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EpiKurier 03-2021

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Medikamentöse Therapie bei geistiger<br />

Behinderung<br />

Einleitung<br />

Bei Menschen mit geistiger Behinderung<br />

(MmB) wird im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung<br />

(0,7 %) bis zu<br />

40-mal häufiger eine Epilepsie diagnostiziert<br />

(26 %). Bei einzelnen typischen<br />

Erkrankungen (Syndromen) ist die Häufigkeit<br />

noch höher (siehe Tabelle 1).<br />

Gemessen an der Bedeutung, die die Epilepsie<br />

demnach in dieser Patientengruppe<br />

hat, existieren wenige hochrangige<br />

Publikationen über die medikamentöse<br />

Behandlung von Epilepsie bei geistiger<br />

Behinderung. Die meisten Zulassungen<br />

der Epilepsiemedikamente erfolgten<br />

demnach ohne Erfahrungen bei<br />

MmB.<br />

Grundsätzliches zur Therapie bei<br />

Menschen mit geistiger Behinderung<br />

(MmB)<br />

Zumeist sind Epilepsien bei MmB<br />

schwieriger zu therapieren als bei anderen<br />

Epilepsie-Patienten. Tatsächlich liegen<br />

hier die Erfolgsraten einer Pharmakotherapie<br />

deutlich niedriger. Während<br />

© pixabay.com<br />

bei Epilepsie-Patienten allgemein eine<br />

Anfallsfreiheit bei etwa 63 % erreicht<br />

werden kann, ist bei MmB nur von etwa<br />

25 % Anfallsfreien auszugehen. Dabei<br />

gibt es Unterschiede je nach dem Grad<br />

der Intelligenzminderung (IM) – von<br />

22 % Anfallsfreien bei schwerster IM bis<br />

zu 44 % bei Lernbehinderung. Oft werden<br />

MmB mit einer Kombinationstherapie<br />

behandelt, was Ausdruck der eher<br />

schwer behandelbaren Epilepsie ist.<br />

Bei MmB gibt es seltene Erkrankungen<br />

(= Syndrome), die Besonderheiten aufweisen.<br />

Die genaue Kenntnis des Epilepsiesyndroms<br />

ist für den Therapieerfolg<br />

und die Patientensicherheit wichtig.<br />

Beim Dravet-Syndrom (schwere myoklonische<br />

Epilepsie der Kindheit) liegt<br />

meist eine Mutation des SCN1A-Gens<br />

vor, das eine Untereinheit eines Natriumkanals<br />

im Gehirn kodiert.<br />

Während Natriumkanalblocker wie<br />

z. B. Carbamazepin, Lamotrigin oder<br />

Oxcarbazepin die Anfallssituation meist<br />

verschlechtern, ist die Substanz Valproinsäure<br />

Mittel der Wahl beim Dravet-<br />

Syndrom. Valproinsäure kann andererseits<br />

bei Erkrankungen mit Beteiligung<br />

des Zellstoffwechsels (Mitochondriopathie)<br />

zu einem Leberversagen führen.<br />

epikurier <strong>03</strong>/<strong>2021</strong><br />

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Tabelle 1: Beispiele für das Epilepsierisiko verschiedener Erkrankungen bei Mehrfachbehinderung

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