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FACTS I DRINKS<br />

Denn in Zusammenarbeit mit trendorientierten<br />

Betrieben laufen die Spezialitäten zu<br />

Hochform auf. Der Kölsch-Marktführer<br />

Reissdorf, der im Handel die Nase weit<br />

vorne hat und eine szenentaugliche Klarglasflasche<br />

vorweisen kann, etabliert sich<br />

38 02 I 08<br />

Neue<br />

Zapfstellen<br />

Auch wenn die regionalen Bierspezialitäten Kölsch und Alt vom rückläufigen Bierdurst nicht verschont bleiben –<br />

gastronomisch erzielen sie Punktsiege, ob in der Heimat bei neuen Zielgruppen oder am anderen Ende der Welt.<br />

zunehmend auch in der Gastronomie und<br />

hat das neue „XII Apostel“ (www.12-apostel.com)<br />

in Toplage am Kölner Heumarkt für<br />

eine Partnerschaft gewonnen. Das wachstumsorientierte<br />

Systemkonzept setzt auf italienische<br />

Küche und prächtiges Ambiente<br />

mit Fresken, roten Samtvorhängen und<br />

Kronleuchtern. Eine Kombination, die<br />

bereits in Hannover und auf Mallorca funktioniert<br />

(die gleichnamigen Berliner Betriebe<br />

gehören zu einer anderen Unternehmergruppe,<br />

das erste Outlet wurde aber


gemeinsam entwickelt). Das nächste „XII<br />

Apostel“ soll in Hamburg stehen. Standortspezifische<br />

Spezialitäten und starke Partner<br />

gehören zum Programm, deshalb haben<br />

sich die Inhaber Marc Raab und Falk Rass in<br />

Köln für Reissdorf entschieden, das zusammen<br />

mit Warsteiner und König Ludwig<br />

Weissbier die flüssige Basis des Angebots<br />

bildet. Das räumlich direkt angeschlossene<br />

Albergo-Hotel mit 60 Zimmern gehört ebenfalls<br />

zum Konzept. Und auch bei den Olympischen<br />

Spielen im fernen Peking wird man<br />

Reissdorf trinken können: Gemeinsam mit<br />

Bitburger pflegen die Kölner im Restaurant<br />

„Landgraf“ deutsche Bierkultur.<br />

Früh-Kölsch, mit einem Fassanteil von 30<br />

Prozent und im Handel an zweiter Stelle<br />

positioniert, kann ebenfalls in der Fremde<br />

punkten: Im Wiesbadener „Kölnischwasser“<br />

(www.koelnischwasser.eu, jetzt als Gastro-<br />

Marke geschützt) fühlt man sich höchstens<br />

0,2 Liter von Köln entfernt. Das Konzept mit<br />

dem genialen Namen hat das Zeug zum<br />

Systemerfolg und wurde unter diesem<br />

Aspekt mit dem erfahrenen Gastronomen<br />

Helmut Reichardt (ehemals „Havanna“) als<br />

Initiator ins Leben gerufen. „Unser Ziel ist<br />

die Multiplikation“, so Reichardt. Mit dem<br />

Kölsch-Absatz – auch im Catering – ist er<br />

hochzufrieden und glaubt an den Siegeszug<br />

des Kölner Lebensgefühls. „Spezialisierte<br />

Bier-Konzepte haben Zukunft, auch bei jün-<br />

geren Zielgruppen. Wir suchen jetzt nach<br />

Standorten in Mainz, Darmstadt oder Frankfurt<br />

am Main“.<br />

Regionales Lebensgefühl als<br />

Exportschlager<br />

Gaffel unterstützt die weitere Expansion der<br />

„StäV“-Betriebe (www.staev.de, „Ständige<br />

Vertretung“ mit Outlets in Berlin, Bremen,<br />

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Das Fass auf der Theke setzt das<br />

frisch gezapfte Alt in Szene<br />

Leipzig, Hamburg und Hannover) und fließt<br />

dafür in jedem neuen Objekt durch den<br />

Zapfhahn. Das gastronomische Flagschiff<br />

der Kölsch-Kultur feierte vergangenes Jahr<br />

zehnjähriges Jubiläum und kann beeindruckende<br />

Hektoliter-Absätze verzeichnen.<br />

Dagegen ist die Kölner „Lorbass Bar &<br />

Lounge“ noch ein kleiner Lausejunge (so<br />

die Übersetzung des ostpreußischen Begriffes<br />

Lorbass). Ende Dezember eröffneten


FACTS I DRINKS<br />

Inhaber Kamil Zaremba und sein Kollege<br />

Bartelomiej Bramborski die Gaffel-Bar mit<br />

einer kleinen, aber feinen Speisekarte, die<br />

deutsche, asiatische und mediterrane Küche<br />

mit Köstlichkeiten kölscher Art wie „Kölsche<br />

Sushi“ kombiniert.<br />

Im Hause Gaffel selbst, immerhin die sechstgrößte<br />

Fassbiermarke Deutschlands, läuft es<br />

weniger flüssig: Der Zwist zwischen den<br />

Brüdern Heinrich und Johannes Becker findet<br />

inzwischen in aller Öffentlichkeit statt.<br />

Dritter im Bunde sind natürlich die Banken,<br />

und für den Fall, dass sie die Geduld verlieren,<br />

wird innerhalb der Branche schon mehr<br />

oder weniger diskret über ein mögliches<br />

externes Engagement aus den Reihen der<br />

Premium-Brauer spekuliert. Bitburger, Radeberger,<br />

Krombacher, Warsteiner, Inbev? Welche<br />

Vertriebsstruktur könnte Gaffel effizient<br />

einbinden? Welche alten Verbindungen<br />

könnten wiederbelebt werden? Die Kölsch-<br />

Konkurrenz wägt Stärken, Schwächen und<br />

Ambitionen der Kandidaten ab: Wird es<br />

einen Grund zum Feiern geben oder eher<br />

Anlass zur Beunruhigung? In Köln tut sich<br />

also eine Menge – auch außerhalb der Karneval-Saison.<br />

Grenzen sprengen ist das Gebot<br />

der Stunde<br />

Kölsch oder Alt? Irgendwo zwischen den<br />

Kerngebieten verläuft eine unsichtbare<br />

Grenze, der sogenannte Kölsch-Alt-Äquator,<br />

an dem die Fangemeinde wechselt. Und<br />

genau um diese imaginäre Linie ist aktuell<br />

eine heiße Diskussion entbrannt: Sie liegt<br />

rund 20 km südlich von Düsseldorf – oder<br />

20 km nördlich von Köln. Nun streiten die<br />

Stadt Monheim und deren kleinerer Stadtteil<br />

Baumberg, wo genau das Grenzgebiet verläuft…<br />

Indes geht es dem Altbier so schlecht, dass<br />

Grenzverläufe zum Kölsch eigentlich nicht<br />

das Problem sein sollten. Dabei haben die<br />

drei führenden Marken Diebels (Inbev)<br />

Frankenheim (mit Beteiligung der Warsteiner-Gruppe)<br />

und Schlösser (Radeberger)<br />

Anschluss an große Braukonzerne. Doch die<br />

haben größere Baustellen als ihre Spezialitäten-Biere,<br />

und so müssen auch die Alt-Marken<br />

aus eigener Kraft vorwärts kommen.<br />

Eine zentrale Frage dabei: Wie gewinne ich<br />

die Jugend? Wie nutze ich den Trend zu<br />

Urbanität und Heimat? Motive übrigens, die<br />

dem aktuellen Lifestyle durchaus entgegen<br />

kommen. Die Anwort: mit aktuellen Gastronomie-Konzepten,<br />

die das Altbier aus der<br />

Talsohle bringen!<br />

Doch der erfolgreiche Abverkauf von Bier<br />

funktioniert in der Gastronomie nicht mehr<br />

über eine Markenpenetration. Weil sich<br />

Inbev voll und ganz auf das Kerngeschäft<br />

konzentrieren will, hat sich Alt-Marktführer<br />

Diebels von seiner ehemaligen Tochtergesellschaft<br />

DGG (Diebels Gastronomie Gesellschaft)<br />

getrennt. Die gastronomischen Marken-Betriebe<br />

wie „Diebels Fasskeller“ oder<br />

„Diebels am Markt“ werden seit Ende 2006<br />

von der externen Accente GmbH (ehemals<br />

40 02 I 08<br />

DGG) weiter geführt. Herzstück der Diebels<br />

Gastronomiebetriebe ist der von allen Seiten<br />

einsehbare Fasskeller. Hier lagern bei idealen<br />

Temperaturen von fünf Grad Celsius die<br />

Stichfässer, die mit einem eigens entwickelten<br />

Schienensystem zur Theke gebracht und<br />

dort fachmännisch und aufmerksamkeitsstark<br />

angezapft werden. Ein schönes Ritual,<br />

das Lust auf ein frisch Gezapftes macht.<br />

Harald Grunert und Friedel Drautzburg<br />

treiben die Expansion der „StäV“ voran<br />

Dass deutsche Spezialitäten-Biere auch zu<br />

internationalen Ethno-Konzepten passen,<br />

zeigen Beispiele von Frankenheim und<br />

Schlösser: Wolfgang Pellny („Schiff ahoi“,<br />

„Ab der Fisch“ und „Rosies“), eines der Urgesteine<br />

unter Düsseldorfs Gastwirten, hat mit<br />

seiner Partnerin Mora Heenen – bekannt<br />

aus dem alten „Weißen Bären“ auf der Bolkerstraße,<br />

wo der Altbier-Genuss mit einem<br />

Stichfass zelebriert wird – das „Frida“ an der<br />

Bilker Allee/Ecke Neusser Straße eröffnet:<br />

eine stilechte mexikanische Tapasbar. Die<br />

Namensgeberin des Bistros am Rande des<br />

Regierungsviertels stammt selbstverständlich<br />

ihrerseits aus dem mittelamerikanischen<br />

Aztekenreich und ist keine geringere<br />

als Frida Kahlo, Mexikos weltbekannte Malerin.<br />

14 Tapas-Spezialitäten stehen auf der<br />

Tageskarte. Zu den Hits zählen tanatisierter<br />

Fischtopf, geschmorte Lammhüfte und die<br />

hausgemachte Paella. Die bunten Wände<br />

und die mexikotypischen, geschmückten<br />

Marien-Erker bilden ein stimmiges Ambiente.<br />

Im Ausschank: Frankenheim Alt und Warsteiner<br />

Pils.<br />

Noch etwas exotischer ist die Kombination<br />

von Schlösser Alt und dem „African Palace“<br />

mit Geschäftsführer Yacob Negosse. Von<br />

Pilotprojekt mit Ambitionen: Das erste<br />

„Kölnischwasser“ eröffnete in Wiesbaden<br />

außen eher unscheinbar, eröffnet sich dem<br />

Gast beim Eintritt eine fremde Welt: Erdige<br />

Farben an den Wänden, warme Bambushölzer<br />

und dazwischen fein gedeckte Tische.<br />

Hier bietet der gebürtige Äthiopier Yacob<br />

Negosse täglich frische afrikanische Speisen<br />

an, wie sie sonst nur in seinem Heimatland<br />

auf der Karte zu finden sind. So kann man<br />

sich neben Antilopenfleisch auch an<br />

Straußenfilet mit Tomaten, Zwiebeln und<br />

afrikanischem Landbrot oder gegrillte Krokodilmedaillons<br />

mit Kokosmilch und Süßkartoffeln<br />

wagen. Dabei ist nicht alles, was<br />

er den Gästen präsentiert, fremd: Frisch vom<br />

Fass gibt es Schlösser Alt.<br />

Ob die Bier-Spezialitäten die neue Sehnsucht<br />

nach Heimat für sich nutzen können,<br />

wird sich zeigen. Die Chance für eine Trendwende<br />

ist da. BARBARA BECKER

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