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Chance 2021

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CHANCE JENA

nur auf Leistung fixiert, was in der Gesellschaft leider ein bisschen vorgemacht

wird, was aber gar nicht stimmt. Hier ist es so, dass ich schwach

sein und das auch selber akzeptieren kann. Da helfen mir meine Mädels.

Es helfen immer ganz viele mit im Team, und ich bin ganz froh darüber,

ein Teil davon sein zu dürfen. Ich mache meine Arbeit rein ehrenamtlich,

aber ich engagiere mich sehr gern, weil ich weiß, die Patientin, die gerade

die Diagnose bekommen hat, braucht einfach die Hilfe. Ganz wichtig ist

auch: Nicht nur Frauen sind bei uns willkommen, sondern auch Männer,

denn es gibt auch Männer mit Brustkrebs. Bei uns ist es letztendlich egal,

mit welcher Krebsform man kommt, denn die meisten Schwierigkeiten,

besonders die sozialen, sind auch sehr ähnlich. Sicher gibt es spezifische

Schwierigkeiten, das ist klar. Ich werde über Prostatakrebs nicht so viel

erzählen können, aber ich habe auch jemanden in der Gruppe, der das

hat, und die können sich untereinander unterhalten. Ich muss das nicht

alles alleine machen, sondern das ist ein wunderbares Netzwerk.

In den Gruppentreffen wird nicht nur über Krankheit gesprochen, sondern

wir machen auch Ausflüge, und wir sind froh, uns zu treffen, uns auszutauschen

und uns einmal länger als nur eine halbe Stunde zu sehen.

Wir fiebern oft darauf hin, dass wir etwas zusammen unternehmen. Die

Gemeinschaft untereinander ist so unglaublich wichtig. Und ich bin sehr

glücklich, zur Frauenselbsthilfe gekommen zu sein.

Ich möchte gern noch das Bild des Hamsterrades aufzeigen: Wir sind alle

in einem Hamsterrad und rennen und rennen. Für mich als Hamster im

Rad sieht das Rad aus wie eine Leiter. Ich klettere Stufe für Stufe nach

oben, komme aber keinen Millimeter weiter. Wenn ich dann bremsen will,

überschlägt es mich, und es haut mich raus. Da kann ich nur sagen: „Raus

aus diesem Hamsterrad!“ Wir müssen nicht jeden Tag eine neue Stufe

erklimmen, sondern wir müssen auf uns selbst achten. Selbstachtsamkeit

sich selbst gegenüber wird leider oftmals vernachlässigt, und das ist für

mich auch ein ganz wichtiges Thema, den Patienten das auch zu vermitteln.

Ihr seid liebenswert, so wie ihr seid, auch, wenn ihr mal nicht leistungsfähig

seid. Das ist überhaupt nicht schlimm und das zu akzeptieren,

kann man lernen. Der Hauptfeind dafür sind wir meist selber, denn wir

stellen zu hohe Ansprüche an uns, die wir dann irgendwann nicht mehr

erfüllen können. Bitte immer darauf achten, was fühlt der Körper, was

ist gut für mich. Da hilft die Erfahrung, die wir in der Frauenselbsthilfe

Krebs haben, um sich selber dann wieder zu bremsen, sich wieder neu

auszurichten und zu sehen, wie es andere schaffen. Von Liebe getragen,

gerade in dieser verrückten Zeit, kann ich nur sagen, sich zu trauen, mitzumachen,

zu uns zu kommen. Wir suchen natürlich auch nach Aktiven,

die ehrenamtlich bei uns mitarbeiten. Nur Mut, kommt dazu, und traut

euch einfach, vergesst die Klischees, die im Kopf sind. In der Gemeinschaft

selber lässt sich vieles leichter ertragen, weil wir alle die gleiche

Betroffenheit haben. Es ist in Ordnung, auch mal nicht so zu fühlen, wie

man meinte, dass man sein müsste. Schwach sein ist keine Schwäche,

sondern es ist eine Stärke, das zu akzeptieren.

Jederzeit ein herzliches Willkommen an alle zur Frauenselbsthilfe

Krebs.

Marion Astner

20

Kontakt:

m.astner@frauenselbsthilfe.de

Fragen an die SHG Lebertransplantierte

Was würde Ihnen fehlen, wenn es keine Selbsthilfe gäbe?

Für uns Organtransplantierte ist die Selbsthilfe eine wichtige Gesprächs-

und Austauschmöglichkeit. Menschen, die von einer Lebertransplantation

betroffen sind, wünschen sich oft vor oder nach der

Operation den Kontakt und das Gespräch mit bereits Transplantierten.

Zu unseren Treffen kommen Patienten mit Leberproblemen, bereits

Transplantierte oder die, die auf ein Spenderorgan warten, aber auch

Angehörige, die sich im Gespräch und Erfahrungsaustausch über

medizinische, soziale und psychische Fragen informieren wollen.

Die Selbsthilfe hat uns allen sehr geholfen, mit dem neuen Organ

und dem neuen anderen Leben, das damit verbunden ist, zurechtzukommen.

Daher können wir uns gar nicht so recht vorstellen, dass es

diesen Anlaufpunkt nicht gibt. Selbsthilfe ist Hilfe für den Alltag.

Was ist für Sie beim Gruppentreffen am wichtigsten?

Neben der Aufklärung und dem Wissen spendet die Selbsthilfe Trost,

Verständnis und Zusammenhalt, nimmt Ängste, lässt uns lachen und die

Dinge mit mehr Humor nehmen, ganz besonders die schwierigen Tage.

Was war bisher Ihr schönstes Erlebnis in der Selbsthilfe?

Jedes Gruppentreffen ist für uns wertvoll und schön, weil es nicht

selbstverständlich ist, aber das erste Treffen in diesem Sommer nach

eineinhalb Jahren Corona inklusive aller Lockdowns war sicher mit

die größte Freude.

Wenn ich an Selbsthilfe denke, dann…

… denke ich an Aufklärung und Vermittlung von Wissen, Zusammenhalt,

Trauerbewältigung, aber auch Freude, Erleichterung und Glück.

In der Selbsthilfe trifft man Menschen, die Verständnis für die eigene

Situation haben, und man bekommt wertvolle Hinweise für den Umgang

mit bürokratischen Notwendigkeiten. Der Kontakt zu anderen

Betroffenen gibt Hoffnung und neue Ideen. Zusammen können wir

viel mehr erreichen für jeden Einzelnen.

Christine Wehling, Leiterin der SHG Lebertransplantierte

Photo by Shane Rouncea on unsplash

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