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Mit Freude Diesel verbrennen

Weshalb kauft sich jemand einen ausgedienten Saurer Militärlastwagen? Und hegt und pflegt ihn wie seinen Augapfel? Was weckte diese Leidenschaft des Niederrohrdorfers Roman Porta, der sich im März 2017 so ein Fahrzeug angeschafft hat? Ein Erklärungsversuch.

Weshalb kauft sich jemand einen ausgedienten Saurer Militärlastwagen? Und hegt
und pflegt ihn wie seinen Augapfel? Was weckte diese Leidenschaft des Niederrohrdorfers
Roman Porta, der sich im März 2017 so ein Fahrzeug angeschafft hat? Ein
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Oldtimer

«Mit Freude Diesel verbrennen»

Auf dem Flugplatz Birrfeld teilte Roman Porta mit uns seine Leidenschaft für seinen Saurer 6DM, der in der Schweizer Armee gedient hatte.

Fotos: Hans-Peter Steiner

Weshalb kauft sich jemand einen ausgedienten Saurer Militärlastwagen? Und hegt

und pflegt ihn wie seinen Augapfel? Was weckte diese Leidenschaft des Niederrohrdorfers

Roman Porta, der sich im März 2017 so ein Fahrzeug angeschafft hat? Ein

Erklärungsversuch.

Wir trafen Roman Porta vor seinem

scheinbar fabrikneuen Saurer 6DM

beim Flugplatz Birrfeld, bei 32 Grad im Schatten

unter den Parkplatzbäumen. Sein schwarzes

T-Shirt mit gelbem Saurer-Logo liess zu

seiner Leidenschaft keine Frage offen. Die er

an diesem August-Abend, einem 13. Freitag

übrigens, noch auszuleben gedachte – bei

der «4. Aargauer Abendausfahrt» für Lastwagen

und Busse aller Marken ab Baujahr

2000, die er, wie er später erklärte, mit einem

Kollegen zusammen organisiert.

«Mich haben Fahrzeuge immer fasziniert,

und ich habe auch immer geschraubt», sagt

Roman Porta: Seine

Leidenschaft für Saurer

geht auf seinen

Militärdienst zurück, wo

er Artilleriefahrer war.

er einleitend. Da verwundert auch die Berufswahl

nicht: «Ich wollte zunächst eine Automechanikerlehre

machen, habe mich aber dann

zu einer Maschinenmechanikerlehre bei der

BBC entschlossen.»

Den stärksten Impuls für die Saurer-Liebe

aber dürfte der Militärdienst 1986 ausgelöst

haben: «Ich wollte Militär-Motorfahrer werden,

habe die notwendigen Vorkurse absolviert

und endete als Motorfahrer Artillerie in Frauenfeld

beim Stab. Alle alten Armeelastwagen

– Saurer 4x4 und 2DM, Henschel, Steyr –

wurden damals ersetzt durch moderne Saurer

6DM und 10DM. Das waren Maschinen!

Sozusagen die heiligen Kühe der Truppe. Und

wer in den Augen des Offiziers ‹anständig

war und spurte›, bekam so ein Fahrzeug fest

zugeteilt. Ich war einer von vieren. Als junger

Motorfahrer so ein Fahrzeug – das machte

mich ganz schön stolz!» Alles klar?

Der Kauf, ganz plötzlich

«Ich habe später immer so ein bisschen

geträumt davon, so ein Fahrzeug zu besitzen,

aber nie aktiv nach einem gesucht.»

2016, anlässlich des Feldschlösschen Oldtimer-Treffens,

konnte er mit einem Saurer

D290N der Firma Franz Pfister Tunnelreinigung

teilnehmen. Im Februar 2017 kam

der nächste Impuls: «Ein Feuerwehrkollege

22 CAMION 2 / 2022


Saurer 6DM 4×4 1985

Typ: «Lastw 6 t gl 4×4 Saurer 6DM»

Baujahr: 1985

Motor: D4-KT-M, Sechszylinder Reihe

Hubraum: 11 946 cm 2

Leistung: 184 kW / 250 PS

Drehmoment: 1060 Nm bei 1150 U/min

Getriebe/Kupplung: halbautomatisches

Planetengetriebe, elektropneumatische

Schaltung (FBW), fünfstufig + Halbgänge /

ZF Typ WSK 400

Bremssystem: Trommelbremsen, Staudruckbremse,

Retarder 7-stufig

Gesamtgewicht (kg): 16 000

Achsen: Starrachsen v. u. h.

Nutzlast (kg): 6000

Ausrüstung: Seilwinde

Aufbau: Brücke/Blache

L/B/H (m): 7.7, 2.5, 3.47

Wendekreis (m): 17.2

Kombi-Tank: 300 l Diesel / 60 l Hydrauliköl

Verbrauch: 35–40 l/100 km

Höchstgeschwindigkeit: 80 km/h

Ausgemustert: ab 2010

Sechs bis acht Mal im Jahr nimmt er an Ausfahrten teil oder fährt zu Oldtimer-Lastwagentreffen.

Foto: Hans-Peter Steiner

machte mich darauf aufmerksam, dass in

Raron VS bei der Armeefahrzeug-Liquidation

vier Saurer 6DM zum Verkauf stünden, die

sie nicht los würden. Dann ging alles relativ

schnell. Ich musste zuvor aber noch das

Stellplatzproblem lösen und fand einen Platz

in Busslingen. Dann schaute ich mir die vier

Fahrzeuge in Raron gründlich an, fuhr den

hintersten in der Viererreihe zur Probe, fand

ihn in Ordnung, bezahlte bar und nahm ihn

mit nach Hause.»

Restaurierungsprojekte

Obwohl der Zustand des 6DM «substanziell

gut und er mechanisch tiptop war, denn

die Armee hatte das Fahrzeug gut gepflegt

und die MFK war gemacht», gab es Arbeit für

den bekennenden Perfektionisten Porta, der

es sich zum Ziel gesetzt hatte, den Saurer in

den Originalzustand seiner Ablieferung an

die Armee zu versetzen, zunächst optisch,

mit Tarnfarbe und Lackierrolle. «Am 12. Mai

2017 habe ich ihn bereits als Veteran vorführen

können.»

«Inzwischen ist natürlich alles professionell

gespritzt, Kabine, Chassis, Aufbau,

Stossstange. Allein die Lackierung der Brücke

hat mich einen fünfstelligen Betrag gekostet.»

Als nächstes galt es, das Fahrzeug

original zu komplettieren – Tarnnetze organisieren,

Verbandskasten, Treibstoffkanister,

Pickel und Schaufel, und Seilwinde sowie

Heckträger inklusive Leuchten zu restaurieren.»

Denn die Armee hatte die Fahrzeuge

komplett abgerüstet, um sie im Ausland verkäuflich

zu machen. «Kürzlich habe ich noch

einen Ersatzmotor gekauft. Man weiss ja nie.

Ersatzteile werden immer rarer.» Selbst für

die Blache hat Roman Porta «Ersatz organisiert».

«Am Laufen halten»

Sein Ziel, den Saurer am Laufen zu halten,

hat Porta zweifelsohne erreicht. Sechs bis acht

Mal im Jahr nimmt er an Ausfahrten teil oder

fährt zu Oldtimer-Lastwagentreffen. «Das Auto

ist schliesslich zum Brauchen da. Vor allem

aber macht es damit Freude, Diesel zu verbrennen.»

Doch was sagt die Familie zu seinem

ungewöhnlichen Hobby? «Der Saurer ist

in der Familie akzeptiert, aber meine beiden

Töchter, acht und zwölf, würden am liebsten

jeden Tag mit dem 6DM zur Schule gebracht

werden.» (Hans-Peter Steiner)

Saurer-Fan und Euphonium-Spieler

Das charakteristische Gitter des Fünfganggetriebes.

Der 55-jährige Roman Porta ist in Turgi AG aufgewachsen und

lebt in Niederrohrdorf. Er ist verheiratet und hat zwei Töchter

(8 und 12). Ursprünglich wollte er eine Automechanikerlehre

absolvieren, «lernte aber dann Maschinenmechaniker bei der

BBC». Bei der Armee liess er sich zum Motorfahrer ausbilden,

danach machte er den zivilen Führerschein. «In jungen Jahren

bin ich viel gefahren, aber mehr aus Plausch – der Schwiegervater

meines Bruders hatte eine Firma.» Bei der Niederrohrdorfer

Feuerwehr war Porta Fahrerchef und für die Fahrzeugbeschaffung

zuständig. Hauptberuflich ist er Projektleiter bei Alstom

(Senior Project Manager) und für ein Lokomotiven-Projekt in den

USA (New Jersey Transit) zuständig. Privat organisiert er seit vier

Jahren eine Oldtimer-Abendausfahrt (portanet.ch) und spielt Euphonium in der Harmonie Turgi

Gebenstorf. (hps)

CAMION 2 / 2022

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Foto: Roman Porta

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