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Theater und Schule (als PDF)

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<strong>Theater</strong> & <strong>Schule</strong><br />

Entwicklung <strong>und</strong> Vermittlung von Schlüsselkompetenzen im Bildungsprozess von<br />

jungen Menschen durch theaterpädagogische Methoden <strong>und</strong> Verfahren<br />

Abschlussbericht<br />

Projekttitel: „Kulturelle Bildung – <strong>Theater</strong>arbeit in der <strong>Schule</strong>“<br />

Projektzeitraum: 07/2003 – 12/2005<br />

Ausgangslage<br />

Immer mehr konzeptionelle Bildungsentwürfe gehen von der Gr<strong>und</strong>annahme aus, dass die für<br />

heutige Lebensentwürfe notwendigen Schlüsselqualifikationen im besonderen Maße über<br />

Methoden ästhetischer Bildung zu vermitteln sind.<br />

So lassen sich im sanktionsfreien Spielraum des <strong>Theater</strong>s Denk- <strong>und</strong> Handlungsmodelle<br />

entwickeln <strong>und</strong> erproben, die unmittelbar Rückschlüsse auf soziale Wirklichkeiten liefern können<br />

<strong>und</strong> somit zur individuellen Erkenntniserweiterung führen können. Die Reflexion physischer <strong>und</strong><br />

psychischer Haltungen innerhalb theatraler Wirklichkeiten sind für die Persönlichkeitsbildung<br />

junger Menschen von besonderer Bedeutung.<br />

Inhaltliche <strong>und</strong> didaktische Vorüberlegung<br />

Als das bestimmende Merkmal moderner Gesellschaften zeigt sich ihre übersteigerte Komplexität<br />

in der intersubjektiven wie interobjektiven strukturellen Verknüpfung auf allen Ebenen.<br />

Kommunikative Prozesse können für sich in Anspruch nehmen, Wirklichkeiten entstehen zu<br />

lassen; konkret: das Subjekt wird erst durch Kommunikation ermöglicht.<br />

<strong>Theater</strong>pädagogik kann kommunikative Prozesse entstehen lassen <strong>und</strong> somit dem Subjekt<br />

• einen Zugang zur Wirklichkeit ermöglichen <strong>und</strong> gleichzeitig<br />

• einen Umgang mit Wirklichkeit aufzeigen.<br />

Eine Möglichkeit im Umgang mit der situativen Komplexität postmoderner Gesellschaftsstrukturen<br />

zeigt sich in der Fähigkeit zur `Differenzwahrnehmung´; nicht nur die systemtheoretische Relation<br />

von System <strong>und</strong> Umwelt, auch das bewusste dialektische `Spielen´ mit den individuellen sozialen<br />

Rollen führt zur Wahrnehmung von Differenzen.<br />

Die wichtige Kompetenz der Differenzwahrnehmung, die einen Zugang zur <strong>und</strong> den Umgang mit<br />

Wirklichkeiten ermöglicht, mag <strong>als</strong> philosophische wie konzeptionelle Metafunktion der Ausbildung<br />

von sogenannten Schlüsselqualifikationen übergeschaltet sein. Diese sind sie die Voraussetzung<br />

für die Selbstkonzeptionierung <strong>und</strong> Profilbildung des Individuums.


Zur Verfestigung der individuellen Profilierung können nachfolgende Schlüsselkompetenzen<br />

benannt werden, deren Erwerb für Kinder <strong>und</strong> Jugendliche inzwischen <strong>als</strong> Gr<strong>und</strong>voraussetzung<br />

gelten, um den Anforderungen postmoderner Gesellschaftsstrukturen gerecht werden zu können:<br />

Frage<br />

• Selbstkompetenz<br />

• Sozialkompetenz<br />

• Methodenkompetenz<br />

• Kulturelle Kompetenz<br />

• Künstlerische Kompetenz.<br />

Ist es möglich diese Schlüsselkompetenzen, die so wichtig für das soziale Zusammenleben sind,<br />

durch <strong>Theater</strong>spielen zu erlangen?<br />

Ein Widerspruch in sich?<br />

Denn gleichzeitig bilden die genannten Schlüsselkompetenzen auch die Voraussetzung für das<br />

<strong>Theater</strong>spiel.<br />

Die für das Forschungsvorhaben zentrale Fragestellung lautet daher:<br />

Können Schlüsselkompetenzen (die auch <strong>als</strong> Voraussetzung für künstlerische Arbeit gelten) durch<br />

das Darstellendes Spiel komprementiert werden.<br />

Ziele des Projektes<br />

• Unterstützung der persönlichen, schulischen <strong>und</strong> beruflichen Qualifizierung<br />

• Förderung von Schlüsselkompetenzen im Bereich non-formaler Bildungsprozesse<br />

• Qualitative Optimierung des bestehenden Bildungsangebots<br />

• <strong>Theater</strong> <strong>als</strong> erkenntniserweiterndes Medium kennen <strong>und</strong> verstehen zu lernen<br />

Projektdurchführung<br />

Exemplarisch wird nach einem halbjährigen Vorlauf an einer <strong>Schule</strong> im emsländischen Lingen mit<br />

Beginn des Schuljahres 2003/04 systematisch mit theaterpädagogischer Methodik gearbeitet, um<br />

Antworten auf die gestellte Fragen zu erhalten.<br />

Angelegt wird die <strong>Theater</strong>arbeit <strong>als</strong> dauerhafte Einrichtung innerhalb des schulinternen Curriculum;<br />

das Forschungsprojekt beschränkt sich auf einen auf 30 Monate beschränkten Beobachtungszeit-<br />

raum im Kontext der Projektdurchführung <strong>und</strong> bezieht sich lediglich auf die oben benannte<br />

Fragestellung.<br />

Nach Erarbeitung einer Konzeption, die sich integrativ innerhalb des St<strong>und</strong>enplans durch alle<br />

Jahrgangsstufen ziehen soll, ist begonnen worden, über spiel- <strong>und</strong> theaterpädagogisches Arbeiten<br />

den Schülern eine Unterstützung in der Vermittlung von Schlüsselkompetenzen zu bieten.


Nachdem die Schüler während der Primarstufe im Bereich der Psychomotorik geschult worden<br />

sind, wird ab der Mittelstufe über Gr<strong>und</strong>lagen des <strong>Theater</strong>spiels die bewusste Wahrnehmung von<br />

Mimik, Gestik <strong>und</strong> Emotion <strong>als</strong> Ausdrucksmittel von Kommunikation vermittelt. Rollenfiguren<br />

werden über Standbilder, Improvisationen <strong>und</strong> Statusübungen entwickelt <strong>und</strong> in Spielhandlungen<br />

integriert. Im Zentrum stehen dabei die äußeren <strong>und</strong> inneren Handlungen, <strong>als</strong>o die Gesamtheit von<br />

(inneren) Vorstellungen, Gefühlslagen, Wahrnehmungsweisen, sozialen <strong>und</strong> politischen<br />

Einstellungen <strong>und</strong> Interessen <strong>und</strong> (äußeren) körperlichen <strong>und</strong> sprachlichen Ausdrucks- <strong>und</strong><br />

Verhaltensweisen.<br />

In der Oberstufe könnte die <strong>Theater</strong>arbeit mit Inszenierungsprojekten fortgesetzt werden. Hier<br />

haben die Schüler die Möglichkeit, über das Moment der Darstellerischen Identifikation ihr<br />

Bewusstsein für die Balance zwischen dem formsuchenden Ich des Rollenträgers <strong>und</strong> dem sich in<br />

der Rollenfigur verlierenden Ich weiter zu verfestigen. Über Improvisation <strong>und</strong> Rollenarbeit nähern<br />

sich die Schüler verschiedenen künstlerischen Rollen, die zunächst in kurzen Handlungssträngen<br />

erprobt werden, um sie in eine Gesamtgeschichte (Bezug zur Lebenswirklichkeit) einzubetten.<br />

Stufe Inhalt<br />

1./2. Psychomotorik � Spielpädagogik (Beobachten, Erkennen, Körperarbeit)<br />

3./4. Psychomotorik � drama in education<br />

4./5. Gr<strong>und</strong>lagen des <strong>Theater</strong>spiels<br />

5./6. <strong>Theater</strong> <strong>als</strong> Ästhetische Bildung (<strong>Theater</strong>kunst)<br />

ab 7. Inszenierungsarbeit<br />

Ergebnis<br />

Für die Schüler standen innerhalb der theaterpädagogischen Arbeitsprozesse die Formulierung<br />

von Fragen an ihre individuelle Erfahrung <strong>und</strong> deren künstlerische Umsetzung im Mittelpunkt der<br />

Schaffenstätigkeit. Dabei bilden die individuellen <strong>und</strong> subjektiven Lebenserfahrungen die Basis,<br />

um über das Medium <strong>Theater</strong> in die Umwelt einzudringen <strong>und</strong> diese zu verstehen.<br />

Da die Interpretation von Wahrnehmungen entscheidend beeinflusst wird von individuellen<br />

Erfahrungen, Erlebnissen <strong>und</strong> Informationen der Vergangenheit, gleichzeitig ein gelungenes<br />

Interagieren von erfolgreicher Intersubjektivität abhängig ist, bleibt die Beobachtung von anderen<br />

<strong>und</strong> anderem eine Voraussetzung sozialen Miteinanders.<br />

Die langfristige (30 Monate) theaterpädagogische Arbeit konnte erreichen, dass die Schüler sich<br />

ganzheitlich am Lernprozess beteiligen <strong>und</strong> nicht nur ein kulturell begründetes Wissen<br />

reproduzieren. Beobachtet werden konnte, dass Erkenntnisse aus zwischenmenschlichen<br />

Verhalten nachvollzogen <strong>und</strong> verstanden wurden <strong>und</strong> sich im Anschluss daran auch Haltungs-<br />

änderungen beim beteiligten Subjekt erzielen ließen.


Dokumentiert werden konnte das Ergebnis des Forschungsprojektes insbesondere durch den<br />

„Kompetenznachweis Kultur“, der an mehrere Schüler am Ende der projektbedingten Beob-<br />

achtungsphase vergeben wurde.<br />

Der Kompetenznachweis Kultur ist ein Bildungspass, der in Form eines Portfolios angelegt ist. Er<br />

wird vergeben für die aktive, kontinuierliche Teilnahme an Maßnahmen der kulturellen<br />

Bildungsarbeit <strong>und</strong> dokumentiert die hierbei erworbenen Schlüsselkompetenzen.<br />

Der Kompetenznachweis Kultur wurde nach dem von der B<strong>und</strong>esvereinigung Kulturelle<br />

Jugendbildung e.V. (BKJ) in Verbindung mit dem B<strong>und</strong>esministerium für Bildung <strong>und</strong> Forschung<br />

(BMBF) entwickelten Qualitätskonzept erstellt.

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