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Dedingausen aktuell Ausgabe 2021-537

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D.a. 537 ... aktuell * Service Februar 2021

D.a. gibt Tipps zu Ihrem Recht .

§

Kontaktbeschränkungen

und Abstandsgebot

in NRW (Oberverwaltungsgericht

NRW,

15.01.2021, 13 B 1899/20.NE)

Der Antragsteller wohnt in einer

Gemeinde in NRW. In einem Verfahren

des vorläufigen Rechtsschutzes

wendet er sich gegen

die Corona-Regelungen zur Kontaktbeschränkung

und Einhaltung

des Mindestabstands im öffentlichen

Raum sowie zur Beschränkung

des Freizeit- und Amateursportbetriebs.

Zur Begründung trägt er vor, dass

er an einer Depression erkrankt

und zur Vermeidung einer Verschlechterung

seines Gesundheitszustands

unbedingt auf seine

sozialen Kontakte angewiesen

sei. Er habe regelmäßig zwei

Freundinnen getroffen, habe

regelmäßig Sport in einem

Fitnessstudio getrieben, sei

außerdem regelmäßig zum

Tanzen und in die Sauna gegangen.

All‘ das sei ihm wegen der

Corona-Regelungen aktuell nicht

mehr möglich.

Es liege u.a. ein Verstoß gegen

Art. 3 Abs. 1 GG vor, weil er durch

die streitigen Regelungen gegenüber

nicht allein lebenden Personen

benachteiligt werde. Mitgliedern

eines Hausstands sei es

ohne Personenbegrenzung

erlaubt, sich in der Öffentlichkeit

zu treffen und dort den Mindestabstand

nicht einzuhalten. Auch

beim Sport sei es mehreren Mitgliedern

eines Hausstands

erlaubt, gemeinsam Sport zu

betreiben, wohingegen ihm dies

verwehrt bleibe, weil er allein lebe.

Die streitigen Regelungen seien

auch nicht verhältnismäßig, weil

sie zur Erreichung des angestrebten

Ziels nicht erforderlich seien.

Eine Regelung, wonach ein

Zusammentreffen von entweder

zwei Haushalten oder zehn bzw.

fünf Personen ermöglicht werde,

Aktuelle Urteile XLVI

sei ebenso geeignet, jedoch von

geringerer Eingriffsintensität.

Das Gericht ist zunächst der

Auffassung, dass die formellen

Voraussetzungen für den Erlass

einer Verordnung nach § 28a Abs.

5 IfSG voraussichtlich eingehalten

sind. Danach sind Rechtsverordnungen,

die nach § 32 in

Verbindung mit § 28 Abs. 1 und §

28a Abs. 1 IfSG erlassen werden,

mit einer allgemeinen Begründung

zu versehen und zeitlich zu befristen.

Die angegriffenen Regelungen

zum Abstandsgebot und zu

den Kontaktbeschränkungen

sowie dem Verbot des Freizeitund

Amateursportbetriebs auf und

in allen öffentlichen und privaten

Sportanlagen usw., erweisen sich

zudem nach Ansicht des OVG bei

summarischer Prüfung auch in

materieller Hinsicht nicht als

offensichtlich rechtswidrig.

Die streitigen Maßnahmen halten

sich auch im Übrigen an die

gesetzlichen Vorgaben aus § 28a

IfSG und verstoßen voraussichtlich

weder gegen den Grundsatz

der Verhältnismäßigkeit noch den

gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

Zur Begründung heißt es, dass

das Abstandsgebot sowie die in

diesem Zusammenhang verordneten

Kontaktbeschränkungen im

öffentlichen Raum dem Schutz

von Leben und Gesundheit und

der Funktionsfähigkeit des

Gesundheitssystems dienen. Die

SARS-CoV-2-Pandemie begründe

in der gegenwärtigen Situation

eine ernstzunehmende Gefahrensituation,

diese rechtfertige

staatliches Einschreiten aus den

genannten Zwecken nicht nur,

sondern gebiete es mit Blick auf

die Schutzpflicht des Staates für

Leib und Gesundheit der Bevölkerung

auch. Nach Einschätzung

des Robert-Koch-Instituts ist die

Gefahr für die Gesundheit der

Bevölkerung in Deutschland durch

SARS-CoV-2 inzwischen sehr

hoch und das Infektionsgeschehen

zurzeit diffus. Die Krankenhäuser

warnen vor diesem Hintergrund

vor Kapazitätsengpässen

bzw. -überschreitungen. Ziel der

Maßnahmen in dieser Situation

muss es deshalb sein, durch eine

weitgehende Reduzierung der

Kontakte zu anderen Menschen

außerhalb der Angehörigen des

eigenen Hausstands die Ausbreitung

des Coronavirus einzudämmen.

Zur Erreichung dieses Ziels

dürften nach Auffassung des OVG

sowohl das Abstandsgebot als

auch die angeordneten Kontaktbeschränkungen

bei summarischer

Bewertung geeignet, erforderlich

und angemessen und

damit verhältnismäßig sein.

Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1

GG liege voraussichtlich ebenfalls

nicht vor. Der allgemeine Gleichheitssatz

des Art. 3 Abs. 1 GG

gebiete dem Normgeber, wesentlich

Gleiches gleich und wesentlich

Ungleiches ungleich zu

behandeln. Es sei deshalb nicht

zu beanstanden, dass der

Verordnungsgeber bei der Regelung

zulässiger persönlicher Kontakte

im öffentlichen Raum an das

Kriterium des „Hausstands“ anknüpfe

und diesen insoweit

gleichsam als infektionsschutzrechtliche

Einheit behandle.

Die von dem Antragsteller dargelegten

Einschränkungen seiner

allgemeinen Handlungsfreiheit

müssten hinter den Schutz von

Leben und Gesundheit einer Vielzahl

von Menschen zurücktreten.

Dies gelte auch in Anbetracht der

vom Antragsteller behaupteten

Auswirkungen der angegriffenen

Regelungen auf seinen Gesundheitszustand.

Im Übrigen seien

ihm ja die nach seiner Auffassung

zwingend notwendigen gleichzeitigen

Sozialkontakte zu seinen

beiden Freundinnen nach wie vor

jedenfalls im privaten Raum möglich.

Meinhard Brink

(Rechtsanwalt),

Am Birkhof 50,

Dedinghausen

D.a. 537/15

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