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Zeitpolitisches Magazin Zeitpolitisches Magazin - Deutsche ...

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NEUE LITERATUR<br />

In den Beiträgen des Buches wird dies<br />

u. a. an den zeitrelevanten Phänomenen<br />

der „Leere,“ der „Askese,“ der „Verzögerung,“<br />

des „Nichts-Tuns,“ der „Untätigkeit“<br />

erörtert. Die Produktivität solch<br />

zurückhaltender, gedrosselter Formen<br />

des Zeithandelns im Rahmen der kulturellen<br />

Lebenswelt erschließt sich nicht<br />

zuletzt aus dem Sachverhalt, dass sie<br />

ihrem Gegenteil in dialektischer Wechselwirkung<br />

fruchtbar zuarbeiten. Die<br />

Erfahrung der Leere erst vermittelt eine<br />

Ahnung von der Fülle, die Verzögerung<br />

ist die Rückseite der Beschleunigung,<br />

Michael Jaeger<br />

die Untätigkeit der wohltuende Schatten<br />

der Tätigkeit und das Nichts-Tun verleiht<br />

dem Tun erst seinen Sinn. Jeder<br />

Feuerwehrmann, der dem Handlungsimpuls<br />

widersteht, zum Brandstifter zu<br />

werden, um etwas zu tun zu haben, ist<br />

ein lebendiges Beispiel für die Produktivität<br />

der Zurückhaltung.<br />

Es ist von den Herausgeberinnen sehr<br />

verdienstvoll, die Vorzüge und die<br />

Potentiale einer Ökonomie der Zurückhaltung<br />

und den Anteil abgebremster<br />

Zeitformen am Zustandekommen sozialer,<br />

kultureller und zivilisatorischer<br />

Global Player Faust oder Das Verschwinden der Gegenwart<br />

Zur Aktualität Goethes<br />

2010<br />

Berlin: Wolf Jobst Siedler jr , 134 Seiten<br />

In seinem Essay über die Aktualität Goethes nimmt Michael<br />

Jaeger den Untertitel des Goetheschen Textes beim Wort und<br />

liest Faust Drama als „Tragödie“, als Katastrophe der modernen<br />

Zivilisation. Denn was Faust imaginierte – das Bild einer<br />

Gesellschaft, in der es keinen Augenblick der Ruhe mehr gibt,<br />

– scheint heute beklemmende Realität zu sein. Zu Beginn des<br />

21. Jahrhunderts blicken wir auf die ungeheure Erfolgsgeschichte<br />

der faustischen Negation des Verweilens und auf<br />

den Triumph des modernen Mobilitätsideals.<br />

In dieser von global gültigen, nahezu unentrinnbaren Bewegungsrhythmen<br />

bestimmten Welt mit immer schnelleren<br />

Wirklichkeiten zum Thema einer Publikation<br />

gemacht zu haben. Gut, dass sie<br />

in diesem Falle auf ihre eigenen Fähigkeiten<br />

zur Zurückhaltung und zur Trägheit<br />

verzichtet haben.<br />

PS.: Schneller als erwartet, hat die Ökonomie<br />

der Zurückhaltung Wirkung gezeigt.<br />

Am Tag der Fertigstellung dieser<br />

Besprechung (2. Mai 2011, 14.35 Uhr)<br />

warnt der Deutschlandfunk Autofahrer,<br />

die im Raum Mönchengladbach unterwegs<br />

sind, vor einem Sofa, das den Verkehr<br />

auf der Autobahn 61 behindert.<br />

Karlheinz Geißler<br />

Bild-, Daten-, Konsum-und Verkehrsbewegungen stellt sich<br />

die Frage: Was um Himmels Willen ist eigentlich so schlimm<br />

am Verweilen? Warum muss alles Daseiende permanent entwertet,<br />

jeder Ruhebezirk im Sinne des modernen Bewegungsgesetzes<br />

kolonisiert werden?<br />

Womöglich ist Fausts berühmtes Streben eine Verirrung, ein<br />

Weg in die Sackgasse, ins „Ewig-Leere“, das als Horror vacui<br />

dann gähnt, wenn jeder Ruhepunkt verschwunden ist.<br />

(Verlagstext)<br />

28 ZPM NR. 18, JULI 2011

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