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Bote vom Berg 2 / 2022

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GEMEINDE

LEBEN

Fortsetzung: Bücher aus der Gemeindebücherei

chen Erzählung, die am Ende der siebziger Jahre im Spätherbst

beginnt. Er hat gerade sein Medizinstudium begonnen,

als er in einer Straßenbahn in Oslo einem Mädchen

mit einer großen Tüte mit Orangen, vielleicht fünf Kilo,

gegenübersteht. Sie fesselt ihn. Um ein Umfallen des Mädchens

in der schlingernden Bahn zu vermeiden, stützt er

sie, wobei die Tüte zerreißt und etwa dreißig Orangen auf

dem Boden der Straßenbahn umherkullern.

An einer der nächsten Haltestellen steigt das Orangenmädchen

mit e i n e r Orange in den Händen aus, während

der Vater mit etlichen Orangen im Arm peinlich berührt

weiterfährt. Von nun an sucht er das Orangenmädchen.

Wo kann er sie finden? Wer ist sie? Leserinnen und Leser

begleiten den Vater auf seiner Suche. Es entstehen komische

Situationen, aber auch tiefsinnige. Auf jeden Fall fesselt

die Suche, und irgendwann erfahren dann die Leserinnen

und Leser, warum das Orangenmädchen mit einer

riesigen Tüte Orangen in einer Osloer Straßenbahn gefahren

ist.

Der Vater spricht seinen Sohn in seinen Aufzeichnungen

direkt an und bedauert, weder erleben zu können, wie er

heranwächst, noch zu erfahren, was er denkt und fühlt,

wenn er später seine Zeilen lesen wird. Er philosophiert

über die Zeit: die ewig vergangene seit der Erderstehung

und den winzigen Zeitraum eines Menschenlebens. Für ihn

als bald Sterbenden fühlt sich seine Lebenszeit als zu

knapp an. Seinem Sohn stellt er grundsätzliche Fragen zum

menschlichen Leben. Hier wird deutlich, dass Jostein Gaarder

ein philosophischer Schriftsteller ist. Vielleicht erinnert

sich manche Leserin und mancher Leser an sein Werk

„Sofies Welt“, das in die Philosophie einführt.

Das Buch ist unterhaltsam, wenn es um die Erzählung zum

Orangenmädchen geht, es gibt aber auch Anlass zum

Nachdenken über die Lebenszeit der Menschen. Ich schließe

mich den letzten Sätzen des Buches an: „Du, der du dieses

Buch liest, bist so ein Gewinnerlos. Lucky you!“

Annette Gräbner

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