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MÄA-18-2021online

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Münchner Ärztliche Anzeigen

TITELTHEMA 5

Frau Zurek, Herr Kohlmann, was

kann man sich unter dem Projekt

„München rettet Leben“ vorstellen?

Zurek: Es ist ein Kooperationsprojekt

zwischen Stadt und Landkreis

München sowie dem Arbeitskreis

Notfallmedizin und Rettungswesen

e.V. (ANR), der Integrierten Leitstelle

und dem Rettungszweckverband.

Ziel ist es, bei medizinischen Notfällen

wie einem Herz-Kreislauf-Stillstand

das therapiefreie Intervall bis

zum Eintreffen des Rettungsdienstes

zu verkürzen.

Kohlmann: Die Initiative dazu kam

von den beiden Stadträten Prof. Dr.

Hans Theiss und Michael Kuffer. Im

März 2020 war das Projekt schon

fertig geplant, als die Corona-Pandemie

dazwischen kam. Über die App

„Mobile Retter“ auf dem Smartphone

werden dabei Personen alarmiert,

die qualifiziert Erste-Hilfe-

Maßnahmen durchführen können

und sich zufällig in der Nähe befinden.

Welche Personen sind das?

Kohlmann: Das Projekt besteht aus

drei Phasen: In der ersten Phase, ab

dem 1. September, sprechen wir ausschließlich

aktiv im Rettungs- und

Notarztdienst tätige Kolleg*innen an.

Sie kennen sich nicht nur mit einem

Herz-Kreislauf-Stillstand aus, sondern

auch mit Notfallsituationen im

Allgemeinen. In der zweiten Phase

integrieren wir weitere Menschen,

die nicht aktiv in der Notfallmedizin

tätig sind, aber über medizinisches

Wissen verfügen – also Ärzt*innen,

Pflegekräfte und medizinische Fachangestellte.

In der dritten Phase

schließlich möchten wir geschulte

medizinische Laien einbinden. Durch

die drei Phasen können wir im Laufe

des Projekts immer mehr dazulernen

und es optimieren.

Zurek: Es war uns von Anfang an

wichtig, auch medizinische Laien

anzusprechen, denn nicht immer ist

gerade ein Arzt oder eine Ärztin vor

Ort, wenn jemand in eine lebensbedrohliche

Situation gerät. Auch Laien

mit einer Fortbildung sollten sich

ihrer Stärken bewusst sein. Wir können

ihr zusätzliches Potential nutzen.

Steht diese Form der Hilfe in Konkurrenz

zu den Notärzt*innen?

Kohlmann: Nein. Es geht uns nicht

darum, den Rettungsdienst zu ersetzen,

sondern wir möchten noch

mehr tun, um bewusstlosen Menschen

mit einem Herz-Kreislauf-Stillstand

schnell zu helfen. Dabei greift

ein Zahnrädchen in das andere. Als

erstes Flächen-Bundesland haben

wir in Bayern 2012 die telefonische

Anleitung zur Reanimation eingeführt:

Die Leitstelle disponiert nicht

nur Rettungsmittel, sondern sagt

Anrufer*innen auch, was sie tun sollen,

wenn jemand einen Herz-Kreislauf-Stillstand

hat. Nun können wir

diesen weiteren Ansatz in die Rettungskette

integrieren.

Zurek: Wir möchten das richtige Mittel

in der richtigen Situation einsetzen,

um dadurch Leben zu retten.

Bei etwa der Hälfte aller Fälle eines

Herz-Kreislauf-Stillstands sind Zeugen

in der Nähe. Die Quote der Menschen,

die mit Wiederbelebungsmaßnahmen

beginnen, liegt aber nur

bei rund 40 Prozent. Norwegen allerdings

hat mittlerweile eine Quote

von 71 Prozent. Und als man in Dänemark

eine Kampagne zur Laienreanimation

gestartet hat, kam man in

relativ kurzer Zeit von 21 auf 45 Prozent.

Man sieht also, welches Potential

darin steckt.

Wie läuft die Alarmierung ab? Muss

ich als Helfer*in immer bereitstehen?

Kohlmann: Wenn der Notruf bei der

Leitstelle eingeht, wird bei Meldebildern

wie einem Herz-Kreislauf-Stillstand

oder einer bewusstlosen Person

parallel zur Alarmierung des

Rettungsdiensts die Information an

einen Server geschickt, der potenzielle

Helfer*innen über die App identifiziert

und alarmiert. Falls sie verfügbar

und in der Nähe sind, werden

sie nach ihrer Bestätigung von der

App zum Notfallort geleitet. Sie müssen

aber nicht immer verfügbar sein.

Sie können bestimmte Zeiten festlegen

oder das System spontan aktivieren

bzw. deaktivieren. Keiner ist

dazu verpflichtet, in seiner Freizeit

Tag und Nacht erreichbar zu sein.

Das geht auch gar nicht, z.B. wenn

man mit kleinen Kindern unterwegs

ist und diese beaufsichtigen muss.

Beatrix Zurek ist Juristin und seit

Januar 2021 Leiterin des Gesundheitsreferats

der Stadt München.

Wir möchten das richtige

Mittel in der richtigen

Situation einsetzen, um

dadurch Leben zu retten.

Beatrix Zurek

Sie können einen Einsatz jederzeit

ohne Angabe von Gründen und ohne

Konsequenzen ablehnen oder einfach

nicht auf die Alarmierung

reagieren. Dann wird nach zehn

Sekunden eine weitere Person in der

Nähe alarmiert.

Zurek: Das System sucht nach Helfer*innen,

die sich im Umkreis von

400 Metern befinden. Ich finde es

sehr gut, dass es auf Freiwilligkeit

beruht und dadurch für einen größeren

Kreis von Menschen attraktiv ist.

Alle wissen, dass sie sich auch mal

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