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Aufsichtsrat aktuell - KWR

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Dr. Johannes Peter Gruber<br />

ist Rechtsanwalt in Wien.<br />

Johannes Peter Gruber<br />

Treuhänder und Privatstiftung<br />

Für und Wider der Entscheidung OGH 14. 9. 2011, 6 Ob 158/11w<br />

1. TREUHAND<br />

Jede Person („Treugeber“) kann einem<br />

Treuhänder Rechte übertragen und mit ihm<br />

vereinbaren, dass er diese Rechte nach den Anweisungen<br />

des Treugebers ausübt. Der Treuhänder<br />

kann auf diese Weise z. B. Eigentümer einer<br />

Liegenschaft oder Gesellschafter einer GmbH<br />

werden. Er kann dann diese Liegenschaft gültig<br />

veräußern oder seine Rechte und Pflichten<br />

als Gesellschafter einem Dritten übertragen. Er<br />

darf das aber nur dann tun, wenn ihm der Treugeber<br />

entsprechende Anweisungen erteilt. Mit<br />

anderen Worten: Der Treuhänder kann mehr als<br />

er darf.<br />

Der Treugeber setzt sich damit einem gewissen<br />

Risiko aus. Wenn der Treuhänder das Treugut<br />

entgegen den Anweisungen des Treugebers<br />

verkauft oder verpfändet, kommen Verkauf<br />

bzw. Verpfändung gültig zustande. Dem Treugeber<br />

bleibt nur die Möglichkeit, vom Treuhänder<br />

Schadenersatz zu verlangen.(1) Es gibt eine<br />

wesentliche Ausnahme: Wenn Gläubiger gegen<br />

den Treuhänder Exekution führen und wenn<br />

der Treuhänder in Konkurs geht, wird der Treugeber<br />

als „wahrer Eigentümer“ behandelt. In<br />

diesen Fällen kann er die Herausgabe des Treuguts<br />

verlangen.(2)<br />

Die Treuhandschaft diente bereits im römischen<br />

Recht als Ersatz für die damals noch unbekannte<br />

direkte Stellvertretung und wurde als<br />

26 <strong>Aufsichtsrat</strong> <strong>aktuell</strong> 6/2011<br />

Rechtsprechung<br />

Wenn der Stifter nicht im Firmenbuch aufscheinen will, kann er einen Treuhänder einsetzen,<br />

der statt ihm eingetragen wird. Diese Eintragung kann – wie der OGH jetzt entschieden hat –<br />

nachträglich nicht mehr geändert werden. Die Privatstiftung kann damit nicht mehr widerrufen<br />

werden, wenn der Treuhänder stirbt.<br />

Vorläufer des Pfandrechts zur Besicherung von<br />

Darlehen verwendet: Der pater familias musste<br />

den Verwalter (Treuhänder) seines Landguts als<br />

Eigentümer einsetzen, wenn er für längere Zeit<br />

abwesend war; der Darlehensnehmer (Treugeber)<br />

erhielt nur dann ein Darlehen, wenn er<br />

dem Darlehensgeber (Treuhänder) eine Liegenschaft<br />

als Sicherheit (bis zur Rückzahlung<br />

des Darlehens) übereignete. Später ermöglichte<br />

die Treuhandschaft bestimmten Personen,<br />

mittelbar Liegenschaftseigentum in deutschen<br />

Städten zu erwerben, obwohl sie selbst vom unmittelbaren<br />

Eigentumserwerb ausgeschlossen<br />

waren (Fremde, Juden, Geistliche).(3)<br />

Das ABGB enthält keine Bestimmungen<br />

über die Treuhandschaft. Die Treuhandschaft<br />

war zunehmend zur Gesetzesumgehung verwendet<br />

worden und daher am Anfang des<br />

19. Jahrhunderts verpönt.(4) Das dürfte vor allem<br />

für die verdeckte Treuhand gegolten haben,<br />

bei der der Name des Treugebers nicht offengelegt<br />

wird. Auch heute noch wird diese Form<br />

der Treuhandschaft oft in Zusammenhang mit<br />

Hehlerei und Geldwäsche gebracht.(5) Zuletzt<br />

hat der Arbeitskreis Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung<br />

(FATF)(6) in seinem Bericht<br />

über Österreich vom 29. 6. 2009(7) die mangelnde<br />

Transparenz österreichischer Privatstiftungen<br />

kritisiert, sodass der österreichische Gesetzgeber<br />

zu Gegenmaßnahmen gezwungen war.(8)<br />

(1) Unklar ist, warum in Österreich der Begriff „Wirtschaftstreuhänder“ als Oberbegriff für Steuerberater und<br />

Wirtschaftsprüfer verwendet wird. Steuerberater können von Fall zu Fall (neben Rechtsanwälten, Notaren<br />

und sonstigen Personen) als Treuhänder eingesetzt werden; diese Tätigkeit gehört aber nicht zum typischen<br />

Berufsbild. Das gilt umso mehr für Wirtschaftsprüfer, die die Bücher ihres Auftraggebers objektiv zu überprüfen<br />

haben.<br />

(2) Entsprechendes gilt in einem Exekutionsverfahren; vgl. Jakusch in Angst, EO 2 (2008) § 37 Rz. 38.<br />

(3) Apathy, Die Treuhandschaft aus rechtshistorischer Sicht, in Apathy, Die Treuhandschaft (1995) 1 (16) m. w. N.<br />

(4) Apathy, Treuhandschaft, 17, allerdings ohne weitere Nachweise.<br />

(5) Foregger, Strafrechtliche Aspekte der Treuhandschaft, in Apathy, Die Treuhandschaft (1995) 257 (271 ff.).<br />

(6) Die Staatschefs der G7-Staaten und der Präsident der EG-Kommission haben bei ihrem Gipfeltreffen im Juni<br />

1989 in Paris die FATF (Financial Action Task Force on Money Laundering) als Expertengruppe mit dem<br />

Auftrag eingesetzt, die Methoden der Geldwäsche zu analysieren und Maßnahmen zu deren Bekämpfung<br />

zu entwickeln; vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/FATF.<br />

(7) Anti-Money Laundering and Combating the Financing of Terrorism.<br />

(8) Der Arbeitskreis Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung (FATF) hat in seinem Bericht über Österreich vom<br />

29. 6. 2009 die Transparenz österreichischer Privatstiftungen kritisiert. Um dieser Kritik zu begegnen, wurden<br />

Privatstiftungen bereits Anfang 2010 zur „zeitnahen Vorlage“ der Stiftungsurkunde und der Stiftungszusatz-

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