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civitas-sommer-2021-zu_hause, Fotoquelle: Ardea-studio, Quelle: stock.adobe.com

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RÜCKMELDUNG

In Köln, einer modernen Millionenstadt in Deutschland,

war es Teil unserer Lebenswelt in unserem

Stadtviertel vor etwas über dreißig Jahren, dass Kinder

zusammen in einen katholischen Kindergarten gingen,

in eine katholische Grundschule, im katholischen

Sportverein am Nachmittag zusammen kamen und

in den Ferien – in von der katholischen Jugendgruppe

organisierten Zeltlagern – vielseitige Abenteuer

erleben und wertvolle eigenständige Erfahrungen im

Leben machen durften. So ist es, allem Vernehmen

nach, weitgehend bis heute geblieben. Dabei war keine

dieser Aktivitäten exklusiv und blieb Kindern anderer

Konfession oder Religionszugehörigkeit verschlossen.

IHRE

RÜCK-

MELDUNG

ZÄHLT ...

Ich bin Soldat und die Hälfte meiner Zeit alleinerziehender Vater. In beiden Rollen hilft es

mir sehr, dass ich durch eine Kindheit geprägt wurde, in der zu einer liebenden Familie

auch eine lebendige Kirchengemeinde dazugehörte.

Gleichzeitig waren nur wenige Straßenzüge entfernt

die Sozial- und Familienverhältnisse deutlich weniger

idyllisch. Aber auch dort war mit einem „Don-Bosco-

Club“ der Kirche eine bis heute wertvolle Anlaufstelle

für Kinder, Jugendliche und Eltern vorhanden. Für die

Kinder und Jugendliche dieses Teils unseres Viertels

war und ist diese von einem katholischen Orden

getragene Sozialeinrichtung oft eine der wenigen Gelegenheiten

für verlässliche Verhältnisse, gewaltfreien

Umgang, ein Rückzugsort vor Familien und einem

Leben mit massiven Armuts-, Bildungs- und Drogenproblemen.

Und, so erschütternd das ist, schlicht auch

einfach eine Möglichkeit für eine gesunde, warme

Mahlzeit einmal am Tag. Für uns Kinder „von der

anderen Seite der Bahnschienen“ war aber auch die

Verbindung unserer Kirchengemeinde mit dem „Don-

Bosco-Club“ eine unschätzbare Chance zum „Kulturschock“,

zum Kennenlernen, Verstehen und Wertschätzen

anderer Lebenswelten, und zur Begegnung

mit engagierten Menschen im unermüdlichen Einsatz

für Schwächere und Benachteiligte.

An allen diesen Punkten spielten und spielen ehrenamtlich

Engagierte eine entscheidende Rolle: ohne

sie und ihren Einsatz würden weder die Jugendarbeit,

noch das Gemeindeleben funktionieren. Aber in der

Mitte, als räumlicher, aber auch ideeller und spiritueller

Bezugsort, stand und steht die Kirche. Und

dazu gehört der Pfarrer der Gemeinde. In meinem

persönlichen Erleben sind dies Menschen, die sich aus

Überzeugung – Berufung – heraus Zeit nehmen, „da“

sind und ihre

Gemeinden kennen. Engagierte Persönlichkeiten, die

aus eigener Erfahrung zehren und die nicht weltfremd,

sondern – eher häufiger als nicht – bei den Menschen

und ihrer Lebenswirklichkeit zuhause sind.

Als Soldat, im Einsatz in Krisengebieten – als Blauhelm

zur Friedenssicherung vor dem Libanon, für

die Europäische Union zur Pirateriebekämpfung und

Sicherung von Nahrungsmittellieferungen vor der

Küste Somalias – habe ich als noch junger erwachsener

Mann erlebt, wie fragil die vermeintliche Sicherheit

unserer menschlichen Gesellschaften ist. Ich habe auch

erfahren, wie schnell ich mit meinem eigenen Wissen

und dem unbewussten Vertrauen auf funktionierende

Verhältnisse an Grenzen kommen kann. Dabei

wurde mir einerseits klar, wie wichtig ein Team, eine

Gemeinschaft von Menschen ist, auf die ich mich

verlassen kann. Andererseits habe ich aber auch erlebt,

dass ich in Krisensituationen, in Verantwortung für

mich und mir anvertraute Menschen, bei Entscheidungen

von gravierender Tragweite – bis zum Einsatz von

Waffengewalt – ich nicht vollkommen alleine und auf

mich gestellt war.

In meiner eigenen Entwicklung, aber vor allem als

Papa, wurde mir gerade durch meine Erfahrungen

in Extremsituationen bewusst, wie wichtig ein gutes

Fundament aus kultureller, gemeinschaftlicher aber

auch religiöser Prägung für mich ist. Ein schlichter

Besuch im Kunstmuseum macht sofort deutlich,

dass ohne zumindest rudimentäre Kenntnisse der

Geschichten aus der Bibel, das kulturelle Vokabular

zum Verständnis unserer eigenen Geschichte extrem

lückenhaft wäre. Auch haben mir die in jedem

Leben unvermeidbaren kleinen und größeren Krisen,

Anstrengungen und leidvollen Erfahrungen immer

wieder gezeigt, wie wertvoll es sein kann, auf die alten

religiösen Rituale und darin geradezu pädagogisch

clever verpackte Lebensweisheiten zurückgreifen

zu können. Der ritualisierte Raum für Trauer beim

Verlust eines geliebten Menschen für Angehörige und

Freunde, genauso, wie der über Jahrhunderte und

Jahrtausende geübte seelsorgerische Beistand für die

Kranken und Sterbenden selbst. Aber auch in Eheschließung

und Kindertaufe, von der Begrüßung neuen

Aufbruchs und neuen Lebens, bis zum Abschied daraus,

haben die katholische Kirche und die Menschen,

die sie tragen, unschätzbar Wertvolles zu bieten.

„Aber in der Mitte,

als räumlicher,

aber auch ideeller

und spiritueller

Bezugsort, stand

und steht die Kirche.“

Für mich persönlich, aber auch um meinen Kindern

später eine echte freie eigene Wahl – statt schlichter

Unwissenheit und Unkenntnis – zu ermöglichen, gehe

ich mittlerweile seit etwa sechs Jahren wieder regelmäßig

alleine und mit meinen Kindern in Sonntags- und

Feiertagsgottesdienste. Dazu gehört, mitten in der

Millionenstadt, unweit vom Dom, in der fast tausendjährigen

wunderschönen romanischen Basilika St. Maria

im Kapitol, ein liebevoll von Gemeindepfarrer und

Eltern gestalteter sonntäglicher Kindergottesdienst.

Auch haben einige von uns Eltern für unsere Kinder

in den vergangenen beiden Jahren eine Kommunionvorbereitung

ins Leben gerufen und anschließend

Erstkommunion – die Aufnahme in die „Mahlgemeinschaft“

der Gemeinde, aber auch der Christenheit

als Ganzes – mit den Kindern gefeiert. Übrigens mit

Kindern, die sich zumeist außerhalb der Kirche wohl

kaum begegnet wären, mit Freude von einer Gemeinde

von Menschen feierlich aufgenommen, die wir

anderweitig nicht kennen gelernt hätten.

All das wird – und umso wertvoller in diesen Zeiten

geschlossener Kultureinrichtungen – von Musik,

Kunst, Architektur und Geschichte eingerahmt. Musik,

die inspirieren und träumen lassen kann; Kunst,

die schön erscheinen mag, oder nachdenklich macht;

Architektur, die beeindrucken, aber auch Geschichten

erzählen kann; und eine Geschichte, die – wie auch

die Gegenwart – nicht immer nur Glanz und Heiligenschein

vermittelt, sondern auch zu kritischem

Hinterfragen einlädt. Entscheidend ist für mich als

Mensch, als Bürger, aber auch als Vater, dass ich

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