Divertimento 2021

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Fokus: Tenebrae Choir Die Sinnlichkeit von Musik VON Markus Treier und Philipp Leibbrandt FOTO Sim Cannetty-Clarke Wenn es Perfektion im Gesang gibt, dann hier. Denn der Tenebrae Choir steht – zu Recht – im Ruf atemberaubender Präzision, die der Chorgründer und -leiter Nigel Short meisterhaft auszusteuern und auszutarieren weiß: dunkel hier, strahlend da, mal transparent, mal kraftvoll, dann wieder sanft, mit Schärfe, innig oder leuchtend, immer exakt und im idealen Zusammenklang. Daraus entsteht eindringlicher Gesang und pure Emotion. Die Arbeit an dieser Perfektion ist Nigel Shorts ganzes Leben. Beim Rheingau Musik Festival <strong>2021</strong> wird das englische Ensemble in drei Konzerten seine Fähigkeit zu außergewöhnlichem Klangreichtum zum Besten geben. 26
Nigel Shorts Beharrlichkeit und seiner Vision ist es zu verdanken, dass der Tenebrae Choir nicht nur mit den renommiertesten Orchestern weltweit auftritt und mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt wurde. Vielmehr ist der Chor dafür bekannt, neben weitverbreitetem Repertoire immer wieder spektakulär Neues zu präsentieren und mit bedeutenden zeitgenössischen Komponisten zusammenzuarbeiten. Die Interpretationen des Ensembles leben dabei besonders vom Gespür für die Sinnlichkeit von Musik. Bekannte und unbekannte Werke werden zu einem faszinierenden Klangerlebnis, Konzerte zu einem lebendigen Hörraum, in dem besondere Klangwirkungen erzeugt werden. Mal treten Einzelstimmen, mal Stimmgruppen in Dialog – auch mit dem Raum: Wenn die Sänger im Mittelgang stehen, jede Nuance, jede Bewegung, jede Stimme, jeder Ton wahrnehmbar ist, hält das Publikum den Atem an. Der Farbreichtum, den Short seinem Ensemble entlockt, kennt keine Grenzen. Den Tenebrae Choir zeichnet neben seiner kristallklaren Intonation, seiner Passion und seiner absoluten Präsenz vor allem seine unglaublich facettenreiche Programmauswahl aus. Geprägt von der Lust am Experimentieren, sehr bedacht und immer von einem roten Faden durchzogen, sind die Programme eines jeden Konzertabends mit diesem Ausnahmeensemble und seinem Dirigenten konzipiert. Sie kreisen um einen Inhalt, eine bestimmte Gesangstechnik oder eine Klangfarbe. Werke, die vorher noch nie zusammen erklungen sind, erhalten durch diese wohl erwogene Programmgestaltung eine neue Bedeutung. Und gerade wegen seiner exzeptionellen Klangqualität ist dieses Ensemble prädestiniert dafür, maßgeschneiderte Auftragskompositionen zum Leben zu erwecken. »Wir fokussieren uns nicht auf eine Zeitspanne, stattdessen singen wir neben der alten Musik auch romantische Stücke, einige aus der Barockzeit und zeitgenössische Werke. Ich liebe all diese verschiedenen Epochen und suche mir die Stücke ganz nach Gefühl aus.« Die Werkauswahl, die das britische Ausnahmeensemble und Nigel Short für das Rheingau Musik Festival im Gepäck haben, ist gleichsam erfrischend wie mutig. Mit dem Werk „Paths of Miracles“ des britischen Komponisten Joby Talbot begibt sich der Tenebrae Choir auf eine musikalische Reise. Die vier Sätze „Roncesvalles“, „Burgos“, „León“ und „Santiago“ führen das Publikum durch das nördliche Spanien entlang des berühmten Jakobsweges. Dabei bleiben die Musik und die Texte allerdings keineswegs auf die spanische Kultur und Atmosphäre begrenzt. Der Tonschöpfer ließ sich bei seiner Auftragskomposition für den Tenebrae Choir auch von taiwanesischen Anklängen sowie alten liturgischen Texten lateinischer, griechischer und deutscher Sprache inspirieren. In unvergleichlicher Weise bringen die exzellenten Sängerinnen und Sänger dieses brilliant-kraftvolle Klangepos mit seiner Mischung aus Clustern, Glissando-Effekten und kontemplativen Abschnitten in die Basilika von Kloster Eberbach. Auch das zweite Konzertprogramm, mit dem der Londoner Chor in den Rheingau kommt, ist wohl in dieser Form bisher ungehört. Hierfür tut sich der Tenebrae Choir mit unserer Fokus- Künstlerin Bomsori Kim zusammen. Gemeinsam wandeln sie auf den Spuren Johann Sebastian Bachs und lassen bekannte Werke zu echten Neuentdeckungen werden. Die Partita Nr. 2 d-Moll des barocken Großmeisters gehört mit zu seinen bekanntesten Kompositionen. Doch in der Symbiose mit ausgewählten Chorälen von Bach tritt das berühmte Werk für Solovioline in ein ganz neues Licht. Gemeinsam wagen sich der Tenebrae Choir und die talentierte Geigerin an diese Klangkombination mit Seltenheitswert, in der das berühmte Werk mit bedrückend schlichten und atmosphärischen Bach-Chorälen zu einem großen Ganzen verwoben wird. Den Fokus beschließen die herausragenden Interpreten mit ihrem Adventskonzert „A Very English Christmas“ mit Werken verschiedenster englischer Komponisten der jüngeren und älteren Vergangenheit. In diesem Konzert entlocken die Sängerinnen und Sänger den Werken von Ralph Vaughan William, Joanna Forbes L’Estrange, Adrian Peacock, Bob Chilcott und vielen mehr die feinsten Klangnuancen und spielen mit dem großen Farbreichtum, welcher der britischen Vokalmusik innewohnt. Mit unvergleichlicher Homogenität und stimmlicher Qualität führt der Tenebrae Choir die große englische Chortradition im 21. Jahrhundert fort. Konzerte 13.8. Tenebrae Choir Nigel Short, Leitung Joby Talbot: „Path of Miracles“ 14.8. Bomsori Kim, Violine Tenebrae Choir Nigel Short, Leitung Johann Sebastian Bach: Partita Nr. 2 und ausgewählte Choräle 10.12. Tenebrae Choir Nigel Short, Leitung „A Very English Christmas“ 27
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