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E1-I2-Piemont

die 2. Wandertour auf dem E1 durch Italien. Von Pavia nach Genua.

die 2. Wandertour auf dem E1 durch Italien. Von Pavia nach Genua.

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E1-Italien (2) - Piemont



EIN REISEBUCH VON

Michael-wandert


E1-Italien-2

2. Oktober – 9. Oktober 2021

GESAMMELTE FLAGGEN

Durch Lombardei (West), Piemont und Ligurien (West). Von Pavia nach Genua.

E1 Tag: 153-159

15

3

8

105

168

Footprints

Länder

Tage

Fotos

Kilometer



Das ist der Plan

30. September 2021 in Deutschland, Binnen-Alster

Seit meiner ersten E1-Tour durch Norditalien sind eineinhalb Jahre vergangen.

Zwischenzeitlich grassierte die weltweite Corona - Pandemie, die in der Region um

Mailand im März 2020 für Europa ihren Anfang nahm und für lange Zeit unser aller

Leben beeinträchtigte.

Ich war damals auf dem E1 durch Norditalien unterwegs und lief bei Pavia unbewusst

mitten rein in die tagsüber erheblich ausgeweitete Red-Zone. Damals war es noch

eine lokale Epidemie. Infolge musste ich meine Tour, die mich zum Mittelmeer

führen sollte, umständehalber abbrechen und Italien rasch verlassen. Die Vernunft

wollte es so. Seitdem hat sich die Welt verändert. Nicht so der E1, der weiterhin

unverändert durch Italien Richtung Süden verläuft und mich nach wie vor

herausfordert.

Nun will ich in PAVIA das E1-Band wieder aufnehmen, das mich - hoffentlich - endlich

zum Mittelmeer bringen wird.

Noch einmal will ich über die Ponte Coperto -meiner persönlichen

Schicksalsbrücke - schlendern und dann stracks runter zum Po eilen, um die Ebene

zu durchqueren. Was auch immer die an Agricultura reiche Region für mich bereit

hält, nach drei Etappen wird sie geschafft sein. Dann wird der Torrente Scrivia für

einen Tag zum Begleiter, bis das Ligurische Apennin erreicht ist. Drei Etappen lang

werde ich die bis zu 600m hohen Berge rauf und runter wandern, um von einem der

Gipfel letztendlich das Ziel zu erspähen: GENUA. Vor nicht allzu langer Zeit war damit

das südliche Ende des 1. Europäischen Fernwanderwegs erreicht. Doch nun wird

die Stadt an der italienischen Riviera vom E1 nicht einmal mehr tangiert, stattdessen

führt die Strecke nördlich vorbei, um durch das Apennin Richtung Sizilien weiter zu


verlaufen.

Da ich auf dieser Tour die E1-Route eh sehr frei interpretiere, werde ich es am Ende

auch tun. Ich will mitten rein in die große Stadt, um am Hafen mit einem finalen Blick

über das weite Mittelmeer diese Wanderung zu beenden.

Das ist der Plan. Im nächsten Jahr mag es dann weiter gehen mit dem E1 auf dem

Ligurischen Höhenweg (Alta Via dei Monti Liguri).

Die Etappen als Komoot-Collection:

https://www.komoot.de/collection/1317973/-e1-italien-tour-2-piemont-2021

Zeit Bewölkt Höhe über NN

10 Uhr 11 °C 10 m


Zwischenstopp in Basel

1. Oktober 2021 in der Schweiz, Grossbasel

Mit dem Zug von Hamburg durch die Nacht. Ankunft in Basel SBB (die Schweizer

Seite) mit 45 Minuten Verspätung. Morgengrauen. Nach einem Kaffee im Bahnhof

zum Wachwerden mache ich mich auf in die Altstadt. Ich habe ja viel Zeit, die Reise

geht erst um 11 Uhr weiter. Während Basel erwacht, lugt die Sonne über den Rhein,

es wird wärmer. Die Strassen und Häuser der Altstadt sind zauberhaft. Ein Starbucks

lockt zum zweiten Kaffee und einem Bagel. 11 SFr, hohes Preisniveau hier! Ein

Pluspunkt: es gibt freies WiFi.

Zeit Teils bewölkt Höhe über NN GPX

9 Uhr 7 °C 282 m


Basel SBB


Trinkwasserbrunnen überall

der Rhein im Morgengrauen


Hoffentlich nicht

Münsterplatz mit Basler Münster (leider verschlossen)


Unfreiwilliger Stopp in Milano

1. Oktober 2021 in Italien, Centrale

In Chiasso an der schweiz/italienischen Grenze ist die Fahrt von Basel nach Mailand

erst einmal zu Ende. Der Zug wird außer Kraft gesetzt. Ein Ersatzzug ist angekündigt.

Nur wann er kommen wird, ist nicht klar. Konfusion bei den Passagieren. Wie weiter?

Auf dem Nebengleis wartet ein Regionalzug. Der fährt zwar auch nach Mailand, aber

nicht zum Central-Bahnhof, sondern zur Porta Garibaldi. Blick in die Karte. Ach, ist

ja gar nicht weit weg vom Hauptbahnhof. Fixe Entscheidung ist gefragt, zwei

Minuten noch bis zur Abfahrt. Ich entere den Zug und sitze einer netten, coronamaskierten

Dame gegenüber. Bald stellt sich heraus, sie spricht Deutsch und ist wie

ich in Chiasso gestrandet. Es wird eine unterhaltsame Fahrt und allzu bald sind wir

da. Wieder einmal findet eine Begegnung schnell wieder ihr flüchtiges Ende, wie

so oft schon beim Wandern. So ist es halt.

Auf dem kurzen Weg zum Milano Centrale komme ich ins Staunen. Wie modern

Mailand doch ist! Die hohen Gebäude kommen mir irgendwie bekannt vor, ich muss

sie früher schon in Zeitschriften wahrgenommen haben. Der wunderschöne, aber

riesige Zentral-Bahnhof überfordert mich. Es dauert eine Weile, bis ich Gleis 24 finde.

Es ist das Letzte einer sehr langen Gleisreihung. Mein Anschlusszug ist weg, eine

Stunde später geht der Nächste. Allerdings muss ich nun noch einmal in Tortona

umsteigen. Und das erweist sich als fatal, denn auch hier fehlt der Zug, der mich

schlussendlich zum Ziel bringen soll. Stattdessen gibt es Schienenersatzverkehr. So


bin ich mit zweistündiger Verspätung nach mehr als 24 Stunden in meiner

Unterkunft angekommen. Dafür werde ich am Bahnhof abgeholt.

Zeit Teils bewölkt Höhe über NN

17 Uhr 21 °C 142 m


Milano-Central

Milano Central


Hoffentlich komme ich an...


Tag

1

Abenteuer TrenItalia

2. Oktober 2021 in Italien, Stazione Alessandria (RFI)

Ich hatte mich dazu entschlossen, auf dieser Tour einen festen Standort zu wählen,

von dem ich mit dem Zug morgens zum Ausgangspunkt fahren und abends vom

Zielpunkt wieder zurück kann. Das geht im Prinzip gut, denn die Route verläuft

entlang der Bahnlinie Milano-Genua. Der Teufel allerdings steckt im Detail. Die Züge

fahren nicht so, wie ich es bräuchte. Man muss etwas Demut entwickeln, will man

mit dem italienischen Zugsystem klar kommen. Gestern bekam ich einen

Vorgeschmack und heute geht es gleichermaßen weiter.

Das Frühstück gibt es in meiner Unterkunft für mich um 8 Uhr. Üppig und lecker, es

auszulassen wäre Sünde. Der Preis dafür ist heute, dass der Morgenzug bereits weg

ist. Der Nächste fährt um 11 Uhr. Ich muss anmerken: pünktlich! So weit, so gut. Aber

statt auf kurzem Weg nach Tortona zu fahren, muss ich nach Allessandra, um dort

umzusteigen. Ein ziemlicher Umweg. In Allessandria wartet der Zug nach Pavia

bereits. Der Schaffner wartet am ersten Wagen, alle anderen Türen sind

geschlossen. Er will nur das Tickets sehen, der Covid-Pass interessiert ihn nicht. Das

Innere des Zug ist eine Überraschung, er gleicht einem Veteranenzuges. Doch er

fährt pünktlich, lautstark dieselnd, los. Die Fahrt soll über eine Stunde dauern und

bald wird mir auch klar, warum. Er hält wirklich an jeder Milchkanne. Lange vor jeder

Station bremst er quietschend ab, um nach dem Halt die Gänge wieder quälend

langsam hochzuschalten, bis bald darauf die nächste Station erreicht ist.

Ein Abenteuer für sich.

Zeit Teils bewölkt Höhe über NN

11 Uhr 17 °C 95 m



der Zug hält an jeder Milchkanne


aber schließlich hält er doch in Pavia


Tag

1

Noch einmal Pavia

2. Oktober 2021 in Italien, Ponte Coperto

Die erste Etappe startet in Pavia, wo für mich vor eineinhalb Jahren der Corona-

Spuk begann. Als ich die Stadt damals besuchte, war sie gespenstisch leer, wenige

Menschen schlichen durch die Straßen, drückten sich die Mauern entlang,

vermummten sich hinter Masken. Geschäfte, Museen, Cafés, Restaurants - alles

geschlossen. Es war beängstigend und ich nicht darauf vorbereitet.

Heute ist alles ganz anders. Das Dolce Vita ist zurück, gottlob. Die Restaurants sind

gut besucht, die Geschäfte ebenfalls. Das Leben in Pavia pulst wieder. Gut, die Stadt

so wieder zu sehen. Das rückt im Kopf manches zurecht. Nun kann es weiter gehen

auf dem E1.

Für mich startet die Tour erst richtig an der Ponte Coperto. Für ein paar Minuten

siniere ich am Ticino, blicke noch einmal auf meine Schicksalsbrücke. Dann wende

ich mich ab, blicke nach vorn. Es kann los gehen. Auf geht's nun nach Genua!

Zeit Teils bewölkt Höhe über NN

13 Uhr 20 °C 52 m



Ponte Coperto


Tag

1

Auf dem Weg zum Po

2. Oktober 2021 in Italien, Cascina Crocedue

Es geht an gemähten Felder vorbei, an Bauernhöfen, die hier Cacinas heißen, durch

Dörfer. Und dann bin ich am Po. Eine lange Rampe führt hinauf zur Brücke. Kein Radoder

Fußweg. Viel Verkehr. Ich vermute Übles. Doch auf der Brücke kann ich

geschützt hinter Leitplanken über die Brücke gehen. Auf der Hälfte bleibe ich stehen,

genieße den Moment. Das werde ich nur einmal erleben. Das koste ich aus!

Zeit Teils bewölkt Höhe über NN

15 Uhr 23 °C 65 m



Wo bitteschön ist der Fußweg?

auf der Brücke gibt's ihn (1m breit)

der Po



Tag

1

Dopo Lungavilla

2. Oktober 2021 in Italien, Porana-Ceranica

Als der Po nach 15km hinter mir liegt, ist es nach 16 Uhr. Ungefähr 8km habe ich noch

vor mir. Ich muss mich also etwas sputen, sonst wird es dunkel sein, bevor ich den

Bahnhof erreiche. Viel Interessantes hat die Strecke auch nicht mehr zu bieten.

Als ich in Lungavilla eintreffe, ist der Zug gerade weg. Zeit also für ein Bier in der

Pizzeria am Bahnhof, das ich in stiller Abendsonne genieße.

Der Zug kommt pünktlich und heute fährt er auch bis Arquata Scrivia durch. Bei der

Ankunft ist es bereits finster. Es ist gerade noch genug Zeit, ein paar Sachen zum

Abendessen einzukaufen.

Zeit Teils bewölkt Höhe über NN Video

18 Uhr 21 °C 65 m


wichtige Schienen!


Gegenüber liegt der Bahnhof


Tag

2

Dopo Voghera

3. Oktober 2021 in Italien, Voghera

Wegen des fulminanten Frühstücks schaffe ich natürlich nicht den Frühzug, sondern

komme wieder erst um 12 Uhr los. Zwischen 8 und 12 verkehrt kein Zug nach

Lungavilla . Um 14 Uhr bin ich am Start. Mit den Bahnverbindungen ist das so eine

Sache. Es dauert. Doch die Tour ist eh kurz geplant. Kaum steige ich aus dem Zug,

hört der Dauerregen auf. Prima!

Zunächst geht's durch den "Palustre di Lungavilla", was schlicht "Park von Lungavilla"

bedeutet. Klingt irgendwie schöner auf Italienisch. Dahinter steckt eine Anzahl

Ziegelteiche, die seit 1984 in besagten Park umgewandelt wurden. Ich hatte mir mehr

von dem Areal versprochen. Offenbar sind wir in Deutschland verwöhnt, was

Naturparks angeht.

Die nachfolgende Strecke ist ebenfalls kaum der Erwähnung wert. Im Zickzackkurs

geht's um abgeerntete Felder, auf denen immer genau ein Baum steht. Auffällig und

merkwürdig. Weiß jemand, warum?

Da die Strecke nur 14km lang ist, bin ich schnell am heutigen Ziel. In Voghera ist

noch Zeit für den Besuch des pompösen Doms. Dann bringt mich ein Direktzug

zügig in 30 Minuten zurück nach Arquata-Scrivia. Geht doch!

Zeit Regen Höhe über NN

16 Uhr 20 °C 97 m


alter Ziegelteich im Palustre di Lungavilla


am Wegesrand ein Baummonster stand


der Torrente Staffora führt kein Wasser

Sonntag in Voghera

Blick zur Kuppel im Dom zu Voghera


Bahnhof Voghera


Tag

3

Dopo Tortona

4. Oktober 2021 in Italien, Cantina Sociale di Tortona

Der Zug ist derselbe wie gestern, der mich von Arquata Scrivia diesmal aber direkt

nach Voghera bringt. Weil ich nicht umsteigen muss, bin ich schnell vor Ort. Das

muss auch sein, denn ich will 6km mehr laufen als gestern. Um 13 Uhr bin ich am

Start. Beim Aussteigen regnet es kaum noch, beim Einsteigen in Arquata Scrivia

dachte ich noch an Weltuntergang. Doch die Regenpause ist nur von kurzer Dauer.

Kaum bin ich hinter Voghera auf freiem Feld, schauert es wieder - und hört bis

Tortona auch nicht mehr auf. Lediglich die Regenintensität schwankt. Das Gute

daran: ich kann mein Regenzeug testen. Nicht, das ich es vor ein paar Wochen in

Schweden nicht schon getan hätte. Regenjacke und-hose schlagen sich weiterhin

gut, immerhin sind die Sachen mittlerweile über fünf Jahre alt.

Die Strecke ist nicht aufregend, aber so in etwa hatte ich es für die Po-Ebene

erwartet. Manchmal muss man einfach nur vorwärts gehen, die Route kann ja nicht

überall und immer spektakulär sein. Der Weg mäandert zwischen Autobahn und

Bahngleisen hin und her, immer um die abgeernteten Felder herum. Dazwischen

liegen verstreut die Casinas, auf denen keine Menschenseele zu sehen ist. Die Arbeit

auf den Feldern scheint getan zu sein.

Auf dem Marktplatz mitten in Pontecurone gibt es eine kurze Pause im Stehen unter

einem Schirm, dann geht's gleich weiter. Die zweite Hälfte der Strecke ist nicht

aufregender. Ich freue mich, nach zwanzig Kilometern endlich Tortona zu erreichen.

Eigentlich wollte ich noch den Dom besichtigen, aber bei dem heftigen Regen

verbringe ich die Stunde bis zur Rückfahrt lieber in der Wartehalle.

Als ich nach kurzer Fahrt in Arquata Scrivia aussteige, regnet es so heftig wie am

Morgen. Die Strassen sind mittlerweile überflutet. Hat es hier etwa den ganzen Tag


Starkregen gegeben? Was bin ich froh, als ich in der Villa Paradiso die Tür zu meiner

Unterkunft aufschließen und ins Trockne treten kann! Raus aus den nassen Sachen,

rein in die heiße Dusche und ab ins warme Bett.

Zeit Regen Höhe über NN Video

18 Uhr 19 °C 119 m

Voghera - damals


man achte auf den scharfen Schäferhund


karge Pause im Regen in Pontecurone

Gruß aus Schweden

der Acker ist bestellt


lange Zeit geht's an den Schienen entlang

der Zug bringt mich zurück


Tag

4

Lungo il fiume scrivia

5. Oktober 2021 in Italien, Torrente Borbera

Beim Frühstück habe ich die Idee: heute drehe ich die Tour um, so kann ich direkt

von meiner Unterkunft los wandern und muss nicht bis Mittag auf die

Zugverbindung nach Tortona warten! Gedacht, getan. Um 10 Uhr bin ich zum

Abmarsch bereit. Zunächst geht es steil bergan Richtung Gavi, dann wieder bergab

Richtung Serraville Scrivia. Eine schöne Strecke durch die umliegenden

Hügellandschaft und gleichzeitig ein Vorschmack auf das, was mich morgen

erwarten wird. Ein paar Kilometer weiter bin ich am Fluss Scrivia. Einem Pfad am Ufer

will ich nun bis nach Tortona folgen. Ich bin gespannt, ob das klappt. Ich bin ja schon

Kummer gewohnt in Italien. Nicht immer führt ein Weg zum Ziel, allzu oft ist ein Pfad

zugewachsen oder einfach nur versperrt. Zunächst geht alles gut, der Weg ist sogar

besser als erwartet. Doch zu früh gefreut. Da ist ein breiter Bach im Weg, der von

den heftigen Regenfällen geflutet ist. Natürlich gibt es keine Brücke undauf der

anderen Seite kann ich auch keinen Weg mehr ausmachen. Das lehmig braune

Wasser scheint tief zu sein und macht so gar keine Laune, barfuß hindurch zu waten.

Also zurück. Ich muss nun zur Straße, da hilft nichts. Es ist die einzige Verbindung

nach Tortona außer dem Pfad am Fluss entlang, der nun ja ausfällt. Auf der "Strada

Provinciale 35 dei Gavi" herrscht sehr reger Verkehr. Fußweg Fehlanzeige. Drei

Kilometer weiter kann ich wieder zurück zum Scrivia. Doch das Glück ist von kurzer

Dauer. Erst ist der Pfad vom Strom weggerissen, so dass ich mir einen Weg durch's

Unterholz bahnen muss, dann hört er an einem Feld ganz auf. Weiter geht es nicht,

ich muss wieder zur Strada Provinciale. Ich habe viel Zeit verloren, es ist schon nach

vier Uhr und bis Tortona liegen noch zehn Kilometer vor mir. Ich muß wohl oder übel

nun auf der Strasse weiter gehen, den Pfad am Ufer des Scrivia schlage ich mir


endgültig aus dem Kopf. Nun ist die Strada Provinciale 35 ein für Fußgänger sehr

feindliches Gelände und für mich als Wanderer überhaupt kein Spass. Es ist sogar

brandgefährlich, hier ohne schützendes Blech zu Fuß unterwegs zu sein.

Glücklicherweise gibt es einen schmalen Streifen, auf dem ich mich am entgegen

kommenden Verkehr vorbei quetschen kann. Kommt ein LKW, wird's allerdings eng.

Rücksicht nehmen nur wenige. So geht es für viele Kilometer, während es langsam

dämmert. (Notiz für die Packliste: bei meiner nächsten Italien-Wanderung muss ich

unbedingt Signalfarben anziehen, meine schwarze Kleidung ist hier alles andere als

optimal).

Nach einer gefühlten Ewigkeit passiere ich endlich das Ortsschild von Tortona.

Geschafft! Doch noch nicht ganz, denn der Weg in die City zieht sich hin. Tortona

hat immerhin 100.000 Einwohner. Irgendwann ist es dann so weit, ich kann abbiegen.

Der Stress fällt ganz allmählich von mir ab und als ich auf dem Marktplatz von Tortona

stehe, ist schon fast alles wieder gut. Ein kurzer Besuch noch im imposanten Dom,

dann ist es Zeit für die Rückfahrt. Doch der Zug nach Arquata Scrivia hat 20 Minuten

Verspätung. Da hätte ich noch etwas länger im Dom bleiben können.

So eine Etappe brauche ich kein zweites Mal.

Die Tour auf Komoot:

https://www.komoot.de/tour/507294041?ref=avs&share_token=

aT438J6m11ceLhjRMrva6GyF3YL81tU31AzMO7HOgSnfBcFAmP

Zeit Bewölkt Höhe über NN

18 Uhr 17 °C 268 m


Blick zur Po-Ebene

Richtung Gavi


Zunächst ist der Weg gut zu gehen

Dann ist der Weg am Bach zu Ende Das erste Mal auf der Strada Provinciale 35


der Weg am Scrivia ist fort

Viele Kilometer auf der Straße nach Tortona

bin ich froh, in der Stadt und damit in Sicherheit zu sein


noch schnell den Dom besucht, bevor es zurück geht


Tag

5

Dopo Ronco Scrivia

6. Oktober 2021 in Italien, Ronco Scrivia

Heute habe ich Heimvorteil, denn die Tour startet in Arquata Scrivia. Somit geht's

auch früher los. Im Ort treffe ich auf den E1, wir absolvieren die Etappe heute zum

größten Teil gemeinsam.

Es geht auch gleich zur Sache. 500 Höhenmeter sind schnell erreicht. Es ist eine

wahre Schinderei hinauf. Der Pfad ist steil, steinig, lehmig und vom abfließenden

Regenwasser nass. Ich bin heilfroh, hier nicht schon gestern oder - noch schlimmer

- vorgestern im strömenden Regen gewesen zu sein. Da waren die jetzigen Rinnsale

sicher noch rauschende Bäche. Es wäre vermutlich kein Durchkommen gewesen.

Nun sind die Steine lediglich glitschig und der Lehmboden klebt an den Sohlen der

Wanderstiefel. Unterm Strich aber finde ich, dass es ein schöner, wenn auch

anspruchsvoller Weg ist, der mir gefällt. Nach 10 km mache ich an einem Gipfelkreuz

eine Pause und genieße die schöne Aussicht. Im Tal ist der kleine Ort Sottivalle zu

sehen. Wie gut, dass ich noch nicht weiß, dass ich gleich dort hinab muss. Das ist

irgendwann geschafft, danach geht es natürlich wieder bergan. Nun bis auf 700m.

Am Bric del Faro sage ich dem E1 "Chiao". Während er sich durch die

Hügellandschaft des Ligurischen Apeninns windet, strebe ich den Bahnhof in Ronco

S. zu. Kaum habe ich den E1 verlassen, wird der Weg besser. Suchen die E1-Macher

immer die schlimmsten Pfade aus? Statt steiniger Hohlwege sind's nun meist

schmale Schotterwege. Das ist viel angenehmer und vor allem schneller zu gehen.


Zum Schluss kommt die Route noch einmal zur Sache. Steil geht es 500 Höhenmeter

hinab nach Ronco Scrivia. Gut, dass ich hier nicht rauf muss!

Am Bahnhof ist nach mehr als 20km Schluss. Die gemachten Höhenmeter spüre ich

satt in den Beinen. Die Bahn kommt prompt und bringt mich rasch zurück in mein

Basecamp in Arquata Scrivia.

Zeit Teils bewölkt Höhe über NN Video

16 Uhr 13 °C 333 m

der E1 ist dann und wann markiert


noch eine E1-Marke

heute mit "Heimvorteil"


Mittagspause unterm Kreuz mit Blick auf Sottivalle (dort muss ich noch hin)

Weg oder Rinnsal?


Knochenbrecherweg

wofür ich 6 Std. brauchte, schafft die Bahn zurück nach Arquata S. in 9 Minuten


Tag

6

Dopo G. Pontodecimo

7. Oktober 2021 in Italien, Pontedecimo

Heute komme ich nicht so richtig in Gang und nach dem Frühstück habe ich immer

noch keine Lust auf die Wanderstiefel. Aber was sagt da Frederica, die Hüterin der

Villa Paradiso? "Michael must go to work". Also ab, arbeiten!

Zur "Arbeit" fahre ich wieder mit dem Zug. Nun geht's in südliche Richtung. In Ronco

S. steige ich aus. Los geht's - immer noch ohne rechte Lust. Die Route führt sogleich

steil zum ersten Gipfel hoch. Mit wird warm, obwohl es noch frisch ist. Dann geht's

wieder gen Tal. Dort liegt Borgo Formati. Der Zug von Ronco hätte hierher keine 5

Minuten gebraucht, ich bin über eine Stunde unterwegs und habe keine Lust auf

den nächsten Berg. Dann lieber an der Straße entlang, der nächste Ort ist nur zwei

Kilometer entfernt. Schwupps, schon bin ich da. Sogar eine Standspur gibt es, alles

safe heute. Jetzt könnte ich mich in einen Zug setzen und bequem nach Genua

düsen. In wenigen Minuten wäre ich am Piazza Principe, dem Hauptbahnhof von

Genua. Vor einer kleinen Kirche setze ich mich nieder und grüble bei einer Tasse

Nescafé drüber nach. Mein innerer Schweinehund ist heute ganz schön am Kleffen.

Am Ende aber siegt die Vorstellung, wie schön es doch wäre, morgen zu Fuß in die

Stadt einzulaufen. Nach all den vielen Kilometern auf Schusters Rappen nun am

Mittelmeer! Ich muss einfach weiter!

Und ich bereue es nicht. Das Glück ist mir ab jetzt hold. Der Himmel azurblau, die

Wege trocken und gar nicht mehr glitschig. Kein Lehm bleibt an den Sohlen kleben.

Keine Sperre hält mich auf, (fast) alle Pfade sind, wo sie sein sollen. Das Wandern ist

wieder eine Lust. Am Bric Montaldo kriege ich das Mittelmeer zu sehen. Noch ganz

weit weg ist es. Nun ist meine Kraft entgültig zurück. Der Rest der Strecke verfliegt

und schon stehe ich in Pontedecimo am Bahnhof. Weiter als bis in den Vorort von


Genua soll es heute nicht gehen. Den Einzug in die Stadt werde ich morgen

genießen. Nun kann ich es gar nicht mehr erwarten, die letzten Kilometer in die große

Stadt an der italienischen Riviera zu laufen.

Route auf Komoot:

https://www.komoot.de/tour/510264285?ref=avs&share_token=

aP52q8A8edOr9j8NvGdg9tuOW5ATy2x4nT7gB43hs36Opz9x5E

Zeit Teils bewölkt Höhe über NN Video

16 Uhr 20 °C 88 m


durch Wälder von Eßkastanien

die höchste Erhebung heute


der erste Blick auf das Mittelmeer

Genua voraus


auch der Blick zurück hat was


Tag

7

Genua

8. Oktober 2021 in Italien, Castelletto

Ich dachte, das wird einfach heute. Schnell mal eben die 12km von Pontedecimo

nach Genua runter laufen und fertig. Doch so einfach wird es nicht. Denn ich muß

noch über den Monte di San Michele. Als ich realisiere, dass er nicht nur 600m hoch

ist, sondern der Weg hinauf bis zu 50% Steigung haben soll, plane ich geschwind

um. Nun geht es einen MTB-Pfad hinauf, der sich in Serpentinen durch den Parco

della Mura (Stadtmauern-Park) windet. Die Strecke wird so viel länger und das

Castello auf dem Gipfel verpasse ich auch. Alles nicht so schlimm, die schönen

Weitblicke über das nun schon nahe Mittelmeer auf der einen und ins Ligurische

Apennin auf der anderen Seite kann man auch so genießen.

Schließlich bin ich in Righi. Hier wartet eine Zahnradbahn auf mich, mit der ich

gemächlich gen Tal in die Altstadt von Genua zuckle. Als sich die Türen öffnen,

erwartet mich eine gänzlich andere Welt. Auf einmal ist es laut, eng und voller

Menschen. Nichts für mich in diesem Moment. Ich schlage direkt den Weg zum

Hafen ein, der durch schmale Gassen führt. Am Hafen halte ich inne, will auf einer

Brücke so weit raus auf's Meer, wie geht. Geht aber nicht, alles durch Zäune gesichert.

So finde ich keinen geeigneten Punkt, wo ich sagen könnte, hier ist die Tour zu Ende.

Das ist etwas schade. Am großen Bahnhof Piazza Principe schalte ich schließlich

Komoot aus. Die Etappe ist vorbei und die Tour auch. Genua ist kein schöner Platz,

um einen Fernwanderweg zu beenden. Ich hätte gerne gewusst, wo hier früher


einmal der E1 endete.

Route und mehr Bilder bei Komoot:

https://www.komoot.de/tour/511977960?ref=avs&share_token=

aVNJYcGhXAosZjJQrAzw7A7qVokzi0NhDIT52Pv4vbrZg2Wdtk

Zeit Teils bewölkt Höhe über NN Video

16 Uhr 18 °C 300 m

Noch weit weg - das Mittelmeer


es geht noch mal gut zur Sache im Parco delle Mura

eine letzte Pause mit Blick in das Ligurische Apennin

nun schon ganz nah - das Mittelmeer


im Hintergrund das Apennin

die Zahnradbahn bringt mich ins Getümmel der großen Stadt

in der Stadt ist es eng


am Hafen ist Meer Platz

Hier ist Schluss!


Tag

8

Basecamp

9. Oktober 2021 in Italien, Torrente Borbera

Ich hatte mich entschieden, auf dieser Tour nicht jede Nacht woanders zu

übernachten, sondern einen festen Standort zu nehmen, von dem aus meine Touren

starten. Das geht ganz gut auf der Strecke zwischen Pavia und Genua, da die Städte

über die Schiene gut vernetzt sind. Das Wandern wird angenehmer sein, war meine

Überlegung. So buchte ich in Arquata Scrivia in der Villa Paradiso ein Zimmer im

Voraus. Zum einen liegt Arquata Scrivia ungefähr in der Mitte meiner Route, zum

anderen kannte ich das B&B aus Berichten anderer Wanderer. Es machte auf der

Internetseite einen überaus einladenden Eindruck.

Es erweist sich tatsächlich als Glücksfall. Mein Zimmer ist zwar nicht groß, aber

urgemütlich. Es liegt neben der weißen Villa im angrenzenden Gästehaus. Das Haus

wird sehr persönlich geführt und bietet ein individuelles Frühstück, das mich gut

über den Tag bringt. Ein kleines Lunchpaket gibt's obendrauf. Jeden Morgen freue

ich mich auf drauf und abends ist es schön, zu wissen, wo man die müden Knochen

ablegen kann. Es entspannt ungemein und ist eine neue Fernwandererfahrung.

Der einzige Pferdefuß: ich komme erst spät los zum Wandern. Aber das liegt weniger

am Frühstück, sondern eher an den Zugverbindungen Richtung Norden. Vor zwölf

geht nichts. Richtung Süden geht es etwas besser.

Vielleicht werde ich das Konzept für die dritte Tour durch Italien aufgreifen, denn

ohne schweren Rucksack ist das Wandern nun einmal viel angenehmer. Dann


allerdings müsste ich erneut vom E1-Pfad abweichen und näher an der Küste entlang

wandern.

Teils bewölkt

Höhe über NN

16 °C 260 m

am ersten Tag schien noch die Sonne über'm Paradies


für den Pool ist es abends schon zu kalt. Wie schade!

Zeit für Frühstück!


Frühstück mit Aussicht

La Tunisina, mein Zimmer (Bild von der Hotelsite entnommen)


Tag

8

Rückweg

9. Oktober 2021 in Italien, Arquata Scrivia railway station

Am Samstag geht es zurück. Das Frühstück in der Villa muss ausfallen, denn ich

muss den Zug um 8:18 Uhr nach Milano kriegen. Natürlich breche ich wie immer zu

früh auf. So ist noch Zeit für Kaffee und Croissant im Bistro am Bahnhof.

In Milano angekommen, merke ich, dass ich meinen (neuen) Wanderstock in der

Villa habe stehen lassen. Dabei hatte ich ihn doch extra an die Tür gelehnt, um ihn

nicht zu vergessen. Ich ärgere mich über mich selbst.

Weiter geht's mit einem Schweizer Ticket nach Chiasso. Der Grenzübertritt ist

unproblematisch. Mit dem nächsten Ticket geht es nach Zürich. Dort habe ich drei

Stunden Aufenthalt, bis um 17:00 Uhr ein ICE der Deutschen Bahn mich weiter

befördert. Um 1:14 komme ich auf die Minute pünktlich in Hamburg an. Das schafft

man nicht jedes Mal.

Lohnt sich ein so langer Ritt für eine einwöchige Tour? Als Antwort möchte ich

geben: unterwegs habe ich mich schon mit der nächsten, dann dritten Tour durch

Italien beschäftigt. Sie wird mich durch das Apennin oder ggf. die Mittelmeerküste

entlang führen.

Ich freue mich schon darauf und kann es kaum erwarten!

Sonnig

Höhe über NN

11 °C 256 m


Mittags in Zürich Hbf

Morgens um 8 am Bahnhof Arquata Scrivia



Deine FindPenguins Reisen in einem Buch.

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