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MkG-Spezial „Ihr Wegweiser zur Allgemeinanwaltschaft“

Seit Jahren geht der Trend in der Rechtsberatung immer mehr zur Spezialisierung, so die in Fachmedien weit verbreitete Ansicht. Dennoch führt die Mehrheit der Anwältinnen und Anwälte in Deutschland keinen Fachanwaltstitel – und das oft in kleinen Kanzleien oder im Alleingang. Immerhin hat breit aufgestelltes Rechtswissen für Mandanten durchaus viele Vorteile: Allgemein-anwältinnen und Allgemeinanwälte verstehen sich z. B. bestens darin, interdisziplinäre Netzwerke zu nutzen, um ganzheitlich zu beraten. In diesem MkG-Spezial vermittelt RA Michael Dudek nicht nur die fachspezifischen Vorteile der Allgemeinanwaltschaft, sondern gibt auch praktische Tipps, wie man Mandanten strukturiert und bedarfsorientiert berät. Darüber hinaus wird gezeigt, worauf es bei der Mandantenansprache ankommt und welche Kriterien man beachten sollte, wenn man als Einzelanwältin bzw. Einzelanwalt eine anwaltliche Zusammenarbeit erwägt. Die Kapitel der MkG-Spezialausgabe im Überblick: 1. Allgemeinanwaltschaft – worüber reden wir? 2. Warum Allgemeinanwaltschaft und Spezialisierung sich nicht ausschließen 3. Strukturierter Umgang mit Mandanten – wie berate ich optimal? 4. Formen der Zusammenarbeit – was ist zu beachten? 5. Kanzleimarketing: Zwischen informieren und werben? 6. Fazit: Worauf kommt es bei der Allgemeinanwaltschaft an? Über den Autor RA Michael Dudek, Jahrgang 1964, ist seit 1993 Rechtsanwalt, seit 1999 Fachanwalt für Arbeitsrecht und Coach. Zu seinen Schwerpunkten gehören das Gesellschafts-, Arbeits- und Erbrecht. Als Präsident des Bayerischen Anwaltverbandes und Referent der bayerischen Rechtsanwaltskammern setzt er auf eine interdisziplinäre und fachübergreifende Rechtsberatung, wie sie die Allgemeinanwaltschaft auszeichnet.

Seit Jahren geht der Trend in der Rechtsberatung immer mehr zur Spezialisierung, so die in Fachmedien weit verbreitete Ansicht. Dennoch führt die Mehrheit der Anwältinnen und Anwälte in Deutschland keinen Fachanwaltstitel – und das oft in kleinen Kanzleien oder im Alleingang. Immerhin hat breit aufgestelltes Rechtswissen für Mandanten durchaus viele Vorteile: Allgemein-anwältinnen und Allgemeinanwälte verstehen sich z. B. bestens darin, interdisziplinäre Netzwerke zu nutzen, um ganzheitlich zu beraten.

In diesem MkG-Spezial vermittelt RA Michael Dudek nicht nur die fachspezifischen Vorteile der Allgemeinanwaltschaft, sondern gibt auch praktische Tipps, wie man Mandanten strukturiert und bedarfsorientiert berät. Darüber hinaus wird gezeigt, worauf es bei der Mandantenansprache ankommt und welche Kriterien man beachten sollte, wenn man als Einzelanwältin bzw. Einzelanwalt eine anwaltliche Zusammenarbeit erwägt.

Die Kapitel der MkG-Spezialausgabe im Überblick:

1. Allgemeinanwaltschaft – worüber reden wir?
2. Warum Allgemeinanwaltschaft und Spezialisierung sich nicht ausschließen
3. Strukturierter Umgang mit Mandanten – wie berate ich optimal?
4. Formen der Zusammenarbeit – was ist zu beachten?
5. Kanzleimarketing: Zwischen informieren und werben?
6. Fazit: Worauf kommt es bei der Allgemeinanwaltschaft an?

Über den Autor
RA Michael Dudek, Jahrgang 1964, ist seit 1993 Rechtsanwalt, seit 1999 Fachanwalt für Arbeitsrecht und Coach. Zu seinen Schwerpunkten gehören das Gesellschafts-, Arbeits- und Erbrecht. Als Präsident des Bayerischen Anwaltverbandes und Referent der bayerischen Rechtsanwaltskammern setzt er auf eine interdisziplinäre und fachübergreifende Rechtsberatung, wie sie die Allgemeinanwaltschaft auszeichnet.

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FAZIT: WORAUF KOMMT ES AN?<br />

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b) Die Anwaltschaft hat sich aus den unterschiedlichsten<br />

Gründen auch in wichtigen<br />

Fragen stets selbst blockiert. 143 So feiert<br />

man nach rund 140 Jahren, dass ein Anwalt<br />

seine fachliche <strong>Spezial</strong>isierung veröffentlichen<br />

und sich im Rahmen des Gesellschaftsrechts<br />

organisieren darf. Dieses magere Ergebnis<br />

wurde darauf <strong>zur</strong>ückgeführt, dass in<br />

Kammern und – von dort – in die Berufsgerichtsbarkeit<br />

Anwälte mit berufspolitisch<br />

konservativer Gesinnung und ausreichend<br />

Einkommen (mehrheitlich!) gewählt werden.<br />

144 Aus deren Sicht gibt es nichts zu<br />

ändern. So hat es eine „unvorhersehbare“<br />

Umwälzung im Beruf in den letzten 150<br />

Jahren Anwaltsgeschichte nicht gegeben.<br />

Veränderungen wurden stets von außen<br />

bewirkt – entweder durch gesellschaftliche<br />

Trends, technische Neuerungen oder das<br />

BVerfG. 145 So gesehen schieben wir ein<br />

gewaltiges Optimierungspotenzial mit hundertjähriger<br />

Geschichte vor uns her. 146 Methodisch<br />

schadet aber nicht nur Verharren,<br />

sondern auch Aktionismus. Wer ständig die<br />

Kanzleistrategie ändert, gibt dem Markt keine<br />

Chance, das Angebot wahrzunehmen.<br />

Die Diskussion um Legal Tech half vielen<br />

dabei, die Lösung aktueller Probleme in der<br />

Kanzlei vertagen zu können. Letztlich sind<br />

Verharren und Aktionismus nichts anderes<br />

als Realitätsflucht und die Unfähigkeit, das<br />

eigene Verhaltensmuster auf die Anforderungen<br />

des Marktes einzustellen.<br />

c) Alle sprechen von der Internationalisierung<br />

und Globalisierung der Wirtschaft –<br />

aber nicht von den erforderlichen Sprachkenntnissen.<br />

Für gefahrfreies Arbeiten<br />

im internationalen Bereich sollte man als<br />

Schüler oder Student diese Sprachkenntnisse<br />

während eines längeren Aufenthaltes<br />

im Ausland erworben haben. Gerade bei<br />

der Beratung des Mittelstands werden dessen<br />

internationale Verflechtungen deutlich<br />

(Stichworte: Exportweltmeister, Branchenweltmeister).<br />

Expandierende Unternehmen<br />

vertrauen dann eher internationalen Netzwerken,<br />

insbesondere angelsächsischen<br />

Großkanzleien, obwohl sie sich dort oft<br />

genug nicht gut aufgehoben fühlen. Das eröffnet<br />

Platz für mittelständische Netzwerke<br />

mit internationaler Ausrichtung und internationalen<br />

Netzwerkpartnern.<br />

d) Informelle überörtliche Netzwerke gab<br />

es bis ins Jahr 2007 wegen der seinerzeit<br />

geltenden Lokalisation. Das bedeutete,<br />

dass sich die Zulassung nur auf das Landgericht<br />

am Kanzleisitz bezog. Das brachte<br />

die Notwendigkeit mit sich, Kontakte für<br />

Vertretungsfälle vor anderen Landgerichten<br />

zu pflegen. Heute werden bundesweit<br />

Terminsvertretungen über die örtlichen<br />

Anwaltvereine oder Plattformen in unterschiedlichen<br />

Rechtsformen organisiert. 147<br />

Das Geschäftsmodell könnte allerdings<br />

durch digital übertragene Verhandlungen<br />

deutlich an Bedeutung verlieren.<br />

e) Viele Autoren, darunter DAV-Präsidentin<br />

Kindermann, haben die Wichtigkeit des<br />

„Generalisten“ für den Rechtsstaat und vor<br />

allem den Rechtssuchenden immer wieder<br />

herausgestellt. 148 Angesichts der „Informationskonkurrenz“<br />

im Internet werden sehr<br />

breit aufgestellte Anwälte für ihre Arbeit in<br />

der Fläche wohl auch auf technische Hilfsmittel<br />

<strong>zur</strong>ückgreifen müssen. Ältere Menschen<br />

sind schon heute in der Lage, einem<br />

Telearzt in einem Callcenter über ihre aktuellen<br />

Beschwerden zu berichten. Für die Errichtung<br />

eines Testaments oder die Prüfung<br />

einer Bestellung haben sie keine anderen<br />

technischen Barrieren zu überwinden. 149<br />

Und doch gibt es Unterschiede: (1) Ein<br />

Telemediziner wird für einen „Einsatz“ am<br />

Bildschirm finanziell deutlich besser gestellt<br />

als der Hausarzt, der den gleichen Patienten<br />

zu Hause besucht. Welche politische Botschaft<br />

steckt dahinter? (2) Rechtliche Probleme<br />

erörtern gerade ältere Menschen (die<br />

beim Einsatz des Internets Hilfe brauchen)<br />

nicht gerne vor Pflegepersonen – anders als<br />

den aktuellen Blutdruck. (3) Die derzeitigen<br />

Vergütungsmodelle (§ 34 RVG) oder die<br />

Regelungen zum Fernabsatz passen nicht<br />

für das „Telerecht“. Trotz dieser Schwierigkeiten<br />

müssen wir die flächendeckende Versorgung<br />

der Bevölkerung mit anwaltlichen<br />

Dienstleistungen weiterhin gewährleisten.<br />

Die sog. „neuen Bundesländer“ verzeichnen<br />

seit einigen Jahren übrigens wieder einen<br />

verstärkten Zuzug von jungen Menschen<br />

auch in ländliche Regionen. Die Anwaltschaft<br />

sollte diesen Trend nicht übersehen.<br />

f) Wer die <strong>Spezial</strong>isierung auf die Wünsche<br />

des Mandanten ernst nimmt, muss interdisziplinär<br />

arbeiten können. Viele Fälle lassen<br />

sich nur in Teams angemessen lösen. Damit<br />

kann aber auch gemeint sein, dass der federführende<br />

Anwalt ein paar Kollegen aus<br />

dem Netzwerk telefonisch oder per E-Mail<br />

kontaktiert, Ideen sammelt oder Ergebnisse<br />

absichert. Das erhöht die Geschwindigkeit<br />

und Qualität der Arbeit. Diese Form der<br />

Zusammenarbeit muss selbstverständlicher<br />

werden. Das heißt auch, dass man zu Beginn<br />

des Gesprächs kurz klarstellt, ob die Uhr<br />

mitläuft oder man um einen Gefallen bittet.<br />

Die Arbeit kann davon nur profitieren. 150<br />

Durch weite Netzwerke sind der Einbeziehung<br />

der unterschiedlichsten <strong>Spezial</strong>isten<br />

(im weiteren Sinn) keine Grenzen gesetzt.<br />

143 Bauer-Mengelberg, (Fn. 75), S. 22 f., 34 ff., 62 ff.; Heussen, (Fn. 142), S. 560 a.E.<br />

144 Bauer-Mengelberg, (Fn. 75), S. 48.<br />

145 S. die Auflistung bei Horn, MAV-Mitteilungen 01/02 2019, S. 11 f.; ders. MAV Mitteilungen 06 2020, S. 10; stets bedurfte es eines Mutigen, der den richtigen<br />

Fall <strong>zur</strong> rechten Zeit durchstritt.<br />

146 Mit ähnlicher Analyse Krach, Viel Glanz und große Not, in DAV, Anwälte und ihre Geschichte, 2011, S. 235 f.<br />

147 Z. B. Advounion - Überregionale Gemeinschaft von Korrespondenzanwälten e.V.; einfach-vertreten GmbH; Legal One GmbH.<br />

148 Fn. 2.<br />

149 In diese Richtung wohl auch Ruge, (Fn. 143), mit dem Hinweis auf die Telemedizin.<br />

150 Beispiel: Mediationsteams mit psychosozialer und rechtlicher Kompetenz sind nach meiner Einschätzung besser als Einzelmediatoren; eine Fachübersetzung<br />

hat eine andere Qualität als eine hausgemachte.<br />

26 // SONDERAUSGABE

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