Dr. Gisela Schneider - Deutsches Institut für Ärztliche Mission eV
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Werde ich nicht gesund, weil ich zu<br />
wenig gebetet habe? Bin ich selbst schuld,<br />
dass ich krank bin?<br />
12<br />
mit seinem Schicksal hoffte auf eine Heilung, indem er<br />
zu Gott sagte: „In der Bibel lese ich, dass Jesus Blinde<br />
heilte. Tu‘ doch ein Wunder und lass mich wieder<br />
sehen!“ In seiner Heimatstadt Nairobi hörte Samuel<br />
dann immer wieder von Heilungsveranstaltungen, die<br />
mit großartigen Heilungsversprechen warben. Samuel<br />
ging hin – mit dem sehnlichen Wunsch, ja mit der<br />
Erwartung, wieder sehen zu können. Für ihn jedoch, so<br />
sagt er, waren diese Großveranstaltungen nicht<br />
heilsam. Im Gegenteil. Zu seiner Krankheit kamen noch<br />
quälende, ja krank machende Fragen wie: Habe ich<br />
etwa zu wenig gebetet oder habe ich zu viel gesündigt,<br />
sodass mein Gebet nicht erhört wurde? Bin ich etwa<br />
selbst schuld, dass ich krank bin?<br />
Bedrängt durch solche Fragen, hat sich Samuel<br />
intensiv mit den biblischen Heilungsgeschichten<br />
auseinander gesetzt. Und er fordert uns auf, einmal<br />
genauer hinzusehen, welche Krankheiten Jesus geheilt<br />
hat. Denn es fällt auf, dass Jesus überwiegend Blinde,<br />
Taube, Lahme, Aussätzige, besonders auch Frauen und<br />
Kinder heilte. Alle diese Krankheiten haben eines<br />
gemeinsam: Die Betroffenen hatten eine schwache<br />
Position in der Gesellschaft und waren oft<br />
ausgeschlossen aus der menschlichen und aus der<br />
religiösen Gemeinschaft. Bei „Aussatz“ ging das<br />
Ausgeschlossensein so weit, dass die Menschen in<br />
ihrem Umfeld glaubten, durch die Berührung der<br />
Kranken selbst unrein zu werden. Jesus tut etwas, das<br />
<strong>für</strong> die damalige Zeit revolutionär war: Er wendet sich<br />
den Menschen zu, mit denen niemand etwas zu tun<br />
haben wollte, deren Nähe die Menschen mieden.<br />
Wenn Jesus auf einen Kranken zugeht und ihn<br />
berührt, so ist das, als ob er zu ihm sagt: Du bist<br />
wertvoll in Gottes Augen; Gott ist dir nahe und du sollst<br />
nicht mehr ausgeschlossen sein aus der Gemeinschaft<br />
der Menschen. Die Heilung oder Besserung der<br />
körperlichen Erkrankungen gehört dazu, aber bei Jesu<br />
Heilungen ging es immer um mehr als nur die<br />
Wiederherstellung eines gesunden Körpers. Heilung<br />
Gesundheit und Heilung<br />
beinhaltet ganz wesentlich die Heilung der Beziehung<br />
der Menschen zu Gott und untereinander.<br />
Samuel betont immer wieder, wie kurzsichtig wir sind,<br />
wenn wir Jesu Heilungen durch die Brille unseres<br />
naturwissenschaftlichen Begriffs von Heilung lesen und<br />
Heilung definieren als die Beseitigung körperlicher und<br />
seelischer Gebrechen. Heilung im biblischen Sinne, so<br />
betont er, ist nicht gleichzusetzen mit Gesundung – im<br />
Englischen entspricht das der Unterscheidung zwischen<br />
„to heal“ und „to cure“. In Bezug auf sich selbst sagt<br />
Samuel: „Ich habe über viele Jahre einen heilenden<br />
Prozess durchgemacht. Wesentlich <strong>für</strong> mich ist, dass ich<br />
in eine Gemeinschaft von Menschen eingebunden bin,<br />
die mich als wichtiges Glied der Gemeinde sehen. Seit<br />
ich weiß, dass mein Wert als Mensch unabhängig von<br />
meinem Augenlicht ist, habe ich Frieden schließen<br />
können mit meiner Blindheit und mit Gott.“ Und<br />
Samuel sagt von sich: „Ich bin gesund!“<br />
Samuel leitet heute ein Netzwerk <strong>für</strong> Menschen mit<br />
Behinderungen beim Ökumenischen Rat der Kirchen.<br />
Seine Aussagen zu Heilung finden in der Ökumene eine<br />
starke Beachtung.<br />
Tsepho ist ein vierzehnjähriger südafrikanischer<br />
Junge, der an Aids erkrankt ist.<br />
Als dies in seiner Schule bekannt wurde, wurde er,<br />
wie man heute sagt, gemobbt und manche Eltern<br />
verboten ihren Kindern jeden Kontakt mit ihm. Er<br />
wurde dann sehr krank und seine Familie rechnete<br />
damit, dass er innerhalb kurzer Zeit sterben würde.<br />
Nun konnte er durch die Initiative einer Kirchengemeinde<br />
Medikamente bekommen, die sein Leben<br />
verlängern. Und eine Vertreterin der Gemeinde<br />
redete mit Tsephos Schulleiter. Daraufhin setzte<br />
dieser sich <strong>für</strong> ihn ein. Er redete mit den anderen<br />
Jugendlichen in seiner Klasse und es gelang ihm,<br />
Tsepho wieder in die Klassengemeinschaft zu<br />
integrieren. Heute kann Tsepho sagen: „Ich konnte<br />
nicht mehr aufstehen, nun habe ich wieder Kraft.<br />
Ich war völlig isoliert, jetzt habe ich Freundinnen<br />
und Freunde und ich freue mich auf jeden neuen<br />
Tag. Später will ich einmal Lehrer werden.“ Und er<br />
dankt Gott <strong>für</strong> dieses Wunder. So wie dieser<br />
Jugendliche sagen viele junge Menschen, dass sie<br />
sich wie vom Tode erstanden fühlen. Die Aidsmedikamente<br />
bezeichnen sie dementsprechend als<br />
„Auferstehungspillen“.