Rapport
Dieses Buch erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es wurde nicht gemacht für Leute, die schlaue Reden führen, die es anders gemacht hätten, oder die einen, auch welcher Art gemeinten, künstlerischen Hintergrund, einen ästhetisch eigenen Anspruch oder eine kunsthistorische Bedeutung oder Herkunft, suchen. Es wurde vielmehr gemacht für diejenigen, die Lust am Gucken, Blättern und einfach Freude an Farben und Formen haben, die experimentell durch das Spiel mit Kreis, Quadrat und Dreieck zu rapportierten Grafiken geführt haben. Was daraus in der Praxis alles entstehen kann, Teppiche, Tapeten, Fliesen, das ist wiederum ein anderes Kapitel ...
Dieses Buch erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es wurde nicht gemacht für Leute, die schlaue Reden führen, die es anders gemacht hätten, oder die einen, auch welcher Art gemeinten, künstlerischen Hintergrund, einen ästhetisch eigenen Anspruch oder eine kunsthistorische Bedeutung oder Herkunft, suchen. Es wurde vielmehr gemacht für diejenigen, die Lust am Gucken, Blättern und einfach Freude an Farben und Formen haben, die experimentell durch das Spiel mit Kreis, Quadrat und Dreieck zu rapportierten Grafiken geführt haben. Was daraus in der Praxis alles entstehen kann, Teppiche, Tapeten, Fliesen, das ist wiederum ein anderes Kapitel ...
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Kreis, Quadrat, Dreieck, Zeisel
Hans Karl Zeisel ist ganz und gar
bodenständig und im Hier und
Jetzt zuhause. Er hat sich deutlich
radikaler den geometrischen
Grundformen verschrieben – und
obwohl er sich so beschränkt,
gelingt es ihm, aus diesem wahrlich
überschaubaren Repertoire an
Formen immer Neues zu schöpfen
– und das auch schon seit
Jahren, Jahrzehnten.
Formal geht es darum, die Gewichte
auf der Fläche auszuloten,
Farben und Formen in einen
Dialog zu bringen. Die Herausforderung
ist dabei, immer neue
Kombinationen und Relationen
zu erproben und Lösungen zu
finden, die es noch nicht gab.
Kunst ist für Erwachsene idealiter
das, was für Kinder das Spiel ist:
Eine anregende Auseinandersetzung
mit etwas, das man zu
beherrschen versucht, das man
durchdringen will, verstehen. Und
so wollen wir als Betrachter mit
detektivischem Gespür die Systematiken
entschlüsseln, die den
Kompositionen von Hans Karl
Zeisel zugrunde liegen.
Wie in Suchspielen versuchen wir
zu durchdringen, welche Fragestellungen
der Künstler sich gestellt
hat, welche Gesetze er postuliert
und dann durchdekliniert
hat. In welcher Relation stehen
die Dreiecke zueinander? Welche
Größenverhältnisse hat er bei den
Quadraten zugrunde gelegt?
Aber es bleibt nicht beim logischen
Nachvollziehen mathematischer
Bilderrätsel. Auch bei den
Konkreten Arbeiten von Hans Karl
Zeisel schleicht sich durch die
Hintertür eine poetische Dimension
ein. Sein wichtigstes Vokabular
mögen die geometrischen
Grundformen sein, trotzdem geht
es weniger um Berechnung und
Messbarkeit, als vielmehr um das
sinnliche Erfassen von Proportionen
und Relationen, von Farben
und Formen.
„Who is stronger“ nennt sich entsprechend
eine Komposition, bei
der Quadrate in Rot und Schwarz
zwei kleinen Rundformen gegenüberstehen.
Der Titel ist eine Aufforderung
an uns, tätig zu werden,
die Kunst also nicht nur passiv zu
konsumieren, sondern uns selbst
zu befragen, warum wir Rot oder
Schwarz als stärker empfinden,
und wie wir die Kraft der quadratischen
Fläche oder der Rundform
erleben.
Hans Karl Zeisel lehrt uns ein
Stück weit das, was auch die
jungen Leute, die ans Bauhaus
kamen, lernen sollten: Sie mussten
Tast-, Struktur- und Kompositionsübungen
machen, sie gingen
bei der Musiktherapeutin Gertrud
Grunow in die Harmonisierungslehre,
die sie dafür sensibilisieren
wollte, zu spüren, wie Töne,
Bewegungen, Materialien und
Farben aufeinander reagieren.
Und so hat das künstlerische
Durchdeklinieren von Gesetzmäßigkeiten,
das Postulieren von Regeln
und Systematiken eine starke
sinnliche Komponente. Wenn wir
uns diese Rundform anschauen,
die immer wieder auftaucht, können
wir schnell feststellen, dass
in der schlichten Geometrie mehr
steckt als mit Zirkel und Lineal
verfasste geometrische Figuren.
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