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Unrecht tun ist schlimmer als Unrecht leiden (Sokrates bei Platon ...

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120 JŸrgen Sprute<br />

gierden abhŠngt. ãWer richtig leben willÒ, so wird von Kallikles im ãGorgiasÒ<br />

gesagt, ãder mu§ seine Begierden so gro§ wie mšglich werden lassen, ohne<br />

ihnen einen ZŸgel anzulegen; sind sie aber so gro§ wie mšglich, mu§ er imstande<br />

sein [...], sich alles, wonach die Begierde verlangt, zu verschaffenÒ. 61<br />

Hinderlich da<strong>bei</strong> kšnnte nur die Angst vor Bestrafung sein. Vor Gericht gezogen<br />

und bestraft zu werden, darum brauchen sich †beltŠter ganz gro§en<br />

Formats jedoch me<strong>ist</strong>ens wenig Sorgen zu machen. Unter diesem Aspekt<br />

mŸ§ten despotische Machthaber, die das Volk unterdrŸcken und ausbeuten,<br />

die glŸcklichsten Menschen sein, falls sie ihre Machtstellung bis zu ihrem<br />

natŸrlichen Tode behaupten kšnnen. 62 Es hat denn auch griechische Intellektuelle<br />

gegeben, die der Meinung waren, eigentlich wŸrde sich jeder Mensch<br />

gern zum Tyrannen Ÿber seine MitbŸrger aufschwingen und auch kleinere<br />

Ungerechtigkeiten begehen, wenn er nur in der Lage wŠre, dies ungestraft <strong>tun</strong><br />

zu kšnnen. Ihre theoretische Rechtfertigung fand diese amoralische Auffassung<br />

in der berŸhmten Lehre vom natŸrlichen Recht des StŠrkeren zur Herrschaft<br />

Ÿber die SchwŠcheren. 63 Die traditionelle Gerechtigkeitsmoral <strong>ist</strong> nach<br />

den AnhŠngern dieser Lehre nur eine Erfindung der Schwachen, um sich vor<br />

den †bergriffen der Starken zu schŸtzen. 64 DemgegenŸber <strong>ist</strong> <strong>Platon</strong> der festen<br />

†berzeugung, da§ Ungerechtigkeit den Menschen zutiefst unglŸcklich macht.<br />

<strong>Platon</strong> lŠ§t <strong>Sokrates</strong> denn auch zu seinem GesprŠchspartner Polos sagen:<br />

ãWenn ich unweigerlich eines von <strong>bei</strong>den, <strong>Unrecht</strong> <strong>tun</strong> oder <strong>Unrecht</strong> <strong>leiden</strong><br />

mŸ§te, wŸrde ich mich entscheiden, eher <strong>Unrecht</strong> zu <strong>leiden</strong> <strong>als</strong> <strong>Unrecht</strong> zu<br />

<strong>tun</strong>Ò. 65 Nach <strong>Sokrates</strong> wŸrden sich auch alle anderen Menschen so entscheiden<br />

66 , wenn sie nur wŸ§ten, was ihrem persšnlichen GlŸck wirklich fšrderlich<br />

<strong>ist</strong>; denn niemand wŠhlt bewu§t das Schlechtere fŸr sich, wenn es mšglich<br />

<strong>ist</strong>, statt dessen etwas weniger Schlechtes oder gar Gutes zu bekommen.<br />

Ungerechtigkeit beruht nach <strong>Sokrates</strong> und <strong>Platon</strong> auf Unwissenheit. Die Menschen<br />

<strong>tun</strong> <strong>Unrecht</strong>, weil sie in f<strong>als</strong>chen Meinungen darŸber befangen sind,<br />

was ihrem persšnlichen Wohlergehen, ihrem wohlverstandenen GlŸck wirklich<br />

nŸtzt. Die Menschen von diesen f<strong>als</strong>chen Meinungen zu befreien, sie zur<br />

Erkenntnis des fŸr sie wahrhaft Guten zu bringen und sie dadurch zu besseren<br />

Menschen zu machen, darin sah <strong>Sokrates</strong> seine ihm von der Gottheit<br />

aufgetragene Lebensaufgabe.<br />

61<br />

Vgl. <strong>Platon</strong>, Gorg. 491e-492a. Die †bersetzungen folgen teilweise Apelt.<br />

62<br />

Vgl. auch <strong>Platon</strong>, Rep. 344a-c, 348d.<br />

63<br />

Vgl. dazu v. Vf. Vertragstheoretische AnsŠtze in der antiken Rechts- und Staatsphilosophie.<br />

Die Konzeptionen der Soph<strong>ist</strong>en und der Epikureer, NGA 1989, 2, Gšttingen 1990,<br />

S. 54-61.<br />

64<br />

Vgl. <strong>Platon</strong>, Gorg. 483b-c.<br />

65<br />

Vgl. <strong>Platon</strong>, Gorg. 469c.<br />

66<br />

Vgl. <strong>Platon</strong>, Gorg. 474b.

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