Eulenspiegel

Zwölf Armbanduhren
und eine Kokosnuss
Alles, was man über den Drei-Sterne-General Joachim Wundrak wissen muss
Joachim Wundrak,
Generalleutnant a. D. der
Bundeswehr, hat viel von
sich reden gemacht: Er ist
Anfang 2018 in die AfD
eingetreten, streitet seither
gegen den politischen Kurs
der Bundesregierung,
den er für »antideutsch«
hält, und will im Oktober
für das Amt des
Oberbürgermeis ters von
Hannover kandidieren.
Weithin unbekannt sind
hingegen die Stationen
seiner militärischen
Karriere. Daher folgen hier
einige Auszüge aus seiner
geheimen Personalakte.
Oktober 1974 Noch während
seiner Grundausbildung in einem
Luftwaffenregiment arbeitet Joachim
Wundrak Pläne für den Einmarsch
der Bundeswehr in Böhmen,
Mähren, Schlesien und Ostpreußen
sowie in das Sudetenland
aus und empfiehlt sich damit bei
seinen Vorgesetzten für höhere
Aufgaben.
Mai 1982 Im Fliegerhorst Faßberg
stellt sich bei einem Kameradschaftsabend
mit Veteranen der
Luftschlacht um Malta heraus, dass
Wundrak das Horst-Wessel-Lied
nicht vollständig auswendig kennt.
Infolgedessen wird er nach Wunstorf
zum Lufttransportgeschwader
62 strafversetzt, in dem sonst nur
geistig Behinderte dienen.
September 1988 Wundrak
tüftelt in seiner Freizeit einen Plan
für die Wiedereroberung Elsaß-
Lothringens aus. Zur Belohnung
darf er an einem Generalstabslehrgang
teilnehmen.
Dezember 1990 Berufung
zum Lufttransportkommando in
Münster. Durch die Vortäuschung
eines Hüftleidens gelingt es Wundrak,
alle Befehlshaber über seine
ausgeprägte Höhenangst hinwegzutäuschen
und sich eine Stelle in
der Schreibstube zu sichern. In dieser
Funktion ist er hauptsächlich
für die Bemessung des Kalorienbedarfs
der Befehlsverweigerer zuständig,
die sich im Gewahrsam
der Luftwaffe befinden. Er kürzt
die Lebensmittelrationen auf zwei
Rosinen pro Tag und wird daraufhin
zum Staffelkapitän befördert.
August 1994 Im Führungsstab
der Luftwaffe gewinnt Wundrak
den Verteidigungsminister Gerhard
Stoltenberg für das Vorhaben,
Pjöngjang und Havanna aus
dem Weltall mit Heimatliedern
von Freddy Quinn zu beschallen,
um die Feindsoldaten dort »umzudrehen«.
Von den Strategen im
Generalstab wird diese Idee jedoch
verworfen.
März 1996 Bei seinem ersten
und bis heute einzigen Kampfeinsatz
kann Wundrak in Burundi
zwölf Armbanduhren und eine
Kokosnuss requirieren und erhält
die Bundeswehr-Ehrenmedaille in
Bronze.
Juni 1998 Weil er bei einem
Manöver in der Lüneburger Heide
seinen Klappspaten verloren hat,
wird Wundrak abermals nach
Wunstorf strafversetzt und als Geschwaderkommodore
mit der Herstellung
von Papierflugzeugen für
eine örtliche Krabbelgruppe von
Soldatenkindern beauftragt.
März 2000 Auf dem Fliegerhorst
Wunstorf ist eine Katze in
den Wipfel einer Birke geklettert
und kommt nicht mehr herunter.
Wundrak meldet sich freiwillig für
eine Rettungsaktion und versucht,
die Katze mit einem Schälchen
Milch und den Worten »Miez,
miez, miez!« zum Sprung auf ein
nahegelegenes Fensterbrett zu
überreden. Sie riskiert es dann
auch tatsächlich, stürzt aber leider
ab und bricht sich das Genick.
Nach diesem Vorfall wird Wundrak
degradiert und auf den untergeordneten
Posten eines Verbindungsoffiziers
in den Permanent
Joint Headquarters in Großbritannien
abgeschoben.
Mai 1978 Nach drei zu Bruch gegangenen Scheiben, einer toten Kompanie-Katze und einer
Fleischwunde im eigenen Oberschenkel wird Wundraks Gewehr durch eines aus Holz ersetzt, ohne
dass er es bemerkt.
April 2002 Mit Lieutenant General
John George Reith, dem
Chief of Joint Operations, erlaubt
Wundrak sich einen kleinen Aprilscherz,
indem er ihm Zahnpasta
unter die Türklinke schmiert und
auf seinem Schreibtischstuhl ein
Furzkissen deponiert. Vor einem
Militärtribunal bringt Wundrak zu
seiner Entschuldigung vor, dass er
während der Tat infolge einer akuten
Unterzuckerung nicht mehr
Herr seiner Sinne gewesen sei. Damit
kommt er freilich nicht durch.
Er wird ein weiteres Mal degradiert
und vor erst nur noch als Referats-
24 10/19