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Michael Sommer: ”Dark Rome”. Das geheime<br />
Leben der Römer, Verlag C. H. Beck,<br />
München <strong>2022</strong>. 288 S., 17 Abb., gebunden,<br />
23,- Euro. ISBN-13: 9783406781445<br />
Willkommen auf der dunklen Seite<br />
der römischen Geschichte! Hier<br />
erwartet Sie eine mal schrille,<br />
mal bedrohliche und immer<br />
„<br />
wieder verstörend vertraute Lebenswelt.<br />
Es ist eine Welt des Drogenkonsums,<br />
perfider Mordanschläge, obskurer Kulte, mysteriöser<br />
Staatsaffären, brutaler Bandenkämpfe und<br />
bizarrer Obsessionen. In dieser Szene finden Sie<br />
keine sittenstrengen Senatoren und Matronen,<br />
sondern treffen auf skrupellose Politiker, in allen<br />
Künsten bewanderte Prostituierte, nervenstarke<br />
Geheimagenten, geniale Waffenkonstrukteure<br />
und kaltblütige Giftmischerinnen. Willkommen<br />
in – Dark Rome!”<br />
schwörung, Nero und Seneca (149–156), Catilina,<br />
Cicero und die Iden des März (156–172) unter<br />
„Verschwörungen und Geheimlogen”. Im Kapitel<br />
„Von schwarzer Magie und seltsamen Verwandlungen”<br />
ist natürlich von Apuleius die Rede, von<br />
Kaiser Claudius und Senecas Apocolocyntosis<br />
(145ff.), interessante Details auch im Kapitel<br />
„Von Giftmischern und Drogendealern”, über die<br />
panische Angst von Mithridates VI., über mehrere<br />
Deutungen des Giftanschlags auf Kaiser Claudius<br />
und jene Giftmorde, die Cicero vor Gericht verhandelte<br />
(108–111); spannend zu lesen auch M.<br />
Sommers Darstellung der Geschehnisse in Konstantinopel<br />
im Kapitel „Von Geheimschriften und<br />
verbotenen Büchern”, die Prokop verfasste; erklärend<br />
fügt M. Sommer hinzu: „War erst Einigkeit<br />
darüber hergestellt, dass ein toter Kaiser schlecht<br />
war, dann war es geradezu die Pflicht der Geschichtsschreibung,<br />
dieses Urteil zu beglaubigen.<br />
Als Material drängten sich Geschichten förmlich<br />
auf, die eine heftig brodelnde Gerüchteküche<br />
kontinuierlich und in rauen Mengen produzierte:<br />
Ausgeburten einer blühenden Phantasie über<br />
das, was hinter den Palastmauern geschah” (65).<br />
Griffige Erklärungen und Korrekturen auch im<br />
Kapitel „Von Spionen und Wunderwaffen”, etwa<br />
zu einer angeblichen Geheimwaffe im Ersten Punischen<br />
Krieg; „Laut Polybios waren die Römer<br />
am Vorabend ihrer ersten Auseinandersetzung<br />
mit Karthago eingefleischte Landratten, die mit<br />
dem nassen Element kaum Erfahrung hatten ...<br />
Entscheidend für den Sieg (der schon angeschlagenen<br />
Flotte bei Mylai) sei eine Vorrichtung am<br />
So wird das Buch im Klappentext beschrieben.<br />
Aber wer wüßte nicht, dass es im alten Rom zuging<br />
„wie im alten Rom”. Das von dem an der<br />
Universität Oldenburg lehrenden und in den Medien<br />
bemerkenswert präsenten Professor für Alte<br />
Geschichte Michael Sommer (Jahrg. 1970) verfasste<br />
Buch ist dann weitaus fundierter und differenzierter<br />
als Schlagworte wie „geheime Orte”,<br />
„verbotene Bücher”, „Wunderwaffen”, „Drogendealer”,<br />
„schwarze Magie”, „organisiertes Verbrechen”,<br />
„Geheimlogen”, „Meuchelmörder”<br />
und dergleichen – allesamt Begriffe aus dem Inhaltsverzeichnis<br />
– es (für mich!) erwarten lassen.<br />
Im WDR fasst Kritiker Denis Scheck seine Leseeindrücke<br />
in wenigen Sätzen zusammen: „Es ist faszinierend<br />
zu lesen, was der Althistoriker Michael<br />
Sommer über das geheime Leben der Römer<br />
ans Licht bringt. „Dark Rome” ist ein klassisches<br />
Sachbuch, liest sich aber kein bisschen trocken,<br />
denn Sommer schreibt so anschaulich über das<br />
römische Imperium wie kein Zweiter in Deutschland.<br />
Als Quelle diente Michael Sommer hier die<br />
Literatur und damit ist „Dark Rome” auch eine<br />
geniale Einführung ins antike Schriftentum. Kurzweilig<br />
und klug erzählt Michael Sommer in ”Dark<br />
Rome” jede Menge Anekdoten und Fakten über<br />
das antike Rom. Lesenswert.”<br />
Die „geniale Einführung ins antike Schrifttum”<br />
besteht vielleicht darin, dass Michael Sommer<br />
(der neben Alter Geschichte auch Klassische Philologie<br />
in Freiburg/Br. studiert hat) nicht chronologisch<br />
vorgeht, sondern (naheliegenderweise) thematisch.<br />
Größeren Raum nehmen dann vielfach<br />
jene Texte und ihre kenntnisreiche Analyse ein,<br />
die im schulischen Lateinunterricht eine wichtige<br />
Rolle spielen: etwa Sextus Roscius aus Ameria (S.<br />
212ff.) unter der Überschrift „Von Falschspielern<br />
und Meuchelmördern”, Gaius Verres (187–194)<br />
und Jugurtha (194ff.) unter „Von Korruption und<br />
organisiertem Verbrechen), die Pisonische Ver-<br />
Reiterstatue Marc Aurels, Kapitolinische Museen (Palazzo dei Conservatori - Palazzo Nuovo)<br />
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