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Kapitel 1<br />
<strong>April</strong><br />
Erste Atemzüge sind etwas Beson<strong>der</strong>es, für mich bilden sie<br />
das zentrale Abschlussmoment <strong>der</strong> Geburt eines Babys. Viele<br />
habe ich in den vergangenen Monaten bei diesem ebenso gewaltigen<br />
wie zerbrechlichen Übergang begleitet.<br />
Ist es nicht seltsam, dass <strong>der</strong> Vorgang, Luft zu holen, so<br />
banal und unbewusst stattfindet? Dieser Lebensspen<strong>der</strong> ist<br />
nichts <strong>als</strong> ein unbewusster Reflex zum Gasaustausch <strong>–</strong> solange<br />
wir frei und ungehin<strong>der</strong>t atmen können, verdrängen o<strong>der</strong> vergessen<br />
wir seine Bedeutung. Doch unser ganzes System ist abhängig<br />
von diesem Lebenshauch. Er fährt unser System hoch,<br />
und er fährt es auch wie<strong>der</strong> runter. Dann ist Schluss.<br />
Die Schiebetüren vom Terminal öffnen sich mit dezentem<br />
Rauschen, und <strong>als</strong> ich meinen Kofferkuli über den gerippten<br />
Teppich nach draußen rolle, hat dieser Moment für mich tatsächlich<br />
etwas von einer Geburt.<br />
Meine Lunge füllt sich mit dieser seltsam abgestandenen<br />
Mischung aus Taxidiesel, Kippen, Kerosin, Fast Food und<br />
nassem Asphalt, die es nur an Flughäfen gibt.<br />
Irgendwie bezeichnend, dass mein erster bewusster Atemzug<br />
zurück in meiner Heimat, draußen, an <strong>der</strong> sogenannten<br />
frischen Luft … stinkt.<br />
Hannover.<br />
Hier bin ich <strong>als</strong>o wie<strong>der</strong>. Frierend und müde spuckt mich<br />
das Flughafengebäude unvermittelt aus. Ich bleibe unter dem<br />
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