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<strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT<br />
dkms.de
DIAGNOSE BEHANDLUNG SPENDERSUCHE<br />
IN DER FAMILIE<br />
Blutkrebsdiagnose<br />
in Deutschland:<br />
alle<br />
12 Min.<br />
Angaben für Deutschland im Jahr <strong>2020</strong><br />
Qualitätsmessung<br />
Spendermotivierung<br />
und<br />
Fachabteilungen<br />
z.B. Kommunikation,<br />
Fundraising,<br />
75,3%<br />
Individuelle<br />
je nach Erkrankung:<br />
z.B. Chemo, Bestrahlung, ggf.<br />
zusätzliche Antikörpertherapie<br />
bei ärztlicher Entscheidung für<br />
eine Blutstammzelltransplantation<br />
30 Jahre<br />
Online-Registrierung<br />
NEUREGISTRIERUNG<br />
14,3%<br />
Aktionen<br />
vor Ort<br />
Deutschland<br />
weltweit<br />
1 Bedingt durch die Pandemie war es ein schwieriges Jahr, weshalb<br />
die tatsächlichen Kosten für die Typisierung höher ausgefallen sind.<br />
Allerdings ist von einem Einmaleffekt in <strong>2020</strong> auszugehen.<br />
2 Vor der Corona-Pandemie lag das Verhältnis bei 20 und 80 Prozent,<br />
weshalb wir davon ausgehen, dass der dargestellte Wert nur<br />
vorübergehend ist.<br />
Stand 31.12.<strong>2020</strong><br />
38,3 Mio.<br />
10,4%<br />
Registrierung<br />
<strong>DKMS</strong> Life<br />
Science Lab<br />
Typisierung<br />
1 2 3<br />
1 von 3 Patient:innen findet<br />
eine:n Spender:in in der Familie.<br />
GmbH<br />
aus Online-Aktionen<br />
TYPISIERUNG<br />
Proben werden<br />
gescannt.<br />
registrierte<br />
Spender:innen<br />
LABOR<br />
SUCHE NACH<br />
FREMDSPENDER:IN<br />
Einleitung des Suchlaufs<br />
durch Suchzentrum<br />
BESTÄTIGUNGS-<br />
TYPISIERUNG<br />
Pseudonymisierung<br />
Reinigung<br />
Sequenzanalyse,<br />
Auswertung<br />
Sequenzierung im Labor<br />
Täglich: bis zu 7.000 Proben<br />
Gesamtkosten pro<br />
Registrierung (<strong>2020</strong>)<br />
Ausgaben für<br />
wissenschaftliche<br />
Projekte:<br />
Aufnahme durch<br />
die <strong>DKMS</strong>-<br />
Internationale<br />
SPENDER-<br />
DATENBANK<br />
(WMDA)<br />
Spenderneugewinnung<br />
7% Forschung<br />
Gesamtaufwendungen<br />
FORSCHUNG<br />
über 50%<br />
25%<br />
Datenübermittlung<br />
durch Suchzentrum<br />
Zentrales Knochenmarkspender-Register<br />
Deutschland (ZKRD)<br />
National Marrow Donor<br />
Program, USA (NMDP)<br />
<strong>DKMS</strong> Registry<br />
Datenübermittlung<br />
durch <strong>DKMS</strong><br />
Bestätigungstypisierung<br />
DNA wird<br />
herausgelöst.<br />
der Patient:innen<br />
finden innerhalb<br />
von 6 Wochen<br />
eine:n passende:n<br />
Spender:in.<br />
finden innerhalb<br />
der ersten 3 Monate<br />
eine:n Spender:in.<br />
35 1<br />
50%<br />
BENACHRICHTIGUNG<br />
Match:<br />
Ein:e passende:r<br />
Spender:in wird<br />
gefunden.<br />
VERWALTUNG<br />
Patient:in wird über<br />
potenzielle:n Spender:in<br />
informiert.<br />
Einlagerung von<br />
Rückstellproben<br />
Verwaltung<br />
MATCH<br />
Benachrichtigung<br />
Benachrichtigung<br />
Infogespräch und<br />
medizinische<br />
Abklärung<br />
Transplantationszentrum<br />
trifft Spenderauswahl<br />
80%<br />
der passenden<br />
Spender:innen<br />
sind verfügbar. oder persönlichen<br />
Gründen aus.<br />
Blutentnahme<br />
Gesundheitsfragebogen<br />
(Proben an Labore)<br />
20% fallen aus<br />
gesundheitlichen<br />
Match nach<br />
3 Monaten<br />
Das Suchzentrum fordert eine<br />
Bestätigungstypisierung an, und<br />
das Transplantationszentrum<br />
(TZ) trifft danach die Spenderauswahl.<br />
Nach Einwilligung<br />
und medizinischer Abklärung<br />
des Spenders beauftragt das<br />
TZ die Entnahme.<br />
WORKUP<br />
Infogespräch und<br />
Voruntersuchung<br />
finale Einwilligung<br />
Organisation<br />
Zeitpunkt und<br />
Entnahmeart auf<br />
Wunsch des TZ<br />
medizinische<br />
Freigabe<br />
Überprüfung<br />
der Übereinstimmung<br />
LABOR<br />
Entnahme<br />
über<br />
Vollnarkose<br />
HLA-Service Clinical Trials Unit (CTU) <strong>DKMS</strong> Life Science Lab<br />
Datenoptimierung<br />
klinische Studien zur<br />
GmbH, Sitz in Dresden<br />
für eine bessere<br />
Stammzelltransplantation<br />
Spendersuche<br />
und Blutkrebsbehandlung<br />
ist das größte und leistungsstärkste<br />
HLA-Typisierungslabor weltweit.<br />
(u. a. Abteilung wissenschaftliche Projekte, Labor)<br />
25%<br />
ÖFFENTLICH-<br />
KEITSARBEIT<br />
VORBEREITUNG AUF<br />
TRANSPLANTATION<br />
Konditionierung:<br />
vorgeschaltete Behandlung<br />
mit Chemotherapie, ggf.<br />
Bestrahlung<br />
ENTNAHME 2<br />
11%<br />
mit KH-<br />
Aufenthalt<br />
Entnahme aus<br />
Blut (periphere<br />
Stammzellspende)<br />
89%<br />
3–5 Stunden<br />
an max. 2 Tagen<br />
+ 5-tägige<br />
Vorbehandlung<br />
1 von 10 Patient:innen<br />
in Deutschland findet<br />
keine:n Spender:in.<br />
TRANSPORT<br />
Kurier mit<br />
Transplantat in<br />
spezieller<br />
Transportbox<br />
76%<br />
der Spenden aus Deutschland<br />
werden von ausländischen<br />
Transplantationszentren (aus<br />
56 Ländern) angefordert.<br />
SPENDER-<br />
FOLLOW-UP<br />
PATIENTEN-<br />
FOLLOW-UP<br />
Infos zum Gesundheitszustand<br />
der Patient:innen an<br />
Spender:innen über 2 Jahre<br />
(nicht in jedem Land)<br />
Genesung<br />
Weitergabe der<br />
Outcomedaten an Entnahmekliniken<br />
zur Qualitätssicherung<br />
Service für trauernde<br />
Spender:innen, falls<br />
Patient:in nicht überlebt<br />
Blutkontrolle (4 Wochen<br />
nach Spende), Fragebogen<br />
(6 Monate nach<br />
Spende, ab dann jährlich)<br />
Feedbackmanagement<br />
BESTÄTIGUNGS-<br />
TYPISIERUNG<br />
Knochenmark<br />
TRANS-<br />
PLANTATION<br />
Stammzellgabe<br />
mittels Infusion<br />
SPENDER-<br />
PATIENTEN-<br />
KONTAKTE<br />
Anonymer Briefkontakt<br />
nach erfolgter Transplantation<br />
möglich,<br />
wenn es die Länderregularien<br />
erlauben.<br />
Erste persönliche<br />
Begegnung<br />
(<strong>DKMS</strong> vermittelt<br />
und unterstützt)<br />
Persönliches Kennenlernen<br />
ist in Deutschland<br />
bei beiderseitigem<br />
Einverständnis nach<br />
<strong>DKMS</strong>_<strong>Jahresbericht</strong>_<strong>2020</strong>_Einleger_final.indd 4-6 20.10.21 09:21<br />
Mexiko<br />
13<br />
Kanada<br />
2.055<br />
USA<br />
18.382<br />
Kolumbien<br />
5<br />
Anzahl der<br />
in die Welt hinaus<br />
Stammzellspenden<br />
von 1991 bis 2017<br />
von <strong>DKMS</strong>-Spendern durch<br />
<strong>DKMS</strong> Deutschlandmehr als 10.001<br />
aus Deutschland<br />
1.001–10.000<br />
in die Welt hinaus<br />
501–1.000<br />
von 1991 bis 2017<br />
201–500<br />
mehr als 10.001<br />
1.001–10.000<br />
501–1.000<br />
201–500<br />
101–200<br />
51–100<br />
11–50<br />
1–10<br />
Anzahl der<br />
Stammzellspenden<br />
von <strong>DKMS</strong>-Spendern<br />
aus Deutschland<br />
101–200<br />
51–100<br />
11–50<br />
1–10<br />
Kuba<br />
1<br />
Chile<br />
36<br />
Brasilien<br />
322<br />
Uruguay<br />
16<br />
Argentinien<br />
388<br />
20.079<br />
5.473<br />
3.759<br />
3.748<br />
2.404<br />
1.831<br />
1.658<br />
1.507<br />
1.271<br />
1.182<br />
1.090<br />
831<br />
761<br />
614<br />
533<br />
441<br />
410<br />
355<br />
315<br />
307<br />
286<br />
234<br />
211<br />
165<br />
143<br />
105<br />
90<br />
89<br />
8<br />
3<br />
in Europa:<br />
Deutschland<br />
Frankreich<br />
Großbritannien<br />
Italien<br />
Niederlande<br />
Spanien<br />
Belgien<br />
Polen<br />
Schweden<br />
Tschechien<br />
Österreich<br />
Dänemark<br />
Schweiz<br />
Finnland<br />
Griechenland<br />
Ungarn<br />
Norwegen<br />
Portugal<br />
Litauen<br />
Slowakei<br />
Irland<br />
Weißrussland<br />
Kroatien<br />
Slowenien<br />
Rumänien<br />
Serbien<br />
Estland<br />
Bulgarien<br />
Nordmazedonien<br />
Ukraine<br />
Südafrika<br />
196<br />
Iran<br />
125<br />
Russland<br />
928<br />
Indien<br />
225<br />
Türkei | 1.426<br />
Saudi-Arabien | 23<br />
Sri Lanka | 1<br />
Jordanien | 1<br />
Thailand | 1<br />
Libanon | 2<br />
Malaysia | 2<br />
Israel | 418<br />
Singapur | 26<br />
<strong>DKMS</strong>_<strong>Jahresbericht</strong>_<strong>2020</strong>_Einleger_final.indd 1-3 20.10.21 09:21<br />
Japan<br />
2<br />
Südkorea | 29<br />
Hongkong | 10<br />
Australien<br />
954<br />
Neuseeland<br />
200<br />
zwei Jahren möglich.<br />
TITELMOTIV: Seit über 30 Jahren fliegt der gebürtige Kölner Andreas Quirini für<br />
die Lufthansa, 19 Jahre davon ist er schon als Pilot der Lufthansa Cargo weltweit<br />
unterwegs. Quirini und sein Team helfen während der Corona-Pandemie dabei, die Box<br />
mit den Stammzellen am jeweiligen Zielflughafen an Fachkräfte zu übergeben, die für<br />
den Weitertransport in die Transplantationsklinik sorgen.<br />
INHALT<br />
FOKUSTHEMA 1 | KRISE SCHAFFT INNOVATION 6<br />
FOKUSTHEMA 2 | MEHR ALS EINE SPENDERDATEI 16<br />
FOKUSTHEMA 3 | QUALITÄT IST UNSER ANSPRUCH 28<br />
KAMPAGNE „CLUB DES LEBENS“ 38<br />
IMPRESSUM<br />
<strong>DKMS</strong> gGmbH Geschäftsführung<br />
Dr. Elke Neujahr (Vorsitzende), Dr. Dr. Alexander Schmidt, Sirko Geist<br />
Titel: <strong>DKMS</strong> <strong>Jahresbericht</strong> <strong>2020</strong><br />
KURZ NOTIERT 40<br />
GESCHÄFTSZAHLEN <strong>2020</strong> 44<br />
SATZUNG 50<br />
DATENSCHUTZ 54<br />
Herausgeber:<br />
<strong>DKMS</strong> gemeinnützige GmbH<br />
Kressbach 1<br />
72072 Tübingen<br />
T 07071 943-0<br />
F 07071 943-1499<br />
post@dkms.de<br />
dkms.de<br />
Redaktion: : <strong>DKMS</strong> gGmbH, Corporate Communications<br />
Gestalterisches Konzept und Layout: MALZKORN Kommunikation & Gestaltung GmbH<br />
PATIENT:INNEN<br />
58%<br />
bis<br />
8,97<br />
Mio.<br />
Max.<br />
1 Stunde<br />
IN DER HEFTMITTE FINDEN SIE:<br />
• INFOS ÜBER DEN WEG ZUR<br />
STAMMZELLTRANSPLANTATION<br />
• WELTKARTE MIT DEN ZIELLÄNDERN<br />
FÜR STAMMZELLSPENDEN<br />
SPENDER:INNEN<br />
Korrektorat: Thomas Volmert<br />
LESEANLEITUNG:<br />
Fotografie: Ricarda Henkel für <strong>DKMS</strong> (Titelmotiv), Peter Godry (S. 4, 51),<br />
<strong>DKMS</strong> (S. 7, 8, 9, 10, 11, 13, 15, 20, 21, 22, 35, 36, 38, 39, 41, 51),<br />
Privat (S. 12, 25, 31, 32, 51), <strong>DKMS</strong> LSL (S. 16, 19), <strong>DKMS</strong> Africa (S. 23),<br />
Patric Fouad (S. 27), Bert Spangemacher (S. 29), Rui Camilo für <strong>DKMS</strong> LIFE (S. 40),<br />
Cornelia Sczepan / Cellex (S. 40), Uniklinikum Frankfurt (S. 51)<br />
VERMITTELTE STAMMZELLSPENDEN VON<br />
<strong>DKMS</strong> SPENDER:INNEN AUS DEUTSCHLAND<br />
(1991–<strong>2020</strong>)<br />
75.690<br />
DER WEG<br />
ZUR STAMM-<br />
ZELLTRANS-<br />
PLANTATION<br />
WELTWEIT<br />
VERMITTELTE<br />
STAMMZELL-<br />
SPENDEN<br />
* Alle Zahlen: Stand 31.12.<strong>2020</strong><br />
dkms.de
EDITORIAL<br />
EDITORIAL<br />
ein außergewöhnliches Jahr liegt hinter uns, ein Jahr,<br />
das uns vor die bislang größte Herausforderung in<br />
unserer Unternehmensgeschichte gestellt hat.<br />
Was mich von Herzen freut: Es ist auch ein Jahr, in<br />
dem wir trotz aller Widrigkeiten erfolgreich im Kampf<br />
gegen Blutkrebs gewesen sind – dies verrät ein Blick<br />
auf die Zahl der ermöglichten Lebenschancen. Mit<br />
5.618 Entnahmen haben wir <strong>2020</strong> in Deutschland<br />
so viele Stammzellspenden vermittelt wie nie zuvor,<br />
davon 75 Prozent für Patient:innen im Ausland.<br />
Dieses großartige Ergebnis wäre ohne die überwältigende<br />
Einsatzbereitschaft unserer Unterstützer:innen<br />
nicht möglich gewesen. Unseren Spenderinnen und<br />
Spendern gilt meine außerordentliche Dankbarkeit<br />
dafür, dass sie auch unter erschwerten Bedingungen<br />
zu den Entnahmekliniken gereist sind, um ihre kostbaren<br />
Stammzellen für Patient:innen zu spenden.<br />
Sie sind unser höchstes Gut, und selbstverständlich<br />
unternehmen wir weiterhin alles in unserer Kraft<br />
Stehende, um unsere Spender:innen während des<br />
gesamten Prozesses intensiv zu betreuen und sorgfältig<br />
zu schützen.<br />
Auch bei der Spenderneuaufnahme dürfen wir weiterhin<br />
auf die Unterstützung unzähliger hilfsbereiter<br />
Menschen bauen. Um unseren Beitrag zur Eindämmung<br />
der Pandemie zu leisten, haben wir frühzeitig<br />
unsere Registrierungsaktionen in den digitalen Raum<br />
verlegt – ein neues Konzept, das sehr gut angenommen<br />
wird und ein wichtiger Schritt in die Zukunft ist.<br />
Mit jetzt über zehn Millionen potenziellen Lebensretter:innen<br />
an allen <strong>DKMS</strong> Standorten haben wir <strong>2020</strong><br />
einen bedeutsamen Meilenstein erreicht – unser<br />
„Team 10 Million“, das im Sinne der Patient:innen<br />
noch viel größer werden soll.<br />
Ein Satz, den wir in dieser Zeit geprägt haben, lautet:<br />
Blutkrebs kennt keine „Corona-Pause“. Unser<br />
großes Engagement ist wichtiger als je zuvor. Auch<br />
in der Pandemie benötigen unzählige lebensbedrohlich<br />
erkrankte Menschen weltweit unsere Hilfe. Dafür<br />
geben wir alles. <strong>2020</strong> haben wir trotz aller Widrigkeiten<br />
– wie etwa geschlossene Grenzen, Quarantänevorschriften<br />
oder Transportbeschränkungen – alle<br />
gespendeten Stammzellen sicher zu Transplantationszentren<br />
in aller Welt gebracht. So gelangten beispielsweise<br />
rund 850 Transplantate auf dem Luftweg<br />
via „Cargo im Cockpit“ zu ihren dringend wartenden<br />
Patient:innen rund um den Globus.<br />
Wir haben in dieser Zeit viel gelernt und die Gesundheitskrise<br />
auch genutzt, um unsere Prozesse zu optimieren<br />
und gemeinsam noch effizienter und effektiver<br />
zu werden. Wir sind digital besser aufgestellt als je<br />
zuvor. Unsere Teamarbeit auf internationaler Ebene<br />
ist noch selbstverständlicher geworden – denn die<br />
Tätigkeit der Einzelnen oder des Einzelnen gehen weit<br />
über Landesgrenzen hinaus. Diesen Weg werden wir<br />
fortsetzen. Wir geben Menschen auf der ganzen Welt<br />
Hoffnung und Zuversicht – das treibt uns täglich an.<br />
Diese Leidenschaft und diese Hingabe für unsere<br />
Organisation, die seit dem ersten Tag spürbar sind,<br />
beeindrucken mich zutiefst und sind für mich und für<br />
unsere mehr als 1.000 motivierten und kompetenten<br />
Mitarbeiter:innen wegweisend. Unser Erfolgsrezept<br />
besteht aus diesen wesentlichen Zutaten: Einsatzbereitschaft,<br />
Mut, Flexibilität, Professionalität und<br />
vor allem, unsere „Geheimzutat“, das Herzblut. Hinzu<br />
kommt, dass wir niemals aufgeben und immer im<br />
Sinne unserer Patient:innen nach einer Lösung suchen.<br />
Wir sind wirklich allesamt mit Herz und Verstand dabei.<br />
In unserer 30-jährigen Geschichte sind wir als<br />
Netzwerk mit elf Tochtergesellschaften zu einer<br />
internatio nalen und vielseitigen Organisation<br />
gewachsen, die Blutkrebs und andere bösartige Bluterkrankungen<br />
mit allen uns zur Verfügung stehenden<br />
Mitteln bekämpft – von der Registrierung über<br />
die Vermittlung passender Stammzellspender:innen<br />
bis zur Entwicklung neuer Therapieansätze durch<br />
unsere eigenen Forscherteams und zur Förderung<br />
des wissenschaftlichen Nachwuchses. Gemeinsam<br />
entwickeln wir unsere Aktivitäten gezielt und konsequent<br />
weiter, um Patient:innen bestmöglich zu<br />
helfen, überall auf der Welt. So wollen wir in der<br />
Zusammen arbeit mit anderen Ländern den Zugang<br />
zu Transplantationen für Erkrankte dort verbessern,<br />
wo er nicht oder schwer möglich ist. Das alles werden<br />
wir so lange tun, bis unser Traum von einer Welt<br />
ohne Blutkrebs und Blutkrankheiten Wirklichkeit<br />
geworden ist.<br />
Einen Überblick über diese lebenswichtigen Aktivitäten<br />
finden Sie in diesem <strong>Jahresbericht</strong>. Viel Spaß<br />
beim Lesen, und bitte bleiben Sie gesund.<br />
Herzlichst<br />
Ihre<br />
Dr. Elke Neujahr<br />
Vorsitzende der Geschäftsführung<br />
Global CEO <strong>DKMS</strong> Group<br />
4 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 5
FOKUSTHEMA 1 | KRISE SCHAFFT INNOVATION<br />
FOKUSTHEMA 1 | KRISE SCHAFFT INNOVATION<br />
KRISE SCHAFFT<br />
INNOVATION<br />
Das Jahr <strong>2020</strong> war auch für uns als gemeinnützige<br />
Organisation ein Jahr voller neuer<br />
Herausforderungen. Umso mehr haben wir in<br />
dieser historischen Ausnahmesituation an jenem<br />
Credo festgehalten, das wir seit unserer<br />
Gründung als unseren Auftrag verstehen:<br />
Wir geben niemals auf, wenn es darum geht,<br />
Menschen eine zweite Chance auf Leben zu<br />
geben! Auch nicht während einer Pandemie:<br />
Denn Blutkrebs macht keine Pause.<br />
ÜBERGABE AM FLUGHAFEN<br />
Ein Pilot nimmt eine Box mit<br />
Stammzellen entgegen.<br />
Geschlossene Grenzen, gestrichene Flüge für<br />
Stammzelltransporte, Veranstaltungsverbote für<br />
öffentliche Registrierungsaktionen und die Arbeitsabläufe<br />
für rund 1.000 Mitarbeiter:innen an sieben<br />
Standorten weltweit so anpassen, dass sämtliche<br />
Schritte auch im mobilen Arbeiten reibungslos funktionieren.<br />
Prozesse und Abläufe, die wir über Jahre<br />
hinweg perfektioniert haben, galt es während der<br />
Pandemie mit neuen und kreativen Lösungsansätzen<br />
zu kombinieren, um weiterhin tagtäglich so vielen<br />
Blutkrebspatient:innen eine zweite Lebenschance zu<br />
ermöglichen. Das ist uns gelungen – sogar mit einem<br />
herausragenden Erfolg: 5.618 Stammzelltransplantate<br />
haben wir <strong>2020</strong> aus Deutschland in alle Welt vermittelt,<br />
so viele wie nie zuvor.<br />
Umzudenken und schnell neue Lösungen zu finden –<br />
darum ging es auch in der Spenderneugewinnung.<br />
Der Gesundheit unserer Mitmenschen in ganz besonderer<br />
Weise verpflichtet, entschieden wir bereits<br />
vor dem ersten offiziellen Lockdown im März <strong>2020</strong>,<br />
zum Schutz der Bevölkerung alle Registrierungsaktionen<br />
vor Ort vorübergehend auszusetzen – und<br />
verlegten sie kurzerhand in den digitalen Raum. Mit<br />
unseren „Online-Aktionen“ haben wir in kürzester<br />
Zeit ein digitales Veranstaltungsformat für suchende<br />
Patient:innen und ihre Initiativgruppen geschaffen,<br />
um weiterhin möglichst viele Menschen zur Registrierung<br />
als potenzielle Stammzellspender:innen zu<br />
motivieren. Dabei wird ein Registrierungslink mit<br />
Hintergrund informationen in den eigenen sozialen<br />
Netzwerken mit möglichst vielen Menschen geteilt<br />
und medial verbreitet. Das Ergebnis gibt uns recht:<br />
Rund 60.000 neue Spender:innen ließen sich über<br />
das neu geschaffene digitale Format in unsere Datei<br />
aufnehmen. Insgesamt 415.973 Spender:innen registrierten<br />
sich im gesamten Kalenderjahr <strong>2020</strong> neu bei<br />
der <strong>DKMS</strong>.<br />
Digitalisierung war für uns an vielen Stellen<br />
der entscheidende Weg, unsere Arbeit effizient fortzuführen:<br />
Da wir unseren Mitarbeiter:innen schon vor<br />
der Pandemie mobiles Arbeiten ermöglicht hatten,<br />
konnten wir alle Kolleg:innen in kürzester Zeit so ausstatten,<br />
dass die Arbeit aus dem Homeoffice auch für<br />
längere Zeiträume und standortübergreifend optimal<br />
vernetzt möglich war. Und plötzlich waren wir uns aufgrund<br />
vieler neuer Kommunikationstechnologien und<br />
Tools trotz räumlicher Distanz mitunter so nah wie nie<br />
zuvor, vor allem über die internationalen Stand orte<br />
hinweg. Unsere vorbildlichen Spender:innen erklärten<br />
sich auch in der Pandemie bereit, selbstlos für<br />
ihren „genetischen Zwilling“ einzustehen. <strong>2020</strong> gelang<br />
es der <strong>DKMS</strong>, in Deutschland weiterhin mehr als 15<br />
Mal pro Tag lebensrettende Stammzellen an Transplantationskliniken<br />
in aller Welt zu vermitteln. Nur<br />
durch den herausragenden Einsatz aller Beteiligten –<br />
6 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 7
FOKUSTHEMA 1 | KRISE SCHAFFT INNOVATION FOKUSTHEMA 1 | KRISE SCHAFFT INNOVATION<br />
Spender:innen, Mitarbei ter:innen, Partner und Behörden<br />
– funktio nierte die Kette der Aktivitäten, die zur<br />
erfolgreichen und sicheren Vermittlung einer Stammzellspende<br />
führen, auch während der Gesundheitskrise<br />
zuverlässig. „Die Corona-Pandemie hat unsere Arbeit<br />
bei der <strong>DKMS</strong> fundamental verändert. Trotz größter<br />
Herausforderungen haben wir neue Chancen ergriffen<br />
und viele positive Veränderungen eingeleitet. Wir sind<br />
noch digitaler und flexibler geworden“, sagt Dr. Elke<br />
Neujahr, Vorsitzende der <strong>DKMS</strong> Geschäftsführung.<br />
KREATIVE LÖSUNGEN RETTEN LEBEN<br />
Als die Corona-Pandemie im März <strong>2020</strong> in Deutschland<br />
zunehmend den Alltag bestimmte, rückten<br />
der gesundheitliche Schutz unserer Spender:innen<br />
und derzuverlässige Transport der lebensrettenden<br />
Stammzellen an Transplantationskliniken weltweit stärker<br />
denn je in den Fokus. Da etwa 75 Prozent unserer<br />
Stammzellspenden ins Ausland gehen, stellten die<br />
plötzlichen Grenzschließungen eine potenziell lebensbedrohliche<br />
Situation für zahlreiche Betroffene in aller<br />
Welt dar. „Wir wollten es nicht riskieren, dass unsere<br />
Patient:innen deshalb auf die ersehnte Transplantation<br />
verzichten müssen“, betont Gabi Rall, Direktorin<br />
Medical Business Development bei der <strong>DKMS</strong>.<br />
Unsere medizinischen Teams waren fortan rund<br />
um die Uhr im Einsatz, um betroffenen Pa tient:innen<br />
unter den dramatisch erschwerten Rahmenbedingungen<br />
zu helfen und die Stammzellspenden zuverlässig<br />
an ihre Bestimmungsorte zu bringen. Wir gingen<br />
schnell in den engen Austausch mit nationalen und<br />
internatio nalen Behörden, Spender registern, Entnahmekliniken<br />
und Transplantationszentren, internationalen<br />
Kurierdiensten und Transport unternehmen sowie Luftfahrtgesellschaften,<br />
um alle in Deutschland entnommenen<br />
Stammzellspenden sicher zu ihren Empfängerinnen<br />
und Empfängern in der ganzen Welt zu bringen.<br />
Die unermüdliche Hintergrundarbeit und Unterstützung<br />
aus der Politik sowie die gute Vernetzung<br />
der internationalen Partner zeigten schnell Wirkung.<br />
Beispiel USA: Das National Marrow Donor Program<br />
(NMDP) konnte für die USA eine pauschale Reiseverbotsverzichtserklärung<br />
erwirken, mit Unterschrift des<br />
Direktors des US-Zentrums für Seuchenkontrolle und<br />
-prävention. Damit wurde sichergestellt, dass europäische<br />
Kuriere trotz des Reiseverbots Stammzellspenden<br />
in die USA transportieren durften. Auch für die<br />
Kuriere auf europäischer Ebene fand sich eine Lösung:<br />
In Zusammenarbeit mit der World Marrow Donor<br />
Association (WMDA) und der Europäischen Kommission<br />
haben wir eine Ausnahmeregelung erhalten.<br />
Um einen reibungslosen Ablauf an den<br />
deutschen Grenzübergängen sicherzustellen, haben<br />
wir uns an die Bundespolizei gewandt und Unterstützung<br />
zugesichert bekommen. Jeden Tag haben wir<br />
mit Hochdruck neue, zum Teil individuelle und kreative<br />
Lösungen für Transporte in bestimmte Länder<br />
gesucht – und gefunden.<br />
Ein Beispiel: Bei einem Transport nach Litauen<br />
im April <strong>2020</strong> hatte sich das Workup-Team der <strong>DKMS</strong><br />
in der Not eine ganz besondere Meisterleistung ausgedacht:<br />
Zunächst brachte ein Kurierunternehmen die<br />
Stammzellprodukte an die deutsch-polnische Grenze.<br />
Dort übernahm ein polnisches Logistikunternehmen,<br />
das die Stammzellen quer durch Polen im Lkw an<br />
die litauische Grenze brachte. Dann wurden sie an<br />
einen Kurier übergeben, der das Transplantat schließlich<br />
sicher in die Klinik der Patientin oder des Patienten<br />
transportierte. „Es bewegt mich sehr, dass wir so<br />
viele Mitstreiterinnen und Mitstreiter an unserer Seite<br />
haben und alles so gut funktioniert hat“, sagt Dr. Elke<br />
Neujahr. „Hand in Hand. Egal, welche Hürden es zu<br />
überwinden gilt. Dieser Zusammenhalt war und ist<br />
einfach überwältigend.“<br />
HILFE PER CARGO<br />
Gemeinsam mit time:matters, einem Spezialdienstleister<br />
für weltweite zeitkritische<br />
Transporte, und dem Kurierunternehmen<br />
Ontime hat die <strong>DKMS</strong> das Transportmodell<br />
„Cargo im Cockpit“ erarbeitet. Die gemeinnützige<br />
Organisation kooperiert dazu mit<br />
Frachtfluggesellschaften, um Stammzellen<br />
in Cargoflugzeugen zu transportieren. Die<br />
lebensrettenden Transplantate werden<br />
entweder im Cockpit oder direkt dahinter<br />
in einem gesonderten Container sicher<br />
verstaut. Die Piloten sind immer über die<br />
spezielle Fracht informiert. Lufthansa Cargo<br />
und LATAM Cargo deckten etwa die Strecken<br />
zwischen den USA, Südafrika, Europa<br />
und Süd amerika ab. Auf diese Weise wurden<br />
im Jahr <strong>2020</strong> rund 850 Lebenschancen zu<br />
Patient:innen gebracht.<br />
Die persönliche Betreuung<br />
unserer Spender:innen ist<br />
seit Beginn der Pandemie<br />
noch wichtiger geworden.<br />
Waren es zunächst „nur“ die geschlossenen Grenzen,<br />
die Schwierigkeiten beim Transport der Stammzellen<br />
bedeuteten, kam schon bald eine weitere Herausforderung<br />
hinzu: Der Personenflugverkehr wurde<br />
stärker und stärker eingeschränkt. Zudem waren<br />
auch die Kuriere nur bedingt einsatzfähig – etwa,<br />
weil sie nach dem Einsatz in einem Hochrisikogebiet<br />
in Quarantäne mussten. Doch auch dafür wurde eine<br />
Lösung gefunden, und zwar bevor der Personenflugverkehr<br />
nahezu ganz zum Erliegen kam. „Cargo im<br />
Cockpit“ wurde das Erfolgsmodell, um Stammzellpräparate<br />
unabhängig von Onboard-Kurieren zu den<br />
Patient:innen zu bringen (siehe Infokasten links).<br />
ANGEPASSTE ABLÄUFE FÜR MEHR SICHERHEIT<br />
Neben dem sicheren Transport der Stammzellen<br />
zu ihren Empfänger:innen galt unsere große Aufmerksamkeit<br />
<strong>2020</strong> vor allem der Gesundheit und<br />
dem Wohlergehen unserer Spender:innen. Jede<br />
einzelne der 15 Stammzellentnahmen täglich allein in<br />
Deutschland wurde unter Berücksichtigung der aktuellen<br />
Lage mit der jeweiligen Spenderin oder dem<br />
Spender individuell besprochen und so abgestimmt,<br />
dass er oder sie stets sorgfältig vor einer mög lichen<br />
Infektion geschützt war. Dabei ging es zum Beispiel<br />
um die Wahl des Reisemittels; so wurden gelegentlich<br />
auch Mietwagen zur Verfügung gestellt, um die<br />
Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu vermeiden.<br />
Oder um die Organisation einer sicheren Unterkunft:<br />
Mit besonderen Reise- und Übernachtungs-<br />
genehmigungen durften unsere Spender:innen in<br />
Hotels einchecken, die für touristische Übernachtungen<br />
geschlossen waren. Passierscheine ermöglichten<br />
die Anreise zur Entnahmeklinik trotz geltender Ausgangssperren.<br />
Als zusätzliches Sicherheitsdokument<br />
wurde ein COVID-19-Fragebogen ausgehändigt,<br />
um sicherheitsrelevante Informationen zu erfassen<br />
und nachzuhalten. Um jedes erdenkliche Risiko zu<br />
minimieren, haben wir unsere Stammzellspender:innen<br />
gebeten, ohne Begleitperson zur Entnahme zu<br />
reisen – und sind dankbar dafür, dass diese wie auch<br />
weitere Sicherheitsmaßnahmen in den Kliniken mit<br />
überaus großem Verständnis angenommen wurden.<br />
Wichtig zu wissen: Auch jenseits der Coronakrise<br />
beraten und begleiten wir unsere Spender:innen<br />
ganz individuell. Und wir versuchen stets dafür zu<br />
sorgen, dass die Spende – je nach Kapazität der Kliniken<br />
– möglichst nah am Wohnort stattfinden kann.<br />
Jede Spenderin und jeder Spender erhält zudem eine<br />
Notfallnummer, unter der wir 24 Stunden zu erreichen<br />
sind. Diese erprobte Vorgehensweise bewährte sich<br />
auch in der Krise. „Im Jahr <strong>2020</strong> haben 5.618 Personen<br />
Stammzellen gespendet – so viele wie noch nie“, sagt<br />
Sandra Bochert, Abteilungsleiterin Workup. „Dass wir<br />
diesen Rekord an zweiten Lebenschancen in einem<br />
so herausfordernden Jahr erreicht haben, freut uns<br />
natürlich sehr.“<br />
8 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 9
FOKUSTHEMA 1 | KRISE SCHAFFT INNOVATION FOKUSTHEMA 1 | KRISE SCHAFFT INNOVATION<br />
„Die Unterstützung und Flexibilität<br />
waren beeindruckend“<br />
Interview mit Gabi Rall, Direktorin Medical<br />
Business Development, zur Auswirkung der<br />
Krise auf die Stammzelltransporte.<br />
Ein aufregendes Jahr liegt hinter uns. Nach fast<br />
30 Jahren <strong>DKMS</strong> war <strong>2020</strong> alles anders …<br />
Die <strong>DKMS</strong> hat bereits zahlreiche Extremsituationen<br />
erlebt. 9/11 oder der Vulkanausbruch in<br />
Island 2010 hatten ebenso enorme Auswirkungen<br />
auf den Transport der Stammzellen. Wir<br />
dachten, schlimmer könne es nicht kommen.<br />
Doch die Coronakrise stellte mit Abstand die<br />
bisher größte Herausforderung dar. Gerade zu<br />
Beginn der Pandemie tauchten nahezu täglich<br />
neue Probleme auf. Unsere medizinischen Teams<br />
an allen Standorten haben rund um die Uhr<br />
gearbeitet, um die Stammzelltransplantate zu<br />
den Patient:innen zu bringen.<br />
Und das mit großem Erfolg bereits zu Beginn<br />
der Krise.<br />
Dank des enormen Einsatzes aller Beteiligten ist<br />
es uns allein im März <strong>2020</strong> trotz aller Herausforderungen,<br />
denen wir uns weltweit gegenübersahen,<br />
gelungen, 638 zweite Lebenschancen zu<br />
ermöglichen.<br />
Gabi Rall sucht immer nach neuen Lösungen,<br />
um Patient:innen weltweit zu helfen.<br />
Welche positiven Erfahrungen gab es trotz<br />
aller Hürden?<br />
Die Unterstützung und Flexibilität der Kurierunternehmen,<br />
mit denen die <strong>DKMS</strong> zusammenarbeitet,<br />
waren beeindruckend. Bei jeder neuen<br />
Herausforderung fanden unsere Partner time:<br />
matters und Ontime in Rekordzeit eine Lösung.<br />
Zum anderen hat mich die Kreativität begeistert,<br />
mit der alle Beteiligten den Herausforderungen<br />
begegnet sind – und sie so gemeistert haben.<br />
Als die Grenzen zu Polen geschlossen wurden,<br />
haben unsere polnischen Kolleg:innen dazu beigetragen,<br />
dass an der Grenze zwischen Frankfurt/Oder<br />
und Słubice in Polen ein Korridor<br />
eingerichtet wurde, an dem Kuriere die Stammzellprodukte<br />
für das jeweilige Nachbarland übergeben<br />
konnten.<br />
Gab es auch Schreckmomente?<br />
Ja. Interessanterweise war das für mich nicht der<br />
Beginn der Pandemie, sondern später, als sich<br />
die neuen Vorgehensweisen schon eingespielt<br />
hatten. Wir erhielten Nachricht von der Virusvariante,<br />
die in England aufgetaucht war. Alle Flugverbindungen<br />
von und nach England wurden<br />
überraschend eingestellt. Ich fragte mich, wie<br />
wir das nun wieder schaffen sollten. Unser Partner<br />
time:matters hatte aber auch dafür umgehend<br />
eine Lösung zur Hand: kleine Charterflüge,<br />
bei denen die Piloten den Gabelstapler auch mal<br />
selbst bis zum Flugzeug fahren. So war auch<br />
dieses Problem schnell vom Tisch.<br />
Was bleibt nachhaltig in Erinnerung?<br />
Auch in den Hochphasen der Pandemie, wenn<br />
die Situation in manchen Zielländern wirklich<br />
schwierig war, haben wir immer Kuriere gefunden,<br />
die bereit waren, die Stammzellen an ihre<br />
Bestimmungsorte zu bringen. Sie sagten: Klar,<br />
wir machen das. Ihr bedingungsloser Einsatz im<br />
Kampf gegen Blutkrebs beeindruckt mich sehr.<br />
EIN NEUES VIRTUELLES ZUHAUSE FÜR AKTIONEN<br />
Auch unsere Abteilung Spenderneugewinnung sah<br />
sich mit Beginn der Pandemie einer nie dagewesenen<br />
Situation gegenüber: Zum ersten Mal in der<br />
Geschichte der <strong>DKMS</strong> konnten keine öffentlichen<br />
Registrierungsaktionen vor Ort stattfinden. Unseren<br />
Aufrufen im Namen von Patient:innen, die ihren<br />
genetischen Zwilling suchen, waren in der Vergangenheit<br />
oft mehrere tausend Menschen gefolgt.<br />
Doch am 10. März <strong>2020</strong> haben wir – noch vor<br />
dem ersten offiziellen Lockdown – die schmerzhafte<br />
Entscheidung treffen müssen, sämtliche Registrierungsaktionen<br />
vor Ort vorübergehend auszusetzen.<br />
Dies betraf öffentliche Registrierungsaktionen ebenso<br />
wie Veranstaltungen an Schulen, Hochschulen, Unternehmen<br />
oder Sportvereinen in ganz Deutschland. Ein<br />
ebenso radikaler wie notwendiger Schritt, um unseren<br />
Beitrag zur Eindämmung der Pandemie zu leisten.<br />
In einem Bereich, in dem vor der Pandemie<br />
jährlich rund 2.000 Veranstaltungen organisiert<br />
wurden, ist kein Platz für Stillstand. Kreativität und<br />
So funktioniert<br />
eine Online-<br />
Aktion<br />
Bei einer Online-Aktion handelt es sich um<br />
ein mit Beginn der Pandemie neu geschaffenes<br />
digitales Format der <strong>DKMS</strong> zur Regis-<br />
trierung neuer Stammzellspender:innen.<br />
Es wird zusätzlich zur individuellen Online-<br />
Registrierung über die Homepage www.<br />
dkms.de angeboten und dient wie eine<br />
Registrierungsaktion vor Ort dazu, möglichst<br />
viele Menschen über das Thema Blut-<br />
krebs aufzuklären und zur Registrierung<br />
als potenzielle Stammzellspender:innen zu<br />
motivieren. Über einen speziell konfigurier-<br />
ten Link können sich neue Spender:innen<br />
ein Aufnahmeset nach Hause bestellen. Alle<br />
neuen Registrierungen werden so in einer<br />
Online-Aktion gebündelt und in die Daten-<br />
bank aufgenommen. Am Ende sehen wir<br />
den gemeinsamen Erfolg einer solchen<br />
Aktion auf einen Blick.<br />
Schnelligkeit waren gefragt: Noch im selben Monat<br />
verlegten wir die Spenderneugewinnung komplett in<br />
den digitalen Raum. Das neu geschaffene Format der<br />
Online-Aktion funktioniert ähnlich wie eine öffentliche<br />
Registrierungsaktion – mit dem Unterschied,<br />
dass nahezu alle Vorgänge online stattfinden (siehe<br />
Infokasten unten).<br />
Wir haben neue Prozesse entwickelt und sämtliche<br />
Initiatoren bereits geplanter Aktionen kontaktiert<br />
und gebrieft. Neue Aktionen haben wir von von<br />
Beginn an gemeinsam mit den Initiatoren als Online-<br />
Veranstaltung angelegt. So ist es uns gelungen, eine<br />
sichere, einfache und erfolgreiche Alternative für<br />
die Registrierungsaktion vor Ort zu schaffen, um<br />
Familien, Freunden und den Patient:innen selbst auch<br />
während der Krise die Möglichkeit zu geben, der vermeintlichen<br />
Hilflosigkeit etwas entgegenzusetzen<br />
und den weltweiten Pool an potenziellen Lebensretter:innen<br />
auszubauen. 459 solcher Online-Aktionen<br />
haben wir als <strong>DKMS</strong> gemeinsam mit den Initiativgruppen<br />
im Jahr <strong>2020</strong> erfolgreich durchgeführt.<br />
Ein Bild der Patientin oder des Patienten,<br />
eine persönliche Geschichte oder auch<br />
ein Video – der Kreativität sind keine<br />
Grenzen gesetzt, um den Link möglichst<br />
wirkungsvoll über die eigenen Kanäle<br />
on- und offline zu teilen. Die Kolleg:innen<br />
der Spenderneugewinnung unterstützen<br />
mit digitalen Infomaterialien und bei der<br />
Öffentlichkeitsarbeit – genauso wie es<br />
bereits vor der Pandemie bei Veranstal-<br />
tungen vor Ort geschah. Jede Person, die<br />
sich über eine solche Online-Aktion registriert,<br />
erhält alle Unterlagen per Post zugeschickt<br />
und kann den Abstrich unkompli-<br />
ziert bei sich zu Hause durchführen.<br />
10 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 11
FOKUSTHEMA 1 | KRISE SCHAFFT INNOVATION FOKUSTHEMA 1 | KRISE SCHAFFT INNOVATION<br />
TAUSENDE WOLLEN<br />
LANA UND JENS HELFEN<br />
Die elfjährige Lana (Foto r.) aus Augsburg hat<br />
gleich zu Beginn der Pandemie eindrucksvoll<br />
bewiesen, wie man mit einer Online-Aktion zahlreiche<br />
Menschen erfolgreich ansprechen und<br />
motivieren kann. Für die an Blutkrebs erkrankte<br />
Schülerin war ursprünglich eine öffentliche<br />
Registrierungsaktion für den 22. März <strong>2020</strong> in<br />
Augsburg geplant. Nachdem sie in eine Online-<br />
Aktion umgewandelt worden war, bestellten<br />
auf den emotionalen Aufruf hin mehr als 11.000<br />
Personen ein Registrierungsset! Auf ihrem<br />
Instagram-Profil teilte Lana Informationen<br />
zu ihrem Krankheitsverlauf und bewegte die<br />
Herzen unzähliger Menschen. Innerhalb von<br />
nur einem Jahr wuchs die Followerschaft auf<br />
ihrem Kanal auf mehr als 100.000 Personen an.<br />
Auch Prominente wie der Rapper Kool Savas<br />
unterstützten den Aufruf und trugen dazu bei,<br />
dass Lanas Geschichte viral ging. Lana wurde im<br />
August <strong>2020</strong> mit den Stammzellen ihrer Mutter<br />
transplantiert. Doch die Nebenwirkungen der<br />
Behandlung waren letztlich zu stark für ihren<br />
geschwächten Körper. Mit nur zwölf Jahren<br />
verstarb das Mädchen leider am 18. April 2021.<br />
Lanas letzter Wunsch war es, dass sich weiterhin<br />
viele Menschen registrieren, damit andere<br />
Erkrankte eine zweite Lebenschance bekommen.<br />
VIDEOKONFERENZEN ERÖFFNEN NEUE WEGE<br />
Durch die Verlagerung der Registrierungsaktionen<br />
ins Internet veränderte sich auch die tägliche Arbeit<br />
in der Abteilung Spenderneugewinnung. Vor der<br />
Pandemie besuchten unsere Mitarbeiter:innen die<br />
Initiator:innen, Angehörige und Freund:innen von<br />
Patient:innen einige Wochen vor der geplanten Veranstaltung<br />
zu einem persönlichen Vorgespräch.<br />
Diese Planungsgespräche fanden nun in<br />
gemeinsamen Videocalls statt. Auch wenn nichts<br />
die persönliche Begegnung ersetzen kann: Der neue<br />
Prozess erwies sich auch als vorteilhaft, da nun jedes<br />
Mitglied des Organisa tionsteams von jedem beliebigen<br />
Ort aus die Möglichkeit hatte, sich dazuzuschalten,<br />
und nun erstmals auch die Patient:innen selbst<br />
aus dem Krankenhaus per Mobiltelefon oder Tablet<br />
teilnehmen konnten.<br />
Aber nicht immer ist ein Patientenschicksal<br />
Auslöser für einen Aufruf. Auch <strong>2020</strong> haben uns zahlreiche<br />
Anfragen von Unternehmen, Hochschulen,<br />
Schulen oder Vereinen erreicht, um für ihre Mitarbeiter:innen,<br />
Studierenden, Schüler:innen oder Mitglieder<br />
eine Registrierungsaktion zu organisieren. Daraus sind<br />
insgesamt 459 Online-Aktionen entstanden, über die<br />
sich 59.353 Menschen als potenzielle Stammzellspender:innen<br />
in unsere Datei aufnehmen ließen. 43.292<br />
weitere Personen hatten sich noch vor der Coro na-<br />
Pandemie bis Ende Februar <strong>2020</strong> auf 459 Veranstal-<br />
tungen vor Ort registriert. Über unsere individuellen<br />
Online-Registrierungen via Website kamen weitere<br />
313.382 Personen hinzu. So haben insgesamt 415.973<br />
neue potenzielle Spenderinnen und Spender im Jahr<br />
<strong>2020</strong> ihren Weg zu uns gefunden. Dies sind zwar<br />
35,9 Prozent weniger neu aufgenommene Spenderinnen<br />
und Spender als im Vorjahr. Doch mit den neuen<br />
digitalen Formaten konnten die durch die Veranstaltungsverbote<br />
bedingten Verluste immer besser kompensiert<br />
werden.<br />
Somit bildet die Online-Registrierung seit<br />
dem pandemiebedingten Aussetzen der Registrierungsaktionen<br />
vor Ort eine tragende Säule für die<br />
Gewinnung neuer <strong>DKMS</strong> Spender:innen. Alle Online-<br />
Registrie rungen zusammengenommen, haben sich<br />
372.681 Menschen digital bei der <strong>DKMS</strong> registriert.<br />
Das sind sogar 1,2 Prozent mehr als im Vorjahr (2019:<br />
368.081): „Wir planen deshalb, diesen Bereich weiter<br />
auszubauen und unsere Digitalisierungsstrategie sehr<br />
engagiert fortzusetzen“, erklärt Konstanze Burkard,<br />
Director Corporate Communications und Spenderneugewinnung.<br />
„Gleichzeitig ist es uns auch ein<br />
Herzensanliegen, wieder vor Ort für die Menschen<br />
da sein zu können. Das heißt, es wird neben der<br />
Online-Aktion auch wieder Registrierungsaktionen in<br />
Städten und Gemeinden, Schulen und Hochschulen,<br />
Unternehmen und Vereinen geben.“<br />
Auch die Geschichte des 33-jährigen Jens<br />
(Foto l.) aus Grenzach-Wyhlen zeigt, welche<br />
Möglichkeiten und Chancen eine Online-Aktion<br />
bietet. Der Footballfan erkrankte im September<br />
<strong>2020</strong> an Blutkrebs. Das Ran NFL-Team unterstützte<br />
daraufhin eine Online-Aktion in Jens’<br />
Namen im Rahmen der Footballberichterstattung.<br />
Insgesamt bestellten sich mehr als 8.000<br />
Personen ein Registrierungsset nach Hause. Jens<br />
wurde im Februar 2021 mit einem Fremdspender<br />
transplantiert und unternahm schon im Frühjahr<br />
wieder kleinere Ausflüge in die Berge. Online-<br />
Aktionen wie diese verdeutlichen die großen<br />
Chancen, die das neue Format mit seinen unbegrenzten<br />
Reichweiten bietet. Tatsächlich war es<br />
noch nie so einfach, eine Registrierungsaktion zu<br />
organisieren!<br />
Videocalls ersetzten<br />
in vielen Teilen der<br />
Organisation<br />
persönliche Treffen.<br />
12 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 13
FOKUSTHEMA 1 | KRISE SCHAFFT INNOVATION FOKUSTHEMA 1 | KRISE SCHAFFT INNOVATION<br />
GUT AUFGESTELLT FÜR DEN PANDEMIEFALL<br />
Ausgelöst durch die Coronakrise haben wir auch im<br />
Bereich interner Prozesse neue Wege beschritten.<br />
Eine kreative und flexible Unternehmenskultur erwies<br />
sich als starke Grundlage in dieser Ausnahmesitua tion.<br />
Schon lange bevor COVID-19 Deutschland erreichte,<br />
hatte die <strong>DKMS</strong> ein interdisziplinäres Pandemie team<br />
zusammengestellt. Wir waren als Organisation in der<br />
Lage, besonders schnell und effizient auf die Coronakrise<br />
zu reagieren, weil Zuständigkeiten vorab geklärt<br />
und Entscheidungswege bereits eingespielt waren.<br />
Am 31. Januar <strong>2020</strong> informierte das Pandemieteam<br />
alle Mitarbeiter:innen über das neuartige Virus und<br />
notwendige Hygienemaßnahmen. Ab diesem Zeitpunkt<br />
haben wir die gesamte Belegschaft regelmäßig<br />
über das Intranet sowie in E-Mails über das aktuelle<br />
Infektionsgeschehen sowie über Auswirkungen auf<br />
die Organisation und den persönlichen Arbeitsbereich<br />
auf dem Laufenden gehalten. Mit unserer Informa<br />
tionsstrategie, die sämtliche Kanäle involvierte,<br />
stellten wir sicher, dass jede Mitarbeiterin und jeder<br />
Mitarbeiter stets aktuell und umfassend informiert<br />
war. Innerhalb kürzester Zeit schufen wir im Frühjahr<br />
<strong>2020</strong> zudem die notwendige Infrastruktur für mobiles<br />
Arbeiten, das sich bei der <strong>DKMS</strong> schon vor der<br />
Pandemie in weiten Teilen etabliert hatte. Dabei war<br />
die Abteilung Information and Technology Services<br />
in besonderem Maße gefragt und gefordert. Auf der<br />
Basis des Pandemieplans wurden bereits Mitte Februar<br />
vorbereitende Maßnahmen ergriffen. Dazu gehörten<br />
unter anderem die kurzfristige Beschaffung, Installation<br />
und Ausgabe zusätzlicher IT-Ausstattung für die<br />
mobile Arbeit, vor allem Laptops und Headsets, die<br />
Beschaffung zusätzlicher Softwarelizenzen, die Implementierung<br />
von Videokonferenzsystemen sowie die<br />
Schulung aller Mitarbeiter:innen. Der Übergang in den<br />
nahezu vollständigen Remote-Betrieb im März <strong>2020</strong><br />
erfolgte dementsprechend weitgehend reibungslos.<br />
Digitale Teammeetings gehören dank der technischen Möglichkeiten mittlerweile zum Standard.<br />
Medizinischer Beirat trifft<br />
sich im virtuellen Raum<br />
Der Stiftungsvorstand der <strong>DKMS</strong> Stiftung<br />
Leben Spenden, der Mutterorganisation der<br />
<strong>DKMS</strong>, wird vom Medizinischen Beirat beraten<br />
(siehe Seite 51). Die renommierten Mediziner:innen<br />
in diesem Gremium liefern die<br />
entscheidenden Impulse für die medizinische<br />
Strategie im Kampf gegen Blutkrebs. Auch<br />
das Medical Council hat seine Arbeit der<br />
Pandemiesituation angepasst und trifft sich<br />
seit Anfang Mai <strong>2020</strong> nicht mehr nur zweimal<br />
jährlich, sondern etwa alle sechs bis acht<br />
Wochen jeweils per Videokonferenz.<br />
Rund 80 Prozent unserer Kolleg:innen arbeiteten<br />
anschließend ausschließlich oder überwiegend von<br />
zu Hause aus. Um die Vereinbarkeit von Familie<br />
und Beruf in dieser außergewöhnlichen Situation zu<br />
erleichtern, haben wir den Arbeitszeitkorridor auf 6<br />
bis 22 Uhr erweitert, sodass während des Lockdowns<br />
Familienbelange und vieles mehr besser berücksichtigt<br />
werden konnten. Eine flexiblere Inanspruchnahme<br />
von Urlaub und Gleitzeittagen sowie Minusstunden<br />
kam hinzu. Sofern möglich, hatte mobiles Arbeiten<br />
von diesem Zeitpunkt an für uns alle Vorrang.<br />
Auch der Medizinische Beirat, ein Organ der<br />
<strong>DKMS</strong> Stiftung Leben Spenden, das uns in medizinischen<br />
Fragen berät, passte seine Arbeitsweise der<br />
Pandemiesituation an, um noch gezielter unterstützen<br />
zu können (siehe Kasten links).<br />
HILFESTELLUNG FÜR MITARBEITER:INNEN<br />
Zahlreiche interne Maßnahmen trugen dazu bei, dass<br />
sich alle Mitarbeitenden trotz räumlicher Distanz<br />
gefühlt nah waren und auch im Homeoffice Teil eines<br />
großen Ganzen – der <strong>DKMS</strong> Familie – geblieben sind.<br />
Insbesondere die virtuellen internationalen „Townhall<br />
Meetings“, Mitarbeiterversammlungen mit oft mehr<br />
als 600 Teilnehmer:innen aus sieben Ländern auf fünf<br />
Kontinenten, trugen dazu bei, das Wir-Gefühl zu stärken.<br />
Gemeinsame länderübergreifende Meetings in<br />
dieser Gruppenstärke hatte es zuvor nicht gegeben.<br />
Diese ließen die internationale Belegschaft stärker<br />
zusammenrücken als je zuvor.<br />
Die gegenseitige Unterstützung war auch<br />
der Anlass zur Schaffung eines sogenannten Capacity<br />
Board. Auf dieser neuen virtuellen Plattform<br />
im Intranet der <strong>DKMS</strong> konnten ab Ende März <strong>2020</strong><br />
besondere Bedarfe aus Bereichen mit krisenbedingt<br />
erhöhter Arbeitsbelastung sowie vorhandene Kapazitäten<br />
sichtbar gemacht werden, damit sich Kolleg:-<br />
innen gegenseitig über Team-, Abteilungs- sowie<br />
Standortgrenzen hinweg unterstützen konnten. Diese<br />
Flexibilität hat uns schließlich dabei geholfen, dass<br />
die Mitarbeiter.innen auch in Zeiten der Pandemie voll<br />
die Ziele unserer Organisation verfolgen konnten, wir<br />
Wege zur Registrierung und Betreuung unserer Spender:innen<br />
gefunden haben und kein:e Patient:in auf<br />
das lebensrettende Stammzellprodukt warten musste.<br />
Um die Mitarbeiter:innen bestmöglich zu informieren<br />
– über das eigene Arbeitsumfeld hinaus und<br />
im Hinblick auf die Arbeit der <strong>DKMS</strong> insgesamt –,<br />
unterrichtete das Team der Internen Kommunikation<br />
umfassend über das Intranet „Pulse“. Es gab Beiträge<br />
zur ergonomischen Gestaltung des Arbeitsplatzes zu<br />
Hause, Hilfestellungen zur Work-Life-Balance oder<br />
Tipps zur Betreuung von Kindern. Die Mitarbeiter:innen<br />
wurden zudem konstant über neue für die <strong>DKMS</strong><br />
relevante Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten.<br />
„Mit einem Abstand von mehr als einem Jahr<br />
können wir festhalten: Die Coronakrise hat uns vor<br />
unzählige Hürden und Herausforderungen in den<br />
verschiedensten Bereichen gestellt. Wir haben uns<br />
ihnen aktiv gestellt, sie angenommen und gemeinsam<br />
mit Kreativität, Innovation, Flexibilität und Ausdauer<br />
überwunden. Wir haben vieles gelernt, was uns<br />
in Zukunft noch stärker macht. Dabei haben wir nie<br />
das Ziel unserer Arbeit aus den Augen verloren: Blutkrebs<br />
zu besiegen. Das macht mich sehr stolz“, fasst<br />
Dr. Elke Neujahr zusammen.<br />
14 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 15
FOKUSTHEMA 2 | MEHR ALS EINE SPENDERDATEI FOKUSTHEMA 2 | MEHR ALS EINE SPENDERDATEI<br />
MEHR ALS EINE<br />
SPENDERDATEI<br />
„Wir besiegen Blutkrebs“ – um unser großes<br />
Ziel zu erreichen, tun wir weit mehr, als potenzielle<br />
Stammzellspender:innen zu registrieren<br />
und zu vermitteln. Medizinische Forschung,<br />
Bildung und Aufklärung sind wichtige Aufgaben,<br />
mit denen wir den Kampf gegen Blutkrebs<br />
international vorantreiben.<br />
Aus unserer täglichen Arbeit wissen wir: Blutkrebs<br />
ist ein starker Gegner. Deshalb ist es wichtig, ihn<br />
ganzheitlich und aus verschiedenen Richtungen zu<br />
bekämpfen. Innovative Forschung und strategischer<br />
Weitblick sind dabei von höchster Bedeutung –<br />
genauso wie der Mut, Neues zu wagen und auch da<br />
zu helfen, wo der Weg noch nicht geebnet ist. Unser<br />
Engagement reicht deshalb weit über das Registrieren<br />
und Vermitteln potenzieller Spender:innen hinaus.<br />
Auch im Jahr <strong>2020</strong> haben wir wieder gezeigt:<br />
Die <strong>DKMS</strong> ist mehr als eine Stammzellspenderdatei.<br />
V. l.:<br />
Dr. Geoffrey A.<br />
Behrens, Business<br />
Development<br />
Manager im <strong>DKMS</strong><br />
Life Science Lab,<br />
Anja Häusling,<br />
Sales Representative<br />
Liquid Handling,<br />
Analytik Jena<br />
GmbH, Michael<br />
Brehm, Spezialist<br />
für Laborautomation<br />
im <strong>DKMS</strong> Life<br />
Science Lab<br />
INNOVATIVE FORSCHUNG ALS WICHTIGER FAKTOR<br />
Zwar können viele Patient:innen nach einer Stammzelltransplantation<br />
glücklicherweise schon bald<br />
wieder ein normales Leben führen. Doch nicht alle<br />
erreichen eine dauerhafte und vollständige Heilung.<br />
Rückfälle und Komplikationen wie die Graft-versushost<br />
disease, bei der es nach der Transplantation zu<br />
lebensbedrohlichen Abstoßungsreaktionen kommt,<br />
stellen Mediziner:innen und Wissenschaftler:innen<br />
noch immer vor große Herausforderungen.<br />
Es ist uns deshalb ein wichtiges Anliegen,<br />
den medizinisch-wissenschaftlichen Fortschritt auf<br />
diesem Gebiet nach Kräften zu unterstützen. Dazu<br />
haben wir im Jahr 2013 eine eigene Forschungseinheit<br />
gegründet: die Clinical Trials Unit (CTU) in<br />
Dresden. Mit ihr bringen wir immungenetische Forschungsprojekte<br />
und klinische Studien auf den Weg.<br />
Ziel unserer wissenschaftlichen Arbeit ist es, allogene<br />
Stammzelltransplantationen noch erfolgreicher und<br />
sicherer zu machen, damit Blutkrebspatient:innen die<br />
16 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 17
FOKUSTHEMA 2 | MEHR ALS EINE SPENDERDATEI FOKUSTHEMA 2 | MEHR ALS EINE SPENDERDATEI<br />
bestmöglichen Überlebens- und Heilungschancen<br />
erhalten. Die CTU arbeitet eng mit weiteren Wissenschaftler:innen<br />
der <strong>DKMS</strong>, etwa aus dem Bereich<br />
der Bioinformatik oder unserem eigenen Labor, dem<br />
<strong>DKMS</strong> Life Science Lab, zusammen. Allein im Jahr<br />
<strong>2020</strong> haben unsere Forscherteams insgesamt 16 Studien<br />
in renommierten Fachjournalen publiziert. Wir<br />
pflegen einen intensiven Austausch mit internationalen<br />
Transplantationsregistern, großen Kliniken sowie<br />
nationalen und internationalen Studiengruppen.<br />
Immer vorausschauend zu denken und eng mit<br />
hochrangigen Wissenschaftler:innen weltweit zusammenzuarbeiten<br />
hat für uns einen hohen Stellenwert.<br />
Denn wer Blutkrebs besiegen will, muss mit Gleichgesinnten<br />
an einem Strang ziehen. Um die Zusammenarbeit<br />
auf dem Gebiet der Blutkrebsforschung weiter<br />
zu verbessern, hat unsere Clinical Trials Unit im Jahr<br />
2016 ein wichtiges Kooperationsprojekt ins Leben<br />
gerufen: die Collaborative Biobank (CoBi). Die beteiligten<br />
Stammzellspenderdateien, Transplantations- und<br />
Entnahmekliniken sammeln Blutproben von freiwilligen<br />
Stammzellspender:innen und Patient:innen. Wissenschaftler:innen<br />
in allen Ländern der Welt haben dank<br />
der CoBi nun die Möglichkeit, diese Proben und Daten<br />
für ihre Forschungsarbeiten zur Prävention, Dia gnose<br />
und Behandlung von Blutkrebserkrankungen zu verwenden.<br />
Im Jahr <strong>2020</strong> kamen zu den 14 bereits vorhandenen<br />
Mitgliedern der CoBi zwei weitere hinzu:<br />
die Charité – Universitätsmedizin Berlin (Medizinische<br />
Klinik mit Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und<br />
Tumorimmunologie) und die DRK-Blutspendedienst<br />
Nord-Ost gemeinnützige GmbH (Institut Berlin).<br />
VOLLER EINSATZ FÜR DAS „PERFEKTE MATCH“<br />
Einer unserer weiteren wissenschaftlichen Schwerpunkte<br />
besteht darin, eine noch genauere Auswahl<br />
der passenden Stammzellspenderin oder des passenden<br />
Stammzellspenders zu ermöglichen. Damit<br />
sich die gespendeten Stammzellen im Körper erfolgreich<br />
ansiedeln und die Infektionsabwehr übernehmen<br />
können, müssen die HLA- oder Gewebemerkmale<br />
sowie einige weitere Parameter von Spender:in und<br />
Patient:in möglichst gut übereinstimmen. Je mehr<br />
über diese Parameter bekannt ist, desto passgenauer<br />
können die behandelnden Ärzt:innen eine geeignete<br />
Spenderin oder einen geeigneten Spender auswählen –<br />
und desto größer ist die Chance auf eine erfolgreiche<br />
Transplantation. Einige unserer Fachabteilungen –<br />
darunter das Team Wissenschaftliche Projekte und die<br />
Abteilung HLA-Service – suchen gemeinsam mit Bioinformatikern,<br />
einem Scientific Data Analyst und anderen<br />
Expert:innen permanent und systematisch nach<br />
weiteren Optimierungsfeldern. Dazu gehören zusätzliche<br />
immungenetische Faktoren, die den Erfolg einer<br />
Stammzelltransplantation positiv beeinflussen könnten.<br />
JEDE CHANCE<br />
ERGREIFEN UND<br />
NUTZEN<br />
Gibt es KIR-HLA-Kombinationen, die den<br />
Erfolg einer Stammzelltransplantation positiv<br />
beeinflussen? Sinkt die Rückfallwahrscheinlichkeit<br />
bei Patient:innen, wenn ihre Stammzellen<br />
mit möglichst vielen aktivierenden KIR ausgestattet<br />
sind? Diesen und weiteren Fragen ist<br />
ein <strong>DKMS</strong> Forscherteam in Zusammenarbeit<br />
mit der Deutschen kooperativen Transplantations-Studiengruppe<br />
und dem Deutschen<br />
Register für Stammzelltransplantationen<br />
nachgegangen. „KIR“ ist der Sammelbegriff<br />
für 17 verschiedene Killerzell-Immunoglobulinähnliche<br />
Rezeptoren. Diese Rezeptoren helfen<br />
den natürlichen Killerzellen dabei, krankhafte<br />
Zellen wie Tumorzellen oder infizierte Zellen<br />
zu erkennen, um sie anschließend vernichten<br />
zu können. Die Forscher:innen untersuchten<br />
retrospektiv 2.222 Spender-Patienten-Paare<br />
mit verschiedenen KIR-HLA-Kombinationen.<br />
In keinem der ausgewählten Modelle konnten<br />
die Wissenschaftler einen Einfluss auf die<br />
Rückfallhäufigkeit oder andere Komplikationen<br />
belegen – ein negatives Ergebnis, aber<br />
eines von hohem wissenschaftlichem Wert,<br />
das im Januar 2021 in der renommierten<br />
Fachzeitschrift „Blood“ veröffentlicht wurde.<br />
Forscher:innen weltweit wissen jetzt, dass sie<br />
diese ausgewählten Kombinationen künftig<br />
ausschließen können. „Wir halten die Analyse<br />
des Einflusses von KIR nach wie vor für einen<br />
vielversprechenden Ansatz und werden deshalb<br />
weiter dazu forschen“, sagt Dr. Johannes<br />
Schetelig, Leiter der <strong>DKMS</strong> Clinical Trials Unit.<br />
„Jede Chance, die Therapiemöglichkeiten für<br />
Menschen mit Blutkrebs zu verbessern, wollen<br />
wir ergreifen und nutzen.“<br />
Zu den wichtigsten Partnern unserer Clinical Trials<br />
Unit gehört das <strong>DKMS</strong> Life Science Lab in Dresden,<br />
ein Tochterunternehmen der <strong>DKMS</strong> gGmbH. Jährlich<br />
analysieren und typisieren dort rund 160 Mitarbeiter:innen<br />
etwa eine Million Wangenabstrichproben<br />
von <strong>DKMS</strong> Spender:innen aus aller Welt. Zum Weltwissenschaftstag<br />
<strong>2020</strong> veröffentlichte unser Labor<br />
auf der Videoplattform vimeo einen Film 1 , der allen<br />
Interessierten faszinierende Einblicke in die spannende<br />
Welt der HLA-Typisierung ermöglicht. „Wir bekommen<br />
immer wieder Anfragen zum Weg des Wattestäbchens<br />
und zu unserer Arbeit“, erklärt Thomas Schäfer,<br />
Geschäftsführer des <strong>DKMS</strong> Life Science Lab. „Mit dem<br />
Film wollen wir nun <strong>DKMS</strong> Spender:innen und allen<br />
anderen ermöglichen, den Weg der Wangenabstrichprobe<br />
genau mitzuverfolgen. Denn was viele nicht<br />
wissen: Wenn das Wattestäbchen schließlich seinen<br />
Dienst getan hat, geht die Reise erst richtig los!“<br />
Unsere hochqualifizierten Expert:innen im<br />
Labor unterstützen außerdem die Forschungsarbeit<br />
der CTU und anderer wissenschaftlicher Institutionen.<br />
Darüber hinaus arbeiten sie an eigenen Studien<br />
und treiben den wissenschaftlichen Fortschritt voran.<br />
Allein im Jahr <strong>2020</strong> stellte das Labor der internationalen<br />
Referenzdatenbank rund 1.300 bis dahin unbekannte<br />
HLA-Merkmale für den verbesserten Abgleich<br />
zwischen Spender:in und Patient:in bei der Spendersuche<br />
zur Verfügung. Davon profitieren Mediziner:innen<br />
und Wissenschaftler:innen – und vor allem Pa t-<br />
ient:innen – auf der ganzen Welt.<br />
Für seine herausragende Forschungsarbeit<br />
zum Nachweis des Cytomegalievirus (CMV) per<br />
Wangenabstrich hat das <strong>DKMS</strong> Life Science Lab den<br />
Analytik Jena Science Award <strong>2020</strong> in der Kategorie<br />
„Molekularbiologie“ erhalten. Das Cytomegalie virus<br />
(CMV) gehört zu den Herpesviren und kann bei einer<br />
Stammzelltransplantation zu erheblichen Komplikationen<br />
führen, insbesondere dann, wenn sich der<br />
CMV-Status von Empfänger:in und Spender:in unterscheidet.<br />
Unser Labor entwickelte ein Verfahren, mit<br />
dem sich der CMV-Status ganz einfach per Wangenabstrich<br />
ermitteln lässt. Zuvor war dies nur mithilfe<br />
einer Blutprobe möglich. Die viel beachtete Publikation<br />
des <strong>DKMS</strong> Life Science Lab erschien im Februar<br />
<strong>2020</strong> im „Journal of Infectious Diseases“.<br />
DER WEG DES WATTESTÄBCHENS<br />
• Direkt nach dem Probeneingang erfasst ein Scanner<br />
den Barcode auf dem jeweiligen Registrierungsset.<br />
So kann später jede Probe eindeutig zugeordnet<br />
werden, obwohl alle Daten ausschließlich pseudo-<br />
nymisiert gespeichert werden.<br />
• Dann werden die Stiele entfernt und immer 96<br />
Wattestäbchen-„Köpfe“ auf einer Platte zusammengefasst.<br />
Mittels einer speziellen Lösung wird an-<br />
schließend die DNA der Wangenabstrichproben<br />
freigesetzt. Sobald die DNA isoliert ist, beginnt die<br />
eigentliche Analyse.<br />
• Bedeutsam sind dabei diejenigen Abschnitte<br />
der DNA, die Aufschluss über die HLA-Merkmale<br />
geben. Diese Abschnitte werden nun mittels Poly-<br />
merase-Kettenreaktion so lange vervielfältigt, bis<br />
mehrere Millionen identischer DNA-Sequenzen<br />
entstanden sind.<br />
• Anschließend können die Sequenzen maschinell<br />
ausgelesen werden. Die Sequenzierung liefert die<br />
Basisdaten, mit denen die zuständigen Mitarbeiter:innen<br />
die HLA-Merkmale der einzelnen Spen-<br />
der:innen exakt bestimmen können.<br />
Zunächst werden im Labor die Proben<br />
gescannt und die HLA-Merkmale bestimmt.<br />
18 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
1<br />
www.vimeo.com/418815193<br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 19
FOKUSTHEMA 2 | MEHR ALS EINE SPENDERDATEI FOKUSTHEMA 2 | MEHR ALS EINE SPENDERDATEI<br />
COVI-DO-STUDIE:<br />
AUF DEN SPUREN DES CORONAVIRUS<br />
Im Rahmen der Spendertypisierung wertet unser<br />
<strong>DKMS</strong> Life Science Lab immungenetische Informationen<br />
aus, die für die Auswahl passender Stammzellspender:innen<br />
für Blutkrebspatient:innen relevant<br />
sind (HLA, KIR, MICA/B, CCR5 und ABO/Rhesus-<br />
Blutgruppen). Haben diese immungenetischen Faktoren<br />
womöglich auch Auswirkungen auf das Risiko<br />
und den Verlauf einer COVID-19-Erkrankung? Dazu<br />
gab es erste Anzeichen, denen wir mit einer groß<br />
angelegten Studie nachgegangen sind. Unser Ziel<br />
war es, die Krankheit COVID-19 besser zu verstehen,<br />
damit Risikogruppen besser geschützt und Patient:innen<br />
effektiver behandelt werden können. Ein<br />
<strong>DKMS</strong> Forscherteam befragte dazu rund fünf Millionen<br />
registrierte und in Deutschland lebende <strong>DKMS</strong><br />
Stammzellspender:innen via Online-Fragebogen,<br />
ob sie bereits auf das Coronavirus getestet wurden,<br />
ob der Test positiv ausfiel und welche Risikofaktoren<br />
vorlagen. „Die Resonanz war überwältigend“,<br />
freut sich Dr. Dr. Alexander Schmidt, Geschäftsführer<br />
Medizin & Wissenschaft der <strong>DKMS</strong>. 924.557 Spender:innen<br />
nahmen an der Studie teil, von denen 7.948<br />
angaben, positiv auf eine Infektion mit SARS-CoV-2<br />
getestet worden zu sein.<br />
Die freiwilligen Selbstauskünfte zu COVID-19<br />
verknüpfte unser Forscherteam – selbstverständlich<br />
mit dem ausdrücklichen Einverständnis der Spender:innen<br />
– mit den vorhandenen Informationen<br />
zu ihren HLA-Merkmalen und anderen immungenetischen<br />
Faktoren. Das Ergebnis: Entgegen der<br />
Annahme vieler Expert:innen scheinen die für die<br />
Spenderauswahl entscheidenden HLA-Merkmale keinen<br />
Einfluss auf den Verlauf von COVID-19 zu haben.<br />
Bekannte Risikofaktoren für eine Infektion und den<br />
Krankheitsverlauf wie höheres Alter, höheres Körpergewicht,<br />
Diabetes und Bluthochdruck konnte das<br />
<strong>DKMS</strong> Forscherteam hingegen bestätigen. Außerdem<br />
zeigte unsere Studie, dass sich Menschen mit Blutgruppe<br />
A geringfügig häufiger mit dem Virus infiziert<br />
hatten als Menschen mit Blutgruppe 0. Jedoch sahen<br />
die Wissenschaftler:innen keinen Einfluss der Blutgruppe<br />
auf den Krankheitsverlauf.<br />
„Allen Teilnehmer:innen danken wir von Herzen<br />
für ihr Vertrauen und ihre Bereitschaft, mit uns<br />
gemeinsam einen Beitrag zur Pandemiebekämpfung<br />
zu leisten“, betont Schmidt. Darüber hinaus<br />
seien die Ergebnisse auch für den Kampf gegen<br />
Blutkrebs von großem Nutzen. „Die Studie hilft uns<br />
dabei, die Funktionsweise des Immunsystems noch<br />
besser kennenzulernen – und das Immunsystem<br />
spielt für die Auswahl passender Stammzellspender:innen<br />
eine entscheidende Rolle“, ergänzt Professor<br />
Dr. Johannes Schetelig, Leiter der Clinical<br />
Trials Unit und der Covi-Do-Studie. „Die Ergebnisse<br />
NEUE <strong>DKMS</strong> ONLINE-PLATTFORM<br />
FÜR MEDIZINISCHES FACHPERSONAL<br />
Wissen teilen und den medizinischen Fortschritt<br />
auf dem Gebiet der Stammzelltransplantation<br />
unterstützen – mit diesem Ziel<br />
haben wir im Jahr <strong>2020</strong> eine Online-Plattform<br />
für medizinisches Fachpersonal entwickelt.<br />
Auf www.professional.dkms.org<br />
finden Ärzt:innen, Pflegefachkräfte und<br />
Wissenschaftler:innen seit Anfang 2021 alle<br />
wichtigen Informationen rund um die hämatopoetische<br />
Stammzelltransplantation. Die<br />
Website gibt einen guten Überblick über die<br />
Arbeit aller Fachabteilungen der <strong>DKMS</strong> und<br />
ermöglicht umfassende Einblicke in die wissenschaftlichen<br />
Studien und Publikationen<br />
der gemeinnützigen Organisation. Darüber<br />
hinaus bietet die Website Zugang zu den<br />
Serviceleistungen, Stipendien und Förderprogrammen<br />
der <strong>DKMS</strong>.<br />
tragen also auch dazu bei, Stammzelltransplantationen<br />
noch erfolgreicher und sicherer zu machen.“ Im<br />
Sommer 2021 hat das Forscherteam mit einer weiteren<br />
Befragung die möglichen Langzeitfolgen von<br />
COVID-19 in den Blick genommen – die Ergebnisse<br />
stehen noch aus.<br />
EINE MILLION EURO FÜR STIPENDIEN<br />
Die nachhaltige Förderung des wissenschaftlichen<br />
Nachwuchses ist ein Teil unseres Engagements in<br />
Forschung und Bildung, der uns ganz besonders am<br />
Herzen liegt: Die <strong>DKMS</strong> Stiftung Leben Spenden vergibt<br />
jährlich den John Hansen Research Grant an bis<br />
zu vier junge Wissenschaftler:innen. Das Stipen dium<br />
ist mit jeweils 240.000 Euro dotiert. Die Stiftung<br />
unterstützt damit vielversprechende internationale<br />
Forschungsprojekte auf dem Gebiet der Blutstammzelltransplantation<br />
und Zelltherapie, wieder mit dem<br />
Ziel, die Überlebens- und Heilungschancen von Blutkrebspatient:innen<br />
entscheidend zu verbessern.<br />
Im Jahr <strong>2020</strong> konnten sich, ebenso wie im<br />
Vorjahr, vier weibliche Bewerberinnen durchsetzen:<br />
Dr. Cynthia Perez vom Centre Hospitalier Universitaire<br />
Vaudois in Lausanne (Schweiz), Dr. Andrea<br />
Schmidts vom Massachusetts General Hospital Cancer<br />
Center in Charlestown (USA), Dr. Youli Ktena von<br />
der renommierten Johns Hopkins University in Baltimore<br />
(USA) und Dr. Mirjam Belderbos vom Princess<br />
Máxima Center for Pediatric Oncology in Utrecht<br />
(Niederlande).<br />
„Es ist eine große Ehre und ein Privileg, mit<br />
diesem Forschungsstipendium ausgezeichnet worden<br />
zu sein“, sagte Dr. Youli Ktena. „Es wird mir<br />
ermöglichen, meine Forschung weiter voranzutreiben.<br />
Mein Ziel ist es, die Stammzelltransplantation<br />
für Patientinnen und Patienten, die diese starke, oft<br />
lebensrettende Therapieform benötigen, noch erfolgreicher<br />
und sicherer zu machen.“<br />
Mit dem Mechtild Harf Wissenschaftspreis<br />
würdigt die <strong>DKMS</strong> Stiftung Leben Spenden – ebenfalls<br />
einmal im Jahr – außerordentliche Forschungsleistungen<br />
international anerkannter Mediziner:innen.<br />
Im Jahr <strong>2020</strong> ging die renommierte Auszeichnung<br />
an Prof. Dr. J. H. F. Falkenburg. Der niederländische<br />
Professor für Hämatologie ist stellvertretender Leiter<br />
der Abteilung für Hämatologie am Medizinischen<br />
Zentrum der Universität Leiden (LUMC) und einer<br />
der wichtigsten Forscher auf dem Gebiet der Immuntherapie<br />
hämatologischer Erkrankungen. Professor<br />
Falkenburg hat unter anderem bahnbrechende Beiträge<br />
zur Behandlung von Leukämie mit Spender-<br />
T-Zellen geleistet. Das Preisgeld von 10.000 Euro<br />
spendete er dem Wohltätigkeitsfonds der Abteilung<br />
für Häma tologie am Medizinischen Zentrum der Universität<br />
Leiden.<br />
Preisträger <strong>2020</strong>: Prof. Dr. J. H. F. Falkenburg<br />
EIN MAL SPENDEN, ZWEI MAL LEBEN RETTEN<br />
Nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch in der<br />
Praxis ist es wichtig, offen zu sein und Neues zu<br />
wagen. Eine Neuerung, die wir <strong>2020</strong> auf den Weg<br />
gebracht haben und die ganz konkret den Patient:innen<br />
zugutekommt, ist unsere <strong>DKMS</strong> Stem Cell Bank<br />
gGmbH. Dabei geht es vor allem um Schnelligkeit:<br />
Je rascher die Stammzelltransplantation stattfindet,<br />
desto größer sind oftmals die Überlebens- und<br />
Heilungschancen der Betroffenen. Um ihnen noch<br />
besser helfen zu können, lagern wir künftig Stammzellen<br />
von <strong>DKMS</strong> Spender:innen ein, die über besonders<br />
häufige HLA-Merkmale verfügen. Der Vorteil:<br />
Pa tient:innen, deren HLA-Merkmale mit denen einer<br />
eingelagerten Stammzellspende übereinstimmen,<br />
können umgehend und ohne Wartezeit transplantiert<br />
werden. Das Transplantat ist ja bereits vorhanden<br />
und deshalb innerhalb kürzester Zeit verfügbar.<br />
Für die <strong>DKMS</strong> Stem Cell Bank bitten wir ausschließlich<br />
<strong>DKMS</strong> Spender:innen um Unterstützung,<br />
die ohnehin peripher Stammzellen spenden. Es<br />
kommt vor, dass deutlich mehr Zellen gewonnen<br />
werden können, als für den Patienten erforderlich<br />
sind. Wenn dies absehbar ist, fragen wir die Spenderin<br />
oder den Spender, ob sie oder er im Rahmen<br />
einer etwas längeren Entnahmeprozedur bereit ist,<br />
diese „überschüssigen“ Zellen zu spenden. Für sie<br />
oder ihn entsteht dadurch – bis auf den etwas höheren<br />
Zeitaufwand – keinerlei Nachteil oder gesundheitliches<br />
Risiko. Die überschüssigen Stammzellen<br />
werden mit dem Einverständnis unserer Spender:innen<br />
in der Stem Cell Bank bei –180 °C eingefroren<br />
(kryokonserviert) und eingelagert. So ermöglichen<br />
sie vielleicht schon bald einem weiteren erkrankten<br />
Menschen eine lebensrettende Transplantation.<br />
20 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 21
FOKUSTHEMA 2 | MEHR ALS EINE SPENDERDATEI FOKUSTHEMA 2 | MEHR ALS EINE SPENDERDATEI<br />
DIE <strong>DKMS</strong> REGISTRY – EIN WEITERER MEILENSTEIN<br />
Etwa ein Drittel aller Patient:innen, die eine Stammzelltransplantation<br />
benötigen, findet eine passende<br />
Stammzellspenderin oder einen passenden Stammzellspender<br />
innerhalb der eigenen Familie. Was viele<br />
nicht wissen: Alle anderen sind auf eine Fremdspende<br />
eines nicht verwandten Spenders angewiesen – im<br />
Jahr <strong>2020</strong> waren es rund 63.000 Patient:innen weltweit.<br />
Für die Koordination der Spendersuche gibt es<br />
sogenannte Stammzellspenderregister. Diese Organisationen<br />
verwalten Datenbanken, in denen alle<br />
potenziellen Stammzellspender:innen mit ihren HLA-<br />
Merkmalen registriert sind. Ihre Daten werden vorher<br />
pseudonymisiert, sodass Rückschlüsse auf ihre Person<br />
nicht möglich sind. Die behandelnden Ärztinnen<br />
und Ärzte der Transplantationskliniken können mithilfe<br />
der meist nationalen Spenderregister, die untereinander<br />
weltweit vernetzt sind, nach einer passenden<br />
Spenderin oder einem passenden Spender für<br />
ihre Patientin oder ihren Patienten suchen.<br />
Um diesen Suchprozess weiter zu verbessern<br />
und zu beschleunigen, haben wir zum 1. August <strong>2020</strong><br />
<strong>DKMS</strong> DIREKTOR THILO MENGLING<br />
WIRD WMDA-BOARD-MITGLIED<br />
Hoch motiviert: das <strong>DKMS</strong> Team in Südafrika<br />
Internationale Zusammenarbeit auf vielen Ebenen<br />
ist im Kampf gegen Blutkrebs wichtiger<br />
denn je, das hat uns die Pandemie eindringlich<br />
gezeigt. Die World Marrow Donor Association,<br />
kurz WMDA, widmet sich genau diesem Thema.<br />
Die Mission der WMDA ist es, die globale Zusammenarbeit<br />
und den Austausch von Best Practices<br />
zum Nutzen von Stammzellspender:innen und<br />
Patient:innen zu fördern. Gesteuert wird die<br />
Organisation vom WMDA Board, bestehend aus<br />
internationalen Experten für die verschiedenen<br />
Bereiche rund um die Stammzellspendersuche,<br />
Entnahme und Transplantation. Die Arbeit der<br />
WMDA ist in vier sogenannte Pillars (Säulen)<br />
aufgeteilt: Search, Match & Connect, Global<br />
Thilo Mengling ist seit<br />
2019 Director International<br />
Medical Science<br />
bei der <strong>DKMS</strong>.<br />
Development, Donor Care und Quality. Ab Januar<br />
2021 wird nun auch Thilo Mengling, Director<br />
International Medical Science der <strong>DKMS</strong>, seine<br />
Expertise als Leiter des Pillars „Promoting Donor<br />
Care“ in das WMDA Board einbringen. Seit über<br />
zehn Jahren ist er bereits Mitglied im Pillar und<br />
befasst sich dort unter anderem mit Spenderzulassungskriterien<br />
und medizinischen Standards.<br />
Thilo Mengling freut sich sehr über die<br />
Wahl in das WMDA Board. „Ich bin gespannt,<br />
welche neuen Möglichkeiten dort auf mich<br />
zukommen. Wir als Organisation können so über<br />
unsere bisherige Mitarbeit hinaus die internationale<br />
Zusammenarbeit in der WMDA aktiv mitgestalten<br />
und vorantreiben.“<br />
die <strong>DKMS</strong> Registry als unabhängiges und international<br />
tätiges Tochterunternehmen der <strong>DKMS</strong> mit Sitz in<br />
Tübingen gegründet. Mit unserem eigenen Register<br />
können wir nun das Typisierungsprofil unserer Spender:innen<br />
für die weltweite Spendersuche vollständig<br />
sichtbar machen. Vorher war dies nicht immer zeitnah<br />
möglich, weil das Typisierungsprofil der <strong>DKMS</strong><br />
über den Standard hinausgeht. Bestimmte <strong>DKMS</strong><br />
spezifische Typisierungsparameter ließen sich deshalb<br />
nicht so einfach in den vorhandenen Registern<br />
abbilden. Die Transplantationskliniken können jetzt<br />
noch passgenauer nach dem „genetischen Zwilling“<br />
für ihre Patientin oder ihren Patienten zu suchen – und<br />
je passender das „Match“, desto größer ist die Chance<br />
auf den langfristigen Erfolg einer Stammzelltransplantation.<br />
Etwa 25 Prozent aller weltweit registrierten<br />
Stammzellspender:innen sind in der <strong>DKMS</strong> Registry<br />
gelistet. „Wir sind stolz darauf, so viele Spender:innen<br />
vertreten und bei Bedarf vermitteln zu dürfen“, sagt<br />
Dr. Julia Pingel, Geschäftsführerin der <strong>DKMS</strong> Registry.<br />
Die <strong>DKMS</strong> Registry vermittelt aber nicht nur <strong>DKMS</strong><br />
Spender:innen an Patient:innen weltweit, sondern<br />
übernimmt in Chile und Indien als erster Ansprechpartner<br />
der Kliniken auch die Aufgabe einer Sucheinheit.<br />
„Unsere professionellen Suchkoordinator:innen<br />
finden für Patient:innen in Chile und Indien im weltweiten<br />
Spenderpool von fast 40 Millionen registrierten<br />
Spender:innen das beste Match und unterstützen die<br />
Kliniken bei der Beschaffung der Stammzellprodukte“,<br />
erklärt Dr. Julia Pingel. „Damit leisten wir einen wichtigen<br />
Beitrag, den Zugang zur Stammzelltransplantation<br />
in diesen Ländern zu verbessern.“<br />
ETHNISCHE VIELFALT RETTET LEBEN<br />
Spender:innen weltweit vermitteln, Patient:innen<br />
rund um den Globus helfen – das ist unsere Mission<br />
und unsere Leidenschaft. Schon heute widmen wir<br />
uns mit Weitblick den Bedürfnissen der Menschen,<br />
deren Leben künftig einmal von unserer Arbeit<br />
abhängen wird. Ein wichtiger Aspekt, den wir dabei<br />
im Blick haben, ist die zunehmende Globalisierung.<br />
Um Betroffenen verschiedenster ethnischer Abstammung<br />
eine neue Chance auf Leben zu ermöglichen,<br />
benötigen wir ein Höchstmaß an Diversität für unsere<br />
Stammzellspenderdatei. Deshalb richten wir unsere<br />
Organisation zunehmend international aus.<br />
Warum das so wichtig ist? Jede ethnische<br />
Popu lation bringt bestimmte HLA-Merkmalskombinationen<br />
mit, die in ihr besonders häufig vorkommen.<br />
Die Chancen, innerhalb der eigenen ethnischen<br />
Gruppe einen genetischen Zwilling zu finden, sind<br />
also deutlich größer als außerhalb. Viele dieser spezifischen<br />
Merkmalskombinationen sind jedoch bisher<br />
in den weltweiten Spenderdateien noch dramatisch<br />
unterrepräsentiert: So finden zwar neun von zehn<br />
Patient:innen in Deutschland einen geeigneten Spender,<br />
weltweit aber nur sechs von zehn. Hinzu kommt,<br />
dass – mit der Entwicklung hin zu einer globalisierten<br />
Gesellschaft – die genetischen Merkmalskombinationen<br />
immer vielfältiger und komplexer werden.<br />
Gerade für Patient:innen gemischter ethnischer<br />
Herkunft ist es aufgrund der Komplexität ihrer HLA-<br />
Merkmale oftmals besonders herausfordernd, eine<br />
geeignete Spenderin oder einen geeigneten Spender<br />
zu finden.<br />
22 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 23
FOKUSTHEMA 2 | MEHR ALS EINE SPENDERDATEI FOKUSTHEMA 2 | MEHR ALS EINE SPENDERDATEI<br />
NEUE HOFFNUNG FÜR BLUTKREBSPATIENT:INNEN<br />
MIT AFRIKANISCHEN WURZELN<br />
Diese Herausforderungen können wir nur meistern,<br />
indem wir uns grenzüberschreitend und weltweit<br />
engagieren. Aus diesem Grund sind wir zurzeit<br />
bereits auf fünf Kontinenten und in sieben Ländern<br />
aktiv: in Deutschland, den USA, Polen, UK, Chile,<br />
Indien und Südafrika. Wir wachsen weiter und gehen<br />
dabei immer wieder wertvolle Partnerschaften mit<br />
lokalen Spenderdateien in aller Welt ein. In Südafrika<br />
haben die <strong>DKMS</strong> und „The Sunflower Fund“ im<br />
Mai <strong>2020</strong> ihre Kräfte gebündelt. Die gemeinnützige<br />
afri kanische Organisation engagiert sich bereits seit<br />
mehr als 20 Jahren im Kampf gegen Blutkrebs. Der<br />
Sunflower Fund bringt umfangreiches Wissen und<br />
langjährige Erfahrung in der Registrierung potenzieller<br />
Stammzellspender:innen aus Südafrika, Namibia,<br />
Ghana und Nigeria in diese Kooperation ein. Die<br />
Organisation unterhält außerdem einen Unterstützungsfonds,<br />
um Patient:innen zu helfen, die sich die<br />
Kosten für eine Transplantation nicht leisten können.<br />
„Es ist von entscheidender Bedeutung, die Vielfalt<br />
des Spenderpools zu vergrößern“, sagt Alana James,<br />
Country Executive Director <strong>DKMS</strong> Africa. „In der<br />
Partnerschaft mit der <strong>DKMS</strong> sehen wir eine fantastische<br />
Gelegenheit, in Zukunft zusätzlich zu Südafrika<br />
auch andere afrikanische Länder zu integrieren und<br />
den Patient:innen dort neue Hoffnung zu schenken.“<br />
Im März 2021 wurde aus „The Sunflower Fund partnered<br />
by <strong>DKMS</strong>“ ein Mitglied der weltweiten <strong>DKMS</strong><br />
Familie: <strong>DKMS</strong> Africa.<br />
HILFE FÜR PATIENT:INNEN IN ÄRMEREN REGIONEN<br />
DER WELT<br />
Wir wissen, dass Blutkrebs keine Grenzen kennt.<br />
Das gilt auch für Bluterkrankungen wie Thalassämie<br />
und die Sichelzellkrankheit, die genetisch bedingt<br />
sind und deshalb schon kleine Kinder betreffen. Für<br />
die Patient:innen ist eine Blutstammzelltransplantation<br />
die einzige Hoffnung auf ein gesundes Leben.<br />
Doch wenn es darum geht, Zugang zu dieser oftmals<br />
lebensrettenden Behandlung zu erhalten, stehen<br />
Betroffene in ärmeren Regionen der Welt vor großen<br />
Herausforderungen. Oft sind sie und ihre Familien mit<br />
Behandlungskosten konfrontiert, die sie nicht aufbringen<br />
können und die ihre Versicherung, falls überhaupt<br />
vorhanden, oder das Gesundheitssystem nicht<br />
übernimmt.<br />
„Für die zweite Chance auf Leben überschreiten<br />
wir Grenzen, arbeiten weltweit zusammen und<br />
lassen nichts unversucht, um diesen Menschen zu<br />
helfen. Alle, die auf eine Stammzelltransplantation<br />
angewiesen sind, haben diese Chance verdient“, sagt<br />
Dr. Elke Neujahr, Vorsitzende der Geschäftsführung<br />
der <strong>DKMS</strong> gGmbH.<br />
Deshalb haben wir im Jahr <strong>2020</strong> mehrere Programme<br />
vor allem für Patient:innen in Ländern mit niedrigem<br />
und mittlerem Einkommen entwickelt.<br />
• Hoffnung auf ein gesundes Leben schenken:<br />
Mit unserem Patient:innen-Förderprogramm<br />
beteiligen wir uns an den Kosten der Blutstammzelltransplantationen<br />
von Patient:innen, die sonst<br />
keinen Zugang zu dieser überlebenswichtigen<br />
Behandlung erhalten. Von 2018 bis Ende <strong>2020</strong><br />
konnten wir auf diese Weise bereits 191 Transplantationen<br />
ermöglichen.<br />
• Das perfekte „Match“ finden: Mit unserem kostenlosen<br />
HLA-Typisierungsprogramm unterstützen<br />
wir Menschen, die eine Stammzelltransplantation<br />
benötigen, bei der Suche nach Spender:innen<br />
innerhalb der eigenen Familie. Wir führen die HLA-<br />
Typisierung der Patient:innen sowie ihrer Familienmitglieder<br />
für die Familien kostenfrei durch. Bleibt<br />
die Suche innerhalb der Familie erfolglos, helfen<br />
wir auch bei der Suche nach unverwandten Spender:innen.<br />
• Eine bessere Zukunft schaffen: Im Rahmen unseres<br />
Capacity-Building-Programms fördern wir<br />
Projekte, die das Ziel haben, die Transplantationskapazitäten<br />
zu erhöhen, sodass mehr Betroffene<br />
notwendige und lebensrettende Therapien erhalten.<br />
Um das Niveau der Versorgung auch langfristig<br />
zu verbessern, fördern wir außerdem<br />
Schulungen von Ärzt:innen und Pflegepersonal.<br />
Vor Ort arbeiten wir partnerschaftlich mit Transplantationskliniken<br />
und anderen gemeinnützigen Organisationen<br />
zusammen, die für dasselbe Ziel kämpfen<br />
wie wir: den Betroffenen den Zugang zur Blutstammzelltransplantation<br />
zu erleichtern. Zu unseren<br />
wichtigsten Partnern gehören die Sankalp India<br />
Foundation und Cure2Children. Im Rahmen unseres<br />
kostenlosen HLA-Typisierungsprogramms laden<br />
sie Patient:innen und ihre Familien zu sogenannten<br />
Thalassämie-Camps ein. Zahlreiche Betroffene –<br />
meist kleine Kinder – und ihre Angehörigen reisen<br />
teilweise von weither an, um dort einen Wangenabstrich<br />
zu machen. So finden wir gemeinsam heraus,<br />
ob ein Familienmitglied als Stammzellspender:in<br />
infrage kommt. Die HLA-Typisierung findet in unserem<br />
<strong>DKMS</strong> Life Science Lab statt, die Kosten dafür<br />
übernehmen wir. Von 2018 bis Ende <strong>2020</strong> ließen<br />
sich mit dieser Methode bereits 9.037 Menschen –<br />
insbesondere in Indien und Pakistan – typisieren,<br />
2.066 allein im Jahr <strong>2020</strong>. Auf diese Weise konnten<br />
wir insgesamt 712 potenzielle Familienspender:innen<br />
ermitteln und den Patient:innen Hoffnung auf Überleben<br />
und ein gesundes Leben schenken.<br />
REISE IN EIN NEUES LEBEN<br />
Patient Jishan und seine kleine<br />
Schwester, die für ihn gespendet hat<br />
Mit unserer finanziellen Unterstützung haben bis<br />
Ende <strong>2020</strong> 191 kranke Kinder eine Stammzelltransplantation<br />
erhalten. Jishan aus Vijapur, einer<br />
kleinen Stadt in Indien, ist eines von ihnen. Der<br />
Kleine war gerade vier Monate alt, als seine Eltern<br />
die niederschmetternde Nachricht erhielten: Ihr<br />
kleiner Junge hat Thalassämie. Die Erbkrankheit<br />
ist weit verbreitet. Jedes Jahr kommen in Indien<br />
mehr als 10.000 Kinder damit zur Welt.<br />
Jishans Eltern wussten nur wenig über die<br />
lebensbedrohliche Blutarmut. Dennoch ließen sie<br />
nichts unversucht, eine Behandlung für Jishan zu<br />
finden. Seine erste Bluttransfusion erhielt er in<br />
Vijapur – und schon bald erfuhren seine Eltern,<br />
dass Jishan diese langwierige, mehrstündige<br />
Behandlung nun jeden Monat benötigt. Da sich<br />
das Ehepaar die Kosten in einer privaten Praxis<br />
nicht leisten konnte, entschieden sie sich für eine<br />
Behandlung in einem staat lichen Krankenhaus.<br />
Alle drei Wochen nahm die Familie die strapaziöse,<br />
mehrstündige Fahrt in Kauf.<br />
Bei einem der Besuche hörten sie von<br />
der gemeinnützigen Organisation Sankalp India<br />
Foundation, einer unserer Partnerorganisation vor<br />
Ort. Sie setzt sich dafür ein, Kindern mit lebensbedrohlichen<br />
Krankheiten wie Thalassämie den<br />
Zugang zu einer angemessenen und zuverlässigen<br />
medizinischen Behandlung zu erleichtern.<br />
Dazu bietet sie in neun Kliniken des Landes kostenlose<br />
Bluttransfusionen an.<br />
Der erste Besuch im Sankalp Center<br />
brachte einen neuen Hoffnungsschimmer: Jishans<br />
Familie erfuhr, dass eine Blutstammzelltransplantation<br />
den Jungen dauerhaft heilen könne. Im<br />
Rahmen unseres kostenlosen HLA-Typisierungsprogramms<br />
und in Zusammenarbeit mit der<br />
gemeinnützigen Organisation Cure2Children<br />
organisierte das Zentrum ein sogenanntes Thalassämie-Camp.<br />
Viele weitere Familien reisen zu<br />
diesen Typisierungsaktionen von weither an, alle<br />
in der Hoffnung auf ein gesundes Leben für ihre<br />
Kinder. Um eine passende Spenderin oder einen<br />
passenden Spender für Jishan zu finden, wurde<br />
dort bei allen Fami lien mitgliedern ein Wangenabstrich<br />
gemacht. Die Wattestäbchen wurden<br />
anschließend zur Analyse ins <strong>DKMS</strong> Labor, das<br />
Life Science Lab in Dresden, geschickt. Dann<br />
erhielten die jungen Eltern schließlich die frohe<br />
Botschaft: Jishans kleine Schwester stellte sich<br />
als HLA-identisch mit ihrem Bruder heraus. Sie<br />
konnte Jishans Stammzellspenderin und Lebensretterin<br />
werden.<br />
Doch nun stellte sich die Frage: Wie sollte<br />
die Familie die anstehende Stammzelltransplantation<br />
finanzieren? Jishans Eltern waren nicht<br />
in der Lage, die Kosten allein aufzubringen. Sie<br />
bemühten sich nach Kräften, finanzielle Mittel zu<br />
organisieren. Wir als <strong>DKMS</strong>, die Cipla Foundation,<br />
der Jalaram Abhyuday Trust und der Chief Minister‘s<br />
Relief Fund beteiligten uns schließlich an den<br />
Kosten. Der Weg war frei für die lebensrettende<br />
Transplantation im CIMS-Hospital Ahmedabad, in<br />
dem die Transplantationsstation von Sankalp in<br />
Zusammenarbeit mit Cure2Children geführt wird.<br />
Seit seiner Stammzelltransplantation im<br />
Oktober <strong>2020</strong> hat sich Jishan gut erholt. Wir<br />
sind sehr froh und dankbar dafür, dass wir ihm<br />
gemeinsam mit Sankalp, Cure2Children und vielen<br />
anderen hilfsbereiten Menschen und Organisationen<br />
die Chance auf eine gesunde Zukunft<br />
geben konnten.<br />
24 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 25
FOKUSTHEMA 2 | MEHR ALS EINE SPENDERDATEI FOKUSTHEMA 2 | MEHR ALS EINE SPENDERDATEI<br />
MIT DEM GLOBAL<br />
COLLABORATION GRANT<br />
ERFAHRUNGEN TEILEN<br />
Als weltweit führende Stammzellspenderdatei<br />
ist es uns eine Herzensangelegenheit,<br />
unser Wissen, unsere Erfahrung und unsere<br />
Ressourcen mit internationalen Partnern und<br />
Organisationen zu teilen. Vor diesem Hintergrund<br />
haben wir im Jahr <strong>2020</strong> zum zweiten<br />
Mal den Global Collaboration Grant vergeben.<br />
Mit dieser Auslobung unterstützen wir die<br />
Arbeit internationaler Register und Spenderdateien,<br />
die genauso wie wir das Ziel haben,<br />
möglichst vielen Blutkrebspatient:innen eine<br />
zweite Chance auf Leben zu schenken. Der<br />
Förderpreis umfasst 5.000 kostenlose HLA-<br />
Typisierungen im <strong>DKMS</strong> Life Science Lab,<br />
Mitarbeiterschulungen von bis zu 50 Stunden<br />
sowie 25.000 Euro für Material zur Öffentlichkeitsarbeit<br />
und Spenderbindung.<br />
Im Vorfeld der Schulungen definieren<br />
die Gewinner zunächst die gewünschten<br />
Schwerpunkte, zum Beispiel Qualitäts- oder<br />
Prozessmanagement oder medizinische Themen.<br />
Die Schulungen werden von <strong>DKMS</strong> Kolleg:innen<br />
durchgeführt, die an einem unserer<br />
sieben Standorte tätig sind. Im Anschluss an<br />
die Trainingseinheiten erarbeiten wir gemeinsam<br />
sinnvolle Kommunikationsmaßnahmen,<br />
um die Öffentlichkeit und bereits registrierte<br />
Spender:innen vor Ort bestmöglich zu erreichen.<br />
Alle Schulungen fanden aufgrund der<br />
COVID-19-Pandemie virtuell statt – mit dem<br />
großen Vorteil, dass wesentlich mehr Interessierte<br />
daran teilnehmen konnten, als dies in<br />
Präsenz der Fall gewesen wäre.<br />
Die Gewinner des Collaboration Grant<br />
<strong>2020</strong> waren der Charitable Fund „Karelian<br />
Registry of unrelated hematopoietic stem<br />
cell donors“ (Russland) sowie die Charitable<br />
Foundation „Ukrainian Bone Marrow Donor<br />
Registry” (Ukraine).<br />
WISSEN KANN LEBEN RETTEN<br />
Es ist essenziell, dass junge Menschen möglichst früh<br />
mit den Themen Blutkrebs und Stammzellspende in<br />
Berührung kommen und lernen, wie sie ganz konkret<br />
helfen können. Denn altersbedingt und aus Gründen<br />
des Spenderschutzes scheiden mit dem 61. Lebensjahr<br />
fortlaufend Stammzellspender:innen aus unserer<br />
Datei aus. Damit die Findewahrscheinlichkeit bei der<br />
Spendersuche aber mindestens auf dem gleichen<br />
Niveau bleibt, ist es ungemein wichtig, dass sich<br />
immer wieder auch junge Menschen registrieren. Aus<br />
diesem Grund haben wir neben den Handlungsfeldern<br />
Medizin und Wissenschaft die Bereiche Bildung<br />
und Wissensvermittlung in unsere Satzung aufgenommen<br />
und noch stärker in den Fokus gerückt.<br />
So haben wir unsere Aktivitäten an Schulen<br />
in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut: Vor<br />
Beginn der Coronapandemie organisierten wir dort<br />
bundesweit mehr als 100 Veranstaltungen pro Jahr<br />
mit Aufklärung, Information und Registrierungsangeboten<br />
für die Schüler:innen. Um die Lehrer:innen<br />
bei der Vermittlung dieses wichtigen Themas optimal<br />
zu unterstützen, erhielten sie von uns eine optisch<br />
ansprechende, modular aufbereitete Mappe mit<br />
Unterrichtsmaterialien. Die Stundenentwürfe für die<br />
Fächer Biologie, Religion, Ethik, Deutsch und Sozialwissenschaften<br />
bieten einen abwechslungsreichen<br />
Methodenmix, der den Schüler:innen ein selbstständiges<br />
Lernen ermöglicht.<br />
Im Jahr <strong>2020</strong> haben wir unsere analogen<br />
Bildungsangebote, insbesondere im Hinblick auf die<br />
pandemiebedingten Veränderungen im Schulalltag,<br />
um eine virtuelle Unterrichtsstunde für das Fach Biologie<br />
erweitert. „In den Gesprächen mit zahlreichen<br />
Lehrkräften haben wir erlebt, wie herausfordernd die<br />
Situation an den Schulen ist und wie dankbar man<br />
dort für Unterstützung ist“, berichtet Svenja Ebbing,<br />
die in der Abteilung Spenderneugewinnung für die<br />
Bildungskommunikation verantwortlich ist. Mit der<br />
Entwicklung der virtuellen, innovativ gestalteten<br />
Lerneinheit ging die <strong>DKMS</strong> den nächsten Schritt<br />
Richtung Digitalisierung. Schüler:innen und Lehrkräfte<br />
haben jederzeit und von jedem Ort Zugriff auf<br />
die digitalen Lerninhalte. Die Stunde kann individuell<br />
angepasst und im eigenen Tempo durchlaufen<br />
werden. Bedienung und Wissensvermittlung erfolgen<br />
intuitiv. Innerhalb der 45-minütigen Lerneinheit<br />
erwerben die jungen Menschen grundlegendes Wissen<br />
über die Themen Blutkreislauf, Blutkrebs und<br />
Stammzellspende, um schließlich eine bewusste,<br />
reflektierte und eigen ständige Entscheidung über<br />
eine mögliche Registrierung als Stammzellspender:in<br />
zu treffen.<br />
EINE BESONDERE AUSZEICHNUNG:<br />
DAS <strong>DKMS</strong> SCHULSIEGEL<br />
„Während der gesamten Zeit der Schulschließungen<br />
und des Wechselunterrichts sind wir mit den Schulen<br />
in Verbindung geblieben und konnten durch den<br />
direkten und intensiven Austausch mit Schüler:innen<br />
und Lehrkräften schnell auf die aktuellen Entwicklungen<br />
reagieren“, erklärt Marina Miller, Leiterin des<br />
<strong>DKMS</strong> Schulprojekts, „Unser Team kann allen Schulen,<br />
die ein Unterrichtsangebot wünschen oder eine<br />
Registrierungsaktion durchführen möchten, eine<br />
maßgeschneiderte Lösung anbieten, die sich ganz<br />
individuell an den Gegebenheiten und Möglichkeiten<br />
der Schule orientiert“.<br />
Viele Schulen führen schon seit Jahren regelmäßig<br />
Registrierungsaktionen durch. Bis Ende <strong>2020</strong><br />
fanden 3.536 Schulaktionen mit insgesamt 451.618<br />
Registrierungen statt, aus denen 5.739 tatsächliche<br />
Stammzellspender:innen hervorgegangen sind. Um<br />
unsere Wertschätzung gegenüber diesen langjährig<br />
so engagierten Schulen auch öffentlich zum Ausdruck<br />
zu bringen, verleihen wir seit dem Schuljahr<br />
<strong>2020</strong>/21 unser neues <strong>DKMS</strong> Schulsiegel. Alle Schulen,<br />
die drei und mehr Registrierungsaktionen durchgeführt<br />
haben, erhalten von uns diese besondere Auszeichnung.<br />
Stellvertretend für die vielen Gymnasien,<br />
Gesamtschulen und Berufsbildenden Schulen wurden<br />
<strong>2020</strong> in Nordrhein-Westfalen und Hessen jeweils drei<br />
Schulen auf besonderen Presseterminen geehrt: Sie<br />
erhielten ihr Schulsiegel aus den Händen der nordrhein-westfälischen<br />
Schulministerin Yvonne Gebauer<br />
beziehungsweise des hessischen Bildungsministers<br />
Prof Dr. R. Alexander Lorz. Weitere Termine mit den<br />
Kultusminister:innen und Senator:innen in anderen<br />
Bundesländern sind bereits in Planung.<br />
Dr. Elke Neujahr weiß: „Bildung und Aufklärung,<br />
Medizin und Wissenschaft sowie verstärktes<br />
internationales Engagement sind unabdingbare<br />
Mittel im Kampf gegen Blutkrebs.“ Deshalb habe die<br />
<strong>DKMS</strong> ihren Wirkungsbereich als Stammzellspenderdatei<br />
in den letzten Jahren bereits deutlich erweitert.<br />
„Diese wichtigen Säulen unserer Arbeit wollen wir<br />
künftig noch weiter ausbauen. Denn um unsere Mission<br />
zu erfüllen, müssen wir ganzheitlich denken und<br />
immer wieder den Mut haben, Neues zu wagen!“,<br />
betont Dr. Neujahr.<br />
PRESSETERMIN<br />
Mit den Rektoren der ausgezeichneten Schulen:<br />
v. l. Dr. Peter Luetke (Paderborn),<br />
Yvonne Gebauer (Ministerin für Schule und<br />
Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen),<br />
Marco Lohmann (Köln), Dr. Elke Neujahr (<strong>DKMS</strong><br />
Geschäftsführerin), Mathias Gehle (Warburg)<br />
26 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 27
FOKUSTHEMA 3 | QUALITÄT IST UNSER ANSPRUCH<br />
FOKUSTHEMA 3 | QUALITÄT IST UNSER ANSPRUCH<br />
QUALITÄT IST<br />
UNSER ANSPRUCH<br />
Wir möchten so vielen Menschen wie<br />
möglich mit einer Stammzellspende eine<br />
zweite Chance auf Leben schenken und<br />
die Überlebenschancen für Blutkrebspatient:innen<br />
weltweit nachhaltig verbessern.<br />
Dafür hinaus investieren wir über neue<br />
Bereiche hinaus auch in Qualitätsmaßnahmen:<br />
Wir setzen alles daran, bestehende<br />
Prozesse kontinuierlich zu verbessern und<br />
mit neuen, innovativen Lösungen noch<br />
effizienter und erfolgreicher zu agieren.<br />
Bei uns geht es um Menschenleben. Patient:innen<br />
und Spender:innen stehen im Mittelpunkt all unseren<br />
Handelns im Rahmen hochkomplexer Prozesse.<br />
Erfolgreich zu sein, das bedeutet für uns, möglichst<br />
vielen Menschen helfen zu können. Und dazu braucht<br />
es größte Sorgfalt und Exzellenz in allen Bereichen.<br />
Die kontinuierliche Verbesserung unserer Prozesse<br />
durch stetige Optimierung und zukunftsweisende<br />
Innova tionen – dafür stehen wir seit unserer Gründung.<br />
Und es ist die wesentliche Voraussetzung, um<br />
auch in Zukunft erfolgreich zu sein und so viele Menschenleben<br />
zu retten wie möglich.<br />
Mit gezielten Qualitätsinitiativen evaluieren<br />
wir regelmäßig erprobte Abläufe und heben sie im<br />
Hinblick auf Effektivität und Effizienz auf das nächsthöhere<br />
Level. Die Verankerung von Qualitätsstandards<br />
und -prozessen in sämtlichen <strong>DKMS</strong> Organisationen<br />
ist ein essenzieller Teil unserer Arbeit und<br />
Unternehmenskultur. Dazu gehören zum Beispiel<br />
international einheitliche Standardprozesse: <strong>2020</strong><br />
haben wir mit dem Aufbau und der Weiterentwicklung<br />
eines globales Qualitätsmanagementsystems<br />
begonnen, das die sehr spezifischen Anforderungen<br />
der Branche nicht nur erfüllt, sondern in vielen<br />
Bereichen neben der Erfüllung aller Standards sogar<br />
übertrifft. Als Orien tierung dient, neben branchenspezifischen<br />
Standards, die ISO 9001:2015 als international<br />
anerkanntes Regelwerk. Damit wollen wir<br />
sicherstellen, unser Qualitätsversprechen gegenüber<br />
Patient:innen und Spender:innen, in der Zusammenarbeit<br />
mit unseren Partnern aus Wissenschaft und<br />
Forschung und nicht zuletzt auch gegenüber unseren<br />
mehr als 1.000 Mitarbeiter:innen jederzeit und<br />
weltweit, an jedem <strong>DKMS</strong> Standort einzulösen.<br />
Die Qualität unserer Prozesse und unsere<br />
Expertise auf diesem Gebiet möchten wir ganz<br />
bewusst mit anderen teilen. Aus diesem Grund hat<br />
die <strong>DKMS</strong> entschieden, sich mit der neuen <strong>DKMS</strong><br />
Registry (siehe Seite 22), den bereits existierenden<br />
<strong>DKMS</strong> Standorten Chile und Indien sowie unseren<br />
Spenderdateien <strong>DKMS</strong> UK und <strong>DKMS</strong> Polen bei der<br />
World Marrow Donor Association (WMDA) zu akkreditieren.<br />
Die entsprechenden Bewerbungsunterlagen<br />
haben wir <strong>2020</strong> eingereicht und zu unserer großen<br />
Freude positive Rückmeldung erhalten.<br />
Die Mission der WMDA ist es, die globale<br />
Zusammenarbeit und den Austausch von Best<br />
Practices zum Nutzen von Stammzellspender:innen<br />
und Transplantationspatient:innen zu fördern.<br />
Die internationalen Standards für die unverwandte<br />
Bei der <strong>DKMS</strong><br />
kümmern wir<br />
uns kontinuierlich<br />
um Prozess-<br />
optimierungen.<br />
Stammzellspende, die die WMDA festlegt und regelmäßig<br />
aktualisiert, dienen dabei als regulatorisches<br />
Rahmenwerk. In den Standards finden sich unter<br />
anderem Vorgaben zur Spenderaufklärung und deren<br />
Einverständnis, zu medizinischen Prozessen sowie zu<br />
Informationssicherheitsprozessen.<br />
Spender:innen eines qualifizierten bzw. akkreditierten<br />
Registers oder einer Spenderdatei sind im<br />
Suchlauf durch ein Symbol identifizierbar. Dies gibt<br />
den transplantierenden Ärzten und der Sucheinheit<br />
die Sicherheit, dass die Spender:innen in einer Organisation<br />
gelistet sind, die den hohen Ansprüchen der<br />
WMDA gerecht wird.<br />
Für die Qualifizierung muss nachgewiesen<br />
sein, dass Dateien und Register nach bestimmten<br />
Standards arbeiten. Wir werden zukünftig noch<br />
weiter gehen und bereiten uns mit einigen Organi sations<br />
teilen bereits jetzt auf den nächsten Schritt vor –<br />
die WMDA-Akkreditierung. Dafür werden wir alle<br />
Standards in vollem Umfang erfüllen. Die Bewerbung<br />
wird Ende 2023 durch die <strong>DKMS</strong> Registry erfolgen.<br />
28 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 29
FOKUSTHEMA 3 | QUALITÄT IST UNSER ANSPRUCH FOKUSTHEMA 3 | QUALITÄT IST UNSER ANSPRUCH<br />
DATENQUALITÄT IST FÜR UNS DAS A UND O<br />
Mit allein in Deutschland über sieben Millionen registrierten<br />
Spender:innen ist es eine gleichbleibend herausfordernde<br />
Aufgabe, sämtliche Daten permanent<br />
auf dem neuesten Stand zu halten. Unsere Abteilung<br />
Data Management ist verantwortlich für den Import<br />
und die laufende Aktualisierung der Spenderdaten<br />
in unseren Softwaresystemen, um die bestmögliche<br />
Datenqualität sicherzustellen. Noch bevor ein Datensatz<br />
einer Spenderin oder eines Spenders entsteht,<br />
gibt es oftmals viele Fragen rund um den Registrierungsprozess.<br />
Welche unsere Datenmanager:innen<br />
dabei bewältigen, haben wir einmal in Zahlen zusammengefasst:<br />
40.000<br />
SPENDERCARDS versenden wir<br />
monatlich.<br />
ZAHLEN * AUF<br />
EINEN BLICK<br />
2.200<br />
SET-ANFORDERUNGEN neuer<br />
Spender:innen erhalten wir täglich.<br />
1.560<br />
TELEFONISCHE ODER SCHRIFT LICHE<br />
RÜCKFRAGEN von (potenziellen)<br />
Spender:innen beantworten wir jeden<br />
Monat.<br />
Für alle neuen Online-Spender:innen führen wir<br />
täglich einen Datenimport durch und veranlassen<br />
den Druck und Versand der Registrierungssets. Um<br />
bereits zu diesem frühen Zeitpunkt eine bestmögliche<br />
Qualität der Spender:innendaten sicherzustellen,<br />
werden diese vielfach automatisiert geprüft. Bei<br />
fehlerhaften Meldungen kümmern wir uns sofort<br />
um diese sogenannten Sonderfälle – dies kann eine<br />
Adresskorrektur sein oder eine Kontaktaufnahme zur<br />
Spenderin oder zum Spender bedeuten, um fehlende<br />
Informationen oder fehlende Unterschriften einzuholen.<br />
Manchmal müssen neu registrierte Spender:innen<br />
auch darüber informiert werden, dass wir sie<br />
leider nicht in der Datei führen können, weil sie zum<br />
Beispiel bestimmte medizinische Aufnahmekriterien<br />
154.000<br />
MELDEAMTSANFRAGEN stellen wir<br />
jährlich (z. B. bei Brief-Rückläufern<br />
oder Nichterreichbarkeit von angefrag-<br />
ten Spender:innen).<br />
108.000<br />
AUSSCHLÜSSE VON SPENDER:INNEN<br />
haben wir <strong>2020</strong> berarbeitet (z. B. aus<br />
medizinischen oder aus Altersgründen<br />
sowie wegen Widerrufs).<br />
20.000<br />
ADRESSÄNDERUNGEN SOWIE 450<br />
ADRESSBEREINIGUNGEN (z. B. bei<br />
Namensänderungen) bearbeiten wir<br />
jeden Monat.<br />
* Zahlen sind gerundet<br />
nicht erfüllen. Falls die Wangenschleimhaut-Abstrichproben<br />
von Spender:innen in unserem Labor einmal<br />
nicht vollständig ausgewertet werden können,<br />
veranlassen wir umgehend eine weitere Probe. Wir<br />
setzen alles daran, Schnelligkeit, eine hohe Verfügbarkeit<br />
und eine optimale Datenqualität sicherzustellen<br />
– immer mit dem Ziel, dass unsere Spender:innen<br />
so schnell wie möglich nach der Registrierung an<br />
die Suchregister übermittelt werden. Nur so sind sie<br />
als potenzielle Lebensretter:innen im nationalen und<br />
internationalen Suchlauf für Patient:innen sichtbar<br />
und können vermittelt werden.<br />
Im Hinblick auf dieses wichtige Ziel ist uns<br />
<strong>2020</strong> ein weiterer großer Schritt gelungen: Bei den<br />
gedruckten Einverständniserklärungen sind wir auf<br />
eine noch schnellere und sicherere Datenerfassung<br />
umgestiegen. Durch die Neueinführung einer <strong>DKMS</strong><br />
Data Entry App und durch die Einbindung eines<br />
neuen Dienstleisters konnten wir die maximale Erfassungsdauer<br />
neuer Spender:innen von rund sechs<br />
auf knapp drei Wochen reduzieren. Spender:innen<br />
stehen nach Neuaufnahme damit ab sofort schneller<br />
für den Suchlauf bereit.<br />
Unsere Daten sind also die Basis für die erfolgreiche<br />
Vermittlung von Spender:innen. Aus diesem<br />
Grund halten wir unsere Spenderdaten unter anderem<br />
auch durch einen monatlichen Abgleich mit<br />
Nachsendeaufträgen der Deutschen Post aktuell.<br />
Viele unserer Spender:innen informieren uns aktiv<br />
über Namens- und Kontaktdatenänderungen. Manche<br />
teilen uns mit, dass sie vorübergehend oder<br />
dauer haft wegen Auslandaufenthalts, Schwangerschaft,<br />
Krankheit oder Widerrufs nicht mehr als<br />
Spender:in zur Verfügung stehen. Diese Abgleiche<br />
und Korrekturen können lebensrettend sein, denn<br />
jede:r Spender:in, die oder den wir im Ernstfall nicht<br />
erreichen können, bedeutet eine verpasste Lebenschance<br />
für betroffene Patient:innen.<br />
TEMPO RETTET LEBEN<br />
Die große Nachfrage und Auswahl von <strong>DKMS</strong> Spender:innen<br />
bei den Transplantationszentren beruht<br />
im Wesentlichen auf zwei Faktoren. Entscheidend<br />
ist neben der hohen Daten- und Typisierungsqualität<br />
die hohe Bereitschaft und Verfügbarkeit unserer<br />
Spender:innen, sobald diese tatsächlich für eine<br />
Patientin oder einen Patienten infrage kommen. Die<br />
Typisierungsbefunde umfassen neben den gängigen<br />
HLA-Merkmalen, die zwischen Spender:in und<br />
Patient:in möglichst genau übereinstimmen sollten,<br />
weitere Parameter wie die Blutgruppe (ABO,<br />
RhD), CCR5 und KIR sowie den CMV-Serostatus.<br />
Diese Parameter werden direkt bei der Aufnahme<br />
als Spender:in mitbestimmt, da sie später bei der<br />
Auswahl eine wichtige Rolle spielen. So hilft uns<br />
unsere Datenqualität ganz konkret dabei, den Auswahlprozess<br />
zu beschleunigen. Um die Vermittlung<br />
von <strong>DKMS</strong> Spender:innen weiterhin sicherzustellen,<br />
erweitern und optimieren wir die Qualität der Typisierungsprofile<br />
fortlaufend (siehe Seite 19).<br />
Die Geschwindigkeit der Vermittlung einer<br />
Stammzellspende kann lebensrettend sein und ist<br />
damit von entscheidender Bedeutung. Im Rahmen<br />
unserer Qualitätsprojekte werden alle kontaktierten<br />
Spender:innen darum gebeten, einen Gesundheitsfragebogen<br />
auszufüllen, der uns frühzeitig über den<br />
aktuellen Gesundheitszustand von Spender:innen<br />
sowie eventuell abzusehende Ausfälle informiert –<br />
beispielsweise bei Krankheiten, die zum Ausschluss<br />
führen. Insgesamt haben wir <strong>2020</strong> in diesen Projekten<br />
212.702 Spender:innen kontaktiert.<br />
Einer unserer über<br />
90.000 Spender:innen: Mirco Gehlken<br />
30 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 31
FOKUSTHEMA 3 | QUALITÄT IST UNSER ANSPRUCH FOKUSTHEMA 3 | QUALITÄT IST UNSER ANSPRUCH<br />
WIR VERBINDEN<br />
MENSCHEN MITEINANDER<br />
Seit Ende 2019 fragen wir unsere Spender:innen<br />
nach ihrer Zufriedenheit, angefangen bei der<br />
Aufnahme in unseren Datenpool bis zur Nachbetreuung<br />
im Anschluss an die Spende. Die Auswertung<br />
erfolgt halbjährlich und zeigt mit weit<br />
über 40 Prozent eine sehr zufriedenstellende<br />
Rücklaufquote. Das Feedback der Spender:innen<br />
war und ist sehr positiv und bestärkt uns in unserem<br />
Tun. Sehr wertvoll sind gleichzeitig Hinweise,<br />
die zur Überprüfung von Prozessen und zur<br />
weiteren Optimierung unserer Kommunikation<br />
führen. Das Feedback hilft uns dabei, die bestehenden<br />
Abläufe zum Wohle aller Spender:innen<br />
und Patient:innen weiter zu optimieren.<br />
Seit 2013 widmet sich die Abteilung<br />
Spender-Patienten-Kontakte um die Belange<br />
von Spender:innen nach der Spende. Dieser<br />
Bereich wird unmittelbar nach einer erfolgten<br />
Spende tätig und schließt sich nahtlos an die<br />
Arbeit der Workup-Kolleg:innen an. Für uns hat<br />
es Priorität, dass wir für unsere Spender:innen<br />
auch nach einer Stammzellentnahme weiterhin<br />
da sind und sie über den Fortgang informieren.<br />
Ein erstes Nachgespräch findet in den ersten<br />
Tagen nach der Spende statt. Dabei kümmern<br />
wir uns nicht nur um das Wohlbefinden der<br />
Spenderin oder des Spenders, sondern beantworten<br />
auch – soweit möglich – Fragen rund<br />
um die Empfänger:innen sowie zu Kontaktmöglichkeiten.<br />
Wenn sich Spender:in und Patient:in<br />
frühes tens nach zwei Jahren kennenlernen möchten,<br />
unterstützen wir bei der Kontaktaufnahme<br />
und auch bei persönlichen Treffen, wenn die individuellen<br />
Länderregeln dies erlauben. Für Länder,<br />
die anonymen Briefkontakt zwischen Spender:in<br />
und Patient:in erlauben, beraten wir beim Schreiben<br />
erster Briefe, prüfen diese auf Anonymität,<br />
übersetzen bei Bedarf und leiten die Briefe dann<br />
an die entsprechenden Stellen weiter. Erlaubt<br />
die jeweilige Landesregelung nach Ablauf der<br />
zwei- oder mehrjährigen Anonymitätsfrist einen<br />
direkten Kontakt, führen wir auf Anfrage der<br />
Spender:innen und Patient:innen einen Adressaustausch<br />
durch.<br />
Sidney (l.) und ihre Spenderin Leonie<br />
durften sich zwei Jahre nach der Transplantation<br />
kennenlernen.<br />
Im Jahre <strong>2020</strong> haben wir insgesamt 3.894<br />
Briefe erhalten, gelesen, bearbeitet, bei Bedarf<br />
übersetzt und an ihre Empfänger:innen weitergeleitet.<br />
763 Mal haben wir auf Wunsch einen<br />
Adressaustausch ermöglicht, davon 311 Mal<br />
mit einer Patientin oder einem Patienten aus<br />
den USA, 293 Mal innerhalb Deutschlands und<br />
159 Mal mit Empfänger:innen aus anderen Ländern<br />
der Welt.<br />
„Mit unserer Arbeit legen wir häufig den<br />
Grundstein für einzigartige Begegnungen“,<br />
erzählt Deborah Buk, Leiterin der Abteilung<br />
Spender-Patienten-Kontakte. „Die Geschichten,<br />
die daraus entstehen, sind immer einmalig,<br />
und häufig entstehen aus der Erstbegegnung<br />
Freundschaften fürs Leben.“<br />
Vor einer Stammzellspende durchlaufen die meisten<br />
Spender:innen eine sogenannte CT (Confirmary<br />
Typing). In diesem Schritt werden die Spender:innen<br />
vom CT-Team kontaktiert und ausführlich beraten<br />
(40 Mitarbeiter:innen). Anhand eines Gesundheitsfragebogens<br />
und des Informationsgesprächs klären<br />
wir ab, ob medizinische Bedenken gegen eine Spende<br />
ausgeschlossen werden können. <strong>2020</strong> haben wir<br />
30.235 Spender:innen zur CT angefragt.<br />
Für Spender:innen, bei denen bereits alle<br />
transplantationsrelevanten Daten vorliegen, gibt es<br />
seit März <strong>2020</strong> die Möglichkeit, anders als bisher routinemäßig<br />
die CT-Testung erst im Rahmen der Vorbereitung<br />
zur Spende zu machen. Wünscht ein Transplantationszentrum<br />
dies durchzuführen, kann vor<br />
dem Auftrag zur Koordination der Spende ein Health<br />
and Availability Check (HAC) angefordert werden.<br />
Aus Spenderschutzgründen und zur Einsparung von<br />
unnötigen Kosten wird in dem Fall zunächst auf eine<br />
Blutabnahme verzichtet. Diese erfolgt erst bei der<br />
Voruntersuchung. Diese neue Auftragsart war schon<br />
länger bei der <strong>DKMS</strong> in Vorbereitung und wurde<br />
dann kurzfristig schneller eingeführt als ursprünglich<br />
geplant. Während der ersten Welle der Pandemie hat<br />
sie uns geholfen, da die Spender:innen zwar bereit<br />
zur Spende waren, aber doch lieber auf einen Arztbesuch<br />
verzichten wollten oder auch aufgrund von<br />
Engpässen in den Praxen verzichten mussten.<br />
WELTWEIT GEFRAGT<br />
Eine der größten <strong>DKMS</strong> Abteilungen ist mit 54 Kolleg:innen<br />
das Workup-Team. Wenn die Voruntersuchungen<br />
der CT-Teams abgeschlossen sind, übernimmt<br />
diese Einheit die individuelle Betreuung und<br />
koordiniert alle Schritte rund um eine anstehende<br />
Knochenmark- oder periphere Stammzellentnahme.<br />
Jeden Tag gilt es durchschnittlich 20 solcher Entnahmen<br />
zu organisieren. Jede:r Case Manager:in<br />
betreut persönlich eine:n Spender:in während des<br />
gesamten Zeitraums, nimmt Kontakt auf und klärt<br />
alle Fragen rund um den Prozess. Anschließend<br />
planen wir die Termine der medizinischen Voruntersuchung<br />
sowie der Entnahme.<br />
Die persönliche intensive Betreuung unserer<br />
Spender:innen steht für uns immer im Mittelpunkt<br />
und ist uns eine Herzensangelegenheit. Im Notfall<br />
können Spender:innen uns über eine Servicenummer<br />
auch nachts erreichen. Damit sorgen wir für einen<br />
reibungslosen und schnellen Ablauf der Entnahme.<br />
Genauso wie die vorausschauende Organisation und<br />
Überprüfung aller Termine ist dabei die lückenlose<br />
und klare Dokumentation aller relevanten Informationen<br />
von essenzieller Bedeutung. So stellen wir sicher,<br />
dass alle internen und externen Prozessbeteiligten zu<br />
jeder Zeit auf einem Informationsstand sind.<br />
Für unsere Workup-Abteilung war das Jahr<br />
<strong>2020</strong> in besonderer Weise geprägt von neuen<br />
Heraus forderungen, bewegenden Momenten und<br />
Erfolgsgeschichten.<br />
Seit März <strong>2020</strong> gestaltete sich die Koordination<br />
der Stammzellentnahmen und -transporte für<br />
die Case Manager:innen um ein Vielfaches komplexer,<br />
insbesondere aufgrund der regional unterschiedlichen<br />
sowie ständig wechselnden Kontakt- und Reisebeschränkungen.<br />
Unser:e Kolleg:innen aus dem<br />
Workup-Team haben alles daran gesetzt, mit einem<br />
besonders hohen Maß an Flexibilität dem erhöhten<br />
Beratungsbedarf unserer Spender:innen gerecht zu<br />
werden, und haben erfreulicherweise immer wieder<br />
feststellen dürfen, wie verständnisvoll und positiv<br />
unsere Spender:innen auf die erschwerten Umstände<br />
reagiert haben. Die konstant große Bereitschaft<br />
zur Spende ist Beweis dafür, wie eng sich unsere<br />
Spender:innen mit unserem Thema verbunden<br />
fühlen. Trotz aller Widrigkeiten konnten wir einen<br />
neuen Rekord an Stammzellentnahmen vermelden:<br />
Die Zahl der vermittelten Stammzellspenden und<br />
Knochenmarkentnahmen, betrug 5.618 – ein Anstieg<br />
der Entnahmzahlen um 0,3 Prozent im Vergleich zu<br />
den Werten des Vorjahres (5.603).<br />
WIR UNTERSTÜTZEN AUCH INTERNATIONAL<br />
Eine hocheffiziente und effektive IT-Infrastruktur<br />
bildet nicht nur die wesentliche Arbeitsgrundlage in<br />
allen Bereichen, sondern ermöglicht überhaupt erst<br />
das Ineinandergreifen von Prozessen – abteilungsund<br />
standortübergreifend. Dies gilt insbesondere<br />
auch für unsere <strong>DKMS</strong> Standorte in anderen Ländern,<br />
wo wir vom ersten Tag an die gleichen Anforderungen<br />
an Qualität nach innen und außen stellen. Wenn<br />
wir einen neuen Standort erschließen, wie zuletzt<br />
in Chile (2018), Indien (2019) und Südafrika (<strong>2020</strong>),<br />
ist unsere Abteilung Information and Technology<br />
Services (ITS) deshalb von Beginn an in den Aufbau<br />
involviert.<br />
Ein Beispiel: Da unser jüngstes Familienmitglied<br />
– <strong>DKMS</strong> Africa – aus einer Kooperation mit „The<br />
Sunflower Fund“ hervorgegangen ist und für die<br />
Verwaltung seiner Spenderdatei die <strong>DKMS</strong> eigene<br />
Software nutzt, passen unsere IT-Expert:innen diese<br />
Systeme zunächst durch unsere Softwareentwicklungsteams<br />
an die örtlichen Spezifika und Prozesse<br />
an. In unserem Datenzentrum werden Server konfiguriert<br />
und Daten aus dem alten System des „Sunflower<br />
Fund“ in die neu angepassten Systeme migriert. Zum<br />
anderen haben wir die lokalen Büros in Süd afrika<br />
an das interne <strong>DKMS</strong> Netzwerk angeschlossen. In<br />
Zukunft werden unsere südafrikanischen Kolleg:innen<br />
bei IT-spezifischen Problemen und Fragen durch<br />
unseren zentralen IT-Support betreut.<br />
32 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 33
FOKUSTHEMA 3 | QUALITÄT IST UNSER ANSPRUCH FOKUSTHEMA 3 | QUALITÄT IST UNSER ANSPRUCH<br />
„Auf diesem Weg sorgen wir dafür, dass unsere<br />
Mitarbeiter:innen weltweit in gewohnt hoher Qualität<br />
und mit kompatiblen Technologien arbeiten –<br />
und vor allem zusammenarbeiten – können“, erklärt<br />
Stephan Dötsch, Director Information and Technology<br />
Services. „Von unseren Möglichkeiten und Erfahrungen<br />
profitiert nun <strong>DKMS</strong> Africa, denn wir haben<br />
diese in Jahrzehnten in unseren Entitäten gewonnen.<br />
Davon profitieren letztlich die Spenderneugewinnung<br />
und somit auch die suchenden Patient:innen.“<br />
INNOVATION ALS TAGESGESCHÄFT<br />
Ein Bereich, für den Innovation zum Tagesgeschäft<br />
gehört, ist die Bioinformatik. „Wir suchen wir nach den<br />
besten Softwarelösungen für biologische Fragestellungen“,<br />
erklärt Abteilungsleiter Jan Hofmann. „Immer,<br />
wenn es bei der <strong>DKMS</strong> um Softwarelösungen mit<br />
medizinischem oder biologischem Hintergrund geht,<br />
dann sind wir gefragt. Zwar fehlt uns der direkte Kontakt<br />
zu Spendern, aber wir wissen, was wir mit unserer<br />
Arbeit bewirken.“<br />
Angefangen hatte alles 2013, als das <strong>DKMS</strong><br />
Life Science Lab in Dresden die Software „ neXtype“<br />
in Betrieb genommen hat. Hintergrund war der<br />
Wechsel des Labors zur Next-Generation-Sequencing-Technik<br />
(NGS), der State-of-the-Art-Hochdurchsatzsequenzierung.<br />
Damals existierte noch kein<br />
Softwaretool, das die Anwendung der NGS zur hochauflösenden<br />
HLA-Typisierung hätte abbilden können.<br />
Unsere Lösung: eine Inhouse-Anwendung, die aus<br />
den Rohdaten die für den Suchlauf benötigten HLA-<br />
Befunde erstellen kann.<br />
Da durch wissenschaftlichen Fortschritt ständig<br />
neue für die Spenderauswahl relevante Allele und Marker<br />
bekannt werden, passen wir entsprechend auch<br />
die Software stetig an. Aber nicht nur für die Laborergebnisse<br />
erarbeiten unsere Spezialteams maßgeschneiderte<br />
Softwarelösungen, auch andere Abteilungen<br />
wie HLA-Services sowie die neue eigenständige<br />
Einheit <strong>DKMS</strong> Registry profitieren von der Bioinformatik.<br />
Dabei ist eines der maßgeblichen Ziele, die Suchsoftware<br />
so zu entwickeln, dass das bestmögliche<br />
„Match“ für Patient:innen schnell identifiziert wird.<br />
Damit das funktioniert, muss die Software bestimmte<br />
Informationen über Spender:innen erkennen, beispielsweise<br />
die HLA-Merkmale und den CMV-Status. Dank<br />
Weitergabe dieser Daten können nationale und internationale<br />
Suchregister wie die WMDA oder das Zentrale<br />
Knochenmark-Register Deutschland (ZKRD) einen<br />
direkten Zugang zu den pseudonymisierten Befunden<br />
erhalten und schnell und präzise eine Übereinstimmung<br />
von Spender:in und Patient:in erkennen.<br />
Bei den vielfältigen Prozessen, die im Hintergrund<br />
laufen, ist es wichtig, dass die Systeme automatisiert<br />
agieren. Eine der größten Herausforderungen<br />
sind die rasanten technologischen Entwicklungen<br />
sowie die Anbindung an externe Schnittstellen und<br />
unsere zunehmende Zahl internationaler Standorte.<br />
Gerade auch in der Bioinformatik bringen die<br />
Mitarbeiter:innen neue Ideen ein und gestalten mit.<br />
„Um effektiv zu arbeiten, haben wir kurze Abstimmungsprozesse“,<br />
betont Jan Hofmann. „Daher sind<br />
wir besonders leistungsfähig und innovativ.“<br />
WIR BLEIBEN NIE STEHEN<br />
Die Basis für unsere erfolgreiche Arbeit – auch im<br />
Bereich Qualitätsmanagement – bilden unsere hoch<br />
qualifizierten, engagierten Mitarbeiter:innen. Unsere<br />
Mannschaft hat sich <strong>2020</strong> trotz der Corona-Pandemie<br />
noch einmal deutlich erweitert und ist inklusive<br />
der Tochtergesellschaften in Deutschland von 654<br />
auf 679 Beschäftigte gewachsen.<br />
Unseren Führungskräften kommt dabei als<br />
Coach und Trainer:in sowie erste:r Ansprechpartner:in<br />
eine besondere Verantwortung zu. Um als<br />
gemeinnützige Organisation auch künftigen Herausforderungen<br />
gewachsen zu sein, haben sie sich<br />
<strong>2020</strong> intensiv in mehreren Workshops mit der Führungskultur<br />
und den Werten der <strong>DKMS</strong> beschäftigt.<br />
Es ist eine wichtige Voraussetzung für den gemeinsamen<br />
Erfolg im Sinne unserer Patient:innen und<br />
Spender:innen, dass sich unsere Mitarbeiter:innen in<br />
ihrem Denken und Handeln auf ein klares, gemeinsam<br />
getragenes Verständnis unserer Mission, unserer<br />
Werte und Ziele verlassen können. Wir wollen klar,<br />
offen, mutig und fair mit uns und anderen umgehen.<br />
Verbundenheit und Zusammenhalt haben in<br />
der professionell aufgestellten <strong>DKMS</strong> einen enormen<br />
Stellenwert, das zeigt auch ein Blick auf unsere<br />
Gründungsgeschichte. Die <strong>DKMS</strong> ist 1991 aus einem<br />
persönlichen Schicksal heraus entstanden: Unser<br />
Gründer Dr. Peter Harf versprach damals seiner an<br />
Leukämie erkrankten und später leider verstorbenen<br />
Frau Mechtild, sein Engagement im Kampf gegen<br />
Blutkrebs so lange fortzuführen, bis jede Patien tin<br />
und jeder Patient den passenden „genetischen<br />
Zwilling“ gefunden hat und damit eine Chance auf<br />
Heilung. Dieser Familiengedanke prägt uns bis heute<br />
und bildet den Kern unserer gemeinsamen Kultur:<br />
„We are the <strong>DKMS</strong> Family“.<br />
Um das Versprechen unseres Gründers einzulösen,<br />
schauen wir mit unserer internationalen Organisation<br />
immer in die Zukunft und entwickeln uns<br />
stetig weiter. Um unsere Mitarbeiter:innen zu fördern,<br />
stellen wir ihnen ein großes Repertoire an Schulungen,<br />
individuellen Lernangeboten und Formaten für<br />
den Wissenstransfer zur Verfügung. In vielen Austauschformaten,<br />
Online-Schulungen und Fortbildungen<br />
haben wir alle dazugelernt und uns kontinuierlich<br />
weiterentwickelt.<br />
Gold und Silber bei<br />
den Stevie Awards<br />
„Vorbildlichster Arbeitgeber“, „Wertvollste Non-<br />
Profit-Reaktion“ und „Manager:in des Jahres“:<br />
Bei den German Stevie Awards 2021 haben wir<br />
gleich drei begehrte Preise gewonnen, international<br />
kamen zwei weitere hinzu. Ein Beleg für<br />
unsere zielführende Arbeit auch in Krisenzeiten.<br />
Nominiert waren in der Kategorie „Wertvollste<br />
Non-Profit-Reaktion“ herausragende Projekte,<br />
mit denen gemeinnützige Organisationen auf<br />
die Herausforderungen der Pandemie reagiert<br />
hatten. Die Jury betont besonders den hohen<br />
Mehrwert der <strong>DKMS</strong> für die Gesellschaft. Positiv<br />
wurde die kompetente Umstellung aller Prozesse<br />
während der Pandemie im operativen Sinne<br />
sowie im Mindset der <strong>DKMS</strong> hervorgehoben.<br />
Weiter konnte die <strong>DKMS</strong> auch in der Kategorie<br />
„Vorbildlichster Arbeitgeber“ punkten. Hier<br />
wurden Organisationen für ihren besonderen<br />
Einsatz ausgezeichnet, ihren Mitarbeiter:innen<br />
auch während der Pandemie größtmögliche<br />
Sicherheit und das volle Gehalt bieten zu können.<br />
Das klare und effektive Krisenmanagement,<br />
der ehrliche, empathische und wertschätzende<br />
Umgang mit den Mitarbeiter:innen und die<br />
vertrauensbildenden Maßnahmen gefielen den<br />
Juroren dabei besonders gut.<br />
Und schließlich zeichnete die Jury Dr. Elke<br />
Neujahr als „Managerin des Jahres“ aus und<br />
attestierte ihr einen empathischen und wertebasierten<br />
Führungsstil, gepaart mit Weitsicht,<br />
sowie ein tiefes Verständnis von Risikomanagement.<br />
„Ich freue mich unglaublich, dass wir als<br />
<strong>DKMS</strong> in gleich drei Kategorien Gold gewonnen<br />
haben. Diese fantastische Auszeichnung und<br />
meinen ausdrücklichen Dank gebe ich gerne<br />
an all unsere Teams, an jede einzelne Mitarbeiterin<br />
und jeden einzelnen Mitarbeiter sowie an<br />
alle unsere Unterstützerinnen und Unterstützer<br />
weiter“, sagt Dr. Elke Neujahr, Vorsitzende<br />
Geschäftsführerin der <strong>DKMS</strong> gGmbH und Global<br />
CEO. „Ich betrachte diesen Preis als wunderbare<br />
Bestätigung unserer erfolgreichen Arbeit, ganz<br />
besonders in dieser herausforderungsvollen Zeit.“<br />
Die German Stevie Awards sind ein<br />
renommierter Wirtschaftspreis in den deutschsprachigen<br />
Ländern Europas und wurden in<br />
diesem Jahr bereits zum siebten Mal vergeben.<br />
Über 400 Unternehmen und Organisationen<br />
wurden auf Herz und Nieren geprüft, die innovativsten<br />
Lösungen herausgefiltert.<br />
Auch bei den internationalen Stevie<br />
Awards wurde die <strong>DKMS</strong> unter 3.700 Bewerbungen<br />
mit Gold („Wertvollste Non-Profit-Reaktion“)<br />
und Silber („Vorbildlichster Arbeitgeber“)<br />
ausgezeichnet. Eine wertschätzende Anerkennung<br />
für unsere globale Zusammenarbeit als<br />
internationale Organisation.<br />
Dr. Elke Neujahr, Thilo Mengling und<br />
Daniel Knoll freuen sich stellvertretend für<br />
die gesamte Organisation über die Awards.<br />
34 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 35
FOKUSTHEMA 3 | QUALITÄT IST UNSER ANSPRUCH FOKUSTHEMA 3 | QUALITÄT IST UNSER ANSPRUCH<br />
„Ja, wir reden<br />
über geld“<br />
Bei der <strong>DKMS</strong> kümmern sich 17 Mitarbeiter:innen<br />
im Fundraising tagtäglich um die finanzielle<br />
Unterstützung für unsere Mission. Ihre Aufgabe:<br />
Geldspender: innen finden und binden!<br />
Heike Müller-Jungbluth,<br />
Abteilungsleiterin Fundraising<br />
Warum ist das Thema „Geld“ für die Arbeit der<br />
<strong>DKMS</strong> so wichtig?<br />
Idealismus ist wunderbar – doch um effektiv helfen<br />
zu können und den Kampf gegen Blutkrebs<br />
zu gewinnen, benötigen wir finanzielle Zuwendungen.<br />
Daher ist es tatsächlich eine wichtige<br />
Aufgabe, über Geld zu sprechen. Wir freuen uns<br />
jedes Jahr über Hunderttausende Neuregistrierungen,<br />
von denen uns jede 35 Euro kostet.<br />
Daraus ergab sich allein <strong>2020</strong> ein Finanzierungsbedarf<br />
von etwa 15 Millionen Euro, den wir aus<br />
eigener Kraft decken müssen. Diese Kosten<br />
werden nicht von den Krankenkassen übernommen.<br />
Und gerade die vielen jungen Spender:innen,<br />
denen wir sehr dankbar sind, haben meist<br />
nicht genug Geld, um diese Kosten selbst zu<br />
übernehmen. Um genau diese finanziellen Mittel<br />
kümmern wir uns im Fundraising.<br />
Wofür werden die Geldspenden noch eingesetzt?<br />
Um Blutkrebs zu besiegen, sind Wissenschaft<br />
und Forschung, die weltweite Verbesserung des<br />
Zugangs zu Stammzelltransplantationen sowie<br />
internationale Hilfestellung im Aufbau neuer<br />
Spenderdateien und Transplantationskliniken<br />
weitere wichtige Tätigkeitsfelder, in denen wir<br />
Spendengelder einsetzen.<br />
Wie informiert die <strong>DKMS</strong> ihre Unterstützer:innen<br />
über diese Projekte?<br />
Indem wir regelmäßig über unsere Arbeit und deren<br />
Fortschritte berichten. So zeigen wir beispielsweise<br />
in regelmäßigen Aussendungen, was die Spenden<br />
bewirken und in welchen Bereichen wir noch Bedarfe<br />
haben. Im Jahr <strong>2020</strong> haben wir rund 1,5 Millionen<br />
Briefe verschickt und konnten uns anlässich der<br />
Geldspendenaufrufe dankenswerterweise über rund<br />
4,4 Mio. Euro an Spendengeldern freuen.<br />
Was haben die Unterstützer:innen von ihrer Spende?<br />
Zunächst das gute Gefühl, zu helfen und einen Beitrag<br />
im Kampf gegen Blutkrebs zu leisten, und darüber<br />
hinaus auch Teil einer großen Bewegung zu<br />
sein, die Menschenleben rettet. Unsere Erfahrung<br />
zeigt: Menschen wünschen sich Hilfe beim Helfen.<br />
Wir geben deshalb gerne Rat und Hilfestellung.<br />
Unser Wunsch ist es aufzuklären, zu begleiten und<br />
Partnerschaften auf Lebenszeit zu fördern.<br />
Wann ist die Spendenbereitschaft besonders hoch?<br />
In der Vorweihnachtszeit, wenn die Menschen auf<br />
das Jahr zurückblicken. Viele haben den Wunsch,<br />
etwas an die Gesellschaft zurückzugeben oder anderen<br />
zu helfen, denen es nicht so gut geht. Ab Oktober<br />
dürfen wir uns in der Regel über 50 Prozent der<br />
jährlichen Spendeneinnahmen freuen. Darüber hinaus<br />
ist unsere Erfahrung, dass vor allem persönliche<br />
Betroffenheit für eine große Spendenbereitschaft<br />
sorgt. Es sind Patientenfälle in der eigenen Familie<br />
oder in der Schule, in der Firma, im Verein, in der<br />
Stadt oder Region, die die Menschen mobilisieren.<br />
Ihr Fazit?<br />
Jeder Euro zählt. Natürlich bieten uns Großspenden<br />
aus verschiedenen Quellen eine große Planungssicherheit,<br />
beispielsweise die Finanzierung<br />
unseres Schulprojekts. Berührend ist jedoch, wie<br />
Menschen mit wenig Einkommen uns zehn Euro<br />
spenden und sich dann auch noch entschuldigen,<br />
dass es so wenig sei. Dabei sind wir so dankbar<br />
dafür. Auch geben uns unsere Unterstützer:innen<br />
oft sehr viel mehr als „nur“ Geld: Sie geben uns ihre<br />
kostbare Zeit. Das ist in unserer schnelllebigen Zeit<br />
sehr besonders und freut uns unheimlich! So überquerte<br />
<strong>2020</strong> ein Unterstützer in 16 Tagen zu Fuß<br />
die Alpen. Die körperlichen Anstrengungen haben<br />
sich gelohnt: Die <strong>DKMS</strong> durfte sich über sagenhafte<br />
2.500 Euro freuen, die er bei seiner Familie und<br />
Sponsoren gesammelt hatte.<br />
Das Feedback unserer Geldspender:innen<br />
<strong>2020</strong> sind wir in direkten Kontakt mit unseren Unterstützer:innen<br />
getreten und haben eine Online- Befra-<br />
gung durchgeführt. Die Zufriedenheit rund um das<br />
Thema Geldspende liegt uns sehr am Herzen, denn wir<br />
möchten zukünftig noch zielführender auf Wünsche<br />
und Bedürfnisse unserer Geldspender:innen eingehen.<br />
Die Beteiligung war überwältigend, und die posi tiven<br />
Ergebnisse machen uns sehr glücklich:<br />
93 %<br />
DER BEFRAGTEN HALTEN DIE <strong>DKMS</strong><br />
FÜR EINE ORGANISATION, BEI DER<br />
MAN EIN GUTES GEFÜHL HAT, GELD ZU<br />
SPENDEN.<br />
86 %<br />
BEWERTEN DIE PERSÖNLICHE WERT-<br />
SCHÄTZUNG NACH EINER GELDSPENDE<br />
SOWIE DEREN ORGANISATORISCHE<br />
ABWICKLUNG DURCH UNSEREN GELD-<br />
SPENDERSERVICE POSITIV.<br />
Geldspenden<br />
werden digitaler<br />
Der sich schon länger abzeichnende Trend<br />
zu digitalen Spenden wurde durch die<br />
Corona-Pandemie weiter beflügelt. Allein<br />
durch das Charity-Shopping-Programm<br />
Amazon Smile haben wir im Jahr <strong>2020</strong> Geldspenden<br />
in Höhe von 477.317,82 Euro erhalten.<br />
Das sind 122 Prozent mehr als 2019 –<br />
eine großartige Nachricht für uns! Zahlreiche<br />
kreative Spendenaktionen auf Facebook<br />
waren ebenfalls eine Krönung: 706.051 Euro<br />
haben wunderbare Menschen über diesen<br />
Weg für unsere Mission gesammelt.<br />
90 %<br />
WÜRDEN DIE <strong>DKMS</strong> BEIM THEMA<br />
GELDSPENDE WEITEREMPFEHLEN.<br />
98 %<br />
DER DAUERSPENDER:INNEN<br />
BEABSICHTIGEN, AUCH IN ZUKUNFT<br />
GELD ZU SPENDEN.<br />
31 %<br />
WÜNSCHEN SICH MEHR EINBLICKE<br />
IN DAS <strong>DKMS</strong> LIFE SCIENCE LAB.<br />
26 %<br />
IN DIE WISSENSCHAFTLICHE<br />
FORSCHUNGSARBEIT DER <strong>DKMS</strong><br />
CLINICAL TRIALS UNIT.<br />
<strong>DKMS</strong> führt das<br />
Ethiksignet<br />
Qualität und Vertrauenswürdigkeit sind die<br />
Grundsätze unserer Arbeit und stehen im<br />
Fokus unseres Handelns. Seit <strong>2020</strong> führen<br />
wir das Ethiksignet des Deutschen Fundraising<br />
Verbandes. Damit verpflichten wir uns,<br />
die „19 Grundregeln für<br />
eine gute, ethische Fundraising-Praxis“<br />
einzuhalten.<br />
Das Siegel steht für<br />
Integrität, Fairness, Datenschutz<br />
und Transparenz.<br />
36 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 37
CLUB DES LEBENS<br />
CLUB DES LEBENS<br />
WIR FEIERN<br />
DAS LEBEN<br />
Bei der <strong>DKMS</strong> Kampagne „Club des Lebens“<br />
stand <strong>2020</strong> das WIR im Mittelpunkt. Das Ziel:<br />
junge potenzielle Spender:innen zu erreichen.<br />
Lars Penke hat nach einer Stammzelltransplantation den<br />
Blutkrebs besiegt und bei unserer Kampagne mitgewirkt.<br />
Jetzt auf<br />
<strong>DKMS</strong>.club<br />
registrieren<br />
MEET AND GREET<br />
MIT DEM LEBEN.<br />
Komm in den Club, in dem wir<br />
jeden Tag das Leben feiern.<br />
20210309-DKM OOH Motive Kinofilm_18_1_Plakat_1zu6.indd 1 18.02.21 10:06<br />
In vielen deutschen Städten machten Ende <strong>2020</strong><br />
Plakate auf unsere Mission aufmerksam.<br />
Mit einer bundesweiten Aufmerksamkeitskampagne<br />
haben wir im Herbst/Winter <strong>2020</strong>/21 die Bedeutung<br />
von Gemeinschaft im Kampf gegen Blutkrebs in<br />
den Mittelpunkt gestellt. Insbesondere wollten wir<br />
damit junge Menschen erreichen. Es ging uns um die<br />
Kernbotschaft, dass auch während der Pandemie<br />
Patient:in nen ihre:n Lebensretter:innen ersehnen.<br />
Gerade junge Menschen werden von Transplantationsärzt:innen<br />
für eine Stammzellspende angefragt.<br />
Genau da rum riefen wir zur Registrierung auf.<br />
Unsere Einladung lautete: „Komm in den Club,<br />
in dem wir jeden Tag das Leben feiern.“ Eine Motivation<br />
für junge Menschen, sich gemeinsam für Blutkrebspatient:innen<br />
zu engagieren. Für viele Erkrankte<br />
ist es während der Coronakrise besonders wichtig,<br />
dass sie Solidarität erfahren und das Gefühl bekommen<br />
„Du bist nicht allein“.<br />
„Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen.<br />
Deshalb haben wir diesen mutigen Schritt<br />
gewagt, die Öffentlichkeit mit einer positiven und<br />
deutlich lebensbejahenden Botschaft anzusprechen.<br />
Wir wollten nicht warten, bis die Pandemie vorüber<br />
ist. Blutkrebs wartet auch nicht, er schlägt unverhofft<br />
zu“, so Dr. Elke Neujahr, Vorsitzende der Geschäftsführung<br />
der <strong>DKMS</strong>.<br />
Ganz bewusst wurde das WIR-Gefühl großgeschrieben<br />
und der Gedanke von Gemeinschaft<br />
in den Mittelpunkt unserer Kommunikation gestellt.<br />
Zu unserer großen <strong>DKMS</strong> Gemeinschaft zählen Patient:innen<br />
und Spender:innen, Ärztinnen und Ärzte,<br />
Forscher:innen, alle Kolleg:innen bei der <strong>DKMS</strong> und<br />
vor allem auch unsere vielen Unterstützer:innen, alle<br />
Menschen, denen andere nicht gleichgültig sind und<br />
die sich gemeinsam für den Kampf gegen Blutkrebs<br />
engagieren möchten.<br />
Auf einer begleitenden Website haben wir dieses<br />
Lebensgefühl unter anderem in einem Video mit<br />
echten Stammzellspender:innen und dem geheilten<br />
Patienten Lars Penke (siehe Foto oben) nach außen<br />
getragen. Authentischer und sympathischer als der<br />
28-Jährige kann man die Botschaft kaum vermitteln.<br />
Sowohl on- als auch offline haben wir somit durch<br />
TV-Spots, Out-of-Home-Werbung und Social Media<br />
eine große Sichtbarkeit für unser Thema erzielt.<br />
Über 81.511 Registrierungssets wurden im Zeitraum<br />
10. Oktober <strong>2020</strong> bis 28. Februar 2021 von Menschen<br />
bis 30 Jahre angefordert – ein tolles Ergebnis!<br />
38 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 39
KURZ NOTIERT<br />
KURZ NOTIERT<br />
Solidarität mit<br />
Krebspatient:innen<br />
bewirken<br />
Mit der Kampagne „Krebs macht keine Pause.“ und<br />
dem Online-Charity-Event dreamday macht sich die<br />
<strong>DKMS</strong> Tochtergesellschaft <strong>DKMS</strong> LIFE in der Öffentlichkeit<br />
dafür stark, dass während der Corona-Pandemie<br />
andere schwerwiegende Erkrankungen wie Krebs<br />
nicht in den Hintergrund rücken. Die mutmachende<br />
Botschaft an Patient:innen lautet: Ihr seid nicht allein!<br />
Lebensfreude schenken. Genau das schaffen wir<br />
als <strong>DKMS</strong> LIFE seit 25 Jahren mit dem look good<br />
feel better Patientenprogramm. Dafür sammeln wir<br />
mit der Kampagne Spenden“, erklärt <strong>DKMS</strong> LIFE<br />
Geschäftsführerin Ruth Neri. „Gleichzeitig rufen wir<br />
jede Pa tientin und jeden Patienten dazu auf, zur<br />
Krebsvorsorge zu gehen. Denn sie rettet Leben.“<br />
Offizielles Symbol der Kampagne ist das<br />
durchgestrichene Pausenzeichen – mit Zeige- und<br />
Mittelfinger der einen Hand, die mit dem zweiten<br />
Zeigefinger gekreuzt werden. Zahlreiche Menschen<br />
haben sich auf Social Media an der Aktion beteiligt,<br />
mit einem Foto unter dem Hashtag #KrebsmachtkeinePause<br />
auf die Kampagne aufmerksam gemacht<br />
und Solidarität mit Krebspatient:innen während der<br />
Corona-Pandemie gezeigt.<br />
Ein Kollege und Held<br />
<strong>DKMS</strong> Mitarbeiter Emrah Kilic aus Köln durfte selbst<br />
Stammzellen spenden<br />
Guido Maria Kretschmer unterstützt die <strong>DKMS</strong> LIFE.<br />
Vieles hat sich in Zeiten von Corona verändert – Krebs<br />
nicht. Nach wie vor erkranken in Deutschland jährlich<br />
rund 500.000 Menschen neu an Krebs. Die Betroffenen<br />
müssen den Kampf gegen eine lebensbedrohliche<br />
Erkrankung aufnehmen und sind zusätzlich durch das<br />
neuartige Coronavirus gefährdet. Oftmals müssen sich<br />
Krebspatient:innen notgedrungen in monatelange<br />
Isolation begeben. Die Auswirkungen der Pandemie<br />
erschweren den Umgang mit der Krankheit an vielen<br />
Stellen – ob es um die so wichtige Begleitung zu Arztterminen<br />
geht, die Versorgung im Alltag oder auch<br />
eine trostspendende Umarmung lieber Menschen.<br />
Corona bringt vieles zum Stillstand. Aber<br />
Krebs macht keine Pause. Um für dieses so wichtige<br />
Thema Aufmerksamkeit zu schaffen, hat die <strong>DKMS</strong><br />
LIFE <strong>2020</strong> unter dem Motto KREBS MACHT KEINE<br />
PAUSE eine umfassende Kampagne gestartet:<br />
„Unsere Kampagne zeigt den Patientinnen: Ihr seid<br />
nicht allein! Trotz der aktuellen sozialen Isolation<br />
sind wir für euch da. Wir wollen Mut, Hoffnung und<br />
Bei der <strong>DKMS</strong> hat Emrah Kilic als Mitarbeiter der<br />
Abteilung Corporate Communications beruflich Tag für<br />
Tag mit dem Thema Stammzellspende zu tun. Doch<br />
dass er irgendwann selbst einmal spenden würde, war<br />
dann doch eine große Überraschung für den 43-Jährigen.<br />
Registriert hatte er sich im Mai 2013, die periphere<br />
Spende selbst fand dann im April <strong>2020</strong> in Köln statt.<br />
Der Empfänger ist ein erwachsener Patient aus Frankreich,<br />
allerdings bleibt der Kontakt anonym.<br />
„Nach der zweieinhalbstündigen Entnahme<br />
fühlte ich mich etwas schlapp, aber ich bin froh, dass<br />
ich nach all den vielen Spendergeschichten, die ich<br />
gelesen, gesehen und gehört hatte, nun auch meine<br />
eigene schreiben konnte“, blickt Emrah Kilic zurück.<br />
„Für mich persönlich war die Spende eine unglaublich<br />
bereichernde und positive Erfahrung – ich würde es<br />
jederzeit wieder tun. Sie bestärkt mich in meinem Tun<br />
und Denken und motiviert mich noch mehr, andere<br />
Menschen dafür zu sensibilisieren, wie wichtig unsere<br />
Arbeit ist.“<br />
Emrah Kilic während seiner Spende<br />
Ein neuer Meilenstein:<br />
10 Millionen Spender:innen<br />
<strong>2020</strong> war für uns auch ein Jahr, in dem wir einen ganz<br />
bedeutenden Meilenstein feiern durften: Über zehn<br />
Millionen hilfsbereite Menschen haben sich bis Ende<br />
Mai <strong>2020</strong> seit der Gründung (1991) weltweit in unserer<br />
Stammzellspenderdatei registriert. Das Engagement<br />
unzähliger Unterstützer:innen auf der ganzen Welt<br />
hat dieses Rekordergebnis überhaupt erst möglich<br />
gemacht. Gemeinsam haben wir so die Wahrscheinlichkeit<br />
für Patient:innen weiter erhöht, durch eine<br />
Stammzellspende eine zweite Chance auf Leben zu<br />
erhalten. Alle zehn Millionen Spender:innen stehen<br />
nun dem weltweiten Suchlauf zur Verfügung. Zum<br />
Vergleich: Als wir 1991 mit unserer Arbeit begonnen<br />
haben, waren in Deutschland lediglich 3.000 Menschen<br />
als potenzielle Stammzellspender:innen registriert.<br />
„Zehn Millionen registrierte Menschen sind<br />
ein überwältigendes Resultat. Doch für mich und<br />
die gesamte <strong>DKMS</strong> Familie geht es dabei weniger<br />
um Zahlen, das wird es auch niemals“, sagt Dr. Elke<br />
Neujahr, Vorsitzende der Geschäftsführung der<br />
<strong>DKMS</strong>. „Es geht um jede einzelne Spenderin und<br />
jeden einzelnen Spender und um jede Patientin und<br />
jeden Patien ten. Es geht uns um alle Menschen, die<br />
von einer dieser lebensbedrohlichen Erkrankungen<br />
betroffen sind. Wir werden unseren Kampf gegen<br />
Blutkrebs weiter fortsetzen.“<br />
Heute spielt die <strong>DKMS</strong> eine ganz entscheidende<br />
Rolle in der globalen Transplantationsgemeinschaft:<br />
Mehr als ein Viertel der 38,5 Millionen potenziellen<br />
Spender:innen weltweit ist bei der <strong>DKMS</strong> registriert.<br />
„Dies ist eine fantastische Leistung, die nur dank des<br />
Engagements und der Leidenschaft ihrer Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter und Unterstützer:innen auf der<br />
ganzen Welt möglich ist“, sagt Lydia Foeken, CEO der<br />
World Marrow Donor Association (WMDA). Dennoch<br />
finden Zehntausende von Patient:innen mit Blutkrebs<br />
und anderen Blutkrankheiten nach wie vor keine geeignete<br />
Spenderin oder keinen geeigneten Spender.<br />
40 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 41
ZAHLEN & FAKTEN<br />
ZAHLEN & FAKTEN<br />
Deutschland<br />
6.847.170<br />
GESAMTSPENDERZAHLEN<br />
DER INTERNATIONALEN STANDORTE*<br />
Polen<br />
1.664.947<br />
UNSERE<br />
HERAUSFORDERUNGEN<br />
USA<br />
1.136.344<br />
UK<br />
Gesamt<br />
10.549.825<br />
784.084<br />
Chile<br />
68.399<br />
Indien<br />
43.100<br />
Südafrika<br />
* Aktive Spender:innen<br />
5.781<br />
10.000.000<br />
DIE ENTWICKLUNG DER<br />
SPENDERZAHLEN ÜBER DIE JAHRE<br />
Jede:r zehnte Blutkrebspatient:in in Deutschland findet<br />
keine:n passende:n Stammzellspender:in.<br />
9.000.000<br />
8.000.000<br />
7.000.000<br />
6.000.000<br />
5.000.000<br />
4.000.000<br />
3.000.000<br />
2.000.000<br />
1.000.000<br />
11<br />
10<br />
9<br />
8<br />
7<br />
12<br />
6<br />
1<br />
5<br />
2<br />
4<br />
3<br />
0<br />
1991 2005<br />
<strong>2020</strong><br />
<strong>DKMS</strong> in Deutschland<br />
<strong>DKMS</strong> in UK<br />
<strong>DKMS</strong> in Südafrika<br />
(mit The Sunflower Fund)<br />
<strong>DKMS</strong> in den USA<br />
<strong>DKMS</strong> in Chile<br />
<strong>DKMS</strong> in Polen<br />
<strong>DKMS</strong> BMST Foundation India<br />
Alle 12 Minuten erkrankt<br />
in Deutschland ein<br />
Mensch an Blutkrebs.<br />
Jährlich sterben rund<br />
19.500 Menschen in<br />
Deutschland an Blutkrebs.<br />
42 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 43
ZAHLEN & FAKTEN<br />
ZAHLEN & FAKTEN<br />
GESCHÄFTS-<br />
ZAHLEN <strong>2020</strong><br />
Die <strong>DKMS</strong> gGmbH darf sich trotz der<br />
Ausbreitung des Coronavirus SARS-<br />
CoV-2 und der damit verbundenen<br />
Herausforderungen über ein gutes<br />
Jahr <strong>2020</strong> freuen. Weiterhin kann<br />
die Organisation unabhängig von<br />
staatlichen Zuwendungen den Kampf<br />
gegen Blutkrebs vorantreiben.<br />
Die <strong>DKMS</strong> gemeinnützige GmbH (im Folgenden<br />
„Gesellschaft“ oder „<strong>DKMS</strong>“) widmet sich vorrangig<br />
der Gewinnung informierter freiwilliger Spender:innen.<br />
An erster Stelle steht dabei die individuelle Bereitschaft,<br />
mittels einer peripheren Stammzellentnahme<br />
(PSZE) oder einer Knochenmarkentnahme (KME)<br />
Leukämiepatient:innen oder von anderen Erkrankungen<br />
des Blutes betroffenen Personen eine Stammzelltransplantation<br />
zu ermöglichen. Dabei fördert sie<br />
aktiv die Entwicklung und den Erhalt von Systemen<br />
und Datenbanken, die die Suche nach geeigneten<br />
Spender:innen vereinfachen und beschleunigen,<br />
sowohl vor einem nationalen als auch zunehmend vor<br />
einem internationalen Hintergrund. Die Mitwirkung<br />
an der Auswahl von Spender:innen für Blutkrebspatienten<br />
sowie die Beschaffung und Bereitstellung des<br />
Transplantats ergänzen das Leistungsspektrum.<br />
Die Spenderneugewinnung bildet auch angesichts<br />
der zunehmenden Internationalisierung der Gesellschaft<br />
den Kern unserer langfristigen Strategie.<br />
Bereits seit 20 Jahren fördert und finanziert die<br />
<strong>DKMS</strong> den Aufbau rechtlich eigenständiger, dabei<br />
eng mit der Gesellschaft in Deutschland kooperierender<br />
Spenderorganisationen im europäischen<br />
und nichteuropäischen Ausland. Seit <strong>2020</strong> ist die<br />
Organisation nunmehr auf fünf Kontinenten aktiv. Im<br />
Mittelpunkt steht immer das Bestreben, den an Blutkrebs<br />
oder anderen Erkrankungen des blutbildenden<br />
Systems leidenden Patient:innen verschiedenster<br />
Ethnien eine:n möglichst optimal passende:n Spender:in<br />
für eine Stammzelltransplantation zur Verfügung<br />
zu stellen. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung<br />
dafür, die Überlebenschancen aller Betroffenen<br />
weltweit zu verbessern – unabhängig von ihrem<br />
Wohnort oder ihrer Abstammung.<br />
Unser Markenimage, die Beliebtheit der Organisation<br />
in der Öffentlichkeit und die Zufriedenheit der in der<br />
Datei registrierten Spender:innen sind wesentliche<br />
Voraussetzungen für den Erfolg der Gesellschaft. Diesen<br />
Weg werden wir weitergehen, um auch zukünftig<br />
viele freiwillige Spender:innen zu gewinnen.<br />
Die <strong>DKMS</strong> erforscht zudem die Wirksamkeit hämatopoetischer<br />
Stammzelltransplantationen mit nicht<br />
verwandten Spender:innen. Darüber hinaus unterstützt<br />
die Organisation beispielsweise auch andere<br />
Körperschaften, deren Zweck die Förderung der<br />
öffentlichen Gesundheitspflege bzw. der Wissenschaft<br />
und Forschung ist, finanzielle Mittel zu<br />
beschaffen.<br />
Die Gesellschaft ist gemeinnützig und hat als Minimalziel<br />
definiert, dass ihre geschäftliche Betätigung<br />
die anfallenden, notwendigen Kosten deckt. Sie refinanziert<br />
sich überwiegend aus den Erlösen der Kostenerstattungen<br />
öffentlicher Gesundheitssysteme im<br />
In- und Ausland sowie aus Spenden von Privatpersonen<br />
und Unternehmen.<br />
Die seit Mitte 2016 zusätzlich verfolgte Geschäftstätigkeit<br />
als Register, d. h. die Spendervermittlung<br />
zwischen Transplantationskliniken und Spenderdateien,<br />
wurde per 1. August <strong>2020</strong> in die eigenständige<br />
Gesellschaft <strong>DKMS</strong> Registry gGmbH, Tübingen, ausgegliedert.<br />
Darüber hinaus hat das Geschäftsmodell<br />
im abgelaufenen Geschäftsjahr keine wesentlichen<br />
Veränderungen erfahren.<br />
Forschung und Entwicklung:<br />
Die <strong>DKMS</strong> engagiert sich seit Jahren im wissenschaftlichen<br />
Bereich rund um die Stammzellspende.<br />
Während sich Studien der Abteilung „Wissenschaftliche<br />
Projekte“ insbesondere mit der Spenderauswahl<br />
und Methoden zur gezielten Spenderaufnahme<br />
zur Diversifizierung der Datei befassen, um für möglichst<br />
viele Patient:innen einen passenden Spender<br />
zu finden, richtet sich der Fokus der Clinical Trials<br />
Unit (CTU) verstärkt auf die Durchführung und<br />
Förderung klinischer Forschung auf dem Gebiet der<br />
Behandlung von Blutkrebs.<br />
Um einen Beitrag zur Bekämpfung der COVID-19-<br />
Pandemie zu leisten, haben wir im Spätsommer<br />
<strong>2020</strong> registrierte Spender:innen der <strong>DKMS</strong> in<br />
Deutschland zu einer COVID-19-Erkrankung und<br />
deren Verlauf befragt. Mehr als 920.000 Spender:innen<br />
beteilgten sich an dieser Studienumfrage, die<br />
damit derzeit eine der größten populationsgenetischen<br />
Studien zu COVID-19 darstellt.<br />
Der Gesamtbetrag der Forschungs- und Entwicklungskosten<br />
des Geschäftsjahrs beläuft sich auf TEUR<br />
3.716, was einem Umsatzanteil von 3,7 % entspricht.<br />
Aufwands- und Ertragsrechnung:<br />
1. Finanzergebnis<br />
Das Pandemiejahr <strong>2020</strong> stellte die <strong>DKMS</strong> vor große<br />
Herausforderungen in allen Geschäftsbereichen.<br />
Vor diesem Hintergrund ist der ausgewiesene Jahresüberschuss<br />
von erwirtschafteten TEUR 2.769<br />
(Vj. TEUR 7.359) als überaus erfreulich zu bezeichnen<br />
und liegt damit erneut deutlich über den<br />
ursprünglichen Erwartungen. Die Abweichung in<br />
Höhe von nahezu EUR 13 Mio. vom ursprünglichen<br />
Plan ergebnis resultiert aus geringeren Personal- und<br />
Marketingaufwendungen sowie signifikant geringeren<br />
sonstigen betrieblichen Aufwendungen. Diese<br />
sind insbesondere auf pandemiebedingte projektseitige<br />
Verzögerungen zurückzuführen.<br />
Die Gesellschaft konnte mit einem Umsatz von TEUR<br />
99.888 erneut die Grundlage für ein deutlich positives<br />
Ergebnis legen. Trotz des leichten Rückgangs liegt sie<br />
um 1,5 % etwas über den Erwartungen (TEUR 98.390).<br />
Der Anstieg resultiert aus einer gleichlaufenden Entwicklung<br />
der im Geschäftsjahr realisierten Stammzellentnahmen.<br />
Die sonstigen betrieblichen Erträge<br />
in Höhe von TEUR 17.926 liegen pandemiebedingt<br />
insbesondere aufgrund rückläufiger Spendenerträge<br />
(./. TEUR 4.685) deutlich unter Vorjahresniveau.<br />
2. Donor Recruitment<br />
Die Gesellschaft ist eine von 26 in Deutschland zur<br />
Gewinnung und Vermittlung freiwilliger Stammzellspender:innen<br />
tätigen Organisationen. Mit 6.847.170<br />
potenziellen Spender:innen (Stand 31. Dezember<br />
<strong>2020</strong>) ist die <strong>DKMS</strong> die mit Abstand größte Spenderdatei<br />
in Deutschland. Im Vergleich zum Vorjahr<br />
bedeutet dies eine Steigerung von 5,4 % oder insgesamt<br />
415.973 Neuregistrierungen im abgelaufenen<br />
Geschäftsjahr. Das Vorjahresergebnis von 649.417<br />
Neuregistrierungen wurde zwar nicht erreicht, die<br />
Gewinnung neuer potenzieller Stammzellspender:innen<br />
übertraf dennoch erneut bei Weitem die Zahl<br />
der aus Altersgründen, Krankheit etc. ausgeschiedenen<br />
Personen.<br />
Der deutliche Rückgang an Neuregistrierungen im<br />
abgelaufenen Geschäftsjahr ist vor allem auf die<br />
zunehmende Ausbreitung des neuartigen Coronavirus<br />
zurückzuführen. Die spürbaren Einschränkungen<br />
im öffentlichen Leben beeinträchtigten die Spenderneugewinnung<br />
in hohem Maße. Bereits sehr frühzeitig<br />
reagierte die <strong>DKMS</strong> überaus verantwortungsbewusst<br />
und setzte sämtliche öffentlichen Aktionen<br />
zur Stammzellspendergewinnung zum Schutz aller<br />
an einer Registrierungsaktion beteiligten Personen<br />
aus. Um weiterhin möglichst vielen Menschen die<br />
44 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 45
ZAHLEN & FAKTEN<br />
ZAHLEN & FAKTEN<br />
Registrierung als potenzielle Stammzellspender:innen<br />
zu ermöglichen, sind bereits sehr frühzeitig im Jahr<br />
neue Formate für die Online-Registrierung geschaffen<br />
worden. Die neuen Online-Aktionen trugen dazu<br />
bei, dass ein nicht unerheblicher Teil der Verluste aus<br />
Vor-Ort-Aktionen kompensiert werden konnte.<br />
Ein weiteres strategisches Geschäftsfeld in der Neuspendergewinnung<br />
ist die Akquise von Jungspendern,<br />
die für die qualitative Weiterentwicklung der<br />
Spenderdatei der <strong>DKMS</strong> sehr bedeutsam ist. Durch<br />
eine konsequent zielgruppengerechtere Ansprache<br />
konnten im abgelaufenen Geschäftsjahr 239.441<br />
Jungspender:innen (17 bis 30 Jahre) bei der <strong>DKMS</strong><br />
registriert werden (Vj. 355.869), was einem Anteil von<br />
ca. 58 % der Gesamtregistrierungen entspricht. Damit<br />
konnte bemerkenswerterweise im ersten Jahr der<br />
Gesundheitskrise der Anteil der Jungspender:innen<br />
um 3 % gesteigert werden. 85.222 dieser Neuregistrierungen<br />
entfielen auf männliche Jungspender, die<br />
damit einen Anteil von ca. 21 % an den Gesamtregistrierungen<br />
des Geschäftsjahres ausmachten.<br />
3. Vermittelte Entnahmen und Einnahmen<br />
Die Zahl der vermittelten Stammzellspenden (Knochenmarkentnahmen<br />
und periphere Stammzellentnahmen)<br />
im Geschäftsjahr betrug 5.618. Dies<br />
entspricht einem Anstieg der Entnahmen um 0,3 %<br />
im Vergleich zu den Werten des Vorjahres (5.603).<br />
Das Verhältnis der Knochenmarkspenden zu den<br />
peripheren Stammzellspenden hat sich im Vergleich<br />
zum Vorjahr deutlich verschoben. Der Anteil<br />
der Knochenmarkspenden an der Zahl der Gesamtentnahmen<br />
ist im Vergleich zum Geschäftsjahr<br />
2019 um 5,4 % auf 11,2 % gesunken. Die periphere<br />
Stammzellspende wurde in <strong>2020</strong> somit bei fast<br />
90 % aller Entnahmen durchgeführt. Die seit einiger<br />
Zeit bestehende Tendenz zum Rückgang der Knochenmarkentnahmen<br />
wurde durch die Corona-Pandemie<br />
zusätzlich verstärkt. Dies ist unter anderem<br />
auf die zeitweise verringerten Kapazitäten an Operationsmöglichkeiten<br />
für Knochenmarkentnahmen<br />
zurückzuführen.<br />
4. Fundraising<br />
Die Bemühungen der Gesellschaft, dass das Fundraising<br />
dauerhaft zur Finanzierung des Gesellschaftszwecks<br />
beiträgt, wurden im abgelaufenen Geschäftsjahr<br />
durch die Pandemie vor außergewöhnliche<br />
Herausforderungen gestellt.<br />
Ab Mitte März konnten pandemiebedingt die öffentlichen<br />
Veranstaltungen in den registrierungsbezogenen<br />
Kanälen sowie im Community Fundraising nicht mehr<br />
stattfinden. Allein über die Kanäle im Community<br />
Fundraising und die Firmenregistrierungsaktio nen<br />
hinweg betrugen die Mindereinnahmen <strong>2020</strong> fast<br />
EUR 3 Mio., was über die Generierung neuer digitaler<br />
Formate nicht kompensiert werden konnte.<br />
In Summe wurden im Geschäftsjahr Spendeneinnahmen<br />
von TEUR 14.262 realisiert (Vj. TEUR 18.947).<br />
Dieser Betrag entfällt i. H. v. TEUR 13.202 auf Geldspenden<br />
(Vj. TEUR 17.737), TEUR 574 stammen aus<br />
Geldauflagen von Gerichten (Vj. TEUR 624) und<br />
TEUR 485 aus Sachspenden (Vj. TEUR 587). Dies<br />
spiegelt auch in Zeiten der Pandemie die starke Verbundenheit<br />
der Geldspender mit der <strong>DKMS</strong> – häufig<br />
bedingt durch ihre zusätzliche Registrierung als<br />
Spender:innen – wider.<br />
5. Materialaufwand<br />
Der Materialaufwand verringerte sich im Vergleich<br />
zum Vorjahr um TEUR 2.876. Dies ist insbesondere<br />
auf den Rückgang der Typisierungsfallzahlen um<br />
nahezu 36 % zurückzuführen. Eine vertraglich festgeschriebene,<br />
rückwirkende Erhöhung des Typisierungspreises<br />
infolge des geringeren Auftragsvolumens<br />
reduziert diesen Effekt jedoch zu<br />
überwiegenden Teilen.<br />
6. Personalaufwand<br />
Die <strong>DKMS</strong> ist auch in Zeiten der Coronakrise eine<br />
dynamisch wachsende Organisation, was vor allem<br />
am Anstieg des Personalaufwands von TEUR 24.691<br />
auf nunmehr TEUR 26.020 deutlich wird. Die durchschnittliche<br />
Zahl der Mitarbeiter:innen stieg von 371<br />
im Vorjahr auf 417 zum Ende des Geschäftsjahres.<br />
Im Geschäftsjahr wurde der Mitarbeiter:innenstamm<br />
in designierten Bereichen weiter verstärkt. Diese Entwicklung<br />
wird sich auch aufgrund der weiter voranschreitenden<br />
Internationalisierung im Geschäftsjahr<br />
2021 so fortsetzen, um die strategischen Ziele der<br />
Gesellschaft realisieren zu können. Daher wird wiederum<br />
insbesondere in die notwendige Verstärkung des<br />
IT-Bereichs investiert und auch in den Ausbau und<br />
die Erweiterung der medizinischen Kompetenz der<br />
Gesellschaft.<br />
7. Sonstiger betrieblicher Aufwand<br />
Der sonstige betriebliche Aufwand liegt mit TEUR<br />
36.012 deutlich über dem Niveau des Vorjahres<br />
(TEUR 32.141). Einem deutlichen Anstieg in den Aufwendungen<br />
für Lizenzen, Fremdwährungsverluste<br />
sowie Aufwendungen für Projektförderungen steht<br />
ein Rückgang in den Aufwendungen für Freiberufler<br />
und Reisekosten entgegen. Die Kursverluste beliefen<br />
sich im Geschäftsjahr auf TEUR 1.832 (Vj. TEUR 147),<br />
wovon TEUR 1.373 auf unrealisierte Kursverluste entfallen<br />
(Vj. TEUR 55).<br />
GEWINN-<br />
UND VERLUST-<br />
RECHNUNG<br />
<strong>2020</strong> in T€ 2019 in T€<br />
Umsatzerlöse 99.888 100.100<br />
Andere aktivierte Eigenleistungen 525 0<br />
Bestandsveränderung unfertige Leistungen –174 35<br />
Sonstige betriebliche Erträge 17.926 21.568<br />
Materialaufwand –48.712 –51.588<br />
Personalaufwand –26.020 –24.691<br />
Abschreibungen –4.783 –6.112<br />
Sonstige betriebliche Aufwendungen –36.012 –32.141<br />
EBIT 2.638 7.171<br />
Finanzergebnis 150 203<br />
Ergebnis vor Steuern 2.788 7.374<br />
Ertrags- und sonstige Steuern –19 –15<br />
Jahresüberschuss 2.769 7.359<br />
Entnahmen aus Gewinnrücklagen 51.361 51.663<br />
Einstellung in Gewinnrücklagen –53.630 –57.563<br />
Bilanzgewinn 500 1.459<br />
46 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 47
ZAHLEN & FAKTEN<br />
ZAHLEN & FAKTEN<br />
Bilanz<br />
Die Eigenkapitalquote liegt mit 91 % auf dem<br />
Niveau des Vorjahres. Die liquiden Mittel betragen<br />
zum 31. Dezember <strong>2020</strong> TEUR 52.207 und enthalten<br />
i. H. v. TEUR 16.854 Bestände in USD (Vj. TEUR<br />
6.706). Die Liquiditätslage ist damit weiterhin ausgezeichnet<br />
und sichert die Verfolgung der gemeinnützigen<br />
Ziele der Gesellschaft nachhaltig. Die teils<br />
erheb lichen Schwankungen des USD-Kurses im<br />
Verhältnis zum Euro haben sich aufgrund konstant<br />
hoher Stammzellvermittlungen in den US-amerikanischen<br />
Raum und der daraus resultierenden Umsatzerlöse<br />
in USD maßgeblich auf die Ertragslage ausgewirkt.<br />
Mangels Notwendigkeit zur Veräußerung<br />
der USD-Bestände rechnet die Geschäftsführung<br />
jedoch damit, einen erheblichen Teil der unrealisierten<br />
Fremdwährungsverluste im kommenden Wirtschaftsjahr<br />
ausgleichen zu können.<br />
Die Förderung ausländischer <strong>DKMS</strong> Organisationen<br />
sowie die Unterstützung von Förderprojekten<br />
betrug <strong>2020</strong> insgesamt TEUR 11.529 nach TEUR<br />
11.068 im Vorjahr. Davon entfielen TEUR 4.140<br />
auf die <strong>DKMS</strong> Stem Cell Bank gGmbH (ehemals<br />
<strong>DKMS</strong> Nabelschnurblutbank), TEUR 3.483 auf die<br />
Gesellschaft in Großbritannien und TEUR 850 auf<br />
die <strong>DKMS</strong> LIFE gGmbH. TEUR 698 flossen an die<br />
Muttergesellschaft <strong>DKMS</strong> Stiftung Leben Spenden,<br />
TEUR 689 an die <strong>DKMS</strong> Registry gGmbH und TEUR<br />
387 an „The Sunflower Fund partnered by <strong>DKMS</strong>“.<br />
TEUR 1.282 entfielen auf die Förderung externer<br />
Partner außerhalb der <strong>DKMS</strong> Gruppe.<br />
Registrierungskosten<br />
BILANZ<br />
AKTIVA <strong>2020</strong> in T€ 2019 in T€<br />
A. Anlagevermögen<br />
I. Immaterielle Vermögensgegenstände 7.869 8.750<br />
II. Sachanlagen 3.294 3.301<br />
III. Finanzanlagen 68.271 62.398<br />
Summe 79.434 74.449<br />
Alle laufenden Kosten können aus dem operativen,<br />
freien Cashflow bedient werden. Eine Finanzierung<br />
von Maßnahmen über die Aufnahme von Mitteln bei<br />
Kreditinstituten ist weiterhin nicht notwendig. Es<br />
bestehen nicht in der Bilanz ausgewiesene oder vermerkte<br />
finanzielle Verpflichtungen in Höhe von TEUR<br />
18.956, die für die Beurteilung der Finanzlage von<br />
Bedeutung sind. Davon sind TEUR 2.332 innerhalb<br />
eines Jahres fällig. Der Anstieg der sonstigen finanziellen<br />
Verpflichtungen im Vergleich zum Vorjahr ist<br />
insbesondere auf die Begründung eines langfristigen<br />
Mietvertrags für den Standort Köln zurückzuführen.<br />
36,44€<br />
TYPISIERUNG<br />
60%<br />
PERSONAL<br />
15%<br />
KOMMUNIKATION<br />
15%<br />
B. Umlaufvermögen<br />
I. Vorräte 1.335 1.227<br />
II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände 13.529 12.530<br />
III. Kassenbestand und Guthaben bei Kreditinstituten 52.207 55.766<br />
Summe 67.071 69.523<br />
C. Rechnungsabgrenzungsposten 1.313 1.271<br />
SUMME AKTIVA 147.818 145.243<br />
Im Geschäftsjahr <strong>2020</strong> wurden TEUR 19.683 in den<br />
Ausbau der Spenderdatei in Form von Neuregistrierungen<br />
investiert (Vj. TEUR 23.666). Der davon nicht<br />
durch Spenden finanzierte Anteil beläuft sich auf<br />
einen Betrag von TEUR 5.995 (Vj. 5.374) und konnte<br />
analog zum Vorjahr vollständig aus selbst erwirtschafteten<br />
Mitteln der <strong>DKMS</strong> getragen werden. Der die<br />
Investitionen in den Ausbau der Spenderdatei betreffende<br />
Rückgang ist im Wesentlichen durch die pandemiebedingten<br />
Kontaktbeschränkungen und die damit<br />
ausbleibenden Registrierungsaktionen begründet.<br />
Die Rücklagen für wissenschaftliche Projekte zur<br />
Leukämiebekämpfung belaufen sich im Geschäftsjahr<br />
auf TEUR 6.347 (Vj. TEUR 6.640), die Rücklagen<br />
für Projekte zur Qualitätsverbesserung auf<br />
TEUR 2.510 (Vj. TEUR 2.219). Zur Finanzierung der<br />
wissenschaftlichen Projekte wurde im abgelaufenen<br />
Geschäftsjahr ein Betrag i. H. v. TEUR 2.297 aufgewendet<br />
(Vj. TEUR 3.232), für die Qualitätsverbesserungsprojekte<br />
i. H. v. TEUR 729 (Vj. TEUR 863).<br />
INFRASTRUKTUR &<br />
VERWALTUNG<br />
10%<br />
Die Registrierungskosten betrugen im Jahr 2019<br />
36,44 Euro pro Neuspender. Pandemiebedingt sind<br />
die Typisierungskosten im Jahr <strong>2020</strong> für die <strong>DKMS</strong><br />
spürbar angestiegen. Derzeit wird von einem zeitlich<br />
begrenzten Einmaleffekt ausgegangen, sodass<br />
die Berechnungen aus dem Jahr 2019 nach wie vor<br />
ihre Gültigkeit besitzen. Die <strong>DKMS</strong> bittet ihre Unterstützer:innen<br />
trotz der Kostensteigerung aufgrund<br />
der verbesserten Qualität der Typisierungsbefunde<br />
weiterhin um eine Geldspende in Höhe von 35 Euro<br />
pro Registrierung.<br />
PASSIVA <strong>2020</strong> in T€ 2019 in T€<br />
A. Eigenkapital 133.916 132.606<br />
B. Rückstellungen<br />
I. Steuerrückstellungen 1 1<br />
II. sonstige Rückstellungen 3.209 5.936<br />
Summe 3.210 5.937<br />
C. Verbindlichkeiten<br />
I. Verbindlichkeiten aus bed. rückzahlungspfl. Spenden 0 100<br />
II. Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen 212 204<br />
III. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 5.372 4.042<br />
IV. Verbindlichkeiten für satzungsmäßige Leistungen 1.900 0<br />
V. Verbindlichkeiten gegenüber verb. Unternehmen 2.690 1.978<br />
VI. Übrige Passiva 518 376<br />
Summe 10.692 6.700<br />
SUMME PASSIVA 147.818 145.243<br />
48 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 49
ZAHLEN & FAKTEN<br />
ZAHLEN & FAKTEN<br />
UNSERE SATZUNG<br />
GESCHÄFTS FÜHRUNG DER <strong>DKMS</strong> GGMBH<br />
Die Satzung der <strong>DKMS</strong> gGmbH ist das Herz der Organisa tion –<br />
sie bestimmt das Handeln aller Mitarbeiter:innen im Kampf<br />
gegen Blutkrebs.<br />
Die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft umfasst die selbstlose<br />
Unterstützung von Personen, die infolge ihres körperlichen Zustands<br />
auf die Hilfe anderer angewiesen sind, die Förderung der öffentlichen<br />
Gesundheitspflege sowie die Förderung von Wissenschaft und For-<br />
schung, insbesondere:<br />
§ 1 die Gewinnung informierter Freiwilliger, die zur Spende von Knochen-<br />
mark oder Stammzellen zum Zweck der Transplantation bereit sind;<br />
DR. ELKE NEUJAHR<br />
Vorsitzende der Geschäftsführung<br />
Global CEO <strong>DKMS</strong> Group<br />
DR. DR. ALEXANDER SCHMIDT<br />
Geschäftsführer<br />
Medizin und Wissenschaft<br />
SIRKO GEIST<br />
Geschäftsführer<br />
Finanzen und Administration<br />
§ 2 die Entwicklung und das Erhalten von Systemen, die die Suche<br />
nach Spendern in dieser Gruppe von Freiwilligen sowie in internationalen<br />
Spendergruppen vereinfachen und beschleunigen mit dem Ziel,<br />
kompatible Spender für Stammzelltransplantationen zu finden;<br />
§ 3 die Erforschung der Wirksamkeit von hämato poetischen Stammzell-<br />
transplantationen mit nicht verwandten Spendern, von Testmethoden der<br />
Histokompatibilität sowie der Spendermotivation;<br />
§ 4 die persönliche Betreuung von Blutkrebs patienten mit dem Ziel der<br />
persönlichen Unterstützung bei der Bewältigung von Problemen des<br />
Klinik alltags;<br />
§ 5 die Mitwirkung an der Auswahl von Spendern für Blutkrebspatienten<br />
sowie die Beschaffung und Bereitstellung des Transplantats;<br />
STIFTUNGSVORSTAND<br />
(FOUNDATION BOARD)<br />
PROF. MARCEL VAN DEN BRINK, MD, PHD<br />
(VORSITZENDER, FOTO L.)<br />
Katharina Harf (stellv. Vorsitzende, Foto r.)<br />
Laurence Atlas<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Hoelzer<br />
Anna-Lena Kamenetzky-Wetzel<br />
Prof. Dr. Thomas Klingebiel<br />
Sebastian Lombardo<br />
Alejandro Santo Domingo<br />
Patrice de Talhouët<br />
Alexandre van Damme<br />
§ 6 Maßnahmen der Berufsbildung im Bereich Knochenmark- oder<br />
Stammzelltransplantation, insbesondere für Fachmediziner, Klinikper-<br />
sonal, Suchkoordinatoren, Personal von Spenderdateien und -registern,<br />
Wissenschaftler, Genetiker, Medizinethiker und Laborpersonal, beispiels-<br />
weise Veranstaltung von Kongressen.<br />
§ 7 die Beschaffung von Mitteln zur Weitergabe an andere Körperschaf-<br />
ten, deren Zweck die selbstlose Unterstützung von Personen ist, die in-<br />
folge ihres körperlichen Zustands auf Hilfe anderer angewiesen sind, die<br />
Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege oder die Förderung von<br />
Wissenschaft und Forschung.<br />
MEDIZINISCHER BEIRAT<br />
(MEDICAL COUNCIL)<br />
PROF. DR. THOMAS KLINGEBIEL<br />
(VORSITZENDER, FOTO)<br />
Prof. Marcelo Fernández-Viña<br />
Prof. Dr. Katharina Fleischhauer<br />
Dr. Stephen J. Forman<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Hoelzer<br />
Prof. Marcel van den Brink, MD, PhD<br />
Dr. Dr. Alexander Schmidt (<strong>DKMS</strong>)<br />
Prof. Dr. Johannes Schetelig (<strong>DKMS</strong>)<br />
Dr. Peter Harf (Gründer der <strong>DKMS</strong> und ständiger Gast)<br />
50 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 51
ZAHLEN & FAKTEN<br />
RISIKO-<br />
MANAGEMENT<br />
ORGANIGRAMM DER <strong>DKMS</strong><br />
<strong>DKMS</strong><br />
STIFTUNG<br />
LEBEN<br />
SPENDEN<br />
Das Risikomanagement dient der systematischen<br />
Analyse, Bewertung, Dokumentation, Kommunikation,<br />
Steuerung und Überwachung risikotragender<br />
Tätigkeiten der <strong>DKMS</strong> und ist integraler Bestandteil<br />
der Geschäfts-, Planungs- und Kontrollprozesse. Die<br />
Maßnahmen sind im Einzelnen:<br />
Kontrolle der Organe<br />
• Geschäftsordnung, die eine detaillierte Beschreibung<br />
der Aufgaben und Kompetenzen der Organe<br />
umfasst<br />
• halbjährliche Sitzungen mit dem Vorstand der<br />
Muttergesellschaft<br />
Führungskreis und Mitarbeiter<br />
• monatliche Sitzungen der Geschäftsführung sowie<br />
regelmäßige Sitzungen der Führungskräfte zwecks<br />
interner Abstimmung, Optimierung und Risikoeinschätzung<br />
• regelmäßige Schulungen zum Vorfall- und Krisenmanagement<br />
sowie Datenschutz<br />
• regelmäßige Berichterstattung an die Geschäftsleitung,<br />
Ad-hoc- Maßnahmen bei Veränderung der<br />
Risiko struktur<br />
Finanzplanung<br />
• jährliche Finanzplanung inklusive der Stellen- und<br />
Personalkostenplanung für drei Geschäftsjahre<br />
• halbjährliche Überprüfung und erforderliche<br />
Anpassungen der Finanzplanung im Rahmen einer<br />
Hochrechnung<br />
• monatliche Plan-Ist-Berichterstattung inklusive der<br />
Analyse der Key Performance Indicators<br />
Kostenmanagement<br />
• Richtlinie mit Regelungen und Grenzwerten für<br />
Reisekosten und Bewirtungen/Geschenke<br />
• Kontrolle der sachgerechten Mittelverwendung<br />
durch das Rechnungswesen und Steuern<br />
• festgelegte Grenzen zur Zeichnungsberechtigung<br />
für Rechnungen je Mitarbeiterkreis<br />
• zentralisierter Einkauf<br />
<strong>DKMS</strong> LIFE<br />
gGmbH<br />
<strong>DKMS</strong> LIFE<br />
SCIENCE LAB<br />
GmbH<br />
<strong>DKMS</strong><br />
gGmbH<br />
<strong>DKMS</strong><br />
REGISTRY<br />
gGmbH<br />
STANDORTE DER <strong>DKMS</strong><br />
<strong>DKMS</strong> STEM<br />
CELL BANK<br />
gGmbH<br />
Tax Compliance Management System<br />
• Verfassung des Rahmenwerks als Übersicht über<br />
alle Maßnahmen zur Sicherstellung eines regelkonformen<br />
Verhaltens im Hinblick auf steuerliche<br />
Pflichten sowie quartalsweises Update der enthaltenen<br />
Risikomatrix<br />
Spendenmanagement<br />
• Auswertungen von Maßnahmen zur Akquisition von<br />
Spenden (z. B. Mailings) unter Berücksichtigung<br />
des Kosten-Nutzen-Verhältnisses<br />
• Prüfung der Rechtmäßigkeit bei der Ausstellung<br />
von Spendenbescheinigungen<br />
UK<br />
2013<br />
POLEN<br />
2008<br />
Kooperationen mit externen und internen Partnern<br />
• schriftliche Verträge zur Sicherung von Vereinbarungen<br />
• steuerliche Prüfung und Bewertung bezüglich<br />
möglicher Gefährdungen für die Gemeinnützigkeit<br />
Vermögensanlage<br />
• Richtlinie zur Vermögensanlage mit Beschreibung<br />
der Zusammensetzung des Anlagenportfolios und<br />
Grenzwerten für die Portfoliostruktur (z. B. Aktienanteil)<br />
Jahresabschluss<br />
• jährliche Prüfung durch eine externe, unabhängige<br />
Wirtschafts prüfungs gesellschaft im Rahmen des<br />
Jahresabschlusses<br />
Datenschutz<br />
• organisatorische und technische Maßnahmen zur<br />
Sicherstellung der Anforderungen nach der Datenschutz-Grundverordnung<br />
CHILE<br />
2018<br />
USA<br />
2004<br />
DEUTSCHLAND<br />
1991<br />
SÜDAFRIKA<br />
<strong>2020</strong><br />
INDIEN<br />
2019<br />
52 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong><br />
JAHRESBERICHT <strong>2020</strong> I 53
DATENSCHUTZ<br />
Wir schützen die Daten<br />
unserer Spender:innen<br />
DANKE!<br />
Datenschutz hat in Anbetracht der sensiblen<br />
Daten bei der <strong>DKMS</strong> einen hohen Stellenwert.<br />
Die Einhaltung datenschutzrechtlicher Regelungen<br />
und die Gewährleistung von Datensicherheit<br />
sind ein zentrales Anliegen der <strong>DKMS</strong>.<br />
Der Schutz personenbezogener Daten<br />
ist für die <strong>DKMS</strong> von wesentlicher Bedeutung.<br />
Datenschutz im Allgemeinen garantiert jedem<br />
Bürger, als Ausgestaltung des Rechts auf<br />
informatio nelle Selbstbestimmung, das Recht,<br />
selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner<br />
personenbezogenen Daten zu bestimmen,<br />
sowie damit einhergehend den Schutz der<br />
Privatsphäre.<br />
Mit dem weltweit größten Register für<br />
Stammzellspender:innen trägt die <strong>DKMS</strong> eine<br />
besonders große Verantwortung im Bereich des<br />
Datenschutzes gegenüber registrierten Spender:innenn<br />
und ihren besonders sensiblen, überaus<br />
schützenswerten medizinischen Daten.<br />
Neben den Spenderdaten bedürfen personenbezogene<br />
Daten von Mitarbeiter:innen,<br />
Geschäftskunden, Geldspender:innen und freiwilligen<br />
Unterstützer:innen, die bei der <strong>DKMS</strong> verarbeitet<br />
werden, einer gleichermaßen gewissenhaften<br />
datenschutzrechtlichen Behandlung.<br />
Zur Gewährleistung der hohen datenschutzrechtlichen<br />
Anforderungen hat die <strong>DKMS</strong><br />
eine interne Richtlinie erlassen, die insbesondere<br />
die folgenden drei Bereiche abdeckt:<br />
• Sicherstellung der Datensicherheit im Unternehmen<br />
• Schutz personenbezogener Daten von Betroffenen<br />
• Schulung der Mitarbeiter:innen<br />
Daneben schließt die <strong>DKMS</strong> mit Kooperationspartnern<br />
und sonstigen Dienstleistern Auftragsverarbeitungsverträge<br />
ab, wonach diese entsprechend<br />
vertraglich zur Einhaltung des Standards<br />
nach der Datenschutz-Grundverordnung verpflichtet<br />
werden. Danach dürfen externe Empfänger<br />
Daten nur im Auftrag und nach Weisung<br />
der <strong>DKMS</strong> als Verantwortliche verarbeiten.<br />
Zusätzlich zu datenschutzrechtlichen Regelungen<br />
befindet sich die <strong>DKMS</strong> im Aufbau eines<br />
unternehmensweiten Informationssicherheitsmanagementsystems,<br />
um die Informationssicher<br />
heit der <strong>DKMS</strong> risikoorientiert und kontinuierlich<br />
zu verbessern.<br />
Wie übertragen sich diese Regelungen auf den<br />
Alltag?<br />
Die <strong>DKMS</strong> gibt grundsätzlich keine Informationen<br />
über verarbeitete personenbezogene Daten an<br />
andere Personen, Organisationen oder Behörden<br />
weiter. Suchrelevante Daten werden auf der<br />
Grundlage der dafür eingeholten Einwilligung<br />
pseudonymisiert und verschlüsselt an natio nale<br />
und internationale Register zum Zweck der weltweiten<br />
Spendersuche übermittelt. Demnach<br />
können Empfänger suchrelevanter medizinischer<br />
Daten die ihnen übermittelten Daten keiner individualisierbaren<br />
Person zuordnen. Die Identität<br />
des Spenders ist somit nur der <strong>DKMS</strong> bekannt.<br />
Sogenannte technische und organisatorische<br />
Maßnahmen, die die Sicherheit der<br />
Verarbeitung personenbezogener Daten<br />
gewährleisten, insbesondere geeignete<br />
Verschlüs selungsverfahren, werden von der<br />
<strong>DKMS</strong> regelmäßig geprüft und auf einem technisch<br />
aktuellen Stand gehalten.<br />
Für die Arbeit der <strong>DKMS</strong> sind zudem<br />
neben der Datenschutz-Grundverordnung und<br />
dem Bundesdatenschutzgesetz die folgenden<br />
Regelungen mit datenschutzrechtlichem Bezug<br />
maßgeblich, die kontinuierlich mit <strong>DKMS</strong> internen<br />
Richtlinien abgeglichen werden:<br />
• Deutsche Standards für die nicht verwandte<br />
Blutstammzellspende des Zentralen Knochenmarkspender-Registers<br />
Deutschland (ZKRD)<br />
• Richtlinien der Food and Drug Administration,<br />
Regelungen aus dem Health Insurance Portability<br />
and Accountability Act<br />
• Standards der World Marrow Donor Association<br />
(WMDA)<br />
Wir bedanken uns von ganzem Herzen bei allen, die uns<br />
in den vergangenen Jahren im Kampf gegen Blutkrebs<br />
unterstützt haben.<br />
Nur mit Ihrer Hilfe und Unterstützung haben wir bisher<br />
rund 90.000 zweite Lebenschancen ermöglicht –<br />
für Patient:innen auf der ganzen Welt.<br />
Doch unsere Mission ist noch längst nicht erfüllt. Denn wir<br />
wollen möglichst für jede Patientin und jeden Patienten den<br />
passenden Spender oder die passende Spenderin finden.<br />
Wir freuen uns, wenn Sie uns auch in Zukunft zur Seite stehen.<br />
Nur gemeinsam können wir den Blutkrebs besiegen!<br />
Ihre <strong>DKMS</strong><br />
54 I JAHRESBERICHT <strong>2020</strong>
<strong>DKMS</strong> gGmbH<br />
gemeinnützige GmbH<br />
Kressbach 1<br />
72072 Tübingen<br />
T 07071 943-0<br />
F 07071 943-1499<br />
post@dkms.de<br />
dkms.de