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100 Jahre SPD-Fraktion - SPD-Fraktion Kassel

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Nach dem ersten Weltkrieg<br />

(1918-1933)<br />

Der Einfluss der Arbeiter- und Soldatenräte<br />

bestimmte 1918 wesentlich die<br />

Kommunalpolitik in <strong>Kassel</strong> mit. Die<br />

sozialdemokratischen Stadtverordneten<br />

- ihre Zahl war wegen des Dreiklassenwahlrechts<br />

sehr gering - sind an<br />

führender Stelle beteiligt, wie Richard<br />

Hauschildt, Georg Thöne und Albert<br />

Grzesinski.<br />

Von den 160.000 Einwohnern, die<br />

<strong>Kassel</strong> Ende 1918 etwa hatte, waren<br />

rund 16.000 Militärpersonen. Von<br />

<strong>Kassel</strong> aus wurde unter Hindenburg die<br />

Demobilisierung des Heeres organisiert.<br />

Der völlige Zusammenbruch der<br />

Wirtschaft - die erst im Krieg gegründete<br />

Munitionsfabrik hatte 12.000 Mitarbeiter<br />

und wurde stillgelegt,<br />

Henschel und andere Betriebe waren<br />

ohne Arbeit - sowie die Lebensmittelversorgung<br />

stellte die Verantwortlichen<br />

vor große Probleme. Eine Stadtwehr<br />

übernahm den Wachdienst, um<br />

Diebstahl und Plünderungen insbesondere<br />

bei den noch nicht aufgeteilten<br />

großen Heeresbeständen an Material<br />

und Verpflegung zu verhindern. Die<br />

Stadtwehr wurde im Juni 1919 der<br />

Stadtverwaltung unterstellt und 1921<br />

aufgelöst. Sie unterstand dem<br />

Arbeiter- und Soldatenrat, der auch<br />

Presse- und Nachrichtenwesen, Schulfragen,<br />

Fragen der städtischen Verwaltung<br />

und andere kommunale Angelegenheiten<br />

regelte.Es ist dem besonnenen<br />

Verhalten der <strong>SPD</strong>-Stadtverordneten<br />

zu verdanken, dass größere Auseinandersetzungen<br />

in der Stadt<br />

vermieden werden konnten. Hierzu ein<br />

Auszug aus einer Abhandlung über<br />

jene Zeit von Herbert Pinno über die<br />

Stadtverordnetensitzung am 8.<br />

November 1918:<br />

"Für die <strong>SPD</strong> betonte der Stadtverordnete<br />

Georg Thöne, gleichzeitig<br />

Bezirksvorsitzender und Reichstagsabgeordneter,<br />

dass die Sozialdemokratie<br />

gewillt sei, im Rahmen der Gesetzlichkeit<br />

und ohne Gewalt ihre Forderungen<br />

durchzusetzen.' Weiter erklärte er ‚im<br />

Namen' der Arbeiterschaft: ‚Die jetzige<br />

Aus- und Aufstandsbewegung ist eine<br />

Folge der unaufrichtigen Politik, wie sie<br />

sowohl von der zivilen wie auch von<br />

der militärischen Leitung des<br />

deutschen Reiches während dieses<br />

Krieges bis in die jüngste Zeit<br />

betrieben worden ist.' Er verurteilt<br />

jedoch jegliche putschistische Taktik<br />

und unterstrich die Bereitschaft, das<br />

Wirtschaftsleben und die Lebensmittelversorgung<br />

sichern zu helfen. Die<br />

abschließende Erklärung nahm das<br />

gesamte Plenum mit Beifall auf: ‚Wir<br />

haben zu der <strong>Kassel</strong>er Arbeiterschaft<br />

das Vertrauen, daß sie fernhin in voller<br />

Disziplin verharren wird und nichts<br />

unternimmt, wodurch sie sich selbst<br />

schädigen könnte, so daß wir nicht<br />

glauben, daß infolge von Handlungen<br />

der <strong>Kassel</strong>er Arbeiterschaft irgendeine<br />

der vom Herrn Oberbürgermeister<br />

gehegten Befürchtungen eintreten<br />

wird.'"<br />

Die erste Kommunalwahl nach dem<br />

neuen Wahlrecht, das allen Bürgerinnen<br />

und Bürgern gleiches Wahlrecht<br />

garantiert, brachte am 2. März 1919<br />

der <strong>SPD</strong> die absolute Mehrheit:<br />

Sozialdemokraten 37 Sitze<br />

DDP 20 Sitze<br />

DNP 9 Sitze<br />

Christliche Volkspartei 3 Sitze<br />

Deutsche Volkspartei 2 Sitze<br />

Bodenreformer 1 Sitz<br />

Stadtverordnetenvorsteher wurde<br />

Albert Grzesinski. Zum ersten Mal<br />

waren zwei Frauen unter unseren<br />

Abgeordneten: Minna Bernst und<br />

Amalie Wündisch. Außerdem so<br />

10 11<br />

bekannte Sozialdemokraten wie Georg<br />

Häring, der spätere Landeshauptmann<br />

und von 1945 bis 1946 Landwirtschaftsminister<br />

in Hessen; Paul Haupt,<br />

Betriebsratsvorsitzender bei Henschel;<br />

Richard Hauschildt, Redakteur des<br />

<strong>Kassel</strong>er Volksblattes und Christian<br />

Wittrock, nach 1945 Mitbegründer der<br />

<strong>SPD</strong> in <strong>Kassel</strong>. Als Beispiel für die Arbeit<br />

in der Stadtverordnetenversammlung<br />

hier ein Abdruck aus dem <strong>Kassel</strong>er<br />

Tageblatt vom 24. August 1920:

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