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Die Reihe „Die großen Philosophen“ von Michael Drews Sokrates

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Für <strong>Sokrates</strong> war das Wissen um die moralischen Werte die hinreichende Bedingung für das<br />

richtige Handeln: Denn wer das Gute erkennt, wird es auch tun. <strong>Die</strong> verschiedenen Tugenden<br />

bilden eine Einheit, wer sich auf eine versteht, kennt alle. Freilich kennt nur der philosopisch<br />

Gebildete die Tugend im vollem Umfang. Wenn jemand tapfer lebt, dann hat er auch ein<br />

Wissen <strong>von</strong> Gut und Böse. Tapferkeit, Weisheit, Besonnenheit und Gerechtigkeit sind die vier<br />

Teile der einen Tugend.<br />

Wenn moralisches Wissen die notwendige und hinreichende Bedingung für das sittliche<br />

Handeln ist, dann beruhen die moralisch falschen Handlungen auf einem Irrtum bezüglich des<br />

Seins und des Sollens. Es folgt daraus, dass niemand freiwillig das Unrecht tut. Der Übeltäter<br />

folgt einem Irrtum, er kennt nicht das moralische Gesetz. Wir erstreben die Dinge deswegen,<br />

weil wir überzeugt sind, dass sie für uns gut sind. Und wir vermeiden sie, weil wir denken,<br />

dass sie für uns schlecht sind. Folglich schädigen ungerechte Handlungen den Übeltäter in<br />

seiner Seele, sodass er für den Weisen als bedauernswert erscheint. Niemand will freiwillig<br />

böse sein. Für den Weisen ist es weniger schlecht, Unrecht zu erleiden, als Unrecht zu tun. Es<br />

gibt eine Lust wider besseres Wissen, die <strong>von</strong> vielen angestrebt wird; sie ist aber ein Fall <strong>von</strong><br />

Unwissenheit. Wenn wir zwischen zwei Handlungen wählen können, dann folgen wir der,<br />

<strong>von</strong> der wir mehr an Lust erwarten.<br />

Viele wählen statt eines kleines Guten ein großes Übel, sie lassen sich durch die<br />

Einwirkungen des Scheines irreführen. <strong>Die</strong> schlechte Wahl ist aber immer das Ergebnis eines<br />

Nichtwissens. Fünf Faktoren sind zumindest dafür verantwortlich, dass jemand gegen sein<br />

besseres Wissen handelt: die Lust, die Furcht, die Liebe, der Zorn und der Schmerz. Wer <strong>von</strong><br />

der Lust überwältigt wird, zeigt eine Schwäche des Willens (akrasia). Nicht alle setzen das<br />

Gute mit dem Lustvollen gleich. <strong>Die</strong> Tugend als sittliche Tüchtigkeit hängt immer <strong>von</strong><br />

unserer Einsicht in das Gute ab.<br />

Das Tun <strong>von</strong> Unrecht ist auf alle Fälle für den falsch, der es als Unrecht erkannt hat.<br />

<strong>Sokrates</strong> floh nicht aus dem Gefängnis, obwohl er dazu die Möglichkeit bekam; denn er sah in<br />

der Flucht ein Unrecht. Er war nämlich in Athen angeklagt, die Jugend zu verführen und neue<br />

Götter zu verehren. Denn er fragte in einer neuen Weise nach dem Göttlichen, das sich uns<br />

zeigt. Für ihn gelten die moralischen Prinzipien ohne Ausnahme und absolut: Gerechte<br />

Vereinbarungen müssen eingehalten werden, Unrecht darf nicht getan werden.<br />

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