls die vorhandene Horizontalkraft H im Übergangsbereich<br />
liegt <strong>und</strong> keine eindeutige Zuordnung möglich<br />
ist, wird angeregt, mit den jeweiligen Mittelwerten zu<br />
rechnen, wie dies beispielhaft in Tabelle 3 für die oberste<br />
Bodenschicht angegeben ist.<br />
7.2 Ausführbare Überbaulängen bei semi-integralen<br />
Brückenbauwerken<br />
x<br />
Eine Übergangskonstruktion mit mehr als einem Dichtprofil<br />
erfordert einen Wartungsgang im Brückenwider-<br />
<strong>Beton</strong>- <strong>und</strong> <strong>Stahlbetonbau</strong> 101 (2006), Heft 10<br />
m<br />
Pfeiler ohne Lager<br />
o<br />
o<br />
Pfeilerkopf<br />
Pfahlkopf<br />
Pfeiler mit Lagern<br />
m Pfeilerkopf<br />
m Pfahlkopf<br />
100 150 200<br />
Bild 15. Verformungen u x in Brückenlängsrichtung infolge<br />
der Lastfallkombination GZ2 (Gebrauchszustand nach<br />
DIN 1054)<br />
Fig. 15. Deformation u x in bridge longitudinal direction<br />
as a result of load combination GZ2 (use state following<br />
DIN 1054)<br />
11
Tabelle 3. Bettungsmoduln der Bodenschicht 2 in Abhängigkeit<br />
von der Horizontalkraft H (für Pfahldurchmesser<br />
D = 1,20 m)<br />
Table 3. Bedding Modulus of soil layer 2 as a function of<br />
the horizontal force H (for pile diameter D = 1,20 m)<br />
Maximale Überbaulänge [m]<br />
linear zunehmender, charakteristischer<br />
Grenzwert statischer Bettungsmodul [MN/m 3 ]<br />
H < 0,3 MN H > 0,3 MN H ≈ 0,3 MN<br />
unterer 0–20 0–3 0–12<br />
oberer 0–40 0–10 0–25<br />
140<br />
120<br />
103<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
0 20 40<br />
50<br />
60 80 100<br />
Ersatz-Horizontalfeder des Gesamtsystems c [MN/m]<br />
Bild 16. Maximale Überbaulänge in Abhängigkeit von der<br />
Ersatz-Horizontalfeder des Gesamtsystems <strong>und</strong> dem Typ der<br />
Übergangskonstruktion<br />
Fig. 16. Maximum superstructure length as a function of the<br />
substitute horizontal spring of the overall system and the<br />
type of transitional construction<br />
lager. Der Entwurf wird dahingehend optimiert, daß auf<br />
einen Wartungsgang verzichtet werden kann. In Abhängigkeit<br />
vom Typ der Übergangskonstruktion <strong>und</strong> einer Ersatz-Horizontalfeder<br />
c H zur Erfassung der Steifigkeit des<br />
Gesamtsystems eines semi-integralen Bauwerks in<br />
Brückenlängsrichtung lassen sich die maximalen Überbaulängen<br />
für eine Abschätzung der möglichen Überbaulänge<br />
in der Entwurfsphase angegeben (Bild 16).<br />
Ermittlung der Ersatz-Horizontalfeder des Gesamtsystems<br />
c H:<br />
Durch das Aufbringen einer Einheitslast H x in Brückenlängsrichtung<br />
<strong>und</strong> die rechnerische Ermittlung der dazugehörigen<br />
Verschiebung u x am Gesamtsystem läßt sich die<br />
Ersatz-Horizontalfeder des Gesamtsystems c H ermitteln.<br />
Diese Feder bildet die Steifigkeit der Pfeiler mit deren monolithischem<br />
Anschluß an den Überbau sowie die Steifig-<br />
Fahrbachtalbrücke<br />
12 Sonderdruck aus: <strong>Beton</strong>- <strong>und</strong> <strong>Stahlbetonbau</strong> 101 (2006), Heft 10<br />
S. Schiefer/M. Fuchs/B. <strong>Brandt</strong>/G. Maggauer/A. Egerer · Besonderheiten beim Entwurf semi-integraler Spannbetonbrücken<br />
Zulässiger Dehnweg der<br />
Übergangskonstruktion:<br />
H<br />
95 mm<br />
65 mm<br />
keit der Pfähle einschließlich deren elastischer Bettung ab<br />
<strong>und</strong> macht unterschiedliche semi-integrale Brücken mit<br />
der jeweiligen Anzahl an Überbaufeldern, Pfeilerhöhen<br />
bzw. -geometrien <strong>und</strong> Gründungssituationen vergleichbar,<br />
sofern sie symmetrisch in Brückenlängsrichtung ausgebildet<br />
sind. Mit dieser Horizontalfeder können allerdings<br />
Verschiebungen aus Einwirkungen, die direkt auf die Unterbauten<br />
wirken, wie z. B. Temperatur oder Wind auf die<br />
Pfeiler bzw. Stützensenkung nicht ermittelt werden. Das<br />
Diagramm berücksichtigt diese Anteile überschlägig. Weiterhin<br />
sind unterschiedlich anzusetzende Bettungsmoduln<br />
in Horizontalrichtung, wie sie bei Temperatur <strong>und</strong> Bremsen<br />
in der Regel vom Baugr<strong>und</strong>gutachter empfohlen werden,<br />
nicht erfaßt. Für Verschiebungen infolge Temperatur<br />
hat die Horizontalfeder einen vernachlässigbaren Einfluß;<br />
für Verschiebungen infolge Bremsen, die sehr stark von<br />
der Horizontalsteifigkeit des Systems abhängen, wird auf<br />
der sicheren Seite liegend mit den einfachen statischen<br />
Bettungsmoduln gerechnet. Auf eine Variation des Elastomer-Schubmoduls<br />
der Verformungslager in den Widerlagerachsen<br />
für sommerliche <strong>und</strong> winterliche Umgebungsbedingungen<br />
gemäß DIN 4141-14/A1 [27] wird wegen des<br />
geringen Einflusses verzichtet.<br />
Gewählte Parameter für die Kennlinien des Diagramms in<br />
Bild 16:<br />
Die Verschiebungen infolge Kriechen <strong>und</strong> Schwinden<br />
werden für den Zeitraum von t = 100 d (Einbau der Übergangskonstruktion)<br />
bis t = 25 a (üblicher Austausch der<br />
Übergangskonstruktion) errechnet. Die Kriech- <strong>und</strong><br />
Schwindbeiwerte sind für einen Normalbeton der Güte<br />
C 40/50 mit einem normal oder schnell erhärtenden Zement<br />
32,5R bzw. 42,5N für eine wirksame Bauteildicke<br />
von 65 cm unter feuchten Umgebungsbedingungen ermittelt.<br />
Verschiebungen aus Eigenlast, Kriechen <strong>und</strong> Schwinden<br />
bis t = 100 d <strong>und</strong> aus der elastischen Verkürzung infolge<br />
Vorspannung sind nicht berücksichtigt, da sie bis<br />
zum Einbau der Übergangskonstruktion größtenteils abgeklungen<br />
sind. Die Verschiebewege für die Stützensenkung<br />
werden mit einer Setzung von 5 mm pro Achse<br />
ermittelt. Neben den linearen Temperaturunterschieden<br />
von ΔT M = +12,3 <strong>und</strong> –8,0 K auf den Überbau wird der<br />
konstante Temperaturanteil mit dem abgeminderten Wert<br />
von ΔT N = ± 37 K auf den Überbau <strong>und</strong> die Unterbauten<br />
aufgebracht. Außerdem ist ein linearer Temperaturunterschied<br />
zwischen den Pfeileraußenflächen mit<br />
ΔT M = +5,0 K berücksichtigt. Sonstige Einwirkungen wie<br />
Bremsen, Wind <strong>und</strong> Verkehrslast gemäß Lastmodell 1<br />
werden entsprechend den Regelungen des DIN-Fachberichts<br />
101 [10] angesetzt.<br />
Die Anteile der maßgeblichen Einwirkungen an der<br />
Gesamtverschiebung zur Bemessung der Übergangskonstruktion<br />
sind in Tabelle 4 ausgewertet. Die Verschiebungsanteile<br />
infolge der Einwirkungen aus Temperatur<br />
<strong>und</strong> Kriechen/Schwinden nehmen zu, diejenigen infolge<br />
der Einwirkungen aus Bremsen/Anfahren nehmen ab mit<br />
zunehmender Steifigkeit des Gesamtsystems.<br />
Bei semi-integralen Brücken ist im Gegensatz zu integralen<br />
Bauwerken der Verschiebungseinfluß infolge<br />
Bremsen/Anfahren nicht zu vernachlässigen. Die Lastfälle<br />
Stützensenkung, Verkehrslast gemäß Lastmodell 1 nach
S. Schiefer/M. Fuchs/B. <strong>Brandt</strong>/G. Maggauer/A. Egerer · Besonderheiten beim Entwurf semi-integraler Spannbetonbrücken<br />
Tabelle 4. Prozentualer Anteil der Einwirkungen an der<br />
Gesamtverschiebung zur Bemessung der Übergangskonstruktion<br />
in Abhängigkeit von der Ersatz-Horizontalfeder c H<br />
Table 4. Percentage of the actions on the total displacement<br />
for the design of the transitional construction as a function<br />
of the substitute horizontal spring c H<br />
Einwirkung Ersatz-Horizontalfeder c H [MN/m]<br />
DIN-Fachbericht 101 [10] <strong>und</strong> Wind liefern nur geringe<br />
Verschiebungsanteile für die Bemessung der Übergangskonstruktion<br />
in der Größenordung von ≤ 6%.<br />
8 Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick<br />
Die integrale Bauweise ist keine Universallösung, die in jedem<br />
Fall die optimale Lösung bietet. Es müssen vielmehr<br />
bestimmte Randbedingungen erfüllt sein, um die beschriebenen<br />
Vorteile der Wirtschaftlichkeit, Robustheit <strong>und</strong><br />
Ästhetik nutzen zu können. Wegen der monolithischen<br />
Verbindung zwischen Überbau <strong>und</strong> Pfeilern sind rechnerische<br />
Nachweise am Gesamtsystem erforderlich. Das Beispiel<br />
der Fahrbachtalbrücke zeigt, daß die semi-integrale<br />
Bauweise gegenüber konventionell gelagerten Bauwerken<br />
bei geeigneten Baugr<strong>und</strong>verhältnissen Vorteile bietet. Die<br />
maximale Länge semi-integraler Bauwerke wird durch<br />
den Typ der Übergangskonstruktion begrenzt. Bei einprofiligen<br />
Fahrbahnübergängen mit 100 mm Spaltbreite sind<br />
Bauwerkslängen bis zu 120 m möglich.<br />
Literatur<br />
25 50 75 100<br />
Kriechen (100d-25a) 8,7% 11,1% 12,4% 13,3%<br />
Schwinden (100d-25a) 10,9% 14,0% 15,7% 16,7%<br />
Bremsen/Anfahren 37,1% 23,9% 17,8% 14,2%<br />
Temperatur 37,8% 45,1% 48,4% 50,4%<br />
Σ 94,5% 94,2% 94,2% 94,5%<br />
[1] Pelke, E., Berger, D., Graubner, C.-A. <strong>und</strong> Zink, M.: Entwurfshilfen<br />
für integrale Straßenbrücken. Heft 50 – 2004 der<br />
Schriftenreihe der Hessischen Straßen- <strong>und</strong> Verkehrsverwaltung.<br />
Hessisches Landesamt für Straßen- <strong>und</strong> Verkehrswesen,<br />
Wiesbaden 2003.<br />
[2] England, G. L., Tsang, N. and Bush, D.: Integral Bridges – A<br />
F<strong>und</strong>amental Approach to the Time-Temperature Loading<br />
Problem, Highways Agency, London, 2000.<br />
[3] Burke, M. P.: Design of Integral Concrete Bridges, Concrete<br />
International, 1993.<br />
[4] Schiefer, S.: Überführungen in Fertigteil-Bauweise. Zwei innovative<br />
Lösungen als Beispiele. Tagungsband 4. Symposium<br />
Brückenbau 17./18.02.2004 in Leipzig S. 40–43. Verlag Wiederspahn.<br />
[5] B<strong>und</strong>esministerium für Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen:<br />
Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen <strong>und</strong> Richtlinien<br />
für Ingenieurbauten (ZTV-ING). Verkehrsblatt-Dokument<br />
Nr. S 1056 – Vers. Nr. 01/03. Dortm<strong>und</strong>: Verkehrsblatt-<br />
Verlag 2003.<br />
[6] Braun, A., Seidl, G. <strong>und</strong> Weizenegger, M.: Rahmentragwerke<br />
im Brückenbau. <strong>Beton</strong>- <strong>und</strong> <strong>Stahlbetonbau</strong> 101 (2006), S.<br />
187–197.<br />
[7] B<strong>und</strong>esministerium für Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen:<br />
Allgemeines R<strong>und</strong>schreiben Straßenbau 23/1999. Stahlverb<strong>und</strong>brücken<br />
– Musterentwürfe für einfeldrige Verb<strong>und</strong>überbauten<br />
zur Überführung eines Wirtschaftsweges <strong>und</strong> eines<br />
Straßenquerschnittes RQ 10,5. Verkehrsblatt-Dokument<br />
Nr. S 1050 – Vers. Nr. 11/99. Dortm<strong>und</strong>: Verkehrsblatt-Verlag<br />
1999.<br />
[8] B<strong>und</strong>esministerium für Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen:<br />
Richtzeichnungen für Ingenieurbauten – RiZ-ING. Verkehrsblatt-Sammlung<br />
Nr. S 1053. Dortm<strong>und</strong>: Verkehrsblatt-<br />
Verlag 2005.<br />
[9] Pötzl, M., Schlaich, J. <strong>und</strong> Schäfer, K.: Gr<strong>und</strong>lagen für den<br />
Entwurf, die Berechnung <strong>und</strong> konstruktive Durchbildung lager-<br />
<strong>und</strong> fugenloser Brücken. DAfStb (Hrsg.), Heft 461 der<br />
Schriftenreihe, Beuth, Berlin 1996.<br />
[10] DIN Deutsches Institut für Normung e.V.: DIN-Fachbericht<br />
101 – Einwirkungen auf Brücken. Berlin: Beuth Verlag<br />
<strong>GmbH</strong> 2003.<br />
[11] DIN Deutsches Institut für Normung e.V.: DIN-Fachbericht<br />
102 – <strong>Beton</strong>brücken. Berlin: Beuth Verlag <strong>GmbH</strong> 2003.<br />
[12] DIN Deutsches Institut für Normung e.V.: DIN-Fachbericht<br />
103 – Stahlbrücken. Berlin: Beuth Verlag <strong>GmbH</strong> 2003.<br />
[13] DIN Deutsches Institut für Normung e.V.: DIN-Fachbericht<br />
104 – Verb<strong>und</strong>brücken. Berlin: Beuth Verlag <strong>GmbH</strong><br />
2003.<br />
[14] DIN Deutsches Institut für Normung e.V.: DIN 1054. Baugr<strong>und</strong><br />
– Sicherheitsnachweise im Erd- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>bau. Berlin:<br />
Beuth Verlag <strong>GmbH</strong> 2005.<br />
[15] DIN Deutsches Institut für Normung e.V.: DIN 1054. Baugr<strong>und</strong><br />
– Zulässige Belastung des Baugr<strong>und</strong>s. Berlin: Beuth<br />
Verlag <strong>GmbH</strong> 1976.<br />
[16] Engelsmann, S., Schlaich, J. <strong>und</strong> Schäfer, K.: Entwerfen<br />
<strong>und</strong> Bemessen von <strong>Beton</strong>brücken ohne Fugen <strong>und</strong> Lager.<br />
Deutscher Ausschuß für Stahlbeton, Heft 496. Berlin: Beuth<br />
Verlag <strong>GmbH</strong> 1999.<br />
[17] Specht, M. <strong>und</strong> Fouad, N. A.: Temperatureinwirkungen<br />
auf <strong>Beton</strong>-Kastenträgerbrücken durch Klimaeinflüsse. <strong>Beton</strong><strong>und</strong><br />
<strong>Stahlbetonbau</strong> 93 (1998), S. 281–285 <strong>und</strong> 319–323.<br />
[18] Zilch, K. <strong>und</strong> Rogge, A.: Bemessung von Stahlbeton- <strong>und</strong><br />
Spannbetonbauteilen im Brücken- <strong>und</strong> Hochbau. <strong>Beton</strong>kalender<br />
2004, Teil 2. Berlin: Ernst & Sohn Verlag <strong>GmbH</strong> 2004.<br />
[19] Quast, U.: Zur Mitwirkung des <strong>Beton</strong>s in der Zugzone. <strong>Beton</strong>-<br />
<strong>und</strong> <strong>Stahlbetonbau</strong> 76 (1981), S. 247–250.<br />
[20] B<strong>und</strong>esministerium für Verkehr, Bau- <strong>und</strong> Wohnungswesen:<br />
Allgemeines R<strong>und</strong>schreiben Straßenbau 11/2003. Hinweise<br />
zur Anwendung des DIN Fachberichts 102 „<strong>Beton</strong>brücken“.<br />
Verkehrsblatt-Dokument Nr. S 1050 – Vers. Nr.<br />
03/03. Dortm<strong>und</strong>: Verkehrsblatt-Verlag 2003.<br />
[21] Dischinger, F.: Untersuchungen über die Knicksicherheit,<br />
die elastische Verformung <strong>und</strong> das Kriechen des <strong>Beton</strong>s bei<br />
Bogenbrücken. Bauingenieur 18 (1937), S. 487–520, 539–552<br />
<strong>und</strong> 595–621.<br />
[22] Seitz, J. <strong>und</strong> Schmidt, H.-G.: Bohrpfähle. Berlin: Ernst &<br />
Sohn Verlag <strong>GmbH</strong> 2000.<br />
[23] Kempfert + Partner Geotechnik: Ausbau der BAB A3<br />
Frankfurt–Nürnberg bei Aschaffenburg. Halbintegrale Bauweise<br />
BW 213 b (Brücke über das Fahrbachtal). Bautechnische<br />
Empfehlungen (geotechnischer Entwurfsbericht). Unveröffentlichter<br />
Bericht vom 11.11.2005.<br />
[24] Deutscher Ausschuß für Stahlbeton (DAfStb): Erläuterungen<br />
zu DIN 1045-1. Heft 525. Berlin: Beuth-Verlag <strong>GmbH</strong><br />
2003.<br />
[25] Kempfert + Partner Geotechnik: Ausbau der BAB A3<br />
Frankfurt–Nürnberg bei Aschaffenburg. Integrale Bauweise<br />
der Brückenbauwerke BW 213 b <strong>und</strong> BW 214 b. 2. Bericht:<br />
Ergebnisse <strong>und</strong> Auswertung der axialen <strong>und</strong> horizontalen<br />
Pfahlprobebelastungen an Bohrpfählen. Unveröffentlichter<br />
Bericht vom 09.11.2005.<br />
<strong>Beton</strong>- <strong>und</strong> <strong>Stahlbetonbau</strong> 101 (2006), Heft 10<br />
13
[26] Berger, D., Graubner, C.-A., Pelke, E. <strong>und</strong> Zink, M.: Besonderheiten<br />
bei Entwurf <strong>und</strong> Bemessung integraler <strong>Beton</strong>brücken.<br />
<strong>Beton</strong>- <strong>und</strong> <strong>Stahlbetonbau</strong> 99 (2004), S. 295–302.<br />
[27] DIN Deutsches Institut für Normung e.V.: DIN 4141-<br />
14/A1. Lager im Bauwesen. Bewehrte Elastomerlager. Teil 14,<br />
Bauliche Durchbildung <strong>und</strong> Bemessung; Änderung A1. Berlin:<br />
Beuth Verlag <strong>GmbH</strong> 2003.<br />
Ltd. BD Dipl.-Ing. Stefan Schiefer<br />
Autobahndirektion Nordbayern<br />
Stellvertreter des Präsidenten<br />
Abteilungsleiter Brückenbau<br />
Lehrbeauftragter an der TU München<br />
Flaschenhofstraße 55<br />
90402 Nürnberg<br />
stefan.schiefer@abdnb.bayern.de<br />
BOR Dr.-Ing. Michael Fuchs<br />
Autobahndirektion Nordbayern<br />
Sachgebietsleiter Brückenbau<br />
Flaschenhofstraße 55<br />
90402 Nürnberg<br />
michael.fuchs@abdnb.bayern.de<br />
14 Sonderdruck aus: <strong>Beton</strong>- <strong>und</strong> <strong>Stahlbetonbau</strong> 101 (2006), Heft 10<br />
S. Schiefer/M. Fuchs/B. <strong>Brandt</strong>/G. Maggauer/A. Egerer · Besonderheiten beim Entwurf semi-integraler Spannbetonbrücken<br />
Dr.-Ing. Bernd <strong>Brandt</strong> Dipl.-Ing. (FH) Gerhard Maggauer<br />
info@rieger-brandt.de g.maggauer@rieger-brandt.de<br />
Dipl.-Ing. (FH) Andreas Egerer<br />
a.egerer@rieger-brandt.de<br />
<strong>Rieger</strong> + <strong>Brandt</strong> Planungsgesellschaft<br />
im Bauwesen mbH<br />
Neutorgraben 15<br />
90419 Nürnberg