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GURU Magazin September 2021

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WIRTSCHAFT UND NEWS<br />

Bundesverfassungsgericht entscheidet:<br />

Verzinsung von Steuerzahlungen verfassungswidrig<br />

Im deutschen Steuerrecht regelt der § 233 der Abgabenordnung,<br />

dass Steuerzahlungen ab einem bestimmten Zeitpunkt zu<br />

verzinsen sind. Dies gilt sowohl für Nachzahlungen als auch für<br />

Erstattungen. Man spricht von der Vollverzinsung. Der Zinslauf<br />

beginnt bei der Einkommensteuer 15 Monate nach dem Ende des<br />

Veranlagungszeitraumes.<br />

Für die Verzinsung ist unerheblich, wer für die späte Festsetzung<br />

der Steuer verantwortlich ist. Nach der aktuellen Gesetzeslage beträgt<br />

der Zinssatz 0,5 % pro Monat, was einer Verzinsung von 6 %<br />

auf ein Jahr entspricht. Bereits im Jahr 2018 hat der Bundesfinanzhof<br />

in zwei Verfahren zum vorläufigen Rechtsschutz geurteilt, dass<br />

erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verzinsung bestehen.<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat nun die Verzinsung mit<br />

Blick auf das gesunkene allgemeine Zinsniveau ab 2014 in der<br />

Hauptsache für verfassungswidrig erklärt. Für Zeiträume vor 2014<br />

wurde die Verfassungswidrigkeit verneint. Nach der aktuellen Entscheidung<br />

bleiben die Regelungen für Zeiträume bis 2018 aber<br />

gültig. Erst für Verzinsungszeiträume ab 2019 wurde der Gesetzgeber<br />

aufgefordert, bis 31.07.2022 eine neue - auch rückwirkende<br />

- Regelung zu treffen. Wichtig sind aber ein zwei Aspekte. Das<br />

Gericht hat zum einen festgehalten, dass eine feste Verzinsung zulässig<br />

ist. Ebenso begegnete auch die Verzinsung bei Verantwortlichkeit<br />

des Finanzamtes keinen Bedenken. Damit wird es am<br />

Ende nur zu einer Änderung des Zinssatzes kommen und nicht<br />

zum Wegfall der Zinsen insgesamt.<br />

Betroffen sind Verzinsungszeiträume ab<br />

2019. D.h. wenn es nach dem 1.1.2019<br />

einen Bescheid für Vorjahre gibt, mit dem<br />

Zinsen festgesetzt werden, so sind die<br />

Zinsen vom bis 31.12.2018 rechtmäßig,<br />

nach dem 1.1.2019 entstandene Zinsen<br />

nicht mehr. Eine Änderung soll nur in offenen<br />

Fällen erfolgen. Grundsätzlich sind<br />

Fälle im Rechtsbehelf und solche unter<br />

Vorbehalt der Nachprüfung erfasst. Seit<br />

2019 sollen Bescheide aber auch bezüglich<br />

der Zinsen mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen werden.<br />

Sollten also Bescheide unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangen<br />

sein und keine explizite Vorläufigkeit hinsichtlich der Zinsen enthalten,<br />

so kann ein Einspruch oder Antrag geboten sein, wenn der Vorbehalt<br />

aufgehoben wird oder die Festsetzungsverjährung droht. Aktuell<br />

ist aber davon auszugehen, dass über die Fälle abschließend<br />

erst nach Ergehen der neuen Regelung entschieden wird und nicht<br />

die Verzinsung unmittelbar aufgehoben wird. Da die Regelung auch<br />

für Erstattungszinsen gilt, ist ggf. zu prüfen, ob laufende Einsprüche<br />

nicht zurückgenommen werden sollten, wenn sie ansonsten endgültige<br />

Zinsfestsetzungen betreffen.<br />

Michael Déjosez, StB, Partner bei Déjosez & Partner<br />

Wirtschaftsprüfer Steuerberater<br />

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