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Lesen - Golf Dornseif

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Durchhalte-Appelle der Frontkämpfer-Presse in DSWA<br />

von <strong>Golf</strong> <strong>Dornseif</strong><br />

Nur wenigen Interessierten der deutschen Kolonialhistorie dürfte bekannt sein, dass in Tsumeb von Mitte<br />

Mai 1915 bis Anfang Juli 1915 mit Unterstützung des Kommandos der Schutztruppe insgesamt 15<br />

Ausgaben der improvisierten Not-Zeitung KRIEGSNACHRICHTEN erschienen und verbreitet worden sind<br />

mit einer Auflage von schätzungsweise 500 bis 1000 Exemplaren, Umfang jeweils vier bis fünf Blätter. Die<br />

letzten KRIEGSNACHRICHTEN konnte man noch am 3. Juli nachlesen, während die Kapitulation<br />

(Waffenstillstand) am 9. Juli unterschriftsreif war am Kilometer 500 der Bahn nahe Khorab.<br />

Herausgeber der Zeitung: Rudolf Kindt, 1928 verstorben. Bis zur Besetzung Windhoeks durch die<br />

südafrikanischen Truppen gab Kindt dort die Zeitung SÜDWEST in Auftrag und zog sich später in den<br />

Norden des Schutzgebiets zurück, um dort die deutschen Soldaten mit aktuellen Funknachrichten "aus<br />

der übrigen Welt und vor allem der Heimat" zu versorgen. Die Schutztruppe unterhielt in Tsumeb eine<br />

drahtlose Station, die allerdings Nachrichten aus Deutschland über die starke Station Nauen bei Berlin nur<br />

verstümmelt und auszugsweise empfangen konnte. Die KRIEGSNACHRICHTEN produzierte man in der<br />

Tsumeber Missionsdruckerei. Das Erscheinen der ersten Ausgabe verzögerte sich jedoch um einige<br />

Tage, weil der Drucker nach Empfang einer Vorschuss-Zahlung hemmungslos dem Alkohol zusprach und<br />

vorübergehend arbeitsunfähig erschien.<br />

Vergleicht man die Ausgaben der KRIEGSNACHRICHTEN miteinander, so entsteht der Eindruck eines<br />

heillosen Durcheinanders von der sachlichen Berichterstattung über aktuelle Neuigkeiten vom<br />

Kriegsschauplatz Deutsch-Südwestafrika zu fantasievollen Spekulationen über angebliche deutsche<br />

Grosskampf-Erfolge innerhalb Europas, ausgeschmückt mit vielen offenkundig masslos übertriebenen<br />

Zahlenangaben.<br />

Im Folgenden sind. auszugsweise eine Reihe interesanter Meldungen und Kommentare wiedergegeben,<br />

die vielseitige Einblicke gewähren in die Verhältnisse Südwestafrikas kurz vor dem Waffenstillstand,<br />

unterzeichnet von General Botha und. Gouverneur Seitz.<br />

Das Schutzgebiet und der Feind<br />

15. Mai 1915 - Ein Teil des Schutzgebiets hat dem Feind überlassen werden müssen, weil die<br />

Schutztruppe die viele hundert Kilometer lange Front Keetmanshoop - Gibeon - Windhoek - Karibib -<br />

Usakos - Okombahe gegen Angriffe einer grossen Übermacht nicht halten kann an einzelnen Punkten.<br />

Freiwillig haben wir geräumt! Die gegenüber unseren unvergleichlich grösseren blutigen Verluste der<br />

Engländer bei Kranzplatz boten dem Feind. gebieterisch halt. Man spricht von 300 Toten und.<br />

Verwundeten beim Feind. ...<br />

Die Truppe hat eine Konzentration ihrer Kräfte herbei geführt, die zweifellos gestatten wird, den bisher<br />

beschützten Norden auch gegen überlegene feindliche Kräfte lange Zeit zu halten...<br />

Windhoek war anscheinend bis zum 11. noch unbesetzt. Anzeichen mannigfacher Art lassen aber<br />

begründet hoffen, dass der Friedensschluss die Deutsch-Südwestafrikanische Schutztruppe noch gewiss<br />

im Felde sehen wird! "Es ist Unsinn zu glauben, dass Deutschland jemals einen Fussbreit dieses Landes<br />

abtreten wird, denn lieber wird es bis zum letzten Mann kämpfen". Dies äusserte Seine Exzellenz der Herr<br />

Gouverneur gegenüber dem Schreiber dieser Zeilen, und deutsch schlug dabei seine Faust auf den<br />

Tisch. Exzellenz Seitz hat ausdrücklich auf Anfrage gestattet, dass seine Worte hier bekannt gegeben<br />

werden dürfen ...


Stehlen ist jetzt in Windhoek an der Tagesordnung. 200 feindliche Offiziere und Mannschaften sollen<br />

deshalb bereits im Gefängnis sitzen! Sämtliche guten Gewehre werden von Offizieren, Mannschaften und<br />

Predigern gestohlen. Botha hat in Windhoek eine Proklamation erlassen, wonach deutsche Farmer<br />

innerhalb von 14 Tagen von der Schutztruppe zu ihren Farmen heimkehren müssen. Wer dies nicht<br />

beachtet, muss damit rechnen, dass die Südafrikaner dort ihren Bedarf an Schlachtvieh decken ohne<br />

Bezahlung. Südwestafrikanische Farmer sind keine Deserteure und Schweinehunde!<br />

Franke an seine Soldaten<br />

An meine Truppen!<br />

Auf eine Anregung unseres Gouverneurs, Exzellenz Dr. Seitz, fand am 21. dieses Monats eine<br />

Zusammenkunft von Dr. Seitz mit General Botha statt. Vorher wurde dem Vorschlag Bothas, einen<br />

Waffenstillstand ab 20. Mai 12 Uhr mittags festzusetzen, meinerseits zugestimmt. Dem Wunsch seiner<br />

Exzellenz entsprechend nahm ich mit meinem Generalstabsoffizier, Hauptmann Trainer, an den<br />

Verhandlungen teil.<br />

Der Herr Gouverneur machte unter absoluter Wahrung unserer Waffenehre die am weitesten gehenden<br />

Vorschläge zum Abschluss eines Waffenstillstands, indem er sich bereit erklärte, als Gegenleistung<br />

unsererseits vom Reichskanzler telegrafisch die Genehmigung dahin zu erhalten, dass bei den<br />

Friedensverhandlungen nach dem Krieg daheim unsere Kolonie in ihrer Gesamtheit als ein von Botha<br />

erobertes Kompensations-Objekt zu betrachten sei.<br />

Nachdem General Botha nach stundenlanger Verhandlung anscheinend auf den Vorschlag einzugehen<br />

sich geneigt zeigte, wurde er in einer Pause der Konferenz offenbar durch den britischen Chef seines<br />

Generalstabs umgestimmt und wagte Seiner Exzellenz den Vorschlag zu machen, die Kolonie vom<br />

Oranje zum Kunene hin als erobertes Gebiet zu übergeben. Die empörte Erwiderung des Gouverneurs,<br />

dass diese Zumutung schmachvoll und entehrend für die Offiziere und Mannschaften der deutschen<br />

Schutztruppe sei, wies der Buren-General mit der Erwiderung zurück, dass seine Forderung in keiner<br />

Weise die Ehre der Schutztruppe berühre. Daraufhin wurden weitere Verhandlungen abgebrochen. Der<br />

Waffenstillstand wurde mit dem 22. Mai 12 Uhr mittags im Jahr 1915 als beendet erklärt.<br />

Kameraden! Jeder von uns muss sich nach diesem Vorgang klar sein, dass wir gegenüber einem<br />

derartigen Feind unsere Waffenehre bis zum letzten Blutstropfen verteidigen müssen. Blicken wir auf zum<br />

Allmächtigen Gott aller Deutschen, vertrauen wir fest auf einen Erfolg der deutschen Waffen daheim, und<br />

damit auf einen für uns ehrenvollen Beschluss des Kampfes gegen die Räuber unserer Kolonie. Die<br />

Schutztruppe darf und wird. sich nimmermehr ergeben. Das walte Gott !<br />

gezeichnet FRANKE<br />

Erfolgreicher Minenkrieg an der Otavi-Bahn<br />

Die Zeit um Anfang Mai brachte dem Minen-Kommando, das seit dem 23. März besteht, eine Reihe<br />

Erfolge. Ein kleines Kommando, ein Offizier, ein Unteroffizier und vier Mann, arbeiteten nachts, um die<br />

Zugangstrasse vom Swakop bis herauf zur Otavi-Bahn durch Minen zu sperren und so das Heranfluten


der feindlichen Kräfte zu verzögern. Die Bahnlinie wurde durch Einbau vieler kleiner Minen verseucht und<br />

Leutnant Hundsdörfer konnte das Detonieren einiger Minen bei Ebony feststellen. Ein Zug ist durch eine<br />

vermutlich früher nicht losgegangene Mine jetzt beim Passieren in die Luft geflogen auf der Strecke vor<br />

Usakos.<br />

Etwa 800 Meter swakopabwärts vor Dorstreviermund wurde eine starke und elektrisch zu zündende Mine<br />

eingebaut: 16 Kisten Dynamit und. viele Kubikmeter Klippen hat man in einer Länge von 40 Metern<br />

montiert, also in ganzer Flussbreite. Am 1. Mai gegen acht Uhr bemerkte die Minenwache eine 50 Mann<br />

starke britische Abteilung den Swakop aufwärts marschieren. Ohne zu zünden, liess der Gefreite Rapecki<br />

am Zündapparat das Vorauskommando erst einmal passieren.<br />

Als der Gegner Dorstreviermund erreicht hatte, erhielt er plötzlich Feuer von der Abteilung des Reserve-<br />

Leutnants Bender. Ein Meldereiter galoppierte zurück, um dies zu berichten, und Minuten später tauchte<br />

die englische Haupttruppe im Trockenflussbett auf, etwa acht Schwadronen stark. Nachdem die Hälfte der<br />

Reiter passiert hatte, zündete Rapecki die Mine, die ungefähr 100 Soldaten des Feindes in den Tod riss<br />

abgesehen von den Reitpferden. Gefreiter Rapecki wurde zum Unteroffizier befördert wegen seiner<br />

Tatkraft und Umsicht.<br />

In eigener Sache<br />

Die KRIEGSNACHRICHTEN haben mit der Zeitung SÜDWEST, die unter Umständen in Windhoek weiter<br />

erscheint, nicht das Mindeste zu tun. Die Abonnenten der SÜDWEST Zeitung erhalten keine<br />

KRIEGSNACHRICHTEN als Ergänzung zugestellt. Die Post nimmt beschränkt weitere Abonnenten an für<br />

die KRIEGSNACHRICHTEN, monatlich zwei Mark Bezugsgebühr. An die Schutztruppe werden jeweils<br />

500 Exemplare geliefert und von ihr verteilt.<br />

Burisch-südafrikanische Reiter-Einheiten nach der Besetzung von Windhoek,<br />

versammelt zu einem Appell mit Ansprachen der Vorgesetzten. Da die meisten<br />

Reiter nur Afrikans beherrschten (also kaum ein Wort Englisch), war die<br />

militärische Umgangssprache gleichfalls Afrikaans, was wiederum das britische<br />

Oberkommando verärgerte.


Entlaufene Kriegsgefangene gesucht<br />

Am 17. dieses Monats abends sind aus Namutoni die folgenden Gefangenen entlaufen. Auf<br />

Wiederergreifung wird pro Kopf eine Belohnung von 100 Mark ausgesetzt. Ablieferung oder Mitteilung an<br />

den nächsten Truppenteil der Schutztruppe erbeten laut Anordnung des Etappen-Kommandos in Tsumeb<br />

vom 18. Juni 1915:<br />

CLARKE, etwa 1,65 m gross, 31 Jahre, schwarz gelocktes Haar, braune Augen, leicht gebogene Nase,<br />

Mund gewöhnlich, kein Bart, Sprache englisch und deutsch.<br />

GIBSON, 29 Jahre, etwa 1,70 m gross, blond, Nase und. Mund gewöhnlich, Schnurrbart, spricht deutsch,<br />

englisch, niederländisch.<br />

POTGIETER, 31 Jahre, etwa 1,78 m gross, linker Unterarm amputiert, spricht deutsch, englisch,<br />

niederländisch.<br />

BASSANG, 30 Jahre, etwa 1,70 m gross, schwarzes Haar, braune Augen, dunkler Schnurrbart, spricht<br />

englisch und niederländisch. Hautfarbe dunkelbraun.<br />

DAMES, 43 Jahre, etwa 1,90 m gross, braunes Haar, dunkle Augen, starker blonder Schnurrbart, spricht<br />

englisch und. niederländisch. Vorderzähne fehlen.<br />

HATTENGH, 20 Jahre, etwa 1,65 m gross, dunkles Haar, braune Augen, starker dunkler Schnurrbart und<br />

Spitzbart, spricht englisch und niederländisch. Wildes Aussehen.<br />

VOGES, 29 Jahre, etwa 1,68 m gross, blond, kein Bart, spricht englisch und niederländisch. Gedrungene<br />

Figur.<br />

Vor der Entscheidung<br />

3. Juli 1915 - Leitartikel des Verantwortlichen Schriftleiters Rudolf Kindt - Der Kommandeur der<br />

Schutztruppe hat Tsumeb verlassen. Die Entscheidung steht vor der Tür. Nach langen Monaten stehen<br />

wir dem Feind zum letzten und. schwersten Kampf gerüstet gegenüber. 11 Monate hat die Schutztruppe<br />

fast die gesamte militärische Kraft der britischen Union in Südafrika vom europäischen Kriegsschauplatz<br />

ferngehalten. Man darf jetzt endlich offen aussprechen, dass die Politik des Reichstags das Schutzgebiet<br />

so weit gebracht hat wie es heute ist! Nicht wir, sondern jene im Wallot-Bau zu Berlin, die immer sparen<br />

wollten und eine Schutztruppe von 2000 Mann noch für zu stark hielten, tragen die Verantwortung für das<br />

Zurückgehen unserer Truppen , für die Aufgabe des grössten Teils unseres Schutzgebiets. Uns hier<br />

draussen kann kein Vorwurf gemacht werden.<br />

Wie es aber auch ausgehen wird, fordern die Verhältnisse den letzten Kampf, so werden die<br />

Südwestafrikaner sich jener wert und würdig erweisen, die in Belgien, Frankreich, in Russland. und in<br />

Galizien den Schlachtentod gestorben sind, die von den Wogen der Meere verschlungen wurden, die in


Togo, Deutsch-Ost, in Kamerun, in Kiautschou-Tsingtau verbluteten. Ihr Leben steht in Gottes Hand, ihre<br />

Ehre werden sie selbst verteidigen! Sei der alte Schlachtengott uns jetzt gnädig, wenn wir auch diesmal<br />

nicht die meisten Bataillone haben. Reichstag, auf Dein Haupt komme das unnütz vergossene Blut!<br />

Steckbrief wegen Fahnenflucht<br />

Der Gerichtsherr, Major Bauszus, veröffentlicht hiermit zum 17. Juni 1915 in Otjipane folgenden Steckbrief<br />

gegen<br />

1. den Friedrich Wilhelm Hennicke, geboren am 24. März 1880 in Berlin, Unteroffizier der Landwehr, III.<br />

Reserve-Batterie<br />

2. den Arthur Wurmstich, geboren am 29. Mai 1887 in Höhnstedt, Reiter der Landwehr, III. Reserve-<br />

Batterie<br />

3. den Edmund Kern, geboren am 5. Februar 1896 in Grieg, Reiter des Landsturms, III. Reserve-Batterie.<br />

Es ist Haftbefehl wegen Fahnenflucht erlassen worden. Es wird ersucht, die genannten Personen zu<br />

verhaften und der nächsten Militär- oder Zivilbehörde zu übergeben.<br />

HENNICKE, 169 cm, Brustumfang 86:93, Gesicht schmal und blass, schmächtige Gestalt, hellblond,<br />

Augen blau, Zähne schlecht, Berliner Dialekt, ein Schneidezahn am Unterkiefer fehlt.<br />

WURMSTICH, 170 cm, Brustumfang 96:101, kräftige Figur, dunkelblond., breite Stirn, graue Augen, gute<br />

Zähne, sächsischer Dialekt, blonder Schnurr- und Spitzbart.<br />

KERN, 180 cm, schlank, blond, blau-graune Augen, gute Zähne, kein Bartwuchs.<br />

Der historische Bahnkilometer 500 bei Khorab, wo Schutztruppe und<br />

Burentruppe ihren Waffenstillstand unterzeichneten. Ein paar Meter<br />

Schmalspurgleise sind dort noch erhalten geblieben als NATIONAL<br />

MONUMENT.


Sechs Prozent Zinsen nach Friedensschluss<br />

Der Landesfiskus von Deutsch-Südwestafrika nimmt Geldbeträge in jeder durch 10 teilbaren runden<br />

Summe, von eintausend Mark aufwärts, entgegen und verzinst die eingezahlter Beträge vom Tag der<br />

Einzahlung bis zum Ablauf des dritten Monats nach Friedensschluss mit sechs vom Hundert. Über die<br />

Einzahlung wird eine auf den Namen des Einzahlers lautende Schuldurkunde ausgestellt. Die Forderung<br />

an den Fiskus kann durch eine schriftliche Erklärung auf der Urkunde an jeden Dritten abgetreten werden.<br />

Die Rückzahlung der Schuldsumme kann frühestens zum Ersten des vierten Monats nach<br />

Friedensschluss verlangt werden. Die Zahlung der Zinsen erfolgt 1. Januar und bei Rückzahlung der<br />

Schuldsumme. Die Zahlung der Schuldsumme und der Zinsen wird nur bei Vorlage der Schuldurkunde<br />

geleistet. Zuständig zur Annahme der Einzahlungen und zur Ausstellung der Schuldurkunden sind die<br />

Bezirksämter in Grootfontein, Outjo und Omaruru sowie Otjiwarongo. Auch die Kriegskasse der<br />

Kaiserlichen Schutztruppe in Tsumeb nimmt Einzahlungen entgegen.<br />

DER KAISERLICHE GOUVERNEUR, gez. Seitz am 21. Juni 1915 in Grootfontein.<br />

Proviantmangel beim Feind<br />

Die Südafrikaner betteln auf den Farmen um eine Hand voll Mehl wegen des Proviantmangels. Die<br />

Südtruppen kommen wegen Lebensmittel-Knappheit nicht voran. Die Eingeborenen benehmen sich<br />

überall sehr frech, verweigern auf den Farmen ihren Dienst und laufen weg. Auch Morde sollen<br />

vorgekommen sein auf Farmen.


Problematische Funkverbindungen<br />

Als die Engländer bekannt machten sie hätten Windhoek besetzt, muss die Funkanlage Nauen nahe<br />

Berlin davon erfahren haben, denn seither sendet Nauen nicht mehr zu der für uns günstigen Tageszeit<br />

Nachrichten an uns. Man konnte in Nauen nicht wissen, dass es in Tsumeb gelungen ist mit einer leichten<br />

und transportablen Feldstation weiterhin Nauen zu empfangen. Würde Nauen zu einer für uns<br />

günstigeren Zeit senden und nicht die Mittagszeit für Kriegsmeldungen nach New York nutzen, so<br />

könnten wir trotz der Besetzung Windhoeks jedes Wort verstehen. New York hört man dank der fahrbaren<br />

Station mühelos und klar in Tsumeb Nacht für Nacht über 12000 Kilometer Distanz. Leider sind die<br />

meisten Funkmeldungen kommerzieller Natur im Interesse vieler Unternehmen.<br />

Pressezensur allerorten<br />

In neuerer Zeit bringt die CAPE TIMES fast gar nichts mehr über den Krieg in Deutsch-Südwestafrika. In<br />

Windhoek sind 500 Mark Belohnung für Hinweise auf die Verbreiter falscher Nachrichten ausgesetzt<br />

worden. Dem Bürgermeister von Windhoek wurde von den Militärbehörden mitgeteilt man behalte sich<br />

Zensur vor bei allen Reuter-Telegrammen über den Krieg nah und fern.<br />

Das deutsche Gouverneurshaus ist schamlos verunreinigt worden! Möbel des Gouvernements werden bis<br />

nach Karibib verschleppt! Sind das Gemüts-Athleten! In Angola sind 3.000 Ovambos aufständisch! Die<br />

Kronprinzessin wurde von einer Tochter und die Prinzessin Viktoria Louise von einem Knaben entbunden!<br />

Die Südwester gratulieren aus übervollem Herzen!!!<br />

Die Abteilungen Graf Saurma und Hensel haben in letzter Zeit gemeinsam die Rehoboth Bastarde<br />

geschlagen und nicht nur einmal. Die Baster hatten schwere blutige Verluste und verloren viel Gross- und<br />

Kleinvieh, Pferde sowie Hausrat. Sie liessen Weiber und Kinder in unseren Händen. Die Bastarde stellen<br />

sich keinen Angriffen der Truppe und. lassen lieber ihr Vieh und ihre Familien im Stich. Die Angehörigen<br />

der Familie des Cornelius van Weyk, des Haupt-Rädelsführers, werden in Geiselhaft genommen.<br />

Verbrechen an der weissen Rasse<br />

Bei den Verhandlungen an der Giftkuppe zwischen General Botha und Gouverneur Seitz am 26. Mai, hob<br />

der Gouverneur unter anderem hervor, dass es seiner persönlichen Ansicht nach "ein Verbrechen an der<br />

ganzen weissen Rasse" sei, wenn ein Krieg zwischen europäischen Staaten auf Gebiete übertragen<br />

werde, in denen Schwarz und Weiss nebeneinanderwohnen.<br />

Quellen<br />

KRIEGSNACHRICHTEN, herausgegeben mit Beihilfe des Kommandos der Schutztruppe von Rudolf<br />

Kindt.<br />

(Tsumeb, Mai 1915)


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