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Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz - Frohnhofener Bürger helfen mit vor Ort in Insul - Thomas Weyrich berichtet

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Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz 2021

Frohnhofener Bürger helfen mit vor Ort in Insul (23./24.07.2021)

Ein Bericht von Thomas Weyrich

Am Freitag, den 23.07.2021, sind wir mit fünf Helfern aus Frohnhofen schon um kurz nach

06:00 Uhr morgens nach Insul aufgebrochen und haben uns unterwegs mit Rolf Braun,

einem früheren Mitarbeiter des Innenministeriums und dessen Tochter getroffen um

gemeinsam ins Einsatzgebiet zu fahren. Rolf hatte zuvor Kontakt zu Bürgermeister Ewald

Neiß und dessen Tochter aufgenommen, um konkret in Erfahrung zu bringen was aktuell

am notwendigsten in diesem von der Flut betroffenen kleinen Dörfchen gebraucht wird. So

haben wir gezielt von unseren Sachspenden bereits Material mitgenommen und zusätzlich

von den Spendengeldern Arbeitsmaterialien wie Schrubber, Gummiabzieher, Handschuhe,

Masken, Reinigungsmittel – und tücher

sowie Taschenlampen einen Tag zuvor

schon besorgt. Auch der Bürgermeister

der Nachbargemeinde Krottelbach

Karlheinz Finkbohner war von uns

informiert und hat uns mit eingekauften

Materialien versorgt. Ebenso hat sich

Kaffeemanufaktur Reismühle mit einer

großen Sachspende beteiligt. Herzlichen

Dank auch dafür. So konnte ein Teil

unserer vielen Sachspenden bereits direkt

nach Insul gelangen.


Unterwegs sahen wir bereits wie mächtig die Ahr geworden war und was alles an Schutt,

Bäumen und Gegenständen Sie mitgerissen hatte.

In Insul angekommen nahm uns

die Tochter des Bürgermeisters in

Empfang und fuhr mit uns in den Neubaugebietsteil, der tagelang vom Altort abgeschnitten

war, weil die alte Steinbrücke von den Fluten weggerissen wurde. Hier trafen wir auch

Ihren Vater, den Ortsbürgermeister.

Zwischenzeitlich hat die Bundeswehr eine Behelfsbrücke errichtet über die man ins

Neubaugebiet gelangt. Wir waren geschockt als wir über die Ahr fuhren und die ersten

zerstörten Häuser sahen die nicht bewohnt werden können.


Zuvor hatten wir von der Tochter

bereits erfahren dass drei Häuser

komplett weggespült wurden.

Nachdem wir im Neubaugebiet

anhielten und erstes Material

verteilten kamen immer wieder

Leute die nach einzelnen

Gebrauchsgegenständen fragten

und froh waren, dass wir bereits

einiges direkt hierher gebracht

hatten. Rolf hatte über die Polizei

Gummistiefel organisiert die

reißenden Absatz fanden auch wenn

die Schuhgröße nicht immer passte.

Viele kamen auf uns zu und weinten und bedankten sich, dass wir zu ihnen gekommen

sind um zu helfen.

Ein erster Arbeitstrupp von uns fing

an in einem völlig zerstörten Neubau

die Küche abzubauen damit der

Estrich getrocknet werden kann. Aus

dem Keller wurden dann

zentnerschwere Bauteile, wie z.B. die

zerlegte Heizung von unseren

Helfern vors Haus gebracht, von wo

aus sie später nach

Zwischenlagerung an einem

Sammelplatz am Ufer der Ahr

abgefahren werden sollen.

Die Hausbesitzerin hatte bereits eine Fachfirma für die

Schadensbegutachtung vor Ort.


Mit dem Material was wir im

Neubaugebiet nicht verteilt

hatten fuhren wir zur alten

Schule die als zentrales

Versorgungszentrum

eingerichtet ist.

Dort erfuhren wir dass Kleider

und ähnliches zur Zeit

ausreichend vorhanden

seien, nachdem diese vom

Nürburgring angeliefert

wurden. Die Tochter von Hr.

Neiss sagte uns dass derzeit

noch überhaupt nicht überschaubar sei was bspw. an Schuhwerk, Kleidung,

Hygieneartikeln etc. noch gebraucht würde. Viele die ihr Haus verlassen mussten seien in

anderen Unterkünften in den Nachbarorten untergebracht, darunter auch viele alte Leute.

Vermutlich kann man erst einen Überblick gewinnen wenn alle wieder zu ihrem zu Hause

zurückkehren. Die positive Nachricht die sie uns jedoch vermitteln konnte war dass in Insul

keine Vermissten oder gar Tote zu beklagen sind.

Nachdem wir unseren Arbeitseinsatz in dem Neubau beendet hatten fuhren wir dann in

den Altortbereich. Gegenüber dem Hotel Ewert sahen wir einige Leute die Schutt aus

einem noch etwas neueren Haus entsorgten. Spontan hielten wir an und fragten ob wir uns

nützlich machen könnten. Hier haben wir mehrere Stunden hart mit Bohrhammer und

entsprechendem Gerät gearbeitet und halfen dabei Wandfliesen zu entfernen und den

Estrich aufzustemmen.


Diese Arbeiten stehen in ganz vielen Häusern an damit die Trockenarbeiten beginnen

können. In den Häusern gibt es kein fließendes Wasser und keinen Strom. Alles wird an

zentralen Sammelstellen zur Versorgung bereitgestellt. Es liegen Kilometer von Kabel und

mobile Flutlichtmasten mit Aggregaten sorgen für Licht am Abend.


Für die großen und kleinen Geschäfte wurden in den Straßen Dixi-Klos aufgestellt. Vor fast

jedem Haus liegen Schuttberge und die Straßen sind staubig vom vielen Matsch den die

Ahr angeschwemmt hat.

Was uns besonders aufgefallen ist, ist die Vielzahl privater Helfer, die teilweise durch die

Straßen laufen und die Hausbewohner ansprechen, was an Hilfe geleistet werden kann.

Auch wurden wir immer wieder mit Getränken und Brötchen von Privatleuten versorgt die

mit Bollerwagen und Schubkarren durch die Straßen und Sammelplätze fahren und die

Bewohner und die Helfer versorgen.


Ganz toll fanden wir, dass sogar Salat mit verschiedenen Dressings in Einwegtellern mit

Einweggeschirr angeboten wurde. Es gibt auch eine zentrale Essensausgabe für warme

Mahlzeiten im Bereich der Hauptstraße die offensichtlich nicht von der Flut erreicht wurde.

Was uns gestern schon aufgefallen war waren die vielen großen Feuerwehrautos in den

Straßen die wie wir gesehen haben sogar aus Schleswig-Holstein angerückt waren.

Allerdings fiel uns auf, dass in

diesen Fahrzeugen nur wenig

Personal saß und die Fahrzeuge

für uns ohne Plan durch Insul

bewegt wurden. Wir sahen keine

Feuerwehrleute oder THW-Helfer

die irgendwo die Einwohner bei

den Aufräumarbeiten unterstützt

hätten. Lediglich fünf

Feuerwehrleute der Feuerwehr

Dudenhofen gingen durch die

Straßen und fragten bei

verschiedenen Bewohnern ob sie

denn helfen könnten. Die die

keine Hilfe benötigten bedankten

sich und gaben einen Tipp wo die

jungen Männer sich vermutlich nützlich machen könnten. Für uns war etwas merkwürdig,

dass in den Häusern sich die Leute selbst mit Bohrhämmern und weiteren Werkzeugen

versorgen mussten obwohl dieses Material sicherlich reichlich auf den Feuerwehrwagen

vorhanden ist. Auch Stromaggregate wurden offensichtlich privat organisiert. Weil diese

nicht leistungsfähig genug sind musste unsere Arbeit ständig unterbrochen worden, weil

Sicherungen herausgeflogen waren.


Als wir an der alten Schule waren ist uns dort eine Liste aufgefallen auf der die freiwilligen

Helfer der Zentralsammelstelle alles notierte hatten was tagesaktuell dringend benötigt

wird.

Rolf fuhr deshalb spontan nach Adenau und besorgte vom Spendengeld dringend

benötigtes Verbandsmaterial, Salben und sonstiges medizinisch notwendiges Equipment.

Dabei nahm er auch gleich Leergut mit, dass die Betroffenen gesammelt hatten und

brachte im Gegenzug einen ganzen Anhänger voll Wasserkästen die wir einfach an den

Häusern verteilten.

Kurz vor 18:00 Uhr traten wir an diesem Tag den Rückweg an und unterhielten uns im Bus

über die gesammelten Eindrücke des Tages. Einheitliches Fazit war dass hier noch über

Wochen private Unterstützung gebraucht wird damit die

Menschen ihre Häuser vielleicht bis zum Winter wieder

bewohnbar machen können und diejenigen die jetzt noch

in Notunterkünften untergebracht sind wieder

zurückkehren können.

Zuhause eingetroffen haben wir den Bus den uns der

Landrat zur Verfügung gestellt hatte gleich wieder mit

notwendigem Material beladen, um direkt am

Samstagmorgen, 24.07.2021, wieder nach Insul fahren zu

können.


Wir hatten am Radio gehört dass für diesen Samstag bereits wieder Unwetterwarnungen

herausgegeben wurden und so wollten wir unbedingt die Versorgungsgüter noch nach

Insul bringen bevor eine Fahrt dorthin evtl. nicht mehr möglich gewesen wäre. Also sind

wir wieder um 06:00 Uhr losgefahren und haben Bürgermeister Neiß direkt an der alten

Schule angetroffen, der heftig gestikulierte und wohl etwas verärgert war, dass einfach ein

großer Sattelzug mit Hilfsgütern, vorwiegend Kleidern, ohne Ankündigung vorgefahren war

und offensichtlich ausladen wollte. Für uns ist wieder der Eindruck entstanden, dass die

Koordinierung der Hilfslieferungen dringend verbessert werden muss. Auch wir in

Frohnhofen und Krottelbach haben zusammen etwa 7,5 t an Hilfsgütern noch eingelagert

und warten auf die Rückmeldung der VG Adenau bei der wir bereits letzten Samstag uns

haben registrieren lassen mit Angabe, was alles wir gesammelt haben.

Nachdem es um 09:00 Uhr noch nicht regnete haben

wir uns entschlossen spontan wieder in den

Altortbereich zu fahren und dort weiterzuarbeiten, wo

wir gestern geholfen hatten. Die jungen Leute denen

das Haus gehört haben sich gefreut und uns erzählt

dass im Erdgeschoss ältere Menschen wohnten die mit

einer Leiter aufs Dach gekrabbelt seien ums ich vor

dem Wasser zu retten. Das Bild zeigt wie hoch das

Wasser im Haus gestanden hat.

Als wir mit den Aufräumarbeiten in diesem Gebäude „fertig“ waren hat uns der Besitzer mit

zu einem anderen Bau in der gleichen Straße genommen.

Dort waren bereits viele fleißige Helfer ebenfalls damit beschäftigt den Estrichboden über

der Fußbodenheizung zu entfernen

und den Schutt mit einem Traktor mit

Schaufel zu einem zentralen

Sammelplatz am Ortsrand zu

bringen. Die Leute die diesen

Neubau im Altortteil bewohnten

hatten vermutlich altersgerecht,

ebenerdig gebaut und das Wasser

stand ungefähr i.H.v. 1,60 m im

Gebäude. Das Haus steht Luftlinie

von der Ahr entfernt ca. 70 m. Man

sieht also welche gewaltigen

Wassermassen diesen großen

Schaden angerichtet haben.


Ins Neubaugebiet konnten wir heute überhaupt nicht mehr fahren da die Behelfsbrücke der

Bundeswehr aufgrund der erneuten Unwetterwarnung bereits gegen 10:00 Uhr abgebaut

wurde.

Gegen 12:00 Uhr kam ein Gewitter und es fing ziemlich stark an zu regnen. Geschockt

waren wir als wir dann eine Durchsage hörten, dass sich bitte keiner mehr im Bereich der

Ahr aufhalten sollte weil wohl akut wieder Hochwassergefahr bestand. Die Warnung wurde

von der Kreisverwaltung Ahrweiler ausgegeben. Auch wir beschlossen daraufhin dass

Katastrophengebiet zu verlassen um nicht zu riskieren hieraus nicht mehr zurückfahren zu

können.

Am Abend haben wir im Fernsehen erfahren, dass morgen und übermorgen keine

freiwilligen Helfer mehr ins Katastrophengebiet fahren sollen da bereits heute erhebliche

Verkehrsprobleme auftraten und man auch aufgrund der Wetterlage morgen mit weiteren

Regenfällen rechnen muss.

Bei der Metzgerei Braun, Konken möchten wir uns ganz besonders bedanken. Sie hat

unsere Hilfsaktion mit mehreren hundert Dosen Wurst unterstützt. Bereits bei der ersten

Fahrt nach Insul hatten wir ca. 50 Dosen mitgenommen und waren hocherfreut als wir

heute morgen im Lager eintrafen und sahen, dass nur noch drei Dosen gelagert waren.

Deshalb war es uns eine Freude das Versorgungslager in der alten Schule mit der Wurst

der Metzgerei Braun ergänzen zu können.

Fazit: es war eine für uns alle wichtige Aktion, die mit großer Dankbarkeit angenommen

wurde. Auch an diesem Wochenende, dem 31.Juli 2021, wollen wir wieder mit unseren

freiwilligen Helfern vor Ort sein, mit an

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