Auftrag 1244 - Haus kirchlicher Dienste
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Fr a u e n s o n n ta g<br />
2009<br />
„... u n d s i e aße n u n d a l l e<br />
w u r d e n s at t “<br />
Frauenwerk<br />
Arbeitshilfe zu<br />
Lukas 9, 10-17<br />
Frauensonntag<br />
am 14. Juni 2009
Frauensonntag 2009<br />
Arbeitshilfe zu Lukas 9, 10-17<br />
Herausgeber: <strong>Haus</strong> <strong>kirchlicher</strong> <strong>Dienste</strong> der<br />
Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers<br />
Verantwortlich: Frauenwerk, Franziska Müller-Rosenau (v.i.S.d.P.)<br />
Redaktion: Anne Rieck, Perdita Wünsch<br />
<strong>Haus</strong>anschrift: Archivstraße 3, 30169 Hannover<br />
Postanschrift: Postfach 2 65, 30002 Hannover<br />
Telefon: 0511 1241-547 Telefax: 0511 1241-186<br />
E-Mail: frauenwerk@kirchliche-dienste.de<br />
www.frauenwerk-hannover.de<br />
Umschlag-Grafik: Jutta Hertell „Kreuz“<br />
Umschlag-Layout: Andrea Horn<br />
Satz und Layout: Angelika Martens<br />
Druck: <strong>Haus</strong> <strong>kirchlicher</strong> <strong>Dienste</strong>, gedruckt auf Recyclingpapier aus 100% Altpapier<br />
Auflage: 4100<br />
Artikel-Nr.: 545060
VORWORT<br />
„Das Reich Gottes<br />
ist Gerechtigkeit und Frieden und Freude<br />
in dem Heiligen Geist“<br />
heißt es im Brief des Paulus an die römischen Christinnen und<br />
Christen.<br />
Für zwei Jahre haben wir diesen Satz über unsere Arbeit im Frauenwerk<br />
gestellt. Zuerst haben wir ihn verbunden mit dem Blick auf<br />
unsere Partnerinnen in der weltweiten Ökumene, nun wenden wir<br />
uns den Frauen in unserer Nähe zu: in unseren Gemeinden, in<br />
unseren Dörfern und Stadtteilen.<br />
Die Speisung der 5000, die uns das Lukasevangelium erzählt, lesen<br />
wir vor unserem aktuellen gesellschaftlichen Hintergrund. Wir sehen<br />
unter den Frauen, Männern und Kindern, mit denen Jesus und seine<br />
JüngerInnen Brot und Fisch essen, auch uns selbst und Menschen<br />
aus unserer Nachbarschaft.<br />
Aktuelle Zeitungsmeldungen von zunehmender Armut mitten unter<br />
uns und die länger werdenden Schlangen vor den Ausgabestellen<br />
der örtlichen Tafeln geben uns eine Ahnung davon, wie befreiend<br />
und ermutigend die Mahlgemeinschaftspraxis Jesu auf die Menschen<br />
seiner Zeit gewirkt haben muss und wie sehr sie die Hoffnung<br />
auf das Reich Gottes, in dem alle, wirklich alle satt werden, gestärkt<br />
haben mag.<br />
„Gebt ihr ihnen zu essen“, fordert Jesus seine JüngerInnen auf. Und<br />
sie beginnen das Wenige, das sie haben, zu teilen. Es ist nur ein<br />
kleines Zeichen, das sie selbst setzen können, aber es genügt, um<br />
dem Wunder Raum zu geben und die Vision von der Welt Gottes, in<br />
der Gerechtigkeit und Frieden vollendet sein werden, wirken zu<br />
lassen.<br />
Ob wir das auch können? Wir wollen es versuchen. Wir wollen<br />
Abschied von unseren Ohnmachtsgefühlen nehmen und uns stattdessen<br />
von der Reich-Gottes-Vision Jesu ermutigen und bewegen<br />
lassen. Und wir möchten Sie alle anstiften, es ebenfalls zu tun:<br />
3
Im gemeinsamen Gottesdienst, in der Aufmerksamkeit für die<br />
Menschen neben uns, die in Not sind, und in der Suche nach dem<br />
Stück Brot oder Fisch, das wir selbst beitragen können und wollen,<br />
um uns gegenseitig in der Hoffnung auf Gottes erneuerte Welt zu<br />
stärken.<br />
Mit der Arbeitshilfe, die wir Ihnen hiermit in die Hände legen, möchten<br />
wir Ihnen keinen fertigen Gottesdienstentwurf präsentieren –<br />
wenngleich Sie viele Bausteine dafür finden werden. Wir möchten<br />
Sie vielmehr einladen, sich von unseren Gedanken und Einfällen zu<br />
eigenen Ideen inspirieren zu lassen, zu kreativen Umsetzungen vor<br />
Ort. Vielleicht haben Sie Lust, ein gemeinsames Agapemahl zu<br />
feiern, eventuell sogar an einem „Wüstenort“ in Ihrer Nähe. Oder Sie<br />
möchten im Gottesdienst ein besonderes „Mahl“ feiern – vielleicht<br />
sogar die TeilnehmerInnen bitten, eine Kleinigkeit zum Essen<br />
mitzubringen, um dann gemeinsam eine große Tafel zu decken.<br />
Nur eines ist uns als Vorbereitungsgruppe wichtig: Dass deutlich<br />
wird, dass der Frauensonntag ein Sonntag in Solidarität mit Frauen<br />
ist und mit allen, denen in unserer Gesellschaft Gerechtigkeit<br />
vorenthalten wird.<br />
Wir wünschen Ihnen allen viel Freude bei der Vorbereitung<br />
4
INHALT<br />
I Text und Auslegung<br />
Übersetzung Lukas 9,10-17......................................................9<br />
Auslegung ...............................................................................10<br />
II Anregungen für die Gruppe<br />
Brot – eine erste sinnliche Erfahrung......................................23<br />
Sich ein Bild machen ..............................................................24<br />
Zwei Annäherungen an den Bibeltext.....................................25<br />
Fantasiereise...........................................................................26<br />
Collage ....................................................................................28<br />
Zeitungsartikelausstellung ......................................................29<br />
III Texte zur Auseinandersetzung<br />
Fisch – eine ganz alltägliche Speise.......................................33<br />
Brot, von dem wir leben ..........................................................34<br />
Informationstext: Tafeln ..........................................................36<br />
Informationstext: Brot statt Böller............................................38<br />
Frauenarmut in Deutschland 2008?........................................39<br />
Brot und Fisch – frühchristliche Symbole ..............................41<br />
Wunder geschehen.................................................................42<br />
Speisung der 5000 – eine Wundergeschichte?......................43<br />
Persönliche Brotgeschichten ..................................................44<br />
IV Bausteine für den Gottesdienst<br />
Möglicher Gottesdienstablauf .................................................49<br />
Liedauswahl ............................................................................50<br />
Liturgische Texte.....................................................................51<br />
Texte für die Verkündigung.....................................................59<br />
Kreative Anregungen ..............................................................62<br />
Kollekte ...................................................................................64<br />
V Downloads<br />
� Bilder in Farbe<br />
� Bilder in Schwarzweiß<br />
� Gebet aus Afrika<br />
� Hoffnung Gedicht<br />
� Samenkornmeditation<br />
5
„Sehhilfe“<br />
Farbsymbole: Rot steht für Liebe, Kraft, Blut und Lebenssaft<br />
Blau für Wasser und Erneuerung<br />
Gelb für Licht<br />
Grün für das Wachsen und Werden<br />
Weiß für das Göttliche, in Weiß sind alle Farben enthalten.<br />
Es gibt noch mehr zu entdecken.<br />
6
7<br />
TEXT UND AUSLEGUNG
LUKAS 9,10-17<br />
(die Übersetzung folgt weitgehend der Übersetzung von Luzia<br />
Sutter-Rehmann in der „Bibel in gerechter Sprache“)<br />
10.<br />
Die ausgesandt worden waren, kehrten zurück und erzählten<br />
Jesus, was sie getan hatten. Und er nahm sie und zog sich in ein<br />
Gebiet abseits der Stadt Betsaida zurück.<br />
11<br />
Als die Menge das merkte, folgte sie ihm nach.<br />
Und er hieß sie willkommen und redete mit ihnen über das Gottesreich<br />
und heilte diejenigen, die Heilung brauchten.<br />
12<br />
Als aber der Tag anfing, sich zu neigen, kamen die Zwölf zu ihm<br />
und sagten: „Lass die Menge ziehen, damit sie gehen können<br />
und in den Dörfern und Höfen einkehren und etwas zu essen<br />
finden, denn hier sind wir an einem unwirtlichen Ort.“<br />
13<br />
Er aber sagte zu ihnen: „Gebt ihr ihnen doch zu essen!“ Sie<br />
erwiderten:<br />
„Wir besitzen nicht mehr als fünf Brote und zwei Fische, oder<br />
sollen wir etwa für dieses ganze Volk Essbares kaufen gehen!“<br />
14.<br />
Denn es waren ungefähr 5000 Leute. Da sagte er zu seinen<br />
Schülern und Schülerinnen: „Lasst sie in Gruppen von etwa 50<br />
lagern.“<br />
15<br />
Sie taten so und ließen alle lagern.<br />
16.<br />
Da nahm er die fünf Brote und die zwei Fische, blickte in den<br />
Himmel und segnete sie, brach sie und gab sie seinen Schülerinnen<br />
und Schülern, damit diese sie an die Menge verteilten.<br />
17<br />
Und sie aßen, und alle wurden satt. Was an Brocken übrig war,<br />
wurde für sie aufgehoben: zwölf Körbe voll.<br />
9
DIE SPEISUNG DER 5000<br />
IM ZUSAMMENHANG BIBLISCHER VISIONEN VOM REICH<br />
GOTTES<br />
„Wenn du dir etwas wünschen dürftest, was wäre das?“ fragen<br />
Alexander Mühlhauer und Hannah Wilhelm in einem Interview der<br />
Süddeutschen Zeitung den 13-jährigen Janis aus München-<br />
Neuperlach. „Schneller groß zu werden und immer etwas zu essen<br />
zu haben“, bekommen sie zur Antwort. In Deutschland, im Frühling<br />
2008.<br />
Was für viele von uns selbstverständlich ist, ist für Janis und für die<br />
meisten Menschen auf dieser Erde ein Traum, eine Utopie und das<br />
nicht erst seit heute.<br />
Schon die Bibel ist durchzogen von den Spuren dieser Utopie. Die<br />
Speisung des Volkes Israel mit Manna und Wachteln in der Wüste 1 ,<br />
die Speisung Elias durch den Engel bzw. die Raben 2 , die wunderbare<br />
Vermehrung von Öl und Mehl, die die Witwe von Sarepta 3 erfährt,<br />
die Brotvermehrung, die der Prophet Elischa bewirkt 4 und die<br />
zahlreichen Speisungsgeschichten der Evangelien 5 spiegeln alle ein<br />
Doppeltes: Die bedrückende Wirklichkeit des Hungers und die<br />
Hoffnung auf dessen Ende.<br />
„Unser tägliches Brot gib uns heute“, ist eine ganz konkret gemeinte<br />
Bitte, deren Erfüllung die Menschen aller biblischen Zeiten mit dem<br />
Kommen des Reiches Gottes verbunden haben. Dass alle satt<br />
werden und „volles Genüge“ haben, entspricht in der Sicht der Bibel<br />
1<br />
2. Mose 16.<br />
2<br />
1. Könige 17 und 1. Könige 19.<br />
3<br />
1. Könige 17.<br />
4<br />
2. Könige 4.<br />
5<br />
Markus 6 und 8, Matthäus 14 und 15, Lukas 9, Johannes 6. In den weiteren<br />
Zusammenhang gehören aber auch der Fischfang des Petrus in Lukas 5 und<br />
Johannes 21, das Weinwunder zu Kana in Johannes 2 und etliche Bildworte, z.B.<br />
jenes aus Matthäus 7,9f vom Sohn, der um Brot und Fisch bittet. Besonders anrührend<br />
ist in diesem Zusammenhang die Frage, die der auferstandene Jesus nach<br />
einer erfolglos durchfischten Nacht in Johannes 21,5 an seine Jüngerinnen und<br />
Jünger richtet: „Kinder, habt ihr nichts zu essen?“<br />
10
dem Willen Gottes: „Denn so spricht die Ewige: Ihr werdet essen und<br />
es wird übrig bleiben!“ 1<br />
Die Brotvermehrungsgeschichten der Evangelien sind alle vor dem<br />
Hintergrund dieser endzeitlichen Hoffnung auf Gottes umfassend<br />
heilende Wirklichkeit zu verstehen, die nicht getrennt werden darf<br />
von der konkreten Leid- und Elendserfahrung im Hier und Jetzt.<br />
Denn der Traum vom Sattwerden aller wächst auf dem Boden des<br />
Hungers, die Sehnsucht nach frischem Wasser entsteht dort, wo<br />
viele keinen Zugang zu sauberen Quellen haben, die Hoffnung auf<br />
Gerechtigkeit und umfassenden Frieden wurzelt in der Erfahrung von<br />
Ungerechtigkeit und Gewalt.<br />
Dass die Speisung der 5000 in allen vier Evangelien erzählt wird und<br />
Matthäus und Markus in den Geschichten von der Speisung der<br />
4000 sogar noch eine so genannte Dublette überliefern, zeigt, wie<br />
brennend das Thema der Nahrungsmittelversorgung im 1. Jahrhundert<br />
nach Christus in Palästina gewesen sein muss. Die imperiale<br />
Politik des römischen Weltreiches mit den Konsumansprüchen der<br />
herrschenden Elite bewirkte in den abhängigen Provinzen des<br />
Reiches eine rasante Verelendung. Rosenanbau auf landwirtschaftlichen<br />
Flächen für die römische Festgelage und Triumphzüge,<br />
massive Abholzungen zur Befeuerung der römischen Badeanlagen<br />
und zum Bau von Kriegsgerät und eine Geldpolitik der gnadenlosen<br />
Ausbeutung führten dazu, dass in den „Hinterhöfen“ des Weltreiches<br />
immer mehr Menschen in Abhängigkeit und Sklaverei gerieten. Vom<br />
wirtschaftlichen Abstieg waren zur Zeit Jesu nicht nur die Ärmsten<br />
der Armen, sondern auch der „Mittelstand“, die Bauern und Bäuerinnen,<br />
die kleinen HandwerkerInnen und Kaufleute bedroht.<br />
Es genügte eine Krankheit, eine Fehlkalkulation, ein Ernteausfall, um<br />
Menschen binnen kürzester Zeit aus dem „Prekariat“ in den Ruin zu<br />
katapultieren.<br />
Das soziale Klima war geprägt von einem Überlebenskampf, in dem<br />
solidarische Tischgemeinschaften, wie sie von Jesus und denen, die<br />
zu ihm gehörten, gelebt wurden, wie ein Vorschein des Himmels<br />
empfunden worden sein müssen.<br />
1 2. Kö 4,43 Im hebräischen Text stehen hier zwei Infinitive, die im Deutschen in ihrer<br />
Grundsätzlichkeit schwer wiederzugeben sind. Buber/Rosenzweig übersetzen: so<br />
hat ER gesprochen: Zu essen und übrig zu lassen!“<br />
11
Das gemeinsame Essen, das Teilen von Brot und Fisch 1 , von<br />
Wasser und Wein und gelegentlich vielleicht sogar Fleisch, wird in<br />
denen, die daran teilnahmen, die Hoffnung auf das Reich Gottes<br />
schmeckbar erneuert und gestärkt haben.<br />
Die Fortsetzung dieser Praxis Jesu in den Agapefeiern der frühen<br />
Christenheit, in denen Arme und Reiche in der Nachfolge Jesu<br />
gemeinsam zu Abend aßen („Abendmahl feierten“), spiegeln die<br />
intensive Wirkung dieser Praxis, aber auch ihre Gefährdung.<br />
In Korinth kritisiert Paulus, dass die reichen Gemeindeglieder<br />
„unwürdig“ am „Abendmahl des Herrn“ teilnehmen, indem sie mit<br />
dem gemeinsamen Essen beginnen, bevor die armen Gemeindeglieder<br />
dazukommen können und sich offenbar so den Bauch voll<br />
schlagen, dass nichts übrig bleibt und die, die arm sind, hungern<br />
müssen.<br />
Ein Abendmahl aber, das dem Glauben an Jesus und an seine<br />
befreiende Botschaft vom Anbrechen der gerechten Welt Gottes<br />
„würdig“ ist, setzt nach Paulus voraus, dass alle satt werden. 2 Das<br />
Auseinandertreten von „Abendmahl“ als sakramentaler 3 Vergewisserung<br />
der Gemeinschaft in Christus und „Abendmahl“ als Sättigungsmahlzeit,<br />
das für uns „normal“ ist, ist für Paulus unvorstellbar. Denn<br />
das Geheimnis 4 der jüdisch-christlichen Glaubens- und Hoffnungserfahrung<br />
liegt für ihn gerade darin, dass in der ganz konkreten<br />
Tischgemeinschaft Jesu ein Vorgeschmack des Reiches Gottes und<br />
seiner Gerechtigkeit spürbar wird, indem die ungerechten und<br />
widergöttlichen Trennungen zwischen Armen und Reichen, Starken<br />
1 Fisch ist zur Zeit Jesu in der Nähe des See Genezareth eines der billigsten<br />
Nahrungsmittel. Gerade für die Fischer in der Nachfolge Jesu dürfte dieses Nahrungsmittel<br />
– anders als für uns – zum Alltag gehört haben und vielleicht sogar eher<br />
als Brot verfügbar gewesen sein.<br />
Vgl. dazu auch den Text „Fisch- eine alltägliche Speise“ von Helena Kritzokat in<br />
dieser Arbeitshilfe.<br />
2 Vgl. 1. KorintherInnen 11,17ff. Frau stelle sich vor, wir würden das in unsere<br />
Gemeindepraxis übertragen und gemeinsam Gottesdienst feiern, indem wir miteinander<br />
essen und trinken und teilen, was wir haben. Ich glaube, die Anziehungskraft<br />
solcher Gottesdienste wäre groß! Vor einiger Zeit las ich, dass gerade in Kirchengemeinden,<br />
die sich in sozialen Brennpunkten befinden, die Beteiligung an der Feier<br />
der Einsetzung des Abendmahls am Gründonnerstag stark zugenommen hat. Die<br />
Verantwortlichen vermuten, dass das kostenlose gemeinsame Abendessen der<br />
Grund ist.<br />
3 siehe Anmerkung 4<br />
4 Sakrament heißt übersetzt Geheimnis<br />
12
und Schwachen, SklavInnen und Freien, Männern und Frauen<br />
wenigstens partiell und für den Moment aufgehoben werden.<br />
Denn das, was da geschieht, ist nicht nur essen und trinken, sondern<br />
im Miteinander-Teilen vollzieht sich zugleich ein subversiver und<br />
doch machtvoller Einspruch gegen die unheilvollen Verhältnisse und<br />
ein Bekenntnis zur Hoffnung auf eine gerechte und friedliche Welt.<br />
Die Verfolgungsgeschichte des frühen Christentums zeigt, wie<br />
bedrohlich der römische Staat gerade dieses egalitäre „Ritual“<br />
empfunden hat.<br />
Ob die Entwicklung des Abendmahls von einer sakramentalen<br />
Sättigungsmahlzeit zu einem gottesdienstlichen „Häppchenmahl“ im<br />
Zusammenhang der frühen Konflikte von Kirche und Staat auch als<br />
„Entschärfungsprozess“ seiner gesellschaftskritischen Wirkungen zu<br />
lesen ist?<br />
13
DIE SPEISUNG DER 5000<br />
IN DER AKZENTUIERUNG DES LUKASEVANGELIUMS<br />
Der Rahmen<br />
Die drei ersten Evangelien überliefern alle eine ähnliche Version der<br />
Speisung der 5000.<br />
Bei Lukas 1 fällt gegenüber Matthäus und Markus zuallererst der<br />
veränderte Rahmen auf, in den er die Erzählung von der Speisung<br />
der 5000 hineinstellt. Zwar lässt er wie Markus die Aussendung der<br />
Zwölf vorausgehen, präzisiert aber ihren <strong>Auftrag</strong> auf Verkündigung<br />
und Heilung und lässt die exorzistischen 2 Tätigkeiten, auf die Markus<br />
ein Gewicht legt, unerwähnt.<br />
Den langen Bericht über die Ermordung Johannes des Täufers durch<br />
Herodes lässt Lukas ganz aus. Und während Herodes nach Markus<br />
Jesus für den auferstandenen Johannes hält, lässt Lukas ihn sagen:<br />
„Johannes habe ich köpfen lassen. Aber wer ist dieser, über den ich<br />
so viel höre?“ 3 Auf dem Hintergrund dieser Frage nach der Identität<br />
Jesu erzählt Lukas die Brotvermehrungsgeschichte. Und er lässt ihr<br />
als Antwort das Petrusbekenntnis: „Du bist der Gesalbte 4 Gottes“<br />
folgen, statt wie bei Markus und Matthäus die Geschichte vom<br />
Seewandel Jesu und diverse Krankenheilungen anzuschließen.<br />
Damit sagt er: Nicht Naturwunder oder Krankenheilungen sind das<br />
wesentliche Zeichen der Messianität Jesu, sondern das Teilen von<br />
Brot und Fisch, das Sattwerden aller in seiner Tischgemeinschaft.<br />
1 Vermutlich war es kein einzelner „Autor“, der das Evangelium verfasst hat, sondern<br />
es ist anzunehmen, dass eine ganze Erzähl- und Überlieferungsgemeinschaft hinter<br />
dem Evangelium steht. Über ihre Zusammensetzung kann im Detail nichts ausgesagt<br />
werden. Es ist aber zu vermuten, dass Männer und Frauen dazu gehörten.<br />
2 Nach Markus 6,7 gab Jesus den Zwölfen „Macht über die unreinen Geister“.<br />
3 Aufmerksame Bibelleserinnen werden vielleicht die ganz ähnliche Frage im Ohr<br />
haben, die die Leute bei Matthäus im Anschluss an die Sturmstillung stellen (Mt<br />
8,27). Indem Lukas sie Herodes in den Mund legt, gibt er zu erkennen, dass für ihn<br />
die Messianität Jesu eine dezidiert politische und herrschaftskritische Zielrichtung<br />
hat. Ja, dass das, was mit und durch Jesus geschieht, das römische Weltreich und<br />
seine Vasallen bedroht und gefährdet.<br />
4 Auf hebräisch heißt der Gesalbte „Maschiach“, in gräzisierter Form „Messias“ und in<br />
griechischer Übersetzung: „Christos“. In der hebräischen Bibel ist zuallererst der<br />
König der Gesalbte, der im <strong>Auftrag</strong> Gottes für Recht und Gerechtigkeit sorgt.<br />
14
Lukas legt damit den Akzent auf die Gerechtigkeit Gottes, die durch<br />
das Wirken Jesu aufleuchtet und er stellt das, was mit ihm und durch<br />
ihn geschieht, in den Horizont der eschatologischen 1 Hoffnungstraditionen<br />
des ersten Testamentes.<br />
Der Inhalt im Einzelnen<br />
Gleich in der Einleitung V. 10 fällt auf, dass Lukas den Ort des<br />
Geschehens ganz anders bestimmt als Markus und Matthäus. Bei<br />
beiden fährt Jesus per Boot über den See Genezareth an einen<br />
einsamen Ort 2 , während er sich nach Lukas in die (Nähe der) 3 Stadt<br />
Bethsaida 4 am Nordostufer des Sees offenbar zu Fuß zurückzieht.<br />
Ob diese Ortswahl bei Lukas dem Interesse folgt, dem Herrschaftsgebiet<br />
des Herodes zu entkommen? Oder ob mangelnde geographische<br />
Kenntnisse der VerfasserInnen des Lukasevangeliums dieser<br />
merkwürdigen Angabe zugrunde liegen, muss hier nicht geklärt<br />
werden, denn für das Verstehen der Geschichte ist diese Besonderheit<br />
nicht zentral.<br />
Das erste auffallend abweichende Motiv ist in dem Willkommenheißen<br />
der Menge durch Jesus in Vers 11 zu finden. War es bei Markus<br />
und Matthäus „Mitleid“, das Jesus veranlasste, das Volk zu unterrichten<br />
(Markus) bzw. ihre Kranken zu heilen (Matthäus), ist bei Lukas<br />
nicht von einer starken Gefühlsregung Jesu die Rede, sondern von<br />
der Freundlichkeit, mit der er die Menge aufnimmt, um sie zu unterrichten<br />
und die Kranken zu heilen. Es ist nur ein kleiner, aber<br />
bemerkenswerter Akzent, den Lukas hier mit einem einzigen Verb<br />
1 eschatologisch heißt „endzeitlich“. Eschatologische Hoffnung richtet sich auf die<br />
Erwartung einer gerechten und geheilten Welt, die von einem neuen barmherzigen<br />
und gerechten König auf dem Thron Davids eingeleitet wird. Diese Hoffnung ist<br />
häufig als Hoffnung auf eine jenseitige Welt verstanden worden, die biblischen<br />
Visionen zielen aber auf eine diesseitige von Gott erneuerte Welt. Sie ist nicht<br />
jenseits der Zeit, sondern am Ende der Zeit zu erwarten und das heißt nichts<br />
anderes, als dass sie (immer) zukünftig zu denken und vorzustellen ist.<br />
2 „eremou“ kann sowohl „einsamer Ort“ als auch „Wüste“ heißen.<br />
3 Schon die alten Handschriften, die den Text überliefern, versuchen diese Verwirrung<br />
zu beheben, indem sie die Stadt entweder zu einem Dorf machen oder von einem<br />
einsamen Ort in (der Nähe?) der Stadt sprechen oder die Stadt ganz streichen und<br />
wie Markus und Matthäus von einem einsamen Ort sprechen.<br />
4 Die manchmal zu findende Angabe Bethsaida hieße „Stadt des Brotes“ist falsch.<br />
Bethsaida heißt übersetzt „Stadt der Jagd“. Zu römischer Zeit dürfte die Stadt eine<br />
beträchtliche Größe gehabt haben und war im Herrschaftsgebiet des Vierfürsten<br />
Philippus, eines Bruders des Herodes, gelegen.<br />
15
setzt: Nicht Mitleid, sondern gastfreundliche Aufnahme der Bedürftigen<br />
ist das Kennzeichen der Gemeinschaft, die Jesus herstellt. ...<br />
Die nächste Besonderheit, die auffällt, ist die sprachliche Formulierung<br />
der Zeitangabe in Vers 12. Die Wendung vom Tag, der sich<br />
geneigt/gesenkt habe, schlägt eine Brücke zur Geschichte der<br />
Emmausjünger in Lukas 24. Sie bitten den Fremden, der sie auf<br />
ihrem Weg begleitet und ihnen Tod und Auferstehung Jesu im Lichte<br />
der Schrift gedeutet hat: „Bleibe bei uns, denn es will Abend werden<br />
und der Tag hat sich geneigt.“<br />
Als sie dann bei Tisch zusammensitzen und der Fremde das Brot<br />
nimmt, dankt, es bricht und ihnen gibt 1 „erkennen“ sie an diesem Tun<br />
ihren auferstandenen „Herrn“.<br />
Die Bitte der Zwölf in Vers 12, die Menge zu entlassen und in die<br />
umliegenden Dörfer zu schicken, ergänzen und verändern die<br />
VerfasserInnen des Lukasevangeliums auf ihre Weise: Während bei<br />
Markus und Matthäus ausdrücklich davon die Rede ist, dass die<br />
Leute sich Nahrung „kaufen“ sollen und damit implizit vorausgesetzt<br />
wird, dass sie Geld haben, spricht das Lukasevangelium davon,<br />
dass sie in den Dörfern und Feldern rasten und etwas zu essen<br />
„finden“ sollen. Im Hintergrund ist wohl die Parteinahme und das<br />
Interesse der lukanischen Kreise für das verarmte Volk zu sehen,<br />
das kein Geld hat, um Nahrung zu kaufen.<br />
Der <strong>Auftrag</strong> Jesu an die JüngerInnen in Vers 13: „Gebt ihr ihnen zu<br />
essen“ wird von Lukas übernommen. Er findet sich wortgleich in<br />
allen drei Evangelien; das mag seine Bedeutung betonen. Den<br />
diesem <strong>Auftrag</strong> folgende Wortwechsel zwischen Jesus und den<br />
Zwölfen strafft Lukas. Die Angabe der vorhandenen Nahrungsmittel<br />
mit fünf Broten und zwei Fischen ist in allen Evangelien gleich,<br />
ebenso die Zahl der Menschen 2 , die um Jesus versammelt ist.<br />
1 Auch hier erinnern die benutzen Verben trotz einer kleinen Variation einerseits an<br />
die Speisungsgeschichte in Lukas 9 und andererseits an die so genannte Einsetzung<br />
des Abendmahls in Lukas 22.<br />
2 Bei Markus und Matthäus findet sich die Zahlenangabe allerdings erst am Schluss.<br />
In vielen Übersetzungen heißt es, es seien 5000 „Männer“ gewesen. Der griechische<br />
Ausdruck „Andres“ ist aber vermutlich nach den Regeln androzentrischer Sprache<br />
inklusiv zu verstehen. Denn im Griechischen gilt ebenso wie im Hebräischen die<br />
Regel: Wenn eine Gruppe aus 99 Frauen und einem Mann besteht, ist die Bezeichnung<br />
„Söhne“, „Männer“ etc. zu wählen. Von Frauen und Töchtern ist nur dann die<br />
Rede, wenn einer Gruppe kein einziger Mann angehört. Der Zusatz des Matthäus,<br />
16
Die Aufteilung der Menge in Tischgemeinschaften zu 100 und 50, in<br />
der die Organisationsstruktur aus den Wüstentagen Israels anklingt 1 ,<br />
verkürzt Lukas auf die Zahl 50. Möglicherweise hat diese Reduktion<br />
ihren Grund in der Organisationsstruktur frühchristlicher Tischgemeinschaften.<br />
Dann hätten die VerfasserInnen des Lukasevangeliums<br />
die Bezugnahme auf die Abendmahlstradition in Vers 16 nicht<br />
nur in Vers 12 vorbereitet, sondern in Vers 14 weiter verdeutlicht, um<br />
in Vers 16 unüberhörbar aufgenommen zu werden. Die dort verwendeten<br />
Verbformen: er nahm, dankte, brach und gab werden wohl bis<br />
heute von allen, die mit der Sakramentspraxis vertraut sind, automatisch<br />
mit dem Abendmahl verbunden werden. Die Tatsache, dass<br />
hier nicht Brot und Wein, sondern Brot und Fisch geteilt werden,<br />
verdeutlicht zusätzlich den Zusammenhang von Alltagsmahlzeiten<br />
und Abendmahl. Die Austeilung durch die JüngerInnen nimmt die in<br />
die Verantwortung, die von der Botschaft Jesu bewegt und getragen<br />
sind.<br />
In Vers 17 schließlich nimmt das Lukasevangelium noch eine einzige<br />
Umstellung vor: Statt: Sie aßen alle und wurden satt, heißt es in ihm:<br />
Und sie aßen und alle wurden satt.<br />
So wird betont, dass bei Jesus niemand vom Heil ausgeschlossen<br />
bleibt, sondern alle, die zum Volk Gottes gehören, satt werden.<br />
Darauf deutet auch die Zwölfzahl der Körbe hin, die mit übrig gebliebenen<br />
Brocken gefüllt werden. Sie stehen ebenso wie „die Zwölf“,<br />
die zum engen Kreis um Jesus gehören, für die 12 Stämme Israels<br />
und damit für das gesamte Gottesvolk.<br />
dass 5000 Männer „ohne Frauen und Kinder“ satt geworden wären, ist als Steigerung<br />
der Größe des Wunders zu verstehen, nicht jedoch als Versuch besonderer<br />
„Frauenfreundlichkeit“.<br />
1 Vgl Exodus 18, 21.<br />
17
Feministische Einsichten<br />
Zum Schluss will ich noch einen dezidiert feministischen Blick auf<br />
das, was hier erzählt wird, werfen. Die androzentrische Sprache, die<br />
Frauen unsichtbar macht, habe ich schon erwähnt.<br />
Aus den Ergebnissen der sozialgeschichtlichen Forschung lässt sich<br />
ableiten, dass die Jesusbewegung ganz wesentlich von Frauen<br />
unterstützt und getragen wurde. Gerade die Kreise, denen das<br />
Lukasevangelium entstammt, betonen das mehrfach. Die Mahlgemeinschaften<br />
Jesu sind ohne eine Teilnahme von Frauen nicht<br />
vorzustellen. Vielfach werden sie nicht nur das Brot gebacken und<br />
den Fisch gebraten haben, sondern auch das Getreide gesät und<br />
geerntet und den Fisch gefangen 1 haben bzw. beides von ihrem<br />
eigenen Geld gekauft haben.<br />
Sie werden – genauso wie heute die Mehrheit der Frauen weltweit –<br />
ihre Arbeitskraft für reproduktive und Leben erhaltende Tätigkeiten<br />
eingesetzt haben, ohne dafür entsprechend entlohnt zu werden.<br />
Von den drei Gruppierungen, die Lukas 10 im engen Umkreis Jesu<br />
erwähnt: „Apostel“, „Jünger“ und „die Zwölf“ waren die ersten beiden<br />
mit Sicherheit gemischtgeschlechtlich. Das lässt sich den biblischen<br />
Berichten vielfach entnehmen.<br />
Ob die Gruppe der Zwölf als eine soziologische oder eine symbolische<br />
Größe zu verstehen ist ist strittig. Im Blick auf die vorliegende<br />
Erzählung aber scheint die letztere Deutung näher zu liegen.<br />
Traditonsgeschichtlich interessant ist im Zusammenhang von<br />
Speisungsgeschichten und Abendmahl ein Blick auf die Weisheitstraditionen<br />
des ersten Testamentes, die besonders im Johannesevangelium<br />
einflussreich sind. Angelika Strotmann weist im Zusammenhang<br />
einer Untersuchung zur göttlichen Weisheit darauf hin,<br />
dass Jesus in der so genannten „Brotrede“ von Johannes 6 als<br />
Inkarnation der weiblich vorgestellten Chokma oder Sophia 2 er-<br />
1 Dass es zur Zeit Jesu Fischerinnen gab, ist inschriftlich belegbar. Vgl: Luise<br />
Schottroff, Lydias ungeduldige Schwestern, Gütersloher Verlagshaus 1994, S. 128f<br />
2 Chokma ist das hebräische, Sophia das griechische Wort für Weisheit.<br />
18
scheint, die in der Tradition sowohl Geberin der Nahrung ist als auch<br />
selbst zur Speise für die wird, die ihr nachfolgen. 1<br />
Fazit:<br />
Die Brotvermehrungsgeschichten der Evangelien sind sorgsam<br />
komponierte Erzählungen, die eine große Fülle von Tradtionsanklängen<br />
beeinhalten und gedeutet werden sollen im Zusammenhang<br />
der endzeitlichen Hoffnungen Israels auf eine erneuerte,<br />
friedvolle Welt, in der Leid und Geschrei und Schmerz zu Ende sind<br />
und Frieden und Gerechtigkeit einander küssen. Sie wollen nicht als<br />
mirakulöse Wundergeschichten gelesen werden, in denen ein<br />
göttlich inspirierter Wundertäter die Gesetze der Naturwissenschaft<br />
außer Kraft setzt, sondern als alltägliche – aber doch alle menschlichen<br />
Erwartungen wunderbar überbietenden – Erfahrungen der Kraft<br />
und Güte Gottes, die sich in der Verwandlung der Herzen und Hände<br />
derer zeigt, die sich von ihr berühren lassen.<br />
Nicht in übermenschlichen Großtaten oder durch exorbitant finanzierte<br />
Großprojekte wird das Reich Gottes erfahrbar, sondern im<br />
einfachen und selbstverständlichen Teilen dessen, was zum Leben<br />
unbedingt nötig ist.<br />
Anne Rieck<br />
1 In: Judith Hartenstein, Silke Petersen, Angela Standhartinger, Eine gewöhnliche und<br />
harmlose Speise? Von den Entwicklungen frühchristlicher Abendmahlstraditionen,<br />
Gütersloher Verlagshaus 2008, S. 131 ff.<br />
19
20<br />
Gebet<br />
Jesus Christus,<br />
du lädst uns ein,<br />
Gast in deinem <strong>Haus</strong> zu sein.<br />
Du nimmst dir Zeit<br />
für unsere Fragen,<br />
machst uns Mut,<br />
wenn wir verzagen.<br />
Jesus Christus,<br />
du teilst in deinem <strong>Haus</strong><br />
reichlich Lebensmittel aus.<br />
Du lässt uns deine Liebe spüren<br />
mit Worten, die das Herz berühren<br />
und die unserem Leben<br />
eine neue Richtung geben.<br />
Jesus Christus,<br />
du bist das lebendige Brot,<br />
das uns sättigt in Zeiten der Not.<br />
Hilf uns, den Sauerteig<br />
tatkräftig zu kneten<br />
und dabei mit Leib und Seele<br />
um Brot für alle zu beten.<br />
Amen<br />
Karin Schwendt
21<br />
ANREGUNGEN FüR DIE GRUPPE
BROT – EINE ERSTE SINNLICHE ERFAHRUNG MIT<br />
DIESEM GRUNDNAHRUNGSMITTEL<br />
Zum Einstieg in das Thema der biblischen Geschichte in einer<br />
Gruppe bietet es sich an, mit einem persönlichen Erfahrungsaustausch<br />
zu beginnen: Welche Erinnerungen verbinden sich für mich<br />
mit dem Thema Brot?<br />
Dazu wird jede Frau vor Beginn des Treffens aufgefordert, eine<br />
Scheibe ihres Lieblingsbrotes mitzubringen.<br />
In eine gestaltete Mitte legt jede Frau sichtbar für alle ihre Scheibe<br />
Brot. Bei der Vorstellungsrunde äußert sich jede Frau zu ihrem<br />
„Lieblingsbrot“ und gibt die Scheibe dann weiter, damit jede davon<br />
kosten kann. Erfahrungsgemäß ergeben sich aus dieser Runde<br />
verschiedene Gesprächsanlässe 1 . Eventuell sind Anstöße hilfreich:<br />
Im biblischen Sprachgebrauch bezeichnete das Wort Brot sowohl<br />
das konkrete Lebensmittel als auch Speise und Nahrungsmittel<br />
allgemein. Denn Brot war über Jahrhunderte das Grund- und Hauptnahrungsmittel<br />
schlechthin. Das Backen des Brotes war eine Aufgabe<br />
der Frauen und geschah frühmorgens auf der Glutasche. Wie ist<br />
das heute? Ist Brot ein Lebensmittel wie andere auch? Brot findet<br />
sich in unserem Sprachgebrauch im übertragenen Sinn wieder, z.B.<br />
wenn wir von „Broterwerb“, „Zubrot“, „brotlose Kunst“, „kleine Brötchen<br />
backen“ sprechen.<br />
Zum Abschluss dieses Einstiegs kann ein Dank gesprochen werden:<br />
Wir genießen den Duft des frischen Brotes<br />
und schmecken seine Köstlichkeit,<br />
genüsslich und lebenserhaltend.<br />
Im Teilen des Brotes mit anderen erfahren wir Gemeinschaft,<br />
die uns stärkt.<br />
Irmgard Schäfer, Anne Rieck, Perdita Wünsch<br />
1 In unserer Vorbereitungsgruppe haben wir uns persönliche „Brotgeschichten“ erzählt.<br />
Einige davon finden Sie in Kapitel III abgedruckt.<br />
23
SICH EIN BILD MACHEN<br />
SPEISUNG DER 5000 BEI LUKAS 9, 10-17<br />
Diese Gruppenarbeit ist ein Einstieg in den Text über einen zunächst<br />
bildgestalterischen Zugang. Besonders schön ist es, wenn die<br />
Frauen nicht unbedingt gegenständlich malen, sondern es mal<br />
abstrakt mit Farben, hell, dunkel … versuchen. Es ist eine Frau<br />
nötig, die durch die Einheit führt (Leiterin) und den Austausch<br />
moderiert. Die Einheit ist hier für eine Gruppe von 8 – 10 Personen<br />
konzipiert.<br />
Zeit Inhalt Material<br />
10 Min. Der Bibeltext wird von zwei<br />
verschiedenen Frauen in den<br />
beiden Übersetzungen vorgelesen.<br />
Die Leiterin (LN) bittet die Teilnehmerinnen<br />
(TN), das Wort, das<br />
für sie aus der Geschichte<br />
herausklingt, zu meditieren,<br />
15 Min.<br />
indem sie im Raum umhergeht<br />
und das Wort dabei vor sich hin<br />
spricht.<br />
LN bittet die TN, eine Seite zu<br />
dem Wort der Geschichte, das für<br />
sie heute im Mittelpunkt steht, zu<br />
gestalten. Das Papier soll möglichst<br />
ganz gefüllt sein.<br />
30 Min. Jede TN stellt ihr Bild im Plenum<br />
unter Nennung des Wortes vor.<br />
Anschließend legt sie das Bild in<br />
die Mitte oder befestigt es an<br />
einer Moderationswand o.ä.<br />
Ggf. kann die LN dies übernehmen<br />
und dabei die Bilder nach<br />
der Chronologie des Textes<br />
24<br />
Textblatt mit dem<br />
Bibeltext in der<br />
Lutherübersetzung<br />
und in der Übersetzung<br />
aus dieser<br />
Arbeitshilfe für jede<br />
Frau<br />
Weißes DIN A3 Papier,<br />
bunte Stifte,<br />
Kreide zum Malen ...<br />
evtl. Moderationswand<br />
mit Nadeln zum<br />
Befestigen oder Tesakrepp
ordnen. Anschließend äußern<br />
sich die Betrachterinnen zum Bild,<br />
die Malerin äußert erst am<br />
Schluss ihre Gedanken zu ihrem<br />
Bild/Wort.<br />
Abschließend werden die Worte<br />
der Frauen noch einmal nacheinander<br />
vorgelesen.<br />
20 Min. Moderiertes Gespräch:<br />
LN regt einen Austausch im<br />
Plenum an:<br />
Bei welcher Botschaft bleibe ich<br />
hängen?<br />
Was bedeutet in dieser Geschichte<br />
„satt werden“?<br />
Welche Erfahrung spricht der<br />
Text/spricht ein bestimmter Teil<br />
des Textes bei mir an?<br />
5 Min. Abschluss mit einem Segenskreis Segen<br />
ZWEI ANNÄHERUNGEN AN DEN BIBELTEXT<br />
Bibeltext in Bewegung<br />
Perdita Wünsch<br />
Der Text wird zweimal von einer Person vorgelesen. Beim zweiten<br />
Mal werden die Teilnehmerinnen aufgefordert, auf die Worte der<br />
Bewegung zu achten und sich mit dem Text in Bewegung zu setzen.<br />
Das soll gemäß der Bedeutung der Worte geschehen.<br />
Die Vorleserin hat sich die entsprechenden Worte im Text unterstrichen<br />
und liest sie betont deutlich und langsam und lässt kleine<br />
Pausen bevor sie weiter liest, um den Frauen Zeit zu lassen, die<br />
Worte in Bewegung umzusetzen. Falls es notwendig ist, wiederholt<br />
sie den Satz.<br />
Die Worte sind: ausgesandt, kehrten zurück, zogen sich zurück,<br />
folgten ihm nach, kamen zu ihm, lagerten in Gruppen.<br />
25
Anschließend werden die Erfahrungen ausgetauscht. „Hat sich für<br />
mich der Text verändert?“, könnte eine Frage sein.<br />
Geben nehmen teilen<br />
Den Bibeltext lesen und die oben angeführten Worte herausgreifen.<br />
Jede Frau bekommt drei Blatt Papier mit je einem dieser Verben. Sie<br />
schreibt ihre Gedanken und Assoziationen zu den Verben auf. Ein<br />
Gespräch im Plenum rundet die Übung ab.<br />
FANTASIEREISE<br />
Vorbemerkung<br />
26<br />
Jutta Hertell<br />
Fantasiereisen ermöglichen, für eine Weile in eine Situation einzutauchen,<br />
sie „nachzuerleben“ oder eine Zukunftsvision zu entwickeln.<br />
Diese Fantasiereise ist auf 20 Minuten Dauer angelegt. Sprechen<br />
Sie langsam und ruhig. Die drei Punkte (…) markieren jeweils eine<br />
Pause, Zeit die nötig ist, damit Bilder entstehen können. Der<br />
Schlussteil, in dem Sie die Teilnehmerinnen aus ihrer Fantasiewelt in<br />
den Raum zurückholen, sollte etwas zügiger gesprochen werden.<br />
Bieten Sie im Anschluss eine Austauschrunde an.<br />
Die Anleitung<br />
Bevor wir auf die Reise gehen, wollen wir sie noch ein wenig vorbereiten.<br />
Entscheide, ob du lieber sitzen oder liegen möchtest. Mach es<br />
dir so bequem, dass du die nächsten 20 Minuten entspannt sitzen<br />
oder liegen kannst. Im Sitzen stehen beide Füße auf dem Boden. Im<br />
Liegen sind die Arme entspannt neben dem Körper, die Handflächen<br />
nach oben gerichtet. Schultern und Kiefer sind locker. Lass den<br />
Atem eine Weile bewusst kommen und gehen. Die Augen sollten<br />
geschlossen sein oder der Blick zur Mitte gewandt „wie ins Leere“<br />
schauend.
Ich lade euch ein zu einer Fantasiereise, die uns erlaubt, auf dem<br />
Platz dabei zu sein, wo die Menschen in der biblischen Geschichte<br />
von der Speisung der 5000 lagerten und alle Speisung und Sättigung<br />
erfuhren.<br />
Du hast davon gehört, dass da etwas vor sich geht, draußen vor der<br />
Stadt … ein Wunder geschehen sei. Viele Menschen sind dahin<br />
unterwegs, du kannst dich einfach einreihen, wenn du möchtest und<br />
mit ihnen gehen … Ihr nähert euch einem Feld. Es ist ein großes<br />
Feld. Du schaust dich um und nimmst seine Beschaffenheit wahr. …<br />
Viele sitzen, lagern da. Einige gehen umher. Du schaust dich eine<br />
Weile um. ...<br />
Eine Stimme sagt dir, dass du von hier mitnehmen kannst, was du<br />
zum Leben brauchst. – Du bist neugierig geworden, und wenn du<br />
jetzt auf dem Feld umhergehst, dann kannst du dich umschauen. …<br />
Noch ein wenig aus der Ferne siehst du an verschiedenen Stellen<br />
Menschen in Gruppen lagern … wenn du noch etwas genauer<br />
hinschaust, siehst du in einer jeden Mitte etwas Brot und Fisch<br />
liegen. Fragen gehen dir durch den Kopf. Was geschieht hier?<br />
Du näherst dich einer Gruppe. – Junge Menschen sind da zusammen.<br />
Du kannst dich dazusetzen und miterleben, was gerade<br />
geschieht. ... Nun löst du dich langsam wieder. … Verabschiede dich<br />
auf deine Weise.<br />
Du gehst langsam weiter. Dein Blick schweift umher. Du nimmst den<br />
Geruch, die Atmosphäre wahr. …<br />
Bei einer nächsten Gruppe bleibst du stehen. Alte Menschen lagern<br />
da zusammen. Eine ganz eigene Stimmung ist hier. … Nun verabschiedest<br />
du dich hier … und gehst ein Stück weiter. …<br />
In einer Gruppe von Kindern und Erwachsenen geht es munter zu.<br />
Wenn du möchtest, kannst du hinüber gehen und dort einen Augenblick<br />
teilhaben. … Wenn du nun wieder gehen möchtest, verabschiede<br />
dich und gehe weiter über das Feld. …<br />
In einer anderen Gruppe siehst du Frauen zusammen sitzen. Sie<br />
laden dich ein, dich dazuzusetzen, sie interessieren sich für dich. Du<br />
kannst dich dort einen Moment niederlassen. … Nun verabschiedest<br />
du dich wieder und nimmst mit, was du brauchen kannst. Du lässt<br />
dich weiter über den Platz treiben. …<br />
27
Nicht weit entfernt sitzen in einer Runde nur Männer zusammen. …<br />
Du kannst dich dazusetzen und teilhaben an dem, was dort geschieht.<br />
… Nun verabschiedest du dich hier und gehst. …<br />
Wenn du dich jetzt nur ein wenig drehst, kannst du jemandem dort<br />
hinten stehen sehen. Offensichtlich spricht er zu den Leuten … und<br />
wenn du ein wenig näher herangehst, kannst du den Worten lauschen.<br />
… Langsam verlässt du das Feld wieder und nimmst den<br />
Weg zurück. …<br />
An einem schönen Ort kannst du dich noch einen Moment niederlassen<br />
und kannst noch etwas nachklingen lassen, was du da gerade<br />
erlebt hast … und was du dir von dort mitgebracht hast. …<br />
Und nun komm zurück in diesen Raum in der Wirklichkeit, spüre<br />
deinen Atem, atme tief ein und aus, öffne die Augen, strecke dich ein<br />
wenig und schaue dich um, wieder ganz im Hier und Jetzt.<br />
COLLAGE<br />
Ein Kreativvorschlag für die Arbeit in der Gruppe<br />
28<br />
Perdita Wünsch<br />
Zum Erarbeiten von Texten ist es hilfreich, möglichst viele Gedankenanregungen<br />
und Ideen durch Anschauungsmaterial zu bekommen,<br />
das Menschen selbst aktiv werden lässt.<br />
Die Leiterin (oder die Frauen selber) bringt aus Zeitschriften viele<br />
gesammelte Bilder und Wortausschnitte mit, die im Zusammenhang<br />
mit Stichworten aus unserer Geschichte stehen, z.B. Brot, teilen,<br />
essen, Gemeinschaft, Hunger, Abendmahl u. ä.<br />
Bei einem der Treffen zur Vorbereitung des Gottesdienstes können<br />
die Frauen entweder allein oder zu zweit aus den Bildern, die<br />
ausgebreitet auf dem Tisch liegen, die heraussuchen, die ihnen zu<br />
den Themen der biblischen Geschichte ins Auge fallen und eine<br />
Collage kleben<br />
So entstehen garantiert tolle und interessante Bilder, die die biblische<br />
Geschichte von ganz unterschiedlichen Seiten beleuchten. Sie<br />
können während der Zeit der Vorbereitungstreffen im Gruppenraum<br />
hängen und Anregung für die weiteren Planungen oder andere<br />
Nutzer/innen sein. Vielleicht besteht sogar die Möglichkeit, diese<br />
Collagen später im Gottesdienst einzubinden, aufzuhängen oder
auszustellen, um den Besuchern und Besucherinnen zu zeigen, wie<br />
man in der Vorarbeit mit dem Text umgegangen ist.<br />
Es ist gut vorstellbar, dass die Vorbereitungsstunden durch diese<br />
kreative Arbeit bereichert werden und damit auch Ideen für den<br />
Gottesdienst entstehen können. Vielleicht entstehen allein durch<br />
diesen Vorschlag bei Ihnen noch mehr Ideen!<br />
Viel Spaß allen, die es ausprobieren!<br />
ZEITUNGSARTIKELAUSSTELLUNG ZUM THEMA<br />
Cordula Richter<br />
Eine Möglichkeit, den Bibeltext mit aktuellen Geschehnissen in<br />
Beziehung zu bringen, ist das Sammeln von Zeitungsartikeln aus<br />
Tageszeitungen, Wochenblättern, Illustrierten usw., die von Ereignissen<br />
wie z.B. der letzten Welternährungskonferenz und deren<br />
Ergebnissen berichten. Auch Statistiken und Schaubilder über Preise<br />
für Lebensmittel weltweit (Steigerungsraten in den Jahren 2007-2008<br />
über 50 % in Entwicklungs- und Schwellenländern) sind geeignet,<br />
ebenso Informationsmaterial über die Arbeit der „Tafeln“, möglichst<br />
auf regionaler Ebene. Ergänzend zum Gottesdienst könnten diese<br />
Artikel z.B. auf Schautafeln in der Kirche ausgestellt werden. Bewährt<br />
hat sich diese Methode, wenn zum Beispiel nach dem Gottesdienst<br />
ein Kirchcafé stattfindet, bei dem frau und man sich mit<br />
anderen Gottesdienstbesucher/innen austauschen können.<br />
Irmgard Schäfer<br />
29
31<br />
TEXTE ZUR AUSEINANDERSETZUNG
FISCH – EINE GANZ ALLTÄGLICHE SPEISE!?<br />
Fisch – das ist ja etwas Besseres, etwas, das sich von dem alltäglichen<br />
Brot abhebt, meinte eine von uns.<br />
Einspruch! Ich bin am nördlichsten Zipfel der Ostsee aufgewachsen<br />
und weiß um den täglichen Fisch – gesalzen, getrocknet, gekocht,<br />
gebraten. Sogar der schöne Backtag wurde dadurch verleidet, dass<br />
es am Ende Fischauflauf mit gesalzenen, entwässerten kleinen<br />
Heringen gab. Zum Hinunterwürgen!<br />
Fisch gab der liebe Gott umsonst, man musste ihn nur aus dem<br />
Wasser hoch holen. Die LandarbeiterInnen bestanden früher darauf,<br />
dass es nicht öfter als dreimal in der Woche Lachs gab.<br />
So ähnlich wird es zur Zeit Jesu am See Genezareth gewesen sein.<br />
Am Ende des Johannesevangeliums gibt es eine schöne nachösterliche<br />
Szene am Ufer. Jesus fragt seine Jüngerinnen und Jünger:<br />
„Kinder, habt ihr keinen Fisch?“ Und als sie nach nochmaligem<br />
Versuch mit vollen Netzen heimkehren, wartet Jesus schon auf sie<br />
am Kohlenfeuer mit frisch gegrilltem Fisch und Brot – wie eine<br />
Mutter, die ihre heimkehrenden Kinder mit Essen versorgt.<br />
Erst heute ist der Bestand durch gierige Überfischung zurückgegangen<br />
und der Fisch zu etwas Besserem geworden. So ist auch mein<br />
Fischauflauf „Janssons Versuchung“ eine köstliche Sonntagsspeise.<br />
BROT, VON DEM WIR LEBEN<br />
„Brot – ein uraltes Lebensmittel“ 1<br />
Helena Kritzokat<br />
Brot spielt in der menschlichen Ernährung seit jeher eine entscheidende<br />
Rolle. Es ist Sinnbild für Nahrung, für Leben und Wohlergehen<br />
– von der Geburt bis zum Tod. Kein Brot zu haben, bedeutet<br />
heute noch Hunger, Not und Elend.<br />
„Das Brotgetreide, wie wir es heute kennen, hat einen langen<br />
Entwicklungsweg hinter sich, dessen Anfänge bei den Wildgräsern<br />
1 Vgl. zum Folgenden: P. Weismantel, Brot – ein uraltes Lebensmittel, unter:<br />
www.citypastoral-bonn.de/brotsegen/Brotsegen_Fyler_klein.pdf.<br />
33
liegen. Ein Fund mit geschnitzten Grasähren aus Rentiergeweih<br />
belegt, dass die Menschen der Altsteinzeit um 10.000 v. Chr. bereits<br />
Körnerfrüchte kannten. Vor allem im Vorderen Orient wurde der<br />
Anbau von Getreide kultiviert und damit der Grundstock für den<br />
Siegeszug des Korns um die ganze Welt gelegt.“ 1<br />
„Die ältesten Zubereitungsarten von Getreide sind der Brei und der<br />
Fladen. Als bei den alten Ägyptern“ um 1.000 v. Chr. „bei der<br />
Fladenherstellung ein vergorenes Stück Teig wieder verwendet<br />
wurde, entdeckten sie eher zufällig die Kunst des Brotbackens: Das<br />
Backwerk war nicht verdorben, sondern innen durch viele Poren<br />
aufgelockert und damit besonders kaufähig und bekömmlich. Der<br />
Sauerteig war geboren.“ 2 In der Bibel erscheint der Sauerteig als<br />
Sinnbild für das Wachsen von Gottes Reich (Lk 13,20).<br />
Ein „Laib Brot“ und was es bedeutet<br />
Das alte Wort „Laib“ bedeutet „ungesäuertes Brot“, das geformt auf<br />
Tellern gebacken wurde. Im Angelsächsischen hieß die Frau des<br />
<strong>Haus</strong>es „hlaefdige“, die „Laibkneterin“. Später wurde daraus „lady“<br />
und „Brotherrin“.<br />
„Brot“ ist mit „brodeln“ und „brauen“ verwandt und hat mit der Gärung<br />
des Sauerteigs zu tun.<br />
„Brot und Brauchtum“<br />
„Auch wenn heute, oft industriell hergestelltes, Brot zu einer preiswerten<br />
und jederzeit verfügbaren Ware geworden ist, hat sich noch<br />
vieles von der grundsätzlichen Faszination dieses Lebensmittels<br />
erhalten. Bis vor Jahrzehnten waren sich die Menschen noch sehr<br />
bewusst, dass Brot eine wertvolle Speise ist, die sie mit Ehrfurcht<br />
behandelten: ‚Wo man das Brot ehrt, Gott die Not kehrt’. Gerade im<br />
ländlichen Raum hat sich im Brauchtum und im Volksglauben der<br />
Symbolcharakter des Brotes als Zeichen für Lebenskraft erhalten. So<br />
gehört zur Aussaat die Bitte um Gottes Segen für das tägliche Brot.“ 3<br />
1 aus: M.Merzenich/E.Thier, Brot backen, Ulmer Verlag, Stuttgart, 1996/2007,<br />
S. 9. 31. 62.<br />
2 P. Weismantel, a.a.O. .<br />
3 P. Weismantel, a.a.O. .<br />
34
Bei Bittprozessionen durch die sprießenden Felder drei Tage vor<br />
Christi Himmelfahrt erflehen die Gläubigen Gottes Wohlwollen für die<br />
junge Saat. Um Gottes Segen für das Lebensbrot zu erbitten, macht<br />
die <strong>Haus</strong>frau das Kreuzeszeichen sowohl in den Teig als auch beim<br />
Anschneiden des Brotes. Zu den christlichen Jahresfesten ist es<br />
Brauch, spezielle Brote zu backen.<br />
„Brot – ein gesundes Nahrungsmittel“<br />
Brot ist ein rundum gesundes und Energie spendendes Nahrungsmittel.<br />
Es liefert vor allem Kohlehydrate, Eisen, Vitamine der B-<br />
Gruppe und Ballaststoffe und nimmt als Eiweißquelle nach Fleisch<br />
und noch vor Milch, Quark und Käse den zweiten Platz ein. Mit über<br />
300 verschiedenen Brotsorten steht Deutschland weltweit an erster<br />
Stelle. Aber auch beim Brotverzehr rangieren die Deutschen ganz<br />
oben: Rund 90 kg verspeisen die Bundesbürger pro Kopf und Jahr,<br />
das sind aufgeteilt auf jeden einzelnen Bundesbürger 1500 Schnitten<br />
und 350 Brötchen und pro Tag durchschnittlich 4 Scheiben Brot und<br />
ein Brötchen. 1 Zum Vergleich: Nach einem Bericht der Welternährungs-<br />
und Landwirtschaftsorganisation FAO (Food and Agriculture<br />
Organization) der UNO steht 856 Millionen Menschen das<br />
„tägliche Brot“ nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung und das,<br />
obwohl es weltweit genug Nahrung für alle geben würde. 2<br />
Frauen und Brot<br />
Die Ehrfurcht vor dem Lebensmittel Brot gab auch der Arbeit des<br />
Brotbackens ihren besonderen Wert. Die Handgriffe wurden über<br />
Generationen von den Müttern an die Töchter weitergegeben. So<br />
liegt bis heute die Broterzeugung – insbesondere in den Ländern der<br />
so genannten „Dritten Welt“ – in den Händen von Frauen. Sie<br />
pflanzen, ackern, ernten und backen das Brot und sorgen so für die<br />
Ernährung der Familie. Viele Männer in diesen Ländern sind gezwungen,<br />
das „Zu-Brot“ in den Fabriken der Städte verdienen, damit<br />
die Familie überleben kann.<br />
1 vgl. www.planet-wissen.de Stichwort: Brot – ein gesundes Nahrungsmittel.<br />
2 vgl. http://www.welthungerhilfe.de/was-ist-hunger.html.<br />
35
Aufgrund der Rolle, die Frauen beim Ackerbau und bei der Verarbeitung<br />
des Getreides spielen, haben sie generell eine enge Beziehung<br />
zu „Mutter Erde“. Aus vorchristlicher Zeit sind rund um das Brot<br />
zahlreiche Mythen und Bräuche überliefert, verbunden mit der<br />
Verehrung weiblicher Gottheiten.<br />
So gab es seit der Steinzeit in Europa zahlreiche Rituale, die den<br />
Anbau von Getreide begleiteten. Dabei spielte die „Kornmutter“ 1 eine<br />
zentrale Rolle. Am bekanntesten wurde Demeter, eine Muttergöttin<br />
aus dem griechisch-kleinasiatischen Raum. Im Altgriechischen<br />
bedeutet meter „Mutter“ und eine Terrakottadarstellung aus dem 5.<br />
Jh. v. Chr. zeigt Demeter als „Kornmutter“. Sie ist zuständig für die<br />
Fruchtbarkeit der Erde, des Getreides, der Saat und der Jahreszeiten.<br />
2<br />
„Brot ist mehr“ 3<br />
Die Verehrung des Brotes als göttliche Gabe ist in allen Kulturen<br />
verbreitet. Brot gilt als „Inbegriff dessen, was wir zum Leben brauchen.“<br />
Gott schickt den Regen und den Sonnenschein, damit das<br />
Getreide auf den Feldern wächst und gedeiht. Das aus dem Korn<br />
gebackene Brot ist Frucht der Erde und der menschlichen Fürsorge.<br />
So zeigt sich im Brot das Zusammenspiel von göttlicher Schaffenskraft<br />
und menschlicher Arbeit.<br />
DIE „TAFELN“<br />
36<br />
Karin Schwendt<br />
Die „Tafeln“ genannten Hilfsorganisationen sammeln Lebensmittel,<br />
die nicht mehr verkauft bzw. verwendet werden können und verteilen<br />
sie an Bedürftige. Die Waren werden kostenlos oder gegen eine<br />
geringe symbolische Summe abgegeben. Spender des qualitativ<br />
1<br />
Buffie Johnson, Die große Mutter – Göttinen alter Kulturen, Walter-Verlag, Olten,<br />
1990, S. 175. 296.<br />
2<br />
vgl. Buffie Johnson, a.a.O., S. 175. 296.<br />
3<br />
zum Folgenden vgl. P. Weismantel, a.a.O..
einwandfreien Essens sind Supermärkte, Bäckereien, Fleischereien<br />
u.a..<br />
Tafeln arbeiten selbständig in der Rechtsform eines gemeinnützigen<br />
Vereins oder unter dem Dach eines Wohlfahrtsverbandes. Sie sind<br />
im Bundesverband Deutsche Tafel zusammengeschlossen.<br />
1963 wurde in Phoenix, im US-Bundesstaat Arizona die „Food-Bank“<br />
gegründet, 1983 die Organisation „City Harvest“ in New York. Nach<br />
diesem Modell entstand 1993 in Berlin die erste deutsche Tafel<br />
durch die Initiativgruppe Berliner Frauen e.V..<br />
Die Anzahl der Tafeln ist inzwischen bundesweit auf mehr als 785<br />
(Stand Mai 2008) gestiegen. Derzeit werden regelmäßig ca. 700.000<br />
Personen im Schnitt einmal pro Woche mit 3,4 kg Lebensmitteln<br />
versorgt, von über 32.000 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern.<br />
17 % der Tafeln unterhalten Suppenküchen. Ein Viertel der Bedürftigen,<br />
die zu den Tafeln kommen, sind Kinder und Jugendliche.<br />
Damit gelten die Tafeln als eine der größten sozialen Bewegungen<br />
der heutigen Zeit. Ihre regionale Entstehung gründet sich in der<br />
Regel auf die Initiative einzelner Personen.<br />
Anregung:<br />
Nehmen Sie doch einfach einmal Kontakt zur nächstgelegenen Tafel<br />
auf und fragen, ob Sie einen Vormittag hospitieren und mithelfen<br />
können!<br />
Weitere Informationen: www.tafel.de<br />
Cordula Richter, Irmgard Schäfer<br />
37
„BROT STATT BÖLLER“<br />
Jedes Jahr werden zu Silvester Knaller im Wert von knapp 45<br />
Millionen Broten (rund 100 Millionen Euro) in die Luft gejagt.<br />
Unter dem Motto „Brot statt Böller“ rief vor 25 Jahren die evangelische<br />
Kirchengemeinde in Bargteheide (Schleswig-Holstein) zu<br />
Spenden für „Brot für die Welt“ auf. Diese Idee griffen auch andere<br />
Kirchengemeinden auf.<br />
Die Kampagne läuft noch immer unter dem Motto: „Verknallen Sie<br />
nicht alles, sondern schenken Sie stattdessen ein paar ‚Brote’ –<br />
damit ‚Brot für die Welt’ sich auch weiterhin für ein Stück Gerechtigkeit<br />
einsetzen kann. Damit die Menschen ihre Felder wieder selbst<br />
bestellen und Ernte einbringen können, damit Kinder mit einer<br />
Schulausbildung ein wichtiges Fundament für ihre eigene Zukunft<br />
legen können. Bereits ein Bruchteil der Summe, die an Silvester<br />
innerhalb weniger Stunden ‚verballert’ wird, kann vielen dieser Not<br />
leidenden Menschen helfen.“ 1<br />
„Brot statt Böller“ eröffnet Menschen neue Lebenschancen – und ist<br />
ein kleines Hoffnungsbild in einer globalisierten Welt, in der die Kluft<br />
zwischen Armen und Reichen immer größer wird.<br />
FRAUENARMUT IN DEUTSCHLAND 2008?<br />
38<br />
Irmgard Schäfer / Cordula Richter<br />
In der Bibel finden wir viele Hoffnungsbilder vom Teilen und der<br />
Teilhabe aller an Gottes guter Schöpfung – z.B. als Lobgesang in<br />
Psalm 104 (siehe Teil IV, liturgische Texte) oder in der Lukasgeschichte<br />
von der Speisung der 5000. Wie passen diese Hoffnungsbilder<br />
zur sozialpolitischen Wirklichkeit in Deutschland im Jahr 2008?<br />
Neben Berichten und Statistiken, aus denen wir ersehen können, wie<br />
reich die Deutschen sind, erreichen uns in letzter Zeit gehäuft<br />
Meldungen über Armut – vor allem Frauenarmut – und damit ver-<br />
1 www.brot-fuer-die-welt.de/brot-statt-boeller.
unden auch Kinderarmut. Dazu müssen wir zunächst definieren,<br />
was unter Armut zu verstehen ist.<br />
Von absoluter Armut wird in der Sozialpolitik gesprochen, „wenn die<br />
einfachsten Grundbedürfnisse wie Ernährung, Wohnung und Kleidung<br />
nicht sichergestellt sind.“ 1 Diese Definition zeigt aber nur einen<br />
Teilaspekt der Armut. Bei der Erstellung des 1. Armutsberichtes für<br />
die Bundesrepublik Deutschland Ende der 70ger Jahre wurde das<br />
Phänomen Armut, um diese exakt messen und einordnen zu können,<br />
in „absolute bzw. relative oder in verdeckte bzw. bekämpfte<br />
Armut“ 2 eingeteilt, allerdings weitgehend unter dem Gesichtspunkt<br />
der Einkommensarmut. Meines Erachtens sind aber gravierender die<br />
Armutsauswirkungen auf die gesamte Befindlichkeit der Betroffenen.<br />
Sie tragen erheblich zur Abwertung des Selbstwertgefühls und des<br />
Selbstbildes bei. Armut wirkt sich weiterhin auf die Existenzsicherung,<br />
auf die Wohnsituation, die Gesundheit und gesellschaftlich<br />
gesehen auf die Teilhabe an Kultur- und Freizeitaktivitäten aus. Die<br />
Armutsauswirkungen beeinflussen außerdem die Bildungschancen<br />
und damit die Lebensperspektiven der Betroffenen.<br />
Frauen waren schon immer überproportional von Armut betroffen.<br />
Sie waren und sind diejenigen, die als erste (auch in der Familie) zu<br />
verzichten haben. Mit ca. 60% sind Frauen eher als Männer von<br />
Sozialhilfe (Hartz IV) abhängig. Der Anteil der von Armut betroffenen<br />
Frauen zwischen 18 und 50 Jahren hat sich in den Jahren von 1970<br />
bis 2000 mehr als verdoppelt.<br />
Da Frauen häufig nach traditionellem familiären Muster wiederholt<br />
unterbrochene Erwerbsverläufe, Teilzeitarbeit oder ungeschützte<br />
Arbeitsverhältnisse eingehen, ist im Falle von Trennung und Scheidung<br />
noch immer die klassische Armut allein lebender Frauen<br />
vorprogrammiert. Am meisten verbreitet ist die Armut von allein<br />
erziehenden Frauen, egal, ob sie von der Sozialhilfe, dem Erziehungsgeld<br />
oder gering bezahlter Erwerbsarbeit leben. 3<br />
Die Beschäftigung mit konkreten Zahlen für eine allein lebende<br />
Person, überdurchschnittlich oft auch allein erziehende Frauen, hat<br />
mich doch ziemlich geschockt. Der so genannte Regelsatz beträgt<br />
347 € pro Monat. Für Ernährung sind 136,26 € vorgesehen, d. h.<br />
1<br />
Brigitte Siebe, a.a.O., S. 5.<br />
2<br />
ebd., S. 6.<br />
3<br />
vgl. ebd. S. 11-13.<br />
39
3,79 € täglich, also 0,80 € für Frühstück, 1,48 € fürs Mittagessen,<br />
1,48 € für das Abendessen. (Die Zahlen für die Grundsicherungsleistungen<br />
können in einem Arbeitspapier zum Workshop „Abenteuer<br />
Deutschland“ nachgelesen werden).<br />
17% der Bevölkerung haben weniger als 943 € im Monat zur Verfügung.<br />
Immer mehr Menschen sind trotz Arbeit arm, 20% der abhängig<br />
Beschäftigten arbeiten für Niedriglöhne.<br />
Inzwischen liegt der 3. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung<br />
vor – ganz richtig: Armuts- und Reichtumsbericht! Es wird in<br />
der Öffentlichkeit und auch in der Politik nicht nur die Armut, sondern<br />
auch der Reichtum diskutiert. Große Teile der Bevölkerung führen<br />
Reichtum vor allem auf unehrliches Verhalten und das Wirtschaftssystem<br />
zurück. Die Höhe der Abfindungen für eine Reihe von<br />
ausscheidenden Vorstandsmitgliedern von Aktiengesellschaften und<br />
ein Anstieg der Vorstandsvergütungen haben laut Bericht von 2001<br />
bis 2005 deutlich zugenommen. Außerdem stehen dem reichsten<br />
Zehntel der <strong>Haus</strong>halte ca. 50% des Gesamtvermögens zur Verfügung.<br />
Der Rat der EKD und die Deutsche Bischofskonferenz haben schon<br />
1997 in einem „Gemeinsamen Wort“ in Ziffer 13 festgestellt:<br />
„Nicht nur Armut, auch Reichtum muss ein Thema der politischen<br />
Debatte sein. Umverteilung ist gegenwärtig häufig Umverteilung des<br />
Mangels, weil der Überfluss auf der anderen Seite geschont wird.“ 1<br />
Es geht nicht darum, dass die Reichen den Armen etwas abgeben,<br />
sondern es geht um gerechtes Teilen für alle und gerechte<br />
Teilhabe an der Gesellschaft, d.h. für alle (ob Frau oder Mann, jung<br />
oder alt, Single oder Paar/Familie) fairen Zugang zur Arbeit und faire<br />
Entlohnung, gleichen Zugang zur Bildung, zur Kultur und zur Gesundheit.<br />
Es ist mit sozialer Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft im Jahre<br />
2008 nicht vereinbar, wenn einzelnen (insbesondere allein erziehenden<br />
Frauen und deren Kindern) ein Anteil an Entwicklungsmöglichkeiten<br />
vorenthalten wird. Veränderungen und Umdenken in der<br />
Sozialpolitik sind nötiger denn je.<br />
Viele Visionen und Hoffnungsbilder in der Bibel vom Teilen und der<br />
Teilhabe aller an Gottes gerechter Welt, wie sie auch in der Lukasgeschichte<br />
von der Speisung der 5000 erzählt werden, wo alle satt<br />
1 ebd., Zitat der EKD, S. 14.<br />
40
werden und im gemeinsamen Teilen Gemeinschaft entsteht, wo<br />
keine/keiner ausgeschlossen wird, entmutigen uns nicht, sondern<br />
lassen uns davon träumen und darauf hoffen, dass Veränderungen<br />
möglich sind im Hier und Jetzt.<br />
Literatur:<br />
Brigitte Siebe, Und Armut 2008? – Referat zum Thementag FBS 28.02.2008; dazu<br />
Workshop-Papier „Abenteuer Deutschland“; Lebenslagen in Deutschland. Der 3. Armuts-<br />
und Reichtumsbericht der Bundesregierung 2008.<br />
Uta Meier-Gräwe, Prekäre Lebenslagen Alleinerziehender und sozialstaatliche<br />
Interventionen – Erfahrungen beim Praxistransfer kommunaler Armutsberichterstattung<br />
und praxisbezogener Armuts- und Lebenslagenforschung, in EAF Familienpolitische<br />
Informationen, 44. Jg., H. 1, S. 1-18, 2005.<br />
BROT UND FISCH – FRÜHCHRISTLICHE SYMBOLE<br />
Irmgard Schäfer<br />
Die Speisung der 5000 Menschen geschieht mit Brot und Fisch. Das<br />
sind Nahrungsmittel, die zur täglichen Speise der Fischer/Innen oder<br />
Landarbeiter/Innen gehörten. Es war für die Menschen ein guter<br />
Tag, wenn sie ausreichend davon hatten, um den Hunger ihrer<br />
Familie zu stillen.<br />
Die konkrete Nahrung, die immer wieder in der Bibel erwähnt wird,<br />
ist später in den jungen Gemeinden zum Symbol geworden.<br />
Der Fisch wurde zum Erkennungszeichen, das auf die Zusammengehörigkeit<br />
der christlichen Gemeinde verwies. In den Katakomben<br />
von Rom sind bis heute Wandzeichnungen erhalten, die den Fisch<br />
darstellen.<br />
Das griechische Wort für Fisch ist „ichthys“. Die Buchstaben dieses<br />
Wortes sind die Anfangsbuchstaben für das kurzgefasste Glaubensbekenntnis:<br />
Jesus Christus Sohn Gottes und Erlöser.<br />
Besonders eindrücklich ist eine Darstellung, auf der der Fisch einen<br />
Korb mit Broten trägt.<br />
Diese Darstellung verbindet das Symbol Fisch mit dem Symbol Brot.<br />
Aus dem jüdischen Verständnis des Brotes erwuchs der Anspruch<br />
Jesu: Ich bin das Brot des Lebens. Wie Brot, das Grundnahrungsmittel,<br />
unersetzlich und notwendig ist, so ist auch Jesus notwendig zum<br />
Leben.<br />
41
Brot verbindet uns mit der Erde und dem Himmel, es stillt den<br />
irdischen Hunger und den Hunger nach Leben und Gottes Gerechtigkeit.<br />
Das Brot zu teilen erinnert uns an die Mahlberichte um Jesus und ist<br />
Mittelpunkt der christlichen Gemeinschaft.<br />
Jutta Hertell<br />
Literatur:<br />
Martina Gerlach, Angelika Weigt-Blätgen, Andachten für die Arbeit mit Frauen in der<br />
Gemeinde, Band 2, Symbole, Gütersloher Verlagshaus 1999.<br />
Herta Leistner, Lass spüren deine Kraft, Feministische Theologie, Gütersloher<br />
Verlagshaus 1997.<br />
wikipedia.org/wiki/Fisch-(Christentum)<br />
WUNDER GESCHEHEN …<br />
42<br />
„Nicht müde werden<br />
sondern dem Wunder<br />
leise<br />
wie einem Vogel<br />
die Hand hinhalten“<br />
Hilde Domin<br />
Unter „Wunder“ stellen wir uns oft unmögliche und unerklärbare<br />
Vorgänge vor. Auch in der Bibel gibt es Geschichten, die ein solches<br />
Verständnis befördern. Aber muss man sie so verstehen? Ich<br />
möchte die Wunder mehr mit unserer Erfahrung verbinden, denn<br />
Wunder geschehen – meist unerwartet – mitten in unserem Leben.<br />
Die Geschichte von der Speisung der Fünftausend ist mir ein<br />
Beispiel dafür.<br />
„Eigentlich unmöglich“, sagen wir. Und Jesus? Er sieht im scheinbar<br />
Unmöglichen das Mögliche und verwirklicht es vor den Augen der<br />
Menschen. Indem Jesus das Brot segnet und bricht, wird es noch<br />
einmal in anderer Weise „durchsäuert“, nämlich mit Gottes Lebenskraft.<br />
Sie schafft den Nährboden für den Keim der Hoffnung, der in<br />
den Herzen der Menschen aufgeht, sich im Miteinander-Teilen<br />
vermehrt und ausbreitet.<br />
Im Segnen, Brechen und Teilen des Brotes leuchtet das „Wunderbare“<br />
auf, das die einzelnen Menschengruppen zu einer großen
Gemeinschaft eint. Aus dem gebrochenen Brot formte sich wieder<br />
ein ganzes „Brot“, von dem „alle satt wurden und noch soviel übrig<br />
blieb, dass es über den Tag hinaus reichte“.<br />
Und ist das nicht ein Wunder, das jeder Erwartung widerspricht?<br />
Karin Schwendt<br />
SPEISUNG DER 5000 – EINE WUNDERGESCHICHTE?<br />
Der Vogel „Hoffnung“ fliegt weit<br />
Es gibt eine Parabel vom Adler, der meinte, er sei ein Huhn, weil er<br />
bei Hühnern im Käfig lebte. Er glaubte nicht daran, sich in die Lüfte<br />
schwingen zu können, die Hühner taten es auch nicht.<br />
Unsere Hoffnungen bleiben wie der Adler am Boden und verkümmern,<br />
wenn wir ihre Flügel beschneiden und sie im Käfig halten. Also<br />
befreien wir unsere Träume, Visionen und Hoffnungen und machen<br />
sie öffentlich, teilen sie mit anderen und verleihen ihnen Flügel.<br />
Jesus und seine FreundInnen waren Menschen mit Visionen.<br />
Sie sahen die Zukunft Gottes in der Zukunft der Armen.<br />
Davon erzählen die Evangelien. Sie erzählen Hoffnungsgeschichten,<br />
in denen der Schwache an Stärke gewinnt. Sie berichten von<br />
Solidarität, vom Wunder der Umverteilung und des Teilens wie bei<br />
der Speisung der 5000.<br />
Die jungen christlichen Gemeinden empfanden die Ungleichheit<br />
zwischen SklavInnen und Freien, zwischen Armen und Reichen als<br />
Unrecht, das Gottes Willen widersprach. Sie protestierten mit ihrem<br />
Verhalten gegen diese Zustände und stellten sich damit gegen die<br />
patriarchale Gesellschaft. Das verlangte Mut. Konnten doch die<br />
Treffen und die gemeinsamen Mahle als konspirativ angesehen<br />
werden. (Siehe Paulus und Silas, die im Gefängnis landeten).<br />
Die ersten Christen warteten nicht auf Wunder, sie beteiligten sich<br />
mit Herz und Hand und machten wunderbare Erfahrungen, die über<br />
ihre Vorstellung hinausgingen. Davon konnten sie einander berichten<br />
und verliehen der Hoffnung Flügel.<br />
Heute haben wir weit reichende Medien, die uns Hoffnungsgeschichten<br />
mitteilen könnten. Wir hören und sehen aber täglich Berichte von<br />
kriegerischen Ereignissen und politischen Aktionen und erfahren<br />
43
stündlich die Aktienkurse, doch wir erfahren nichts von den Wundern,<br />
die auch heute geschehen. Es wäre inspirierend und ermutigend,<br />
wenn von Initiativen und Modellen von Gerechtigkeit und<br />
hoffnungsvoller Zukunftsentwicklung in bester Sendezeit und mit<br />
großen Buchstaben in den Zeitungen berichtet würde.<br />
Dennoch – Glaube, Hoffnung und Liebe haben etwas Unausrottbares<br />
und die Sehnsucht nach Veränderung setzt auch in uns Energien<br />
frei.<br />
Unser Glaube ist von dieser Dynamik ebenfalls erfasst. Die feministische<br />
Theologie gibt Frauen und Männern die Plattform und den<br />
freien Blick, eingefahrene Glaubensmuster zu verändern und Armut<br />
und Ungerechtigkeit als Trennung von Gottes Reich zu benennen.<br />
Frauen haben ihre eigene Glaubensgeschichte. Ihre Erfahrung von<br />
Armut und Unterdrückung ist besonders geprägt. Das bedeutet für<br />
uns aber auch, die Position der Opferrolle zu verlassen und die<br />
eigene Mitverantwortung für das System der Ausbeutung von armen<br />
Ländern und damit auch von Frauen und der Natur zu sehen. (Ich<br />
denke konkret an Billigtextilien, die unter menschenunwürdigen<br />
Bedingungen von Frauen hergestellt werden.)<br />
Um Veränderungen zu erwirken, bedürfen wir der gegenseitigen<br />
Ermutigung und Vergewisserung in Frauengruppen und Frauengottesdiensten.<br />
Hier kann der Ort sein, von dem aus wir den Vogel<br />
„Hoffnung“ zum Fliegen ermutigen.<br />
Jutta Hertell<br />
Literatur:<br />
Dorothee Sölle, Mutanfälle, Texte zum Umdenken, Hoffmann und Campe,1993.<br />
PERSÖNLICHE BROTGESCHICHTEN<br />
Brot in Tunke<br />
Brot war Mangelware im Kriegsjahr 1944 und nur auf Marken zu<br />
haben. Ich war damals drei Jahre alt. Meine Eltern und die Großeltern<br />
lebten in einem <strong>Haus</strong> – oben wir, unten neben ihrem Uhrenladen<br />
Opa und Omi, wie ich sie nannte. Mein Vater war im Krieg,<br />
meine Mutter musste mit anderen Frauen Schützengräben ausschanzen.<br />
Meine Omi holte mich dann in ihre Küche. Dort stand ein<br />
großer Holztisch. „Na, mein Mädchen, wieder Brot in Tunke?“ fragte<br />
44
Omi und stellte einen Siruptopf aus braunem Ton auf den Tisch.<br />
Dann schnitt sie eine Scheibe von dem damals kostbaren Brot ab,<br />
entfernte rundherum die Kruste und gab sie mir. Auf diesen Augenblick<br />
hatte ich gewartet. Ich tunkte die Kruste in den Siruptopf, ließ<br />
sie ein wenig abtropfen und dann … noch heute habe ich den<br />
köstlichen Geschmack auf der Zunge, wenn ich an „Brot in Tunke“<br />
denke.<br />
Aber noch etwas ist mir in Erinnerung geblieben: Meine Omi, eine<br />
kleine, rundliche – und wie ich sie erlebt habe – sehr weise Frau,<br />
gab mir mehr als nur die Brotkruste. Wenn ich bei ihr in der warmen<br />
Küche saß, fühlte ich mich sicher und geborgen.<br />
Brot der Kindheit<br />
Karin Schwendt<br />
Samstag, Backtag. Der Duft der frischgebackenen Brote umwehte<br />
meine Kindheitsnase. Der große Steinofen wurde stundenlang<br />
befeuert und zum Schluss von Kohlenresten sauber gefegt. Im<br />
großen Holztrog, der den Keim für den Sauerteig in seinen Ritzen<br />
von Woche zu Woche versteckte, knetete meine Mutter den Teig für<br />
die dünnen hellen Roggenmischbrote. Im anderen Trog wurde das<br />
reine Roggenbrot mit Sirup und gekochten, gestampften Kartoffeln<br />
geknetet und zum Schluss der Teig für die dünnen Gerstenfladenbrote<br />
mit gezacktem Dellenmuster. Die dünnen brauchten am<br />
meisten Hitze, sie wurden mit langstieligen Brotschaufeln zuerst<br />
reingeschoben, danach die runden Kartoffel-Roggenbrote in die<br />
milde Restwärme. Das Mehl wurde im Herbst in schweren Säcken<br />
von der bäuerlichen Verwandtschaft abgeholt, oder, als ich noch<br />
klein war, mit dem Pferd nach <strong>Haus</strong>e gebracht.<br />
Hinein zu beißen, wenn die salzige Butter auf dem warmen Gerstenfladen<br />
schmolz – ein Genuss voll schlichter Ursprünglichkeit.<br />
Ich wurde häufig zu unseren Nachbarn mit einem warmen Brot<br />
geschickt, und wenn sie gebacken hatten, gab es auch für uns<br />
„Warmlinge“.<br />
Das Brot meiner Mutter gibt es nun schon lange nicht mehr, aber<br />
immer noch freue ich mich auf das Brot, wenn ich in meine Heimat<br />
fahre. Brot ist eben nicht nur Brot, sondern auch Heimat, Leben,<br />
Genüge.<br />
Helena Kritzokat<br />
45
„Sehhilfe“<br />
46<br />
Fadensonnen:<br />
über der grauschwarzen Ödnis.<br />
Ein baum-<br />
hoher Gedanke<br />
greift sich den Lichtton: es sind<br />
noch Lieder zu singen jenseits<br />
der Menschen.<br />
Paul Celan<br />
Von links unten nach rechts den Blick führen, dem Farben- und<br />
Formenbild folgen.<br />
Das Gedicht kann ein Schlüssel sein zum Verständnis. Von der<br />
Vereinzelung zur Gemeinschaft, die vieles möglich macht. Sehen Sie<br />
selbst.
47<br />
BAUSTEINE FüR DEN GOTTESDIENST
VORSCHLAG FÜR DEN GOTTESDIENSTABLAUF<br />
I Eröffnung und Anrufung<br />
Eingangsmusik<br />
Begrüßung mit Votum<br />
Lied<br />
Psalmlesung<br />
Klage, Zuspruch, Lob<br />
Eingangsgebet<br />
II Verkündigung und Bekenntnis<br />
Lesung<br />
Lied<br />
Verkündigung<br />
Glaubensbekenntnis<br />
Lied (oder Tanz)<br />
Abkündigungen mit Kollektenansage<br />
Musik/Lied<br />
III Agapemahl/Abendmahl/Brotritual<br />
Gabengebet/Meditation<br />
Kreative Gestaltungen<br />
IV Fürbitte, Sendung, Segen<br />
Fürbitte und Vaterunser<br />
Schlusslied<br />
Sendung und Segen<br />
Ausgangsmusik<br />
49
LIEDAUSWAHL<br />
Einander brauchen<br />
Kleines Senfkorn Hoffnung<br />
Wo Menschen sich vergessen<br />
Kyrie eleison (für Eingangslitanei oder Fürbittengebet) 1<br />
Schenk uns Weisheit, schenk uns Mut<br />
Wenn das Brot, das wir teilen<br />
Unser Leben sei ein Fest 2<br />
Wo die Liebe wohnt 3<br />
Lass uns den Weg der Gerechtigkeit gehen<br />
Du bist das Brot, das den Hunger stillt 4<br />
Gib mir deine Hand<br />
Du bist heilig<br />
Schenk uns Zeit 5<br />
Brich mit den Hungrigen dein Brot<br />
Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt<br />
Sonne der Gerechtigkeit<br />
Kommt mit Gaben und Lobgesang<br />
Wohl denen, die da wandeln<br />
Bewahre uns Gott 6<br />
1 alle vorangehenden Lieder aus: Brigitte Enzner-Probst, Andrea Felsenstein-Roßberg<br />
(Hrsgn), Wenn Himmel und Erde sich berühren, Lieder für Frauenliturgien, Gütersloher<br />
Verlagshaus 1993.<br />
2 alle vorangehenden Lieder aus: Kirchentag Stuttgart 1999, Regionalbüro der<br />
Evangelischen Landeskirche in Württemberg (Hrsg), Gottesklang, Kreuz-Verlag<br />
1998.<br />
3 aus: Liederheft "Fußnoten" Kirchentag 2001, tvd-Verlag Düsseldorf 2001.<br />
4 dieses und das vorangehende Lied finden sich in: Erhard Domay, Burkhard<br />
Jungcurt, Hanne Köhler (Hrsg.), Singen von deiner Gerechtigkeit, Das Gesangbuch<br />
in gerechter Sprache, Gütersloher Verlagshaus 2005.<br />
5 alle vorangehenden Lieder aus: Zentrum Verkündigung/Beratungsstelle für Gestaltung<br />
Frankfurt/Main, Menschenskinderlieder, Nr. 1+2, Strube-Verlag München,<br />
2004(Nr.1, 20.Auflage) und 2001 (Nr. 2).<br />
6 alle vorangehenden Lieder aus: Evangelisches Gesangbuch, Ausgabe für die<br />
Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Niedersachsen und für die Bremische Evangelische<br />
Kirche, Lutherisches Verlagshaus Hannover, Schlütersche Verlagsanstalt,<br />
Hannover Vandenhoek&Ruprecht, Göttingen 1994.<br />
50
LITURGISCHE TEXTE<br />
Votum zu Beginn:<br />
2.Könige 4,43: „So spricht die Ewige: Ihr werdet essen und es wird<br />
noch übrig bleiben“<br />
oder: Psalm 145,16<br />
Psalmen<br />
Psalm 104, 14-15; 25, 27-28<br />
Du lässt Gras wachsen für das Vieh<br />
und Pflanzen für die Arbeit der Menschen,<br />
um Brot aus der Erde hervorzubringen,<br />
dazu Wein – er erfreut das menschliche Herz –,<br />
Öl, um die Gesichter glänzen zu lassen,<br />
und Brot, um das menschliche Herz zu stärken. …<br />
Da ist das Meer, groß und weit nach allen Seiten,<br />
da tummeln sich ohne Zahl kleine Lebewesen mit großen. …<br />
Alle warten auf dich, dass du ihnen Nahrung gibst zu ihrer Zeit.<br />
Du gibst ihnen – sie sammeln ein.<br />
Du öffnest deine Hand – sie werden satt an Gutem.<br />
oder<br />
Psalm 23<br />
oder<br />
Psalm 146, 1-2 + 5-9a+1-2<br />
51
Litanei 1<br />
Jesus, dein Wirken und dein Leben begeistern mich.<br />
Die Wunder und Heilungen sprechen von Gottes Güte und deiner<br />
Nähe zu ihm.<br />
Gottes Reich auf Erden – Gerechtigkeit für alle – ist mir Leitfaden für<br />
mein Leben.<br />
Jesus, ich bin verzagt, wenn ich den Hunger neben dem Überfluss,<br />
die Armut neben dem Reichtum sehe – auch in meiner Umgebung.<br />
Die Arbeitslosen, die Not leidenden Kinder und die allein erziehenden<br />
Frauen werden übersehen.<br />
Wir wissen viel von den Völkern in der Welt, den Todesbedrohungen<br />
und Konflikten.<br />
Das Fernsehen und die Zeitungen berichten davon.<br />
Was kann ich tun, da doch die Experten erklären, dass die Ursachen<br />
des Elends im System und den Strukturen liegen?<br />
Jesus, bin ich wirklich so ohnmächtig wie ich mich fühle?<br />
Ich möchte mein Brot teilen und dennoch sicher sein, immer gut<br />
leben zu können.<br />
Ich möchte Mut haben, mich zu Dir zu bekennen und Gottes Weisheit<br />
zu loben.<br />
Ich möchte Schwester meiner Mitmenschen sein wie du unser<br />
Bruder bist.<br />
Jesus, du hast deine Mitmenschen in Bewegung gesetzt, hast sie<br />
aus der Vereinzelung und Verzagtheit gerissen, hilf auch mir.<br />
Du hast Hoffnung gesät und Wege gezeigt, hilf auch mir.<br />
Du hast ein Licht angezündet in mir und vielen Menschen,<br />
hilf uns, es leuchten zu lassen.<br />
Amen<br />
1 Statt eines Psalm könnte auch die „Litanei“ im Wechsel gelesen werden<br />
52<br />
Jutta Hertell
Lesungen<br />
Wenn eine weitere Lesung zusätzlich zum Predigttext gewünscht ist,<br />
wäre aus unserer Sicht Apostelgeschichte 2,44-47 gut geeignet. Die<br />
Speisungsgeschichten der hebräischen Bibel (z.B. Ex 16, 2. Kö 4,<br />
1-7) sind prinzipiell ebenfalls denkbar, könnten aber auch als eine<br />
Überfrachtung erlebt werden.<br />
Klage – Zuspruch – Lob<br />
Gott der Gerechtigkeit,<br />
es ist nicht dein Wille, dass die Welt zweigeteilt ist<br />
zwischen denen, die haben und denen, die nicht haben.<br />
Wir haben ein schlechtes Gewissen, wenn wir die Not der Armen<br />
sehen.<br />
Oft schliessen wir Augen und Ohren davor, weil es bequemer ist und<br />
wir es gar nicht anders aushalten können.<br />
Manchmal fühlen wir uns klein und<br />
haben keinen Glauben an unsere Möglichkeiten.<br />
Barmherziger Gott,<br />
du stehst uns zur Seite und<br />
gibst uns Mut und Kraft für das, was dran ist.<br />
Wir brauchen nicht alles auf einmal zu machen,<br />
du schenkst uns Raum und Zeit.<br />
Du befreist uns von der Angst, selbst zu kurz zu kommen.<br />
Du ermutigst uns, an deinem Reich von Gerechtigkeit und<br />
Geschwisterlichkeit mitzubauen.<br />
Gott voll Güte und Erbarmen, bei dir finden wir Zuflucht.<br />
Von dir werden wir gütig angesehen.<br />
Du schenkst uns mehr als wir zum Leben nötig haben.<br />
Du lässt Getreide wachsen und ernährst Mensch und Tier.<br />
Dafür loben wir dich und danken dir.<br />
Guter Gott,<br />
wir bitten dich:<br />
Öffne unsere Herzen und<br />
mache uns lebendig durch die Begegnung mit dir.<br />
Amen.<br />
Helena Kritzokat<br />
53
Eingangsgebet<br />
Gott, Vater und Mutter im Himmel.<br />
Vor Dir stehen wir, so wie wir sind.<br />
Unsere Gedanken legen wir bei Dir ab.<br />
Gib uns die Kraft mit beiden Beinen auf der<br />
Erde zu stehen.<br />
Öffne uns für Dein Wort<br />
Und segne unsere Gemeinschaft.<br />
Amen<br />
Tischgebete<br />
Gott, Du Brot des Lebens.<br />
Du schenkst uns Nahrung<br />
für Körper, Geist und Seele.<br />
Gib, dass wir Deine Geschenke<br />
wahrnehmen,<br />
annehmen<br />
und aufnehmen.<br />
Vom Überfluss lass uns weitergeben.<br />
Danke für Deinen Segen.<br />
AMEN<br />
54<br />
Marianne Weselmann<br />
Marianne Weselmann<br />
JESUS<br />
Du nimmst das Brot.<br />
Du dankst, und du teilst aus.<br />
Es ist so einfach und lässt doch das Geheimnis deines Wesens<br />
aufleuchten.<br />
Du reißt die Dinge nicht danklos an dich;<br />
Du empfängst dich selbst und alles aus Gottes Hand.<br />
Weil du aus seiner Fülle lebst,<br />
brauchst du nicht ängstlich festzuhalten.<br />
Du teilst das Brot mit denen, die hungern.<br />
Du schenkst dich selbst darin.<br />
Lass uns alles, was wir haben,<br />
aus deiner Hand mit Dank annehmen als anvertrautes Gut.
Lass uns teilen mit offenen Händen<br />
ohne Sorge, wir würden dabei ärmer.<br />
Du bist das Brot des Lebens,<br />
und aus deiner Fülle leben wir alle.<br />
Gebet um das tägliche Brot<br />
Gott, du teilst meine Freude<br />
und siehst meine Not,<br />
ich bitte dich<br />
um dein tägliches Brot.<br />
Gib mir Worte, die berühren<br />
und heilen,<br />
und tätige Hände,<br />
um dein Brot<br />
mit anderen Menschen zu teilen<br />
Amen<br />
Fürbitten<br />
VerfasserIn unbekannt<br />
Karin Schwendt<br />
Gott, Du Brot des Lebens,<br />
schenke uns die nötige Nahrung für Körper, Geist und Seele.<br />
Kyrie<br />
Gott, Du Brot des Lebens,<br />
wir beten für die Menschen, um die wir uns Sorgen machen,<br />
die Mangel leiden, denen das Nötigste fehlt.<br />
Kyrie<br />
Gott, Du Brot des Lebens,<br />
wir beten für die Menschen, die den Hungrigen den Tisch decken,<br />
in den Ländern des Südens und hier bei uns.<br />
Wir beten für die Frauen und Männer, die ehrenamtlich bei den<br />
Tafeln in den Städten arbeiten.<br />
Wir beten für die Menschen, die sich in der Schlange anstellen<br />
müssen, um satt zu werden.<br />
Kyrie<br />
55
Gott, Du Brot des Lebens,<br />
wir beten für uns selbst: lass uns verantwortungsbewusst handeln im<br />
Umgang mit unseren Mitmenschen und mit den Gaben deiner<br />
Schöpfung, die für uns alle bestimmt sind.<br />
Kyrie<br />
Gott, Du Brot des Lebens,<br />
wir beten in der Stille für die Menschen, die uns darüber hinaus<br />
privat am Herzen liegen.<br />
Stille<br />
Wir beten gemeinsam: Vater unser …<br />
56<br />
Marianne Weselmann<br />
Gott, wir wissen um den Hunger vieler nach Nahrung für den Körper,<br />
nach Nahrung für die Seele und den Geist. Gott, wir bringen vor<br />
dich:<br />
- die Menschen, die nicht wissen, woher sie das tägliche Brot<br />
für sich und die ihnen Anvertrauten nehmen sollen;<br />
- die Menschen, die ausgeschlossen sind von Kultur und Bildung,<br />
weil sie sie sich nicht leisten können;<br />
- die Menschen, die aus jeder Gemeinschaft heraus gefallen<br />
sind, verlassen sind.<br />
Wir bitten dich, Gott, im Angesicht dieser wachsenden Armut auch in<br />
unserem Land: lehr uns teilen. Lehr uns Maß halten. Bewahre uns<br />
die Bodenhaftung, dass wir nicht abheben und uns entfernen.<br />
Schenk uns den klaren und weitsichtigen Blick für die Ungerechtigkeiten<br />
um uns herum, den Mut, hin- und nicht wegzuschauen.<br />
Unterstütze uns in dem Bemühen, die Dinge selbst in die Hand zu<br />
nehmen, die zu ändern sind, eine jede und ein jeder an ihrem und<br />
seinem Ort.<br />
Fordere uns, Gott, dass wir Entscheidungen treffen, die im gleichen<br />
Maß uns als auch unseren Mitmenschen dienen.<br />
Gott, wir danken dir für die Menschen, die sich mit ihren Ideen<br />
einsetzen, ihre Zeit geben und dafür kämpfen, damit eine gerechtere<br />
Welt Wirklichkeit wird. Und dafür, dass du uns hilfst.<br />
Amen.<br />
Perdita Wünsch
Glaubensbekenntnis<br />
Ich glaube an Gott, der das Leben gibt<br />
Ich glaube an Gott, der die Liebe ist<br />
Ich glaube an Gott, der mir Vater und Mutter wird.<br />
Ich glaube an Jesus Christus, unseren Bruder<br />
Er lebt Gottes Barmherzigkeit<br />
Seine Auferstehung gibt mir Zuversicht und Vertrauen,<br />
dass Gott Ungerechtigkeit und Gewalt, ja sogar den Tod überwindet.<br />
Ich glaube an den heiligen Geist,<br />
der in allem wirkt, was lebt,<br />
der Kraft gibt und mich versorgt und trägt,<br />
der zu mir spricht: fürchte dich nicht, ich bin bei dir,<br />
meine Liebe und Treue gilt (auch) dir.<br />
Segen zum Schluss des Gottesdienstes<br />
Jutta Hertell<br />
Vorbemerkung: Es gibt in der Literatur viele wunderschöne Segenstexte.<br />
Meistens sind sie aber so umfangreich und so wenig in<br />
„mündlicher“ Rede formuliert, dass sie sich nicht als „Zuspruch“ am<br />
Ende eines Gottesdienstes eignen.<br />
Der Segen am Ende des Gottesdienstes lebt davon, dass er der<br />
Gemeinde im Blickkontakt zugesprochen wird. Darum ist ein kurzer<br />
auswendig gewusster Segen immer besser als ein langer, inhaltlich<br />
differenzierter und schwer zu merkender Zuspruch.<br />
Die folgenden Segensworte erfüllen dieses Kriterium nicht immer.<br />
Sie sind als Anregung gedacht und als Kürzungsvorlage.<br />
I.<br />
Gottes Segen begleite dich.<br />
Gott befreie deine Schultern von dem, was dich bedrückt.<br />
Gott stärke deinen Rücken, damit du aufrecht und mutig<br />
deinen eigenen Weg gehen kannst.<br />
Gott hülle dich ein in Licht und<br />
und lasse dich vertrauensvoll in diesen Tag gehen.<br />
Amen<br />
Marianne Weselmann<br />
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II.<br />
Gott,<br />
Schöpfer und Erhalterin allen Lebens,<br />
segne dich<br />
auf deinem Weg ins Leben<br />
und behüte dich,<br />
bei allem, was du riskierst und auszuprobieren wagst.<br />
Gott lasse sein Angesicht leuchten über dir,<br />
dass sich dir in allen Unsicherheiten<br />
immer wieder eine Hand entgegenstreckt,<br />
die dich hält,<br />
und sei dir gnädig,<br />
dass dich auch deine Verfehlungen und Irrwege ans Ziel bringen.<br />
Gott erhebe sein Angesicht auf dich,<br />
dass dir vieles von dem, was du dir vornimmst,<br />
gelingen möge,<br />
und gebe dir Frieden,<br />
dass dein Leben glücklich wird und sich erfüllt.<br />
Amen<br />
VerfasserIn unbekannt<br />
III.<br />
Gott segne euch mit Liebe und Freude<br />
Gott segne euch mit Hoffnungskraft und Optimismus<br />
Gott segne euch mit offenen Herzen und Händen<br />
und schenke euch lebendige Gemeinschaft.<br />
Amen<br />
Segen im Rahmen eines Brotrituals<br />
Gott segne,<br />
was in dir angelegt ist:<br />
deine Gaben, deine Fähigkeiten,<br />
deine Stärken und deine Schwächen.<br />
Gott segne,<br />
was noch reifen und zur Blüte kommen soll:<br />
deine Phantasie, deine Kreativität,<br />
dein Tun und dein Lassen.<br />
58<br />
Verfasserin unbekannt
Gott segne,<br />
was dich bewegt:<br />
deine Wünsche, deine Sehnsucht,<br />
deine Freude und deine Trauer.<br />
Gott segne dich:<br />
deine Lebenskraft, deine Fürsorge,<br />
deine Liebe und das Brot,<br />
dass du mit anderen Menschen teilst.<br />
Amen<br />
TEXTE FÜR DIE VERKÜNDIGUNG<br />
Zwiegespräch<br />
Karin Schwendt<br />
A: Was für eine wunderschöne Geschichte! Wie im Märchen!<br />
Tischlein deck dich und alle werden satt! Und dann noch die zwölf<br />
Körbe voller Brocken, die übrig bleiben, ich wette, das war mehr<br />
als vor der Speisung.<br />
B: Ach, du Spötterin, zerstöre mir bitte nicht die Geschichte mit<br />
deiner Nüchternheit. Schau dir doch das Bild an, das hier gemalt<br />
wird: Fünftausend Leute, die friedlich auf dem Gras lagern, Geschichten<br />
von Jesus über das Gottesreich lauschen – und dann<br />
bricht das Gottesreich unter ihnen auf.<br />
A: So, nur weil sie einen Krümel Brot bekommen? Und eine halbe<br />
Fischgräte?<br />
B: Sag mal, kennst du nicht das gute Gefühl, etwas mit anderen zu<br />
teilen? Das fängt ja schon an, wenn ich mein leckeres Essen mit<br />
lieben Gästen teile. Mir tut z.B. jede Witwe leid, die ohne ihren<br />
Mann essen muss. Die besten Erfahrungen taugen nichts, wenn<br />
ich mich nicht mit jemandem darüber austauschen kann.<br />
A: Ja, aber gleich mit 5000 teilen?<br />
B: Tja, da steckt schon die Globalisierung dahinter. Das Elend der<br />
Welt wird uns ja täglich übergestülpt, da sind 5000 Hungrige eine<br />
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60<br />
bescheidene Zahl. Was ich hier gut finde, dass Jesus diese große<br />
Menge erstmal teilt in überschaubare Einheiten.<br />
A: Teile und herrsche!<br />
B: Das ist das weltliche Prinzip. Hier geschieht es, um alle, wirklich<br />
alle satt zu bekommen.<br />
A: Na ja, in Krisengebieten wird heute eine ähnliche Logistik verwendet.<br />
Außerdem, Jesus sagt doch in der Geschichte: „Gebt ihr<br />
ihnen zu essen“. Wenn ich mir deine tolle Christenheit anschaue<br />
– so gut klappt es wohl nicht damit.<br />
B: Leider Gottes hast du Recht. Bei dem Zustand der Welt könnte<br />
ich in Sack und Asche herumlaufen – tue es aber nicht!<br />
A: Also doch abgebrüht!<br />
B: Ich hoffe nicht.<br />
Von der Politik müssen wir alle mutige Schritte zu mehr Gerechtigkeit<br />
verlangen. Und unsere Meinung dazu kundtun. Davon abgesehen<br />
– es gibt so viele Hoffnungszeichen überall im Kleinen,<br />
wo Menschen sich umeinander kümmern. Wenn wir für unsere<br />
alten Eltern sorgen, kranke Freundinnen besuchen und Witwen<br />
trösten, wenn wir im Umgang mit Ärmeren achtsam sind. Ich denke<br />
an Freundinnen von mir, die sich so emsig für ihren Eine-Welt-<br />
Laden engagieren oder für die Tafel schuften. Neulich hörte ich<br />
eine Jugendband in unserer Kirche einen Text singen: „Auf dem<br />
Weg der Gerechtigkeit ist Leben, Leben, das sich zu schenken<br />
weiß, ist Leben.“ Das hat mich angerührt, diese Ernsthaftigkeit<br />
und die Erkenntnis, worauf es ankommt.<br />
A: Was du da erzählst, gehört doch zur Menschlichkeit. So etwas<br />
tun anständige Menschen auch ohne solche Geschichten zu kennen<br />
– wie hier die Speisung der fünftausend.<br />
B: Mag sein. Aber meine Wurzeln sind hier. Und aus ihnen wächst<br />
mir Kraft. Jesus ist in dieser Geschichte für mich wie eine Mutter,<br />
die ihre Kinder so erzieht, dass sie Vertrauen in ihr Leben bekommen<br />
und Verantwortungsgefühl für die Mitmenschen. Und<br />
wie eine Mutter sorgt er für die leibliche Nahrung, er schickt niemanden<br />
hungrig nach <strong>Haus</strong>e.
Ich finde, Jesus gibt uns in der Geschichte eine Vision, eine<br />
Richtschnur, wie es unter uns sein sollte, damit wir einen Hauch<br />
Himmelreich schon auf Erden erleben. Dass wir durch das Teilen<br />
reich werden und uns erfahren als ein großes solidarisches Gottesvolk,<br />
alle versammelt beim großen Abendmahl, Frauen, Männer,<br />
Schwarze, Weiße, Reiche, Arme…<br />
A: Eine schöne Utopie!<br />
B: Ja, wenn du so willst, das ist meine Utopie. Hast du denn keine?<br />
Zwei Tischgemeinschaften<br />
Helena Kritzokat<br />
Zwei gleichgroße Tische stehen gut sichtbar im Altarraum. An beiden<br />
Tischen sitzen Personen.<br />
Der erste Tisch ist festlich gedeckt mit weißem Tischtuch, Blumen,<br />
Gläsern und gutem Geschirr.<br />
Es wird „getafelt“. Die Personen essen und trinken Wein. Dann<br />
bemerken sie die Leute am anderen Tisch. Sie reagieren irritiert und<br />
geniert. Sie versuchen die andere Tischgemeinschaft zu ignorieren.<br />
Das alles sollte stumm dargestellt werden. Allenfalls mit sehr sparsamen<br />
Worten.<br />
Was irritiert diese Tischgesellschaft?<br />
Der zweite Tisch ist mit einem Plastiktuch bedeckt und es befinden<br />
sich Tüten und Packungen, Getränke in Dosen auf dem Tisch. Alles,<br />
was wir als junk-food oder fast-food bezeichnen würden – billig und<br />
ungesund. Die Personen rauchen eventuell und Alkohol ist ebenfalls<br />
zu sehen.<br />
Alle Personen benehmen sich ihrem Befinden entsprechend. Die<br />
einen selbstbewusst und kontrolliert fröhlich, die anderen flegeln sich<br />
müde und schlaff am Tisch. Sie beobachten böse und provoziert das<br />
„Tafeln“ der anderen.<br />
Die Darstellungen sollen die Vorurteile, aber auch die Unterschiede<br />
der Lebensbedingungen deutlich machen.<br />
Der zeitliche Ablauf wird so gestaltet, dass es für alle Beteiligten und<br />
Zuschauer „quälend“ lange dauert.<br />
Die Szene muss ausgehalten werden.<br />
Jutta Hertell<br />
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KREATIVE ANREGUNGEN<br />
Ein gemeinsames Mahl<br />
Ein zusammen gelegtes Tischtuch wird vor den Altar gebracht und<br />
mit ihm ein Brot.<br />
Das Tischtuch wird langsam entfaltet bis es in voller Größe abgelegt<br />
wird und das Brot auf dem Tischtuch platziert wird.<br />
Bei jeder Entfaltung tritt eine Frau hinzu, die das Tischtuch ergreift<br />
und dabei sagt, was ihr Tischgemeinschaft und Brot bedeutet. Z. B.:<br />
Ich habe das Brot gebacken, ich lade euch ein. Ich koche gern und<br />
freue mich, wenn es allen schmeckt. Ich esse ungern allein. Die<br />
besten Gespräche sind die Gespräche beim Essen, ein frisches Brot<br />
macht mich dankbar, weil ich es ohne Mühe jeden Tag haben kann.<br />
Brot ist Leben, usw.<br />
Wenn diese Zeremonie beendet ist, kann das Brot gebrochen<br />
werden und in Körben in der Gemeinde verteilt werden. Es kann sich<br />
auch eine Meditation über Brot anschließen.<br />
Es wäre auch möglich, in der Gemeinde Tischtücher auszubreiten<br />
oder falls das nicht möglich ist, könnten Servierbretter genommen<br />
werden, die dekoriert sind (ein festlich gedeckter Tisch), um die sich<br />
„Tischgemeinschaften“ bilden.<br />
Meditation<br />
62<br />
Jutta Hertell<br />
Brot ist gemahlenes und gebackenes Korn. Die Kraft aus der Erde<br />
und die Wärme, der Regen und das Licht des Himmels lassen das<br />
Korn reifen. Das aus dem Korn gebackene Brot hat all diese Gaben<br />
in sich. Das Brot wird uns zum Gottesgeschenk.<br />
Heiß und duftend kommt es aus dem Ofen.<br />
Außen die härtere Kruste und innen ein lockerer Kern.<br />
Kaum etwas anderes ist so leicht zu essen, ist so einfach zu teilen.<br />
Gute Erinnerungen haben wir um das Brot gespeichert:
Gemeinschaft, Geborgenheit, Frieden … (möglicherweise hier für<br />
Assoziationen aus der Gemeinde öffnen)<br />
Brot ist, was Menschen brauchen. Es ist Grundnahrungsmittel für<br />
jeden Tag.<br />
Es sättigt uns.<br />
Im Brot finden und spüren wir die Kraft des Lebens.<br />
Ein Gottesgeschenk.<br />
Teilt das Hoffnungsbrot<br />
Jutta Hertell<br />
Wir haben uns vorgestellt: Was haben Menschen wohl empfunden<br />
zur Zeit Jesu, wenn sie seine Mahlpraxis erlebten? Was wird die<br />
Atmosphäre geprägt haben?<br />
Lachen, strahlende Augen, Enthusiasmus, stille Freude, Nachdenklichkeit,<br />
Glück, Lieder, Geschichten vom Aufatmen, Menschen, die<br />
zur Ruhe gekommen sind, persönliche Gespräche, der Geschmack<br />
am einfachen Essen, Wind und Luft und einen Jesus, der Glück<br />
weitergibt, strahlend, kraftvoll, visionär.<br />
Teilt das Hoffnungsbrot! Ist der Satz, den wir aus dieser kleinen<br />
Imagination mitgenommen haben. Unter dieser Überschrift können<br />
wir uns unterschiedliche kleine und größere „Rituale“ 1 vorstellen:<br />
- ein gemeinsames Teilen frischen Brotes im Gottesdienst<br />
- ein gemeinsames Essen nach dem Gottesdienst (einfach,<br />
aber schön oder so, dass jede, die kann, etwas mitbringt) mit<br />
einem Segenswort zu Brot und Wein<br />
- wenn der Gottesdienst im Sommer stattfindet und die Vorbereitenden<br />
gute Nerven (das Wetter!!!) haben, könnte er auch<br />
unter freiem Himmel gehalten werden. Schön wäre dann ein<br />
großes gemeinsames „Picknick“.<br />
In jedem Fall sollte das Ritual „durchsichtig“ sein für die Grundbotschaft<br />
der Verkündigung. Darum haben wir nach „Einleitungsfor-<br />
1 Lange haben wir überlegt eine Gestaltung des Gottesdienstes als großes gemeinsames<br />
Abendmahl anzubieten, haben uns aber dagegen entschieden, weil wir davon<br />
ausgehen, dass der Gottesdienst seiner Grundintention entsprechend in der Regel<br />
ohne die Mitwirkung von PastorInnen gefeiert wird.<br />
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meln“ gesucht. Eine Auswahl aus den folgenden Worten könnte am<br />
Beginn des gemeinsamen Essens stehen:<br />
64<br />
- Lasst uns das Brot 1 teilen als Zeichen unserer Hoffnung (auf<br />
Gottes veränderte Welt)<br />
- Lasst uns das Brot teilen als Zeichen unserer Sehnsucht<br />
(nach der Gerechtigkeit in Gottes verwandelter Welt)<br />
- Lasst uns das Brot teilen als Zeichen unseres Verlangens<br />
nach Friedens (in Gottes erneuerter Welt)<br />
KOLLEKTE<br />
Mit der diesjährigen Kollekte zum Frauensonntag möchten wir<br />
folgende Arbeitsfelder und Projekte für Frauen unterstützen:<br />
1. Verschiedene Projekte zur Unterstützung von Frauen, für die aus<br />
finanziellen oder anderen Gründen eine gerechte Teilhabe schwierig<br />
ist.<br />
2. Die Ökumeneprojekte des Frauenwerks in Äthiopien, Indien und<br />
dem Sudan.<br />
3. ReGenesa (Frauen und Mutter-Kind Vorsorge & Reha Therapiezentren<br />
des Frauenwerks der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers<br />
e.V.)<br />
1.1. „Mama lernt Deutsch“ – ein Projekt für Migrantinnen.<br />
Herr Reiter vom Diakonischen Werk schreibt dazu Folgendes:<br />
„Ohne Sprache ist die Teilhabe von Familien, die zu uns gekommen<br />
sind, nicht möglich. In Kirchengemeinden und Diakonie bieten daher<br />
Gruppen, besonders für Mütter mit Kleinkindern, Sprachmöglichkeiten<br />
in Mikroprojekten von Emden bis Wolfsburg und Stade bis<br />
Göttingen an. Während die Mütter lernen, werden die Kinder betreut.<br />
Für die Betreuung fehlt es an allem, kleine Budgets für Ausflüge,<br />
Spielsachen, Eintrittsgelder, Aufwandsentschädigungen, Bollerwagen<br />
oder Karren bis hin zu Back- und Bastelmaterialien für unterschiedliche<br />
Aktivitäten.“ Ihre Kollekte sorgt hier für Unterstützung!<br />
1 bzw.: „das, was wir mitgebracht haben“ oder: „lasst uns miteinander essen“
1.2. Mirjam - Ein Netzwerk für das Leben<br />
Seit 2001 engagiert sich das „Netzwerk Mirjam“ unter der Schirmherrschaft<br />
von Landesbischöfin Dr. Margot Käßmann in der Region<br />
Hannover für Schwangere und Mütter in Not. Die durch die Presse<br />
bekannte „Babyklappe“ ist nur der allerletzte Baustein der Hilfsangebote.<br />
Das „Netzwerk Mirjam“ möchte vor allem im Vorfeld einer solch<br />
dramatischen Entscheidung zur anonymen Abgabe des Kindes<br />
präventiv arbeiten.<br />
Katarina Herz aus dem Diakonischen Werk Hannover schreibt dazu:<br />
„In unserer täglichen Arbeit sind wir zunehmend mit dem Thema<br />
Armut bei Schwangeren, Müttern und deren Familien konfrontiert.<br />
Daher gibt es die Mirjam-Nothilfe, die Frauen in akuten Notlagen<br />
Geldmittel zur Verfügung stellt.“<br />
Für solche unbürokratische finanzielle Hilfe wird unsere Kollekte<br />
eingesetzt.<br />
1.3. Tagung für körperbehinderte Frauen<br />
Diese jährlich stattfindende Tagung wird vom Frauenwerk regelmäßig<br />
unterstützt. Der Aufwand an begleitenden Ehrenamtlichen, die<br />
entsprechende Hilfestellungen leisten können sowie auch ein<br />
besonderer Raumbedarf führen zu erhöhten Kosten, die nicht<br />
vollständig über die Teilnehmerinnenbeiträge ausgeglichen werden<br />
können.<br />
1.4. „Zeit für Kinder“<br />
Ein Projekt der Evangelischen Familienbildungsstätte in Hannover.<br />
Hier geht es um die Entlastung junger Familien, in denen gerade ein<br />
Baby geboren worden ist. Dazu werden Ehrenamtliche ausgebildet,<br />
die ein- bis zweimal pro Woche für einen Beitrag von 4 €/Stunde in<br />
den Familien zur Verfügung stehen. Für die Familien, die sich diesen<br />
Betrag nicht leisten können, ist Unterstützung kostenlos. Unsere<br />
Kollekte ist speziell für diesen Zweck bestimmt.<br />
2. Die Ökumeneprojekte des Frauenwerks<br />
in Indien (TWEED-Projekt: Mikrokredite für Frauen), Äthiopien<br />
(Frauenbildungsarbeit einschließlich Kampagne gegen Beschneidung)<br />
und Sudan (Begegnungsarbeit).<br />
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3. ReGenesa (Frauen und Mutter-Kind Vorsorge & Reha Therapiezentren<br />
des Frauenwerks der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers<br />
e.V.) ist die Trägerin von vier evangelischen Therapiezentren<br />
für Frauen und bittet in diesem Jahr um Ihre Unterstützung für die<br />
Arbeit mit jungen Müttern.<br />
Die Kureinrichtung „Tannenhof“ in Hahnenklee bietet Spezialkuren<br />
für junge Mütter mit Kleinkindern, in denen das Therapieangebot<br />
besonders auf ihre Bedürfnisse und Lebenssituationen zugeschnitten<br />
ist.<br />
Für weitere Informationen zu den einzelnen Kollektenzwecken<br />
stehen wir Ihnen im Frauenwerk gerne zur Verfügung. Rufen Sie uns<br />
an (0511-1241-425) oder mailen Sie uns unter frauenwerk<br />
@kirchliche-dienste.de<br />
GOTTESDIENSTTERMINE IM INTERNET<br />
Nicht in allen Gemeinden ist es möglich den Frauengottesdienst am<br />
1. Sonntag nach Trinitatis zu feiern.<br />
Im vergangenen Jahr haben in verschiedenen Gemeinden bis in den<br />
späten Herbst hinein Gottesdienste stattgefunden. Immer wieder<br />
hören wir von Frauen, die sagen:<br />
„Leider habe ich nicht gewusst, dass in meinem Nachbarkirchenkreis<br />
auch ein Frauengottesdienst stattgefunden hat, ich wäre gerne dabei<br />
gewesen.“<br />
Darum unsere Bitte: Teilen Sie uns Ihren Gottesdiensttermin mit!<br />
Wir veröffentlichen die Termine auf unserer Homepage, so dass alle<br />
interessierten Frauen die Möglichkeit haben, sich dort zu informieren!<br />
GOTTESDIENSTDOKUMENTATIONEN IM FRAUENWERK<br />
Wir sind gespannt darauf, wie Sie unsere Anregungen aufnehmen<br />
und umsetzen.<br />
Lob und Kritik, Wünsche und Vorschläge zur Arbeitshilfe, aber auch<br />
die entstandenen Gottesdienste sind für uns von Interesse. Darum<br />
unsere Bitte: Schicken Sie uns die Entwürfe zu!<br />
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