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FOCUSINGJOURNAL 46

FOCUSINGJOURNAL ZEITSCHRIFT FÜR KULTUR DER ACHTS AM K EIT in der Psychotherapie, in Beratung und Coaching, im eigenen Leben, in Partnerschaften und Teams, in Organisationen und Politik – und darüber hinaus

FOCUSINGJOURNAL
ZEITSCHRIFT FÜR KULTUR DER ACHTS AM K EIT
in der Psychotherapie, in Beratung und Coaching,
im eigenen Leben, in Partnerschaften und Teams,
in Organisationen und Politik – und darüber hinaus

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FocusingJournal<br />

Zeitschrift für Kultur der Achtsamkeit<br />

Zeitschrift für Kultur der Achtsamkeit<br />

Heft <strong>46</strong>/2021<br />

Alles entspannt sich, wenn es liebevoll betrachtet wird<br />

Das fastende Herz<br />

Zu den Worten hin oder von der Sprache weg?<br />

Wie man strukturgebundenes Verhalten bei Klienten erzeugt<br />

Absichten in Wunschräume verwandeln, Teil II<br />

Lockdown – außen und innen<br />

Gene Gendlin: Zwei Felt Sense-Schnipsel


FocusingJournal<br />

Zeitschrift für Kultur der Achtsamkeit<br />

in der Psychotherapie, in Beratung und Coaching,<br />

im eigenen Leben, in Partnerschaften und Teams,<br />

in Organisationen und Politik – und darüber hinaus<br />

Inhalt<br />

Themen<br />

2 Alles entspannt sich, wenn es liebevoll betrachtet wird<br />

interview mit andrea auer-hutzinger<br />

10 Das fastende Herz<br />

von Tony Hofmann<br />

15 Zu den Worten hin oder von der Sprache weg?<br />

von peter lincoln<br />

28 Wie man strukturgebundenes Verhalten bei Klienten erzeugt<br />

von katrin tom-wiltschko<br />

31 Absichten in Wunschräume verwandeln, Teil II<br />

aus einem weiterbildungsseminar mit Johannes Wiltschko<br />

38 Lockdown – außen und innen<br />

von krimhild könig<br />

42 Gene Gendlin: Zwei Felt Sense-Schnipsel<br />

gefunden auf einer alten festplatte von johannes wiltschko<br />

Termine<br />

9 OFT: Online-Focusing-Time – kostenlos<br />

20 Wasser, Wind und Wohlfühlspur<br />

21 Focusing und ETC (Embodied Critical Thinking)<br />

22 Die Weiterbildung Basis<br />

22 Die Weiterbildungen in Prozessphilosophie<br />

23 Die Weiterbildungen in Focusing-Therapie<br />

24 40. Internationale Focusing Sommerschule 2021<br />

44 Alle Aus- und Weiterbildungen auf einen Blick


Editorial<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

vor einiger Zeit, auf einem Kongress, kam eine von mir sehr geschätzte Kollegin auf mich<br />

zu und sagte: »Die Beiträge in eurem Focusing-Journal sind mir angesichts der globalen<br />

und nationalen Bedrohungen und Konflikte viel zu sehr auf die subjektiven Innenwelten<br />

bezogen. Wo bleiben eure Aussagen zur drohenden Klimakatastrophe, zur AfD, zu all den<br />

Ungerechtigkeiten in der Welt?«<br />

Da hat sie bei mir ins Schwarze getroffen. Zunächst jedenfalls. Das Gefühl der Ohnmacht<br />

gegenüber ökonomischen, dennoch von Menschen gemachten und bis aufs Blut verteidigten<br />

Verhältnissen – globale Ausbeutung von Menschen und »Natur« aufgrund von angeblich<br />

uns innewohnendem Wachstums- und Profitstreben, Konkurrenzverhalten und der Gier, die<br />

niemals satt wird – führt auch bei mir gelegentlich zum Rückzug in biedermeierliche Komfortzonen<br />

und verträumte Innenwelten. Obwohl ich nie der Meinung war – auch wenn es mir<br />

als ehemaliger Adept C.G. Jungscher und fernöstlicher Lehren nahegelegt wurde –, dass eine<br />

Veränderung der Verhältnisse nur durch innere Wandlung zu erreichen sei.<br />

Focusing wird manchmal so verstanden, als würde es sich dabei um eine egozentrische<br />

Nabelschau handeln, die zu sozialer Entsolidarisierung und politischem Relativismus<br />

führe. So, als wäre es eine ausschließlich nach innen gerichtete und dort nur sich selbst<br />

antreffende, kurz eine solipsistische Methode.<br />

Warum ist das ein grundfalsches Verständnis? Schon wenn man bloß die ersten Seiten<br />

von Gendlins »Ein Prozess-Modell« liest, löst sich dieses Missverständnis in Luft auf. Hier,<br />

auf dieser Seite, genügt vielleicht schon der Hinweis, dass sich der Zentralbegriff »Felt<br />

Sense« nicht auf ein »Ich« bezieht, sondern immer auf eine Situation, auf die Situation, in<br />

der sich jemand befindet. Gendlins Situationsbegriff schließ die Gesamtheit der um- und<br />

innerweltlichen »Faktoren« ein als eine spürbare Ganzheit. Na, und wenn man sich auf diese<br />

wahrnehmbare Ganzheit unmittelbar bezieht, wird man auf viel mehr, auf viel, viel mehr<br />

treffen als auf ein Ego, das nur an seinen Vorteilen interessiert ist.<br />

Das, was man dann oft unerwarteterweise bemerkt – und um das man sich nicht mehr<br />

herumdrücken kann –, geht einen etwas an, berührt einen und drängt nach einem weiteren<br />

Schritt. Und es zeigt dessen Richtung auch schon an. Eine Richtung hinaus in die Welt. In<br />

die Beziehungen, die man hat, in die Verhältnisse, in denen man lebt. Natürlich, man kann<br />

sich entscheiden, Einsichten, die gekommen sind, und Handlungsimpulsen, die sich richtig<br />

anfühlen, nicht zu folgen. Die Freiheit, die in dieser Entscheidungsmöglichkeit liegt, zu<br />

bemerken und zu würdigen, ist ein eminent politischer Akt. Ebenso wie das Bemerken und<br />

Ernstnehmen der Tatsache, dass das Nach-innen-Richten der Aufmerksamkeit ein nicht<br />

nur gedachter, sondern leibhaft gespürter Zugang zur Welt ist, zu Mitmenschen, zu allem,<br />

was ist. Und in diesem sich Vorfinden in der je eigenen Mitwelt sind Solidarität, Verantwortung<br />

und Mitgefühl schon als gefühlt enthalten. Man muss sie nicht als moralische<br />

Werte »lernen«, eingetrichtert kriegen und dann »befolgen«.<br />

Dass das so ist, setzt voraus, die Haltung und die Praxis zu leben, die zum Beispiel im<br />

und mit Focusing aufgezeigt und ermöglicht werden. Haltung und Praxis schließen als<br />

conditio die Gleichwertigkeit aller Menschen (und aller<br />

Lebewesen?) ein. Und da sage noch einer, dass Focusing als<br />

Praxis und als prozesshafte Philosophie unpolitisch sei!<br />

Felt Senses, also das Fühlen der Gesamtheit der (immer<br />

nur gegenwärtig existierenden) Situation impliziert<br />

eine ökonomisch, ökologisch und sozial auf Gerechtigkeit<br />

zielende, gewaltablehnende politische Haltung und ein<br />

ebensolches Verhalten inklusive der Freiheit, sich dafür auch<br />

tatkräftig zu engagieren.<br />

Herzliche Grüße<br />

Johannes Wiltschko<br />

Impressum<br />

Herausgeber:<br />

Prof. Dr. Johannes Wiltschko<br />

Die Akademie für Focusing,<br />

Focusing-Therapie und Prozessphilosophie<br />

Wagnergasse 6, 83410 Laufen<br />

www.daf-focusing-akademie.com<br />

Redaktion:<br />

Redaktionelle Mitarbeit:<br />

Hans Neidhardt<br />

Focusing International:<br />

Dr. Evelyn Fendler-Lee<br />

Internationale Publikationen:<br />

Dr. Tony Hofmann<br />

Textredaktion: Karin Schwind,<br />

Meggi Widmann<br />

Graphik und Bildbeschaffung:<br />

Sigrun Lenk<br />

Layout und Satz: Regina Rilz<br />

Schlussredaktion:<br />

Johannes Wiltschko<br />

Bilddnachweis:<br />

Sigrun Lenk: Cover und Seite 17,<br />

33, 34, 42<br />

Elisa Hutzinger: 4<br />

Tony Hofmann: 13<br />

Katrin Tom-Wiltschko: 29<br />

Krimhild König: 39<br />

Erscheinungsweise:<br />

zweimal jährlich (Juni, November)<br />

Einzelpreis:<br />

als E-Paper: kostenlos<br />

als Zeitschrift gedruckt und<br />

gebunden: € 15,–<br />

inkl. Porto und Versand<br />

Den Link zu diesem Heft<br />

finden Sie auf<br />

www.daf-focusing-akademie.com<br />

Ihre Beiträge mailen Sie bitte<br />

als WORD-Datei an<br />

jw@daf-focusing-akademie.com<br />

Redaktionsschluss:<br />

1. April und 1. Oktober<br />

Erscheinungsdatum dieses<br />

Heftes: Mai 2021<br />

© DAF-AKADEMIE 2021<br />

ISSN 1861-6178<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 1


Themen<br />

Alles entspannt sich, wenn es<br />

liebevoll betrachtet wird<br />

Cranio und Focusing – warum die Methoden so gut<br />

zusammenpassen<br />

■■<br />

Interview mit Andrea Auer-Hutzinger<br />

Andrea Auer-Hutzinger praktiziert und unterrichtet Craniosacrale Biodynamik, eine besonders<br />

sanfte Weiterentwicklung der Osteopathie. Zugleich arbeitet sie als Focusing-Beraterin.<br />

Ihr Interesse gilt den Parallelen zwischen den beiden Methoden sowie möglichen Verbindungen<br />

in der Praxis. Die Physiotherapeutin Anke Zillessen arbeitet ebenfalls mit Cranio und<br />

Focusing und hat Andrea interviewt.<br />

ANKE: »Cranio und Focusing lassen sich so<br />

gut kombinieren, weil beide Methoden auf<br />

ähnlichen Grundannahmen beruhen«, so<br />

lese ich in deiner Seminarausschreibung für<br />

die Focusing-Sommerschule am Achberg.<br />

Magst du beschreiben, wo für dich die Ähnlichkeiten<br />

der beiden Methoden liegen?<br />

ANDREA: Ich fang mal mit Cranio an. Die<br />

wichtigste Grundannahme: In unserem<br />

Körper sind Fähigkeiten angelegt, sich selbst<br />

regulieren zu können, wenn die Umstände<br />

gut sind. Es gibt also eine uns innewohnende<br />

Lebenskraft, die in Richtung Heilung,<br />

Ganzheit, Balance tendiert. Was ich als Cranio-Praktizierende<br />

im Wesentlichen tue: Ich<br />

gebe dieser Selbstregulation des Körpers,<br />

dieser Lebenskraft Raum.<br />

Es gibt natürlich ganz viel Theorie, und<br />

man kann Cranio von so vielen Seiten aus<br />

erklären: Über die Rhythmen – die sogenannten<br />

craniosacralen Tides, über die<br />

Bewegung der Schädelknochen, über das<br />

Nervensystem, über den Breath of Life, die<br />

dynamische Stille, … Doch das Wesentliche<br />

ist für mich die Grundidee, dass diese<br />

Selbstregulation besonders gut funktioniert,<br />

wenn ich sie als gut eingestimmte Praktikerin<br />

begleite.<br />

Beim Focusing ist es genauso. Im Sinne<br />

der Fortsetzungsordnung besteht nicht nur<br />

körperlich, sondern auch psychisch und<br />

seelisch die Tendenz, zu einem angemesseneren<br />

Gleichgewicht zu kommen. Und auch<br />

hier ist es das Allerwirkungsvollste, wenn<br />

die Focusing-Beraterin oder -Therapeutin<br />

gut eingestimmt mit sich selbst diesen<br />

Focusing-Prozess begleitet. Da sehe ich die<br />

Parallelen – beides ist für mich ganz fundamental.<br />

ANKE: Das passt auch gut zu den Texten auf<br />

deiner Website. Dort habe ich – mit Erstaunen<br />

– folgende Sätze gelesen: »Craniosacrale<br />

Körperarbeit unterstützt bei seelischen Prozessen<br />

wie Veränderung und Entscheidung<br />

(...)«. Und zu Focusing: »(…) die in uns angelegten<br />

Selbstregulations- und Selbstheilungskräfte<br />

können uns von alten Zwängen<br />

und Mustern befreien.« Ich hätte es vielleicht<br />

genau andersherum formuliert.<br />

ANDREA: Spannend, dass du mich darauf<br />

ansprichst. Wenn ich es genau umgekehrt<br />

geschrieben hätte, hätte es genauso gestimmt!<br />

Es gibt ja so einen unglaublichen<br />

Dschungel von Methoden. Für mich ist es<br />

2 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Themen<br />

essenziell, dass für die Methoden, die ich<br />

praktiziere, etwa Folgendes gilt: »Alles entspannt<br />

sich, wenn es da sein darf und wenn<br />

es liebevoll betrachtet wird.« Das stimmt für<br />

Cranio hundertprozentig und für Focusing<br />

hundertprozentig!<br />

ANKE: Ja, es geht um die Haltung einer<br />

wohlwollenden Zeugenschaft.<br />

ANDREA: Ja, genau so – und es ist gut, dass<br />

es Techniken und Vorschläge gibt – aber die<br />

Basis ist für mich die Haltung. Ich finde, bei<br />

Cranio ist sehr viel Lauschen und Zuhören.<br />

Das passt für mich so gut, weil wir beim Focusing<br />

ja auch das Listening haben. Das ist<br />

bei Cranio das eingestimmte liebevolle Lauschen<br />

im Prozess. Wahrnehmen, wie es ist,<br />

verändert oft schon ganz viel.<br />

ANKE: Beim Focusing kennen wir ja auch<br />

das Guiding. Gibt es für dich in der Craniosacralen<br />

Biodynamik etwas Entsprechendes?<br />

ANDREA: Ja, in der Cranio wäre das Guiding,<br />

wenn wir zu etwas einladen. Wie<br />

beim Focusing ist es während einer Cranio-<br />

Behandlung so, dass ich lausche – lausche<br />

– lausche … und dann zwischendurch Einladungen<br />

gebe. Als Beispiel: Ich spüre mit<br />

meinen Händen am Kopf der Klientin, dass<br />

zwei Schädelknochen zu nah beieinander<br />

sind. Die Nähte, die die Schädelknochen<br />

miteinander verbinden, fühlen sich komprimiert<br />

an, sie sind fest und gehen mit den<br />

organischen Bewegungen nicht gut mit. Ich<br />

habe dann vielleicht den inneren Impuls,<br />

einzuladen, im Sinne von »Könntest du hier<br />

mehr Raum geben?«<br />

Also ich spreche mit dem Knochen. Ich<br />

lade den Knochen ein … oder die Kontaktstelle<br />

zwischen den beiden Knochen: »Wie<br />

wäre es denn für dich, weit zu werden?« –<br />

das ist noch ein bisschen dezenter gefragt.<br />

ANKE: Eine offenere Frage …?<br />

ANDREA: Ja, weniger Aufforderung – mehr<br />

offene Frage. Und jetzt kann es sein, dass dieser<br />

Körperbereich diese offene Frage bereitwillig<br />

annimmt, weil er quasi darauf gewartet<br />

hat und nur eine Erinnerung brauchte:<br />

»Ah, es gibt auch so etwas wie weit werden.«<br />

ANKE: Ja gut … – und was ist, wenn der Körper<br />

der Klientin das nicht will? …<br />

ANDREA: Ja, es kann sein, dass das System<br />

so reagiert: »Nein, nein, sicher nicht. Jetzt<br />

nicht. Nein, das bleibt jetzt schön fest.« Und<br />

dann bleibt es erst mal so komprimiert, wie<br />

es ist.<br />

ANKE: Und dann? …<br />

ANDREA: Dann bleibe ich mit einer offenen,<br />

nicht wertenden Haltung dabei und denke:<br />

»Ah ja, es wird schon seinen Grund haben,<br />

dass es fest ist. Es hat vielleicht seine Geschichte,<br />

warum es jetzt noch nicht aufmachen<br />

kann oder will …«<br />

ANKE: Wenn du das sagst, erinnere ich mich<br />

gerade an eine Focusing-Weiterbildung bei<br />

Johannes Wiltschko – das liegt über 10 Jahre<br />

zurück. Da haben wir eine Übung im Zweier-Setting<br />

gemacht. Mein mich begleitender<br />

Übungspartner hat mir einen Vorschlag<br />

nach dem anderen gemacht und sich so viel<br />

Mühe gegeben. Und ich habe es – in der<br />

Klientin-Rolle – nicht übers Herz gebracht,<br />

ihm zu sagen, dass die Vorschläge leider alle<br />

für mich nicht passen. Johannes hatte das<br />

offenbar von Weitem mitbekommen und<br />

hat uns dann »erlöst«, indem er – mit einem<br />

Augenzwinkern – sagte: »Anke, du musst<br />

nicht jeden Käse, den man dir anbietet, essen.«<br />

(Beide lachen)<br />

ANDREA: Ja, das kann ja auch etwas Kränkendes<br />

für den Therapeuten haben, wenn<br />

die ganzen guten Ideen und Angebote nicht<br />

so gut ankommen.<br />

ANKE: Oh ja – und gleichzeitig kann das<br />

für die Klientin ja Ausdruck ihrer Selbstheilungskräfte<br />

sein, wenn sie sich den Vorschlägen<br />

der Therapeutin oder des Therapeuten<br />

freundlich widersetzt …<br />

ANDREA: Jaja, genau! … Das ist schön, mit<br />

dir so darüber zu sprechen!<br />

ANKE: Wir sind anfangs gleich mit den<br />

Parallelen der beiden Methoden in unser<br />

Interview eingestiegen. Vielleicht gibt es<br />

Leser*innen, die Cranio noch nicht kennen.<br />

Magst du beschreiben, was Craniosacrale<br />

Biodynamik ist?<br />

ANDREA: Der Ausdruck »craniosacral«<br />

kommt von den lateinischen Worten »crani-<br />

Ich spreche mit<br />

dem Knochen. Ich<br />

lade den Knochen<br />

ein …<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 3


Themen<br />

Achtsamer Dialog: Die Hände lauschen den Bewegungen<br />

der Schädelknochen und »sprechen« mit<br />

ihnen.<br />

An- und abschwellende Cranio-Bewegungen sind<br />

im Zentrum und am gesamten Körper spürbar.<br />

Wie unglaublich viel Berührung ausmacht! Cranio-<br />

Praktizierende geben der Selbstregulierung Raum.<br />

4 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Themen<br />

um« – das ist der knöcherne Schädel – und<br />

»sacrum« – das ist das Kreuzbein. Zwischen<br />

diesen beiden Polen befinden sich die zentralen<br />

Anteile des craniosacralen Systems.<br />

Das sind bestimmte Knochen, Membrane,<br />

die Gehirn- und Rückenmarksflüssigkeit –<br />

Liquor genannt – und das zentrale Nervensystem.<br />

Wir kontaktieren Rhythmen, also<br />

an- und abschwellende Bewegungen, die<br />

hier im Zentrum, aber auch am ganzen Körper<br />

wahrnehmbar sind.<br />

Nun zum Wort Biodynamik. Ich finde,<br />

es ist immer eine Herausforderung, das zu<br />

definieren. Biodynamik heißt ja eigentlich<br />

»Dynamik des Lebendigen«, und das ist<br />

etwas so Großes, dass ich Scheu habe, das<br />

festzumachen. Ich erklär‘s mal so: Andrew<br />

Lloyd Still gilt als der Begründer der Osteopathie.<br />

Er war ein sehr naturverbundener<br />

und spiritueller Mensch. Im Zentrum seiner<br />

Aufmerksamkeit stand, die Quellen der<br />

Gesundheit zu finden und nicht primär die<br />

Quellen der Krankheit.<br />

William Garner Sutherland, einer seiner<br />

Schüler, hat die Rhythmen und Bewegungen<br />

des Körpers zunächst eher mechanisch<br />

erklärt: über den Druck und das Fließen<br />

der Flüssigkeiten, die Hebelwirkungen der<br />

Knochen, die Zugspannungen der Häute<br />

und Membrane. Also eine mechanische<br />

osteopathische Sichtweise. Mit zunehmendem<br />

Alter hat sich Sutherlands Erklärung<br />

der Phänomene, die er wahrgenommen hat,<br />

aber verändert. Er hat immer mehr von einem<br />

»Breath of Life«, dem Atem des Lebens,<br />

gesprochen, der so etwas wie der zündende<br />

Funke und die Antriebskraft hinter den Bewegungen<br />

sei.<br />

Die craniosacralen Schulen, die sich<br />

nach Sutherland entwickelt haben, beziehen<br />

sich entweder eher auf seine früheren Schaffenszeiten,<br />

das sind die biomechanischen,<br />

oder auf seine späteren, das sind dann die<br />

biodynamischen Richtungen, wie du und<br />

ich sie praktizieren.<br />

ANKE: Magst du noch etwas zum »Breath of<br />

Life«, dem Atem des Lebens, sagen?<br />

ANDREA: »Breath of Life« ist eine Bezeichnung<br />

für Lebenskraft – ein anderer Begriff<br />

für Chi oder Prana. Und wir finden das ja<br />

auch in der älteren Sprache: Redewendungen<br />

wie »der Odem des Lebens« oder »Er<br />

hauchte sein Leben aus«. Damit sind das Leben<br />

und die Lebenskraft gemeint.<br />

ANKE: Und ist damit nicht auch eine Art<br />

überpersönlicher, quasi göttlicher Atem gemeint,<br />

also eine spirituelle Dimension?<br />

ANDREA: Ich persönlich beziehe mich auf<br />

die Haltung, dass alles Leben, alle Phänomene<br />

aus der Stille kommen. Aus einem großen<br />

Feld, einem Ort von Potential. Bei uns in der<br />

Biodynamik heißt es »dynamische Stille«. In<br />

anderen Zusammenhängen ist es so etwas<br />

wie die Schöpfungsebene, die Quelle. Für<br />

mich ist das immer auch mit einem großen<br />

Geheimnis verbunden – ich muss die Augen<br />

schließen, wenn ich darüber spreche – mit<br />

einem großen Geheimnis und auch mit einem<br />

Wunder, wie und warum Cranio wirkt.<br />

Egal, wie ich es erkläre und unterrichte und<br />

praktiziere, es bleibt immer wie ein Wunder.<br />

Etwas ganz großes Helles, das ich nicht<br />

wirklich ganz mit Worten beschreiben kann.<br />

ANKE: Ja, das hat etwas Wunderbares, Unfassbares.<br />

Das begegnet mir in meiner Praxis<br />

auch immer wieder. … Lass uns vielleicht<br />

nochmal den Bogen zum Focusing schlagen.<br />

Hat Gene Gendlin nicht mal so etwas gesagt<br />

wie, dass wir immer eingebettet sind in ein<br />

»Mehr«, das antwortet? Gibt es also im Focusing<br />

etwas vergleichbar Geheimnisvolles,<br />

Wunderbares? Wie erlebst du das?<br />

ANDREA: Hm …, meine spontane Antwort<br />

ist: Ja. Und das hat für mich mit dem zu tun,<br />

über das wir ganz zu Beginn gesprochen haben:<br />

Da ist diese Kraft, die in uns Menschen<br />

drin ist – oder uns gegeben ist. Dass wir uns<br />

zu etwas Hellem oder zu einer Ganzheit hin<br />

entwickeln wollen.<br />

Und dann ist es so, dass wir als Focusing-Begleiterin<br />

oder -Therapeutin das ja<br />

nicht aussprechen müssen – wir müssen es<br />

den Menschen nicht vorher sagen. Es hat<br />

auch ganz viel mit der eigenen Haltung zu<br />

tun. Man kann auch mit Leuten Cranio oder<br />

Focusing machen, die nicht bewusst über<br />

eine spirituelle Anbindung nachgedacht haben<br />

– das ist überhaupt nicht Bedingung.<br />

Weißt du, was ich meine?<br />

ANKE: Ja, total! Das sehe und spüre ich genauso.<br />

ANDREA: Und wenn ich das jetzt ein bisschen<br />

weiter fasse, verbinde ich mich als Begleiterin<br />

in einem Focusing-Prozess mit diesem,<br />

ich will jetzt nicht sagen »Glauben«, aber<br />

mit dem Wissen und der Zuversicht, dass es<br />

Ich persönlich beziehe<br />

mich auf die<br />

Haltung, dass alles<br />

Leben, alle Phänomene<br />

aus der<br />

Stille kommen. Aus<br />

einem großen Feld,<br />

einem Ort von<br />

Potential.<br />

Ich verbinde mich<br />

mit dem Wissen<br />

und der Zuversicht,<br />

dass es im<br />

Menschen diese<br />

Kraft des Carrying<br />

forward gibt, also<br />

diese starke unauslöschbare<br />

Tendenz,<br />

gesund zu werden<br />

und zu wachsen.<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 5


Themen<br />

Ganz wunderbar ist<br />

ja, wie unglaublich<br />

viel die Berührung<br />

ausmacht!<br />

im Menschen diese Kraft des Carrying forward<br />

gibt, also diese starke unauslöschbare<br />

Tendenz, gesund zu werden und zu wachsen<br />

und – wie ich vorher gesagt habe – dass es<br />

heller wird. Diese Haltung hat einen Einfluss<br />

auf den Prozess und auf das Beziehungsfeld<br />

zwischen Praktikerin und Klientin.<br />

Und wenn ich nochmal zur Craniosacralen<br />

Biodynamik hinschaue: Ganz wunderbar<br />

ist ja der Berührungsaspekt – wie<br />

unglaublich viel die Berührung ausmacht!<br />

Ich finde es immer so interessant, wenn man<br />

sich die Embryologie anschaut: Das Nervensystem<br />

und die Haut, die sind aus dem<br />

gleichen Keimblatt entstanden, aus dem Ektoderm.<br />

Oft wird die Haut ja nur als Hülle gesehen.<br />

Es ist schön, sich bewusst zu machen,<br />

dass der Tast- und Berührungs-Sinn der erste<br />

Sinn ist, den wir entwickelt haben – im<br />

Mutterleib. Über den waren wir in Kontakt<br />

mit der Umgebung. Sobald wir berühren,<br />

sprechen wir also auch einen wichtigen Sinn<br />

an und das Nervensystem. Das kann unglaublich<br />

nährend sein, verlangt aber auch<br />

Respekt. Die physische Berührung, das ist<br />

etwas, das das Focusing nicht hat.<br />

ANKE: Oh, doch! Ich schätze physische Berührungen<br />

auch im Focusing als eine gute<br />

Möglichkeit des spontanen Prozess-Begleitens<br />

– neben anderen Möglichkeiten!<br />

ANDREA: Ich mach’s in meiner Praxis eigentlich<br />

so: Wenn Leute für Focusing kommen,<br />

dann berühre ich sie eigentlich selten – interessanterweise.<br />

Dann ist es so, dass wir uns<br />

auf Sesseln gegenübersitzen. Was ich schon<br />

mache: Dass ich die Leute – wenn es sich ergibt<br />

– einlade hinzuspüren, wo jetzt eine Berührung<br />

gut wäre. Und sich dann selbst dort<br />

zu berühren. Das hat oft eine überraschende<br />

Wirkung.<br />

ANKE: Das stimmt, allein das Selbstberühren<br />

kann sehr wirkungsvoll sein! Mir geht<br />

es inzwischen so, dass ich in meiner Praxis<br />

seltener zwischen den hands-on- und<br />

hands-off-Methoden unterscheide. Die<br />

meisten meiner Klient*innen suchen eine<br />

Art körperorientierter Lebensbegleitung –<br />

also etwas Ergänzendes zu den gewohnten<br />

Psychotherapie- oder Physiotherapie-Settings.<br />

Sie erhoffen sich etwas Verbindendes,<br />

Integrierendes. Und das kann sich beispielsweise<br />

während einer physischen Berührung<br />

ereignen.<br />

ANDREA: Diese sanfte Art, wie wir im Cranio<br />

berühren, die ist im besten Fall ja eine<br />

raumgebende Berührung, ein Container –<br />

wie wir sagen –, also so etwas wie ein haltgebendes<br />

Gefäß. Und manchmal braucht es<br />

eine feste Berührung, so dass das Nervensystem<br />

die Ich-und-Du-Grenze spürt.<br />

Wenn ich in Cranio-Behandlungen diese<br />

Anfangsübungen anbiete – an einen guten<br />

Ort führen und erden –, dann frage ich<br />

zurzeit viel mehr als sonst: »Ist es gut, wenn<br />

ich dich jetzt berühre oder soll ich lieber<br />

noch ein wenig neben dir sitzenbleiben?«<br />

So dass ich die Klientin mit reinhole in diese<br />

Frage. Manche sagen dann: »Ja, bitte berühr<br />

mich, ich warte schon seit fünf Minuten.«<br />

Da spüre ich dann auch eine große Ungeduld.<br />

Andere Klientinnen sagen: »Nein, ich<br />

brauche noch ein bisschen, ich warte noch<br />

ein paar Minuten.« Ich sage dann: »Magst<br />

du einfach sagen, wann es geht – ich sitze<br />

einfach hier und bin mal gut in Kontakt mit<br />

mir selbst – und auch mit dir, ohne dich zu<br />

berühren. Sag mir, wenn’s für dich passt und<br />

du berührt werden willst.«<br />

ANKE: Ja, das Mitgestalten des Kontakts ist<br />

oft das Stimmigste! Und: Ja, auch ich erlebe<br />

derzeit in meiner Praxis, dass in der Pandemie-Situation<br />

die Themen rund um Kontakt<br />

und Trennung sehr in den Vordergrund<br />

kommen.<br />

ANDREA: Man könnte sagen: Die frühen<br />

Bindungstraumata – es geht jetzt richtig<br />

ans Eingemachte. Von mir selber kann ich<br />

sagen, dass ich Gott sei Dank in guten Lebensumständen<br />

lebe, ich lebe in einer guten<br />

Partnerschaft und liebe meinen Beruf. Und<br />

dennoch muss ich wirklich schauen, dass<br />

ich gut stabil bleibe – also es ist wirklich eine<br />

große Herausforderung.<br />

ANKE: Ja, das ist es! Glücklicherweise können<br />

wir uns mit Cranio und Focusing ja<br />

wunderbar nähren und stärken. Wirst du in<br />

deinem Seminar auf der Sommerschule darauf<br />

auch eingehen?<br />

ANDREA: Ja, das werde ich! Ich stell mir ein<br />

Setting vor, in dem wir uns spielerisch dem<br />

craniosacralen Berühren und vor allem auch<br />

dieser bestimmten inneren Haltung nähern.<br />

Das kann im Liegen stattfinden oder auch<br />

im Sitzen. Eine eingestimmte Berührung<br />

fördert ja die Selbstwahrnehmung sehr, das<br />

heißt, über die Berührung durch einen an-<br />

6 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Themen<br />

deren Menschen kann ich mich selber besser<br />

spüren. Allein das stärkt schon gewaltig.<br />

Und unser Körper liebt es, berührt zu werden,<br />

ohne dass von ihm etwas Bestimmtes<br />

verlangt wird, also ohne Leistungsdruck.<br />

Mir fällt grad ein: Das ist Freiraum für den<br />

Körper!<br />

ANKE: Könnte Freiraum für den Körper vielleicht<br />

auch heißen, dass sich für mich eine<br />

Berührung im Moment gar nicht passend<br />

anfühlt – und ich lieber auf andere Weise in<br />

Kontakt bin?<br />

ANDREA: Ja, natürlich, es gibt Momente<br />

oder Phasen, wo es ganz stimmig ist, ohne<br />

physische Berührung in Kontakt zu sein.<br />

Damit werden wir im Seminar auch experimentieren.<br />

ANKE: Klingt gut, das wird bestimmt ein erholsames<br />

und nährendes Seminar! Gibt es<br />

denn zum Schluss unseres Gesprächs noch<br />

etwas, das wir bisher nicht angesprochen<br />

haben? Etwas, das dir besonders am Herzen<br />

liegt?<br />

ANDREA: Also jetzt gerade taucht nichts weiter<br />

auf. Es ist eher so wie eine große ruhige<br />

Ebene, wie so ein weites Feld. … Irgendwie<br />

taucht noch das Wort »Beziehungsfeld« auf,<br />

was beim Focusing ja genauso existiert wie<br />

bei der Craniosacralen Biodynamik. Ich finde<br />

grad noch nicht die Worte dafür …<br />

ANKE: Mir kommt dazu eine Idee. Du könntest<br />

ja auch nochmal hinhorchen, wie es sich<br />

jetzt gerade anfühlt – hier, wir beide im Gespräch<br />

vor unseren Bildschirmen. Wir können<br />

ja auch unsere Interview-Beziehungsebene<br />

zum Thema machen.<br />

ANDREA: Ja, damit hat es etwas zu tun! Es<br />

spricht mich so an, dass ich hier in Wien<br />

sitze und du in Freiburg – das ist wie ein<br />

weites spürbares Feld. Ich weiß nicht, wie<br />

viele Kilometer das sind … Und das Feld<br />

hat etwas Verbundenes für mich, auch dir<br />

gegenüber jetzt, aufgrund unseres Austauschs.<br />

Vielleicht weil wir eine ähnliche<br />

Berufsrichtung haben? Das Feld hat auch<br />

noch eine andere Qualität: Es ist wirklich<br />

so weit! Für mich hört das Lernen nie auf.<br />

Es gibt immer noch andere Aspekte, die interessant<br />

sind …<br />

ANKE: … und die wir jetzt vielleicht nur<br />

gestreift oder gar nicht benannt haben. Ich<br />

bin auch sehr berührt davon, was wir beide<br />

Kostbares miteinander austauschen können.<br />

Wenn ich mich auf dieses weite Beziehungsund<br />

Methoden-Feld einlasse, spüre ich so<br />

eine Zuversicht, dass darin alles eingebettet<br />

ist, was wir miteinander teilen – und was<br />

wir nicht miteinander teilen konnten. Alles,<br />

was wir benannt haben und was wir nicht<br />

benannt haben. Es ist alles eingebettet – und<br />

im Grunde ist es im Großen und Ganzen gut<br />

aufgehoben!<br />

ANDREA: Ja, schön. Das spricht mich an,<br />

im Sinne dieser wirklich positiven Grundhaltung,<br />

die ich Menschen gegenüber habe.<br />

Das erinnert mich jetzt an das, wo wir vorher<br />

mal waren, dass der Körper die Kraft<br />

hat, in Richtung Ganzheit und Helligkeit zu<br />

tendieren – dass er eingebettet ist. Ja, das ist<br />

sehr rund so!<br />

ANKE: Andrea, ich danke dir sehr für die<br />

Zeit, dein Dasein und deine Präsenz!<br />

ANDREA: Und danke, Anke, dass du die<br />

Idee zu diesem Interview hattest und mich<br />

gefragt hast! … Dann winke ich aus Wien<br />

– Ciao!<br />

ANKE: … und ich aus Freiburg – Tschüss!<br />

Andrea<br />

Auer-Hutzinger<br />

ist Craniosacral-Therapeutin,<br />

Lehrende und Mitglied im<br />

Leitungsteam an der Wiener<br />

Schule für Craniosacrale Biodynamik;<br />

diplomierte psychologische<br />

Beraterin und Focusing-<br />

Beraterin (DAF); seit 30 Jahren<br />

in den Bereichen Körperarbeit,<br />

Stressrelease, Selbstregulation<br />

und psychologische Prozessbegleitung<br />

tätig.<br />

www.behandlungs-raum.at<br />

Anke Zillessen<br />

lebt in Freiburg und arbeitet<br />

dort in eigener Praxis als<br />

Physiotherapeutin, Craniosacral-Praktizierende<br />

(CSVD),<br />

Focusing-Therapeutin (DAF)<br />

und Systemaufstellerin (DGfS).<br />

Als Germanistin M.A. schreibt<br />

sie auch Texte und führt gerne<br />

Interviews. Mehr zu ihrer Arbeit:<br />

www.ankezillessen.de,<br />

kontakt@ankezillessen.de<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 7


Andrea Auer-Hutzinger<br />

wird auf der diesjährigen Internationalen Focusing Sommerschule das Seminar<br />

Cranio + Focusing: achtsames Berühren und focusingorientiertes Begleiten<br />

anbieten. Sie schreibt dazu:<br />

»Craniosacrale Biodynamik ist eine aus der Osteopathie entstandene sanfte und gleichzeitig tiefgehende manuelle<br />

Körperarbeit, die die Selbstheilungskräfte anregt und tiefsitzende Blockaden lösen kann.<br />

Dieses Seminar wird einen Einblick in die interessante Welt der inneren Craniobewegungen und in die Haltung<br />

dieser Berührungs-Arbeit geben.<br />

Wir ›reparieren‹ kein System, das aus dem Lot gekommen ist, sondern tragen mit unserer inneren Ausrichtung<br />

dazu bei, dass sich Körper, Geist und Seele ›von selbst‹, von innen heraus im eigenen Tempo in einen Regenerations-,<br />

Wachstums- und Entwicklungsprozess begeben können.«<br />

Teilnahmevoraussetzung: Grundkenntnisse in Focusing und Freude an Berührung<br />

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8 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


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Aussteigen aus dem Alltag – Einsteigen in die Welt des Focusing<br />

In dieser Lockdown-Zeit mit sich selbst eine kreative und heilsame Zeit verbringen<br />

OFT ist die Gelegenheit, Focusing kennenzulernen und/oder an Focusing dranzubleiben – für alle, die Lust dazu haben<br />

und die neugierig sind, ob Focusing auch für sie etwas sein könnte. Und natürlich auch für Focusing-Erfahrene,<br />

die sich eine begleitete Focusing-Runde gönnen möchten. Mit OFT nimmst du dir eine Auszeit, in der sich innerlich<br />

wieder alles ordnet und sich Wesentliches von Unwesentlichem scheidet. Und du kannst dabei …<br />

… wieder auftanken<br />

… den »Focusing-Faden« nicht verlieren bzw. wiederfinden<br />

… DozentInnen der DAF-AKADEMIE und<br />

… neue Leute für Partnerschaftliches Focusing kennenlernen<br />

Ablauf einer OFT-Session: Themeninput – Gruppenfocusing – Sharing (Möglichkeit, sich mitzuteilen und auszutauschen).<br />

Anschließend gibt es für die, die Focusing schon können, Gelegenheit, im Partnerschaftlichen Focusing mit<br />

einer anderen TeilnehmerIn persönliche Themen zu fokussieren.<br />

Wir folgen der inneren Wohlfühlspur! Steig mit ein!<br />

Anmeldung ist nicht erforderlich!<br />

OFT wird es in den nächsten Wochen oft geben, und zwar mittwochs von 18:00 bis ca. 18:45 Uhr.<br />

Termin:<br />

Thema:<br />

Leitung:<br />

Mittwoch, 12.05.2021, 18:00 Uhr – ca. 18:45 Uhr<br />

Focusingorientierte Selbstfürsorge<br />

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Termin:<br />

Thema:<br />

Leitung:<br />

Mittwoch, 09.06.2021, 18:00 Uhr – ca. 18:45 Uhr<br />

Mit-Sein<br />

Johannes Wiltschko<br />

Termin:<br />

Thema:<br />

Leitung:<br />

Mittwoch, 30.06.2021, 18:00 Uhr – ca. 18:40 Uhr<br />

Humor (diesmal ohne Partnerschaftliches Focusing)<br />

Karin Mayer<br />

Termin:<br />

Thema:<br />

Leitung:<br />

Mittwoch, 21.07.2021, 18:00 Uhr – ca. 18:45 Uhr<br />

Focusing und Gebet: »Ich-bin-ich-bin-da«<br />

Martha Hellinger<br />

Weitere Termine mit weiteren Dozent*innen und Themen und den Zugangslinks siehe<br />

www.daf-focusing-akademie.com/online-focusing-time-oft/<br />

Wir freuen uns über einen freiwilligen Beitrag zur Finanzierung ermäßigter Ausbildungsplätze:<br />

DAF-AKADEMIE, IBAN: DE85 7105 0000 0020 <strong>46</strong>88 23<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 9


Themen<br />

Das fastende Herz<br />

Kann Zen Focusing vorantragen? Überlegungen<br />

am Beispiel der künstlerischen Fotografie<br />

■■<br />

Von Tony Hofmann<br />

1 Han, 2002, S. 84<br />

2 ebd., S. 34<br />

3 ebd., S. 51<br />

Ich gebe Büchern manchmal neue Namen.<br />

Dadurch versuche ich, mir einen eigenen<br />

Reim auf das zu machen, was ich lese. Diese<br />

Titel passen dann meinem subjektiven Empfinden<br />

nach besser zu dem, was ein Buch<br />

für mich bedeutet, als der Original-Titel.<br />

Byung-Chul Hans kleiner Einführung in<br />

die Philosophie des Zen-Buddhismus habe<br />

ich den Alternativtitel »Das fastende Herz«<br />

verpasst. Diese Formulierung verwendet<br />

der Autor selbst an einer Stelle seines Texts.<br />

Sie steht für mich stellvertretend für das gesamte<br />

Buch. Das fastende Herz eines Zen-<br />

Buddhisten, einer Zen-Buddhistin macht<br />

sich ganz leer, so, wie der Wanderer Bashô<br />

dies auf seinen Reisen tut: Sein »ständiges<br />

Wandern ist eine Äußerung seines fastenden<br />

Herzens, das sich an nichts klammert,<br />

sich an nichts festbeißt« 1 . Bashôs Herz öffnet<br />

sich also auf freundliche Weise für das,<br />

was gerade ist, ohne etwas damit anstellen,<br />

ohne etwas daraus machen zu wollen.<br />

Diese Haltung ist uns auch aus dem<br />

Focusing wohl vertraut. In diesem Artikel<br />

möchte ich zeigen, wie Zen über die klassische<br />

Focusing-Haltung, wie ich sie bisher<br />

verstand, hinausweisen könnte – und am<br />

Ende darin (für mich) doch wieder nach<br />

Hause gelangt. Damit es nicht bei rein theoretisierenden<br />

Überlegungen bleibt, entfalte<br />

ich meine Gedanken am Beispiel der künstlerischen<br />

Fotografie und der Wirkung der<br />

therapeutischen Bildkarten, die als deren<br />

»Nebenprodukte« aus diesem Schaffensprozess<br />

herausfallen.<br />

Das Lächeln des Buddha<br />

Eigentlich kann man ja über Zen gar nicht<br />

schreiben. Weil Zen jenseits der Worte liegt.<br />

Han jedoch wagt es trotzdem, und zwar in-<br />

direkt. Er schreibt zunächst aus philosophischer<br />

Sicht über verschiedene Zen-Themen,<br />

die auch in der westlichen Philosophie eine<br />

Rolle spielen. Dann kontrastiert er diese<br />

Inhalte mit Zen. Im Wesentlichen läuft das<br />

einfach darauf hinaus, dass er immer wieder<br />

auf andere Weise sagt »… und das ist auch<br />

nicht Zen«. Er dekliniert dabei die Klassiker<br />

durch – Descartes, Heidegger, Fichte, Buber<br />

– und immer wieder deutet er von deren<br />

Verneinung aus auf das eigentlich Unsagbare<br />

des Zens hin.<br />

Auf diese Weise findet er dann doch<br />

Worte für das, was eigentlich gar nicht<br />

sagbar ist. Er spricht dabei meistens in<br />

Metaphern. So spricht er z.B. von einer archaischen<br />

Freundlichkeit, von einer Dezentrierung<br />

(einer Mitte also, die überall<br />

zugleich ist), und eben auch von einem fastenden<br />

Herzen. Das Fasten, das er hier beschreibt,<br />

ist jedoch nichts Tragisches, es hat<br />

nichts mit einem traurigen Verzicht zu tun.<br />

Sondern es geschieht in großer, freiwilliger<br />

Leichtigkeit: »Yüe-Shan lacht jedes Begehren,<br />

jedes Streben, jede Erstarrung und jede<br />

Versteifung weg, befreit sich in eine schrankenlose<br />

Offenheit, die von nichts begrenzt<br />

oder behindert ist. Er lacht sein Herz leer.<br />

Das mächtige Lachen entströmt dem entgrenzten,<br />

ent-leerten und ent-innerlichten<br />

Geist.« 2<br />

Die Leere, die Han dabei referenziert,<br />

ist also nicht dasselbe wie die Leere einer<br />

Depression: »Sie stellt vielmehr eine äußerste<br />

Bejahung des Seins dar« 3 . Man lebt also,<br />

tritt man in die Leere des Zens ein, in einem<br />

durchaus mit Materie und Sinn erfüllten<br />

Raum, der aber etwas anderes ist, als die Verhaltensräume<br />

der Tiere es sind. Es ist auch<br />

nicht der mit einem (kognitiv verstehba-<br />

10 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Themen<br />

ren) Sinn erfüllte symbolische Beziehungsraum<br />

der Menschen (Kultur, Gesellschaft,<br />

Vereinbarungen, Werte und Normen). Der<br />

Raum der Leere ist ein Mehr-als-all-das. Es<br />

ist das Loslassen-von-Allem. Dies zeigt sich<br />

auch im heimatlosen Umherwandern der<br />

Mönche. Es ist ein Loslassen, das zugleich<br />

ein täglich neues Zu-Hause-Ankommen ist:<br />

»Das Nirgends-Wohnen stellt keine Weltflucht<br />

dar.« 4 Da ist dann nur der Pflaumenbaum<br />

und dieser ist eine Realität, die keine<br />

dahinter liegende, keine verborgene oder<br />

irgendwie noch zu erreichende (Ziel-)Ebene<br />

mehr kennt: »Die Welt ist ganz da in einer<br />

Pflaumenblüte.« 5<br />

Geht Zen über Focusing hinaus?<br />

Wenn ich Han richtig verstehe, geht Zen sogar<br />

noch über die vorantragende Kreativität<br />

des Focusing hinaus. Mir war schon immer<br />

vage bewusst, dass mir in den philosophischen<br />

Denkstrukturen, in denen ich mich<br />

bisher bewegte, etwas gefehlt hat. Gendlin<br />

hat beispielsweise im Prozessmodell keine<br />

eigene Begrifflichkeit für diese spezielle<br />

Art von zen-artig gefüllter Leere. Das Modell<br />

endet zwar beim großen offenen Raum 6 .<br />

Wenn wir Focusing betreiben, begeben wir<br />

uns in diesen kreativen Raum. Der Focusing-Raum<br />

ist jedoch für mich nicht dasselbe<br />

wie die Leere des Zen, weil auch der<br />

große, offene Raum bei Gendlin stets noch<br />

neue Symbolik gebiert. Er biegt sich gewissermaßen<br />

wie ein Pfeil zurück, in die Welt<br />

der symbolischen Beziehungen hinein, und<br />

ändert diese dann auf vorantragende Weise.<br />

Wenn wir unseren Felt Sense, unser ganzheitliches<br />

Gespür zu einer bestimmten Situation,<br />

befragen, weil wir ein Thema bearbeiten<br />

wollen, bekommen wir ja immer neue<br />

Begriffe, innere Bilder, emotionale Impulse<br />

usw. zurück. Diese können wir dann in die<br />

symbolischen Welten, in denen wir leben,<br />

einflechten oder einkreuzen. Wir treffen<br />

außerdem auch klare Entscheidungen, wir<br />

handeln, ändern etwas im Leben. Die Leere<br />

des Zens jedoch nimmt derartige Entscheidungen<br />

gar nicht mehr so richtig ernst. Sie<br />

erkennt sie zwar an, aber sie geht noch einen<br />

Schritt weiter. Sie lässt wirklich los.<br />

Fehlt diese absolute, freundliche Leere<br />

dem Focusing, wie ich es bisher verstanden<br />

habe? Vielleicht beschäftige ich mich<br />

im Focusing noch viel zu oft mit konkreten<br />

Problemen, die gelöst werden müssen. Vielleicht<br />

ist Focusing, wenn ich es als eine abgegrenzte,<br />

erlernbare und in sich geschlossene<br />

Methode verstehe, noch gar nicht zu seiner<br />

vollen Blüte gebracht. Kann ich mir ein konsequent<br />

focusingorientiert gelebtes Leben<br />

vorstellen wie einen stetig voran fließenden<br />

Improvisationsprozess?<br />

Ich habe lange mit der Improvisationskünstlerin<br />

Beatrice Theiler darüber gesprochen,<br />

wie sich eine Haltung beschreiben<br />

ließe, die ein solches Leben verwirklicht. Beatrice<br />

nennt das »Raumern«. Es gibt, wenn<br />

man raumernd lebt, keine gordischen Knoten<br />

mehr, die gelöst oder zerschlagen werden<br />

müssten. Focusing im klassischen Sinne<br />

wäre dann gar nicht mehr nötig, da ohnehin<br />

alles im Fluss wäre. Der Übergang vom<br />

konventionellen Denken, Leben und Handeln<br />

hin zum raumernden Denken, Leben<br />

und Handeln fühlt sich für mich an wie ein<br />

Durch-den-Hochnebel-Wandern: Ich lasse<br />

mich von meinem Gespür leiten und laufe<br />

immer ungefähr dorthin, wo die Sonne herauskommt.<br />

Hat man diesen Nebel einmal<br />

durchwandert, so ist fast überall nur noch<br />

Sonne, wie ein leuchtendes, strömendes Darüberhinaus,<br />

in dem ich mich lebendig zu<br />

Hause fühlen kann. Probleme erscheinen in<br />

dieser raumernden, sonnendurchströmten<br />

Welt wie schöne Ressourcen, die mir Kraft<br />

geben, da sie die Komplexität und damit die<br />

Fülle meines Lebens anreichern. Je diffiziler<br />

ein Problem ist, das ich lösen kann, desto<br />

interessanter wird das Leben, das ich lebe.<br />

Aber ich nehme es dann gar nicht mehr als<br />

Problem wahr, sondern da sind einfach nur<br />

noch viele intrikate Muster, die mich neugierig<br />

machen. Ich werde zum Künstler, der<br />

sich über alles gleichermaßen freuen kann,<br />

was mir begegnet – Problemthemen genauso<br />

wie freudige Themen, schwierige und<br />

herausfordernde Situationen genauso wie<br />

das, was im Bayrischen »a g’mahte Wiesn«<br />

genannt wird.<br />

Vielleicht würde auch eine echte Zen-<br />

Meisterin über uns lachen, wenn wir Probleme<br />

zu lösen versuchen, da sie von vornherein<br />

in einer »erfüllte[n], gelassene[n]<br />

Gegenwart« 7 lebt: »Diese gelassene Zeit lässt<br />

die Zeit der Sorge hinter sich.« 8 Oder anders<br />

gesagt: Da ist noch immer sehr viel »Ego«<br />

im Focusing, wie ich es bisher verstand, mit<br />

drin. Was wäre also, wenn ich auch über<br />

dieses Ich noch lachen würde und mich<br />

noch mehr in die offene Freundlichkeit hinauswagte,<br />

die das Haben von Problemen<br />

überflüssig macht? Was wäre, wenn ich mir<br />

erlauben würde, noch mehr über das Haben-Können-von-Problemen<br />

als solches zu<br />

Der Focusing-Raum<br />

ist jedoch für mich<br />

nicht dasselbe wie<br />

die Leere des Zen,<br />

weil auch der große,<br />

offene Raum bei<br />

Gendlin stets noch<br />

neue Symbolik<br />

gebiert.<br />

Ich werde zum<br />

Künstler, der sich<br />

über alles gleichermaßen<br />

freuen kann,<br />

was mir begegnet<br />

– Problemthemen<br />

genauso wie freudige<br />

Themen.<br />

4 ebd., S. 93<br />

5 ebd., S. 24<br />

6 vgl. Gendlin 2015, Kapitel 8<br />

7 Han, 2002, S. 112<br />

8 ebd.<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 11


Themen<br />

Manchmal, wenn<br />

ich, mit der Kamera<br />

in der Hand, den<br />

Nebel da draußen<br />

am Fluss betrachte,<br />

spüre ich tief in mir<br />

eine tiefe, alte<br />

Resonanz.<br />

9 ebd., S. 115<br />

10 ebd., S. 121<br />

11 ebd., S. 75<br />

lachen? Was wäre, wenn ich die Focusingpraxis,<br />

wie ich sie bisher kenne, noch mehr<br />

mit dem Zen-Spirit anreichern würde? Was<br />

wäre, wenn ich raumernder leben würde?<br />

Vielleicht würden meine Alltags-Interaktionen<br />

dann weicher, fließender werden: »Das<br />

Lachen entspringt jener Ungezwungenheit,<br />

die das Ich aus seiner Starre befreit.« 9 Vielleicht<br />

entstünde dann eine Art von Leben,<br />

das noch mehr im alltäglichen Sein der voran<br />

fließenden Prozesse ankommt, sich weniger<br />

auf fest umrissene Aufgaben begrenzt,<br />

die zu lösen oder zu erledigen sind. Ein<br />

Leben, das diese Aufgaben zwar noch immer<br />

zu erledigen versucht und dies auch tut<br />

– und sich zugleich darüber kaputtlachen<br />

kann, dass sie überhaupt vorhanden sind.<br />

Zen in einer Kameralinse<br />

Ich weiß nicht, ob ich das, was die Zen-<br />

Buddhisten meinen, wirklich verstehe. Ich<br />

habe mein Leben ja nicht im Kloster verbracht.<br />

Zwar meditiere ich regelmäßig, aber<br />

dennoch lebe ich ein weltliches Leben. Vielleicht<br />

muss man, um Zen wirklich verstehen<br />

zu können, mit Haut und Haaren in dessen<br />

Praxis eintauchen. Zen ist eben kein begriffliches<br />

Gedankengebäude, sondern das durch<br />

und durch zen-artig gelebte Leben selbst.<br />

Und auch die oben beschriebenen Überlegungen<br />

könnte man als weltfremd bezeichnen.<br />

Wenn Probleme da sind, dann sind sie<br />

nun mal da und schmerzen. Um diese Tatsache<br />

komme ich erstmal nicht herum.<br />

Vielleicht ist es deshalb sinnvoll, meine<br />

Gedanken zunächst mal nur probehalber<br />

auf einem eng umrissenen Gebiet auszutesten.<br />

Nicht, um dort völlig ernst zu machen<br />

mit dem Zen, sondern um, wie ein empirischer<br />

Wissenschaftler, Erfahrungen zu sammeln<br />

und Schlussfolgerungen zu ziehen.<br />

Dies möchte ich in den nächsten Abschnitten<br />

versuchen.<br />

Das Gebiet, auf dem ich am ehesten in<br />

eine zen-artige Leere eintauche, ist für mich<br />

die Fotografie. Manchmal, wenn ich, mit der<br />

Kamera in der Hand, den Nebel da draußen<br />

am Fluss betrachte, spüre ich tief in mir<br />

eine tiefe, alte Resonanz. Ich werde erinnert<br />

an etwas, was ich längst vergessen glaubte.<br />

Wenn Han in seinem Buch von der »archaischen<br />

Freundlichkeit« des Zens spricht,<br />

so fühlt sich das für mich ganz ähnlich an,<br />

wie das, was ich dort am Fluss erlebe. Dann<br />

ahne auch ich eine archaisch-freundliche<br />

Verwandtschaft von mir mit den Bäumen,<br />

die da still im Nebel stehen.<br />

Diese Freundlichkeit ist für Han »älter<br />

als das ›Gute‹, älter als jedes moralische Gesetz«<br />

10 . Es wertet nicht. Manchmal gelingt<br />

es mir, einen Schimmer dieses archaischen<br />

Nicht-Wertens auch auf meinen Fotografien<br />

erlebbar werden zu lassen. Dann bin nicht<br />

mehr ich hier und mein Motiv ist dort drüben,<br />

sondern wir sind, obwohl wir noch immer<br />

getrennt sind, zugleich auch ein ineinanderfließendes<br />

Ganzes. Wir sind zwei und<br />

eins zugleich. Und das scheint mir fast so etwas<br />

wie ein Erfolgsrezept zu sein. Ein Rezept<br />

jedoch, das man nicht intentional befolgen<br />

kann. Die wirklich guten Fotos können nur<br />

dann entstehen, wenn es mir gelingt, mein<br />

Motiv wirklich loszulassen, so, wie ein Zen-<br />

Mönch sein Begehren loslässt. Ich mache<br />

mich selbst zum Niemand, so, wie der Zen-<br />

Maler, den Han beschreibt: Dieser »spiegelt<br />

die Landschaft niemandig in sich. Die Landschaft<br />

malt die Landschaft« 11 .<br />

Wenn ich fotografiere, versuche ich also<br />

nicht, eine bestimmte, vorab bereits durchdachte<br />

Botschaft, die mir wichtig ist, in das<br />

Bild einzubetten. Der Sinn eines guten Fotos<br />

ist nicht vorab in mir gegeben, als etwas<br />

bereits Fertiges oder Vorhandenes. Es ist<br />

vielmehr so, dass ich versuche, dem, was an<br />

einem Ort spürbar ist – ja, dem Ort selbst –<br />

auf dem Bild einfach einen freien Raum zu<br />

schenken. Vielleicht mag Ihnen diese Ausdrucksweise<br />

etwas ungewohnt vorkommen.<br />

Es ist auch für mich etwas ungewohnt, den<br />

magischen, sensiblen, oft auch zerbrechlichen<br />

Augenblick, in dem ein gutes Foto entsteht,<br />

in verstehbare Worte zu fassen. Vielleicht<br />

könnte man es so ausdrücken: Der Ort<br />

darf sich auf dem Foto selbst ausdrücken,<br />

ich stelle ihm hierfür nur einen Rahmen zur<br />

Verfügung. Ich erlaube ihm, ja lade ihn regelrecht<br />

ein, sich mir gegenüber verletzlich<br />

zu zeigen.<br />

Freiraum als Vorbedingung<br />

Damit dies gelingen kann, brauche ich eine<br />

bestimmte innere Haltung, die uns aus dem<br />

Focusing wohlvertraut ist. Ich versuche,<br />

mich ganz leer zu machen, leer von dem,<br />

was mich gerade beschäftigt im Leben:<br />

Projekte, an denen ich arbeite, Konflikte,<br />

die ungeklärt sind, Aufgaben, Beziehungsthemen<br />

und so weiter. All das gehört zwar<br />

auch noch zu meinem Leben dazu, wenn ich<br />

auf Foto-Tour bin. Dennoch gelingt es mir<br />

oft ganz gut, einen künstlerischen Freiraum<br />

zwischen mir und dem Alltag zu erschaffen.<br />

Das heißt: Ich stelle diese Alltags-Inhalte im<br />

12 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Themen<br />

Moment des künstlerischen Schaffens aus<br />

meinem Bewusstsein hinaus. Oder, um es in<br />

Hans Worten zu sagen: Ich lasse mein Herz<br />

vom Alltag fasten. Dann wird ein Freiraum,<br />

eine mit dem Motiv erfüllbare Leere spürbar.<br />

Das, was ich durch die Kamera betrachte,<br />

ist dann kaum noch direkt beeinflusst<br />

von aktuellen Themen, und auch von Intentionen<br />

und Vorstellungen davon, wie etwas<br />

»richtig« dargestellt werden sollte. Ich denke<br />

auch nicht darüber nach, für wen ich diese<br />

Fotos mache und wofür ich sie verwenden<br />

könnte. All das spielt dann keine Rolle mehr.<br />

Nur das, was da ist, zählt. Man könnte dies<br />

auch als eine Haltung der Demut vor dem<br />

Motiv beschreiben. Nicht ich entscheide,<br />

sondern das Motiv bestimmt, wie es sich<br />

mir zeigt. Was einzig leitend wirkt, bevor ich<br />

den Auslöser betätige, ist mein Gespür für<br />

Ästhetik. Erst an dieser Stelle kommt mein<br />

»Ich« wieder mit herein. Erst hier beginne<br />

ich, ganz im klassischen Sinne, Focusing<br />

zu betreiben. Ich halte dann den Sucherausschnitt<br />

als Ganzes in meinem Gewahrsein<br />

und spüre es, wenn alle Proportionen<br />

ungefähr gleich gewichtet sind. Ein Felt<br />

Sense, mein Gespür für Stimmigkeit also,<br />

leitet mich. Ich befrage dieses Gespür darüber,<br />

was ich wie tun kann – so würde ich<br />

beispielsweise nicht auslösen, wenn ich das<br />

Gefühl hätte, dass die rechte Bildhälfte sich<br />

»schwerer« anfühlt als die linke, dass mehr<br />

Gewicht, mehr Intensität, mehr Inhalt nur<br />

einseitig vorhanden ist oder dass bestimmte<br />

Bildteile unterrepräsentiert sind.<br />

Das Was ist egal, das Wie nicht<br />

Was ich darstelle, ist somit letztlich fast egal.<br />

Vermutlich lässt sich alles so fotografieren,<br />

dass es interessant wird, wenn ich ihm in<br />

dieser Haltung der Demut begegne. Das<br />

Offene, das ich in Hans Zeilen über Zen erkenne,<br />

ist auch auf meinen Fotos »zwischen<br />

den Zeilen« ahnbar. Ich glaube, Menschen,<br />

Foto 1:<br />

Aufnahme vor dem innerlichen Loslassen (d.h.<br />

ohne »Zen-Spirit«): Das Bild wirkt insgesamt unruhiger,<br />

die einzelnen Bildelemente sind nicht klar<br />

aufeinander bezogen, sondern wirken ähnlich wie<br />

»Mikadostäbchen« einfach lose aufs Bild geworfen.<br />

Zwar wirkt dies auch irgendwie interessant,<br />

besonders aufgrund der bunten Farben, jedoch<br />

bleibt es für mich eher ein »Allerweltsbild«.<br />

Foto 2:<br />

Aufnahme nach dem innerlichen Loslassen (d.h.<br />

mit »Zen-Spirit«): Das Bild wirkt insgesamt ruhiger,<br />

die einzelnen Bildelemente sind ein in sich konsistentes<br />

komplexes Ganzes. Insgesamt enthält<br />

es weniger Bildelemente als Bild 1, d.h. auf den<br />

ersten Blick wirkt es etwas langweiliger …, wenn<br />

ich jedoch mit dem Foto verweile, entfaltet es eine<br />

Art von Sog …, es zieht mich in sich hinein.<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 13


Themen<br />

12 ebd., S. 84<br />

Dr. Tony Hofmann<br />

Dipl.-Psychologe<br />

Psychotherapeut (HP)<br />

Lehrbeauftragter Universität<br />

Würzburg<br />

97072 Würzburg<br />

mail@tonyhofmann.de<br />

die meine Bilder betrachten, spüren intuitiv,<br />

dass die Dinge nicht so eng sind, wie<br />

sie zunächst scheinen. Sie bemerken, dass<br />

alles in Veränderung begriffen, dass eben<br />

alles prozesshaft-lebendig ist. Das, was ich<br />

selbst im Moment des Auslösens sehe, und<br />

meine eigene Lebendigkeit, die ich dabei<br />

empfinde, wenn sich ein Ort mir öffnet –<br />

all das wird im abgelichteten Motiv als ein<br />

visuelles Ganzes zusammengeführt. Meine<br />

eigene Berührbarkeit, die zugleich auch die<br />

Verletzlichkeit des Motivs ist, wird im Moment<br />

des Auslösens in Farben und Formen<br />

gegossen. Das mag einer der Gründe dafür<br />

sein, warum meine Bilder in Therapie- und<br />

Beratungsprozessen so gut funktionieren.<br />

Menschen erkennen ihre eigene innere<br />

Empfindsamkeit »dort draußen«, in den<br />

Bildern, wieder. Etwas in meinen Bildern<br />

resoniert mit dem, was psychisch in einer<br />

Betrachterin vor sich geht. Diese Erfahrung<br />

habe ich schon sehr oft gemacht, viele Rückmeldungen<br />

von Menschen, die die Karten<br />

professionell einsetzen, bestätigen es.<br />

Ich mache mich, wenn ich fotografiere,<br />

dem Ort gegenüber verletzlich, und der Ort<br />

antwortet mir mit einer Öffnung. Wenn ich<br />

davon spreche, dass er sich zeigt, so bedeutet<br />

dies, dass ich alle Vorurteile beiseite lasse,<br />

um den Ort so zu sehen, wie er wirklich ist.<br />

Das überträgt sich vermutlich auch auf die<br />

Betrachter der Fotografien – sie erkennen<br />

sich und ihre Themen in den Bildern so, wie<br />

sie eigentlich sind: ungeschminkt und pur.<br />

Wenn ich beim Fotografieren vorher glaubte<br />

zu wissen, was ich sehe, öffnet sich vor meinem<br />

Auge nun eine Realität, die realer ist als<br />

meine Erwartung von dem, was ich zu sehen<br />

bekommen würde. Ich sehe dann nicht<br />

nur das, was meinen Stereotypen entspricht<br />

(z.B. die typisch idyllische Blumenwiese),<br />

sondern ich sehe auch den liegengelassenen<br />

Müll am Wegesrand. Erst wenn ich diesen<br />

kleinen Schmerz, diese kleine Enttäuschung<br />

zulasse, mich auch ihr gegenüber verletzlich<br />

mache, beginnt mein Motiv zu mir zu<br />

sprechen. Es mag sein, dass Menschen, die<br />

meine Bilder betrachten, genau deshalb im<br />

Betrachten auch ihre eigene Verletzlichkeit<br />

leichter annehmen können.<br />

Die Fotografie ist für mich reine Meditationspraxis.<br />

Ich lasse mein Herz fasten, hänge<br />

es nicht an die Dinge, die ich ablichten<br />

will. Wenn es mir gelingt, mich ganz leer zu<br />

machen, so werde ich reich beschenkt. Die<br />

Bilder, die dabei entstehen, rühren vielleicht<br />

auch an die große Leere der Betrachterinnen<br />

und Betrachter, eine Leere, die eine unendliche<br />

Fülle impliziert. Vielleicht enthalten<br />

sie eine frohe Botschaft: Hab keine Angst<br />

davor, deinen Schmerz anzuschauen und<br />

loszulassen. Schmerzlich erlebte Probleme<br />

sind nichts anderes als symbolische Realitäten.<br />

Es gibt ein Mehr, das größer und offener<br />

ist als das, worin du gerade feststeckst. Du<br />

darfst ins Fließen, in Bewegung kommen.<br />

Hab den Mut, auch dich selbst ganz leer zu<br />

machen und das anzuerkennen, was ist – so,<br />

wie es eben ist. So kann es sich denn, wenn<br />

es das wirklich möchte, auch verändern.<br />

Dies sage ich als (noch) Focusing-Mann.<br />

Als Zen-Meditierender jedoch erkenne ich<br />

zugleich (schon), dass es irgendwie auch<br />

egal ist, ob es das tut. Und auch die Worte<br />

dieses Artikels sind (aus einer Zen-Haltung<br />

heraus gesprochen) für mich nichts anderes<br />

als symbolische Realitäten, die es wieder<br />

loszulassen gilt. Wenn sie veröffentlicht<br />

sind, dann ist es vielleicht ein bisschen so,<br />

als hätten sie gar nicht existiert, als hätte ich<br />

eigentlich gar nichts gesagt 12 :<br />

Selbst wenn ich spräche,<br />

die kalten Lippen wären<br />

nur Wind des Herbstes.<br />

Bashô<br />

14 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Themen<br />

Zu den Worten hin oder<br />

von der Sprache weg?<br />

Focusing und Meditation im Vergleich<br />

■■<br />

Von Peter Lincoln<br />

Neulich schickte mir ein Freund folgenden<br />

Cartoon: Zwei Hunde schauen<br />

aus dem Fenster und beobachten die Leute,<br />

die vorbeigehen. Einer fragt den anderen:<br />

»Warum tragen all diese Menschen plötzlich<br />

Maulkörbe?«, und bekommt als Antwort:<br />

»Weil sie den Befehl ›Sitz und Bleib‹ nicht<br />

verstehen!« Der Philosoph Blaise Pascal hat<br />

im 17. Jahrhundert Ähnliches festgestellt:<br />

»Ich habe es oft gesagt: Das ganze Unglück<br />

der Menschen kommt daher, dass sie nicht<br />

ruhig in einem Zimmer bleiben können.«<br />

Nun hat uns die Ansteckungsgefahr dazu<br />

gezwungen, mehr Zeit in den eigenen vier<br />

Wänden zu verbringen – und dabei erlebe<br />

ich manchmal aus erster Hand, was daran<br />

so schwierig ist. Pascal formuliert es radikal:<br />

»Nichts ist dem Menschen so unerträglich,<br />

als wenn er sich in vollkommener Ruhe befindet,<br />

ohne Leidenschaften, ohne Beschäftigungen,<br />

ohne Zerstreuungen, ohne Betriebsamkeit.<br />

Dann fühlt er seine Nichtigkeit,<br />

seine Verlassenheit, seine Unzulänglichkeit,<br />

seine Abhängigkeit, seine Ohnmacht, seine<br />

Leere. Sogleich werden vom Grunde seiner<br />

Seele die Langeweile, der Trübsinn, die<br />

Traurigkeit, der Kummer, der Verdruss und<br />

die Verzweiflung aufsteigen.« Beim Schreiben<br />

dieses Zitats kommt bei mir der Gedanke:<br />

Wenn nur die Hälfte davon stimmt, kann<br />

ich doch dankbar sein, dass wir Internet,<br />

Smartphone und Netflix haben, um uns vor<br />

dem schwarzen Loch zu schützen!<br />

Oder, anstatt wieder die verlockenden<br />

Fluchtwege zu suchen, könnte ich die Gelegenheit<br />

nutzen, um zwei Methoden praktisch<br />

miteinander zu vergleichen, die mir<br />

bisher immer wieder geholfen haben – Meditation<br />

und Focusing. Ohne Zweifel haben<br />

sie einen gemeinsamen Vorteil – ich kann<br />

sie allein praktizieren, und das ist in Zeiten<br />

der »social isolation« schon sehr wertvoll.<br />

Aber welche Techniken bieten sie an, mich<br />

dem zu stellen, was in mir in der Stille hochkommt?<br />

Zu welchen Ebenen in mir nehme<br />

ich bei den beiden Wegen Kontakt auf? Geht<br />

es hier um zwei völlig unterschiedliche Zielrichtungen<br />

oder gibt es Überschneidungen?<br />

Könnten sie sich sogar gegenseitig ergänzen?<br />

Gemeinsame Ausgangslage<br />

Fangen wir bei den Ähnlichkeiten an. Zuerst<br />

ist festzuhalten, dass die beiden Methoden<br />

oft eine gemeinsame Ausgangsfrage haben,<br />

nämlich: Wie komme ich zur Ruhe, wenn<br />

alles in mir und um mich herum dagegen<br />

arbeitet? Bei der Meditation, zum Beispiel,<br />

nehme ich mir vor, zwanzig Minuten oder<br />

mehr in der Stille zu sitzen, und erlebe, wie<br />

am Anfang dieser Zeit mein Kopf von Sorgen<br />

und ängstlichen Gedanken gefüllt ist,<br />

die mich gar nicht in Ruhe lassen. Wie hoch<br />

war gestern die Infektionsrate und wie groß<br />

die Chancen, dass ich dieses Virus bekomme?<br />

Wie lange noch soll die Kontaktsperre<br />

bestehen? Wie werde ich das überhaupt<br />

aushalten? Und dazu kommen natürlich die<br />

Probleme und Themen, die ich sonst noch<br />

habe! Um dem allen nicht hoffnungslos ausgeliefert<br />

zu sein, bieten an dieser Stelle die<br />

verschiedenen Traditionen der Meditation<br />

bestimmte Techniken an. In diesem Artikel<br />

wird der Schwerpunkt bei den christlichen<br />

Meditationsformen liegen, aber in der<br />

Praxis gibt es bei der Vielfalt der religiösen<br />

Traditionen viele Gemeinsamkeiten: durch<br />

die Wahrnehmung der Sitzhaltung und den<br />

»Ich habe es oft<br />

gesagt: Das ganze<br />

Unglück der Menschen<br />

kommt daher,<br />

dass sie nicht<br />

ruhig in einem Zimmer<br />

bleiben können.«<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 15


Themen<br />

Meditation führt von<br />

der »wissenden«<br />

Sprache weg hin<br />

zum »nichtwissenden«<br />

Schweigen.<br />

Focusing beginnt<br />

mit einem Nichtwissen<br />

– mit dem »felt<br />

sense«, der gespürt<br />

wird, aber noch<br />

keine Sprache hat<br />

– und führt zu den<br />

Worten, zum Expliziten<br />

hin.<br />

1 Richard Rohr: Christianity<br />

and Unknowing. Vortrag<br />

YouTube. 2017<br />

2 Cynthia Bourgeault: Centering<br />

prayer and inner awakening.<br />

Chicago 2004. S.32<br />

3 J. P. Williams: Seeking the<br />

God beyond. A beginner’s<br />

guide to Christian apophatic<br />

spirituality. Oregon<br />

2019, S. xix<br />

Rhythmus des Ein- und Ausatmens verlagert<br />

sich die Aufmerksamkeit nach und<br />

nach aus dem Kognitiven in den ganzkörperlichen<br />

Bereich. Durch die Präsenz im<br />

Körper oder durch die Wiederholung eines<br />

Mantras lerne ich, die Gedanken und Gefühle<br />

loszulassen und in der Wortlosigkeit<br />

zu verweilen.<br />

Auch Focusing bietet sich an, wenn ich<br />

nach Ruhe suche, um den inneren Störungen<br />

nicht ausgeliefert zu sein, aber der Vorgang<br />

sieht etwas anders aus. Die Wahrnehmung<br />

eines inneren körperlichen Freiraums<br />

hat zwar gewisse Ähnlichkeiten zur Einleitung<br />

in die Meditation, aber danach geht es<br />

weniger um das Loslassen und mehr um die<br />

Kontaktaufnahme zu dem, was mich stört<br />

oder beschäftigt. Ich nehme zum Beispiel<br />

eine Stelle in mir wahr, die körperlich spürbar,<br />

aber noch unklar ist und keine passenden<br />

Worte hat. Ich versuche nicht, sie loszulassen,<br />

sondern verweile bei ihr und warte<br />

darauf, dass sie sich deutlicher zu erkennen<br />

gibt. Dabei merke ich, dass diese Stelle sich<br />

sorgt oder Angst hat. Ich mache mir bewusst,<br />

dass dieses nur ein Teil von mir ist,<br />

ein »Etwas«, aber nicht meine ganze Person.<br />

Ich lerne mit der Zeit, diesem Teil Gesellschaft<br />

zu leisten, zu hören, wie es ihm wirklich<br />

geht, zu fragen was es braucht. Mit anderen<br />

Worten wird es nicht weggescheucht,<br />

sondern liebevoll angeschaut und im Laufe<br />

der Zeit als wichtiger Teil meiner Person angenommen<br />

und integriert.<br />

Unterschiedliche Ebenen?<br />

Sowohl von Exponenten der Meditation<br />

wie auch in der Focusing-Literatur findet<br />

man Warnhinweise, dass es sich hier um<br />

unterschiedliche Bewusstseinsdimensionen<br />

handelt, die nicht miteinander verwechselt<br />

werden sollen. Eugene Gendlin, dem Focusing-»Gründer«,<br />

war es immer wieder wichtig,<br />

zwischen Focusing und Meditation zu<br />

unterscheiden. Während wir laut Gendlin<br />

beim Focusing zu einem körperlich wahrnehmbaren<br />

Bereich Kontakt aufnehmen,<br />

beschäftigten sich die meisten Meditationsarten<br />

mit einem »tiefer liegenden Raum«.<br />

Dort, im Gegensatz zu Focusing, würden<br />

Worte und Dialog keine Rolle spielen. Eine<br />

Verwechslung der beiden Ebenen könne<br />

dazu führen, dass Menschen beim Lernen<br />

der Focusing-Methode anfänglich Probleme<br />

haben. Die Gefahr, vor der Gendlin warnt,<br />

habe ich auch manchmal in Ausbildungsgruppen<br />

erlebt, wenn Teilnehmende, die in<br />

bestimmten Formen der Meditation oder<br />

zum Beispiel im Autogenen Training geübt<br />

sind, dazu neigen, in diese tiefere Ebene einzutauchen,<br />

anstatt dort zu bleiben, wo ein<br />

innerer Dialog entstehen kann.<br />

Auch von der anderen Seite, bei Anleitungen<br />

zur Meditation, wird gelegentlich<br />

auf eine Unterscheidung zwischen zwei<br />

unterschiedlichen Ebenen hingewiesen. In<br />

manchen Büchern im englischsprachigen<br />

Raum aus dem Bereich der christlichen Spiritualität<br />

– zum Beispiel bei Richard Rohr,<br />

Cynthia Bourgeault oder J.P. Williams – tauchen<br />

öfter die zwei gegensätzlichen Begriffe<br />

»apophatisch« und »kataphatisch« auf, die<br />

aus der Geschichte der Theologie, vor allem<br />

der Mystik, stammen. 1 Für unsere Ohren<br />

klingen diese Begriffe vielleicht ein bisschen<br />

abstrakt oder sperrig, aber sie können helfen,<br />

die unterschiedlichen Dimensionen genauer<br />

zu beschreiben. In »Seeking the God<br />

beyond: a beginner’s guide to Christian apophatic<br />

spirituality« erklärt Williams die Bedeutung<br />

des Wortes apophatisch vom Griechischen<br />

her als eine Bewegung von (apo)<br />

der Sprache (phasis) weg. Kataphatische<br />

Theologie befasst sich dagegen mit dem,<br />

was man in Sprache und Bildern beschreiben<br />

kann. 2 Diese Unterscheidung wird von<br />

Cynthia Bourgeault in ihrem Buch »Centering<br />

prayer and inner awakening« bestätigt,<br />

indem sie zwischen kataphatischen und<br />

apophatischen Formen der Meditation differenziert.<br />

3 Kataphatische Meditation, wie<br />

zum Beispiel bei ignazianischen Exerzitien,<br />

beansprucht die Ebene des Denkens und<br />

Fühlens, während apophatische Kontemplation<br />

auf eine Ebene jenseits oder unterhalb<br />

der Worte zielt, wie dies beim Herzensgebet<br />

(im englischen Sprachraum meist als »centering<br />

prayer« bekannt) der Fall ist. Auch sie<br />

warnt wie Gendlin davor, die beiden Ebenen<br />

miteinander zu verwechseln.<br />

Kataphatisch und apophatisch<br />

Nach diesen Definitionen wäre Focusing<br />

eine kataphatische und die meisten Formen<br />

der Meditation eine apophatische Tätigkeit.<br />

Meditation führt von der »wissenden« Sprache<br />

weg hin zum »nichtwissenden« Schweigen.<br />

Focusing beginnt mit einem Nichtwissen<br />

– mit dem »felt sense«, der gespürt<br />

wird, aber noch keine Sprache hat – und<br />

führt zu den Worten, zum Expliziten hin. In<br />

beiden Methoden haben wir mit einer Bewegung<br />

zwischen den Bewusstseinsebenen<br />

zu tun, aber in entgegengesetzte Richtung.<br />

16 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Themen<br />

Meditierende befinden<br />

sich nicht sofort auf der<br />

wortlosen Ebene, sondern<br />

lassen alles nacheinander<br />

los, was mit Gedanken<br />

und Gefühlen zu tun hat,<br />

um zu einer Dimension<br />

ohne Sprache und Unterscheidungen<br />

zu gelangen.<br />

Focusing beginnt mit<br />

der Wahrnehmung einer<br />

wortlosen Ebene, die man<br />

spüren, aber noch nicht<br />

beschreiben kann, und<br />

lässt Worte oder Bilder daraus<br />

entstehen. Inwiefern<br />

die wortlose Ebene der<br />

Kontemplation und die<br />

des Felt Sense vergleichbar<br />

sind oder ob der Felt<br />

Sense grundsätzlich einen<br />

Bezug zum »Göttlichen«<br />

oder »Spirituellen« in uns<br />

hat – das sind Fragen, die<br />

den Rahmen dieses Artikels<br />

sprengen würden. Hier ist es mir wichtiger,<br />

auf die unterschiedlichen Richtungen<br />

hinzuweisen: In der Meditation bewegt man<br />

sich meistens von »oben« nach »unten« und<br />

beim Focusing umgekehrt.<br />

Trotzdem erlaube ich mir eine kurze<br />

Nebenbemerkung. Aus dieser Perspektive<br />

betrachtet haben die Gottesbegegnungen<br />

im hebräischen Alten Testament eher einen<br />

kataphatischen Charakter. Mose, zum Beispiel,<br />

wird mit etwas konfrontiert, das über<br />

sein Wissen und Verstehen hinausgeht. Er<br />

beschreibt es als einen brennenden Dornbusch,<br />

nähert sich ihm und kommt damit<br />

ins Gespräch. Seine Erfahrung beginnt mit<br />

dem wortlosen Numinosen, bekommt danach<br />

Worte und endet mit einem Auftrag<br />

– er soll das Volk von der Sklaverei befreien.<br />

Ähnliche Schilderungen finden wir in<br />

den Gottesbegegnungen von Abraham oder<br />

Jesaja. Bei all diesen Fällen empfinde ich –<br />

zwar mit einem anderen Vokabular ausgedrückt<br />

– eine große Nähe zu Focusing: Man<br />

hört auf den vagen impliziten Felt Sense,<br />

kommt damit in einen Dialog, aus dem am<br />

Ende ein nächster neuer Lebensschritt entstehen<br />

kann. Apophatische Spiritualität in<br />

der christlichen Tradition dagegen lässt sich<br />

nach meinem Wissen erst bei den Wüstenvätern<br />

und -müttern nach dem 4. Jahrhundert<br />

eindeutig belegen.<br />

Focusing-Begleitung statt<br />

»spiritual bypassing«<br />

Auch wenn Focusing und Meditation sich<br />

normalerweise in zwei verschiedene Richtungen<br />

bewegen, sind sie für mich Wege, die<br />

sich gegenseitig ergänzen und bereichern.<br />

Für mich kommt es darauf an, was ich im<br />

Moment gerade brauche. Ich erlebe manchmal<br />

Zeiten, wo die Wucht der Gedanken,<br />

Ängste, Sorgen oder Wut so überwältigend<br />

zu sein scheint, dass ich nicht in der Lage<br />

bin, mich auf ein Focusing einzulassen. Hier<br />

helfen mir am meisten die Techniken, die<br />

ich bei der Meditation kennen gelernt habe<br />

– ich nehme meinen Atem wahr, komme mit<br />

der Aufmerksamkeit in den Körper und benutze<br />

mein Gebetswort oder Mantra – nicht<br />

um über seinen Inhalt nachzudenken, sondern<br />

damit mein Kopf beschäftigt wird und<br />

kein Platz für andere Dinge übrigbleibt! Und<br />

manchmal tut es gut, keine Themen »bearbeiten«<br />

zu müssen, und stattdessen mich in<br />

der Kontemplation etwas auszuruhen.<br />

Wer sich aber auf Dauer so verhält,<br />

kommt in die Gefahr, dass die Meditationspraxis<br />

zu einer Art von »spiritual bypassing«<br />

wird, um einen Begriff aus einem<br />

Artikel von David Rome anzuwenden 4 . Damit<br />

beschreibt er das Phänomen, dass man<br />

beim Meditieren in eine tiefe Ebene ohne<br />

Worte eintaucht und dabei die Sorgen und<br />

Themen des eigenen Lebens umgeht. Sie<br />

4 David Rome: Focusing –<br />

eine Praxis, die Meditation<br />

ergänzt. Focusing Journal<br />

39, 2017<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 17


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tauchen natürlich als Störenfriede bei der<br />

Meditation auf, aber mit einer gekonnten<br />

Strategie – zum Beispiel mit einem Mantra<br />

oder durch Aufmerksamkeit für den Atemrhythmus<br />

– lässt man sie los und kommt<br />

zu der tiefen Stelle wieder zurück. Thomas<br />

Keating, der Hauptvertreter von Centering<br />

Prayer in den USA, verteidigt diese Meditationsmethode<br />

mit der Behauptung: Je öfter<br />

oder länger wir an dieser tiefen Ebene<br />

ohne Konzepte und Worte verweilen, desto<br />

mehr würden die Themen und Probleme<br />

unseres Lebens sich von dieser Stelle aus<br />

ohne unser bewusstes Zutun alleine sortieren.<br />

Dass die tief verwurzelten problematischen<br />

Persönlichkeitsstrukturen sich<br />

ohne unsere Mitarbeit auflösen – geschweige<br />

denn die »kleineren« Themen, wie zum<br />

Beispiel die Angst vor einer Erkrankung,<br />

ein Beziehungskonflikt oder eine berufliche<br />

Entscheidung –, halte ich eher für<br />

unwahrscheinlich. Übrigens widerspricht<br />

diese Behauptung einer Grunderkenntnis<br />

der christlichen Spiritualität, die bis zu den<br />

Wüstenvätern zurückzuverfolgen ist, nämlich<br />

die Erfahrung: »Nur das, was ich anschaue,<br />

kann geheilt werden.«<br />

In ihrem oben zitierten Buch beschreibt<br />

Bourgeault etwas differenzierter den Läuterungsprozess<br />

beim Meditieren, und dadurch<br />

nimmt sie indirekt Stellung zu der<br />

Behauptung von Keating. Laut Bourgeault<br />

würde beim Meditieren – besonders in der<br />

intensiven Form einer längeren Retraite<br />

– das Verweilen auf einer apophatischen<br />

Ebene den verkrusteten Boden unserer<br />

tiefsten Persönlichkeitsebene auflockern<br />

und es ermöglichen, dass Themen, Stimmungen<br />

und Gefühle in unser bewusstes<br />

Erleben hochsteigen. Nun sei es die Aufgabe<br />

des Meditierenden, all diese Dinge loszulassen<br />

und sich von ihnen innerlich zu<br />

verabschieden. Um dieses zu ermöglichen,<br />

stellt sie das sogenannte »Welcoming prayer«<br />

vor, eine Methode in drei Schritten, die<br />

eine erstaunliche Ähnlichkeit zu bestimmten<br />

Aspekten von Focusing zeigt, aber ohne<br />

es namentlich zu benennen.<br />

Bourgeaults Ausführungen bieten ein<br />

interessantes Beispiel dafür, wie Meditationsprozesse<br />

manchmal Ergänzung brauchen. Sie<br />

zeigt, dass die Bewegung des Bewusstseins<br />

nicht immer nur von oben nach unten geht,<br />

und schlägt eine Methode vor, um die von<br />

unten aufsteigenden Themen zu verarbeiten.<br />

Nach meiner Erfahrung ist Focusing bestens<br />

dazu geeignet – und das nicht nur in einer<br />

abgespeckten Form. Praktisch könnte das so<br />

aussehen: Beim Meditieren kann ich nach<br />

wie vor die Themen, Gedanken und Sorgen<br />

loslassen, aber diejenigen, die öfter auftauchen,<br />

merke ich mir, bevor ich sie verabschiede.<br />

Mit diesen Themen mache ich eine<br />

Art innerer Verabredung und nehme mir<br />

vor, mich ihnen bei der nächsten Gelegenheit<br />

zuzuwenden, sie anzuschauen. So kann<br />

ich meine Meditation fortsetzen, ohne die<br />

Problemstellen zu verdrängen. Durch einen<br />

inneren Dialog mit meinem »Thema« würde<br />

es sich herausstellen, ob sich dabei etwas löst,<br />

damit ich es wirklich loslassen kann, oder ob<br />

es weitere Zuwendung braucht.<br />

Focusing als »flankierende Maßnahme«<br />

bei Meditationskursen<br />

In meinen Erfahrungen als Teilnehmer bei<br />

Meditationsseminaren und –ausbildungen<br />

18 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Themen<br />

ist mir aufgefallen, dass den Teilnehmenden<br />

wenig persönliche Begleitung angeboten<br />

wird, oder wenn doch, dann in einer<br />

sehr vagen Form. Überhaupt wird wenig<br />

darüber geredet, was passiert, wenn man<br />

zwanzig Minuten oder mehr in der Stille<br />

verbringt. Allgemein wird vielleicht darauf<br />

hingewiesen, dass man bei auftauchenden<br />

und belastenden Problemen die Meditationsleiter<br />

ansprechen darf, aber oft fehlt ein<br />

strukturiertes Begleitungsangebot. Meines<br />

Erachtens sollte bei jeder Meditationsausbildung<br />

konkreter über die Erfahrungen<br />

der Teilnehmenden gesprochen werden und<br />

mit Focusing oder einer anderen Form der<br />

seelsorgerlichen oder therapeutischen Hilfe<br />

eine Art flankierende Maßnahme angeboten<br />

werden – nicht erst dann, wenn die Teilnehmenden<br />

beim Meditieren in Schwierigkeiten<br />

geraten. Mit diesem Vorschlag empfehle<br />

ich nicht, die beiden Methoden miteinander<br />

zu vermischen. Meditieren bleibt Meditieren<br />

und Focusing bleibt Focusing, aber als<br />

ergänzende Begleitmaßnahme, um »störende«<br />

Themen bei der Meditation nachträglich<br />

zu bearbeiten, kann Focusing eine wichtige<br />

Unterstützung sein.<br />

Focusing und das Mehr<br />

Bisher habe ich mich in diesem Artikel vorwiegend<br />

damit beschäftigt, wie Focusing eine<br />

Meditationspraxis unterstützen kann. Zum<br />

Schluss würde ich gern die Frage andersherum<br />

stellen: Wie kann Focusing durch meditative<br />

Traditionen ergänzt werden? Wenn<br />

ich Focusing praktiziere, nehme ich zu etwas,<br />

was in mir ist, Beziehung auf. Wenn ich<br />

aufmerksam bin, stelle ich manchmal fest,<br />

dass sich diese Beziehung nicht nur auf »ich<br />

und mein Felt Sense« beschränkt, sondern<br />

mit etwas mehr in Verbindung ist. Wenn<br />

ich begleitet werde, spüre ich natürlich die<br />

Verbindung zu meiner Begleitperson. Aber<br />

manchmal, wenn ich zu einer tiefen Ebene<br />

in mir in Kontakt bin, entsteht ein Gefühl<br />

der Verbundenheit mit anderen Menschen<br />

oder sogar darüber hinaus mit einem »etwas<br />

mehr«, das sich schwer beschreiben lässt,<br />

aber trotzdem da ist.<br />

Jede Tradition der Spiritualität enthält<br />

Bilder oder Sätze, die Menschen benutzt<br />

haben, um ihre Erfahrung mit dem »Mehr«<br />

zu formulieren. Warum sollte man beim<br />

Focusing solche Bilder nicht in Anspruch<br />

nehmen? Darin ist allerdings auch eine<br />

Gefahr enthalten, aber wer sie kennt, kann<br />

sie besser vermeiden. Beim Vermischen<br />

von Focusing und bestimmten Formen der<br />

Spiritualität ist die Versuchung groß, vom<br />

Kopf her Ideen oder Lösungsvorschläge zu<br />

entwickeln (meine Vorstellung von dem,<br />

was guttun könnte), anstatt auf die Antwort<br />

des Körpers zu warten. Es soll nicht darum<br />

gehen, mit einem Bibelvers dem Körper zu<br />

sagen, was er jetzt eigentlich spüren sollte,<br />

sondern mit einem Bild oder Satzteil mache<br />

ich meinem Inneren einen Vorschlag und<br />

warte ab, ob von der eingeengten oder verunsicherten<br />

Stelle eine Resonanz entsteht,<br />

vielleicht eine Art inneres Nicken, ein »Ja,<br />

das tut gut«.<br />

Das hebräische Alte Testament enthält<br />

zum Beispiel unzählige Beschreibungen von<br />

Freiraum oder von einem sicheren Ort, vor<br />

allem in den Psalmen. Eine solche Stelle, auf<br />

die ich neulich aufmerksam gemacht wurde,<br />

ist ein Vers aus Psalm 116 in der Übersetzung<br />

von Martin Buber: ER ist ein Hüter<br />

der Einfältigen, bin ich erschwacht, er befreit<br />

mich. Kehre, meine Seele, zu deiner Ruhestatt<br />

um, Denn ER fertigts für dich. Beim<br />

Sprechen dieser Zeilen (dabei kann ich das<br />

mehrfache befremdliche ER mit anderen<br />

Namen oder mit dem Namenlosen ersetzen)<br />

erkenne ich die darin enthaltene Einladung:<br />

Deine Seele braucht nicht den ängstlichen<br />

Gedanken nachzugehen. Sie darf stattdessen<br />

zu einer Ruhestätte zurückkehren. Und die<br />

musst du nicht mal selber bauen, denn sie<br />

ist in dir schon vorhanden. Der Druck, allein<br />

gegen etwas ankämpfen zu müssen, löst sich.<br />

Ich entspanne mich und merke, wie es ist, an<br />

einer Ruhestätte zu verweilen, um von dort<br />

aus mit etwas mehr Gelassenheit zu beobachten,<br />

wie die Sorgengedanken kommen und<br />

gehen. Alte Worte erreichen eine tiefe innere<br />

Stelle in mir, und ich fühle mich mit einer<br />

langen spirituellen Tradition verbunden.<br />

Wenn ich konsequent nach Focusing-<br />

Art vorgehe, das heißt, wenn ich von meinem<br />

Erleben ausgehe und die alten Worte<br />

dazu nehme, um zu spüren, ob sie passen,<br />

öffne ich auch den Weg für einen sinnvollen<br />

Dialog mit Menschen, die aus anderen<br />

spirituellen Traditionen kommen. Es geht<br />

nämlich nicht um Dogmen, die man glauben<br />

muss, sondern um die Suche nach einer<br />

Sprache, die zu meinem inneren Erleben<br />

passt. Im Austausch mit Menschen aus einem<br />

anderen Hintergrund könnte ich dann<br />

entdecken, dass unsere Erfahrungen sich gar<br />

nicht so viel unterscheiden, sondern nur die<br />

Worte, die wir dafür benutzen, um sie zu beschreiben.<br />

Es soll nicht darum<br />

gehen, mit einem<br />

Bibelvers dem Körper<br />

zu sagen, was<br />

er jetzt eigentlich<br />

spüren sollte.<br />

Dr. Peter Lincoln<br />

Seminarleiter und Evangelisch-<br />

Freikirchlicher Pastor i.R.<br />

Focusing-Ausbilder<br />

promovierter Germanist und<br />

Buchautor<br />

30974 Wennigsen<br />

www.lincoln-link.de<br />

info@lincoln-link.de<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 19


Termine<br />

Focusing:<br />

Achtsam sein, Freiraum finden und Lösungsschritte kommen lassen<br />

Für Mitarbeiter*innen in der Flüchtlingsarbeit<br />

Leitung:<br />

Mag.a Inge Pinzker, MSc, Dolmetscherin, Personzentrierte Psychotherapeutin/<br />

Traumatherapeutin, Dozentin der DAF-Akademie<br />

Termin: 21.04.2021, 9:00 – 16:00 Uhr<br />

Ort: Tagungszentrum Diakonie Eine Welt, Steinergasse 3; A-1170 Wien<br />

Anmeldung: Diakonie Eine Welt: dew-akademie@diakonie.at, https://dew-akademie.at<br />

Wasser, Wind und Wohlfühlspur<br />

Segeltörn mit Focusing<br />

in der kroatischen Inselwelt<br />

28.08. – 04.09.2021 ab Sibenik (Kroatien)<br />

auf der Segelyacht Kety, einer komfortablen Grand Soleil 50,<br />

Länge 15 m, 10 Kojen, 2 x Bad/Toilette<br />

Der Spätsommer ist eine optimale Jahreszeit für einen<br />

Segelurlaub auf dem adriatischen Mittelmeer. Wind und<br />

Wetter sind meist sehr gut, die Wassertemperatur des<br />

Meeres liegt bei 25°C, ideal zum Segeln und Baden.<br />

An Land, in den Orten und Buchten wird es ruhiger,<br />

die Feriensaison klingt aus.<br />

Beim Segeln in der wunderschönen Inselwelt ist man »an Bord«, direkt dabei, offen für das, was auftaucht.<br />

Was einen im Alltag beschäftigt, entschwindet, und außen wie innen wird ein großer Freiraum erlebbar. Tag<br />

für Tag von Insel zu Insel, dazwischen weites Meer, schöne Orte und viele kleine Buchten, frei schwimmen,<br />

sich treiben lassen und entspannen. Abends jeweils nach Wahl in der gut ausgestatteten Marina, mitten im<br />

schnuckeligen Fischerort, oder vor Anker in der Bucht …<br />

An Bord der Kety ist viel Platz: auf dem Vorschiff und Mitteldeck zum Sitzen oder Liegen und Lesen, Denken<br />

oder Nichtdenken, aufs Meer schauen; sich hinten im Cockpit mit anderen unterhalten, das Schiff steuern,<br />

trimmen und navigieren. Jede(r) kann dabei mitmachen.<br />

Focusing wird uns helfen, aus dem üblichen Alltag auszusteigen, Freiraum zu schaffen, zu entspannen, zu<br />

genießen, kurz: der Wohlfühlspur zu folgen. Kleine Gruppenfocusings, Focusing-Experimente, Partnerschaftliches<br />

Focusing und Austausch werden je nach Bedarf und Wünschen unsere Reisebegleiter sein.<br />

Kosten: 1.480 €, dazu kommen die eigene Anreise und die Verpflegung.<br />

Maximale Teilnehmerzahl: 5 Personen, im Preis enthalten sind 7 Übernachtungen auf der Kety, Bootskosten wie<br />

hafengebühren und Treibstoff.<br />

Leitung:<br />

Katrin Tom-Wiltschko (Focusing-Trainerin und -Lehrtherapeutin)<br />

Gerd Walter (Segeln und Focusing)<br />

Jens Walter (Skipper und Segellehrer)<br />

Anmeldung:<br />

Bitte kontaktieren Sie uns formlos per Mail:<br />

info@daf-focusing-akademie.com<br />

20 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Termine<br />

Erstmalige Weiterbildung mit Prof. Dr. Donata Schoeller und Prof. Dr. Johannes Wiltschko<br />

Focusing + ECT (Embodied Critical Thinking)<br />

Philosophisches Vertiefen und methodisches Erweitern<br />

Das Initiieren und Begleiten von Focusing-Prozessen ist ein subtiles »Kunsthandwerk«. Verstehen wir die<br />

Philosophie hinter dem Focusing, können wir es verfeinert ausüben und zugleich erweitern.<br />

Erleben und Denken können sich gegenseitig beengen, befremden und ignorieren. Spielen sie nicht gegeneinander,<br />

sondern miteinander, werden sie zur gegenseitigen Inspiration. Gleichförmige und unbewegliche<br />

Erlebensstrukturen lassen uns auch in unserem Denken und Handeln schwer weiterkommen – und vice<br />

versa.<br />

Deshalb werden wir uns in dieser Weiterbildung entlang der Grenzen unseres Erlebens und unseres Denkens<br />

bewegen, damit sich beides gegenseitig öffnen und inspirieren kann. Dabei werden wir uns philosophisch und<br />

methodisch mit der Kunst beschäftigen, alles – was immer es ist – lebendig und bedeutsam werden zu lassen,<br />

um in einen kreativen Dialog mit unserem (Er-)Leben zu kommen, der zu bedeutsamen Wachstumsschritten<br />

(carrying forward) führen kann.<br />

Philosophisch führt uns das zum großen Thema »Resonanz und kreative Verantwortlichkeit«. Alles antwortet<br />

präzise auf die Art und Weise, wie wir es ansprechen. Mit dieser (Ver-)Antwortlichkeit und ihrer Vielschichtigkeit<br />

umgehen zu können, erweitert unsere Spielräume des Erlebens, Denkens und Handelns.<br />

In den Seminaren werden sich methodische Erweiterungen beim Begleiten von Focusing-Prozessen, die philosophische<br />

Praxis des Thinking-at-the-Edge und mikro-phänomenologische Untersuchungen miteinander<br />

abwechseln. Dabei werden Sie auch üben, wie Sie Menschen, die Focusing nicht kennen, begleiten können.<br />

Partnerschaftliche Focusing-Sitzungen, in denen sich die Eindrücke und Erfahrungen des Tages klären und<br />

verbinden können, sind täglicher Bestandteil der Seminare.<br />

Leitung:<br />

Prof. Dr. Donata Schoeller<br />

ist Philosophin und lehrt an den Universitäten Island und Koblenz. Sie leitet das europäische Erasmus<br />

Programm Training in Embodied Critical Thinking, ist Autorin zahlreicher Publikationen, die von Gendlins<br />

Philosophie inspiriert sind. Donata Schoeller hat mit Christiane Geiser und in enger Zusammenarbeit mit<br />

Eugene Gendlin sein Hauptwerk »A Process Model« übersetzt. Sie ist Focusing-Trainerin und international<br />

tätige TAE-Lehrerin. www.donataschoeller.com<br />

Prof. Dr. Johannes Wiltschko,<br />

Psychotherapeut, klinischer Psychologe, Leiter der Akademie für Focusing, Focusing-Therapie und<br />

Prozessphilosophie (DAF-AKADEMIE), hat Gene Gendlin 1979 kennengelernt, viele Jahre mit ihm zusammengearbeitet<br />

und Focusing im deutschen Sprachraum bekannt gemacht. Er begründete die Internationale<br />

Focusing Sommerschule, das Deutsche Ausbildungsinstitut für Focusing und Focusing-Therapie<br />

(DAF) sowie die Zeitschrift <strong>FOCUSINGJOURNAL</strong> und ist Autor und Herausgeber zahlreicher Bücher zu<br />

Focusing und Focusing-Therapie. www.daf-focusing-akademie.com, jw@daf-focusing-akademie.com<br />

Termine:<br />

3 dreitägige Seminare, jeweils Do 18:00 bis So 13:00 Uhr<br />

seminar I: 27.01. – 30.01.2022, Seminar II: 21.04. – 24.04.2022,<br />

seminar III: 14.07. – 17.07.2022<br />

Teilnahmevoraussetzung:<br />

Teilnahme an der Weiterbildung BASIS oder vergleichbare Focusing-Erfahrungen und -Kenntnisse (mind. 50 Seminarstunden,<br />

Praxis im Partnerschaftlichen Focusing)<br />

Ort: Internationales Kulturzentrum Humboldt-Haus, 88147 Achberg-Esseratsweiler bei Lindau/Bodensee<br />

www.Humboldt-Haus.de, info@humboldt-haus.de, +49 (0)8380 335<br />

Kosten: 1.935 € zahlbar in 3 Raten à 645 €<br />

Ermäßigung für Studierende ohne regelmäßiges Einkommen: 1.350 / 450 €<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 21


Termine<br />

Die Weiterbildung BASIS (= Ausbildung zum/zur Focusing-Begleiter/in (DAF)<br />

Der Kernprozess der Persönlichkeitsentwicklung<br />

uu5 dreitägige Seminare<br />

uuoffen für alle interessierten Personen<br />

uuDie Weiterbildung BASIS ist Voraussetzung für die Teilnahme an allen weiteren Weiterbildungen<br />

uuKollegInnen, die eine Ausbildung in personzentrierter Psychotherapie absolviert haben oder in einem fortgeschrittenen Ausbildungsstadium<br />

sind und ausreichende Erfahrungen mit Focusing haben, können auch in die Weiterbildung ESSENTIALS einsteigen.<br />

Abschlussmöglichkeit: Zertifikat Focusing-Begleiter/in (DAF)<br />

Kosten: 390 € pro Seminar (Ermäßigungen siehe untenstehende Website)<br />

Anmeldung und weitere Infos: formlos per Mail an info@daf-focusing-akademie.com<br />

oder über die Website www.daf-focusing-akademie.com/weiterbildungen/basis/<br />

München (Dorfen):<br />

mit Katrin Tom-Wiltschko<br />

Seminar I:<br />

Seminar II:<br />

Seminar III:<br />

Seminar IV:<br />

Seminar V:<br />

17.06. – 20.06.2021<br />

09.09. – 12.09.2021<br />

28.10. – 31.10.2021<br />

02.12. – 05.12.2021<br />

10.03. – 13.03.2022<br />

jeweils Donnerstag 19:00 Uhr<br />

bis Sonntag 13:00 Uhr<br />

Wien:<br />

mit Karin Mayer und<br />

Inge Pinzker<br />

Lindau (Humboldt-Haus):<br />

mit Karin Mayer und<br />

Inge Pinzker<br />

Seminar I: 18.06. – 20.06.2021 Freitag 9:30 Uhr<br />

bis Sonntag 16:30 Uhr<br />

Seminar I: 25.07. – 29.07.2021 Montag 18:00 Uhr<br />

bis Freitag 13:00 Uhr<br />

(Sommerschule, viertägig, 480 €)<br />

Raum Salzburg<br />

(Moorhof):<br />

mit Johannes Wiltschko<br />

Seminar I:<br />

Seminar II:<br />

Seminar III:<br />

Seminar IV:<br />

Seminar V:<br />

23.09. – 26.09.2021<br />

25.11. – 28.11.2021<br />

24.02. – 27.02.2022<br />

07.04. – 10.04.2022<br />

09.06. – 12.06.2022<br />

jeweils Donnerstag 18:00 Uhr<br />

bis Sonntag 13:00 Uhr<br />

Werl (NRW):<br />

mit Edith Sroka-Lasa<br />

Seminar I:<br />

Seminar II:<br />

Seminar III:<br />

Seminar IV:<br />

Seminar V:<br />

16.10. – 17.10.2021 und<br />

06.11. – 07.11.2021<br />

04.12. – 05.12.2021 und<br />

08.01. – 09.01.2022<br />

05.02. – 06.02.2022 und<br />

05.03. – 06.03.2022<br />

02.04. – 03.04.2022 und<br />

14.05. – 15.05.2022<br />

04.06. – 05.06.2022 und<br />

09.07. – 10.07.2022<br />

jeweils Samstag 10:00 Uhr<br />

bis Sonntag 14:00 Uhr<br />

Lindau (Humboldt-Haus):<br />

mit Katrin Tom-Wiltschko<br />

Seminar I:<br />

Seminar II:<br />

Seminar III:<br />

Seminar IV:<br />

Seminar V:<br />

25.11. – 28.11.2021<br />

27.01. – 30.01.2022<br />

21.04. – 24.04.2022<br />

14.07. – 17.07.2022<br />

01.09. – 04.09.2022<br />

jeweils Donnerstag 18:00 Uhr<br />

bis Sonntag 13:00 Uhr<br />

München (Dorfen):<br />

mit Katrin Tom-Wiltschko<br />

Seminar I:<br />

Seminar II:<br />

Seminar III:<br />

Seminar IV:<br />

Seminar V:<br />

05.05. – 08.05.2022<br />

23.06. – 26.06.2022<br />

15.09. – 18.09.2022<br />

24.11. – 27.11.2022<br />

26.01. – 29.01.2023<br />

jeweils Donnerstag 19:00 Uhr<br />

bis Sonntag 13:00 Uhr<br />

Die Weiterbildungen in Prozessphilosophie<br />

Leitung: Prof. Dr. Donata Schoeller<br />

uufortlaufende dreitägige Einzelseminare<br />

uufür die Zertifizierung zum/zur Focusing-Therapeut/in (DAF), Focusing-Coach (DAF), Focusing-Professional (DAF) und Focusing-Trainer/in<br />

(DAF) sind mindestens zwei Seminare obligatorisch<br />

Teilnahmevoraussetzungen: einfache Focusing-Kenntnisse sind empfehlenswert<br />

Kosten: (Ermäßigungen siehe untenstehende Website)<br />

Anmeldung und weitere Infos: formlos per Mail an info@daf-focusing-akademie.com<br />

oder über die Website www.daf-focusing-akademie.com/weiterbildungen/prozessphilosophie/<br />

22 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Termine<br />

Das Geheimnis des »Felt Sense« ergründen –<br />

und die weitreichenden Folgen für die Praxis von Focusing und TAE<br />

Lindau (Humboldt-Haus) 25.07. – 29.07.2021 Montag 18:00 Uhr bis Freitag 13:00 Uhr<br />

(Sommerschule)<br />

Das Prozessmodell als gemeinsamer Erlebensraum:<br />

vom Bewegen zum Bedeuten zum Felt Sense – und zurück<br />

Philosophie in praktischen Übungen<br />

Salzburg (Moorhof) 25.11. – 28.11.2021 Donnerstag 18:00 Uhr bis Sonntag 13:00 Uhr<br />

Vertiefen und Kreuzen: Die Philosophie im Focusing<br />

Salzburg (Moorhof) 10.03. – 13.03.2022 Donnerstag 18:00 Uhr bis Sonntag 13:00 Uhr<br />

Die Weiterbildungen in Focusing-Therapie ...<br />

uupro Weiterbildung 5 dreitägige Seminare (Ausnahme Integral: 2 dreitägige Seminare)<br />

uualle Weiterbildungen im Raum Salzburg im Landhotel Moorhof von Do 18:00 Uhr – So 13:00 Uhr<br />

Abschlussmöglichkeiten nach INTEGRAL: die Zertifikate Focusing-Therapeut/in (DAF), Focusing-Coach (DAF), Focusing-Professional (DAF)<br />

je nach professionellem Anwendungsgebiet<br />

Kosten: 390 € pro Seminar (Ermäßigungen siehe untenstehende Website)<br />

Anmeldung und weitere Infos: formlos per Mail an info@daf-focusing-akademie.com<br />

oder über die Website www.daf-focusing-akademie.com/ausbildungen/auf-einen-blick/<br />

Integral<br />

mit Johannes Wiltschko und<br />

Katrin Tom-Wiltschko<br />

(alternierend)<br />

Seminar I:<br />

Seminar II:<br />

29.04. – 02.05.2021<br />

07.10. – 10.10.2021<br />

Abschlussmöglichkeit:<br />

Zertifikat Focusing-Therapeut/in (DAF)<br />

bzw. Focusing-Coach (DAF) oder<br />

Focusing-Professional (DAF)<br />

Essentials<br />

mit Katrin Tom-Wiltschko und<br />

Johannes Wiltschko<br />

Seminar I:<br />

Seminar II:<br />

Seminar III:<br />

Seminar IV:<br />

Seminar V:<br />

13.05. – 16.05.2021<br />

01.07. – 04.07.2021<br />

23.09. – 26.09.2021<br />

11.11. – 14.11.2021<br />

13.01. – 16.01.2022<br />

Abschlussmöglichkeit:<br />

Zertifikat Focusing-Berater/in (DAF)<br />

Körper<br />

mit Katrin Tom-Wiltschko und<br />

Johannes Wiltschko<br />

Seminar I:<br />

Seminar II:<br />

Seminar III:<br />

Seminar IV:<br />

Seminar V:<br />

03.06. – 06.06.2021<br />

15.07. – 18.07.2021<br />

07.10. – 10.10.2021<br />

09.12. – 12.12.2021<br />

10.02. – 13.02.2022<br />

Trainer<br />

mit Johannes Wiltschko Seminar I: 17. – 20.06.2021<br />

Strukturen<br />

mit Katrin Tom-Wiltschko und<br />

Johannes Wiltschko<br />

Seminar I:<br />

Seminar II:<br />

Seminar III:<br />

Seminar IV:<br />

Seminar V:<br />

05.05. – 08.05.2022<br />

01.09. – 03.09.2022<br />

13.10. – 16.10.2022<br />

08.12. – 11.12.2022<br />

Frühjahr 2023<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 23


Termine<br />

40. Internationale Focusing Sommerschule 2021<br />

25. Juli bis 4. August 2021<br />

im Humboldt-Haus Achberg bei Lindau am Bodensee<br />

veranstaltet von der<br />

DAF-AKADEMIE<br />

Zu unserer Jubiläums-Sommerschule laden wir Sie herzlich ein und freuen uns sehr,<br />

wenn Sie im Sommer (wieder) dabei sind!<br />

Prof. Dr. Johannes Wiltschko und Katrin Tom-Wiltschko<br />

Teil I: 25. bis 29. Juli 2021<br />

Der erste Teil der Sommerschule beginnt am Sonntag um 18 Uhr und endet am Donnerstag um 13 Uhr.<br />

Es finden vier Seminare parallel statt.<br />

01 Eintauchen in die Welt von Focusing – eintauchen in die eigene Welt<br />

Seminar I der Weiterbildung BASIS<br />

Leitung: Karin Mayer und Inge Pinzker<br />

Focusing ist ein Weg, sich selbst auf eine ganz neue Art und Weise entdecken zu lernen und dabei eine heilsame Beziehung zu<br />

sich selbst herzustellen. Jenseits von unserem meist lauten und schnellen Alltag gibt es eine Welt, die man nur erkunden kann,<br />

wenn man still wird und aufhört, etwas erreichen zu wollen. Focusing öffnet die Tür zu dieser spannenden und unglaublich reichhaltigen<br />

Welt, in der sich dann mit etwas Übung »spazieren gehen« lässt.<br />

Im Mittelpunkt der Focusing-Methode steht das achtsame Wahrnehmen des »Felt Sense«. Dadurch entsteht ein innerer Raum,<br />

in dem neue Einsichten, Erkenntnisse und nachhaltige Veränderungsschritte möglich werden. Focusing schafft Zugang zu unserem<br />

impliziten, inneren Wissen.<br />

In diesem Seminar werden Sie in einer sicheren und akzeptierenden Gruppenatmosphäre erste persönliche Erfahrungen mit<br />

Focusing machen und »Focusing pur« erleben. Für bereits im Bereich von Therapie/Beratung Tätige ist diese Weiterbildung eine<br />

sehr empfehlenswerte Gelegenheit, etwas für sich selbst zu tun: wieder zu sich selbst zu kommen, eigene Prozesserfahrungen<br />

zu machen, Freiraum zu schaffen und wieder aufzutanken.<br />

Teilnahmevoraussetzung: keine<br />

Mag. a Karin Mayer<br />

Dipl. Psychologin, Dozentin an der DAF-AKADEMIE, Cranio Sacrale Körperarbeit, Feldenkrais-Trainerin, Gruppentrainerin, langjährige<br />

Erfahrung mit Trainings in der Erwachsenenbildung; seit vielen Jahren Begeisterung für Körpertheater und -improvisation<br />

(Pantomime), hat Freude am Gärtnern, Wandern und Klettern, www.innerebalance.at<br />

Mag. a Inge Pinzker<br />

MSc, Personzentrierte Psychotherapeutin, Traumatherapeutin (PITT Reddemann), zertifizierte Focusing-Trainerin (DAF), Dozentin<br />

an der DAF-AKADEMIE, Dipl.-Übersetzerin, Lehrtätigkeit im Gebiet »Fach-Dolmetschen im kommunalen, sozialen und medizinisch-therapeutischen<br />

Bereich«, langjährige Erfahrung in der Arbeit mit Geflüchteten; Amateur-Sängerin, schnuppert gern in<br />

Schauspiel-Workshops und mag Yoga sowie Wandern, www.inge-pinzker.at<br />

02 Lebensfreude – gemeinsam sich über Gewohntes hinaus bewegen<br />

Leitung: Martina Sagmeister und Katrin Tom-Wiltschko<br />

Mit Focusing, Musik und Ausdruck werden wir auf spielerische Weise innere und äußere Bewegungen entstehen lassen, die<br />

unser Erleben freier, leichter, entspannter und freudvoller machen.<br />

Wir werden uns gemeinsam über gewohnte Muster und Voreingenommenheiten hinaus bewegen und mithilfe von focusingspezifischem<br />

Handwerkszeug neue Lebens- und Beziehungsräume entfalten.<br />

24 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Termine<br />

Im Wechselspiel zwischen (innerem) Erleben und verschiedenen Ausdrucksformen werden wir unsere (Er)Lebensprozesse untereinander<br />

unterstützend begleiten und vorantragen.<br />

Teilnahmevoraussetzung: keine<br />

Martina Sagmeister<br />

Dozentin an der DAF-AKADEMIE, em. Professorin am Max-Reinhardt-Seminar der Universität für Musik und Darstellende Kunst<br />

und am Universitäts-Sportinstitut in Wien, Lehrtätigkeit an den Musikhochschulen Malmö, Weimar und Vilnius.<br />

www.martinasagmeister.at<br />

Katrin Tom-Wiltschko<br />

Mitbegründerin und Mitleiterin der DAF-AKADEMIE, Ausbilderin und Supervisorin, Focusing-Therapeutin (DAF), Focusing-<br />

Trainerin (DAF), Dipl.- Sozialpädagogin (FH), Psychotherapeutin (HPG), Künstlerin. ktw@daf-focusing-akademie.com<br />

03 Dynamisches Focusing mit (inneren) Kindern<br />

Leitung: René Veugelers<br />

In meiner Arbeit als Psychotherapeut verbinde ich nonverbale Kommunikation, Körperausdruck, Kreativität und Focusing zu<br />

einem ganzheitlichen System, dem »Dynamisches Focusing«. Es lässt die vorwärtsgerichtete Lebensenergie glühen, sich<br />

bewegen und wachsen.<br />

In diesem Seminar werde ich diese Art von Prozessen demonstrieren, mit euch teilen und zeigen, wie ihr mit Kindern in einer<br />

focusingorientierten Art und Weise sein könnt, wie ihr euch mit den Erfahrungen eurer eigenen inneren Kinder (wieder) verbindet<br />

und wie ihr Kreativität und Flexibilität in euer Leben und eure Arbeit integriert. Das Dynamische Focusing wird eure Spielfreude<br />

und euren Erfindungsreichtum wecken.<br />

Teilnahmevoraussetzung: Grundkenntnisse in Focusing<br />

René Veugelers<br />

ist ein focusingorientierter Kinder- und Kunsttherapeut mit dem Schwerpunkt auf nonverbalen Prozessen und spezialisiert auf<br />

ADHD, ADD, Trauma und Bindungsstörungen. Er verfügt über einen großen Reichtum an Ideen und Methoden, die das natürliche<br />

Entfalten kreativer Prozesse unterstützen. René arbeitet u.a. mit Eltern, Therapeuten und Lehrern sowie in Tagesbetreuungseinrichtungen<br />

und Hospizen und unterrichtet in Israel, Gaza, Russland, Deutschland, Frankreich, England, Irland, USA, Kanada und<br />

Hongkong.<br />

René lebt und arbeitet in den Niederlanden. Er versteht Deutsch und spricht leicht verständliches Englisch. www.ftcz.nl<br />

04 Das Geheimnis des »Felt Sense« ergründen – und die weitreichenden Folgen<br />

für die Praxis von Focusing und TAE<br />

Leitung: Donata Schoeller<br />

»Felt Sense« – dieses wunderbare Wort steht im Kern der Praxis des Focusing. Dieser Begriff hat eine kleine Revolution bewirkt:<br />

denn er stellt unser Innenleben in ein neues Licht. Je mehr wir auf den Felt Sense hören, desto genauer beginnt dieser zu sprechen.<br />

Je mehr wir zusätzlich auch beginnen zu begreifen, was dieses Phänomen über das Menschsein aussagt, desto spannender<br />

wird die Übung.<br />

In diesem Seminar werden wir erleben, wie die Philosophie, die hinter dem Felt Sense steht, unsere Möglichkeiten und Spielräume<br />

des Übens erweitert. Auf diese Weise vertieft ein nachdenklicher Ansatz das Focusing und das Focusing vertieft wiederum<br />

die Möglichkeiten des Nachdenkens.<br />

Diesen Kongruenz-Kreislauf zwischen Philosophie, Thinking-at-the-Edge und Focusing werden wir in diesem Seminar am eigenen<br />

Leib nachvollziehen: mit frischen Übungen, gemeinsamen Gesprächen und kleinen Ausschnitten aus Gendlins Philosophie,<br />

die uns den Begriff des »Felt Sense« in neuer Weise erschließen.<br />

Teilnahmevoraussetzung: Grundkenntnisse in Focusing<br />

Prof. Dr. Donata Schoeller<br />

Dozentin an der DAF-AKADEMIE, lehrt Philosophie mit den Schwerpunkten Prozessphilosophie und TAE an Universitäten in USA<br />

und Europa, hat in enger Zusammenarbeit mit Gene Gendlin dessen Hauptwerk »Ein Prozess-Modell« übersetzt und gibt seine<br />

Artikel heraus. www.donataschoeller.com<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 25


Termine<br />

Festtag: 30. Juli 2021<br />

05 Workshop mit Johannes Wiltschko<br />

Freitag von 10 bis 17 Uhr, anschließend Jubiläumsfeier<br />

Unglaublich: 40 Jahre lang gibt es die Sommerschule! Als ich 30 Jahre alt war, habe ich sie zusammen mit Friedhelm Köhne<br />

erträumt und diesen Traum sogleich in die Wirklichkeit umgesetzt. Nun bin ich 70 und die Sommerschule – und ich – leben frisch<br />

und munter noch immer!<br />

Das wollen wir feiern. Zwischen dem ersten und zweiten Teil der Sommerschule, am Freitag, den 30. Juli, gibt es mit mir einen<br />

eintägigen Jubiläums-Workshop und anschließend gemeinsames Feiern! Dazu lade ich dich herzlich ein!<br />

Johannes Wiltschko<br />

Prof. Dr. Johannes Wiltschko<br />

Klinischer Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut, Lehrtherapeut und Supervisor, Gründer des Deutschen Ausbildungsinstituts<br />

für Focusing und Focusing-Therapie (DAF) und der Internationalen Focusing Sommerschule, Herausgeber des Focusing-Journals,<br />

Mitbegründer und Mitleiter der DAF-AKADEMIE. jw@daf-focusing-akademie.com<br />

Teil II: 31. Juli bis 4. August 2021<br />

Der zweite Teil der Sommerschule beginnt am Samstag um 18 Uhr und endet am Mittwoch um 13 Uhr.<br />

Es finden drei Seminare parallel statt.<br />

06 Inner Family Systems (IFS) in der professionellen Selbstfürsorge<br />

Leitung: Dr. Uta Sonneborn<br />

Die in therapeutischen und sozialen Berufen Tätigen sind oftmals mit schweren Schicksalen und komplexen Biografien von<br />

Menschen befasst, die ihre Hilfe suchen. Um zentriert, offen, wertschätzend und respektvoll zu bleiben, um sich einlassen und<br />

sich abgrenzen zu können, um nicht in ein Helfer- oder Burnoutsyndrom zu fallen, ist Professionelle Selbstfürsorge das Mittel der<br />

Wahl. Mit diesem Werkzeug ist es möglich, lebenslang Freude und Begeisterung in diesen Berufen zu haben und nicht die Persönlichkeit<br />

in einer Rolle zu verlieren (déformation professionelle).<br />

Professionelle Selbstfürsorge heißt, seinen eigenen Resonanzboden der Gefühle, Wünsche, Bedürfnisse, Strebungen und Motivationen<br />

zu kennen, wenn man sich auf einen intensiven professionellen Kontakt zu einem anderen Menschen einlässt.<br />

Sie beruht auf angewandtem Wissen um die systemische Therapie mit der Inneren Welt und der achtsamkeitsbasierten, körperzentrierten<br />

und erlebensorientierten Praxis der IIFS. Sie hilft, sekundäre Traumatisierungen zu verhüten, indem sie klar zwischen<br />

Ich und Du unterscheidet, Grenzen der Person und Vermischungen zwischen den Persönlichkeitsanteilen aufspürt und u.a. Methoden<br />

der Psychotraumatherapie auch für die Helfer*innen anwendet.<br />

Dieses Seminar ist eine Gelegenheit, sich selbst und die eigenen unterschiedlichen Persönlichkeitsanteile, die uns bei der Arbeit<br />

begleiten, besser kennenzulernen. Häufig gehen jüngere Anteile mit uns zur Arbeit und strengen sich für ein Lebensszenario aus<br />

früheren Zeiten mit den Mitteln von damals an, was zu alltäglichen Verwicklungen, Projektionen, Konflikten etc. führen kann und<br />

unser Leben komplizierter macht. Diese zu erkennen, zu würdigen und zu entlasten, kann helfen, klarer, zentrierter, präsenter<br />

und mit mehr Freude im Leben und bei der Arbeit unterwegs zu sein.<br />

Teilnahmevoraussetzung: Das Seminar ist sowohl für IIFS- bzw. Focusing-Erfahrene als auch für Neulinge in diesen Methoden<br />

geeignet.<br />

Dr. Uta Sonneborn<br />

Gründerin und Leiterin des Instituts für integrative systemische Therapie mit der Inneren Familie (IIFS), Körper- und Traumatherapeutin,<br />

Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin, Lehrbeauftragte der Universität Heidelberg. www.iifs-institut-heidelberg.de<br />

07 Focusing, Clown und Narr – im Spiel zum freien authentischen Ausdruck finden<br />

Leitung: Bettina Natho<br />

Im Focusing machen wir uns vertraut mit unseren Emotionen und inneren Anteilen, indem wir ihnen mit Neugier und Offenheit zu<br />

begegnen versuchen.<br />

In diesem Seminar geht es darum, dem, was auf dieser »inneren Bühne« lebendig wird, auf spielerische Weise Stimme und<br />

Körperausdruck zu verleihen. Im ersten Schritt jeder für sich selbst, im nächsten Schritt bringen wir etwas davon auf die äußere<br />

Bühne.<br />

26 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Termine<br />

Von angeleiteten Gruppen-Focusings, Aufwärm- und Kontaktspielen, Bewegung mit und ohne Musik und begleitenden Inputs<br />

gehen wir über zu kleinen Gruppen- und Einzelimprovisationen. Die Übungen aus dem Fooling und Clowning sind geeignet, die<br />

inneren Bremsen zu lockern, die unseren freien und authentischen Ausdruck behindern. Vom Clown nehmen wir Fehlertoleranz<br />

und Unperfektheit und Übertreibung, vom Fool die Freiheit, alle Rollen zu spielen und nicht »unterhaltsam« sein zu müssen.<br />

Energie, Lebensfreude und Leichtigkeit kommen in Fluss, das Gefühl des Verbundenseins entsteht.<br />

Teilnahmevoraussetzung: keine<br />

Bettina Natho<br />

M.A., Focusing-Beraterin (DAF), Leiterin der Jokers-Clownschule in Hamburg, Klinikclownin, Gründerin und mehrjährige Vorsitzende<br />

von Klinik-Clowns Hamburg e.V., Clownkurse für Erwachsene seit 1998. www.jokers-clownschule-hamburg.de/<br />

08 Cranio + Focusing – achtsames Berühren und focusingorientiertes Begleiten<br />

Leitung: Andrea Auer-Hutzinger<br />

Craniosacrale Biodynamik ist eine aus der Osteopathie entstandene sanfte und gleichzeitig tiefgehende manuelle Körperarbeit,<br />

die die Selbstheilungskräfte anregt und tiefsitzende Blockaden lösen kann.<br />

Dieses Seminar wird einen Einblick in die interessante Welt der inneren Craniobewegungen und in die Haltung dieser Berührungs-Arbeit<br />

geben.<br />

Cranio und Focusing lassen sich so gut kombinieren, weil beide Methoden auf ähnlichen Grundannahmen beruhen: Wir »reparieren«<br />

kein System, das aus dem Lot gekommen ist, sondern tragen mit unserer inneren Ausrichtung dazu bei, dass sich Körper,<br />

Geist und Seele »von selbst«, von innen heraus im eigenen Tempo in einen Regenerations-, Wachstums- und Entwicklungsprozess<br />

begeben können.<br />

Dies ist ein Halbtagsseminar (vormittags von 10-13 Uhr). An den Nachmittagen können Sie sich zum Partnerschaftlichen Focusing<br />

verabreden, Einzelstunden bei DAF-AKADEMIE-DozentInnen oder eine Cranio-Behandlung nehmen.<br />

Teilnahmevoraussetzung: Grundkenntnisse in Focusing und Freude an Berührung<br />

Andrea Auer-Hutzinger<br />

Craniosacral-Therapeutin, Lehrende und Mitglied im Leitungsteam an der Wiener Schule für Craniosacrale Biodynamik; diplomierte<br />

Psychologische Beraterin und Focusing-Beraterin (DAF); seit 30 Jahren in den Bereichen Körperarbeit, Stressrelease,<br />

Selbstregulation und psychologische Prozessbegleitung tätig. www.behandlungs-raum.at, https://www.craniosacralschule.at<br />

Fortbildungspunkte<br />

für die Seminare der Sommerschule sind bei der Psychotherapeutenkammer beantragt.<br />

Die Internationale Focusing Sommerschule ist von der Psychotherapeutenkammer akkreditiert.<br />

Seminarkosten<br />

Seminare 01, 02, 03, 04, 06 und 07: € 480,–; Seminar 05: € 100,–; Seminar 08: € 290,–<br />

ohne Unterkunft und Verpflegung<br />

ANMELDUNG<br />

Bitte melden Sie sich an:<br />

per Mail bei info@daf-focusing-akademie.com oder über die Website<br />

www.daf-focusing-akademie.com/focusing-sommerschule/<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 27


Themen<br />

Wie man strukturgebundenes<br />

Verhalten bei Klienten erzeugt<br />

Eine Praxisanleitung zum Umgang mit eigenen<br />

Absichten<br />

■■<br />

Von Katrin Tom-Wiltschko<br />

Unsere Absichten<br />

haben die Angewohnheit,<br />

selbstverständlich<br />

und<br />

unhinterfragt bleiben<br />

zu wollen. Und<br />

sich oft als etwas<br />

Gutgemeintes auszugeben.<br />

Eine oft gestellte Frage<br />

»Was kann ich tun, um meine Klientin, die<br />

ständig redet und alles erklärt, endlich zum<br />

Spüren zu bringen?«, fragt ein Supervisand.<br />

Dies ist eine Frage, die auch in unseren Seminaren<br />

immer wieder gestellt wird – sich<br />

aber aufgrund der absichtslosen und wertfreien<br />

Haltung, die wir als BegleiterIn einnehmen<br />

wollen, eigentlich nicht stellen<br />

dürfte. Warum stellt sie sich dennoch immer<br />

wieder?<br />

Vermutlich, weil wir glauben, jederzeit<br />

wissen zu müssen, wo es im Leben langgeht.<br />

Das ist ein internalisierter gesellschaftlicher<br />

Anspruch, der in uns allen drinsteckt. Und<br />

daher auch in der Situation der Beratung,<br />

des Coachings, der Therapie, und zwar in<br />

den KlientInnen und den BegleiterInnen.<br />

Es geht hier um mehr als ein »Ach so,<br />

beim Focusing ist es wichtig, absichtslos<br />

zu sein. Gut. Dann bin ich das eben«. Um<br />

absichtslos und wertfrei sein und entsprechend<br />

handeln zu können, braucht es einen<br />

Paradigmenwechsel in uns: vom Wissenden<br />

zum Nichtwissenden, vom Tun und Machen<br />

zum Da-Sein und Mit-Sein. Erst der erlaubt<br />

dem Impliziten in mir selbst und im anderen,<br />

sich zu entfalten und auszudrücken.<br />

Sich eigenen Absichten stellen<br />

Unsere Absichten haben die Angewohnheit,<br />

selbstverständlich und unhinterfragt bleiben<br />

zu wollen. Und sich oft als etwas Gutgemeintes<br />

auszugeben. »Ich will ja nur helfen!«,<br />

»Ich will, dass es dem anderen besser<br />

geht!« oder eben: »Ich will ja nur, dass sie/<br />

er endlich vom Kopf weg und ins Spüren<br />

kommt!« Und gute Absichten können doch<br />

nicht verkehrt sein! Oder?<br />

Aber: In all diesen gutgemeinten Absichten<br />

schwingt mit, dass wir die andere<br />

Person nicht so akzeptieren, wie sie ist oder<br />

die bestehende Situation so nicht wollen.<br />

Wir wollen mehr. Wir wollen hilfreich sein.<br />

Wir wollen, dass KlientInnen endlich Lösungen<br />

finden.<br />

Unsere Absichten, besonders die, die wir<br />

heimlich verfolgen oder derer wir uns oft<br />

nicht einmal bewusst sind, sind sehr wirksame<br />

Kräfte, die beim Gegenüber fast zwangsläufig<br />

zu strukturgebundenem Erleben und<br />

Verhalten führen: Ihm oder ihr bleibt meist<br />

nichts anderes übrig, als sich entweder diesen<br />

Absichten (heimlich) zu widersetzen<br />

oder ihnen gegenüber folgsam zu sein. Und<br />

so konterkarieren wir, ohne es zu wollen,<br />

das, was wir eigentlich wollen, nämlich den<br />

Eigenwillen und die Selbständigkeit unseres<br />

Gegenübers stärker werden zu lassen.<br />

Es ist der Mühe wert, uns unseren Absichten<br />

zu stellen, denn sie sind fast immer<br />

strukturgebunden und verhindern somit<br />

frisches, neues Erleben, sowohl in uns selbst<br />

als auch im Gegenüber, egal ob es sich dabei<br />

um FreundInnen, Focusing-PartnerInnen,<br />

KlientInnen oder SupervisandInnen handelt.<br />

Sich eigenen Absichten zu stellen, heißt,<br />

Gewohnheiten und (angebliche) Sicherheiten<br />

zu hinterfragen. Dazu muss man die<br />

eigene Komfortzone zeitweilig verlassen<br />

und es für möglich halten, dass sich hinter<br />

dem absichtsvollen Teil ein ängstlicher oder<br />

vernachlässigter Teil zeigt, der einstmals<br />

28 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Themen<br />

etwas gebraucht hätte, aber statt einer liebevollen<br />

Zuwendung vielleicht noch mehr<br />

Härte und Anforderungen zu hören oder<br />

zu spüren bekommen hat. Diesem Teil zu<br />

begegnen, braucht es ein wenig Mut – und<br />

eine absichtslose Haltung, viel Freiraum und<br />

vielleicht auch Unterstützung durch ein Gegenüber.<br />

Sich darauf einzulassen, ist lohnenswert.<br />

Der Lohn wird unter anderem sein, weniger<br />

Verantwortung für die andere Person übernehmen<br />

zu müssen und zu wollen und mehr<br />

Verantwortung für sich selbst übrig zu haben.<br />

Versuch einer Antwort<br />

Ich habe den Supervisanden gebeten, das<br />

mit einer Haltung/Geste auszudrücken, wie<br />

er bisher versucht hat, seine Klientin zum<br />

»nach innen Spüren« zu bewegen, und das<br />

dann körperlich an mir auszuprobieren.<br />

Daraufhin stellte er sich mit etwas erhöhter<br />

Körperspannung hinter mich und stupste<br />

mich mit seinen beiden auf meinen Schulterblättern<br />

liegenden Händen stetig nach<br />

vorne. Nun schlug ich vor, dasselbe bei ihm<br />

zu tun, damit er spüren könne, wie sich das<br />

für ihn anfühlt. Schnell bemerkte er: »Das<br />

ist ja sehr unangenehm!«<br />

Diese Verkörperung der Absicht, eine<br />

Klientin »wohin zu bringen«, führte meinem<br />

Supervisanden und mir die negative<br />

Auswirkung dieser Absicht so plastisch<br />

vor Augen, dass ich beschloss, dazu eine<br />

Übung für die nächste Ausbildungsgruppe<br />

zu entwickeln. Als die TeilnehmerInnen die<br />

Übung durchführten, entstanden alle möglichen<br />

Teilpersonen bzw. Gestalten: z.B. ein<br />

einsamer Ritter in Rüstung auf dem Pferd,<br />

ein großer distanziert wirkender Leuchtturm,<br />

Rumpelstilzchen, eine mächtige Gestalt,<br />

die der Teilnehmerin endlich mal die<br />

Meinung sagte und sie dabei am Kragen<br />

packte …<br />

Die Übung half, diese absichtsvollen<br />

Kräfte und Energien in den TeilnehmerInnen<br />

ans Licht zu bringen, statt sie unentdeckt<br />

und im Untergrund weiterhin wirksam<br />

sein zu lassen – und sie könnte auch für<br />

Sie interessant sein, wenn Sie Partnerschaftliches<br />

Focusing praktizieren oder als BegleiterIn,<br />

BeraterIn, Coach, PsychotherapeutIn,<br />

SeelsorgerIn, AusbilderIn o.ä. arbeiten. Jede<br />

Absicht und jede Überzeugung sind des<br />

Disidentifizierens würdig!<br />

(Therapeutische) Absichten als<br />

Teilpersonen kreieren<br />

Wie könnten Sie Ihren eigenen Absichten<br />

auf die Spur kommen? Beispielsweise, indem<br />

Sie eine vergangene (Begleit-, Coaching-<br />

oder Therapie-)Situation erinnern,<br />

in der es sich nicht gut oder irgendwie zäh,<br />

anstrengend oder leer angefühlt hat und der<br />

Prozess nicht ins Fließen gekommen ist.<br />

Sie könnten sich jetzt fragen: »Wenn ich<br />

mir eine bestimmte Person und Situation<br />

vergegenwärtige und mir vorstelle, ich wäre<br />

nicht BegleiterIn oder TherapeutIn, sondern<br />

»frei« – was würde ich am liebsten mit dieser<br />

Person tun?« … und sich ein bisschen<br />

Zeit lassen, um zu bemerken, was vielleicht<br />

von innen zu dieser Frage auftaucht.<br />

Sie könnten weiter fragen: »Was war dabei<br />

möglicherweise meine Absicht?« »Was<br />

wollte ich vielleicht (Gutes) für die Person?«<br />

und »Wie wollte ich es?« »Wie habe ich mich<br />

dabei gefühlt?« Wenn Sie diese Fragen mit<br />

nach innen nehmen und sie dorthin stellen<br />

… – vielleicht taucht von dort etwas Vages<br />

auf. Dabei ist es hilfreich zu wissen: Das bin<br />

nicht ich, sondern das ist ein Teil von mir,<br />

mit dem ich in der vorgestellten Situation<br />

mit hoher Wahrscheinlichkeit identifiziert<br />

war. Dadurch entsteht Freiraum. Das nur<br />

zu wissen, reicht aber nicht aus. Es braucht<br />

ein Spüren, damit ein Durchatmen und ein<br />

Freiraum-Gefühl möglich werden.<br />

Nun wäre es gut, wenn Sie mit diesem<br />

Vagen etwas Zeit verbringen, atmen, nichts<br />

von ihm wollen (also absichtslos verweilen),<br />

so dass es sich zeigen und entfalten kann.<br />

Nach einer kleinen Weile könnten Sie es<br />

fragen: »Wenn das in mir ein Wesen wäre,<br />

wie würde es aussehen? Wie würde es sich<br />

halten oder verhalten?« Möglicherweise entsteht<br />

wie von selbst eine Gestalt, eine Form,<br />

eine Figur dazu. Dadurch kann das vage Gespürte<br />

deutlicher, expliziter werden.<br />

Oft ist es hilfreich, dem, was sich verdeutlicht<br />

hat, einen passenden Namen zu<br />

geben. Das ist eine Art von kleiner »Taufe«,<br />

die oft schon einen kleinen oder auch größeren<br />

Felt Shift mit sich bringt. Als Nächstes<br />

können Sie diesem »Wesen«, das nun einen<br />

Namen hat, einen guten Platz in dem Raum,<br />

in dem Sie sich gerade aufhalten, zukommen<br />

lassen.<br />

Wichtig ist aufzupassen, dass der soeben<br />

hinausgestellte Teil nicht die Regie<br />

übernimmt. Regisseur des Prozesses bleiben<br />

Sie, Ihr inneres »ICH«! Daher fragen Sie<br />

sich: »Wie will ich mit diesem Teil sein/um-<br />

Jede Absicht und<br />

jede Überzeugung<br />

sind des Disidentifizierens<br />

würdig!<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 29


Themen<br />

Katrin Tom-Wiltschko<br />

Co-Leiterin der DAF-AKADEMIE<br />

ktw@daf-focusing-akademie.<br />

com<br />

gehen?« Bei »gewöhnlichen« Focusing-Prozessen<br />

fragen wir oft in die andere Richtung:<br />

»Wie geht es mir mit X?« Für die Regieübernahme<br />

des ICH ist dieses aktive »Wie will<br />

ich mit« meist geeigneter als das passive<br />

»Wie geht es mir mit«.<br />

Nachdem Ihr ICH auf diese Weise eine<br />

frische Beziehung zu dem (zuvor identifizierten/strukturgebundenen)<br />

Teil aufgenommen<br />

hat, können Sie diese imaginierte<br />

Gestalt/diesen Teil direkt fragen: »Was ist es,<br />

das dich auf den Plan ruft? Wofür stehst du<br />

ein? Wovor hast du vielleicht Angst? Wen<br />

willst du schützen?«<br />

Vielleicht zeigt sich jetzt auch ein anderer<br />

Teil in Ihnen, der sich unsicher, hilflos<br />

oder überfordert fühlt. Und vielleicht stellen<br />

Sie jetzt fest, dass diese absichtsvolle Gestalt<br />

(erste Teilperson) dem (kindlichen) Anteil<br />

(zweite Teilperson) zu Hilfe gekommen ist,<br />

um ihn aus einer (einstmals ausweglosen)<br />

Situation zu retten.<br />

Jetzt wäre gut, sich auch dieser zweiten<br />

Teilperson zuzuwenden, um ihr die fehlende<br />

liebevolle Zuwendung und das einfühlsame<br />

Verständnis jetzt zukommen zu lassen, welche<br />

sie früher so sehr gebraucht hätte und<br />

die sie jetzt noch immer sucht.<br />

Dieses Vorgehen lässt sich mithilfe der<br />

verschiedenen Varianten der sogenannten<br />

»Teile-Arbeit« bei Bedarf auch fortsetzen<br />

und erweitern.<br />

Absichtsloses Guiding<br />

Erst wenn wir (uns selbst und) die anderen<br />

Menschen in ihrem Sosein lassen und nicht<br />

anders haben wollen, sie mit unseren Ab-<br />

sichten, Hypothesen oder Ratschlägen verschonen<br />

und ihnen mit Mitsein, Verstehenwollen<br />

und Akzeptanz begegnen, werden sie<br />

beginnen, mit sich selbst wohlwollend und<br />

mitfühlend zu sein. Erst dann werden sich<br />

nach und nach die ungeliebten Anteile ans<br />

Tageslicht trauen. So wird sich aus einem<br />

versteinerten, harten Felsbrocken mit Sonnenlicht<br />

und Wärme vielleicht etwas neues<br />

Lebendigeres formen.<br />

Das Prinzip »dahinter« ist die theoretisch<br />

gut begründete Erfahrung: So wie wir<br />

uns zu unseren Themen, unseren inneren<br />

Anteilen, Gefühlen und auch Klienten verhalten,<br />

so werden sie sich uns gegenüber<br />

verhalten. So wie wir auf etwas zugehen, so<br />

wirkt es auf uns zurück.<br />

Aus diesem Sein mit dem, was ist, und<br />

keinen Schritt weitersein wollen, aus dem<br />

Mitfühlen und Aushalten, dass im Moment<br />

keine Lösung in Sicht ist, können im Gegenüber<br />

selbst Schritte entstehen.<br />

Wenn wir mit dem anderen die Lücke,<br />

das Nichts, das Nichtmehrweiterwissen beatmen<br />

und bewohnen, dann schaffen wir<br />

auch in uns einen Raum, einen Raum des<br />

Mitfühlens und Verstehens, in dem uns<br />

»Einfälle« oder »Ideen« kommen können.<br />

Diese können wir dann als Vorschläge in<br />

den Prozess einbringen. Im Gegensatz zu<br />

unseren Absichten werden wir an diesen<br />

Guiding-Vorschlägen nicht hängen, weil<br />

sie nicht aus unserem strukturgebundenen<br />

Wollen kommen. Sie sind frisch und frei.<br />

Und sie sind es, die dazu beitragen, den<br />

Prozess lebendig zu machen und voranzutragen.<br />

Katrin Tom-Wiltschko<br />

bietet die Weiterbildung BASIS im Raum München (Ferienhof »Adambauer«) von Juni 2021 bis März 2022 an<br />

und auf der Internationalen Focusing Sommerschule zusammen mit Prof. Martina Sagmeister das Seminar<br />

Lebensfreude – gemeinsam sich über Gewohntes hinaus bewegen<br />

»Mit Focusing, Musik und Ausdruck werden wir auf spielerische Weise innere und äußere Bewegungen entstehen<br />

lassen, die unser Erleben freier, leichter, entspannter und freudvoller machen. Wir werden uns gemeinsam über<br />

gewohnte Muster und Voreingenommenheiten hinaus bewegen und mithilfe von focusingspezifischem Handwerkszeug<br />

neue Lebens- und Beziehungsräume entfalten.<br />

Im Wechselspiel zwischen (innerem) Erleben und verschiedenen Ausdrucksformen werden wir unsere (Er)Lebensprozesse<br />

untereinander unterstützend begleiten und vorantragen.«<br />

Teilnahmevoraussetzung: keine<br />

30 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Themen<br />

Absichten in Wunschräume<br />

verwandeln<br />

Transkript aus einem Weiterbildungsseminar<br />

in Focusing-Therapie mit Johannes Wiltschko<br />

Teil II<br />

Der erste Teil von Absichten in Wunschräume<br />

verwandeln (FOCUSING-<br />

JOURNAL 45) endete mit der Auffassung,<br />

dass das Nicht-Wissen und das Keine-<br />

Worte-Haben und das Halten des offenen<br />

Raums, in dem Worte kommen können, das<br />

Herzstück von Focusing ist. Und dass absichtsvolles<br />

therapeutisches Handeln, auch<br />

wenn es uns so vorkommen mag, als wäre es<br />

durch Focusing-Konzepte legitimiert, häufig<br />

dazu führt, dass sich dieser offene Raum<br />

verschließt bzw. gar nicht erst entstehen<br />

kann – und damit dieses Herzstück tendenziell<br />

verletzt.<br />

Freiwilligkeit<br />

Gisela: Ich glaube, dass meine therapeutischen<br />

Absichten meistens mehrfach legitimiert<br />

sind. Und das macht es auch so<br />

schwierig. Die Absichten sind durch die Erwartungen<br />

der Klienten legitimiert, sie sind<br />

aber auch durch die Erwartungen und den<br />

Druck, der von den Krankenkassen ausgeht,<br />

legitimiert oder eventuell auch von anderen<br />

Institutionen oder von irgendwelchen Vorgesetzten.<br />

Und deshalb finde ich, ist Focusing<br />

immer wieder aufs Neue ganz schön herausfordernd.<br />

Es ist eine große Herausforderung,<br />

dieses Herzstück geschehen lassen zu können.<br />

Okay – was du da sagst, führt uns zu der<br />

Frage, ob und wie Focusing in einem institutionellen<br />

Kontext möglich ist.<br />

Meiner Meinung nach ist absolute Freiwilligkeit<br />

eine Bedingung für das Zustandekommen<br />

von Focusing-Prozessen. In dem<br />

Moment, in dem irgendein Zwang oder<br />

Druck da ist, heißt das ja auch, das kein<br />

Freiraum da ist. Und so kann das, was wir<br />

vorhin versucht haben zu beschreiben, nicht<br />

geschehen. Wenn wir focusingtherapeutisch<br />

arbeiten, ist ja eines unserer Hauptanliegen<br />

zu versuchen, mit der Klienten-Person einen<br />

freien Raum zu kreieren. Was in dem Begriff<br />

»Freiraum« phänomenologisch alles steckt,<br />

alle seine verschiedenen subtilen Aspekte,<br />

müssen wir hier jetzt nicht wiederholen.<br />

Wenn aber die Institution, in der du<br />

arbeitest, oder irgendwelche Vorgesetzten<br />

einen zusätzlichen, externen Druck produzieren,<br />

dann entsteht die Frage: Kannst du<br />

unter derartigen Kontext-Bedingungen mit<br />

dem Klienten diesen druckfreien, freiwilligen<br />

Raum errichten? Und wenn das gar<br />

nicht gelingt, sage ich: Kontraindikation für<br />

Focusing! Es hilft weder deinem Klienten<br />

noch dir, sich monatelang aufzureiben und<br />

etwas zu versuchen, wofür die Bedingungen<br />

überhaupt nicht gegeben sind.<br />

Ich würde aber nicht allzu schnell aufgeben.<br />

Die Antwort auf die Frage, wie ich diesen<br />

Druck, der von außen quasi durch die<br />

Türritzen und durch das Schlüsselloch hereindampft,<br />

abhalten könnte, um für mich<br />

mit dem jeweiligen Klienten einen freien<br />

Raum zu schaffen, ist selbst ein Prozess, der<br />

wie jeder Prozess Interaktion ist: Interaktion<br />

in mir, Interaktion mit den Personen<br />

und Strukturen, die Druck erzeugen, und<br />

vor allem Interaktion mit meinen Klienten.<br />

Es ist notwendig, mit ihnen diesen Druck<br />

ganz konkret anzusprechen, so dass er nicht<br />

heimlich unseren Raum vernebelt, sondern<br />

Es hilft weder deinem<br />

Klienten noch<br />

dir, sich monatelang<br />

aufzureiben und etwas<br />

zu versuchen,<br />

wofür die Bedingungen<br />

überhaupt<br />

nicht gegeben sind.<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 31


Themen<br />

Der Focusing-<br />

Prozess gibt sich<br />

glücklicherweise<br />

nicht dafür her, ein<br />

von irgendjemandem<br />

vorher ausgedachtes<br />

Schreibtischziel<br />

zu erfüllen.<br />

1 Gendlins Terminus carrying<br />

forward wird meistens mit<br />

»weitertragen« oder »fortsetzen«<br />

übersetzt. In der<br />

Praxis sagen wir dazu auch<br />

»Schritt« oder »Felt Shift«.<br />

In Gendlins Philosophie ist<br />

es ein zentraler Begriff, der<br />

einen komplexen Vorgang<br />

benennt. Mehr dazu in Experiencing<br />

and the creation<br />

of meaning (Northwestern<br />

University Press, 1997) und<br />

in Ein Prozess-Modell (Karl<br />

Alber Verlag, 20162).<br />

dass wir uns ihm stellen. Dass wir nicht so<br />

tun, als gäbe es den Druck von außen nicht,<br />

sondern dass wir ihn quasi wie eine imaginäre<br />

Person im Raum ganz konkret dabeihaben<br />

und uns mit ihm auseinandersetzen<br />

können. Die Frage ist daher: Kann ich eine<br />

Situation kreieren, in der diese Prozesse der<br />

Auseinandersetzung mit der Realität der<br />

externen Erwartungen stattfinden können?<br />

Und wenn das nicht geht, sich dann auch<br />

ganz bescheiden klarzumachen, dass Focusing<br />

nicht das einzige psychosoziale Angebot<br />

ist, das es auf der Welt gibt. Und nicht<br />

einmal unbedingt das Beste. Jedenfalls nicht<br />

für jeden und in jeder Problemlage. Es ist<br />

eines, das ziemlich exklusive Bedingungen<br />

braucht.<br />

Agata: Du hast vorhin gesagt, dass es Kontraindikationen<br />

für Focusing-Therapie gibt<br />

…<br />

… ja, aber nicht so sehr aufgrund der Diagnose<br />

des Klienten, sondern aufgrund der<br />

Beschaffenheit der Situation, in der die Therapie<br />

oder Beratung stattfindet.<br />

Agata: Ja, genau. Du sagst, dass die therapeutische<br />

Situation von Freiwilligkeit gekennzeichnet<br />

sein muss, dass also Klienten<br />

ohne Zwang zur Therapie kommen können.<br />

Und wenn institutioneller Druck oder<br />

Zwang da ist, sollten wir das auf jeden Fall<br />

thematisieren und versuchen, Bedingungen<br />

zu schaffen, die ermöglichen, mit unseren<br />

Klienten Situationen zu kreieren, in denen<br />

Freiraum entstehen kann.<br />

Genau. Zumindest ab und zu.<br />

Agata: Also, für mich ist es auf der einen<br />

Seite traurig, auf der anderen Seite sehr erleichternd<br />

zu hören, dass Focusing nicht die<br />

einzige und die immer beste Methode ist.<br />

Dass es für unterschiedliche Kontexte unterschiedliche<br />

Methoden gibt. Aber dass man<br />

nicht einfach und schnell vom Focusing zu<br />

einer anderen Methode übergeht, sondern<br />

erstmal schaut, ob in dem Rahmen, den man<br />

hat, mit dem Klienten ein Raum, ein Freiraum,<br />

ein Wir-Raum zu kreieren ist. Eine<br />

Frage ist für mich aber, ob es dann, wenn es<br />

ein vorgegebenes Ziel gibt, ausreichend ist,<br />

solche Situationen zu kreieren.<br />

Wenn ein von außen definiertes Ziel da ist<br />

mit der Auflage, es zu erreichen, ist für mich<br />

die Freiwilligkeit erstmal perdu. Ich weiß<br />

schon, dass in manchen Situationen sogenannte<br />

Hilfepläne erforderlich sind, etwa in<br />

der Kooperation mit Jugendämtern, in denen<br />

Ziele von außen definiert werden. Aber<br />

auch da ist wieder die Frage, wie sehr du in<br />

deiner Arbeit mit der Familie oder mit dem<br />

Klienten dieses Ziel einfach stillschweigend<br />

übernimmst oder ob dieses extern gesetzte<br />

Ziel eine Funktion im Prozess bekommt,<br />

statt dass umgekehrt der Prozess eine Funktion<br />

des Ziels wird. Wir wollen das Ziel in<br />

den Prozess mit hineinnehmen und schauen,<br />

wie sich dieses Ziel durch den Prozess<br />

eventuell auch wandelt, statt den Prozess<br />

als Mittel zum Zweck anzusehen, das Ziel<br />

zu erreichen. So kann kein Focusing-Prozess<br />

entstehen. Der Focusing-Prozess gibt<br />

sich glücklicherweise nicht dafür her, ein<br />

von irgendjemandem vorher ausgedachtes<br />

Schreibtischziel zu erfüllen. Diesen Missbrauch<br />

macht der Prozess nicht mit.<br />

Sind Ziele mit carrying forward<br />

vereinbar?<br />

Gisela: Ich hänge noch ein bisschen an dem<br />

Zusammenhang zwischen »carrying forward«<br />

und »Ziel«. In meiner Sprech- und<br />

Stimm-Praxis haben Klienten häufig das<br />

Ziel, dass sie ihre frühere Stimme wiederhaben<br />

möchten. Das ist ein Ziel, das sich in die<br />

Vergangenheit richtet, während sich carrying<br />

forward eigentlich immer in die Zukunft<br />

richtet, auf Neues, das vorher noch nicht da<br />

gewesen ist. Da taucht die Frage auf, wie ich<br />

mit einem derartigen Ziel umgehen soll. Ein<br />

solches Ziel ist doch total einschränkend.<br />

Wenn die Richtung von carrying forward 1<br />

offen ist, wirkt ja im Prozess eine »Intelligenz«,<br />

wie man behelfsweise sagen könnte,<br />

die sehr viel komplexer und umfassender ist<br />

als das ausgedachte Ziel, das sich ein Klient<br />

gesteckt hat oder das manche Therapeuten<br />

oder Institutionen sogar für den Klienten<br />

definieren.<br />

Ich finde, dass da das Gleiche gilt, was<br />

wir vorher über Absichten und Wünschen<br />

gesagt haben: Ich nehme das, was der Klient<br />

sagt, als sein Wünschen auf, aber ich erlaube<br />

nicht, dass es mein Ziel wird. Wünschen<br />

darf er es sich ja, und dass er mit seinem<br />

Wünschen da sein und mitgehen darf, ist ja<br />

auch das, was ihn motiviert, in der Therapie<br />

mitzumachen, mitzuarbeiten und über-<br />

32 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Themen<br />

haupt in die Therapiestunde zu kommen.<br />

Das werden wir ihm doch nicht ausreden<br />

wollen. Wir wollen das Wünschen da sein<br />

lassen, es aber nicht als Ziel übernehmen.<br />

Würden wir es als Ziel übernehmen, wären<br />

wir schon wieder in einem von Absichten<br />

gesteuerten Prozess, der mit Focusing nichts<br />

zu tun hat.<br />

Gisela: Ich bin da manchmal, glaub ich, ein<br />

bisschen hart, direkt und brutal gewesen und<br />

habe gedacht: Man springt niemals zweimal<br />

in denselben Fluss, die alte Stimme wirst du<br />

nicht zurückbekommen.<br />

Hm, jetzt merkst du gerade selbst, dass du<br />

dann das tun würdest, was Martin Psychoedukation<br />

genannt hat. Und das ist eigentlich<br />

etwas, das sich gegen den Strom des<br />

Klienten richtet. Wenn der seine frühere<br />

Stimme wiederhaben möchte, darf er es sich<br />

doch wünschen.<br />

Gisela: Ja, das ist eine super Antwort. Vielen<br />

herzlichen Dank.<br />

Bei diesem Thema sind verschiedene Wörter<br />

im Spiel. Ein Klient kommt gewöhnlich<br />

mit einem »Anliegen« in die Therapie oder<br />

in die Beratung. Dieses Anliegen sollten wir<br />

nicht als »Auftrag« verstehen, als würden<br />

wir einen Auftrag bekommen so wie der<br />

Mechaniker in der Autowerkstatt, und als<br />

müssten wir dann erstmal eine sogenannte<br />

»Auftragsklärung« durchführen. Ich möchte<br />

sehr gern, dass das Anliegen des Klienten<br />

den Charakter eines »Projektes« kriegt. Ein<br />

Projekt ist nach vorn, im Blick auf die Zukunft,<br />

offen. Es kann durchaus nützlich sein,<br />

ein derartiges Projekt in unserem gemeinsamen<br />

Prozess immer wieder mal zu überprüfen<br />

und zu fragen, wie es dem Projekt geht.<br />

Dann werden wir ziemlich oft feststellen,<br />

dass sich das Projekt inzwischen verändert<br />

hat. Wieso? Weil das Projekt eine Funktion<br />

im Prozess bekommen hat, und nicht das<br />

Projekt die große Überschrift ist, unter der<br />

sich alles andere des Prozesses zu versammeln<br />

hat.<br />

Auf der Mikroebene, also bezogen auf<br />

eine Stunde, ist das genauso. Da kommt immer<br />

wieder die Frage auf, ob man während<br />

oder am Ende der Stunde auf das »Thema«,<br />

das sich der Klient als Ausgangspunkt des<br />

Focusing-Prozesses gewählt hat, zurückkommen<br />

soll. Das Thema soll sich doch<br />

durch den Prozess verändern dürfen! Und<br />

es ist für den Klienten und auch für mich interessant,<br />

diese Veränderung zu bemerken.<br />

Aber die bemerken wir natürlich nur, wenn<br />

wir uns wieder auf das Thema beziehen. Allerdings:<br />

In dem Moment, wo die Absicht<br />

hereinkommt, das Thema möge sich doch<br />

in einer bestimmten Weise verändern oder<br />

verändert haben, wird der Möglichkeitsraum<br />

eng, und der Prozess wird dünn oder<br />

versiegt.<br />

Agata: Ich glaube, dass wir jetzt an einem<br />

sehr wichtigen Punkt für mich sind. Du hast<br />

gesagt, dass die Ziele, die vereinbart worden<br />

sind, nicht funktionalisiert, sondern so in<br />

den Prozess integriert werden sollten, dass<br />

man immer wieder nachschaut, was mit<br />

dem Ziel ist. Wenn ich dir zuhöre und darüber<br />

nachdenke, merke ich, dass ein vorgegebenes<br />

Ziel bisher auch immer zu meinem<br />

Ziel geworden ist. Und ich habe dann auf<br />

eine Menge Wissen zurückgegriffen und viele<br />

Ideen entwickelt, wie man dieses Ziel erreichen<br />

könnte. Jetzt merke ich, wieviel Absicht<br />

da dabei ist, ganz viel Strukturgebundenes.<br />

Aber ich stecke da in einem Dilemma: Meine<br />

Absicht ist zum Beispiel, zu erreichen, was<br />

die Kinder in einer Familie brauchen. Das ist<br />

mein Herzenswunsch. Und gleichzeitig sehe<br />

ich, wie die Erwachsenen, die Eltern, die<br />

vielleicht sogar das gleiche Ziel haben, ganz<br />

verkehrte Sachen machen.<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 33


Themen<br />

Es ist wichtig und<br />

gut, sich klarzumachen,<br />

dass ich<br />

in dem Moment, in<br />

dem ich anfange,<br />

gegen die scheinbar<br />

ganz dummen<br />

Ideen, Wünsche<br />

und Absichten<br />

anderer zu argumentieren,<br />

bereits<br />

von der eleganten<br />

japanischen<br />

Kampfkunst in eine<br />

europäische mittelalterliche<br />

Schwertkampftechnik<br />

zurückgefallen<br />

bin.<br />

Katrin: Agata, du atmest gerade so schwer,<br />

wenn du von deinem Herzenswunsch erzählst,<br />

dass es den Kindern besser gehen<br />

sollte … Den Kindern kann es ja nur besser<br />

gehen, wenn es den Eltern besser geht. Die<br />

Frage ist daher wohl, wie man deinen Herzenswunsch<br />

und das, was sich die Eltern<br />

wünschen, auch wenn sich dieses Wünschen<br />

nicht mit deinem deckt, in einem gemeinsamen<br />

Wünsch-Prozess vereinen könnte. Man<br />

könnte z.B. die Haltung haben und sie auch<br />

aussprechen: »Wir wissen nicht, was das<br />

Richtige ist oder wie wir das Richtige finden<br />

können. Und trotzdem machen wir uns auf<br />

den gemeinsamen Weg, zu finden, was das<br />

Richtige für euch sein kann.«<br />

Agata: Und da sagen halt die Eltern oft, es<br />

würde alles wieder gut werden, wenn sich<br />

»draußen« etwas verändert: die Schule, die<br />

Nachbarn, die Geschwister usw.<br />

Katrin: Ja. Aber es kann ja auch sein, dass<br />

eine Veränderung im Außen auch das Innere,<br />

das Innere einer Familie verändert. Diese<br />

Möglichkeit würde ich offenhalten: »Ah ja,<br />

das sehen Sie als eine Möglichkeit an. Was<br />

würde das für Sie bedeuten oder was würde<br />

sich für Sie verändern, wenn das ›da draußen‹<br />

anders wäre?« Was sich jemand von<br />

einer äußeren Veränderung erhofft, nehme<br />

ich als Stoff, statt es abzuwerten oder es jemandem<br />

ausreden zu wollen.<br />

Ich glaube, es ist wichtig und gut, sich klarzumachen,<br />

dass ich in dem Moment, in<br />

dem ich anfange, gegen die scheinbar ganz<br />

dummen Ideen, Wünsche und Absichten<br />

anderer zu argumentieren, bereits von<br />

der eleganten japanischen Kampfkunst in<br />

eine europäische mittelalterliche Schwertkampftechnik<br />

zurückgefallen bin. Da geht<br />

es dann nur mehr darum, wer die besseren<br />

Argumente hat, wer mehr Gewalt einsetzt,<br />

wer mehr Druck erzeugen kann, wer mehr<br />

Macht hat. Wenn beispielsweise ein Vater<br />

sagt, alle unsere Probleme wären gelöst,<br />

wenn die Nachbarn oder die Lehrer anders<br />

wären, dann würde ich genauso wie zuvor<br />

wieder mit dem Wünschen daherkommen:<br />

»Ah, das ist das, was Sie sich wünschen<br />

oder was Sie glauben.« Ich will diesen Vater<br />

ernst nehmen und ihm keinen Vortrag<br />

halten, um ihm zu beweisen, dass er falsch<br />

liegt. Ich würde versuchen, in dieses Wünschen,<br />

in dieses Glauben einzusteigen, statt<br />

zu erklären, warum das der falsche Weg ist.<br />

Ich habe kaum je die Erfahrung gemacht,<br />

dass eine Belehrung irgendeine nachhaltige,<br />

lebenswirkliche Wirkung erzeugt. Eine<br />

Belehrung wird bestenfalls bloß eine neue<br />

Idee im Kopf, die dann noch mehr Unterdrückung<br />

erzeugt. Damit kommen wir nicht<br />

weiter. Vielleicht ist hier ein bisschen Demut<br />

oder Bescheidenheit angebracht, sich einzugestehen,<br />

was geht und was nicht geht. Mit<br />

Überzeugungskraft, also mit Gewalt, mehr<br />

zu wollen, führt eher zu weniger, glaub ich.<br />

Ich komme nochmals auf carrying forward<br />

zurück. Der Ausdruck »carrying forward«<br />

klingt ja so, als müsste sich der Schritt<br />

in eine ganz bestimmte inhaltliche Richtung<br />

bewegen, nämlich vorwärts. Und »vorwärts«,<br />

könnte man meinen, bedeute besser,<br />

schneller, effektiver – bergauf sozusagen. Es<br />

ist aber so, dass die inhaltliche Richtung des<br />

carrying forward offen ist. Mit dem Schritt,<br />

der als nächstes kommt, kann es in alle Richtungen<br />

weitergehen. Aber eben nicht beliebig,<br />

sondern nur in die Richtung, die dem<br />

Prozess gemäß ist und die lebensfördernd<br />

ist, was auch immer das inhaltlich bedeuten<br />

kann. Wenn etwas geschieht, das dich<br />

einschrumpfen lässt und sich lebensfeindlich<br />

anfühlt, ist es kein carrying forward,<br />

sondern irgendeine strukturgebundene Gewohnheit.<br />

Das kann man als Therapeut oder<br />

als Zuhörer gut unterscheiden. Du spürst<br />

es in deiner Resonanz, in deinem Felt Sense<br />

der augenblicklichen Situation: »Na, das<br />

fühlt sich aber nicht so an, als würde es et-<br />

34 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Themen<br />

was öffnen oder ermöglichen, es macht eher<br />

eng.« Carrying forward hat diese lebensfördernde<br />

Richtung, es ist aber keine ausgedachte<br />

Richtung. Deshalb muss man nichts<br />

Spezielles tun oder den Prozess dirigieren<br />

und diese Richtung erzwingen.<br />

Als Therapeut ein Gegenüber sein<br />

Inge hat noch ein großes Thema angesprochen,<br />

nämlich den Unterschied zwischen<br />

dem Begleiten eines sogenannten Selbstprozesses<br />

und der therapeutischen Arbeit<br />

mit Klienten, die uns aufgrund mangelnder<br />

oder sehr strukturgebundener früherer Beziehungserfahrungen<br />

als Gegenüber brauchen.<br />

Inge, magst du uns nochmals sagen,<br />

was du genau meinst?<br />

Inge: Ja. Wenn jemand bei Gefühlen ist wie<br />

Einsamsein oder dass früher niemand da<br />

war, kommt oft mein Glaube ins Wanken,<br />

dass jeder Mensch in sich etwas finden kann,<br />

das ihm hilft. Ich bin dann unsicher, ob es<br />

richtig ist, vorzuschlagen, dieser Mensch soll<br />

in sich einen Anteil suchen, der ihn aus der<br />

Einsamkeit erlöst. Ich frage mich, ob ich diesen<br />

Menschen dann nicht wiederum alleinlasse,<br />

wenn ich ihn bloß bei diesem In-sichselbst-Suchen<br />

begleite. Ich frage mich, ob er<br />

nicht mehr von mir braucht.<br />

In meiner eigenen Lehrtherapie habe<br />

ich erlebt, dass ich von meiner Therapeutin<br />

einmal einfach eine Berührung bekommen<br />

habe. Und damit war dann auf einmal so<br />

vieles gut, das hat es irgendwie gebraucht. Im<br />

letzten Seminar hast du gesagt, und das war<br />

so wichtig für mich, dass es Leute gibt, die<br />

diesen Selbstprozess noch nicht können. Und<br />

dass es da eben den Therapeuten auch in<br />

dem Sinn braucht, dass der Klient zunächst<br />

diese unmittelbare Beziehungserfahrung mit<br />

ihm machen muss, bevor er diese Beziehung<br />

zu sich selbst herstellen kann. Da hab ich<br />

mir gedacht: Uhh, da muss ich in Zukunft<br />

aufpassen, denn bisher neige ich schon sehr<br />

dazu, bei diesem Begleiten von Selbstprozessen<br />

hängenzubleiben, auch wenn der Selbstprozess<br />

nicht funktioniert.<br />

Ich versuche mal aufzunehmen, was du<br />

sagst. Es gibt eine alte, nicht grundsätzlich<br />

falsche Vorstellung von Focusing, die gesagt<br />

hat, der Mensch, der fokussiert, wäre sein eigener<br />

Therapeut, weil er ja etwas in sich begleitet,<br />

und ich als Therapeut wäre eine Art<br />

Moderator dieses Selbstbegleitungsprozesses.<br />

Diese Vorstellung setzt voraus, dass die<br />

Klienten-Person in der Lage ist, eine Art von<br />

Ich-Spaltung vorzunehmen und dadurch<br />

die Möglichkeit oder Fähigkeit hat, sich<br />

selbst zuzuhören und sich selbst bei dem,<br />

was innerlich passiert, zu begleiten. Aus diesem<br />

Selbstbegleiten heraus, so hat man gesagt,<br />

würde der Klient auch ab und zu etwas<br />

sagen, was der Therapeut dann zurücksagen<br />

kann. Der Therapeut begleitet also den<br />

Selbstprozess des Klienten, und das ist sehr<br />

angenehm und relativ einfach. Das passt gut<br />

für das Partnerschaftliche Focusing, aber es<br />

reicht nicht immer für eine focusingorientierte<br />

Therapie.<br />

Wenn der Klient nicht oder streckenweise<br />

nicht in der Lage ist, auf sein eigenes<br />

impliziertes Erleben selbst innerlich zu antworten<br />

und es adäquat zu symbolisieren,<br />

dann braucht er den Therapeuten als ein<br />

menschliches Gegenüber, als Antwortgeber<br />

auf das, was innerlich in ihm passiert, weil<br />

er auf sein eigenes implizites Erleben gerade<br />

nicht selbst antworten kann. Wenn z.B.<br />

jemand eine frühe, starke Einsamkeitserfahrung<br />

hat, kann es wie ein Hohn wirken, ihm<br />

einfach zu sagen: »Ah ja, da ist ein Teil in<br />

dir einsam, aber da gibt es auch einen Großen.<br />

Und dieser Große kann jetzt den einsamen<br />

Teil suchen gehen oder ihn sogar in<br />

den Arm nehmen.« Das wäre ja wieder bloß<br />

der (vergebliche) Initiierungsversuch eines<br />

Selbstprozesses. Wenn der aber an dieser<br />

Stelle nicht möglich ist, braucht der Klient<br />

den Therapeuten als konkretes menschliches<br />

Gegenüber, um die Beziehungserfahrung<br />

machen zu können, nicht allein zu<br />

sein. Dazu hat Gendlin in seiner sogenannten<br />

Experiencing-Theorie Grundlegendes<br />

geschrieben. 2<br />

Ein solches Gegenüber zu sein, bedeutet<br />

aber nicht, dass man irgendetwas Besonderes<br />

sein oder machen müsste – außer als<br />

Mensch da zu sein. Wenn ich allerdings etwas<br />

von einem derartigen Klienten erwarte,<br />

und sei es auch etwas scheinbar Focusinggemäßes,<br />

dann funktioniert das nicht, weil die<br />

dafür erforderliche Selbstbeziehung nicht<br />

vorhanden ist. Die Frage ist: Wie kann ich<br />

gegenüber sein? Die Antwort ist: indem ich<br />

mit dem Klienten da bin. Wenn aus diesem<br />

Mit-dem-Klienten-da-Sein ein Wünschen<br />

auftaucht, z.B. den Klienten zu berühren,<br />

an dieser Stelle der Selbstprozess aber nicht<br />

funktioniert, macht es keinen Sinn, ihn zu<br />

fragen: »Du, ich habe jetzt den Impuls, dich<br />

zu berühren. Wie wäre das für dich?«, sondern<br />

du musst – du musst natürlich nicht,<br />

Es gibt einen Unterschied<br />

zwischen<br />

dem Begleiten eines<br />

sogenannten<br />

Selbstprozesses<br />

und der therapeutischen<br />

Arbeit mit<br />

Klienten, die uns<br />

aufgrund mangelnder<br />

oder sehr<br />

strukturgebundener<br />

früherer Beziehungserfahrungen<br />

als Gegenüber<br />

brauchen.<br />

2 Gendlin, E.T. (1964):<br />

A theory of personality<br />

change. In P. Worchel & D.<br />

Byrne (eds.), Personality<br />

change, pp. 100-148. New<br />

York: John Wiley & Sons.<br />

Kostenlos herunterladen<br />

unter http://previous.focusing.org/gendlin/docs/<br />

gol_2145.html. – Deutsch<br />

in J. Wiltschko (20183):<br />

Hilflosigkeit in Stärke verwandeln,<br />

S. 208-267. Berlin:<br />

epubli bei Holtzbrinck<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 35


Themen<br />

Was dann passieren<br />

kann, ist, dass<br />

du eine Ohrfeige<br />

bekommst oder im<br />

Klienten das Paradies<br />

anbricht.<br />

du kannst es auch bleibenlassen – das Risiko<br />

eingehen, die Person zu berühren. Du vermutest,<br />

dass dein Wunsch, dein Impuls, den<br />

Klienten zu berühren, eine Antwort auf ein<br />

unsymbolisiertes implizites Erleben des Klienten<br />

ist, die, da du ja Teilhaber am Beziehungsgesamtfeld<br />

bist, in deiner Resonanz,<br />

also aus deinem eigenen impliziten Erleben,<br />

auftaucht. Und was dann passieren kann, ist,<br />

dass du eine Ohrfeige bekommst oder im<br />

Klienten das Paradies anbricht.<br />

Das ist der Situation mit einem ganz<br />

jungen Kind, einem Baby, ähnlich: Wenn<br />

es schreit und du vermutest, dass es von dir<br />

eine Antwort, ein Handeln braucht, kann es<br />

dir auch nicht sagen, ob du es halten, füttern<br />

oder wickeln sollst. Es erwartet von dir, dass<br />

du auf einfühlsame Weise schon das Richtige<br />

tun wirst. Aber du kannst, wie jeder Vater<br />

und jede Mutter wissen, auch danebenliegen.<br />

Was geschehen wird, stellt sich im Beziehungsgeschehen<br />

heraus.<br />

Das Gegenübersein ist aufregender als<br />

das Begleiten eines Selbstprozesses. Weil du<br />

etwas riskieren musst. Hat das, was ich gesagt<br />

habe, irgendetwas mit deiner Frage, mit<br />

deinem Thema zu tun?<br />

Inge: Ja, ja, absolut. Das, was du zum<br />

Schluss gesagt hast, das Riskieren, ist schon<br />

neu und wichtig für mich, weil ich immer<br />

in der Haltung bin, den Klienten zu fragen,<br />

und wenn ich dann keine Rückmeldung bekomme,<br />

stehe ich an.<br />

Es gibt Situationen, in denen Klienten, auf<br />

die Frage »Möchtest du dies, möchtest du<br />

jenes?« oder »Passt das?« oder »Wie wäre<br />

das für dich?« keine Antwort geben können<br />

und manchmal durch diese Anfragen sogar<br />

in eine Dissoziation rutschen. Sie brauchen<br />

deine Präsenz und manchmal eine Handlung,<br />

die einfach aus deiner Resonanz mit<br />

der Situation geschieht.<br />

Inge: Ja, danke. Mir hilft das jetzt.<br />

Ich hätte übrigens sehr gern, dass wir das<br />

auch Focusing-Therapie nennen. Es kommt<br />

ja aus einem Verständnis von etwas, das wir<br />

»Selbstprozess« nennen. Der Begriff »Selbst«<br />

meint bei uns nicht dasselbe wie in anderen<br />

Therapierichtungen. Darüber gibt es einiges<br />

von Gendlin, z.B. auch in seiner schon erwähnten<br />

Experiencing-Theorie.<br />

Soll man Klienten erklären, was<br />

man als Therapeut tut?<br />

Ich wollte noch zur Frage von Martin kurz<br />

etwas sagen, nämlich ob es sinnvoll ist, mit<br />

einem Klienten auf der Metaebene deutlich<br />

zu machen oder zu erklären, was in der Therapiestunde<br />

geschieht oder was man als Therapeut<br />

vorschlägt.<br />

Martin: Ja. Ich frage mich, ob der Klient<br />

davon profitieren könnte. Im Gesangsunterricht,<br />

den ich gebe, merke ich, wie das Setting<br />

so viel blockiert, weil der andere sich<br />

ständig in der Schülerrolle fühlt. Und dieses<br />

Gefühl kenne ich auch aus dem Therapiesetting.<br />

Deshalb denke ich mir: Wenn offengelegt<br />

wird, was im Prozess passiert, und wenn<br />

die Rollen benannt und hinterfragt werden<br />

dürfen, könnte eventuell die Fähigkeit zu<br />

Selbstprozessen gesteigert werden.<br />

Also, ich verstehe dich so, dass der Klient dadurch,<br />

dass du ihm sozusagen deine Expertise<br />

übergibst, in eine gleichrangige Beziehung<br />

zu dir kommen könnte und sich nicht wie ein<br />

Schüler oder unterlegen fühlen müsste. Wie<br />

das im Gesangsunterricht ist, weiß ich nicht.<br />

Aber in der Therapie gehe ich immer von einer<br />

menschlichen Gleichrangigkeit zwischen<br />

Klient und Therapeut aus und daher will ich<br />

z.B. auch mein »Wissen« oder meine »Erfahrungen«<br />

nicht geheimhalten. Und natürlich<br />

sollen unsere Rollen hinterfragt, offengelegt<br />

und geklärt werden dürfen.<br />

Aber einem Klienten in der Therapiestunde<br />

auf einer Metaebene erklären, was<br />

wir tun oder was geschieht, das würde ich<br />

nicht machen. In früheren Jahren, als ich<br />

noch sogenannte Lehrtherapien gemacht<br />

habe, schien es passend zu sein, dass der<br />

Lehrklient auch mitbekommt und reflektieren<br />

kann, warum ich was tue und wie ich den<br />

Prozess beschreiben würde. Damals habe<br />

ich das auch eine Zeit lang versucht und bin<br />

meistens gegen Ende der Stunde mit den<br />

Klienten, wie man so sagt, auf die Metaebene<br />

gegangen. Meine Erfahrung war, dass das<br />

nur zu kopflastigen Gesprächen führt, die<br />

Erlebensprozesse nicht aufkommen lassen<br />

bzw. zerpflücken und dadurch unwirksam<br />

machen. Das stört sich gegenseitig.<br />

Wenn einen Klienten interessiert, was in<br />

einer Focusing-Therapie- oder -Beratungsstunde<br />

geschieht, empfehle ich ihm eine<br />

passende Lektüre, so dass er sich unabhängig<br />

von der therapeutischen Situation ein<br />

Bild machen kann. Und natürlich kann er<br />

36 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Themen<br />

dann in der Therapiestunde u.U. auch dazu<br />

etwas fragen. Aber nicht, dass du als Therapeut<br />

gleichzeitig jemand bist, der auch etwas<br />

unterrichtet.<br />

Martin: Das klingt so, als wäre es gut, den<br />

therapeutischen Raum »sauber« zu halten.<br />

Ja, weil sonst genau das passiert, was du<br />

eigentlich nicht möchtest: dass du in der<br />

therapeutischen Situation zum Experten,<br />

zum Lehrer wirst und dein Klient zum<br />

»Schüler«. Vorträge zu halten, Erklärungen<br />

abzugeben ist nicht verträglich mit der<br />

Therapeutenfunktion und mit der therapeutischen<br />

Beziehung – auch deshalb, weil<br />

sie häufig der Selbstrechtfertigung des Therapeuten<br />

dienen.<br />

Gisela Farenholtz, Kiel<br />

Inge Pinzker, Wien<br />

Martin Schäffner, Stuttgart<br />

Agata Weindock, Lübeck<br />

Katrin Tom-Wiltschko, Laufen<br />

mit<br />

Johannes Wiltschko<br />

Prof. Dr. johannes<br />

Wiltschko<br />

Co-Leiter der DAF-Akademie<br />

jw@daf-focusing-akademie.com<br />

www.daf-focusing-akademie.<br />

com<br />

Lieber Johannes, lieber Klaus und alle, die sich angesprochen fühlen mögen,<br />

ein paar Gedanken möchte ich mit Euch teilen. Wenn ich heute, an Ostern 2021, auf das blicke, was dem mir bekannten<br />

ehemaligen DAF entsprungen ist, so wie es mich im Wesentlichen die Webseiten und Newsletter der Nachfolgeinstitutionen<br />

erahnen lassen, möchte ich Euch meinen tiefen Dank aussprechen.<br />

Danke dafür, dass Ihr Euch diesem Prozess gestellt und hingegeben habt. Die darin erkennbare Rogers’sche Aktualisierungstendenz,<br />

die bekanntlich allem Lebendigen innewohnt, hat sich Bahn gebrochen. So empfinde ich es.<br />

Jeder von uns kennt wohl das gegenläufige innere Streben, am Gewohnten und weitgehend Bewährten festhalten und<br />

sich unbewusst dieser mächtigen Entfaltungskraft entgegenstemmen zu wollen.<br />

Dass das Ganze selten harmonisch und nicht ohne Schmerzen und Verletzungen zu haben ist, kennen wir wohl<br />

ebenso alle. Auch Trauer dem Verlorenen und Verlust gegenüber und auch das Würdigen dessen, was gut und schön<br />

gewesen ist, gehören dazu.<br />

Mein Wunsch ist, das sich in diesem lebendigen Prozess insgesamt entfaltende Leben, die kreative Lebendigkeit,<br />

zu erkennen und zu feiern und darin letztlich die LIEBE als zugrunde liegendes Prinzip ALLEN SEINS zu erahnen … und<br />

zu fühlen … wie doch auch jede Zelle sich teilt und sich als Antwort in neuer Ordnung hervorbringt … unentwegt …<br />

Alles Liebe Euch<br />

und Euren Teams weiterhin<br />

Anja Loges<br />

loges.anja@web.de<br />

P.S. Ich würde mich freuen, diese Zeilen, die ja hauptsächlich (aber eben nicht ausschließlich) an Euch gerichtet sind,<br />

im nächsten <strong>FOCUSINGJOURNAL</strong> zu lesen.<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 37


Themen<br />

Lockdown – außen und innen<br />

■■<br />

Von Krimhild König<br />

Zuerst überkommt<br />

mich eine tiefe<br />

Sehnsucht nach<br />

Ruhe, dann werde<br />

ich unglaublich<br />

müde! Mein Verstand<br />

ist mir auf<br />

einmal völlig egal,<br />

er ist auf Pause<br />

gegangen.<br />

Schreibstunde<br />

Papier ist geduldig, heißt es. Und das kann<br />

ich bezeugen! Seit Jahr und Tag will ich<br />

schreiben – Memoiren für meine Kinder,<br />

Geschichten, Gedichte, am besten einen<br />

Roman! Einen Bestseller natürlich! Erlebt<br />

hätte ich ja genug. Schon oft wurde ich gefragt:<br />

»Und was hast du geschrieben?« »Wir<br />

würden so gerne eine Geschichte von dir<br />

lesen!« Oder »Wieso schreibst du eigentlich<br />

nicht?« – Ja, genau das ist die alles entscheidende<br />

Frage: Wieso schreibe ich nicht? Die<br />

anderen scheinen es mir offensichtlich zuzutrauen.<br />

Normalerweise beantwortet mein Verstand<br />

Fragen dieser Art nach schneller Analyse<br />

kurz und knapp und trifft mit der Antwort<br />

genau ins Schwarze, zielsicher. Aber<br />

das ergäbe natürlich keine Geschichte!<br />

Wer hat denn heute auch noch Zeit für<br />

Geschichten? Ich selbst werde oft ungeduldig,<br />

wenn ich auf Fragen eine ausschweifende,<br />

allumfassende Antwort bekomme. Für<br />

Geschichten aller Art braucht es Zeit: Zeit<br />

zum Innehalten, Zeit zum Eintauchen, Zeit<br />

zum Mitschwingen, Zeit zum Nachspüren.<br />

Habe ich so viel Zeit? Mein Verstand sagt:<br />

»Für alles, was dir wichtig ist, nimmst du dir<br />

Zeit.« Und er entscheidet am liebsten allein,<br />

was wichtig ist. Sind mir Geschichten denn<br />

wichtig? »Natürlich sind sie das!«, lautet die<br />

Antwort. Doch wer hat da geantwortet? Neben<br />

dem selbstbewussten Verstand, der da<br />

sagt: »Geschichten bereichern dein Leben,<br />

sie entschleunigen!«, höre ich eine zweite<br />

zarte Stimme, die leise spricht: »Das wäre<br />

gut, entschleunigen.«<br />

Dieses Wort lässt mich aufhorchen. Zuerst<br />

überkommt mich eine tiefe Sehnsucht<br />

nach Ruhe, dann werde ich unglaublich<br />

müde! Mein Verstand ist mir auf einmal<br />

völlig egal, er ist auf Pause gegangen. Ich<br />

habe die Augen geschlossen, den Kopf auf<br />

die Hand gestützt und frage mich, was wohl<br />

jetzt das Beste für mich wäre! Müdigkeit<br />

und Verstand kämpfen miteinander. Doch<br />

auch dieses Kämpfen macht müde. Ich spüre,<br />

wie die Müdigkeit den Verstand verjagt.<br />

Doch wenn die Müdigkeit siegt …<br />

Und schon liege ich auf meinem Bett.<br />

Gut, dass es nur ein paar Schritte vom<br />

Schreibtisch zum Bett sind! Ich strecke mich<br />

und atme tief aus – es ist so angenehm – ja,<br />

so ist es angenehm – eine Weile weg vom<br />

Verstand, vom Kampf gegen die Müdigkeit.<br />

Meine Augen sind geschlossen, Entspannung<br />

breitet sich aus, bei jedem Atemzug<br />

ein bisschen mehr. Endlich ausatmen …, tief<br />

ein- und ausatmen …<br />

Da finde ich mich als Beobachterin einer<br />

merkwürdigen Situation wieder: Ich<br />

sehe nicht weit von mir eine Straßenwalze,<br />

die damit beschäftigt ist, über einer Figur<br />

einen Belag platt zu walzen. Diese Figur ist<br />

müde, fast bewegungsunfähig, hat sie doch<br />

schon lange und oft gekämpft. Doch sie beginnt<br />

sich langsam gegen das Plattwalzen zu<br />

wehren. Sie kommt immer mehr in Bewegung<br />

und bringt eine unglaubliche Kraft auf,<br />

die Walze Stück für Stück wieder zurückzudrängen.<br />

Endlich befreit, kann sie sich aufrichten,<br />

und ich sehe, dass es Sanna ist. Ich<br />

erkenne sie an ihrer hageren, etwas gebückten<br />

Gestalt, ihrem ausgezehrten Gesicht und<br />

ihrer dunklen Kleidung. Sie trägt ein langes<br />

schwarzes Tuch über dem Kopf, in der Art,<br />

wie es griechische Frauen tragen.<br />

Und nun nimmt sie ihren Weg durch die<br />

lange Ebene, die sich ruhig vor einem Gebirgszug<br />

ausbreitet. Doch was ist mit diesen<br />

Bergen? Auf Sanna wirken sie bedrohlich.<br />

Langsam schreitet sie dahin, ohne sich umzudrehen.<br />

Ihr Weg scheint ziellos zu sein.<br />

Gleichmäßig setzt sie einen Fuß vor den anderen,<br />

noch immer leicht gebückt vom langen<br />

leidvollen Dasein unter der Herrschaft<br />

der Walze. Noch spürt sie nicht die Erleichterung,<br />

die in ihrer Freiheit liegt, noch hat<br />

sie diesen gewaltigen Schritt, den sie getan<br />

hat, nicht erfasst. Zu müde ist sie vom<br />

38 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Themen<br />

Kampf, man sieht es an ihren Bewegungen,<br />

ihrer Haltung, ihrem Gesicht. Sanna steuert<br />

langsam auf einen großen Gesteinsbrocken<br />

zu, auf dem sie sich niederlässt. Sie hat etwas<br />

Erholung nötig. Noch immer schaut<br />

sie erschöpft zu Boden. Und ganz leise sagt<br />

sie zu sich: »Ich habe es geschafft. Endlich<br />

habe ich es geschafft.« Noch immer kann<br />

sie es kaum glauben, dass sie dem Monster<br />

entkommen ist, das sie zusammengepresst<br />

verscharren wollte, das sie, Sanna, schon fest<br />

im Griff hatte. Noch immer spürt sie nur<br />

die Erschöpfung. Doch da zeichnet sich ein<br />

kleines Lächeln auf ihrem Gesicht ab – die<br />

erste Spur des Entkommenseins. »Es ist gut,<br />

hier zu sitzen«, denkt sie sich und wendet<br />

ihr Gesicht zur Sonne hin. Die warmen goldenen<br />

Strahlen streicheln es und tun ihr gut.<br />

Sie lässt sich ganz und gar durchströmen.<br />

Von Wärme durchzogen wächst der Gedanke<br />

an ihre Freiheit, an ihr neues freies Leben<br />

und sie spürt, wie Dinge aus ihr herausdrängen,<br />

die schon lange das Tageslicht erblicken<br />

wollten. So vieles kann sie sich auf einmal<br />

vorstellen, auch wenn sie noch nicht weiß,<br />

was es sein wird. Noch kann sie es nicht<br />

benennen, aber ihr Körper spürt bereits all<br />

ihre neuen Möglichkeiten. Diese packt sie<br />

beim Schopf, damit sie ihr ja nicht mehr entkommen<br />

mögen, und so holt sie eine Menge<br />

Stoffpuppen unter ihrem Kleid hervor<br />

– Puppen, die zum Leben erweckt werden<br />

wollen und die schon lange auf ihre Befreiung<br />

gewartet haben. Eine nach der anderen<br />

stellt sie vor sich hin. Es sind so viele! »Wie<br />

finde ich da die Richtige?« fragt sie sich, etwas<br />

ängstlich überfordert.<br />

Da bemerkt sie das strahlende Gesicht<br />

der Einen, der Besonderen – der Richtigen.<br />

Nun schaut Sanna lange in das hell leuchtende<br />

Gesicht dieses kleinen beschützenswerten<br />

Wesens. Es wird ganz ruhig in Sannas<br />

Innerem, eine ruhige Freude breitet sich<br />

in ihrem erwärmten Körper aus. »Sie ist es.<br />

Endlich. Linn.« Sanft schließt sie dieses Wesen<br />

zwischen ihrer Brust und ihren Armen<br />

ein. Liebevoll drückt sie Linn an sich. »Endlich«,<br />

spricht sie vor sich hin. »Mit dir gehe<br />

ich nun meinen Weg. Nur du und ich.« Und<br />

das wärmende Glücksgefühl durchdringt<br />

ihrer beider Seelen und Körper, da blinzelt<br />

Linn Sanna an und lächelt. Nun weiß sie,<br />

alles passt zusammen, alles ist jetzt richtig.<br />

Nichts wird sie mehr trennen, nichts wird<br />

sie aufhalten.<br />

Sanna erhebt sich mit Linn im Arm und<br />

geht weiter. Die Berge grüßen sie, sie nicken<br />

ihr zu, als wollten sie sagen: Deine Wahl war<br />

die richtige, du kannst ganz zufrieden sein.<br />

Und da ist ihre frühere Furcht vor ihnen auf<br />

einmal verschwunden. Sie weiß nun, dass sie<br />

diese Berge nicht mehr besteigen muss. Es<br />

ist genauso richtig, in der Ebene zu bleiben,<br />

denn alles hat seine Zeit und alles darf sein.<br />

Und sie geht ziellos zielgerichtet.<br />

Ich erwache und spüre eine innere Zufriedenheit.<br />

Was ich da gerade erlebt habe,<br />

stimmt mich froh und zuversichtlich. Ich<br />

setze mich zurück an meinen Schreibtisch<br />

und beginne, meine Gedanken zu ordnen.<br />

Habe ich Linn etwa schon gefunden?<br />

Abstand<br />

»Jede Art von Gedankenaustausch mit anderen<br />

Menschen erweitert Ihren Horizont.<br />

Unerwartete Widerstände wecken Ihren<br />

Kampfgeist, und Sie fahren zur Höchstform<br />

auf.« So lautet mein heutiges Tageshoroskop.<br />

Das gibt Kraft! Was wird da entstehen aus<br />

meinem Kampfgeist und meiner Höchstform?<br />

Normalerweise erreiche ich meine<br />

Höchstform frühestens nach der Tagesmitte,<br />

oft erst in den Abendstunden. Doch ich<br />

spüre, wie mich diese Vorhersage tatsächlich<br />

aufpeitscht! Es liegt mir fern, mich dagegen<br />

zur Wehr zu setzen. Der Tag kann nur gut<br />

werden! Es treibt mich hinaus, doch draußen<br />

weht ein erbarmungsloser Wind. Wer<br />

wird wohl mit mir in Gedankenaustausch<br />

treten?<br />

Es ist Grippezeit, kaum ein Mensch<br />

verlässt derzeit seine sicheren vier Wände,<br />

So vieles kann sie<br />

sich auf einmal vorstellen,<br />

auch wenn<br />

sie noch nicht weiß,<br />

was es sein wird.<br />

Noch kann sie es<br />

nicht benennen,<br />

aber ihr Körper<br />

spürt bereits all ihre<br />

neuen Möglichkeiten.<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 39


Themen<br />

wenn er nicht wirklich muss. Wir alle sind<br />

angehalten, Masken zu tragen, unser Gesicht<br />

zu verbergen und Abstand zu halten.<br />

Regen sich da etwa schon die vorhergesagten<br />

unerwarteten Widerstände? Beim Supermarkt<br />

angekommen, werde ich aufgefordert,<br />

meine Hände zu desinfizieren. Einen<br />

Moment lang schaue ich etwas ungläubig,<br />

doch da erfahre ich die ganze aufgeheizte<br />

Stimmung der hilflos ausgelieferten Zeitgenossen:<br />

»Es geht um die anderen!«, höre ich<br />

fremde Stimmen aufgeregt rufen, und diese<br />

Mitbürger meinen mich. Dabei ist für mich<br />

das Treffen mit anderen Menschen ein Lebenselixier.<br />

Mit ihnen zu reden, zu scherzen,<br />

zu lachen und ihnen dabei ins Gesicht zu sehen,<br />

hält mich im seelischen Gleichgewicht<br />

und »erweitert meinen Horizont«. Von meinem<br />

angekündigten Kampfgeist ist nichts zu<br />

spüren, er scheint eher in die Flucht geschlagen<br />

zu sein. Ich verbiete meinem Unmut,<br />

meinen Körper zu verlassen. Er gehorcht.<br />

Ich betrete den Supermarkt mit frisch desinfizierten<br />

Händen und natürlich mit meiner<br />

Maske und denke dabei: Hoffentlich lassen<br />

mich diese ängstlich erregten Leute in Ruhe!<br />

Ich möchte ihnen nicht da drinnen unter die<br />

Augen oder gar Krallen kommen und zum<br />

Opfer ihrer hysterischen Lynchjustiz werden!<br />

Dabei begegne ich für mein Leben gern<br />

Menschen, natürlich nur, wenn sie mich so<br />

sein lassen, wie ich bin. Doch wer darf sich<br />

heute so zeigen, wie er ist? Die Mehrzahl der<br />

Menschen hat das schon längst aufgegeben<br />

oder gar verlernt. Erziehung, Schulalltag<br />

und Arbeitsleben haben eigene Anteile verstümmelt<br />

und klein gehalten. Es ist schon<br />

lange Normalität, nur die Gefühle zu zeigen,<br />

welche die anderen sehen und hören<br />

wollen. Doch was ist die neue Normalität?<br />

Abstand halten, nun auch äußerlich sichtbar<br />

maskiert herumlaufen, entrechtet sein und<br />

die Ängstlichkeit vor neuem Denunziantentum<br />

entwickeln? So etwas Ähnliches hatten<br />

wir doch schon! Mich überkommt eine<br />

Gänsehaut. Ich gehe wie in Trance durch die<br />

Regalreihen, nehme mir die Dinge, die ich<br />

brauche und achte auf genügend Abstand.<br />

Zwischendurch schaue ich verstohlen auf,<br />

um jeglicher unangenehmen Begegnung<br />

ausweichen zu können.<br />

Draußen reiße ich mir die Maske vom<br />

Gesicht und atme tief durch, schon geht es<br />

mir etwas besser. Die frische Luft bringt Abkühlung.<br />

Als ich dann im Auto sitze, hält<br />

mein Körper noch immer die Spannung<br />

aufrecht, ich spüre meinen schnellen Herz-<br />

schlag und die angestrengten Muskeln, die<br />

nach wie vor zur augenblicklichen Flucht<br />

bereit sind. Mechanisch lenke ich mein Auto<br />

nach Hause, erst dort fühle ich mich wirklich<br />

sicher, erst dort entspannen sich Körper<br />

und Geist.<br />

Kaum ist mein Denken wieder voll in<br />

Betrieb genommen, frage ich mich, was das<br />

jetzt eigentlich war: Wer oder was hat so viel<br />

Macht über mich, dass (Es) mein Denken<br />

auf Minimalbetrieb schrumpfen lässt und<br />

meinen Körper in höchsten Erregungszustand<br />

versetzen kann, dass (Es) meinen<br />

Kampfgeist einfrieren lässt und mich in einen<br />

tranceartigen Zustand erhebt? Schnell<br />

wird mir klar, dass hier jede Menge Angst<br />

im Spiel war. Auf alle Fälle fühlte ich mich<br />

in eine frühere Zeit versetzt! »Willkommen,<br />

brave new world, deine Zeit ist längst angebrochen!«,<br />

schreien meine Gedanken. Doch<br />

wer oder was ist Es? Es ist in der Lage, mich<br />

kurzzeitig zu lähmen und zu beherrschen.<br />

Es kommt von außen, Es ist nicht greifbar!<br />

Es überrollt mich wie eine große schwere<br />

Walze!<br />

Beim Verstauen meiner Einkäufe werde<br />

ich ruhiger. Alles bekommt seinen Platz<br />

im Küchen-Ordnungssystem. Am Ende ist<br />

auch mein inneres Ordnungssystem fast<br />

wiederhergestellt. Ich koche mir einen Tee<br />

und setze mich ans Fenster. Draußen hat es<br />

zu regnen begonnen. Nun kann ich meine<br />

Gedanken ganz weit weg schweifen lassen<br />

… Ich begebe mich wieder in die lange Ebene,<br />

die sich ruhig vor dem Gebirgszug ausbreitet.<br />

Alles ist still, die Walze steht starr<br />

und verlassen am Eingang des Plateaus, der<br />

flache schmale Graben vor ihr scheint unberührt,<br />

seit meinem letzten Besuch hier. Ich<br />

suche Sanna und Linn und finde beide auf<br />

einer Bank sitzend an einem schattigen Ort.<br />

Sie sind da, unverändert in ihrer Eintracht.<br />

Beneide ich sie da ein bisschen in ihrer Ungestörtheit?<br />

Beide scheinen nichts von dem<br />

Vorfall vorm Supermarkt zu wissen, sie sitzen<br />

zufrieden und gelassen dort, als sei die<br />

Außenwelt für sie bedeutungslos.<br />

LASSEN. GELASSEN. GELASSEN-<br />

HEIT. Gebt mir doch ein Stück davon! Alles<br />

in Ruhe und bedacht angehen – wäre das<br />

nicht wundervoll?! Ich betrachte die beiden<br />

und erspüre ihre entspannte liebevolle Ausstrahlung.<br />

Das ist heilsam und beginnt mich<br />

nahezu zu tragen. Da schaut mich Sanna an<br />

und sagt: »Auch du kannst es. Du trägst die<br />

Gelassenheit in dir. Denke an Linn. Lass zu,<br />

dass sie dich leitet, dann wird sich dein lang<br />

40 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Themen<br />

gehegter Wunsch erfüllen. Wir sind stets bei<br />

dir.« Für einen Moment halte ich inne, um<br />

diese Nachricht in der Gänze zu erfassen.<br />

Dann frage ich Sanna etwas beunruhigt:<br />

»Doch was ist mit der Walze? Was, wenn sie<br />

mich wieder verfolgt?« Die Antwort klingt<br />

simpel und einleuchtend: »Lerne, mit ihr<br />

umzugehen.«<br />

Der Gedanke an die Walze versetzte<br />

mich in leichtes Unbehagen, hatte sie mir<br />

und anderen doch schon einiges Leid zugefügt.<br />

Ich kann spüren, welche Macht sie<br />

über mich hat, wenn sie sich in Bewegung<br />

setzt. Sollte ich sie aus meinem Bild entfernen?<br />

Nein, das wäre wohl nicht die beste Lösung,<br />

denn da ist sie trotzdem; ich sollte sie<br />

im Blick behalten. Doch was kann ich tun,<br />

wenn sie wieder unterwegs ist? Ist ein Aufhalten<br />

möglich? … Abstand ist angesagt. Je<br />

größer der Abstand, desto kleiner wird sie<br />

in meinen Augen, und das ist beruhigend.<br />

Ich werde sie momentan nicht zum Stillstand<br />

bringen können, aber vielleicht kann<br />

ich ihr aus dem Weg gehen, wenn ich sehe,<br />

dass sie zu rollen beginnt!? Vielleicht kann<br />

ich irgendwann verhindern, dass sie startet.<br />

Lernen, mit ihr umzugehen.<br />

Nun habe ich in einem Blickwinkel die<br />

Walze, weit weg von mir, und im anderen<br />

Sanna und Linn. Auch von ihnen habe ich<br />

mich ein wenig entfernt. Es ist mir gelungen,<br />

wieder ganz ruhig zu sein und meinen<br />

Blick über die Ebene gleiten zu lassen: Alles<br />

ist friedlich und übersichtlich, die Natur ist<br />

karg, die Abendsonne spendet noch immer<br />

ihre südliche Wärme, alles ist still. Ich spüre<br />

Durst und bemerke den Tee auf dem Fensterbrett.<br />

Zufrieden fühle ich: Es ist schön,<br />

Tee zu trinken. Es ist schön, sich zu besinnen.<br />

Es ist schön, bei mir selbst zu Hause zu<br />

sein.<br />

Jetzt bin ich wohl in Höchstform.<br />

Mag. Krimhild König<br />

Psychotherapeutin<br />

4020 Linz<br />

office@ihre-psychotherapeutin.<br />

eu<br />

Krimhild König<br />

bietet an:<br />

zwei eintägige Focusing-Schnuppertage im Mühlviertel (Engerwitzdorf)<br />

am 19. Juni und am 11. September 2021, jeweils von 10 bis 18 Uhr.<br />

»Wollten Sie schon immer mal ausprobieren, wie sich Focusing wirklich anfühlt?<br />

Egal, ob Sie eine Vorstellung davon haben oder auch nicht – wir werden an diesem Tag einfach einsteigen, uns<br />

Freiraum schaffen und Entschleunigung erleben. Entdecken Sie Focusing für sich, es ist ein kleines Abenteuer mit<br />

sich selbst!«<br />

»Time is honey«: Zeit will Raum<br />

18. bis 21. November 2021 im Seminarhotel Wesenufer an der Donau (nahe Passau)<br />

»Tauchen Sie ein in Ihre eigene Welt des Zeiterlebens! Ergründen Sie Ihren individuellen Wert der Zeit!<br />

Im Mittelpunkt dieses Seminars wird Ihr persönlicher Umgang mit Zeit stehen.<br />

Der Satz ›Time is money‹ treibt uns durchs Leben; er beschränkt die Dimensionen der Zeit auf eine einzige.<br />

Ihr Menschen habt ›… ein Herz, um damit die Zeit wahrzunehmen‹, heißt es in Michael Endes ›Momo‹.<br />

Lassen Sie sich von bedeutsamen Textstellen dieses zeitlosen Zeiten-Bestsellers inspirieren und lassen Sie eigene,<br />

ganz persönliche Zeitphänomene aus Ihrem Inneren aufsteigen. So können Sie spüren, was Ihnen wirklich wichtig<br />

ist.«<br />

Keine Teilnahmevoraussetzung<br />

Anmeldung und weitere Infos: info@daf-focusing-akademie.com<br />

www.daf-focusing-akademie.com/weiterbildungen/spezialseminare/<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 41


Themen<br />

Gene Gendlin:<br />

Zwei Felt Sense-Schnipsel<br />

gefunden auf einer alten Festplatte<br />

von Johannes Wiltschko<br />

Eugene T. gendlin<br />

Imagination als Metapher<br />

benutzen<br />

Es macht Sinn zu sagen: Mach dir einen<br />

Platz für das, was richtig wäre, wenn du<br />

auch keine Ahnung hast, was richtig ist, und<br />

wenn alles, was möglich erscheint, falsch ist.<br />

Mach dir so einen Platz, das hilft. Denn der<br />

Körper nützt alles, was da ist.<br />

Er benützt auch die Imagination, denn<br />

manchmal kann man das Nächste nicht direkt<br />

bekommen. Deshalb kann es helfen zu<br />

fragen, wie es in der Phantasie ausschauen<br />

würde. Die Phantasie oder das innere Bild ist<br />

ein Zwischenstadium. Wenn man sich selbst<br />

beispielsweise so etwas wie ein Raumschiff<br />

vorschlägt oder Unsichtbarwerden, dann<br />

kann eine ganz neue Phantasie kommen,<br />

z.B.: »Ah, es wäre gut, wenn ich als ein ganz<br />

Anderer neu in diese Situation eintreten<br />

könnte.« So etwas ist zwar in Wirklichkeit<br />

nicht möglich, aber es trägt den Felt Sense<br />

einen Schritt weiter. Und von diesem neuen<br />

Schritt aus können weitere Schritte zu etwas<br />

führen, das man dann wirklich tun kann.<br />

Die Imagination, die Einbildungskraft<br />

ist wichtig, denn der menschliche Körper<br />

hat nicht nur die eine Situation, er hat viele<br />

mögliche Situationen, die sich kreuzen.<br />

Daher kann man als Metapher oder als Bild<br />

irgendetwas benützen, und manchmal kann<br />

man auf diese Weise den nächsten Schritt<br />

auf eine poetische Weise skizzieren.<br />

Es ist also nicht nur eine Situation, sondern<br />

es sind verschiedene Situationen, in<br />

denen es ein Nächstes gibt. Man kann daher<br />

eine Situation als Ausdrucksweise für<br />

eine andere benützen. Jede Situation kann<br />

für eine andere als Metapher funktionieren.<br />

Wenn ich z.B. jetzt auf irgendeine Weise<br />

stecken bleibe, kann ich eine andere Situation<br />

benützen, um in der meinen nächsten<br />

Schritt abzubilden, den ich in der ersten Situation<br />

nicht finden kann.<br />

Handeln ohne Focusing<br />

Etwas einfach so auszuführen, wie es geplant<br />

ist, ohne Focusing, ohne Felt Sense,<br />

ohne Komplikationen – das müssen wir<br />

ehren. Denn sonst würden wir alle verrückt<br />

werden. Wir wollen doch nicht jedes Mal<br />

fokussieren, ob wir aufstehen sollen, ob wir<br />

aufs Klo gehen sollen oder nicht, ob wir diese<br />

Kleider anziehen sollen oder jene. Nein,<br />

je mehr wir automatisch einfache Regeln<br />

befolgen, desto freier haben wir den Kopf<br />

und den Körper für etwas Neues und Interessanteres.<br />

Je mehr wir etwas Automatisches<br />

haben, damit das Gewöhnliche klappt, desto<br />

freier werden wir.<br />

42 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Anzeigen<br />

Die Focusing Woche auf dem Achberg (Lindau/Bodensee) – Lernen und Austausch in inspirierender Umgebung<br />

06. bis 12. August 2021<br />

Die Focusing Wochen Achberg sind seit über vier Jahrzehnten ein alljährlicher Treffpunkt für Focusing-interessierte Menschen aus<br />

Deutschland, der Schweiz, Österreich und den Niederlanden.<br />

Das Kursangebot 2021<br />

1. Auftaktseminar 2. Focusing-Ausbildungsseminare /- Themenworkshops<br />

Freitag, 06.08. bis Sonntag, 08.08.2021<br />

Experiencing Alba Emoting<br />

Gastreferent Sergio Lara aus Chile<br />

Mit Alba Emoting lernen wir die Basisemotionen Wut, Angst, Traurigkeit, Freude, Zärtlichkeit<br />

und erotische Liebe mittels bestimmter universeller Atemmuster, Körperhaltungen<br />

und Mimik authentisch, kongruent und eindeutig ausdrücken zu können. Schwache und<br />

selten empfundene Basisemotionen werden dadurch mehr wahrgenommen und zu intensiv<br />

empfundene Basisemotionen auf ein stimmiges Maß zurückgeführt. Mit „Step out“,<br />

Zentrierung und Techniken aus dem FOCUSING können intensive, extreme körperliche<br />

Emotionszustände gezielt verlassen werden, um zu einer neutralen Grundhaltung zurück<br />

zu finden. FOCUSING unterstützt, die körperliche Resonanz der in unserem Körper gespeicherten,<br />

oft verdrängten und unterdrückten Gefühle bewusst zu erforschen und deren<br />

persönliche Bedeutung zu erkennen. In Verbindung mit FOCUSING als Therapiemethode<br />

entsteht Experiencing Alba Emoting (EAE) als ein tiefgehender persönlicher Entwicklungsund<br />

Transformationsprozess. Es ist “Erleben als Prozess”, wie Eugene Gendlin sagt.<br />

Dr. Sergio Lara ist in eigener psychotherapeutischer Praxis in Chile tätig. Er ist Internationaler<br />

Master für Alba Emoting und Focusing, Focusing Koordinator für The International<br />

Focusing Institut (TIFI) seit 2004 und Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Experiencing<br />

Alba Emoting e.V. (AGEAE). Dr. Lara hat in ganz Südamerika und Europa Workshops zu<br />

den Themen Focusing, Alba Emoting, Thinking at the Edge (TAE), fokussierte Therapie<br />

(FOT) und Achtsamkeit angeboten. Er unterstützt Menschen durch seine Offenheit, seine<br />

eigenen vielseitigen Erfahrungen und seinen Humor. Er wird Euch einen praktischen, erfahrungsorientierten<br />

Einblick in seine Arbeitsweise geben, die die Methoden ALBA EMOTING<br />

und FOCUSING auf wirksame Weise verbindet.<br />

Er hält seine Kurse in Deutsch. Voraussetzungen: keine<br />

Ausbildungsseminare: (08.-12.08.2021):<br />

Focusing I – Einführungs- und<br />

Grundlagenseminar<br />

mit Astrid Bansen und Silvia Boorsma<br />

Voraussetzungen: Neugier<br />

Focusing III – Prozess-Seminar<br />

mit Lothar Kammer und Petra Colombo<br />

Voraussetzung: Focusing I und II<br />

Themen-Workshops (08.-12.08.2021):<br />

Focusing und das „Innere Kind“ - die heilsame<br />

Beziehung mit sich selbst<br />

mit Delia Conrad<br />

Focusing als eine Art des Sich-selbst-Zuhörens unterstützt uns, uns<br />

unserem Inneren Kind wertschätzend und mit unserer ganzen Aufmerksamkeit<br />

zuzuwenden - auch wenn es uns mit schwierigen Gefühlen<br />

konfrontiert. Focusing schafft den Zugang zu unserem Inneren<br />

Kind – und damit zu unseren ältesten und tiefsten Bedürfnissen und<br />

Gefühlen. Das ist die Voraussetzung, eigenverantwortlich für eine gute<br />

Beziehung zu sich selbst und zu anderen sorgen zu können.<br />

Voraussetzungen: keine<br />

Focusing mit belastenden Emotionen und Glaubenssätzen<br />

mit Christine Grube und Achim Grube<br />

Oft entsteht Furcht, von belastenden Emotionen überschwemmt zu<br />

werden. Der innere Freiraum, der uns den Zugang zu Freude und<br />

Sonntag, 08.08. bis Donnerstag, 12.08.2021<br />

Hoffnung ermöglicht, ist dann verloren gegangen. Negative Glaubenssätze werden dann<br />

immer lauter, die unser Selbstwertgefühl schwächen. Focusinghaltung und -schritte helfen<br />

uns in solchen Situationen, den inneren Freiraum neu zu entdecken, Belastendes in<br />

Ressourcen zu transformieren und neue Lebensperspektiven zu eröffnen.<br />

Voraussetzungen: keine<br />

Im Vertrauten steckt immer schon das Neue - Von der Idee zum<br />

Konzept - ECC 1 (Erlebensbezogenes-Concept-Coaching),<br />

eine methodenbasierte Selbsterfahrung<br />

mit Regina Jürgens und Monika Lindner<br />

Mit dieser auf der philosophischen Praxis des „Thinking at the Edge“ (TAE) von E.T.<br />

Gendlin basierenden Methode entwickeln Sie eigene Vorhaben und entwickeln Pläne,<br />

die auf Eis liegen, weiter.<br />

Voraussetzungen: keine<br />

Mit Leib und Seele Frau sein - für Frauen von 18 bis 101<br />

mit Antje Sommer-Schlögl<br />

Im Kreis von Frauen eröffnen wir einen Raum, in dem wir mit unseren Schamgefühlen<br />

achtsam umgehen, uns unserem Frau-sein zuwenden, unsere Sexualität so, wie wir sie<br />

erleben (oder nicht erleben) befragen, uns damit befassen und finden spürigen Zugang<br />

zu der Energie unserer Weiblichkeit.<br />

Voraussetzungen: keine<br />

Zusatzangebot: Supervisions- und Beratungssitzungen<br />

(stundenweise über die gesamte Zeit vom 07. bis 11.08.2021) mit Thomas Franke<br />

Einzel-Settings für supervisorische und persönliche Anliegen jeder Art im Zusammenhang<br />

mit dem Praktizieren von Focusing.<br />

Voraussetzungen: Focusing I<br />

weitere Informationen unter: www.focusing-netzwerk.de<br />

focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021 43


Anzeigen<br />

Die Akademie für Focusing, Focusing-Therapie und Prozessphilosophie (DAF-AKADEMIE)<br />

Alle Aus- und Weiterbildungen auf einen Blick<br />

Die DAF-AKADEMIE bietet drei Ausbildungen an, die jeweils mit einem qualifizierenden Zertifikat abgeschlossen werden können.<br />

Jede dieser drei Ausbildungen beinhaltet eine oder mehrere der acht Weiterbildungen.<br />

Teilnahmevoraussetzungen und Erläuterungen<br />

• Für BASIS und themenzentrierte Einführungsseminare: keine. Der Einstieg in den Ausbildungsprozess erfolgt über die Weiterbildung<br />

BASIS. Die themenzentrierten Einführungsseminare sind fakultativ. KollegInnen, die eine Ausbildung in personzentrierter<br />

Psychotherapie absolviert haben oder in einem fortgeschrittenen Ausbildungsstadium sind und ausreichende Erfahrungen<br />

mit Focusing haben, können auch in die Weiterbildung ESSENTIALS einsteigen.<br />

• Für ESSENTIALS: BASIS. Nach ESSENTIALS besteht freie Wahl der Reihenfolge der »roten« Weiterbildungen.<br />

• für KÖRPER und STRUKTUREN: BASIS, ESSENTIALS<br />

• für PROZESSPHILOSOPHIE und Spezialseminare (auch Internationale Focusing Sommerschule):Teilnahmevoraussetzungen<br />

siehe beim jeweiligen Seminar. Es werden jeweils mehrere Seminare angeboten, die frei wählbar sind; je zwei Spezialseminare<br />

und zwei Seminare PROZESSPHILOSOPHIE sind für die Zertifikate obligatorisch.<br />

• für INTEGRAL: ESSENTIALS, KÖRPER, STRUKTUREN und mindestens ein Seminar PROZESSPHILOSOPHIE und ein themenzentriertes<br />

Spezialseminar<br />

• für TRAINER: Die Teilnahme an der Weiterbildung TRAINER ist nur nach Einladung bzw. nach erfolgreicher Bewerbung möglich.<br />

Sie ist Voraussetzung für die die Mitarbeit als Seminarleiter/in und als Dozent/in in der DAF-AKADEMIE.<br />

44 focusing journal | heft <strong>46</strong>/2021


Die Hefte des <strong>FOCUSINGJOURNAL</strong>s können Sie kostenlos<br />

als pdf-Datei herunterladen unter:<br />

https://www.daf-focusing-akademie.com/medien/#journal<br />

oder als gedrucktes Exemplar für € 15,- (inkl. Versand)<br />

pro Heft bestellen bei:<br />

info@daf-focusing-akademie.com.


Bücher über Focusing<br />

Eugene Gendlin<br />

Ein Prozess-Modell<br />

Verlag Karl Alber<br />

Johannes Wiltschko (Hrsg.)<br />

Focusing und Philosophie<br />

Facultas<br />

Eugene T. Gendlin<br />

Focusing-orientierte<br />

Psychotherapie<br />

Klett-Cotta<br />

Eugene T. Gendlin/<br />

Johannes Wiltschko<br />

Focusing in der Praxis<br />

Klett-Cotta<br />

Johannes Wiltschko<br />

Hilflosigkeit in Stärke verwandeln<br />

epubli-Holtzbrinck<br />

Johannes Wiltschko<br />

Ich spüre, also bin ich!<br />

epubli-Holtzbrinck<br />

G. Stumm/J. Wiltschko/W. W. Keil<br />

Grundbegriffe der Personzentrierten<br />

und Focusing-orientierten<br />

Psychotherapie und Beratung<br />

Klett-Cotta<br />

Johannes Wiltschko<br />

Die Anstalt<br />

Edition Keiper<br />

Donata Schoeller<br />

Close Talking<br />

Erleben zur Sprache bringen<br />

De Gruyter<br />

Donata Schoeller, Vera Saller (Hrsg.)<br />

Thinking thinking<br />

Practicing radical reflection<br />

Karl Alber<br />

David M. Levin (Ed.)<br />

Language beyond Postmodernism<br />

Saying and Thinking in Gendlin’s Philosophy<br />

Northwestern University Press<br />

Eugene T. Gendlin<br />

A Process Model<br />

Northwestern University Press<br />

Eugene T. Gendlin<br />

Experiencing and the Creation of Meaning<br />

A Philosophical and Psychological<br />

Approach to the Subjective<br />

Northwestern University Press<br />

Edward S. Casey, Donata Schoeller (Eds.)<br />

Saying What We Mean<br />

Implicit Precision and the Responsive Order<br />

Selected Works by Eugene T. Gendlin<br />

Northwestern University Press

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