Sozialreferat - RIS
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Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum<br />
Antrag auf Genehmigung einer Nutzungsänderung<br />
im Anwesen Tal 19 / 3. OG links und rechts<br />
für das Beratungs- und Therapiezentrum für<br />
Suchtgefährdete und Abhängige "TAL 19"<br />
Sitzungsvorlage Nr. 08-14 / V 02064<br />
4 Anlagen<br />
Beschluss des Sozialausschusses vom 28.05.2009 (SB)<br />
Öffentliche Sitzung<br />
<strong>Sozialreferat</strong><br />
Amt für Wohnen und Migration<br />
S-III-W/BS 112-1-19<br />
I. Vortrag des Referenten<br />
1. Sachverhalt<br />
1.1 Antrag<br />
Am 28.11.2008 beantragte die Spieker Hausverwaltung GmbH als Bevollmächtigte<br />
der Grundstücksgemeinschaft Tal 19 / Erben Kalter die Erteilung der Genehmigung<br />
zur Zweckentfremdung durch Nutzungsänderung der zwei Wohnungen<br />
Tal 19 / 3. OG links und rechts. Die Räumlichkeiten sollen dem weiteren Betrieb<br />
des Beratungs- und Therapiezentrums für Suchtgefährdete und Abhängige<br />
"TAL 19" dienen.<br />
1.2 Begründung<br />
Der Antrag wurde von der Hausverwaltung mit vorrangigen öffentlichen Belangen<br />
wie folgt begründet (Anlage 1):<br />
"Gemäß Mietvertrag ... hat der Telefon-Notruf für Suchtgefährdete e.V. das Büro<br />
im 3. OG links ab 01.07.1986 angemietet. Das Büro im 3. OG rechts wurde von<br />
der Firma Daytop, Gesellschaft für soziale Planung und Alternativen mbH ... ab<br />
01.11.1988 angemietet. Zum Zeitpunkt der Anmietung war Herr Ludwig Kalter, inzwischen<br />
verstorbener Miteigentümer des Anwesens Tal 19, erster Vorsitzender<br />
des Telefon-Notruf für Suchtgefährdete e.V. und Geschäftsführer der Daytop, Gesellschaft<br />
für für soziale Planung und Alternativen mbH. Es war Herrn Ludwig Kalter<br />
ein Anliegen, für Suchtkranke in zentraler Lage mit der hervorragenden Anbindung<br />
an öffentliche Verkehrsmittel eine anonyme Zugangsmöglichkeit in belebter<br />
Lage zu bieten.
Seite 2<br />
Von Anfang an, also seit über 20 Jahren, wird in den Räumen das Beratungs- und<br />
Therapiezentrum Tal 19 geführt. Dieses erfüllt einen wichtigen gemeinnützigen<br />
Versorgungsauftrag im Rahmen der Suchtkrankenhilfe. ... Die Stadt München förderte<br />
von Anfang an die Einrichtung in den Bereichen Miet- und Sachkosten. Nach<br />
Aussage des Beratungs- und Therapiezentrums Tal 19 fungiert diese für etwa<br />
1.000 Menschen jährlich als wichtige Anlaufstelle. ...<br />
Aufgrund der langjährigen Tätigkeit des Beratungs- und Therapiezentrums Tal 19<br />
ist inzwischen eine Institution geschaffen worden und die vertrauten Räume sind<br />
vielen Suchtkranken bei Krisenfällen vertraut und wirken wie eine Heimat. Nach<br />
Aussage des Beratungs- und Therapiezentrums Tal 19 ist gerade bei Suchtkranken<br />
die Akzeptanz einer Einrichtung äußerst wichtig. "Tal 19" ist für sie ein fester<br />
Begriff im Sinne einer Zuflucht.<br />
Anzumerken ist, dass sich die Raumsuche in zentraler Lage für Suchtberatungsstellen<br />
als äußerst schwierig erweist, da sie sowohl bei Anwohnern als auch bei<br />
Mitmietern auf wenig Akzeptanz stoßen. Seitens der Rechtsprechung wurde schon<br />
entschieden, dass Mitmietern ein Anspruch auf Mietminderung zusteht, wenn im<br />
Haus an eine Drogenberatungsstelle vermietet wird. Nach anfänglichen Problemen<br />
besteht im Tal 19 inzwischen ein sehr gutes Verhältnis zur Nachbarschaft. ..."<br />
1.3 Kurzbeschreibung des verloren gehenden Wohnraumes<br />
1.3.1 Lage<br />
Das Anwesen Tal 19 befindet sich im Stadtbezirk 1 und dort im Bezirksteil Altstadt<br />
(Anlage 2).<br />
1.3.2 Art Einfamilienhaus mit Einliegerwohnung<br />
Behelfsheim<br />
Zweifamilienhaus<br />
Werk-Dienstgebäude<br />
Wohn-/Geschäftshaus<br />
Mehrfamilienhaus<br />
familiengerecht ja nein<br />
1 WE (links), 150 m², 5 Zimmer, Küche, Bad, Diele und<br />
1 WE (rechts), 80 m², 3 Zimmer, Küche, Bad, Diele (Anlage 3)<br />
1.3.3 Beschaffenheit<br />
Baulicher Zustand schlecht mittel gut<br />
Ausstattung schlecht mittel gut<br />
Grundriss schlecht normal gut<br />
Umweltbelastung stark normal gering
Seite 3<br />
2. Stellungnahme des Bezirksausschusses (Anlage 4)<br />
Der Bezirksausschuss 1 Altstadt-Lehel wurde mit Schreiben vom 09.02.2009 gehört.<br />
Er hat dem Antrag in seiner Sitzung am 17.03.2009 einstimmig zugestimmt.<br />
3. Belange von Mieterinnen und Mietern<br />
Die Räumlichkeiten werden seit 1986 bzw. 1988 vom Beratungs- und Therapiezentrum<br />
für Suchtgefährdete und Abhängige "TAL 19" genutzt. Belange von Mieterinnen<br />
bzw. Mietern sind deshalb nicht berührt.<br />
4. Belange einer Erhaltungssatzung<br />
Das Anwesen befindet sich nicht im räumlichen Geltungsbereich einer Erhaltungssatzung.<br />
5. Stellungnahme des <strong>Sozialreferat</strong>es<br />
5.1 Öffentliches Interesse an der Zweckentfremdung<br />
Das öffentliche Interesse an der Beibehaltung des Beratungs- und Therapiezentrums<br />
für Suchtgefährdete und Abhängige "TAL 19" wurde durch das Referat für<br />
Gesundheit und Umwelt (Sucht- und Psychiatriekoordination) und dem Bezirk<br />
Oberbayern (Psychiatrie-/Suchthilfe-Koordination) bestätigt.<br />
5.1.1 Stellungnahme des Referates für Gesundheit und Umwelt vom 22.12.2008<br />
"Der Antrag des Vermieters des oben genannten Anwesens auf Nutzungsänderung<br />
zugunsten der Suchtberatungsstelle TAL 19 des Deutschen Ordens wird<br />
von der Koordination für Psychiatrie und Suchthilfe der LHM dringlich unterstützt.<br />
Das Beratungs- und Therapiezentrum des Deutschen Ordens (früherer Träger:<br />
Daytop) befindet sich seit Jahrzehnten in diesen Räumlichkeiten. Es ist ein fester<br />
Bestandteil der Suchthilfe in München und genießt mit seinem breiten Spektrum<br />
an Beratungs- und Behandlungsangeboten und mit vielfältigen Aktionen zur Öffentlichkeitsarbeit<br />
einen ausgezeichneten Ruf in der Fachwelt wie in der Münchner<br />
Bevölkerung. Die zentrale Verortung in der Münchner Innenstadt trägt wesentlich<br />
zu diesem Erfolg bei. So ist die Beratungsstelle einerseits leicht mit öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln erreichbar, andererseits wird ein Beratungsgespräch dabei so<br />
selbstverständlich wie der Einkauf in den umliegenden Geschäften. Der Eingangsbereich<br />
ermöglicht dabei einen geschützten Zugang, der nicht offen legt, dass<br />
eine Suchtberatung aufgesucht wird – die befürchtete Stigmatisierung ist an anderen<br />
Orten durchaus ein Grund, Beratungsangebote zu meiden. Mit diesen Voraussetzungen<br />
ist das Tal 19 ein sehr guter Ort für die dringend benötigten Beratungs-<br />
und Behandlungsangebote in München.<br />
Das Referat für Gesundheit und Umwelt fördert das Beratungs- und Therapiezentrum<br />
TAL 19 mit Zuschüssen zu den Personal- und Mietkosten, der Hauptkostenträger<br />
ist der Bezirk Oberbayern. Die Versorgung der Münchner Bevölkerung mit
Seite 4<br />
Angeboten der Suchthilfe ist insbesondere im Bereich der Alkoholabhängigkeit<br />
noch nicht bedarfsgerecht ausgebaut, hier fehlen noch weitere Beratungs- und Behandlungsangebote<br />
sowie Kontakt- und Begegnungsstätten. Neben den Personalressourcen,<br />
die zur Verfügung gestellt werden müssen, ist auch die Anmietung<br />
geeigneter Räume zu bezahlbaren Preisen für die Träger der freien Wohlfahrtspflege<br />
in München oft kaum zu leisten. Hinzu kommen Ängste und Vorbehalte, die<br />
Teile der Bevölkerung gegen geplante Suchthilfeeinrichtungen in ihrem Umfeld<br />
äußern. Umso wichtiger ist es, bestehende und in die Stadtgesellschaft sehr gut<br />
integrierte Einrichtungen und Hilfsangebote nicht zu gefährden.<br />
Die Nutzungsänderung für die Räume im dritten Stock des Hauses TAL 19 ist<br />
deshalb im dringenden und vorrangigen öffentlichen Interesse."<br />
5.1.2 Stellungnahme des Bezirks Oberbayern vom 19.12.2008<br />
"Der Bezirk Oberbayern unterstützt und begrüßt ausdrücklich die bestehende<br />
räumliche Situation der Psychosozialen Suchtberatungsstelle des Deutschen Ordens<br />
im Tal 19. Die Lage an einer belebten Straße gewährleistet zentrale Erreichbarkeit<br />
aber auch den bei Suchthilfeeinrichtungen so wichtigen anonymen Zugang.<br />
Die Beratungsstelle hat den gesetzlichen Auftrag nach SGB XII für die Versorgung<br />
suchtkranker Menschen bzw. von Menschen mit Suchtproblemen (Menschen, die<br />
seelisch behindert sind oder von seelischer Behinderung bedroht sind) zu sorgen.<br />
Sie ist ein fachliches Kompetenzzentrum und ein wichtiger Knotenpunkt des psychosozialen<br />
Versorgungssystems in München. Die hier vorgehaltenen Angebote<br />
und die vielfältige und umfassende Beratungs- und Vermittlungs- und Betreuungstätigkeit<br />
kommen der Gesundheit der Münchner Bevölkerung zu Gute. Diese<br />
Dienstleistungen sind ein wichtiger und unverzichtbarer Baustein für die psychosoziale<br />
Versorgung der Münchner und Münchnerinnen.<br />
Die Beratungseinrichtungen des Deutschen Ordens im Tal 19 sind weit über München<br />
hinaus bekannt und es wäre ein großer Verlust, wenn die Beratungsstelle als<br />
Anlaufstelle nicht mehr an der bewährten und bekannten Adresse erreichbar wäre.<br />
Aus diesem Grund ist der Bezirk Oberbayern sehr daran interessiert, dass die bestehende<br />
Adresse beibehalten werden kann.<br />
Wir bitten aus diesen Gründen um die Erteilung einer Ausnahmeregelung für die<br />
Beibehaltung der bestehenden Räumlichkeiten."<br />
5.2 Unvermeidbarkeit der Zweckentfremdung<br />
Die Antragstellerin hat glaubhaft dargestellt und nachgewiesen, dass der bisherige<br />
Standort für den Betrieb des Beratungs- und Therapiezentrums für Suchtgefährdete<br />
und Abhängige "TAL 19" aus Gründen der Erreichbarkeit, der Möglichkeit des<br />
anonymen Zugangs und vor allem wegen der bestehenden Akzeptanz (sowohl bei<br />
Menschen mit Suchtproblemen als auch bei der direkten Nachbarschaft) unbe-
dingt beibehalten werden sollte. Die Beeinträchtigung des Wohnungsmarktes ist<br />
somit nicht vermeidbar.<br />
Seite 5<br />
5.3 Rechtslage<br />
Nach § 6 Abs. 1 der Satzung der Landeshauptstadt München über das Verbot der<br />
Zweckentfremdung von Wohnraum sind vorrangige öffentliche Belange für eine<br />
Zweckentfremdung in der Regel gegeben, wenn Wohnraum zur Versorgung der<br />
Bevölkerung mit sozialen Einrichtungen (zum Beispiel für Erziehungs-, Ausbildungs-,<br />
Betreuungs- oder gesundheitliche Zwecke) oder lebenswichtigen Diensten<br />
(zum Beispiel ärztliche Betreuung) verwendet werden soll, die gerade an dieser<br />
Stelle der Gemeinde dringend benötigt werden und für die andere Räume nicht<br />
zur Verfügung stehen oder nicht zeitgerecht geschaffen werden können.<br />
Die genannten Voraussetzungen sind hier gegeben. Es wurde auch glaubhaft dargelegt,<br />
dass andere geeignete Räume nicht zur Verfügung stehen.<br />
In Abwägung mit dem öffentlichen Interesse am Erhalt des Wohnraumes ist das<br />
öffentliche Interesse an der Beibehaltung des Beratungs- und Therapiezentrums<br />
für Suchtgefährdete und Abhängige "TAL 19" daher als vorrangig zu bewerten.<br />
5.4 Kurze rechtliche Würdigung:<br />
Der Antrag ist nach Art. 1, 2 und 3 des Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung<br />
von Wohnraum (ZwEWG) vom 10.12.2007 (GVBl S. 864, BayRS 2330-<br />
11-I), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10.06.2008 (GVBl S. 319) in Verbindung<br />
mit der Satzung der Landeshauptstadt München über das Verbot der Zweckentfremdung<br />
von Wohnraum (ZeS) vom 02.01.2009 (MüABl. Nr. 1/2009 S. 4) wie<br />
folgt zu beurteilen:<br />
Es liegen vorrangige öffentliche Belange vor, die eine Genehmigung der Zweckentfremdung<br />
rechtfertigen (§ 6 Abs. 1 der Satzung der Landeshauptstadt München<br />
über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum).<br />
Deshalb sollte die Genehmigung zur Zweckentfremdung unter den im Antrag des<br />
Referenten enthaltenen Nebenbestimmungen erteilt werden.
Seite 6<br />
Dem Korreferenten, Herrn Stadtrat Benker, dem Verwaltungsbeirat, Herrn Stadtrat Offman,<br />
der Stadtkämmerei, dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung, dem Referat<br />
für Gesundheit und Umwelt, der Frauengleichstellungsstelle, dem <strong>Sozialreferat</strong> / Stelle für<br />
interkulturelle Arbeit sowie dem Vorsitzenden, den Fraktionssprecherinnen bzw. Fraktionssprechern<br />
und der/dem Kinder- und Jugendbeauftragten des Bezirksausschusses des<br />
1. Stadtbezirkes ist ein Abdruck der Sitzungsvorlage zugeleitet worden.<br />
II. Antrag des Referenten<br />
1. Die Genehmigung zur Zweckentfremdung von Wohnraum durch Nutzungsänderung<br />
der zwei Wohnungen Tal 19 / 3. OG links und rechts wird unter nachstehenden Nebenbestimmungen<br />
erteilt:<br />
Die Genehmigung wird befristet auf die Dauer der Nutzung als Beratungs- und Therapiezentrum<br />
für Suchtgefährdete und Abhängige "TAL 19". Nach Beendigung dieser<br />
Nutzung sind die Wohnräume wieder unverzüglich Wohnzwecken zuzuführen.<br />
2. Dieser Beschluss unterliegt nicht der Beschlussvollzugskontrolle.<br />
III. Beschluss<br />
nach Antrag.<br />
Der Stadtrat der Landeshauptstadt München<br />
Die Vorsitzende Der Referent<br />
Christine Strobl Friedrich Graffe<br />
Bürgermeisterin Berufsm. Stadtrat
IV. Abdruck von I. mit III.<br />
über den Stenografischen Sitzungsdienst<br />
an das Direktorium - Dokumentationsstelle<br />
an die Stadtkämmerei<br />
an das Revisionsamt<br />
an die Frauengleichstellungsstelle<br />
z. K.<br />
Seite 7<br />
V. Wv. <strong>Sozialreferat</strong><br />
1. Die Übereinstimmung vorstehenden Abdrucks mit der beglaubigten Zweitschrift wird<br />
bestätigt.<br />
2. An das Referat für Stadtplanung und Bauordnung<br />
An das Referat für Gesundheit und Umwelt<br />
An den Vorsitzenden, die Fraktionssprecherinnen und Fraktionssprecher und<br />
die/den Kinder- und Jugendbeauftragten des Bezirksausschusses des<br />
1. Stadtbezirkes (5-fach)<br />
An das <strong>Sozialreferat</strong>, S-Z-SP<br />
An das <strong>Sozialreferat</strong>, S-III-M<br />
z. K.<br />
Am<br />
I.A.