Ausgabe 1-2/11 - DGUV Forum
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Aus der Rechtsprechung<br />
Wegeunfall<br />
Zur Frage des Versicherungsschutzes in der gesetzlichen Unfallversicherung für eine pflegende Angehörige bei der<br />
Begleitung ihrer pflegebedür� igen Eltern auf dem Rückweg aus deren Urlaub.<br />
§<br />
(Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen<br />
vom 17.9.2010 – L 4 U 57 / 09 –, UV-Recht Aktuell<br />
019 / 2010, S. 1225 – 1232)<br />
Streitig war das Vorliegen eines Arbeitsunfalls. Die Klägerin<br />
hatte sich in der Zeit von Ende Juli bis zum 14. August 2000<br />
mit ihren pfl egebedürftigen Eltern in deren Zweitwohnung<br />
in Spanien befunden und die Eltern auch dort gepfl egt. Nach<br />
dem Rückfl ug war die Kl. am 14. August 2000 am Flughafen<br />
Düsseldorf auf die linke Hüfte gestürzt, als sie nach dem Aussteigen<br />
aus dem Fahrzeug der Johanniter Unfallhilfe, mit dem<br />
ihre Eltern und sie zum Parkplatz ihres Fahrzeugs gebracht<br />
worden waren, zu ihrem Fahrzeug gehen wollte. Dabei hatte<br />
sie sich eine Schenkelhalsfraktur zugezogen.<br />
Das LSG hat einen Arbeitsunfall bejaht. Zwar habe sich der<br />
Unfall nicht im Rahmen einer Tätigkeit als Pfl egeperson ereignet.<br />
Es liege jedoch ein Wegeunfall vor. Die Handlungstendenz<br />
der Kl. zum Unfallzeitpunkt sei darauf gerichtet<br />
gewesen, nach Beendigung der als solche versicherten Pfl egeleistungen<br />
am Urlaubsort der Eltern zurück nach Hause zu ge-<br />
Regress<br />
§<br />
(Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom<br />
12.10.2010 – 1 BvL 14 / 09 –, UV-Recht Aktuell 020 / 2010,<br />
S. 1319 – 1337)<br />
Der Beklagte des Ausgangsverfahrens ist Vater eines im Ja- Januar<br />
2000 nichtehelich geborenen Sohnes, für den beide El-<br />
ternteile die Personensorge gemeinsam ausübten. Der Junge<br />
lebte bei der Kindesmutter. Der Bekl. kam seiner Unterhalts-<br />
pfl icht für das Kind uneingeschränkt nach. Zwischen ihm<br />
und dem Jungen fand regelmäßig jedes zweite Wochenende<br />
Umgang statt. Während eines solchen Besuchswochenendes<br />
Anfang August 2001 fi el das einige Minuten unbeauf-<br />
sichtigte Kind in eine ungesicherte Regentonne und erlitt<br />
schwerste Schäden. Der klagende Sozialhilfeträger erbringt<br />
für das Kind Leistungen und nimmt den Bekl. wegen Verlet-<br />
zung der Aufsichtspfl icht auf Schadensersatz in Anspruch.<br />
Das regressrechtliche Familienprivileg nach § <strong>11</strong>6 Abs. 6<br />
Satz 1 SGB X gilt nach Ansicht des Landgerichts Memmingen<br />
langen. Der Aufenthalt der Kl. sei nicht wesentlich als gemeinsamer<br />
Erholungsurlaub mit den Eltern anzusehen, sondern<br />
ganz maßgeblich durch die Tendenz geprägt gewesen, den<br />
pfl egebedürftigen Eltern am Urlaubsort Pfl egeleistungen zu<br />
erbringen. Sie habe ihre Eltern zu deren Wohnung in Spanien<br />
begleitet und während des dortigen Aufenthaltes im üblichen<br />
Rahmen gepfl egt. Gegen die Annahme eines Erholungsurlaubes<br />
der Kl. spreche, dass die Eltern auch ihre Urlaubs kosten<br />
getragen hätten und die Kl. im Übrigen glaubhaft versichert<br />
habe, dass sie die Reise bei Verhinderung der Eltern nicht<br />
alleine angetreten hätte und ihr Ehemann zu Hause verblieben<br />
sei. Aus Sicht der Kl. sei die Reise nach Spanien, wenn<br />
nicht ausschließlich, doch zumindest ganz überwiegend vom<br />
Gesichtspunkt der Pfl egetätigkeit zu Gunsten ihrer Eltern bestimmt<br />
gewesen. Auch sei das Zurücklegen des Weges vom<br />
Ort der Pfl egetätigkeit zurück nach Hause als einheitlicher<br />
Vorgang zu werten, sodass die zum Unfall führende Tätigkeit<br />
der Kl. – das Zurücklegen des Weges, um das Fahrzeug zu holen<br />
– Teil des versicherten Heimweges gewesen sei. Der Senat<br />
hat Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache<br />
zugelassen.<br />
Zum regressrechtlichen Familienprivileg eines Elternteils, dessen Kind aufgrund der Trennung der Eltern nicht ständig<br />
bei ihm lebt, bei tatsächlicher Übernahme von Verantwortung für sein Kind und häu� gem Umgang mit diesem.<br />
Kontakt: Dr. Horst Jungfleisch, E-Mail: horst.jungfleisch@dguv.de<br />
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wegen Fehlens einer häuslichen Gemeinschaft zwischen<br />
Vater und Kind hier nicht. Das LG hatte beim BVerfG angefragt,<br />
ob dies mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Nach<br />
Auff assung des Bundesverfassungsgerichts ist die regressrechtliche<br />
Privilegierung von Familienangehörigen, die in<br />
häuslicher Gemeinschaft leben, gegenüber getrennt lebenden<br />
Familienangehörigen auch im Hinblick auf Eltern und<br />
ihre Kinder sachlich gerechtfertigt und grundgesetzkonform.<br />
Allerdings sei § <strong>11</strong>6 Abs. 6 Satz 1 SGB X unter Berücksichtigung<br />
des grundrechtlichen Schutzes der Familie und des<br />
Elternrechts dahingehend auszulegen, dass eine haftungsprivilegierende<br />
häusliche Gemeinschaft auch zwischen dem<br />
Kind und demjenigen Elternteil entstehe, der zwar von ihm<br />
getrennt lebe, jedoch seiner Verantwortung für das Kind in<br />
dem ihm rechtlich möglichen Maße nachkomme und regelmäßigen<br />
sowie längeren Umgang mit dem Kind pfl ege, sodass<br />
dieses zeitweise auch in seinen Haushalt integriert sei.<br />
Dies werde gegebenenfalls zu prüfen sein.