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Fachinfo-Magazin MkG 03/2021

Die wichtigsten Fragen zur Urheberrechtsreform Der Gesetzgeber musste sie noch in dieser Legislaturperiode verabschieden: die umstrittene Urheberrechtsreform. Deshalb liefert Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht sowie Gewerblichen Rechtsschutz David Geßner die wichtigsten Fragen und Antworten zur Reform. Anwältin und Beraterin Dr. Anette Schunder-Hartung klärt auf, ob agile Methoden auch für Anwaltskanzleien zu empfehlen sind. Und Arbeitsrechtlerin Petra Geißinger liefert im zweiten Teil ihrer Artikelserie zur Gestaltung von Aufhebungsverträgen ein Klausel-ABC mit Formulierungsvorschlägen. In dieser Ausgabe lesen Sie: ►David Geßner: Die wichtigsten Fragen zur Urheberrechtsreform ►Petra Geißinger: Die Gestaltung von Aufhebungsverträgen in der anwaltlichen Praxis – Teil 2: Klausel-ABC – von A wie Abfindung bis E wie Erledigungsklausel ►Norbert Schneider: Beratungs- oder Geschäftsgebühr? Die zweite Entscheidung des BGH zur Abrechnung bei Entwurf eines Testaments ►Gesine Reisert: Parteiverrat – Teil 2: Praktische Umsetzung zur Verhinderung von Parteiverrat ►Benjamin Schauß: Berufungsbegründung im Zivilprozess – formelle und inhaltliche Anforderungen ►Anette Schunder-Hartung: Die agile Kanzlei – Modebegriff oder echter Mehrwert für die Anwaltschaft?

Die wichtigsten Fragen zur Urheberrechtsreform

Der Gesetzgeber musste sie noch in dieser Legislaturperiode verabschieden: die umstrittene Urheberrechtsreform. Deshalb liefert Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht sowie
Gewerblichen Rechtsschutz David Geßner die wichtigsten Fragen und Antworten zur Reform. Anwältin und Beraterin Dr. Anette Schunder-Hartung klärt auf, ob agile Methoden auch für Anwaltskanzleien zu empfehlen sind. Und Arbeitsrechtlerin Petra Geißinger liefert im zweiten Teil ihrer Artikelserie zur Gestaltung von Aufhebungsverträgen ein Klausel-ABC mit Formulierungsvorschlägen.

In dieser Ausgabe lesen Sie:

►David Geßner: Die wichtigsten Fragen zur Urheberrechtsreform
►Petra Geißinger: Die Gestaltung von Aufhebungsverträgen in der anwaltlichen Praxis – Teil 2: Klausel-ABC – von A wie Abfindung bis E wie Erledigungsklausel
►Norbert Schneider: Beratungs- oder Geschäftsgebühr? Die zweite Entscheidung des BGH zur Abrechnung bei Entwurf eines Testaments
►Gesine Reisert: Parteiverrat – Teil 2: Praktische Umsetzung zur Verhinderung von Parteiverrat
►Benjamin Schauß: Berufungsbegründung im Zivilprozess – formelle und inhaltliche Anforderungen
►Anette Schunder-Hartung: Die agile Kanzlei – Modebegriff oder echter Mehrwert für die Anwaltschaft?

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FACHINFO-MAGAZIN<br />

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Von erfahrenen Praktikern für junge Juristinnen und Juristen Ausgabe 3/21<br />

AKTUELLE<br />

RECHTSPRECHUNG<br />

Die wichtigsten Fragen zur<br />

Urheberrechtsreform<br />

David Geßner<br />

KANZLEIPRAXIS<br />

Die Gestaltung von Aufhebungsverträgen<br />

in der anwaltlichen Praxis –<br />

Teil 2: Klausel-ABC<br />

Petra Geißinger<br />

ABRECHNUNG<br />

Beratungs- oder Geschäftsgebühr?<br />

BGH zur Abrechnung bei Entwurf<br />

eines Testaments<br />

Norbert Schneider<br />

KANZLEIPRAXIS<br />

Parteiverrat – Teil 2: Praktische<br />

Umsetzung zur Verhinderung von<br />

Parteiverrat<br />

Gesine Reisert<br />

KANZLEIPRAXIS<br />

Berufungsbegründung im Zivilprozess –<br />

formelle und inhaltliche Anforderungen<br />

Benjamin Schauß<br />

KANZLEIFÜHRUNG<br />

Die agile Kanzlei – Modebegriff<br />

oder echter Mehrwert für die<br />

Anwaltschaft?<br />

Dr. Anette Schunder-Hartung<br />

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INHALT<br />

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David Geßner<br />

AKTUELLE RECHTSPRECHUNG<br />

Die wichtigsten Fragen zur Urheberrechtsreform<br />

Von David Geßner ................................................................................. 4<br />

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Petra Geißinger<br />

KANZLEIPRAXIS<br />

Die Gestaltung von Aufhebungsverträgen in der<br />

anwaltlichen Praxis – Teil 2: Klausel-ABC<br />

Von Petra Geißinger .............................................................................. 8<br />

ABRECHNUNG<br />

Beratungs- oder Geschäftsgebühr? BGH zur<br />

Abrechnung bei Entwurf eines Testaments<br />

Von Norbert Schneider ..................................................................... 12<br />

Norbert Schneider<br />

Gesine Reisert<br />

KANZLEIPRAXIS<br />

Parteiverrat – Teil 2: Praktische Umsetzung zur<br />

Verhinderung von Parteiverrat und Vertretung<br />

widerstreitender Interessen<br />

Von Gesine Reisert ............................................................................. 15<br />

KANZLEIPRAXIS<br />

Berufungsbegründung im Zivilprozess – formelle<br />

und inhaltliche Anforderungen<br />

Von Benjamin Schauß ....................................................................... 18<br />

Benjamin Schauß<br />

KANZLEIFÜHRUNG<br />

Die agile Kanzlei – Modebegriff oder echter<br />

Mehrwert für die Anwaltschaft?<br />

Von Dr. Anette Schunder-Hartung ............................................... 20<br />

Dr. Anette Schunder-<br />

Hartung<br />

3 // FACHINFO-MAGAZIN


AKTUELLE RECHTSPRECHUNG<br />

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DIE WICHTIGSTEN FRAGEN ZUR<br />

URHEBERRECHTSREFORM<br />

DAVID GEßNER<br />

Rechtsanwalt David Geßner studierte<br />

Rechtswissenschaften an der Universität<br />

Potsdam und spezialisierte sich bereits sehr<br />

früh auf die Bereiche Urheber- und Medienrecht<br />

sowie Marken- und Wettbewerbsrecht.<br />

Nach dem 2. Staatsexamen machte<br />

er sich mit eigener Kanzlei selbstständig und<br />

ist seit 2015 Partner der Wirtschaftsrechtskanzlei<br />

Behm Becker Geßner in Berlin<br />

Mitte. Dort leitet er als Fachanwalt die Dezernate<br />

Urheber- und Medienrecht sowie<br />

Gewerblicher Rechtsschutz.<br />

rechtsanwalt-gessner-berlin.de<br />

Noch in dieser Legislaturperiode<br />

musste vom Gesetzgeber die neue<br />

umstrittene Urheberrechtsreform beschlossen<br />

werden. Diese kommt nicht<br />

unerwartet, verlangen doch die zugrunde<br />

liegenden europäischen Richtlinien<br />

eine Anpassung der nationalen<br />

Gesetze bis zum 7. Juni <strong>2021</strong>. Doch<br />

vor der Umsetzung durch den nationalen<br />

Gesetzgeber waren noch viele<br />

Fragen offen. Die wichtigsten Fragen<br />

und Antworten zur Reform gibt es in<br />

diesem Beitrag im Überblick.<br />

WAS IST DAS ZIEL DER<br />

1. URHEBERRECHTSREFORM?<br />

Das Ziel der Reform ist es, das Urhebergesetz<br />

und die damit zusammenhängende<br />

Materie fit für das digitale Zeitalter zu<br />

machen. Die Notwendigkeit, aber auch die<br />

Kontroversen rund um das Thema wurden<br />

bereits bei Einführung der DSM-Richtlinie<br />

heiß diskutiert. Die Richtlinie ließ jedoch in<br />

der Umsetzung für den nationalen Gesetzgeber<br />

noch einige Fragen offen. Am 7. Juni<br />

<strong>2021</strong> hätten die Änderungen in Kraft treten<br />

sollen. Nun treten sie, leicht verspätet, am<br />

1. August in Kraft. Die Änderungen der bestehenden<br />

Gesetze werden mit der Einführung<br />

des Urheberrechts-Diensteanbieter-<br />

Gesetzes (UrhDaG) komplementiert.<br />

WAS GENAU WURDE<br />

2. UMGESETZT?<br />

Das Gesetz dient der Umsetzung der<br />

Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen<br />

Binnenmarkt sowie der Online-Sat-<br />

Cab-Richtlinie. In der Umsetzung beinhaltet<br />

die Reform Änderungen für das Urheberrechtsgesetz,<br />

das Verwertungsgesellschaftengesetz,<br />

das Unterlassungsklagegesetz<br />

sowie die Schaffung eines neuen Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetzes.<br />

WER WIRD VOM GESETZ<br />

3. BETROFFEN SEIN?<br />

Die Reform ist die größte, die das Urheberrecht<br />

seit Langem gesehen hat. Die Änderungen<br />

betreffen deshalb fast jeden, der mit<br />

dem Urheberrecht in Berührung kommt:<br />

von der Künstlerin, über den Verleger, bis<br />

hin zu den Plattformen und den Verwertungsgesellschaften.<br />

VERANTWORTLICHKEIT<br />

4. UND HAFTUNG DER UPLOAD-<br />

PLATTFORMEN<br />

Die schwerwiegendste Neuerung ist die<br />

neu geregelte Verantwortlichkeit für Upload-Plattformen<br />

wie YouTube, Instagram<br />

oder TikTok. § 1 UrhDaG begründet eine<br />

4 // FACHINFO-MAGAZIN


AKTUELLE RECHTSPRECHUNG<br />

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urheberrechtliche Verantwortlichkeit für<br />

alle Inhalte, die von den Nutzern und Nutzerinnen<br />

jener Plattformen hochgeladen<br />

werden. Für die Wiedergabe dieser Inhalte<br />

benötigen die Plattformen dann noch eine<br />

Lizenz, welche sie erwerben müssen. Das<br />

altbekannte Haftungsprivileg der Host-Provider<br />

nach § 10 S. 1 TMG entfällt nun für<br />

diese Plattformen. Die vom UrhDaG statuierte<br />

Eigenverantwortung sorgt dafür, dass<br />

die Plattformen keine gesetzlich unerlaubten<br />

oder nicht lizensierten Inhalte verfügbar<br />

machen dürfen.<br />

Auch wenn § 4 UrhDaG eine Exkulpation<br />

des Dienstanbieters bei bestmöglich zumutbaren<br />

Anstrengungen ermöglicht: Bei<br />

den heutzutage im Internet hochgeladenen<br />

Datenmengen wird der Einsatz von Uploadfiltern<br />

für die entsprechenden Plattformen<br />

wohl die einzig handhabbare Lösung<br />

darstellen – auch mit Hinblick darauf, dass<br />

diese schon bis zum 1. August die technische<br />

Umsetzung der Reform vollzogen haben<br />

müssen.<br />

Flankierend dazu haben Kreative nun auch<br />

einen Direktvergütungsanspruch gegen die<br />

Plattformen. Dadurch soll sichergestellt<br />

werden, dass alle Beteiligten auch gerecht<br />

vergütet werden und die Vergütung sie<br />

auch direkt erreicht.<br />

Ob Start-up oder etablierter Internetriese,<br />

die Fragen im Bereich Compliance werden<br />

sich häufen. Ob und welche neuen Regeln<br />

für eine Plattform gelten, regeln die §§ 1–3<br />

UrhDaG. Allerdings ist auch bei einer Privilegierung<br />

Obacht geboten! Denn Unternehmen,<br />

die nach jetzigem Stand privilegiert<br />

sind, können diese je nach Privilegierung<br />

und Wachstum verlieren und müssen dann<br />

die Vorgaben des UrhDaG ebenso erfüllen.<br />

Eine präventive rechtliche und technische<br />

Absicherung ist deshalb stets geboten.<br />

INTERNES BESCHWERDE-<br />

5. VERFAHREN<br />

§ 14 UrhDaG sieht vor, dass Plattformen<br />

mit hochladbaren Inhalten ein Beschwerdeverfahren<br />

anbieten müssen. Dies führt zu<br />

Fragen für zwei Seiten: Die Plattformen<br />

werden sich fragen müssen, wie ein solches<br />

System zu gestalten ist und wie die daraus<br />

resultierenden Verfahren aussehen müssen.<br />

Daneben wird es aber wohl auch auf<br />

kreativer Seite mögliche Probleme geben.<br />

Ab wann ist man beispielsweise ein „vertrauenswürdiger<br />

Rechtsinhaber“ gem. § 14<br />

Abs. 4 UrhDaG und inwiefern werden die<br />

Plattformen dem Beschwerdeverfahren gerecht?<br />

Aber auch auf der Gegenseite derjenigen<br />

Kreativen, deren Werke blockiert<br />

werden, kann es zu Problemen kommen,<br />

bei denen es neue Fragen zu klären gibt.<br />

6.<br />

PRIVILEGIEN<br />

Das UrhDaG sieht bestimmte Privilegien<br />

vor, unter denen für neue Inhalte lizenziertes<br />

Material verwendet werden darf. § 5<br />

UrhDaG sieht dabei alle Tatbestände, die<br />

nach dem UrhG erlaubt sind, als zulässig<br />

an. Dazu gehören Zitate nach § 51 UrhG,<br />

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5 // FACHINFO-MAGAZIN


AKTUELLE RECHTSPRECHUNG<br />

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Der Verleger bzw. die Verlegerin wird mit<br />

einem gesetzlichen Beteiligungsanspruch<br />

gem. § 63a Abs. 2 UrhG ausgestattet und<br />

mit der Möglichkeit einer nachträglichen<br />

Beteiligung bei fehlender Rechteeinräumung<br />

gem. § 27a VGG.<br />

Die Presseverleger und Presseverlegerinnen<br />

sollen durch die Reform zudem mit exakteren<br />

und klareren Rechten ausgestattet werden.<br />

Dabei ändert sich an der Grundkonzeption<br />

und Reichweite der Rechte nicht<br />

viel. Allerdings wird mit der Ausarbeitung<br />

der §§ 87f-87k UrhG die Position des Presseverlegers/der<br />

Presseverlegerin gestärkt<br />

und an das digitale Zeitalter angepasst.<br />

Letztlich dient dies der Rechtssicherheit<br />

und sorgt weniger für neue Impulse und<br />

Änderungen. So hat z. B. eine Presseverlegerin<br />

ähnlich wie bisher immer noch das<br />

ausschließliche Recht, ihre Presseveröffentlichungen<br />

für die digitale Nutzung zugänglich<br />

zu machen und zu vervielfältigen, vgl. §<br />

87g Abs. 1 UrhG. Nicht davon umfasst sind<br />

gem. § 87g Abs. 2<br />

M die Nutzung der in einer Presseveröffentlichung<br />

enthaltenen Tatsachen,<br />

M die private oder nicht kommerzielle Nutaber<br />

auch die neu eingeführten Karikaturen,<br />

Parodien und Pastiches des § 51a UrhG.<br />

Unter dem Kapitel der „mutmaßlichen erlaubten<br />

Nutzungen“ versucht das UrhDaG<br />

der Problematik des Überblockens Herr zu<br />

werden.<br />

Die Reform lädt Plattformen in der Tat dazu<br />

ein, bei geringstem Zweifel einen Upload zu<br />

verhindern und somit effektiv private Zensur<br />

zu betreiben. §§ 8, 9 UrhDaG normieren<br />

dabei Sachverhalte, welche pauschal zu<br />

einer Zulassung durch die Plattform führen<br />

und ein frühzeitiges Blocken verhindern.<br />

Dafür nehmen § 12 Abs. 2 und 3 UrhDaG<br />

den Plattformen die urheberrechtliche Verantwortlichkeit.<br />

Als pauschal erlaubt gelten nutzergenerierte<br />

Inhalte, die<br />

M weniger als die Hälfte eines Werkes eines<br />

Dritten oder mehrere Werke Dritter<br />

enthalten oder mit anderem Inhalt kombinieren,<br />

M Werke Dritter nur geringfügig nutzen<br />

(15 Sekunden eines Films/Tonspur, 160<br />

Zeichen Text, 125 Kilobyte eines Bildes/<br />

Grafik) und<br />

M als gesetzlich erlaubt gekennzeichnet sind<br />

(Die Kennzeichnung als erlaubte Nutzung<br />

nimmt der Uploader selbst vor).<br />

§ 24 UrhG wird in diesem Zuge durch die<br />

Reform endgültig aufgehoben.<br />

Für alle Privilegien besteht jedoch für den<br />

Urheber oder die Urheberin des genutzten<br />

Werkes ein Recht auf Vergütung durch den<br />

Diensteanbieter (= Plattform). Die Reform<br />

soll sicherstellen, dass letztlich die Urheberschaft<br />

gestärkt wird, weshalb diese mit<br />

umfassenden Vergütungsansprüchen ausgestattet<br />

wird.<br />

7.<br />

VERLEGERRECHTE<br />

zung einer Presseveröffentlichung durch<br />

einzelne Nutzende,<br />

M das Setzen von Hyperlinks auf eine Presseveröffentlichung<br />

und<br />

M die Nutzung einzelner Wörter oder sehr<br />

kurzer Auszüge aus einer Presseveröffentlichung.<br />

Auch hier schlägt die Idee der angemessenen<br />

Beteiligung und Vergütung der Urheberschaft<br />

durch, §§ 87h, 87k UrhG. Dabei<br />

soll sichergestellt werden, dass der Urheber<br />

oder die Urheberin niemals zu schlecht<br />

gestellt wird und seine bzw. ihre Position<br />

ebenso durch die Reform gestärkt wird.<br />

ANPASSUNGEN BEI<br />

8. KÜNSTLER-VERTRÄGEN<br />

Das Urhebervertragsrecht wird dahingehend<br />

angepasst, dass Kreative und Verwerter<br />

mit neuen Ansprüchen ausgestattet<br />

werden. Durch neue Informationsansprüche<br />

soll das Prinzip der angemessenen Vergütung<br />

gestärkt werden. Dies ermöglicht<br />

gerade Personen in der Film- und Musikbranche<br />

neue Verhandlungsoptionen und<br />

bessere Überwachungsmechanismen.<br />

9.<br />

TEXT UND DATA MINING<br />

Das Text und Data Mining wurde durch §<br />

44b UrhG neu gefasst. Zwar wird die Praktik<br />

des Minings weiterhin erlaubt, allerdings<br />

findet sich auch hier das Konzept des gerechten<br />

Ausgleichs und der Kontrolle über<br />

eigene Daten. Gerade Start-ups im Bereich<br />

6 // FACHINFO-MAGAZIN


AKTUELLE RECHTSPRECHUNG<br />

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AI/Data-Mining sollten aufpassen, welche<br />

Quellen sie verwerten und ihre Mechanismen<br />

auf mögliche Nutzungsvorbehalte<br />

gem. § 44b Abs. 3 UrhG updaten.<br />

§ 60d UrhG, welcher bisher das Text und<br />

Data Mining umfasste, wird dahingehend<br />

neu gefasst, dass er einen rechtlichen Rahmen<br />

für wissenschaftliche Zwecke schafft.<br />

Dabei werden Forschung, Bildung und Lehre<br />

privilegiert, um so eine rechtssichere<br />

europaweite Nutzung zu ermöglichen.<br />

VERWERTUNGSGESELL-<br />

10. SCHAFTEN<br />

Die Verwertungsgesellschaften übernehmen<br />

auch nach der Reform weiterhin ihre<br />

Kernkompetenz. Allerdings erstreckt sich<br />

diese jetzt weiter auf die Vergabe von Lizenzen<br />

an Upload-Plattformen und ebenso<br />

auf die Verwertung der Vergütungsansprüche,<br />

welche sich gegen diese richten.<br />

WIE BERATEN SIE DIE MAN-<br />

11. DANTSCHAFT IM LICHTE DER<br />

NEUEN REFORM?<br />

Das Gesetzgebungsverfahren zur Reform<br />

wurde gerade erst abgeschlossen. Auch<br />

wenn die Reform viele Fragen der ihr zugrunde<br />

liegenden Richtlinien konkretisiert<br />

und beantwortet hat, so schafft sie viele<br />

weitere Fragen für die Anwender und Anwenderinnen.<br />

Momentan ist im Bereich der<br />

Plattformen aus rechtlicher Sicht restriktives<br />

Handeln geboten. Dies dürfte den Nutzenden<br />

zwar nicht gefallen, allerdings wird<br />

das neue Haftungsregime sonst zu unübersichtlich<br />

für die Plattformen.<br />

Den Nutzenden und Kreativen wollte die<br />

Reform Möglichkeiten an die Hand geben,<br />

ihre Inhalte besser verteidigen zu können<br />

– allerdings wird vielen auch die Schaffung<br />

neuen Inhaltes, der auf altem basiert, wesentlich<br />

erschwert. Zwar sind die Vorgaben,<br />

was eine erlaubte Nutzung darstellt, tatsächlich<br />

genau definiert. Den vielen Einzelfällen,<br />

die dem Urheberrecht inhärent sind,<br />

wird dies aber nicht gerecht. Dies zeigen<br />

vor allem auch die starren Grenzen der Privilegien<br />

im UrhDaG, welche je nach Inhalt<br />

schwer pauschalisiert werden können und<br />

mit neuen Trends und Techniken einem<br />

stetigen Wandel unterzogen sind. Der Bedarf<br />

an rechtlicher Unterstützung dürfte<br />

nun einmal mehr gefragt sein, ob gerichtlich<br />

oder kautelarjuristisch.<br />

Mit kollegialen Grüßen<br />

David Geßner<br />

7 // FACHINFO-MAGAZIN<br />

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KANZLEIPRAXIS<br />

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DIE GESTALTUNG VON AUFHEBUNGS-<br />

VERTRÄGEN IN DER ANWALTLICHEN<br />

PRAXIS – WAS IST ZU BEACHTEN?<br />

TEIL 2: KLAUSEL–ABC MIT FORMULIE-<br />

RUNGSVORSCHLÄGEN – VON A WIE<br />

ABFINDUNG BIS E WIE ERLEDIGUNGS-<br />

KLAUSEL<br />

PETRA GEIßINGER<br />

Petra Geißinger, Aßling/Oberbayern, Rechtsanwältin<br />

und Fachanwältin für Arbeitsrecht,<br />

zertifizierte Teletutorin, Dozentin, tätig als<br />

Einzelanwältin, freie Mitarbeiterin, Onlinetrainerin<br />

und Autorin.<br />

www.kanzlei-geissinger.de<br />

Im ersten Teil der Artikelserie rund<br />

um das Thema arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge<br />

wurden bereits Unterschiede<br />

zur Kündigung, die AGB-<br />

Kontrolle sowie Vergütungshinweise<br />

thematisiert. In den folgenden Teilen<br />

sollen nun die Klauseln im Einzelnen<br />

näher betrachtet werden. Auf was sollten<br />

Arbeitgeber:innen 1 achten? Und<br />

welche Stolperfallen lauern für Arbeitnehmer:innen?<br />

Es sollten dabei nicht nur arbeitsrechtliche,<br />

sondern auch sozialversicherungsrechtliche<br />

und steuerrechtliche Interessen berücksichtigt<br />

werden und bei Bedarf ein Steuerberater<br />

hinzugezogen und Auskünfte der Sozialversicherungsträger<br />

eingeholt werden.<br />

Das Klausel-ABC erhebt keinen Anspruch<br />

auf Vollständigkeit. Es sollte immer je nach<br />

Mandatsauftrag und -umfang im Einzelfall<br />

eine individuelle Anpassung erfolgen. Des<br />

Weiteren ist darauf zu achten, dass die<br />

Klauseln der AGB-Kontrolle unterliegen<br />

können und sich die hierzu relevante Rechtsprechung<br />

kurzfristig ändern kann.<br />

Die Besonderheiten des Dienstvertragsrechtes,<br />

insbesondere bei Geschäftsführer-<br />

Anstellungsverträgen wurden bei diesem<br />

Artikel nicht berücksichtigt.<br />

A<br />

wie Abfindung<br />

Die meisten Arbeitnehmer denken nach<br />

wie vor, dass sie einen Rechtsanspruch auf<br />

Abfindung hätten, wenn der Arbeitgeber<br />

sie – aus welchen Gründen auch immer –<br />

entlassen möchte. Als Arbeitnehmeranwalt<br />

ist noch vor Beginn der Verhandlungen zu<br />

einem Aufhebungsvertrag im ersten Gespräch<br />

unmissverständlich klarzumachen,<br />

dass es gerade keinen Rechtsanspruch<br />

auf Abfindung im Aufhebungsvertrag gibt.<br />

Einzige Ausnahme wäre ein Arbeitgeberangebot<br />

nach den engen Voraussetzungen der<br />

Regelung des § 1a KSchG. Es ist vielmehr<br />

reine Verhandlungssache, auf welche Höhe<br />

einer möglichen Abfindung sich die Parteien<br />

einigen.<br />

In der Regel wird der Arbeitgeber unter<br />

Berücksichtigung sozialer Faktoren, wie<br />

Dauer der Betriebszugehörigkeit, Anzahl<br />

der Unterhaltspflichten, Schwerbehinderteneigenschaft<br />

bzw. Gleichstellung mit<br />

einem schwerbehinderten Menschen ein<br />

konkretes Angebot unterbreiten, das meist<br />

befristet ist. Der Arbeitgeber ist natürlich<br />

nicht verpflichtet, sich an die Orientierungsgröße<br />

der Rechtsprechung zu halten. Diese<br />

sieht seit Jahren unverändert pro Jahr der<br />

8 // FACHINFO-MAGAZIN<br />

1 Im Zuge der besseren Lesbarkeit wird darauf verzichtet, konsequent die männliche und weibliche Form zu<br />

verwenden. Es sind stets alle Geschlechter gemeint


Ab sofort sind die neuen<br />

KANZLEIPRAXIS<br />

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Hefte 2020/<strong>2021</strong> verfügbar!<br />

Betriebszugehörigkeit ein halbes Bruttomonatseinkommen,<br />

das aktuell bezogen wird,<br />

als Berechnungsgrundlage an.<br />

In der Praxis finden sich durchaus – je nach<br />

Branche und Umfang des Personalabbaus<br />

– auch Quoten im Bereich von 0,75 bzw.<br />

1,0 pro Jahr der Betriebszugehörigkeit als<br />

Berechnungsgrundlage für eine Abfindung –<br />

vereinzelt sogar noch höher.<br />

In der Beratungspraxis sollte Arbeitnehmern<br />

unbedingt erläutert werden, dass es<br />

sich bei der angebotenen Abfindungssumme<br />

um Bruttobeträge handelt, die ab dem<br />

ersten Euro in vollem Umfange nach § 3<br />

Nr. 9 EStG einkommensteuerpflichtig sind.<br />

Je nach persönlichen Steuermerkmalen<br />

können die Abzüge für Einkommensteuer<br />

über 40 Prozent liegen. Die Möglichkeit der<br />

Steuerermäßigung nach §§ 34, 24 EStG ist<br />

gegebenenfalls zu berücksichtigen.<br />

Tipp:<br />

Ein Rechtsanwalt/eine Rechtsanwältin sollte<br />

bezüglich der steuerlichen Gestaltung<br />

und Belastung anhand der persönlichen<br />

Steuermerkmale unbedingt dem Mandanten/der<br />

Mandantin (schriftlich) empfehlen,<br />

eine Steuerberaterin bzw. einen Steuerberater<br />

vor Abschluss der Aufhebungsvereinbarung<br />

zurate zu ziehen.<br />

Die im Internet angebotenen Abfindungsrechner<br />

sind mit Vorsicht zu genießen und<br />

können nur als eine erste Orientierung für<br />

den tatsächlich zu erhaltenden Nettoabfindungsbetrag<br />

dienen.<br />

Der Einfachheit halber werden in die Höhe<br />

der Abfindung oftmals auch noch offene<br />

Sonderzahlungen (zum Beispiel Urlaubsgeld,<br />

Weihnachtsgeld bzw. 13./14. Gehalt) sowie<br />

offene Tantiemen und Boni/Provisionen mit<br />

in den Abfindungsbetrag hineingerechnet.<br />

Diese Gestaltungspraxis ist mit äußerster<br />

Vorsicht zu genießen. Hintergrund ist hier,<br />

dass die Abfindung selbst zwar nicht der<br />

Sozialversicherungspflicht unterliegt, jedoch<br />

die Sonderzahlungen. Es besteht somit die<br />

Gefahr eines möglichen Betruges zu Lasten<br />

der Sozialversicherungsträger, der tunlichst<br />

vermieden werden sollte. Besser ist es daher,<br />

alle Positionen einzeln mit den jeweiligen<br />

Bruttobeträgen auszuweisen.<br />

Im Interesse aller Beteiligten sollte weiter<br />

bei der Abfindung eine konkrete Regelung<br />

zum Zeitpunkt des Entstehens, der Fälligkeit<br />

und der Vererblichkeit mit aufgenommen<br />

werden.<br />

Formulierungsvorschlag:<br />

Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin<br />

erhält für den Verlust des Arbeitsplatzes<br />

gemäß den § 9,10 KSchG eine Abfindung<br />

in Höhe von (Betrag in Euro) brutto. Die<br />

Abfindung ist zusammen mit der letzten<br />

Verdienstabrechnung ordnungsgemäß abzurechnen<br />

und auf das bekannte Konto zu<br />

überweisen. Der Anspruch auf Abfindung<br />

gilt mit Unterzeichnung dieser Vereinbarung<br />

als entstanden und vererblich.<br />

B<br />

wie Beendigungszeitpunkt<br />

und Beendigungsgrund<br />

Sofern der Arbeitnehmer nach Abschluss<br />

eines Aufhebungsvertrages Ansprüche auf<br />

ALG I nach SGB III von der BA für Arbeit<br />

geltend machen möchte, sollte ein besonderes<br />

Augenmerk auf den Beendigungszeitpunkt<br />

und den Beendigungstatbestand<br />

gelegt werden. Oft wird aus dringenden<br />

betrieblichen Gründen, etwa bei Umstrukturierungsmaßnahmen<br />

ein Aufhebungsvertrag<br />

geschlossen. Zur Vermeidung<br />

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9 // FACHINFO-MAGAZIN


KANZLEIPRAXIS<br />

...................................................................................................................................................................................................................<br />

der Verhängung einer Sperrzeit beim Bezug<br />

von ALG I sollte dringend darauf geachtet<br />

werden, dass der Beendigungszeitpunkt auf<br />

jeden Fall unter Einhaltung der ordentlichen<br />

Kündigungsfrist gemäß Arbeitsvertrag/Tarifvertrag<br />

festgelegt wird.<br />

Handelt es sich um einen langjährigen, ordentlich<br />

unkündbaren Arbeitnehmer, sollte<br />

dies berücksichtigt werden, in dem man je<br />

nach Dauer der Betriebszugehörigkeit die<br />

ansonsten vergleichbare ordentliche Kündigungsfrist<br />

als soziale Auslauffrist bezeichnet<br />

und so den Beendigungszeitpunkt<br />

definiert.<br />

Wird der Aufhebungsvertrag wegen langanhaltender<br />

Erkrankung des Arbeitnehmers<br />

mit ungewisser Zukunftsprognose auf Genesung<br />

geschlossen, sollte dies ebenfalls erwähnt<br />

werden. In diesem Fall bietet es sich<br />

auch an, festzuhalten, wie lange der Arbeitgeber<br />

zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist.<br />

Damit wird für beide Seiten klar, ab welchem<br />

Zeitpunkt andere Ansprüche, wie das<br />

Krankengeld nach SGB V, eingreifen.<br />

Formulierungsvorschlag:<br />

Die Parteien sind sich darüber einig, dass<br />

das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis<br />

zur Vermeidung einer ansonsten<br />

drohenden betriebsbedingten Kündigung<br />

unter Wahrung der vertraglichen/<br />

tariflichen/gesetzlichen Kündigungsfrist<br />

mit Ablauf des (Datum einsetzen) enden<br />

wird.<br />

Alternativ bei krankheitsbedingter Kündigung:<br />

Die Parteien sind sich einig, dass der<br />

Arbeitnehmer die von ihm geschuldete<br />

Arbeitsleistung nicht mehr auf Dauer<br />

erbringen kann und auch kein anderer<br />

Arbeitsplatz im Unternehmen zur Verfügung<br />

steht, auf dem der Arbeitnehmer<br />

beschäftigt werden kann. Die Parteien<br />

sind sich darüber hinaus einig, dass eine<br />

Teilzeitbeschäftigung des Arbeitnehmers<br />

nicht möglich ist, da aus zwingenden<br />

betrieblichen Gründen die Arbeit des<br />

Arbeitnehmers als Schichtarbeit nur in<br />

Vollzeit erbracht werden kann.<br />

Die Parteien gehen übereinstimmend davon<br />

aus, dass eine BEM-Maßnahme keinen<br />

Erfolg haben wird und der Arbeitnehmer<br />

daher auf die Durchführung dieser BEM-<br />

Maßnahme verzichtet hat. Zur Vermeidung<br />

einer ansonsten unvermeidlichen<br />

Arbeitgeberkündigung aus Gründen, die<br />

in der Person des Arbeitnehmers liegen,<br />

wird daher das Arbeitsverhältnis unter<br />

Wahrung der vertraglichen/tariflichen/<br />

gesetzlichen Kündigungsfrist mit Ablauf<br />

des (Datum einsetzen) sein Ende finden.<br />

D<br />

wie Dienstwagen<br />

Die Bereitstellung eines Dienstwagens durch<br />

den Arbeitgeber ist meist in einer Dienstwagen-Zusatzvereinbarung,<br />

auch hinsichtlich<br />

der Rückgabeverpflichtung und deren Modalitäten<br />

im Einzelfall, geregelt. Dennoch gibt<br />

es auch beim Abschluss des Aufhebungsvertrages<br />

insbesondere dann Klärungsbedarf,<br />

wenn vertraglich auch die private Nutzung<br />

des Dienstwagens erlaubt ist und gleichzeitig<br />

vor Beendigung des Arbeitsvertrages eine<br />

Freistellung vereinbart wird.<br />

Bei einer auch privaten Nutzung des Dienstwagens<br />

hat diese auch als Sachbezug Entgeltcharakter<br />

und ist entsprechend in der<br />

Verdienstabrechnung auszuweisen. Die Vergütung,<br />

auch in Form des Sachbezugs, ist eine<br />

Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers, vgl. §<br />

611a Abs. 2 BGB, und kann daher nicht vom<br />

Arbeitgeber einseitig entzogen werden. Dies<br />

bedeutet, dass auch während einer Freistellung<br />

des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber<br />

der Dienstwagen weiter zur Verfügung<br />

zu stellen ist und der Arbeitgeber eine Herausgabe<br />

des Dienstwagens erst zum rechtlichen<br />

Ende des Arbeitsvertrages verlangen<br />

kann. Verlangt der Arbeitgeber zu einem früheren<br />

Zeitpunkt die Herausgabe des Dienstwagens,<br />

ist er nach der Rechtsprechung des<br />

BAG verpflichtet, eine Nutzungsentschädigung<br />

zu zahlen, die sich an der 1 %-Regel des<br />

Listenpreises zum Zeitpunkt der Erstzulassung<br />

orientiert (vgl. BAG vom 21.3.2012 - 5<br />

AZR 651/10, NZA 2012,616).<br />

Formulierungsvorschlag:<br />

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, den<br />

überlassenen Dienstwagen der Marke/<br />

Modell (genaue Bezeichnung einschließlich<br />

Fahrgestellnummer und amtlichem<br />

Kennzeichen) einschließlich der Kfz-<br />

Papiere, sämtlicher Schlüssel, Tankkarte<br />

und Zubehör (zum Beispiel eingebautes<br />

Handy und Navigationssystem etc.) im<br />

Fall der Freistellung ab dem (konkretes<br />

Datum) am Betriebssitz (genaue Ortsangabe)<br />

zurückzugeben.<br />

Für den Fall der vorzeitigen Herausgabe<br />

vor dem rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses<br />

verpflichtet sich der Arbeitgeber,<br />

bis zur Beendigung eine Nutzungsentschädigung<br />

in Höhe von (Betrag in<br />

Euro) pro Monat zu zahlen.<br />

E<br />

wie Erledigungsklausel<br />

(Abgeltungsklausel)<br />

Besondere Vorsicht und Sorgfalt ist bei der<br />

Erledigungsklausel, auch Abgeltungsklausel<br />

genannt, geboten. Auf der einen Seite wird<br />

der Arbeitgeber ein Interesse daran haben,<br />

10 // FACHINFO-MAGAZIN


KANZLEIPRAXIS<br />

...................................................................................................................................................................................................................<br />

nicht noch nachträglich mit weiteren Ansprüchen<br />

aus einem beendeten Arbeitsverhältnis<br />

konfrontiert zu werden, auf der<br />

anderen Seite wird ein Arbeitnehmer Interesse<br />

daran haben, dass alle Forderungen,<br />

die ihm gegen den Arbeitgeber zustehen,<br />

im Aufhebungsvertrag berücksichtigt worden<br />

sind.<br />

Grundsätzlich sind Abgeltungsklauseln weit<br />

auszulegen, da die Vertragsparteien beim<br />

Abschluss eines Aufhebungsvertrages alle<br />

Detailpunkte regeln möchten, gerade um<br />

einen möglichen Streit in der Zukunft zu<br />

vermeiden.<br />

Wichtig ist, dass unverzichtbare Ansprüche<br />

nicht Gegenstand einer Abgeltungs- oder<br />

Erledigungsklausel sein können, denn solche<br />

Ansprüche unterliegen nicht der freien Disposition<br />

der Vertragsparteien. Dies gilt insbesondere<br />

für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung<br />

gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG und die<br />

Erteilung des Arbeitszeugnisses gemäß §<br />

109 Abs. 1 GewO. Ein weiterer wichtiger<br />

Fall der unverzichtbaren Ansprüche sind die<br />

unverfallbaren Anwartschaften aus der betrieblichen<br />

Altersversorgung gemäß den §§<br />

1b, 3 Abs. 1 BetrAVG.<br />

Nach Auffassung des BAG handelt es sich<br />

bei einem Arbeitgeberdarlehen grundsätzlich<br />

um keinen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis<br />

selbst, da es sich um ein neben<br />

dem Arbeitsvertrag bestehendes selbstständiges<br />

Vertragsverhältnis handelt (vgl.<br />

BAG vom 19.1.2011-10 AZR 873/08).<br />

Formulierungsvorschlag:<br />

Mit Erfüllung dieses Vergleiches sind alle<br />

gegenseitigen Ansprüche der Parteien<br />

aus und im Zusammenhang mit dem<br />

Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung<br />

gleich welcher Art, ob bekannt oder unbekannt,<br />

abgegolten und erledigt.<br />

Hiervon ausgenommen sind Ansprüche<br />

aus vorsätzlicher Pflichtverletzung oder<br />

der Pflichtverletzung nach strafrecht-<br />

lichen Vorschriften, gesetzliche Ansprüche<br />

(z. B. Mindestlohn, Urlaub) sowie<br />

Ansprüche wegen Verletzung von Leben<br />

und Gesundheit und sonstige unverzichtbare<br />

Ansprüche (z. B. unverfallbare Anwartschaften<br />

auf Betriebsrente).<br />

Lesen Sie im dritten Teil der Artikelserie: Das<br />

Klausel-ABC des Aufhebungsvertrags – von<br />

F wie Freistellung bis O wie Outplacementkosten.<br />

Mit kollegialen Grüßen<br />

Petra Geißinger<br />

Lesen Sie auch den ersten Teil der<br />

Artikelserie im <strong>MkG</strong>-<strong>Magazin</strong> 2/<strong>2021</strong><br />

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11 // FACHINFO-MAGAZIN


ABRECHNUNG<br />

...................................................................................................................................................................................................................<br />

BERATUNGS- ODER GESCHÄFTSGEBÜHR?<br />

BGH ZUR ABRECHNUNG BEI ENTWURF<br />

EINES TESTAMENTS<br />

NORBERT SCHNEIDER<br />

Gebührenexperte und Rechtsanwalt Norbert<br />

Schneider hat bereits zahlreiche Werke<br />

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Der BGH hatte nach seiner Grundsatzentscheidung<br />

im Jahr 2018 nochmals<br />

Gelegenheit, sich mit der Frage<br />

zu befassen, wie ein Anwalt 1 seine Tätigkeit<br />

für die Mitwirkung an der Errichtung<br />

eines Testaments abrechnet.<br />

Um das Problem zu verstehen, muss<br />

man auf die BRAGO (den Vorgänger<br />

des RVG) zurückgreifen. Nach der<br />

BRAGO (§ 118 BRAGO) erhielt der<br />

Anwalt eine Geschäftsgebühr auch für<br />

die Mitwirkung bei der Errichtung von<br />

Verträgen und Urkunden. Die Mitwirkung<br />

an der Erstellung eines Testaments<br />

war also nach der BRAGO eine<br />

Geschäftstätigkeit.<br />

WARUM IST DIE ERRICHTUNG<br />

EINSEITIGER URKUNDEN KEINE<br />

GESCHÄFTSTÄTIGKEIT MEHR?<br />

Seit Inkrafttreten des RVG wird die Geschäftsgebühr<br />

aber nur noch ausgelöst für<br />

die Mitwirkung an der Gestaltung von Verträgen.<br />

Von Urkunden ist dort keine Rede<br />

mehr. Daraus folgt, dass die bloße Mitwirkung<br />

an der Errichtung einseitiger Urkunden<br />

keine Geschäftstätigkeit mehr auslöst,<br />

sondern als Beratungstätigkeit zu vergüten<br />

ist. Dies hat insbesondere kurz nach Einführung<br />

des RVG zu zahlreichen Streitigkeiten<br />

geführt, da viele Anwälte noch von der<br />

alten Regelung der BRAGO ausgegangen<br />

sind. Als erstes Gericht hatte das AG Hamburg-Altona<br />

(AGS 2008, 166 = ZEV 2008,<br />

294 = ErbR 2008, 129) klargestellt, dass die<br />

Mitwirkung an der Gestaltung eines Testaments<br />

keine Geschäftstätigkeit ist, sondern<br />

Beratungstätigkeit.<br />

Der Grund hierfür liegt darin, dass bei der<br />

Gestaltung einseitiger Erklärungen und Urkunden<br />

eine Vertretung im Außenverhältnis<br />

fehlt. Der Anwalt wird nur gegenüber dem<br />

Mandanten tätig, sodass es sich um eine<br />

interne Beratungstätigkeit handelt. Damit<br />

greift § 34 RVG. Eine gesetzliche Vergütung<br />

ist nicht vorgesehen. Vielmehr verweist §<br />

34 RVG auf die Vorschriften des Bürgerlichen<br />

Rechts und ordnet zudem an, dass<br />

bei Beratung eines Verbrauchers – und das<br />

ist bei der Errichtung eines Testaments immer<br />

der Fall – ein Höchstbetrag von 250<br />

Euro greift. Wird also keine Vereinbarung<br />

getroffen, dann kann der Anwalt maximal<br />

250 Euro abrechnen.<br />

Das OLG Düsseldorf (FamRZ 2013, 727<br />

= AGS 2012, 454 = JurBüro 2012, 583 =<br />

FamRZ 2013, 727 = NJW-Spezial 2012,<br />

635) hat die Rechtsauffassung des AG<br />

Hamburg-Altona bestätigt. Dort ging es um<br />

ein gemeinschaftliches Testament, allerdings<br />

ohne wechselbezügliche Vereinbarungen.<br />

12 // FACHINFO-MAGAZIN<br />

1 Im Zuge der besseren Lesbarkeit wird nachstehend die männliche Form verwendet. Es sind stets alle<br />

Geschlechter gemeint.


ABRECHNUNG<br />

...................................................................................................................................................................................................................<br />

Für wechselseitige Vereinbarungen hat das<br />

OLG Düsseldorf offengelassen, ob in diesem<br />

Fall nicht doch eine Geschäftstätigkeit<br />

vorliegen könne.<br />

BGH REVIDIERTE AUFFASSUNG<br />

DES LG WIESBADEN<br />

Einen solchen Fall hatte dann das OLG<br />

Frankfurt (AGS 2015, 505) zu beurteilen<br />

und hat tatsächlich eine Geschäftsgebühr<br />

für den Fall bejaht, dass der Anwalt beauftragt<br />

wird, ein gemeinschaftliches Testament<br />

mit wechselbezüglichen Erklärungen<br />

zu entwerfen.<br />

In einer weiteren Entscheidung hatte sich<br />

dann das Landgericht Wiesbaden (ZEV<br />

2017, 712 = AGS 2017, 556 = RVGreport<br />

2017, 333 = NZFam 2017, 1017 = ErbR<br />

2018, 238) mit der Frage zu befassen, ob<br />

das Entwerfen zweier aufeinander abgestimmter<br />

Testamente eine Geschäftsge-<br />

bühr auslöse und hat dies bejaht. Auf die<br />

Revision hin hat der BGH jedoch in seiner<br />

ersten Entscheidung (NJW 2018, 1479 =<br />

ZErb 2018, 122 = FamRZ 2018, 771 =<br />

AGS 2018, 165 = AnwBl 2018, 364 = ErbR<br />

2018, 330 = ZEV 2018, 407) klargestellt,<br />

dass auch das Entwerfen zweier wechselseitiger<br />

Testamente, seien sie auch aufeinander<br />

abgestimmt, keine Geschäftstätigkeit<br />

auslöst, sondern lediglich eine Beratungstätigkeit<br />

darstellt.<br />

In dem jetzt entschiedenen Fall war der<br />

Anwalt beauftragt worden, ein gemeinschaftliches<br />

Testament mit wechselbezüglichen<br />

Verfügungen zu entwerfen. Die erste<br />

Instanz hatte eine Geschäftstätigkeit angenommen.<br />

Der BGH hat jetzt klargestellt,<br />

dass auch in diesem Fall nur eine Beratungstätigkeit<br />

vorliege und keine Geschäftstätigkeit<br />

(Urteil vom 15. April <strong>2021</strong> – IX ZR<br />

143/20, juris).<br />

AUCH GEMEINSCHAFTLICHES<br />

TESTAMENT IST KEIN VERTRAG<br />

Auch die Mitwirkung bei der Errichtung<br />

eines gemeinschaftlichen Testaments stelle<br />

keine Geschäftstätigkeit dar, weil diese Tätigkeit<br />

nicht nach außen gerichtet sei. Selbst<br />

wenn bei einem gemeinschaftlichen Testament<br />

Abstimmungen zwischen den beiden<br />

Testierenden erfolgen würden, spreche dies<br />

noch nicht für eine Geschäftstätigkeit, also<br />

eine Tätigkeit nach außen, weil beide Testierenden<br />

Auftraggeber des Anwalts seien.<br />

Es handele sich gerade nicht um die Mitwirkung<br />

bei der Gestaltung eines Vertrages.<br />

Ein gemeinschaftliches Testament sei kein<br />

Vertrag, auch dann nicht, wenn es wechselbezügliche<br />

Verfügungen (vgl. §§ 2270, 2271<br />

BGB) enthalte. Zum Abschluss eines Vertrags<br />

bedürfe es zweier aufeinander bezogener<br />

korrespondierender Willenserklärungen<br />

nach den §§ 145 ff. BGB (Angebot und<br />

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Annahme). Ein Testament werde dagegen<br />

durch eine einseitige, nicht empfangsbedürftige<br />

Erklärung des Testierenden errichtet.<br />

Auch eine erweiternde Auslegung der Vorschrift<br />

der Nr. 2300 VV RVG über die in<br />

der Vorbem. 2.3 VV RVG genannten Fälle<br />

hinaus lehnt der BGH ab. Sie sei auch<br />

nicht deshalb geboten, weil nur auf diese<br />

Weise eine die verfassungsmäßigen Rechte<br />

des Rechtsanwalts wahrende angemessene<br />

Vergütung erreicht werden könne. Auch<br />

§ 34 RVG ermögliche eine angemessene<br />

Vergütung. Während die Geschäftsgebühr<br />

einen Rahmen von 0,5 bis 2,5 vorsehe und<br />

nach dem Gegenstandswert berechnet<br />

werde (§ 2 Abs. 1 RVG), ergäben sich für<br />

die in § 34 RVG vorgesehene Gebührenvereinbarung<br />

keine gesetzlichen Vorgaben.<br />

Der Rechtsanwalt könne dem Mandanten<br />

den Abschluss einer Gebührenvereinbarung<br />

vorschlagen, die eine angemessene<br />

Vergütung seines Aufwands vorsehe, und<br />

das Mandat ablehnen, wenn der Mandant<br />

hiermit nicht einverstanden sei.<br />

VEREINBARUNG VON PAUSCHAL-<br />

HONORAR ODER STUNDEN-<br />

HONORAR IST ZU EMPFEHLEN<br />

Mit dieser letzten Entscheidung dürften<br />

wohl alle Rechtsfragen in diesem Zusammenhang<br />

geklärt sein. Ist der Anwalt beauftragt,<br />

ein Testament, mehrere aufeinander<br />

abgestimmte Testamente oder ein gemeinschaftliches<br />

Testament mit wechselbezüglichen<br />

Erklärungen zu entwerfen, dann liegt<br />

jeweils nur eine Beratungstätigkeit vor.<br />

Der Anwalt muss also in diesen Fällen,<br />

wenn eine Begrenzung der Vergütung auf<br />

250 Euro vermieden werden soll (§ 34 Abs.<br />

1 S. 3 RVG), unbedingt eine Vereinbarung<br />

abschließen.<br />

Zweckmäßig ist es insoweit, ein Pauschalhonorar<br />

oder ein Stundensatzhonorar zu<br />

vereinbaren.<br />

Bedenklich ist es, eine „Geschäftsgebühr“ zu<br />

vereinbaren oder eine Gebühr nach einem<br />

bestimmten Gebührensatz nach der RVG-<br />

Tabelle. Nach der Rechtsprechung sind<br />

solche Vereinbarungen u. U. intransparent<br />

(OLG Frankfurt AGS 2009, 471 = RVGreport<br />

2009, 338).<br />

FAZIT:<br />

BERATUNGSHONORAR MIT DEM<br />

MANDANTEN VEREINBAREN<br />

Aufgrund der letzten BGH-Entscheidung<br />

dürfte nunmehr für alle Fälle feststehen,<br />

dass das Entwerfen von Testamenten eine<br />

Beratungstätigkeit darstellt.<br />

Der Anwalt muss also unbedingt mit dem<br />

Mandanten vorher über die Vergütung<br />

sprechen und ein Beratungshonorar vereinbaren.<br />

Anderenfalls erhält er – unabhängig<br />

vom Wert des Nachlasses – maximal eine<br />

Vergütung in Höhe von 250 Euro.<br />

Mit kollegialen Grüßen<br />

Norbert Schneider<br />

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PARTEIVERRAT – TEIL 2: PRAKTISCHE<br />

UMSETZUNG ZUR VERHINDERUNG<br />

VON PARTEIVERRAT UND VERTRETUNG<br />

WIDERSTREITENDER INTERESSEN<br />

GESINE REISERT<br />

Rechtsanwältin Reisert ist Fachanwältin für<br />

Strafrecht sowie für Verkehrsrecht in Berlin.<br />

Sie ist Mitglied des Geschäftsführenden<br />

Ausschusses der AG Kanzleimanagement<br />

im DAV. Außerdem ist sie zert. Mediatorin<br />

und Coach (zert. Univ.).<br />

juristen-coach.com<br />

ag-kanzleimanagement.de<br />

Nachdem der erste Teil der Artikelserie<br />

die Rechtsgrundlagen des Parteiverrats,<br />

die neuere Rechtsprechung<br />

zu widerstreitenden Interessen und<br />

die konkrete Anwendung thematisiert<br />

hat, behandelt der zweite Teil die<br />

Frage, wie Sie Sicherungsmaßnahmen<br />

gegen Parteiverrat und die Vertretung<br />

widerstreitender Interessen umsetzen.<br />

Für die praktische Umsetzung von Sicherungsmaßnahmen<br />

gegen Parteiverrat und<br />

die Vertretung widerstreitender Interessen<br />

ist neben einer gut strukturierten Mandatsannahme,<br />

die stets nach dem gleichen Muster<br />

ablaufen sollte, bestenfalls sogar verschriftlicht<br />

ist, auch ein gewisses „Stör- oder<br />

auch Bauchgefühl“ vonnöten. Dieses sollte<br />

nicht übergangen werden, sondern Anlass<br />

dafür sein, im Zweifel bei der Rechtsanwaltskammer<br />

nachzufragen.<br />

M ein Strafverfahren gegen den Rechtsanwalt<br />

1 eingeleitet werden könnte,<br />

M ein Berufsaufsichtsverfahren vor der zuständigen<br />

Rechtsanwaltskammer droht.<br />

Auch kann das Vertretungsverbot nicht<br />

etwa abbedungen werden. Dem Parteiverrat<br />

kann wirksam nur durch eine klare<br />

Organisation der Annahme eines Mandats<br />

begegnet werden. Es hilft dabei eine grundsätzlich<br />

durchzuführende Prüfung VOR jeder<br />

Annahme.<br />

Prüfen Sie bspw. grundsätzlich bei Annahme<br />

– auch am Telefon! – eines Verkehrsmandates<br />

im Zivilrecht, ob der Fahrzeugführer<br />

identisch mit den anderen Beteiligten<br />

ist. Sicherheitshalber sollte bei einer Vertretung<br />

des Fahrzeugführers im Strafverfahren<br />

oder Ordnungswidrigkeitenverfahren keine<br />

zivilrechtliche Vertretung erfolgen.<br />

SICHERHEIT SCHÜTZT VOR<br />

1. PFLICHTENVERSTOß<br />

AUFKLÄRUNG DER MANDANTEN<br />

2. SO KANN SIE AUSSEHEN<br />

Der Parteiverrat wie auch die Doppelvertretung<br />

sind gefährlich, weil<br />

M der Gegner ggf. dies rügen könnte mit<br />

der Folge, dass das Mandat niedergelegt<br />

werden muss und nicht liquidiert werden<br />

kann (Verletzung der Aufklärungspflicht!!);<br />

Verwenden Sie zur Aufklärung der eigenen<br />

Mandantschaft ein ähnliches Formblatt. 2 Es<br />

erspart ausführliche Beratung, die zeitintensiv<br />

und kompliziert ist. Dies sollte möglichst<br />

vor der eigentlichen Besprechung erfolgen;<br />

damit ist klargestellt, wen Sie auch im Einzelnen<br />

beraten.<br />

15 // FACHINFO-MAGAZIN<br />

1 Die weibliche oder männliche Form wird erratisch verwendet; stets sind alle Geschlechter gemeint.<br />

2 Muster nach Reisert, Anwaltsgebühren, § 1 Rn 48 und unter Unfallregulierung, Doppelvertretung, Rn5.


KANZLEIPRAXIS<br />

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VORLAGE<br />

Vermeidung von Parteiverrat und Aufklärung über das Doppelvertretungsverbot 3<br />

Informationen für unsere Mandanten Verkehrsunfall – mehrere Beteiligte<br />

Sehr geehrte Mandantin, sehr geehrter Mandant,<br />

da das Verkehrsrecht ein sehr kompliziertes Rechtsgebiet ist, wollen wir Sie für den Fall,<br />

dass der Fahrzeugführer nicht identisch mit den weiteren durch den Unfall Geschädigten<br />

ist, über Folgendes aufklären:<br />

Allein auf der Geschädigtenseite ist schon eine Mehrzahl von Beteiligten denkbar. Natürlich<br />

kann alles in einer Person liegen. Allerdings ist durch die inzwischen üblichen Finanzierungsgeschäfte<br />

beim Autokauf der Eigentümer häufig nicht identisch mit dem Halter oder gar<br />

mit dem Fahrer. Gleiches gilt natürlich auch für den Unfallgegner:<br />

Kfz Eigentümer<br />

(Bank oder Leasinggeber)<br />

oder<br />

Hieraus ist ersichtlich, dass jeder, der ein<br />

eigenes Interesse hat, auch von einer/m<br />

Rechtsanwältin/Rechtsanwalt vertreten werden<br />

muss. Eine Doppelvertretung ist<br />

nicht erlaubt. Zwar wird in der Praxis aus<br />

Bequemlichkeit, Unkenntnis oder Ignoranz<br />

von diesem Vertretungsverbot oft abgesehen,<br />

aber dies ist gefährlich,<br />

M weil der Gegner dies rügen könnte, mit<br />

der Folge, dass das Mandat niedergelegt<br />

werden muss und nicht mehr von mir<br />

weiterbearbeitet werden kann; Sie müssten<br />

sich daher eine weitere anwaltliche<br />

Vertretung suchen,<br />

M ein Strafverfahren eingeleitet werden<br />

könnte,<br />

Kfz Halter<br />

Kfz Fahrer<br />

Kfz Beifahrer<br />

M ein Berufsaufsichtsverfahren für mich<br />

droht.<br />

Weiterhin bestehen auch im versicherungsrechtlichen Bereich mehrere Beteiligte:<br />

Eigene Haftpflichtversicherung<br />

Kfz Eigentümer<br />

Eigene Kaskoversicherung<br />

Gegnerische<br />

Haftpflichtversicherung<br />

Grafisch darstellen lassen sich auch etwaige Schadensersatzansprüche des am Körper oder<br />

Eigentum Verletzten:<br />

Eigener<br />

Fahrzeugführer<br />

Verletzter/<br />

Geschädigter<br />

Fremder<br />

Fahrzeugführer<br />

Dritter<br />

Auch kann das Vertretungsverbot nicht<br />

etwa ausgeschlossen werden 4 – selbst im<br />

Nachhinein ist das nicht möglich – wenn<br />

beispielsweise das Strafverfahren folgenlos<br />

eingestellt worden ist. Selbst Ihr Einverständnis<br />

würde an dieser Lage leider auch<br />

nichts ändern.<br />

Wir raten Ihnen daher zu entscheiden,<br />

welches Mandat Sie uns übertragen<br />

wollen. Da ich als Fachanwältin im Strafrecht<br />

und Verkehrsrecht sicherlich über<br />

eine besondere Qualifikation auf dem<br />

strafrechtlichen und ordnungsrechtlichen<br />

Gebiet verfüge, ist die Übertragung eines<br />

Mandates für Fahrzeugführer sicherlich naheliegender.<br />

Natürlich kann ich aber auch<br />

die zivilrechtliche Geltendmachung Ihrer<br />

Schäden übernehmen; dann ist jedoch die<br />

Übernahme eines Mandates für den Fahrzeugführer<br />

ausgeschlossen.<br />

Vielen Dank für Ihr Verständnis.<br />

16 // FACHINFO-MAGAZIN<br />

3 Siehe auch Muster nach Reisert, Anwaltsgebühren, § 1 Rn 48.<br />

4 AnwaltFormulare/Buschbell, § 53 Rn 6.


KANZLEIPRAXIS<br />

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3.<br />

OFFENE FRAGEN<br />

Probleme stellen sich im Bereich von Akteneinsichten,<br />

die im Auftrag der Mandanten/Mandantinnen<br />

eingeholt werden (Bespiel:<br />

Akte von der Staatsanwaltschaft oder<br />

Gutachten etc., die für die Geltendmachung<br />

erforderlich sind):<br />

M Parteiverrat, wenn im Auftrag der gegnerischen<br />

Haftpflichtversicherung die<br />

Akteneinsicht kopiert, übersandt und abgerechnet<br />

wird?<br />

M Pflichtwidriges Dienen eines Strafverteidigers<br />

bereits durch Akteneinsicht? 5<br />

M Verletzung der Verschwiegenheitspflicht<br />

durch Kopieren im Copyshop? 6 Merke:<br />

Der Copyshop-Mitarbeiter ist nicht Mitarbeiter<br />

des Rechtsanwalts!<br />

Auch wenn hier die Antworten nicht sofort<br />

auf der Hand liegen, sollte stets geprüft<br />

werden, in wessen Interesse tatsächlich gehandelt<br />

wird.<br />

Kontrollfrage aus Sicht des Mandanten kann<br />

sein: Wenn der Gegner meinem Rechtsanwalt<br />

einen Auftrag gibt, handelt er dann<br />

noch in meinem Interesse, wenn er diesen<br />

annimmt?<br />

Eine Kooperation mit anderen Kollegen hilft,<br />

um die Abwicklung der Mandate möglichst<br />

reibungslos zu ermöglichen. Räumliche und<br />

fachliche Nähe sind dabei hilfreich.<br />

Es sollte übrigens immer geprüft werden,<br />

ob der Mandant zuvor einen anderen<br />

Rechtsanwalt beauftragt hatte, weil hier<br />

Berufspflichten, wie die Information der<br />

Kollegen zu beachten sind. Es gehört also<br />

nicht nur zum kollegialen Umgang miteinan-<br />

der, dem bislang beauftragten Kollegen die<br />

Mandatsübernahme anzuzeigen, sondern<br />

dies auch schnellstmöglich zu tun. Allerdings<br />

dürfte diese Pflicht nicht bestehen, wenn<br />

der Mandant das Mandat bereits gekündigt<br />

hatte und Zustellungen durch die Gerichte<br />

nicht zu erwarten stehen. 7 Dennoch sollte<br />

die Kollisionsprüfung zur Verhinderung der<br />

Doppelvertretung in jedem Falle ebenfalls<br />

durchgeführt und auch dokumentiert werden.<br />

Mit kollegialen Grüßen<br />

Gesine Reisert<br />

Lesen Sie auch den ersten Teil der<br />

Artikelserie im <strong>MkG</strong>-<strong>Magazin</strong> 2/<strong>2021</strong><br />

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5 Dies bejaht das OLG Hamburg insoweit, als in den Akteneinsichtsgesuchen auch ein pflichtwidriges Dienen durch Rat und Beistand liegen kann, da jede berufliche<br />

Tätigkeit eines Rechtsanwalts, durch die das Interesse einer Partei gefördert werden soll unter Vorlage einer Verteidigervollmacht ebenso wie die Informationsbeschaffung<br />

und Sachverhaltsaufklärung im Rahmen eines Mandats hierunter fällt. Dies gilt auch, wenn der Rechtsbeistand die Informationen durch Akteneinsicht erlangt.<br />

Darüber hinaus sei – anders als bei § 356 Abs. 2 StGB – ein Nachteil für oder eine Gefährdung der Interessen der anderen Partei nicht erforderlich.<br />

6 Berliner Anwaltsblatt 2011, 379.<br />

7 Vgl. auch Reisert, Anwaltsgebühren, § 1 Rn 45.<br />

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17 // FACHINFO-MAGAZIN<br />

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KANZLEIPRAXIS<br />

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BERUFUNGSBEGRÜNDUNG IM ZIVIL-<br />

PROZESS – FORMELLE UND<br />

INHALTLICHE ANFORDERUNGEN<br />

BENJAMIN SCHAUß<br />

Benjamin Schauß ist Rechtsanwalt bei der<br />

überregionalen Wirtschaftskanzlei Aderhold<br />

Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Im Bereich<br />

des Bank- und Finanzrechts berät und vertritt<br />

er in erster Linie Banken, Finanz- und<br />

Zahlungsverkehrsdienstleister.<br />

www.aderhold.legal<br />

Nachdem die Berufung fristgerecht<br />

binnen eines Monats (§ 517 ZPO) eingelegt<br />

worden ist, ist diese gemäß §<br />

520 ZPO auch form- und fristgerecht<br />

zu begründen. Dabei sind gewisse inhaltliche<br />

Anforderungen einzuhalten,<br />

von deren Erfüllung die Zulässigkeit<br />

des Rechtsmittels abhängt (§ 522 Abs.<br />

1 ZPO). Diese Anforderungen werden<br />

vorliegend im Überblick dargestellt.<br />

FRIST UND FRISTVERLÄNGERUNG<br />

Zunächst ist die Frist zur Begründung der<br />

Berufung einzuhalten. Diese beträgt zwei<br />

Monate und beginnt gemäß § 520 Abs. 2 S.<br />

1 mit der Zustellung des erstinstanzlichen<br />

Urteils, endet spätestens jedoch fünf Monate<br />

nach Verkündung des Urteils. Auf Antrag<br />

kann die Frist von dem Vorsitzenden verlängert<br />

werden, wenn der Gegner einwilligt<br />

(§ 520 Abs. 2 S. 2 ZPO). Nach Satz 3 kann<br />

die Frist auch ohne Einwilligung um bis zu<br />

einen Monat verlängert werden, wenn der<br />

Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht<br />

verzögert wird oder wenn der Berufungskläger<br />

erhebliche Gründe darlegt. Solche<br />

Gründe können Arbeitsüberlastung (BGH<br />

NJW 2010, 1610), Vergleichsverhandlungen<br />

(BGH NJW 1999, 430) oder Urlaub<br />

und Krankheit des Prozessbevollmächtigten<br />

oder der Partei selbst sein.<br />

Bei der weit verbreiteten Begründung der<br />

„erforderlichen Rücksprache des Prozessbevollmächtigten<br />

mit der Partei“ ist Vorsicht<br />

geboten. Der Bundesgerichtshof hat<br />

einen erheblichen Grund nur für einen Fall<br />

bejaht, in dem der Prozessbevollmächtigte<br />

dargelegt hat, Anlass für die Rücksprache<br />

sei eine Tatsache, die sich erst aus der Gerichtsakte<br />

ergeben habe (BGH NJW 1991,<br />

1359).<br />

UNTERZEICHNENDER RECHTSAN-<br />

WALT ODER UNTERZEICHNENDE<br />

RECHTSANWÄLTIN TRÄGT VERANT-<br />

WORTUNG<br />

Die Berufungsbegründungsschrift muss<br />

nicht vom unterzeichnenden Rechtsanwalt<br />

oder von der unterzeichnenden Rechtsanwältin<br />

verfasst sein (BGH NJW 2005,<br />

2709). Mit der Unterschrift übernimmt die<br />

betreffende Person aber die Verantwortung<br />

für die nicht von ihr verfasste Berufungsbegründung<br />

(BGH NJW 2005, 2709).<br />

Distanziert der unterzeichnende Anwalt<br />

oder die Anwältin sich unmissverständlich<br />

von dem Inhalt (BGH NJW-RR 2017, 686),<br />

liest die Begründungsschrift gar nicht (BGH<br />

NJW 2008, 1311) oder nur flüchtig (BGH<br />

NJW-RR 1998, 574), ist die Berufung nicht<br />

ordnungsgemäß begründet.<br />

18 // FACHINFO-MAGAZIN


KANZLEIPRAXIS<br />

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BERUFUNGSANTRÄGE<br />

Oft wird in der Praxis bloß die Aufhebung<br />

des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung<br />

beantragt. Obgleich dieser Antrag<br />

grundsätzlich ausreichend ist, weil er in der<br />

Regel die Weiterverfolgung des bisherigen<br />

Sachbegehrens als Ziel des Rechtsmittels<br />

erkennen lässt (NJW 2006, 2705), ist es<br />

empfehlenswert, sich bei den Sachanträgen<br />

an den gesetzlichen Vorgaben zu orientieren.<br />

Das Gesetz unterscheidet zwischen<br />

„Abänderung“ im Falle der Sachentscheidung<br />

(§§ 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 1, 528 S. 2,<br />

717 Abs. 2 ZPO) und der ausnahmsweisen<br />

„Aufhebung“ (§ 538 Abs. 2 S. 1 ZPO). Die<br />

Anträge könnten daher wie folgt lauten:<br />

Es wird beantragt,<br />

1. unter Abänderung des angefochtenen<br />

Urteils die Klage abzuweisen (bzw. die<br />

Beklagte zu verurteilen, an den Kläger<br />

einen Betrag in Höhe von X zu zahlen),<br />

2. hilfsweise: das angefochtene Urteil<br />

nebst dem zugrundeliegenden Verfahren<br />

aufzuheben und an das Amtsgericht<br />

(Landgericht) zurückzuverweisen,<br />

3. weiter hilfsweise: die Revision zuzulassen.<br />

BERUFUNGSGRÜNDE – WAS IST<br />

(NICHT) AUSREICHEND?<br />

Nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO muss die<br />

Begründung – sofern der Berufungskläger<br />

nicht lediglich neue Angriffs- und Verteidigungsmittel<br />

nach Nr. 4 vorbringen möchte<br />

– auf den konkreten Fall zugeschnitten sein<br />

und erkennen lassen, aus welchen tatsächlichen<br />

und rechtlichen Gründen der Berufungskläger<br />

das angefochtene Urteil für<br />

unrichtig hält (BGH NJW-RR 2019, 180).<br />

Nicht ausreichend sind:<br />

M formelhafte Wendungen (BGH NJW-RR<br />

2002, 1499),<br />

M allgemeine Redewendungen und die pauschale<br />

Rüge, die Auffassung des Erstrichters<br />

sei falsch oder die Anwendung einer<br />

bestimmten Vorschrift irrig (Ball, in Musielak/Voit,<br />

ZPO, § 520, Rn. 29),<br />

M die bloße Wiederholung des erstinstanzlichen<br />

Vorbringens (BAG NJW 2005,<br />

1884).<br />

M Ist die Berufung jedoch ausreichend begründet<br />

und damit zulässig, so hat sich das<br />

Berufungsgericht mit dem Prozessstoff,<br />

mit Ausnahme nicht von Amts wegen<br />

zu berücksichtigender Verfahrensmängel<br />

(§ 529 Abs. 2 S. 1), auch insoweit umfassend<br />

zu beschäftigen, auch wenn die<br />

Berufungsgründe auf diese Punkte möglicherweise<br />

nicht abgezielt haben (BGH<br />

NJW 1993, 2318).<br />

FAZIT:<br />

BERUFUNGSVERWERFUNG DURCH<br />

SORGFÄLTIGE ARBEIT VERHINDERN<br />

Genügt die Berufungsbegründung nicht den<br />

Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO oder<br />

wird die Berufung nicht oder nicht fristgerecht<br />

begründet, so ist die Berufung nach<br />

§ 522 Abs. 1 als unzulässig zu verwerfen.<br />

Da fehlende Angaben nach Fristablauf nicht<br />

nachgeholt werden können (BGH NJW-RR<br />

2015, 511) und auch eine Wiedereinsetzung<br />

in den vorigen Stand zur Ergänzung<br />

einer zwar fristgerecht eingereichten, aber<br />

inhaltlich unzureichenden Berufungsbegründung<br />

nicht in Betracht kommt (BGH<br />

NJW-RR 2018, 490), ist bei der Berufungsbegründung<br />

(wie immer) höchste Sorgfalt<br />

an den Tag zu legen.<br />

Mit kollegialen Grüßen<br />

Benjamin Schauß<br />

19 // FACHINFO-MAGAZIN


KANZLEIFÜHRUNG<br />

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DIE AGILE KANZLEI – MODEBEGRIFF<br />

ODER ECHTER MEHRWERT FÜR DIE<br />

ANWALTSCHAFT?<br />

DR. ANETTE SCHUNDER-HARTUNG<br />

Dr. Anette Schunder Hartung ist seit über<br />

30 Jahren Juristin und war in dieser Zeit in<br />

unterschiedlichen Positionen tätig, u. a. als<br />

Schriftleiterin der NJW-Gruppe und zuletzt<br />

als Chefredakteurin des Anwaltshandbuchs<br />

Kanzleien in Deutschland. Zudem hatte die<br />

Rechtsanwältin an der Frankfurter Universität<br />

von 2008 bis 2013 den Lehrauftrag für<br />

Vergaberecht inne. Seit 2015 berät sie als Inhaberin<br />

von aHa Strategische Geschäftsentwicklung<br />

mit ihrem Team Kanzleien, Unternehmen,<br />

Medienhäuser und Hochschulen<br />

entlang der gesamten Wertschöpfungskette.<br />

aha-entwicklung.de<br />

Agiles Arbeiten ist zum Modebegriff<br />

geworden. Seit geraumer Zeit fluten<br />

einschlägige Ratgeber den Markt, die<br />

versprechen, „Ihr Unternehmen dynamischer,<br />

flexibler und leistungsfähiger<br />

zu gestalten“ 1 und „fokussiert,<br />

schnell und flexibel zum Erfolg“ 2 zu<br />

gelangen. Grob gesagt, geht es dabei<br />

um sich herantastende Vorgehensweisen<br />

bei verstärkter Selbststeuerung in<br />

bestimmten Rahmenstrukturen. Aber<br />

sind entsprechende Modelle auch für<br />

Anwaltskanzleien zu empfehlen?<br />

DIE FRAGE NACH DEM WARUM:<br />

VON FISCHEN UND ANGLERN<br />

Kanzleien sind Wirtschaftsunternehmen,<br />

einerseits. Und zwar solche, die in einem<br />

zunehmend heiklen wirtschaftlichen Umfeld<br />

navigieren 3 . Andererseits weisen sie<br />

gegenüber anderen Unternehmen zahlreiche<br />

Besonderheiten auf – darunter objektiv<br />

die eines überproportional großen Anteils<br />

an mitspracheberechtigten Partnern. Während<br />

in anderen Konzernen und Betrieben<br />

bei aller Teilhabe doch regelmäßig durchstrukturierte<br />

Hierarchien anzutreffen sind,<br />

dominieren in mancher Sozietät die An-<br />

teilseigner das Geschehen nicht nur gefühlt,<br />

sondern nahezu nach Köpfen. Das verkompliziert<br />

Einigungsprozesse in einem Maße,<br />

wie man es sich draußen kaum vorstellen<br />

kann.<br />

Subjektiv ist zudem eine gewisse Grundreserviertheit<br />

bei überdurchschnittlicher Veränderungsresistenz<br />

zu beobachten, wenn<br />

man Jurist:innen mit anderen Berufsgruppen<br />

vergleicht. Beides zusammengenommen<br />

führt in vielen Fällen und/oder Teilbereichen<br />

zu jahrelangem Stillstand selbst auf<br />

Kernfeldern der Geschäftsentwicklung 4 .<br />

Als heikel hat sich dieser Umstand schon<br />

in den Zehnerjahren bei zunehmender<br />

Beschleunigung der digitalen Transformation<br />

erwiesen. Während beispielsweise im<br />

Bankwesen schon längst nicht mehr über<br />

das „Ob“, sondern über den besten Robo-Advisor<br />

diskutiert wurde, behaupteten<br />

viele Anwältinnen und Anwälte noch immer<br />

ungerührt, ihre Rechtsdienstleistungen<br />

seien unautomatisierbar. Welche ernsthafte<br />

Konkurrenz Onlinedienste in juristischen<br />

Alltagsfragen für viele Kolleginnen und Kollegen<br />

darstellen, tritt erst jetzt allmählich<br />

zutage.<br />

20 // FACHINFO-MAGAZIN<br />

1 Scheller, Auf dem Weg zur agilen Organisation, München 2017.<br />

2 Braun/Krauß, Agile Power Guide, Düsseldorf 2019.<br />

3 Schunder-Hartung, Erfolgsfaktor Kanzleikultur, Wiesbaden 2020.<br />

4 vgl. Schunder-Hartung, Neue Handlungsmuster für das digitale Zeitalter,<br />

in: Schulz/Schunder-Hartung, Recht 2<strong>03</strong>0, Frankfurt 2019.


KANZLEIFÜHRUNG<br />

...................................................................................................................................................................................................................<br />

Und nun die Veränderung der Arbeitswelt<br />

im Zuge der Covid-19-Krise: Wir leben<br />

in einer VUKA-Welt, die kompliziert<br />

ist, schnell, unsicher und unvorhersehbar.<br />

Genau dafür stehen nämlich die Anfangsbuchstaben<br />

Volatilität, Unsicherheit, Komplexität<br />

und Ambivalenz bzw. Ambiguität.<br />

Seit Beginn des letzten Jahres ist das Veränderungstempo<br />

dann noch einmal weiter<br />

hochgeschnellt. Allenthalben werden neue<br />

Arbeitsmodelle erprobt und eingefordert<br />

… und wieder sollen Anwaltskanzleien<br />

„ohne“ auskommen? Aber vielleicht ist ja<br />

das agile Unternehmen auch nur ein Phantom?<br />

VOM ICH ZUM WIR? LEITIMPULSE<br />

FÜR AGILE FÜHRUNG<br />

Die Unternehmensrealität spricht eine andere<br />

Sprache. Hier haben sich selbst große<br />

DAX-„Tanker“ wie die Automobilhersteller<br />

BMW und Mercedes und der Versicherungskonzern<br />

Allianz agilen Arbeitsformen<br />

verschrieben. Für den Energieriesen E.ON<br />

wiederum hat unlängst Martin Kistermann<br />

im Rahmen der Tochtergesellschaft eprimo<br />

GmbH die Herausforderung übernommen,<br />

eine hierarchische Organisation in eine agile<br />

Organisation zu überführen. Seine Erfahrungen<br />

schildert er ebenso ausführlich<br />

wie anschaulich in unserem aktuellen Buch<br />

. Dabei geht es um die Grundlagen einer<br />

Strukturänderung ebenso wie um mobiles<br />

Arbeiten im agilen Kontext.<br />

Einem Angelausflug gleicht das Ganze danach<br />

nicht. So geraten nicht nur die Führungskräfte<br />

unter erheblichen Veränderungsdruck.<br />

Auch die Personalauswahl<br />

verändert sich. Als Leitimpulse formuliert<br />

Kistermann die Entwicklungen:<br />

M vom Ich zum Wir,<br />

M von der Anpreisung zur Selbstverantwortung,<br />

M vom Mitspracherecht zur Mitsprachepflicht<br />

und<br />

M vom Fehlervermeiden zum Ausprobieren.<br />

Da hier aber wie überall sonst im Wirtschaftsleben<br />

der Leitsatz gilt, dass der Köder<br />

dem Fisch schmecken muss, wird sich<br />

die mitarbeiter- und mandantenangelnde<br />

Kanzlei sich dem nicht verschließen können.<br />

Schwierig oder nicht: Wenn und sobald<br />

wirtschaftliches Umfeld und Leuchtturmmandanten<br />

sich agilen Konzepten annähern,<br />

führt auch für Kanzleien daran kein<br />

Weg vorbei.<br />

Spezialisierungslehrgang<br />

Zertifizierter HR-Manager<br />

Foto: GettyImages<br />

Wo eins ins<br />

andere greift,<br />

sind besondere<br />

Skills gefragt.<br />

21 // FACHINFO-MAGAZIN<br />

Wir zeigen Ihnen praxiserprobte<br />

Fallbeispiele, aktuelle Methoden und<br />

innovative Praktiken.<br />

Als HR-Fach- oder Führungskraft sind Ihre heutigen und zukünftigen<br />

Herausforderungen ebenso komplex wie anspruchsvoll.<br />

Um der dynamischen Entwicklung dieses Fachbereichs gerecht zu<br />

werden, ist Weiterbildung essenziell. Und genau hier setzt unser<br />

praxisorientierter Zertifikatslehrgang an.<br />

www.fachseminare-von-fuerstenberg.de/hr-manager


KANZLEIFÜHRUNG<br />

...................................................................................................................................................................................................................<br />

AGILE METHODEN IN DER PRAXIS<br />

Eines vorweg: Agiles Arbeiten ist auch eine<br />

Organisationsform. Kennzeichnend für ein<br />

agiles Projektmanagement ist ein eingangs<br />

eher unscharfes Anforderungsprofil, an<br />

den sich kein sequenzieller, sondern ein sich<br />

schleifenförmig wiederholender Entwicklungsprozess<br />

anschließt. Dabei gibt es viel<br />

Spielraum für Versuch, Irrtum, frühzeitiges<br />

Feedback und Nachbesserung. Statt zahlreicher<br />

separater Spezialisten im Team dominiert<br />

die gemeinsame Verantwortung. Auch<br />

die Aufwandsschätzung erfolgt gemeinsam<br />

im Team.<br />

Damit der Prozess organisatorisch nicht<br />

aus dem Ruder läuft, haben sich bestimmte<br />

Techniken wie das Anlegen von (Achtung,<br />

feststehende englischsprachige Begriffe:)<br />

Task Boards und das Durchführen täglicher<br />

Daily Standup-Meetings bewährt. Im<br />

Rahmen von Timeboxings und Definitions<br />

of Done (DoDs) gibt es wirklich feste<br />

Zeit- und Fertigstellungfestlegungen usw.<br />

In methodischer Hinsicht hat sich zudem<br />

die Arbeit mit sog. Scrum-Teams durchgesetzt,<br />

die gegenüber den Stakeholdern in<br />

Mandantschaft, Kanzleimanagement usw.<br />

als Product Owner, Entwickler und Scrum<br />

Master für den Erfolg, die technischen<br />

Funktionalitäten und das Rahmenwerk des<br />

Projektes geradestehen. Gearbeitet wird in<br />

Entwicklungszyklen von meist einer bis vier<br />

Wochen, den Sprints, und zwar auf ein im<br />

Scrum-Team definiertes Sprint-Ziel hin. Dabei<br />

passt das Team seine Vorgehensweise<br />

und Zielanforderungen, das Product Backlog,<br />

fortlaufend an.<br />

Damit ist es aber nicht getan: Entscheidend<br />

ist die innere Einstellung. Ausschlaggebend<br />

für den Erfolg oder Misserfolg agiler Konzepte<br />

ist die Haltung, mit der die Beteiligten<br />

an den Wandlungsprozess herangehen. Und<br />

an diesem Punkt geht es natürlich nicht von<br />

heute auf morgen: Wer sequenziell geordnete<br />

Abläufe gewohnt ist, dem mögen die<br />

so typischen Rückkopplungsschleifen nicht<br />

ohne Weiteres liegen. Hier heißt es:<br />

M Verstehen,<br />

M beobachten,<br />

M einen Standpunkt entwickeln und einnehmen,<br />

M Ideen kreieren,<br />

M (frühzeitig) einen Prototyp für das angedachte<br />

Produkt bzw. die angedachte<br />

Dienstleistung entwickeln,<br />

M testen und<br />

M einen Rückbezug herstellen,<br />

und das immer wieder, und immer gerne<br />

immer wieder von vorne. Zudem steigt der<br />

Abstimmungsbedarf, und das, um noch einmal<br />

Kistermann zu zitieren, nicht nur untereinander,<br />

sondern auch mit nicht agil arbeitenden<br />

Partnern. Hier ist zu klären:<br />

M Ist die Sprache die gleiche?<br />

M Wem muss ich welche Mitteilung machen?<br />

M Mit wem habe ich mich abzustimmen?<br />

Schließlich sind – auch durch die oben<br />

schon angesprochenen Rollenzuweisungen<br />

– einige grundlegende Missverständnisse<br />

von vornherein aktiv zu vermeiden:<br />

M Selbstorganisation ist nicht Selbstverwirklichung,<br />

und<br />

M cheflos ist nicht dasselbe wie führungslos,<br />

denn<br />

M ein Ziel steht fest: Das Ergebnis muss<br />

auch am agilen Ende stimmen!<br />

Insoweit sind nicht nur Änderungsbereitschaft,<br />

sondern auch Selbstdisziplin und<br />

Kritikfähigkeit jeder und jedes Einzelnen gefragt.<br />

DIE FRAGE NACH DEM WIE: WIR<br />

BAUEN EINEN SPAGHETTITURM<br />

Wohin traditionelle Zusammenarbeit einerseits,<br />

agile Zusammenarbeit andererseits<br />

führen können, zeigt schließlich ein berühmtes<br />

Teambuilding-Spiel. Die auf Peter<br />

Skillman zurückgehende „Marshmallow<br />

Challenge“ verlangt von kleinen Teilnehmergruppen<br />

den Bau eines möglichst hohen<br />

Turms aus ungekochten Spaghetti mit<br />

einem Marshmallow als krönendem Abschluss.<br />

Dabei sollen Gruppen aus jeweils vier<br />

Personen innerhalb von 18 Minuten 20<br />

Spaghetti, eine 1 m lange Klebebandrolle,<br />

22 // FACHINFO-MAGAZIN


KANZLEIFÜHRUNG<br />

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eine ebenso lange Bindfadenrolle, ein normal<br />

großes Marshmallow, eine Schere und<br />

eine rutschfeste Unterlage für den Tisch zu<br />

einem Bauwerk mit dem Marshmallow an<br />

der Spitze verbinden. Wer den höchsten<br />

Turm errichtet, gewinnt. Ich selbst habe mir<br />

bei diesem Spiel, wie es meine (mittlerweile<br />

erwachsenen) Kinder seinerzeit formuliert<br />

hätten, „echt den Frust geholt“. Wie viele<br />

Erwachsene war ich anfangs darauf trainiert,<br />

für unseren Turm die optimale Lösung<br />

zu finden.<br />

Als ich das Experiment später in einer meiner<br />

aHa-Kanzleireihen wiederholte, zeigte<br />

sich dasselbe Bild: Alle Beteiligten ergingen<br />

sich erst einmal in ausgiebigen Planungsgesprächen.<br />

Als sie schließlich zur Tat schritten,<br />

waren schon viele Minuten verstrichen.<br />

Diese Zeit fehlte den Beteiligten durchweg<br />

zum Ende hin. Wenn sie schließlich das<br />

Marshmallow auf die Spitze steckten und<br />

die ganze Konstruktion zusammenbrach,<br />

hatten sie kaum mehr Zeit eine neue zu<br />

bauen – und erlebten wie ich eine klassische<br />

Ergebniskrise.<br />

Umso erstaunter waren wir dann über<br />

ein Video von Wujec mit dem aufschlussreichen<br />

Titel: „Kindergartenkinder schlagen<br />

BMWler“. Anders als wir Anwältinnen<br />

und Anwälte, anders auch als die BMW-<br />

Kolleg:innen, hatten die Kleinen gleich begonnen<br />

mit dem Bauen von Prototypen<br />

– einen nach dem anderen. Ihre Konstruktionen,<br />

anfangs recht ulkig, wurden ständig<br />

besser, und schließlich hielten sie im wahrsten<br />

Wortsinne stand. Wobei alle beteiligten<br />

Kinder unmittelbar Feedback darüber<br />

bekamen, was funktionierte und was nicht,<br />

und sich zudem prächtig miteinander amüsierten.<br />

FAZIT:<br />

VERÄNDERTES SELBSTVERSTÄNDNIS<br />

DER BETEILIGTEN<br />

Das Marshmallow-Experiment zeigt es:<br />

Probieren geht über Studieren. Dabei wird<br />

DREI TIPPS FÜR IHRE KANZLEIARBEIT<br />

N TIPP 1<br />

nicht alles zu jeder Zeit und in jeder Konstellation<br />

funktionieren, das ist aber auch gar<br />

nicht erforderlich. Dass die Kanzleiaußenwelt<br />

zunehmend agiler wird, ist aber Grund<br />

genug, sich dem agilen Arbeiten auch hier<br />

einmal zuzuwenden. Das gilt sowohl objektiv-konzeptionell,<br />

als auch vor allem subjektiv<br />

mit Blick auf die damit verbundene Arbeitshaltung.<br />

Im Kern ist die agile(re) Kanzlei<br />

nämlich keine veränderte Organisationsform,<br />

sondern vor allem mit einem weniger<br />

traditionellen, fortschrittlicheren Selbstverständnis<br />

ihrer Protagonisten verbunden.<br />

Für agile Arbeitsformen könnte das Kästner’sche Sprichwort, „Es gibt nichts Gutes,<br />

außer man tut es“, geradezu erfunden worden sein. Auf die Gefahr hin, dass nicht alles<br />

gleich glattläuft: Legen Sie einfach los. „Fail fast“, das schnelle vorläufige Scheitern, gehört<br />

zu den Erfolgsrezepten agilen Arbeitens.<br />

N TIPP 2<br />

Agile Transformation muss vorgelebt werden – das heißt, sie beginnt auf der Führungsebene.<br />

In der Kanzlei ist die Partnerschaft daher von Anfang an sichtbar in agile<br />

Handlungsmuster und -prozesse einzubeziehen. Und so sehr die vorgenannten Fehler<br />

erlaubt sind: Abfällige Bemerkungen und eine Abkehr hinter verschlossenen Türen verbieten<br />

sich.<br />

N TIPP 3<br />

Es muss nicht gleich „Die agile Kanzlei“ als solche sein, die der herkömmlich arbeitenden<br />

Kanzlei nachfolgt. Aber gerade weil es hier nicht nur schwarz und weiß gibt, sollten<br />

Sie nicht alles beim Alten lassen. Der Markt der Zwanziger Jahre wird es Ihnen danken.<br />

Mit kollegialen Grüßen<br />

Dr. Anette Schunder-Hartung<br />

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