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Die Münchner Jahre des Freilichtmalers Paul Szinyei Merse

Diese kunsthistorische Studie thematisiert die künstlerische Entwicklung in München des ungarischen Freilichtmalers Paul Szinyei Merse.

Diese kunsthistorische Studie thematisiert die künstlerische Entwicklung in München des ungarischen Freilichtmalers Paul Szinyei Merse.

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Vorwort

Die Absicht der vorliegenden Studie ist es, den Lebensweg von Szinyei zu verfolgen, insbesondere

seine Münchner Jahre, welche auch auf die späteren/reifen Lebensphasen und künstlerische

Entwicklung des Künstlers stark auswirkten. All dies ist nur ein Beitrag, eine mögliche Annäherung

an den Themenkreis und nur ein kleiner Ausschnitt aus dieser spannenden Künstlerbiografie, die

zweifellos noch viele Forschungslücken für die Fachwelt verbirgt.

Danksagung

An dieser Stelle sei allen Personen gedankt, die beim Zustandekommen dieser Studie behilflich

waren. Herrn Prof. Dr. Josef Kern sei besonders für seine Unterstützung gedankt. Mit großem

Interesse hat er die Entwicklung meiner Dissertation verfolgt, welche die Münchner Jahre von

Sándor (Alexander )Wagner, einem akademischen Lehrer von Paul Szinyei Merse, darstellt. Meine,

im Jahr 2014 veröffentlichte, Dissertation hat wesentlich zum Verfassen dieser Studie beigetragen.

Ich möchte dem Musikhistoriker und Kunstschreiber György Sándor Gál meinen Dank

aussprechen, der leider nicht mehr unter uns ist, aber wesentlich zu meiner vertieften Beschäftigung

mit Pál Szinyei beigetragen hat. Sein biografischer Roman über Szinye hat bis heute eine tiefe

Wirkung auf mich. Während der Fertigung des Manuskripts stand mir Sarolta Sárosi in

freundschaftlich-unterstützender Weise zur Seite, die auch die Durchsicht und Korrektur des

Manuskripts übernahm, wofür ich mich herzlich bedanke. Dank gebührt auch László Ónodi, der mir

beim softwarespezifischen Thema immer kompetent und bereitwillig weiterhilft.

Design, Übersetzung Deu-Ung / Ung-Deu, Verfasserin, Verlegerin: Szilvia Rad


Inhaltsverzeichnis

Inspiration zum Schreiben dieser Studie

Das Münchner Künstlerleben in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Szinyeis Weg nach München

Ankunft in München und die ersten Erlebnisse

Szinyeis Immatrikulation an der Akademie der bildenden Künste

1869, schicksalbestimmende Ereignisse im Leben von Szinyei

Bildnachweis


Die Münchner Jahre des ungarischen Freilichtmalers

Pál Szinyei Merse

Inspiration zum Schreiben dieser Studie

Der ungarische Musikwissenschaftler und Musikhistoriker Sándor György Gál (1907-1980)

befasste sich neben musikwissenschaftlichen Forschungen mit Kunstgeschichte und schrieb einige

kunsthistorische Beiträge, darunter auch einen äußerst detaillierten und spannenden biografischen

Roman über den ungarischen Freilichtmaler Pál Szinyei Merse (1845-1920). Der Roman wurde

nach dem bekanntesten Gemälde von Szinyei, Majális (Picknick im Freien / 1. Foto) 1 , benannt und

basiert überwiegend auf den biografischen Daten des Malers. Bei der Verfassung der vorliegenden

Studie sind mehrere Einzelheiten - hauptsächlich welche, die das Münchner Leben von Szinyei

thematisieren - diesem faszinierenden Roman entnommen worden. Gáls Buch motivierte mich

dazu, mich eingehender mit den Münchner Jahren von Szinyei zu befassen. Die Genauigkeit der

Daten im Roman ist anhand des Briefnachlasses von Szinyei 2 und anderer Fachliteratur überprüft,

zur Not auch korrigiert und erweitert / ergänzt worden. Der Schwerpunkt dieser Abhandlung liegt

auf den folgenden Fragen: Warum war München in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts attraktiv

für die ungarischen Künstler? Warum wählte Szinyei München als Studienort aus? Wie kam Szinyei

nach München und was waren seine ersten Erlebnisse? Wie begann er sein Studium in München

und wie entwickelte er sich künstlerisch? Bevor diese Fragen behandelt werden, ist es

empfehlenswert, uns einen Überblick über München als attraktive Kunststadt in der zweiten Hälfte

des 19. Jahrhunderts zu verschaffen.

Das Münchner Künstlerleben in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts

Warum entschied sich Szinyei für München und nicht für die anderen europäischen Zentren der

Malerei? Dieser Frage auf den Grund zu gehen ist deswegen gerechtfertigt, weil die Malerei

insbesondere die realistische Historienmalerei in Belgien und Frankreich eine längere Tradition

hatte und dementsprechend verfügte man in diesen Ländern über mehr Erfahrung und Kompetenz,

was diese Gattung betraf. Zu den renommiertesten, akademisch gebildeten Künstlern dieser

Richtung gehörten die Belgier Louis Gallait (1810-1887) und Eduard de Biefve (1808-1882) sowie

die Franzosen Paul Delaroche (1797-1856) und Horace Vernet (1789- 1863). Kommen wir zu den

1 vollständige Buchdaten: Gál György Sándor: Majális. Szinyei Merse Pál élete. Móra kiadó. Budapest, 1975

2 vollständige Buchdaten: Szinyei Merse Anna: A Majális festője közelről. Akadémiai kiadó. Budapest, 1989

4


Argumenten für München zurück!

Zum einen beherrschte Szinyei die deutsche Sprache sehr gut, folglich standen ihm die deutsche

Kultur und Sprache nahe.

Darüber hinaus erlebten damals die Wissenschafts-, Kunst- und Künstlerförderung sowie die

Künstlerausbildung unter den Wittelsbacher Königen eine Glanzzeit in München, nur um einige

Beispiele zu nennen: 1806 Gründung der Königlichen Kunstakademie, 1830 Eröffnung der

Glyptothek mit der Privatsammlung des Königs Ludwig I., 1836 Eröffnung der Alten Pinakothek

ebenfalls mit den Sammlungen von Ludwig I., 1853 Gründung der Neuen Pinakothek unter Max II.,

1854 Gründung der Ausstellungshalle Glaspalast. Ab 1864 führte Ludwig II. diese engagierte

Kunstförderung weiter und ergänzte sie sogar mit Infrastrukturprojekten wie Kanalisation- und

Straßenbau. Allmählich verbesserte sich der Ruf der Stadt vom dreckigen und stinkenden

Seuchennest zur sauberen, ästhetischen und offenen Weltstadt. Von dieser vehementen Städte- und

Kunstförderung hatte Szinyeis ungarischer Kunstlehrer Lajos Mezey (2. Foto) sicherlich erzählt.

Gewiss war dadurch Páls künstlerische Phantasie angeregt und Páls Eltern von München als

vielversprechender Studienort überzeugt.

Ab 1856 hatte allgemein der gute Ruf der modernen, realistischen Geschichtsmalerei in München

unter der Führung von Karl von Piloty (1826-1886, 3. Foto), die stark von den berühmten

Künstlern der neuen Richtung in Belgien und Frankreich beeinflusst war, eine große

Anziehungskraft auf junge ungarische Maler ausgeübt. Dies zeigt sich auch an der Großzahl der

damaligen immatrikulierten ungarischen Studenten der Münchner Kunstakademie. 3

Auch die geografische Entfernung spielte eine beachtenswerte Rolle, denn verkehrstechnisch war

die Strecke zwischen Ungarn und München damals mit wenigeren Unterbrechungen in ziemlich

kurzer Zeit zu bewältigen. Demgemäß waren die Fahrtkosten und der Zeitaufwand viel günstiger als

Reisen nach Belgien oder Frankreich.

Von entscheidender Bedeutung war sicherlich auch, dass Szinyei in München keine

Studiengebühren bezahlen musste, im Gegensatz zu der Wiener oder der Pariser Kunstakademie.

3 Zahlenstatistik der ungarischen Kunststudenten an der Münchner Akademie 1856-1899. In: Szilvia Rád: Das Leben

und Werk des aus Ungarn stammenden Malers und Kunstprofessors Sándor (Alexander) von Wagner (1838-1919),

mit besonderer Berücksichtigung seiner Münchner Jahre. Diss. 2014. S.57, S.251. Dissertation_Rad_Szilvia.pdf

(uni-wuerzburg.de)

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München bot auch günstige soziale Konditionen. Die Mieten der Zimmer und Ateliers waren

beispielsweise niedriger als in den anderen Städten. Der norwegische Kunststudent Theodor

Werenskiold schrieb in den 1870er-Jahren begeistert über München Folgendes: „Es war so billig

dort [ ... ].

Außerdem sprachen wir alle ja ein wenig Deutsch [ ... ]. Es gab gutes Essen und gutes Bier.“ 4

Außerdem wuchs, dank der erfolgreichen Öffentlichkeitsarbeit des Münchner Kunstvereins, das

gesellschaftliche Interesse namhafter Gönner an diesen Künstlern und ihren Arbeiten immer mehr.

Solches gesellschaftliche Interesse, verbunden mit der Aussicht auf finanziellen Unterstützungen,

sicherte den Künstlern ihre Überlebenschancen. Diese Umstände wirkten wie ein Magnet.

Ein weiterer Vorteil war, dass sich in München ein intensives, internationales Künstlerleben

abspielte. Verschiedene Künstlerfeste, Bälle und historisch - kostümierte Maskenzüge sowie

Faschingsfeten belebten die Stadt. Das Münchner Partyleben unter den Künstlern war international

bekannt und berühmt. Die Anfänge der Künstlergesellschaften fielen in die Zeit der

Thronbesteigung Ludwigs I., der bereits als Kronprinz die am Anfang des 19. Jhs. gegründete

deutsche Künstlergesellschaft in Rom unterstützte und sich ihr gelegentlich als Gast anschloss. 5

Bald florierte die Tradition des Feierns und der Kostümaufmärsche auch unter den Kunststudenten

an der Kunstakademie in München. Das gewährte eine Abwechslung und Bereicherung des

Studentenlebens durch viel Geselligkeit und Spaß. 6 Karel Purkyne, ein tschechischer

Akademiestudent schrieb 1855 seinem Vater: „München sprudelt vor sommerlichem Leben, viele

kleine Stürme, Künstlerfeste, Maskeraden, schwarzes Bier, Kalbsfüße und Kalbsköpfe,

volkstümliche Vorstellungen usw.“ 7 Ja, hier müssen wir die Rolle des Biers – Bayerns fünftes

Element 8 oder auch flüssige Nahrung – herausheben, denn das bestimmte stark das

4 Lange, Marit Ingeborg: Norwegische Maler in München in den 1870er Jahren. Gutes Bier - Das ganze Geheimnis?

In: Svermeri og Virkelighet. München i Norsk Maleri. Hg. von DERS. und Knut LJ0GODT. Bergen 2000, S. 358-

365, hier 359 f. Verweis auf diese Quelle in: Birgit Jooss: München als Anziehungspunkt für tschechische I<.ünstler

in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eine Betrachtung aus Münchner Sicht.S.451.

Jooss_Muenchen_als_Anziehungspunkt_fuer_tschechische_Kuenstler_2010.pdf

5 Mehr zur Beziehung von Ludwig zu der deutsch-römischen Künstlerbewegung in: Heilmann, Christoph: Kronprinz

Ludwig von Bayern und die Nazarener-Bewegung. In: Die Nazarener in Rom. Hrsg.: Klaus Gallwitz

Ausstellungskatalog. Ausstellung in der Galleria Nazionale d´Arte Moderna. 22.01.-22.03.1981. Prestel Verlag.

München 1981.S.58-61.

6 Zu den Münchner Künstlerfesten mehr in: Der Münchner Künstlerball. in: Deutsches Kunstblatt. 8.Jhg.

9.Nr.26.Febr.1857.S.9. Dazu noch ein Bericht über die Vorbereitungen auf das Rubensfest 1857. In: Deutsches

Kunstblatt.8.Jhg.Nr. 10.-13.März 1857. S.99. Hierzu auch noch: Münchner Künstlerfeste. Münchner

Künstlerchroniken. Hrsg.: Georg Jacob Wolf. Auch noch Bachmeier, Doris: Lorenz Gedon.

7 Hojda, Zdenek: Prag- München und die bildenden Künstler, S. 147. In: Frank Boldt und Rudolf Hilf: Bayerischböhmische

Nachbarschaft, München 1992, 141-154

8 Haus der Bayerischen Geschichte Bayerische Landesausstellung 2016 „Bier in Bayern“. Aldersbach im Passauer

Land 29.04.2016 – 30.10.2016. In: Microsoft Word - 08 Kurzkonzept.docx (hdbg.de)

6


Gesellschaftsleben in den bayerischen Wirtshäusern und Cafés. Bereits im 19. Jahrhundert war in

München und im ganzen Bayern eine starke Bierkultur zu beobachten. Dazu gehörten bestimmte

stimmungsvolle Elemente wie Anzapfen und Anbandeln, Bieraufstand und Bierkönigin, Brezeln

und Radi, Freibier und Starkbier, Radler und Ruß, Rausch und Genuss, Schützenliesl (4. Foto) und

der Metzger und Kraftmensch Steyrer Hans (5. Foto), Seidla und Pfiff, Weißbier und Weißwurst,

Zoigl und Zwickl, Blasmusik und natürlich die Wirtinnen in ihren Dirndln. 9 Die Wirtshäuser waren

schon damals Inbegriff bayerischer Gemütlichkeit und nicht nur innen, sondern auch außen auf den

Straßen roch es ständig stark nach Bier. Die Atmosphäre des Wirtshauses lebte in besonderer Weise

vom Charakter des Wirtes und der Rolle der Kellnerin im Trachtenkleid. Das Wirtshaus war Bühne

und Ort des Vergnügens, der Geselligkeit, ein Treffpunkt, ein Ort des Konsums und des

Meinungsaustausches. 10 Die Wirte boten Raum und Möglichkeit für die unterschiedlichsten Spiele

und Gaudi, hier wurden Geschäfte ausgehandelt und abgeschlossen, hier wurde geschnupft,

geraucht, gegessen, gemeinsam getrunken 11 , heftig diskutiert, aber manchmal auch gerauft - unter

den Künstlern beispielsweise wegen Geldkredite und Verschuldung. Da war es auch erlaubt zu

musizieren. Sehr viele ungarische Künstler machten gerne Musik: Szinyei spielte zum Beispiel

Cello (6. Foto), Benczúr Violine 12 , Munkácsy konnte sehr gut rhythmisch Pfeifen und Tanzen 13 .

Wenn sie anfingen zu musizieren, dann war die gute Stimmung sichergestellt. Szinyei liebte das

Leben und nahm intensiv am Münchner Künstlerleben teil. 14 Sein Lebensstil war nicht bescheiden

deshalb war er fast immer verschuldet und hatte oft Konflikte mit seinem Vater. Im Allgemeinen

lebten die Künstler meistens mitten im Geschehen, in der Nähe der Akademie und der Cafés, so war

das Heimgehen abends auch im benebelten Zustand nicht so schwierig. Bier, Musik, schmackhaftes

Essen, hübsche Kellnerinnen, schöne Modelle, regelmäßiges Feiern, Reisen, internationale

Künstlerkreise, Ausstellungsmöglichkeiten und gutes Kunststudium - all das waren elementare

Aspekte der Künstler und München sicherte ihnen all diese Voraussetzungen restlos.

9 ebd.

10 ebd.

11 ebd.

12 Vgl: Szinyei Merse Anna: A Majális festője közelről.S.60

13 Vgl: Rippl-Rónai József: Emlékezések (részlet: Munkácsy Mihályról). Nyugat 1908-1941 - 1910. 24. szám.

https://www.arcanum.com/hu/online-kiadvanyok/Nyugat-nyugat-1908-1941-FFFF0002/1910-669780/1910-24-szam-

4F8181/rippl-ronai-jozsef-emlekezesek-reszlet-munkacsy-mihalyrol-138581/

Auch die späteren ungarischen Kunststudenten, wie Simon Hollósy, konnten sehr gut musizieren. Er spielte Violine

auch im Café.

14 Gál: Majális.S.55.

7


Szinyeis Weg nach München

Pál Szinyei Merse wurde 1845 in Szinyeújfalu (historisches Ungarn, Oberungarn, heute Slowakei)

geboren (7. Foto). Er wuchs in einer wohlhabenden adligen Familie auf. Sein Vater, Félix Szinyei Merse

(8. Foto), hatte einen Abschluss in Rechtswissenschaften und arbeitete als königlicher Beamter. Pál

besuchte 1854 das Gymnasium in Eperjes (historisches Ungarn, Oberungarn, heute Slowakei). 1861

wechselte er auf das Premontrei-Gymnasium in Nagyvárad / Großwardein (historisches Ungarn, heute

Rumänien). Sein Kunstlehrer wurde Lajos Mezey (1820-1880, 2. Foto), der während seines Studiums

München, Paris, Venedig und Rom bereiste. Mezey, der im Stil des Barock, Biedermeier und der

Romantik malte, erkannte bald das künstlerische Talent des jungen Szinyei und ermutigte ihn mit Leib und

Seele. 15 Mezey gelang es Felix Szinyei Merse zu überreden, seinen Sohn auf dem Weg in eine

künstlerische Laufbahn zu unterstützen (9. Foto). Auf Vorschlag von Mezey wählte die Familie Szinyei

die Königliche Akademie der bildenden Künste in München als Studienort aus (10. Foto). 16 Warum nicht

Wien, Düsseldorf, Paris, Brüssel oder Rom? Mezeys Empfehlung hatte folgende Gründe: Ab dem Ende

der 1850er Jahre konnte auf dem Gebiet der Künstlerausbildung eine Änderung festgestellt werden. Wien

zählte damals häufig nicht mehr als Endstation, sondern als Vorbereitungsschule für die Münchner

Kunstakademie, die zu den fortschrittlichsten Instituten der realistischen Historienmalerei zählte. Die

Fälle von Sándor (Alexander) Wagner, Sándor (Alexander) Liezen-Mayer oder Bertalan Székely zeigen

dies eindeutig. Es gab in den 1860er-Jahren aber ungarische Künstler wie Pál Szinyei Merse und Gyula

Benczúr, die auf Studien an der Wiener Kunstakademie ganz verzichteten aufgrund der angespannten

politischen Lage zwischen Wien und Ungarn und überholter idealisierender Kunstauffassung. Sie

absolvierten ihre Vorbereitungskurse in Ungarn und studierten dann direkt an der bayerischen

Kunstakademie in München, welche in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Gattung

Historienmalerei einen internationalen Ruf hatte. 17 Diese Argumente waren für Felix Szinyei Merse

ausschlaggebend, denn er wollte, dass sein Sohn in Historienmalerei eine exzellente Ausbildung bekommt.

Ankunft in München und die ersten Erlebnisse

György Sándor Gál beschreibt in seinem Biografieroman ausführlich, wie Pál Szinyei Merse im

Frühling 1864 in München ankam. 18 Die Szinyeis (Páls Vater und Onkel László – 8 / 9. Foto)

15 Vgl: Szinyei Merse Anna: A Majális festője közelről.S.18.

16 ebd.S.20.

17 Hierzu mehr in: Szilvia Rad: Das Leben und Werk des aus Ungarn stammenden Malers und Kunstprofessors Sándor

(Alexander) von Wagner (1838-1919), mit besonderer Berücksichtigung seiner Münchner Jahre. Diss. 2014.S.38-47.

Dissertation_Rad_Szilvia.pdf (uni-wuerzburg.de)

18 Auch in: Szinyei Merse mesél. Esztendö. 1918, május. S. 63-69. Verweis auf diese Quelle in: Szinyei. M. A: A

Majális festöje.S 281 – Im Gegensatz zum Gáls-Roman und zum Artikel in der Zeitschrift Esztendö weist Anna

Szinyei Merse in ihrem Buch darauf hin, dass Pál nicht nur sein Vater sondern auch sein Onkel nach München

begleiteten. In: Szinyei. M. A: A Majális festöje. S.41. Der junge Szinyei hatte eine äußerst gute Beziehung zu

8


fuhren mit dem Zug nach München und als sie am Hauptbahnhof aus dem Zug ausstiegen, war der

junge Szinyei beinahe schockiert (11.a,b,c Foto). Die Größe des Münchner Bahnhofs und die

Menschenmenge wirkten auf ihn erschreckend. Vor dem Bahnhof standen Pferdekutschen, um

deren Plätze es immer einen Wettlauf gab. Die Szinyeis waren die Letzten in diesem Marathonlauf

geworden. Sie standen eine gute halbe Stunde bis wieder eine Kutsche auftauchte. Die Kutsche fuhr

auf den Steinen der Neuhauserstraße und hielt schließlich vor dem Spaten Wirtshaus (ein Paar

Meter entfernt vom Karlstor) an (12. Foto). Der Kutscher erklärte gleich daraufhin: Im Allgemeinen

übernachten die ungarischen Herren meistens hier. 19 Drinnen flogen tatsächlich ungarische Wörter

hin und her. Hier und da setzten Landsmänner. Nach guter ungarischer Sitte schrien sie zum dritten,

vierten Tisch hinüber. Hier sich vorzustellen, war gar nicht nötig. Die Landsmänner kamen von

selber. So setzte sich gleich ein gewisser Herr Kacziány (ein ungarischer Akademiestudent - um

welchen Kaziány es hier genau handelt, erwähnt Gál leider nicht) zu den Szinyeis an den Tisch und

stellte sich höflich vor.

Und weiter: Nachdem sich herausstellte, dass Szinyei zu Piloty wollte, schickte Kacziány 20 ihn

sofort zu den besten ungarischen Kunststudenten, die ihm dann in dieser Hinsicht weiterhalfen.

Gyula Benczúr (einer der besten Studenten) 21 empfahl Pál Szinyei Merse, dass er für die

Akademieaufnahme ein gutes Modell mit einem markanten Gesicht aussuchen müsste, denn das

wäre das Entscheidendste. Wegen der Modellsuche empfahl ihm Benczúr das berühmte Café

Probst. 22 (13.a,b,c, Foto) Benczúr fügte hinzu, dass er, wenn es dort kein Modell gäbe, das Café

seinem Onkel László Szinyei Merse. Er war taubstumm und liebte die bildende Kunst. László hat seinen Neffen oft

in die Natur mitgenommen um Zeichenstudien zu machen. Im Briefnachlass finden sich mehrere deutschsprachige

Briefe zwischen Pál und László. Der Grund dafür war, dass László ein deutsches Taubstummeninstitut besuchte und

deshalb er nur die deutschsprachigen Briefe problemlos verstand.

19 Über ähnliche Erlebnisse berichtet der ungarische Maler Ödön Kaziány (1852-1933), der ab Oktober 1869 ebenfalls

an der Münchner Akademie studierte. Als Kaziány in München ankam, ließ er sich zuerst zum Spaten Wirtshaus in

der Neuhauserstrasse fahren, um Sándor Alexander von Wagner zu treffen. Kaziánys Bericht zeigt auch, dass dieses

Wirtshaus anfänglich den ungarischen Künstlern zweifellos die wichtigste Münchner Adresse war wo sie die

notwendigen Infos zum Neubeginn erhielten. In: Kaziány, Ödön: Emlékezés a múlt századból. I. München a Pilotykorszakban.

(Erinnerungen aus dem letzten Jahrhundert. I. München in der Piloty-Epoche). In: Müvészet. 10.szám

(Nr.) 11.évf. (Jhg.)1912. Emlékezések a múlt századból, Művészet, 1912 (mke.hu)

20 Im Roman stellt sich leider nicht heraus um welchen Kacziány es hier genau gehen kann.

21 Die Szinyeis kannten die Familie Benczúr schon lange da auch die Benczúrs aus Oberungarn stammten. In: Szinyei.

M. A: A Majális festöje.Fußnote.S.74.

(Pál und Gyula haben in München eine lange Freundschaft geschlossen.)

22Fotoquelle: Über Land und Meer, 1893

Hierzu Infos zum Café in Fakten (hartbrunner.de) : 3. Januar 1856 Café Probst - Münchens erstes großes Kaffeehaus.

Das unbestreitbar erste große Kaffeehaus Münchens mit einer aufwändigen Ausstattung ist das Café Probst an der

Neuhauser Straße. Es befindet sich von 1856 bis 1903 an der Stelle des heutigen Kaufhauses Oberpollinger. Zur

Eröffnung vermerkt der Münchner Stadtchronist: „[...] viel bewundert wurden [...] die Schnitzereien des Buffetts und

die Oelgemälde im Billardsaale, die Szenen aus dem Caféhaus-Leben darstellten.“

Gewölbte und glasgedeckte Raumkompartimente, getrennt durch Säulen und Karyatiden, wechseln sich ab;

Stuckornamente überziehen die Wände. König Ludwig I. soll bei der Besichtigung geäußert haben: „Was, was! Stuck!

So viel Stuck! Was bleibt mir dann noch für meine Kirchen!“

9


Minerva oder Lohengrin besuchen sollte. Im bekannten Café Probst fand man jedoch alles, was ein

Maler zum kreativen Schaffen brauchte: Modelle, erfahrene und einflussreiche Kunstmaler,

vielseitige geistige Gespräche, kunstphilosophische Diskussionen, Spiel, Spaß und alle Art kreativer

Anregungen. Das Café Probst bildete auch das Stammlokal von Szinyeis späterem ungarischen

Professor Sándor (Alexander) von Wagner und auch Sándor Liezen-Mayer. 23 Zu den Stammkunden

gehörten auch die bekanntesten Akademieprofessoren wie Schwind, Kaulbach, Ramberg und ab

und zu Piloty. Später schlossen sich der dortigen Künstlergruppe auch andere Ungarn wie die

Wagner- Schüler Szinyei und Géza Dósa an. 24 Das Café war gefüllt mit einer großen ungarischen

Gruppe aus dem alten Kreis und den neuen Ankömmlingen wie Géza Peske, Ödön Kacziány, Ottó

Baditz, Ákos Tolnay, Árpád Feszty, Béla Benczúr, Kornél Herzl (Hernádi), Ferenc Innocent, Jenő

Jendrássik und Imre Greguss. 25 Ab der Mitte der 1870er Jahre war das Café Probst unter den

ungarischen Kunstmalern das meist besuchte Lokal. Das war ein ziemlich nobles Café aber nicht

alle Lokale waren so prachtvoll, einfache Stuben gehörten auch zum wahren Münchner Stadtbild.

Die stimmungsvollen Bilder von Johann Adalbert Heine zeigen authentisch das rege Wirtsstuben-

Leben in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (14.a,b). Auf diesen Darstellungen spürt man

regelrecht die bayerische Gemütlichkeit. Die musikalische Atmosphäre, die Lederhose, die Pfeife

und die Bierkrüge mit Zinndeckeln waren unersetzbare Utensilien, ja, typische symbolhafte

Elemente, welche streng zur bayerischen Identität gehörten (und gehören heute noch). Künstler, die

finanziell nicht genug stark waren, kehrten auch gerne in so eine einfache Münchner Wirtsstube ein

um den Dampf abzulassen und die Realität ein bisschen zu vergessen.

Szinyei erwähnte mehrmals in seinen Briefen, dass er durch Benczúr viele Ungarn kennenlernte.

Besonders freute er sich auf die Freundschaft mit dem Architekturstudenten Mihály Sáska 26 , denn

Sáska unterstützte ihn anfänglich ausgesprochen stark. Auf Vorschlag der erfahrenen ungarischen

Akademiestudenten kaufte sich Szinyei gleich nach seiner Ankunft eine anatomische Gipsfigur, die

er abends zeichnete. Außerdem zeichnete er fleißig einen männlichen Akt (nach Natur) - täglich für

5-7 Stunden. Es war üblich, dass sich Maler zusammentaten und eine Woche lang ein Modell

Der Vergleich zu den kargen Kaffeestuben macht das Aufsehen, welches das Café Probst erregt, nachvollziehbar. Dabei

hat König Ludwig I. angeblich bezweifelt, „dass ein so nobles Kaffeehaus sich halten kann“.

23Vgl.: Lyka Károly: Magyar Müvészélet Münchenben. (Ungarisches Künstlerleben in München).S.13.

24Vgl.:Kaziány, Ödön: Emlékezés a múlt századból. I. München a Piloty-korszakban. (Erinnerungen aus dem letzten

Jahrhundert. I. München in der Piloty-Epoche). In: Müvészet. 10.szám (Nr.) 11.évf. (Jhg.)1912.

25 Vgl. In. Müvészet. 8 szám (Nr.) 9.évf (Jhg.)1910. Digitalisierte Variante: http://www.mke.hu/lyka/09/330-338-

greguss.htm )

26 Matrikeldaten: Matrikeldatenbank - Akademie der Bildenden Künste München (adbk.de) Über die herzliche

Unterstürzung von Mihály Sáska lesen wir in: Szinyei Merse Anna: A Majális festője közelről.S. 39. auch S.47.

10


bezahlten um vor der Aufnahme an die Akademie Aktzeichnung zu üben. Nach Szinyei war das sehr

günstig und vorteilhaft und er nutzte diese Möglichkeit aus, denn er stand kurz vor der Aufnahme. 27

Im Gáls Roman lesen wir, dass es in München auch mehrere - im wahrsten Sinne des Wortes -

Modellmärkte gab. Beispielsweise war die Treppe der alten Kunstakademie zum Modellmarkt

umfunktioniert. Man konnte dort alles Mögliche finden, vom Ritter bis zum römischen Gladiator.

Der andere Modellmarkt befand sich um das Rathaus herum. Bei der Akademie fanden diejenigen

Modelle, die im Stil des Realismus malten und am Rathaus, die Anhänger der Romantik. 28 Neben

den Cafés spielten also auch die Modellmärkte eine große Rolle, denn so hatten die Kunststudenten

immer die Möglichkeit, nach Modell (nach der Natur) zu zeichnen / malen.

Szinyeis Immatrikulation an der Akademie der bildenden Künste

Mit den erlernten Kenntnissen immatrikulierte sich Szinyei am 20.04.1864 an der Münchner

Kunstakademie und wurde dort ordentlicher Student der Antikenklasse. 1865 bekam er die

Matrikelnummer 02050. 29 (16. Foto) Wir lesen im Biografieroman von Gál, dass Herr Kacziány

bereits bei der Ankunft von Szinyei, im Spaten Wirtshaus darauf hindeutete, dass der

Aufnahmeprozess in die Piloty Klasse sehr schwierig und mehrstufig sei. Dies zu erreichen, galt als

das erklärte, höchste Ziel aller jungen Maler der Münchner Kunstakademie. Das bewahrheitete sich

auch im Fall von Szinyei. Besonders kommt diese Tatsache in einem Brief des ungarischen

Studenten zum Ausdruck: „Meine Aufnahme wäre umso größer, da Pilotys Klasse die

hervorragendste in ganz Deutschland ist, daher wollen enorm viele junge Künstler dorthin. Der

Professor hat also eine große Auswahl an Studenten und er nimmt nur die allerbesten.“ 30

Szinyei war anfänglich in die Antikenklasse von Alexander Strähuber (17. Foto) eingeteilt. 1865

wurde er in die Malklasse von Hermann Anschütz (18. Foto) aufgenommen, wo er immer mehr

Begeisterung für die Landschaftsmalerei zeigte. 31 Der junge Ungar bemühte sich mit aller Kraft von

Piloty ausgewählt zu werden, wobei sich die schwache Qualität der damaligen Vorbereitungskurse

27 Szinyei Merse Anna: A Majális festője közelről.S.41. Hierzu auch: Gál: Majális.S.50.

28 Gál György Sándor: Majális. S.39-40.

29 Matrikeldaten: Matrikeldatenbank - Akademie der Bildenden Künste München (adbk.de)

30 Brief an seinen Vater vom 19.11.1866. 75. sz. Levél. In: Szinyei, Merse Anna: A majális festöje közelröl.Szinyei

Merse Pál levelezése. Akadémia kiadó. Budapest 1989. S. 85. Originaltext: „Annyival inkább nagy dolgog volna

felvétetésem`s nagy megkülömböztetés, mivel Piloty osztálya a legkitünöbb egész Nemetországban, `s azért roppant

sok fiatal müvész törekszik oda feljutni tehát a tanárnak van miben válogatni `s ezek közt csak a legjobbat feszi fel.“

31 Vgl. Lázár, Béla: Briefe eines ungarischen Piloty-Schülers. In: Kunst für Alle, 1908-1090.S.527. Die Kunst für alle:

Malerei, Plastik, Graphik, Architektur (24.1908-1909) (uni-heidelberg.de)

11


an der Kunstakademie für ihn erschwerend auswirkte. Trotz Fortschritte sicherte ihm der Kurs bei

Anschütz keine ausreichende Vorbereitung für die Aufnahme bei Piloty. 32 Im Szinyei -

Biografieroman von Gál lesen wir einen interessanten Hinweis auf eine Möglichkeit, die Szinyei

auch nutzte und die ihm auch die Aufnahme sicherte. Nach Gál empfing die Familie Piloty Szinyei

in ihrem Haus. Dort fand ein spannendes Gespräch zwischen dem Meister und dem Schüler statt.

Piloty sprach zu Szinyei: „Sie sind ein echtes Talent. Betrachten Sie die Malerei als Ihre heilige

Berufung und nicht als einen Zeitvertreib gegen Langeweile. Im Übrigen kann ich Sie wegen der

Vorschrift der Akademie noch nicht in meine Klasse aufnehmen. Ich stelle eine Vorbereitungsklasse

[unter der Leitung von Ramberg und Wagner] auf, in der die Unterrichtsstoffe der zwei vorigen

Klassen wiederholt werden, um die Studenten auf die Komponierklasse vorzubereiten. (Piloty

grinste dabei.) Was sagen Sie dazu, wenn wir die Vorschriften austricksen würden? Sie besuchen

meine Klasse als Gast und arbeiten mit den Herren zusammen, mit denen Sie -soviel ich weiß- gut

befreundet sind. Also, Sie studieren zusammen mit Benczúr, Gabriel Max, Makart und Kaziány 33

( das war wahrscheinlich Herr Kaziány aus dem Spaten Wirtshaus). Ich muss sagen, dass in unserer

Klasse eine freundschaftliche Atmosphäre herrscht, aber auch die vollkommene Strenge. Man muss

sehr viel arbeiten, viel mehr, als Sie sich vorstellen. Glauben Sie mir, das ist eine bewährte

Methode: die Faulen laufen davon, die Fleißigen lassen Flügel wachsen.“ 34

Die Freude Szinyeis über Pilotys Angebot mit den besten Schülern lernen zu dürfen, lässt sich

erahnen. Szinyei merkte nämlich immer mehr, dass sein bei der Malklasse von Anschütz

erworbenes Können für die Aufnahme in die Meisterschule von Piloty nicht ausreichen würde.

Darüber beschwerte er sich einmal bei bereits aufgenommenen Piloty - Schülern, wie Hans Makart,

Gyula Benczúr und Sándor (Alexander) Liezen-Mayer. Seine engen Freunde gaben Szinyei Recht,

dass man unter der Leitung von Anschütz nur sehr schwer Fortschritte machte 35 . Diese rechtzeitige

Offenheit brachte ihm Glück, denn nun organisierten ihm seine Freunde zusätzliche gelegentliche

Übungsbesuche bei Piloty, der ihm dies auch selbst vorschlug.

In einem Brief vom 12. Januar 1866 schreibt Szinyei an seinen Vater: „Ich besuche jetzt

gelegentlich [den Kurs von] Piloty. Er versprach mir halbwegs, mich in seine Klasse aufzunehmen,

32 Szinyei, Merse Anna: A majális festöje közelröl.S.72. auch ebd. S. 75.

33 Hier geht es wahrscheinlich um Herrn Kaziány, den Szinyei im Wirtshaus Spaten kennenlernte.

34 Gál, György Sándor: Majális. S.63

Auf dieses Gespräch weist Szinyei in einem an seinen Vater adressierten Brief vom 06.03.1866. In: Szinyei, Merse

Anna: A majális festöje közelröl.S.75.

35 Brief an seinen Vater von 06.03.1866. 65. sz. Levél. In: Szinyei, Merse Anna: A majális festöje közelröl.S. 75.

Hinweis auf : Dissertation_Rad_Szilvia.pdf (uni-wuerzburg.de) S.108.

12


aber nur dann, wenn ich entsprechende Fortschritte mache. Dafür wird sich jetzt wohl auch die

Gelegenheit ergeben, da das Lehrgremium der Akademie einsah, dass die jetzige Malschule

[gemeint Malklasse] unter der Führung von Anschütz ungenügend für das Erlernen der Malerei ist

und somit für den Übergang in die Componier-Klasse [gemeint ist die Piloty-Klasse]. Deswegen

will [die Akademieleitung] eine sogenannte Vermittlerklasse unter der Führung unseres

Landsmannes Sándor Alexander Wagner aufstellen. Dies ist allerdings noch nicht sicher, da dies

noch ein Plan ist. Aber wenn diese Klasse eingeführt wird, was spätestens bis Ostern passieren wird,

werde ich dort sicher aufgenommen sein. Denn Piloty selbst hat es mir versprochen, dann wird sich

mir die beste Bildungsgelegenheit/Möglichkeit eröffnet, die ich möglichst ausnutzen werde.“ 36

Am 16. April 1866 begann Wagners Kurs an der Kunstakademie (19. Foto). Zu seinen allerersten

Schülern gehörte neben Szinyei noch ein weiterer Ungar, Géza Salamon. Andere Freunde von ihm

wie Wilhelm Leibl, Theodor Alt und Johannes Sperl (Mitglieder des späteren Leibl-Kreises) gingen

nach der Anschütz-Klasse in jene von Arthur von Ramberg 37 , die im gleichen Jahr entstand, mit

derselben Zielsetzung, wie sie Wagner verfolgte. Die Anschütz - Klasse blieb natürlich weiterhin

bestehen, um sich nach der Antikenklasse um die Anfängerstudenten der Malerei zu kümmern.

Nach der Absolvierung der Anschütz - Klasse gingen diese Studenten in die Malklasse für

Fortgeschrittene von Wagner oder Ramberg. Nach dieser Vorbereitung kamen die Studenten in die

Piloty-Komponierklasse. Damit ging das Konzept der echten Meisterklasse von Piloty auf, denn er

holte sich nur die Allerbesten in seinen Kurs – siehe oben Szinyeis Bericht.

Die Vorbereitungskurse unter Wagner und Ramberg veränderten damals den kunstpädagogischen

Bereich der Kunstakademie sehr positiv. Lassen wir hierzu wieder Szinyei als persönlich

Betroffenen zu Wort kommen: „Ich arbeite jetzt [in der neuen Wagner-Klasse] mit Leidenschaft und

Lust. Wir haben schöne Modelle. Sie nehmen auch längere Sitzungen in Kauf als früher, daher

können wir sie besser ausarbeiten und ich lerne dadurch viel mehr. Es gibt auch Abwechslung. Wir

36 Szinyei Merse Anna: A majális festöje: Brief an seinen Vater von 12..01.1866. 63.sz. levél. S. 72. Eigene

Übersetzung ins Deutsche. Originaltext: „- Pilotyhoz eljárok, ki félig meddig meg is igérte, hogy felvesz az

osztályába, ha a kellö elörehaladást megteszem, melyre mostan alkalmasint tér is fog nyilni, mert az Akadémiai

testület belátta, hogy mostani Malschule Anschütz vezetése alatt elégtelen arra, hogy jól meglehessen tanulni festeni,

és a componier-Schuleba általmenni, azért egy új mint egy közvetitö osztályt akarnak felállitani Wagner Sánor

hazánkfia tanársága alatt. Ez külömben még nem biztos, csak terv, de ha kivittetik, a mi legkésöbb húsvétig meglesz

akkor én oda biztosan be fogok vétetni, mert Piloty tanár igéretét bírom akkor pedig legjobb alkalom nyílik

kiképzésemre melyet a lehetöségig ki fogok használni.“

37 Arthur Georg Freiherr von Ramberg (1819-1875) war ein Historien- und Genremaler, Lithograph und Zeichner für

Kupferstich und Holzschnitt. Seine Malerei war überwiegend von Piloty und Schwind beeinflusst. Neben seiner

künstlerischen Praxis war er Professor an der Kunstschule Weimar und von 1866 bis 1875 an der Münchner

Akademie. In: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Hrsg.: Ulrich

Thieme, Felix Becker: Band 27. E. A. Seemann, Leipzig 1933. S.587.

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malen unsere Modelle meistens im Großformat. Mein Lehrer Wagner war bisher mit mir zufrieden,

sowohl mit meinem Fleiß als auch mit meiner Entwicklung. Das hat er mir mehrmals selbst

gesagt.“ 38 Zu Szinyeis damaliger Entfaltung berichtet die Kunsthistorikerin Anna Szinyei Merse,

eine Verwandte des jungen Künstlers: „Die Zahl der Studien und der Kompositionen stieg während

seines Studiums bei Sándor Wagner deutlich. (…) Die besten Kopfstudien machte er in der Wagner-

Klasse. Mit der Darstellung seines Bruders Zsigmond mit Pfeife zeigte sich Szinyei bereits als

reifer realistischer Porträtmaler.“ 39

An einem solch dankbaren Echo zeigt sich Wagners lebhafter kunstpädagogischer Einsatz. Er

wusste vor allem die zeichnen-technischen Mängel der Anschütz-Schüler durch gezielte

kunstpädagogische Ergänzungen auszugleichen. Wir haben von seinem Schüler gehört, dass die

Modelle für längere Sitzungen bestellt wurden. Dies gab den Schülern mehr Zeit zu schärferer

Beobachtung und größerer Genauigkeit in ihrer Arbeitsweise. Wagners besondere Ziele waren:

- Entwicklung des Gefühls für Form

- Stoff und Plastizität-Wahrnehmung lebensnaher Licht- und Schattenverhältnisse

- Sinn für Farben

- Gespür der inneren, seelischen Inhalte

- bühnenhafter Bildaufbau 40

Wagner wusste diese Faktoren bei der Maltechnik seiner Schüler zu aktivieren und zu fördern.

Dabei zeigte sich seine Basis als vollkommen identisch mit Pilotys Kunstverständnis und dadurch

war die Aufnahme für diese Studenten in dessen Meisterklasse so gut wie sicher.

Das Erlernen der bühnenhaften Komposition á la Piloty erwies sich als sehr schwierig für den

jungen Szinyei. Er mühte sich sehr ab, sich die strengen Regeln des Bildaufbaus anzueignen und sie

umzusetzen. Aus der Korrespondenz geht hervor, dass er stark mit sich selbst kämpfte, weil ihm das

freie Malen der Landschaft viel näher stand als das akademisch festgebundene, regel-gesteuerte

Komponieren. Besonders schwer fiel Szinyei, Gesichter zu porträtieren und Menschenmengen in

geschlossenen Räumen zu malen. Am Ende der 1860er Jahre ging er immer öfter raus in die Natur

38 Brief an seinen Vater. 70.Sz. levél. In: Szinyei, Merse Anna: A majális festöje közelröl.S. 80. Originaltext: „…

Passzióval és kedvvel dolgozom mostan, szép modeljeink vannak, s tovább is ülnek, mint azelött, s azért jobben

kidolgozhatjuk, miért többet is tanulok rajta, nagyob változatosság is van, s többnyire igen nagyban festjük, egész

alakot életnagyságban. Wagner tanárom eddig meg volt elégedve, mind szorgalmammal, mind elömenetelemmel,

mit ugyan szemtelenségnek tartanék magamról irni, ha ö több izben elöttem nem nyilvánitotta volna

megelégedését.“

39 Szinyei Merse, Anna; Bildgattungen und Themen im Jugendwerk von Pál Szinyei Merse. Ein ikonografischer

Ausblick. In: Acta Historiae Artium. 3.-4. Szám (Nummer) Budapest 1981. S.287.

40 Hierzu mehr in: Szilvia Rad: Das Leben und Werk des aus Ungarn stammenden Malers und Kunstprofessors Sándor

(Alexander) von Wagner (1838-1919), mit besonderer Berücksichtigung seiner Münchner Jahre. Diss. 2014. S.110.

Dissertation_Rad_Szilvia.pdf (uni-wuerzburg.de)

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und malte Landschaftsszenen. Zusammen mit seinen früheren Studienkollegen aus der Anschütz –

Klasse, wie Wilhelm Leibl, Rudolf Hirth und Johann Sperl 41 machte Szinyei oft auch Ausflüge zum

Starnberger See und malte die südbayerischen Regionen. 42 Sein kleinformatiges Bild „Segelboot auf

dem Starnberger See“ (1867) (20. Foto) stammt auch aus dieser Periode. 43

Bei seinen Naturstudien kam der Ungar schon früh zur Schlussfolgerung, dass die akademischen

Lehren nicht der Wahrheit der Natur entsprechen. In der Natur gibt es nämlich keine bühnenhaften

Verhältnisse, keine strenge Bildaufteilung und keine spothaften Lichteffekte. Szinyei sammelte

zahlreiche Erfahrungen beispielsweise im Bereich des Lichts unter freiem Himmel. 44 Er machte eine

große Entdeckung und begann heimlich zu experimentieren. Hierzu berichtet Gál einige spannende

Details, über welche wir schon auf Seite 8 lesen konnten. Kehren wir aber noch ein bisschen zu

diesen Details zurück, weil sie ausschlaggebend für die Entwicklung von Szinyei waren. Es handelt

sich da um Szinyeis Besuch bei der Familie Piloty und dazu gehört eine fesselnde Vorgeschichte:

Szinyei konnte seine Natur-spezifischen Erkenntnisse nicht lange verstecken, denn einer seiner

engsten Freunde, Gabriel Max (21. Foto), entdeckte bald einen kleinen innovativen Entwurf auf

einem Stück Blech von Szinyei. Darauf waren nur einige lockere Pinselstriche zu sehen, aber sie

wirkten aus der Entfernung wie ein Wunder. Der Ungar malte mit ein paar Handbewegungen eine

frisch-grüne Wiesenlandschaft, darauf warf er eine knallrote Decke und ein paar Figuren - eine

Mutter mit ihren Kindern -, welche nur angedeutet waren. 45 Gabriel Max erzählte sofort in der

Malklasse von dieser Sensation. Die anderen wollten Szinyeis Entwurf natürlich auch sehen.

Schließlich gab Szinyei nach und zeigte seine Skizze. In der Nähe hatte sie auf die Studenten keine

besondere Wirkung, nur das rasche Spiel der Pinselstriche und der starke Komplementärkontrast

fiel ihnen auf. Die Zauberei begann erst, wenn sie sie aus einer gewissen Entfernung betrachteten,

denn die rein-bunten Farben, die lockere, fleckige Nebeneinadersetzung der starken

41 Die Gruppe um Leibl, Hirth, Alt und Sperl bildete den Kern der Rambergschule und kann bereits als früher „Leibl-

Kreis“ bezeichnet werden. In: Wilhelm Leibl. Wer war Wilhelm Leibl? Wilhelm Leibl: Alles Wissenswerte über den

Münchner Realisten | AiW (artinwords.de)

42 Gál, György Sándor: Majális. S.73 Hierzu auch: Bèla Lázár: Ein Vorläufer der Pleinaiermalerei.Leipzig 1911. S.22.

43 „Das Gemälde war im Besitz des Budapester Museums der Schönen Künste, verschwand aber um die Jahreswende

1944/45, als die Sammlung des Museums in den Westen in Sicherheit gebracht wurde, sagte der stellvertretende

Generaldirektor György Szűcs. Kürzlich wurde es in einer Privatsammlung in den Vereinigten Staaten von Mihály

Szarvasy, einem in Ungarn geborenen Kunstsammler aus New York, entdeckt, der es für die MNG-Sammlung des

Museums der Schönen Künste erwarb und schenkte. Er lieferte das Gemälde mit Hilfe des ungarischen

Generalkonsulats in New York nach Ungarn“, so der Kunsthistoriker György Szűcs. In:Verloren geglaubtes

Gemälde von Szinyei kehrt nach 80 Jahren zurück (ungarnheute.hu)

44 Dezsö Malonyai: Szinyei Merse Pál. Budapest 1910. S.11.

45 Die Skizze war eine Vorstudie des Mutter mit ihren Kindern, das Szinyei 1869 zu Ende führte. Hinweis auf darauf

dass Szinyei im Frühling 1869 an seinem Bild Mutter mit ihren Kindern arbeitete, welches auch verkauft wurde. In:

Szinyei, Merse Anna: A majális festöje közelröl. S.126. Auch in: Gál: Majális. S.59.

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komplementären Farbenwerte vermischten sich im Auge des Betrachters. 46 Zweifelslos war dieses

Seherlebnis vollkommen neu. Plötzlich betrat der Akademieprofessor, Karl Piloty den Raum und

entdeckte sofort Szinyeis Bildchen. Pilotys Begeisterung war offensichtlich sehr groß. Er holte

sogar seine Frau in die Klasse, um das Bild zu zeigen. Frau Piloty wurde ebenfalls enthusiastisch

und wollte das Bild haben. Der junge Ungar versprach ihr, dass er das Bild persönlich

vorbeibringen wird. 47 Während des Besuchs äußerte sich Piloty mehrmals anerkennend über die

Malkunst von Szinyei (siehe auch Seite 8). Der Akademieprofessor fand auch schnell eine Lösung,

das junge Talent tatkräftig zu unterstützen. In seine Komponierklasse konnte er ihn zwar offiziell

noch nicht aufnehmen, aber er erlaubte Szinyei seinen Kurs -parallel zur Malklasse- als Gaststudent

zu besuchen. Außerdem ermutigte der Professor Szinyei mehr unter freiem Himmel zu malen und

bekräftigte Szinyeis Absicht, regelmäßig draußen Naturlandschaften zu fertigen, denn das ist das,

wofür sein Herz schlägt. 48

Nach der Einladung studierte bald Szinyei mit den besten Piloty - Studenten wie Gabriel Max,

Gyula Benczúr (22.a,b, Foto) und Franz Makart (23. Foto) zusammen. 49 Der junge Ungar war

natürlich Feuer und Flamme, doch früh stellte sich heraus, dass ihm die Gattung der

Historienmalerei, das Malen der Menschenmengen und Geschichtsszenen gar nicht lagen. Szinyei

strengte sich bis zur Erschöpfung an, aber seine Anstrengungen endeten meistens in einem Fiasko.

Was die Zukunft betraf, wiesen Szinyeis Erfahrungen an der Münchner Akademie auf keine

vielversprechenden Aussichten hin.

Ab 1869 studierte er endlich offiziell bei Piloty, und es dauerte insgesamt dreieinhalb Jahre, bis er

nachlesbar in jener Elite-Gruppe malen lernen durfte. Das letzte Jahr in der Wagner-Klasse, so

meint er rückblickend, hätte ihm dabei am meisten gebracht. Er schaffte die Aufnahmeprüfung und

trotz des Schwerpunktes auf die Geschichtsmalerei in der Meisterklasse, ließ man Szinyei seine

offene Neigung und sein Talent für malerische Landschaften ungehindert ausleben. Der Erfolg

dieser Toleranz stellte sich bereits in der Wagner-Klasse und im Gaststudium bei Piloty ein und erst

recht im offiziellen Anschluss bei Piloty. Ein Beispiel bildet etwa die 1867 entstandene Studie Faun

und Nymphe in der Natur (24.a Foto). 1868 entstand das Bild Faun und Nymphe, das im Besitz der

Ungarischen Nationalgalerie ist. Die Darstellung einer wilden Busch- und Baumlandschaft beweist

den Erfolg dieser Freiheit. Auch wenn Piloty die Kopfdarstellung des Fauns kritisch betrachtete und

46 Gál, György Sándor: Majális. S.59

47 Ebd. Hinweis darauf dass Piloty Szinyeis Skizze positiv empfing auch hier: ein in München geschriebenen Brief

vom 19. Juli 1869, Szinyei Merse Paál apjához. In: Szinyei, Merse Anna: A majális festöje közelröl. S. 135

48 Gál, György Sándor: Majális. S. 66

49 ebd. S.63

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den Einfluss Böcklins erkannte, ermutigte er Szinyei, das Bild an die Wiener Kunstausstellung von

1868 einzuschicken, weil die freie wilde Naturszene äußerst überzeugend war. 50 (24.b.)

Unter solchen Arbeitsbedingungen und bei einer derartigen wohlwollenden Ermutigung erzielte

Szinyei Fortschritte in seiner das Naturlicht besonders aufnehmenden Landschaftsmalerei. Er

entdeckte allmählich selbstständig (auch unabhängig vom Studium französischer Vorreiter des

Impressionismus`), wie man ein Landschaftsbild organisiert, und zwar vor allem unter

Berücksichtigung der Kontrastwirkung der Lichteffekte. 51 Es wird vom Valeurproblem gesprochen,

auf Deutsch von der Gewichtung der unterschiedlichen natürlichen Lichteffekte. Diese

Auseinandersetzung Szinyeis mit dem natürlichen Sonnenlicht zeigte ihre Ergebnisse 1869 in

mehreren Werken: Hinta (1869, Schaukel, 25. Foto), Ruhaszárítás (1869, Wäschetrocknen bzw.

Wäscheaufhängen, 26. Foto) und Mályvák (1868-69, Malven, 27. Foto). Jeder Betrachter kann

sehen, dass wir bei diesen Werken bereits den Impressionismus spüren. Wagners Schüler ging damit

seinen eigenen Weg, um vor allem Freilichtmaler zu werden. Diese Etappe von Szinyei beschrieb

der Kunsthistoriker Georg Jakob Wolf Folgendes: „Szinyeis Entwicklungsgang: er gehörte Ende der

sechziger Jahre jenem Genie-Schwarm an, der sich in Karl Pilotys Münchner Werkstatt

zusammenfand. Gabriel Max und Wilhelm Leibl waren dort seine Intimsten. Auch Victor Müller

und Arnold Böcklin durfte er nähertreten; sie alle halfen mit sein Werk zu bereichern, den Ernst

seines Strebens zu fördern, seine schlummernden Fähigkeiten zu entwickeln. Szinyei stand also

damals jenem Kreis nicht ferne, den Thoma „die erste Sezession“ getauft hat. Die Bilder der

Franzosen kannte Szinyei nur vom Hörensagen. [Georg Jacob Wolf schreibt:] In seinen

handschriftlichen Memoiren erzählt er dies: „Meine Kollegen Gabriel Marx und Victor Müller, die

die Pariser Ausstellung vom Jahre 1867 gesehen hatten, konnten den französischen Malern nicht

genug Wunder erzählen. Ihre Bilder, so sagten sie, sind gar nicht komponiert und erscheinen ganz

natürlich. Alles ist in einfachen, hellen Farben gemalt, der grüne Rasen hellgrün, der Himmel blau,

das rote Tuch rot! Halt, das wäre ja eben, was auch ich will! So wurde ich zum Nachahmer der

französischen Maler, bevor ich auch nur ein einziges ihrer Bilder gesehen hatte: ab invisis.“ - Das

ist der springende Punkt: Szinyeis „Schaukel“ (1869), „Wäscherinnen“ (1869) (gemeint ist hier das

Wäscheaufhängen), „Rokoko“ (1872), „Maifest“ (1873), Bilder, die ein skrupelloser Händler noch

vor wenigen Jahren unbedenklich als frühe Monets oder Renoirs hätte auf den Markt bringen

50 Vgl.: Brief an seinen Vater von 13.07.1868. 113.Brief. In: Szinyei, Merse Anna: A majális festöje közelröl. S. 120.

Hierzu auch: Meller, Simon: Szinyei Merse Pál èlete és müvei. Az Országos Magyar Szépmüvészeti Múzeum

kiadványa. Budapest 1935. S.52. Hier auch: Gál: Majális.75.o.

51 Vgl.: Gál: Majális. S. 58.

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können, sind ganz unabhängig von den Franzosen entstanden. Welche erstaunliche Duplizität der

malerischen Ereignisse!“ 52

München, 1869: schicksalbestimmende Ereignisse im Leben von Szinyei

Ab 1869 fanden im 1853/54 erbauten Münchner Glaspalast Internationale Kunstausstellungen statt,

die vom kunstliebenden Ludwig II. sehr stark gefördert wurden. 53 Neben dem Ausstellen und

Vermitteln von Kunstwerken wurden auch politische Ziele verfolgt: Die bayerische Hauptstadt

wollte an dem bereits begonnenen Wettstreit anderer Staaten aktiv beteiligt sein und die führende

Position von Paris streitig machen. „Hierzu bot die Organisation der ersten internationalen

Kunstausstellung auf deutschem Boden einen guten Ausgangspunkt“ 54 , meint die Kunsthistorikerin

Andrea Größlein. So eroberten die deutschen Pleinairisten, die Realisten und die Impressionisten

unter französischem Einfluss allmählich die Münchner Kunstszene. Das Jahr 1869 war nicht nur

wegen der Eröffnung der ersten internationalen Glaspalastausstellung bedeutend, sondern auch

wegen der Vorstellung mehrerer freilichtmalerischer Werke der Münchner Landschaftsmaler Adolf

Lier oder Josef Wenglein. Außerdem wurden ca. 350 Bilder aus Frankreich ausgestellt 55 , die das

Münchner Publikum mit Begeisterung aufnahm. Dabei fanden sich Werke, unter anderem auch

Landschaftsbilder, des berühmten Realisten Gustav Courbet und der bereits bekannten

Freilichtmaler der französischen Barbizon - Künstlerkolonie wie Corot, Daubigny, Dupré, Millet

und Rousseau. 56 Eduard Schleich d. Ä., der Vorstand des Ausstellungskomitees und der Preisjury

war, hatte trotz Widerständen die oben genannten französischen Maler und hierzu noch Courbet und

Manet ausgewählt und eine gute Platzierung veranlasst. 57

Den größten Eindruck auf die Münchner Künstler und die Kunststudenten übte der realistische und

gesellschaftskritische Maler Gustave Courbet aus. Er erhielt einen eigenen Saal, wo u. a. auch sein

52 Wolf, Georg Jacob: Paul Merse von Szinyei. G.J.W.1911-1912.III.In: Die Kunst für Alle. S.52 Die Kunst für alle:

Malerei, Plastik, Graphik, Architektur (27.1911-1912) (uni-heidelberg.de)

53 Mehr hierzu in: Grösslein, Andrea: Die internationalen Kunstausstellungen der Münchner Künstlergenossenschaft

im Glaspalast in München von 1869 bis 1888. Neue Schriftenreihe des Stadtarchivs München. München 1987. S.30-

31.

54 ebd.S.33

55 ebd.S.49

56 Vgl.: Katalog zur I. internationalen Kunstausstellung im Königlichen Glaspalast zu München 1869. Digitalisierte

Seite:Katalog zur I. internationalen Kunstausstellung im Königlichen Glaspalaste zu München : Eröffnung am 20.

Juli, Schluss am 31. Oktober 1869 | bavarikon Zugriff vom 17.04.2022 Courbet stellte insgesamt sieben Bilder aus.

Darunter finden wir Stilleben, Genre und Landschaftsbilder. Courbets Werke im Katalog auf der Seite 14, 53, 55, 56,

64. Die Pleinairisten befinden sich auf den folgenden Seiten: Corot: S.48, 49, 54., Daubigny: S.62, 63., Dupré: S.50.,

Millet: S.55, 99., Rousseau: S.13. Hierzu auch: Dissertation_Rad_Szilvia.pdf (uni-wuerzburg.de)

57 Hinweis darauf in: Grösslein, Andrea: Die internationalen Kunstausstellungen…S.52.

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Bild Steinklopfer hing. 58 Jener war nicht nur durch seine Bilder anwesend, sondern auch als freier

Dozent persönlich da. 59 Er ging mit einer Gruppe von Akademiemitgliedern in die Natur und lehrte

dort realistische Naturmalerei vor Ort, direkt vor den Motiven 60 , ganz in der Tradition der

Künstlerkolonie von Barbizon und fern von der Tradition der Ateliermalerei. Dabei übernahm die

Rolle des Übersetzers u. a. Szinyei, der neben Deutsch auch fließend Französisch sprach. 61 Ein

anderes Mal arbeitete Courbet im Akademieatelier von Prof. Ramberg, auf Wunsch anderer

Dozenten wie Piloty und Kaulbach. Es entstand dabei nach einem Modell ein Frauenakt, nicht

verschönert, nicht idealisiert, vielmehr mit allen körperlichen Fehlern des Modells. Dieses Bild

wurde eines seiner bedeutendsten Aktbildnisse - La Femme de Munich (Die Münchnerin). 62 So

entstand von der Hand dieses feinfühligen und einfühlsamen Meisters ein Bild von weiblicher

Intimität in einer wahrheitsgemäßen Darstellung. Der "Meister von Ornans" (28. Foto) bemühte

sich, seine eigene, innovative Kunstauffassung durch Hervorhebung verborgener Wahrheiten der

Dinge zu verdeutlichen; sein Ziel war eine Darstellung in höchster Ehrlichkeit. Diese neu gesehene

Realität kann schamlos erscheinen, aber die Absicht des Künstlers war keineswegs Peinlichkeit oder

Bloßstellung, sondern eine Hommage an die Wirklichkeitstreue.

Courbets Wirkung auf die Dozenten und Studenten der Münchner Kunstakademie lässt sich anhand

zahlreicher in seiner Nachfolge entstandener Gemälde nachvollziehen. Courbets schonungslose Art

von Realismus brachte die Kunstwelt in Bewegung, nicht nur in München. Da waren viele

Anregungen, da war unglaublicher Mut und da waren seine klaren künstlerischen Ansprüche, mit

denen er alle schockierte. Das künstlerische "Erlebnis Courbet" gewann bei vielen Studenten an der

Münchner Kunstakademie große Bedeutung. Studentengruppen gründeten sich und niemand

wunderte sich über ihre Opposition zum damaligen etablierten Profil der Kunstakademie. Zu den

rebellischsten Studenten der Kunstakademie gehörte beispielsweise auch Szinyei. 63 Der heftigste

Kritiker war jedoch Wilhelm Leibl, welcher am schnellsten mit der Akademie brach und der mit

anderen geistesverwandten Studenten wie Johannes Sperl, Fritz Schider, Theodor Alt oder Rudolf

Hirth den so genannten Leibl-Kreis unter folgendem Motto gründete 64 : Wir malen nach der Natur in

58 ebd.S.54-55.

59 Vgl.: Lajos Végvári: Szinyei Merse Pál 1845-1920. Corvina. Budapest 1986. S.36-37

60 ebd.

61 ebd.S.36.

62 Vgl.: Fernier, Robert: La vie et l`oevre de Gustav Courbet. Catalogue raisonné. 1-2. Bd. Lausanne/Paris 1977/1978.

Auch in : Courbet und Deutschland. Ausstellungskatalog von der Hamburger Kunsthalle und vom Kunstinstitut

Frankfurt am Main. DuMont. 1978. S. 376.

63 Dezsö Malonyai: Szinyei Merse Pál. Budapest 1910. S.14.

64 Hierzu mehr in: Hermann-Bernays, Uhde: Die Münchner Malerei im 19.Jahrhundert.Teil 2. neu herausgegeben von

Eberhard Ruhmer. Bruckmann. München 1983. S.134f. Empfohlene Literatur hierzu: Petzet, Michael(Hrsg.):

Wilhelm Leibl und sein Kreis. Prestel. München 1974. Auch noch: Schönmetzler, Klaus (Hrsg.): Wilhelm Leibl und

seine Malerfreunde. Rosenheimer Verlagshaus. Rosenheim 2001.

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ihrer wahren Erscheinung und auch in der Natur, d. h. direkt vor den Motiven! Und wir leben so,

wie es uns gefällt: frei wie und frei nach Courbet. Anliegen dieser emanzipierten Künstlergruppe

war es, die Welt aus ihrer Sicht möglichst lebensnah zu spiegeln. Szinyei arbeitete damals mit Leibl

und den anderen Courbet - Fans in einem Atelier in der Arcistraße zusammen, das von der

Akademie gemietet war. 65

Maltechnisch gesehen, fanden Szinyei und Leibl das Ton-in-Ton-Malen von Courbet sehr spannend

und dem Beispiel von Leibl folgend. begann Szinyei auch in Ton zu malen. Auch Szinyeis Briefe

berichten von seinen damaligen Bestrebungen und Zielen. In einem Brief vom 9 . August 1869

schrieb er folgendermaßen: „Die hiesige Ausstellung war ganz großartig, sie übertraf alle

Erwartungen. Für mich war sie von großer Bedeutung. Es war die erste Gelegenheit, die hiesige

Schule mit anderen zu vergleichen und den außer Zweifel stehenden Sieg der Franzosen zu sehen.

Vor allem konnte ich den schädlichen Einfluss der Schulen beobachten. Zwar ist dieser Einfluss

eine Zeit lang unumgänglich notwendig, doch später er-tötet er jede Originalität. Und diese ist doch

der größte Schatz des Künstlers, den er, weil er so leicht verloren geht, eifersüchtig bewahren sollte

“. 66

Szinyei fühlte sich in seinen Ansichten bestätigt und schrieb an seinen Vater: „Ich war erstaunt wie

sehr die Werke der französischen Künstler mir Recht gegeben haben. Es scheint also, dass ich doch

kein so schlechtes Auge habe, wie viele behaupten wollen. Courbet und die Franzosen haben mich

in meiner eigenen Auffassung vollkommen bestärkt". Szinyei führte seine Gedanken weiter: „Ich

erinnere mich lebhaft an deine Worte, nicht bei einem Meister zu bleiben, sondern in der Welt

Umschau zu halten. Du hast da eine große Wahrheit ausgesprochen! Ich bin entschlossen, aus

Pilotys Schule auszutreten und fortab nur einem Lehrer zu folgen, der mich bestens leiten wird.

Dieser Lehrer ist die Natur. Vorläufig miete ich mir hier ein Atelier. Es ist unbedingt notwendig,

dass ich ein halbes Jahr ohne Störung arbeite und das kann ich hier am besten. Ich muss die vielen

neuen Eindrücke des letzten halben Jahres in Ruhe verarbeiten. Ich darf sie nicht durch eine neue

Reise vermehren, sonst entsteht ein Chaos daraus, dass mir nicht Nutzen, sondern nur Schaden

bringen kann. Ich gehe also eine Woche aufs Land, um Studien zu machen..." 67

Mit seinem Entschluss, aus der Piloty - Schule auszutreten und selbstständig in einem Atelier zu

arbeiten, war Szinyei nicht allein. Auch Leibl hegte die gleiche Intention. Beide fühlten, dass sie

65 Rudolf Hirth du Frênes im Atelier :: Nationalgalerie :: museum-digital:staatliche museen zu berlin

66 Brief an seinen Vater vom 09.08.1869. In: Szinyei, Merse Anna: A majális festöje közelröl. S.136. Hierzu auch: Bèla

Lázár: Ein Vorläufer der Pleinaiermalerei.Leipzig 1911. S.23

67 Bèla Lázár: Ein Vorläufer der Pleinaiermalerei.Leipzig 1911. S.23 - PaulMersevonSzinyei_10593775.pdf 136-137.o.

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keine geistige Verbindung mehr zu Piloty haben, denn sie waren von neuen Idealen erfüllt. Die

gemeinsam verbrachten Tage und Erlebnisse mit Courbet waren schicksalbestimmend für Szinyei

und seine Geistesverwandten. In den Briefen von Szinyei haben wir einen weiteren Beweis

erhalten, wie mächtig der Eindruck war, den die Münchner Ausstellung vom Jahre 1869 auf die

jungen aufstrebenden Künstler ausgeübt hatte. Im November 1869 trat Szinyei endgültig aus der

Akademie aus und mietete ab 1. November in der Äussere Landwehrstrasse 10, im ersten Stock ein

Atelier. Im gleichen Haus mietete auch Szinyeis Freund Gabriel Max ein Studio, so wurden sie

Atelier-Nachbarn. Szinyeis Wohnung war ein paar Minuten weiter in der Arcostraße ¾. 68 Als er die

Schule verließ, arbeitete er härter als zuvor. Vom Fenster seines Ateliers aus malte er sein erstes

selbstständiges Bild, welches den Titel Abendstern (1869, 29. Foto) trug. Die Selbstständigkeit

dauerte leider nicht lange, denn Szinyei wurde nach Hause gerufen, weil sein Vater krank war.

Szinyei musste sich zwischen November 1869 und März 1870 um das Familien-Anwesen

kümmern. Erst Ende März 1870 kehrte er nach München zurück und arbeitete als selbstständiger

Meister für den Markt weiter. 69 Aufträge hatte Szinyei genug, sein Lebensunterhalt war gesichert.

Sein Münchner Kunsthändler Humpelmeyer kümmerte sich um regelmäßige Nachschubaufträge. 70

Das bekannteste Bild dieser Epoche ist „Das Liebespaar“ (30. Foto). Doch die hoffnungsvolle

Phase dauerte leider wieder nicht lange, denn 1870 brach der Preußisch-Französische Krieg aus und

Szinyei zog nach einer Reise nach Genua zurück nach Ungarn, nach Jernye (31.a. Foto), wo das

Familien- Anwesen war. Durch die Ernennung des Vaters zum königlichen Beamten wurde die

Bewirtschaftung des Familienbesitzes wieder auf Szinyei zurückgelassen, sodass die Malerei in

den Hintergrund gedrängt wurde. Aber Szinyei hörte nicht ganz auf zu malen. In dieser Zeit

fertigte er seine zwei bedeutenden Ölbilder, auf denen Courbets Einfluss zu spüren ist, an. Beide

sind Familienporträts: Das eine ist das Porträt des Vaters des Künstlers in einem Sessel und das

andere ein Porträt seiner Schwester Ninon Szinyei Merse.

Nach zwei Jahren, 1872, kehrte Szinyei auf Drängen seines Vaters und seiner Kollegen nach

München zurück und begann, zusammen mit mehreren anderen kleineren Gemälden, sein

koloristisches Meisterwerk Picknick im Freien (Majális 1. Foto) zu malen. Die Inspiration zum

Malen dieser Komposition bekam Paul während eines Ausflugs um München. 71 Sein treuer Freund,

Gyula Benczúr stellte ihm sein Atelier in der Arcostraße zur Verfügung. 72 Außerdem freundete er

sich mit dem schweizerischen Maler Böcklin an, der Szinyei sehr stark motivierte, sein

lichtdurchflutetes farbenreiches Meisterstück schnellstmöglich fertig zu malen und auf diesem Weg

68 In: Szinyei, Merse Anna: A majális festöje közelröl. S.142

69 ebd. S.145.

70 Bèla Lázár: Ein Vorläufer der Pleinaiermalerei.Leipzig 1911. S.25 - PaulMersevonSzinyei_10593775.pdf

71 Gál: Majális.S.114.

72 Ebd.S.117.

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zu bleiben. 73 Zu unserer Zeit würde man nie denken, dass der Weg des naturtreuen plein-air-

Kolorismus 74 (31.b. Foto), den Szinyei personifizierte und vehement vertrat, sehr traurig enden

würde. Szinyei stellte sein Hauptwerk Picknick im Freien 1873 fertig. Es hatte Erfolg aber nur

verhalten. Wir müssen gleich den enttäuschenden Fakt konstatieren, dass diese Komposition von

Szinyeis Zeitgenossen nicht verstanden war, weil sie nichts Tiefgreifendes zu erzählen hatte, da die

Lebendigkeit ihrer Farben mit der damals üblichen Asphaltmalerei und den dunkleren Ateliertönen

im Gegensatz stand. Die internationale Fachwelt sah gar nicht, dass Szinyei über die Realität

sprach, aber diese Realität wurde nicht modifiziert oder vereinfacht, sondern nahm das schwierigste

Problem auf, die Sonne, die schwierigste Darstellung, d.h. die wahre Schilderung von Licht und

Schatten. In diesem reichen, koloristisch-strahlenden, Licht ertränkten Modus verband Szinyei den

Mensch und die Natur zusammen und erreichte eine effektvolle, tonale Harmonie. Doch diese

innovativen Aspekte erregten eher Antipathie. Im März 1873 stellte Szinyei sein Picknick im Freien

(Majális) im Münchner Kunstverein 75 , und im April in Wien aus, zog sein Gemälde dort aber wegen

eines schlechten Hanges zurück. Hierzu gehört eine Geschichte, über welche der Kunsthistoriker

Béla Lázár sehr einleuchtend berichtete und in welcher er auch den Künstler zitierte:

"Mein Bild ist ausgestellt - so schreibt er [Szinyei] an seine Eltern- und hat in Malerkreisen nicht

wenig Aufsehen gemacht. Es wird gelobt und getadelt, auch die schärfere Kritik wird gewiss nicht

ausbleiben. Sobald etwas erscheint, will ich es euch zuschicken, ihr könnt euch daran belustigen.

Am meisten freut mich, dass niemand gleichgültig daran vorübergegangen ist. Allerdings haben

mich manche für einen vollkommenen Narren erklärt, das kann mir aber nur Spaß machen." 76 Lázár

berichtet hierzu Folgendes: „Das Bild wurde von ihm alsbald samt einem anderen Werke, dem

Badehaus, auf die Wiener Weltausstellung geschickt. Szinyei selbst sah dem Erfolg mit großen

Hoffnungen entgegen; seine Kollegen, allen voran Böcklin, sprachen ihm ihre Anerkennung aus, ja,

selbst Piloty fand an dem Werk manches zu loben. Szinyei war überzeugt, etwas Gutes geschaffen

zu haben. Die Sache kam aber anders. Piloty bat Szinyei, seine Arbeit in der bayerischen Abteilung

auszustellen, was dieser auch versprach. Als jedoch das Bild in Wien anlangte, wurde es in der

großen Unordnung und mit Rücksicht auf die ungarische Unterschrift in die ungarische Abteilung

gebracht, wo es schon während der Aufstellung einiges Aufsehen erregte. Der Wiener

Berichterstatter der ungarischen Tageszeitung Pesti Napló schrieb darüber: In der ungarischen

Abteilung ist der Wirrwarr noch sehr groß und nur ein Teil der Bilder ist erst aufgehängt. Es gibt da

73 Ebd.S.116.

74 Aus dieser Zeit stammt Szinyeis Gemälde: Sturm auf dem Starnberger See (1872), Vihar a Starnbergi-tavon (1872)

75 Details in: György Sándor Gál: Majális.S.118. Auch in : Szinyei, Merse Anna: A majális festöje közelröl.S.179.

76 Bèla Lázár: Ein Vorläufer der Pleinaiermalerei.Leipzig 1911.S.36-37 – Originalbrief: Szinyei, Merse Anna: A

majális festöje közelröl. S.175.

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einige ausgezeichnete Bilder, von denen manche gewiss Aufsehen erregen werden. Unter diesen

sind besonders zwei zu erwähnen, nämlich die Eingefangenen Strolche von Munkácsy und das

Maifest (Picknick im Freien) von Szinyei.... Bei dem Bilde Szinyeis überrascht ganz besonders das

Kolorit, das in Feuer und Leben erglüht.“ Lázár setzte seine Gedanken fort: „Inzwischen wurde in

der bayerischen Abteilung aufgrund der Liste konstatiert, dass das Bild sinngemäß fehlte. Man ging

auf die Suche und nachdem man es in der ungarischen Abteilung gefunden und dort reklamiert

hatte, wurde es hinüber genommen. Hier aber hatte es einen totalen Misserfolg. Der jüngere Bruder

Szinyeis, der zu einer Zeit in Wien war, teilte ihm mit, dass das Bild viel zu hoch aufgehängt

worden sei und absolut nicht zur Geltung kommen könne. Wütend eilte der Künstler [Szinyei]

selbst nach Wien, forderte und erhielt das Bild zurück, weil auch die Leitung der Ausstellung

anerkennen musste dass bei dem Hängen des Bildes offenbar böser Wille im Spiel gewesen war.“ 77

Der Landschaftsmaler Károly Telepy, der damals die ungarische Abteilung leitete 78 , schrieb darüber

30 Jahre später wie folgt an Szinyei: "Dein Maifest ist damals aus dem Grunde ungünstig

aufgehängt worden, weil - wie die maßgebenden Personen sagten - es nicht gut anginge, den Tiger

mit Katzen einzusperren, der hätte ja alle aufgefressen. Damit nun das ganze Material der

Ausstellung nicht zugrunde gerichtet würde, musste das Beste im Interesse der Schwächeren fallen

gelassen werden". 79 Lázár merkt hier mit Recht an, dass Telepy dies damals hätte sagen sollen und

nicht nach 30 Jahren später. Lázár wies darauf hin, dass Szinyei nach dieser bösartigen Erfahrung

ganz gebrochen war. Wohl wurde seinem Badehaus die bronzene Medaille zugesprochen, doch

konnte ihn das nur wenig trösten – schrieb Lázár. Szinyei war am Schicksal seines Maifestes alles

gelegen. 80 Eine Zeit lang blieb das Bild noch in Wien, dann bot Szinyei es dem ungarischen

Nationalmuseum an; doch die Aufnahme des Bildes war ziemlich kühl und das war der Grund

warum Szinyei es wieder zurückzog. „Sie wollen mein bestes Bild nicht einmal als Geschenk. Das

hat mich bitterlich enttäuscht.“ 81 - schrieb Szinyei in seiner Autobiografie. Mit Verbitterung im

Herzen ging er nach Jernye zurück, wo er erst nach und nach den erhaltenen vergifteten Dolchstoß

verwinden lernte. 82

77 Bèla Lázár: Ein Vorläufer der Pleinaiermalerei.Leipzig 1911.S.36. Hierzu auch Gál:Majális.S.124-125. Gál berichtet

detailliert über ein prekäres Treffen und schwierige Auseinandersetzung in der Ausstellung zwischen Piloty und

Szinyei. Hierzu auch: Szinyei, Merse Anna: A majális festöje közelröl.S.183.o.

78 Gabriella, Szvoboda Dománszky: A magyar müvészet az 1873-as bécsi világkiállitás tükrében. Tanulmányok

Budapest Múltjából 27. (1998) (oszk.hu) Hierzu auch: Gál: Majális. S.123-124.

79 Bèla Lázár: Ein Vorläufer der Pleinaiermalerei.Leipzig 1911.S.36-37. Itt is: Mészáros Ákos: Néma bámulattal a

Majális előtt – Szinyei Merse Pál festményei a Magyar Nemzeti Galériában. Néma bámulattal a Majális előtt –

Szinyei Merse Pál festményei a Magyar Nemzeti Galériában | Magyar Kurír - katolikus hírportál

(magyarkurir.hu)

80 Gál: Majális.S.128.

81 Szinyei, Merse Anna: A majális festöje közelröl.S.269

82 Bèla Lázár: Ein Vorläufer der Pleinaiermalerei.Leipzig 1911.S.37

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Obwohl Böcklin (32.a,b, Foto), der auf den ungarischen Maler einen großen Einfluss hatte, ihn

ermutigte, nicht von seinem Weg abzuweichen, war Szinyei von der Verständnislosigkeit so tief

gekränkt, dass er sich zurückzog und viele Jahre kaum noch malte. Zur fröhlichen Lebensfreude,

dem scheinbar Problemlosen, dem Kolorreichtum, das das Picknick im Freien so fesselnd macht,

wird Szinyei in seinen späteren Werken, wie zum Beispiel in dem von seiner Frau gemalten Porträt

Frau in lila Kleid (Lila ruhás nö, 1874), nicht mehr hinkommen. Obwohl die edle Disziplin und die

introvertierte Stille, sowie der Komplementärkontrast auch hier von seinem starken koloristischen

Talent zeugen.

Zwischen 1882 und 1883 kam wieder eine kurze aber schmerzvolle Phase. 1882 ging Szinyei mit

seiner Familie von Jernye nach Wien, wo er seine Feldlerche malte und sie zusammen mit dem

Picknick im Freien und dem Faun ausstellte. Doch die Wiener Kritik war ziemlich gefühlskalt

seinen Werken gegenüber. 1883 brachte Szinyei seine Werke nach Budapest zu einer Ausstellung

wo er wieder eine Blamage erleben musste. Der Maler Gusztáv Kelety, der damals auch als

einflussreicher Kunstkritiker in Budapest betätigte, bemerkte spöttisch vor den Gemälden von

Szinyei: „Der angehende Maler leidet unter wahnhaftem Delirium colorans.“ 83 „Nach diesem

erneuten Scheitern musste ich natürlich endgültig die Fassung verlieren, und jetzt gab ich die

Malerei wirklich auf.“ - reagierte Szinyei niedergeschlagen auf Keletys Kritik und bemerkte traurig:

„Hic ego barbarus sum, quina non intelligor illis.“ 84 (Hier bin der Barbar, weil sie mich nicht

verstehen.)

Kehren wir noch kurz zu der Münchner Periode zurück, wo Szinyei seine eigene Kunstanschauung

ausarbeitete und nach welcher er sein Meisterstück Picknick im Freien konzipierte, welches die

schwierige Entwicklungsgeschichte des Künstlers und die tragische Gemäldehistorie kernig

zusammenfasst. Alles, was Szinyei vorher und unmittelbar danach geschaffen hat, hat irgendwie mit

diesem Gemälde zu tun; was natürlich nicht bedeutet, dass seine anderen Werke weniger wertvoll

als das Picknick im Freien sind, sondern ihre Bedeutung sind anderer Natur.

Szinyei blieb mit Unterbrechungen neun Jahre in München (1864-1873) und ging im Laufe seiner

neunjährigen Entwicklung einer so zielgerichteten, charakterfesten und konsequenten

künstlerischen Selbstbildung/Erziehung nach, deren Ergebnis dieses innovative Gemälde wurde,

das sich zweifellos ein würdiger Abschluss erwies, auch wenn es zu den Lebzeiten des Künstlers

nicht gewürdigt und anerkannt war.

83 Szinyei, Merse Anna: A majális festöje közelröl.S.269

84 ebd.S.270

24


Abschließend lassen wir den Künstler selbst zu Wort kommen, denn seine Gedanken reflektieren all

das, was er während seiner künstlerischen Laufbahn ungerecht erleiden musste. Erst nach etwa 30

Jahren später begrüßt die künstlerische Fachwelt Szinyei als mutigen Erneuerer, der in der

Vergangenheit verurteilt wurde, nur weil er selbst, völlig unabhängig von den französischen

Impressionisten, diese völlig neue, moderne Kunstauffassung geschaffen hatte, nicht nur isoliert

von allem, sondern auch ohne Unterstützung, oft im Gegenwind:

„1901 hatte ich meinen größten Erfolg. Ich schickte das Picknick im Freien auf die Münchner

Weltausstellung, wo er großes Aufsehen erregte - ein kräftig buntes Pleinair - Gemälde von 1873.

Bald erfuhr ich, dass die internationale Jury es mit großer Begeisterung empfing und mit einer

Goldmedaille prämierte. Diese große Befriedigung erhielt ich 28 Jahre später. Es gleicht all die

Bitterkeit aus, die ich ertragen musste. Leider können diese 28 Jahre meines Lebens, die das

Großteil meines Lebens ausmachen (von 28. bis zum 56. Lebensjahr), nicht mehr zurückgegeben

werden, und nichts kann die in Bitterkeit verlorenen 28 Jahre ersetzen." 85

Was mich als Autor und ungarische Kunsthistorikerin am meisten schmerzt, sind die folgenden

Zeilen von dem Künstler: „Ich habe 1873 in Wien eine Bronzemedaille, 1900 in Paris eine

Silbermedaille und 1901 in München eine Goldmedaille erhalten, aber nichts in Budapest. - Ich

schäme mich nicht, sollen sich andere schämen! [In seinem Lebenslauf geht er weiter und schreibt]

Jetzt habe ich alles gesagt, ich habe mein Gift freigesetzt, also ich bin keine böse, verbitterte Person.

Ich mag es bequem zu leben, gut zu essen und diese gute und schlechte Welt mit Humor zu

genießen, denn das Leben ist immer noch sehr schön!“ 86

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Fachwelt in letzter Zeit das Lebenswerk von Szinyei

aufmerksam verfolgt. Er ist, neben Munkácsy, der größte Meister der ungarischen Malerei, in dem

sich die Seelenruhe, die Gemütlichkeit, die Liebe der Ungarn zur Natur, und die Empfänglichkeit

für poetische Stimmungen in höchster Form ausdrücken. Diese ungestörte Behaglichkeit seiner

Kunst macht Szinyei neben seinen innovativen maltechnischen Bestrebungen, die er überwiegend in

München entwickelte, für die Malerei in Europa zu einem herausragenden Künstler.

85 Ebd. S. 272

86 Ebd. S.273 Hier müssen wir festhalten, dass Szinyei nicht nur während seiner künstlerischen Laufbahn sondern auch

im Privatleben unheimlich viel leiden und erleiden musste. Er hatte sechs Kinder, davon sind leider vier sehr früh

verstorben.

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Bildnachweis

1. Pál Szinyei Merse: Picknick im Freien (auf Ungarisch: Majális) 1873, Öl auf Leinwand, 127x162,5cm,

Ungarische Nationalgalerie, Budapest

2. Lajos Mezey (1820-1880) Fotoquelle: Mezey Lajos (festő) – Wikipédia (wikipedia.org)

26


3. Karl von Piloty, Foto: Franz Hanfstaengl, Fotoquelle: Karl von Piloty – Wikipedia

4. Biermadl, Schützenliesl von Friedrich Gustav von Kaulbach

27


5. Hans Steyrer, Münchner Metzger und Kraftmensch, Fotoquelle: Hans Steyrer – Wikipedia

6. Géza Salamon: Szinyei Cello spielend, 1865, Bildquelle: Szinyei Merse Anna: A Majális festője közelről.

28


7. Das Geburtshaus von Paul Szinyei Merse in Szinyeújfalu um 1910, Bildquelle: Szinyei Merse Anna: A Majális

festője közelről.

8. Lajos Mezey: Felix Szinyei Merse, der Vater des Künstlers, 1863 / 9. Lajos Mezey: László Szinyei Merse, der

taubstumme Onkel von Paul, 1863

29


30

9. Paul Szinyei Merse als Großwardeiner Schüler, 1863, Fotoquelle: Szinyei Merse Anna: A Majális festője

közelről


31

10. Neuhauser Straße, alte Akadmie und Michaelskirche, München. Aquarell auf Karton. 20 x 15,5 cm. Um 1830,

unbekannter Maler, Bildquelle: File:München Neuhauser Straße c1830-1840.png - Wikimedia Commons


11.a Münchner Hauptbahnhof um 1859. Auf den alten Fotos sehen wir oft kaum Menschen und bewegte Motive.

Grund war dafür ist, dass die Kameras technisch noch nicht so entwickelt waren, dass sie

Reihenaufnahmen von bewegten Szenen/Motiven ermöglichten.

11.b. Münchner Hauptbahnhof um 1870.

32


11.c. Münchner Hauptbahnhof um 1900

12. Das Gemälde von J. Kirchmais aus 1840 zeigt den Spatenbräu in der Neuhauser Straße – links das zweite Gebäude

Bildquelle: Die Geschichte der Münchner Spaten-Brauerei (wiesnkini.de)

33


34

13. a Café Probst um 1857, das erste Gebäude rechts, mit dem Schriftzug Probst


13.b. Café Probst, Innenraum mit Billardtischen

13. c. Café Probst, reichverzierter Innenraum

35


14.a. Johann Adalbert Heine: In Wirtsstuben

14.b. Johann Adalbert Heine: In Wirtsstuben

36


15. Max Joseph Ebersberger (1852-1926): Der Modellmarkt in dem Vestibül der Akademie der bildenden Künste in

München, 1891, Holzstich, 40x55 cm. (aus: Illustrierte Zeitung, Nr. 2525, 21. November 1891, 250) Auf dieser

Illustration sehen wir die neue Akademie. Die Modellmärkte sahen in der Alten Akademie ähnlich aus, überall standen

und saßen kostümierte Modelle, die auf Aufträge warteten.

16. 02050 Paul von Sziney, Matrikelbuch 1841-1884, https://matrikel.adbk.de/matrikel/mb_1841-

1884/jahr_1864/matrikel-02050 (Zugriff vom 27/04/22)

37


17. Alexander Strähuber, unbekannter Photograph, undatiert, Archiv Professor Wolfgang Kehr. Bildquelle:

Matrikeldatenbank - Akademie der Bildenden Künste München (adbk.de)

18. Hermann Anschütz, undatiert, Photographie, Bayerische Staatsbibliothek München/Bildarchiv. Bildquelle:

Matrikeldatenbank - Akademie der Bildenden Künste München (adbk.de)

38


19. Szinyeis Landsmann und Lehrer an der Akademie, Sándor (Alexander) von Wagner. Sándor (Alexander) von

Wagner, unbekannter Photograph, undatiert, Archiv Professor Wolfgang Kehr. Bildquelle:

Matrikeldatenbank - Akademie der Bildenden Künste München (adbk.de)

20. Paul Szinyei Merse: Segelboot auf dem Starnberger See, 1867

39


40

21. Gabriel von Max mit einem jungen Berberaffen, um 1870. Bildquelle: Gabriel von Max mit einem Jungen

Berberaffen, um 1870 | GERMANISCHES NATIONALMUSEUM (gnm.de)


22 a,Gyula Benczúr, Schwager von Gabriel von Max

22 b, Benczúr als Modell – Pan im Schilf, Ungarische Nationalgalerie

23. Hans Makart. Bildquelle: Hans Makart | Die Welt der Habsburger

41


24.a. Paul Szinyei Merse: Faun und Nymphe, 1867, eine der Studien zum Faun.

24.b. Paul Szinyei Merse: Faun und Nymphe, 1868, Öl auf Leinwand, 106x91,5cm, Ungarische Nationalgalerie

42


25. Paul Szinyei Merse: Schaukel, Öl auf Karton, 54.2 x 43 cm, Ungarische Nationalgalerie

26. Paul Szinyei Merse: Wächeaufhängen, Öl auf Leinwand, 38,5 x 31 cm, Ungarische Nationalgalerie

43


27. Paul Szinyei Merse: Malven. 1868-69, Öl auf Karton, 20,5 x 16 cm

28. Gustav Courbet: Selbstbildnis (Der Mann mit der Pfeife), um 1849. Öl auf Leinwand, 45,5 x 38 cm

44


29. Paul Szinyei Merse: Abendstern (1869), Öl auf Karton, 25x25,8cm, Ungarische Nationalgalerie

30. Paul Szinyei Merse: Liebespaar, Öl auf Leinwand, 53,3 × 63,8 cm, Ungarische Nationalgalerie

45


31.a, Paul Szinyei Merse: der Szinyei - Gutshof in Jernye

31.b. Paul Szinyei Merse: Sturm auf dem Starnberger See (1872)

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32. a. Arnold Böcklin: Selbstbildnis,1873, Öl auf Leinwand, 61 x 48.9cm, Hamburger Kunsthalle

32.b. Arnold Böcklin: Selbstporträt mit fiedelndem Tod, 1872, Öl auf Leinwand,75x61cm, Nationalgalerie, Staatliche

Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin

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Autorin

Szilvia Rad (Rád), Dr. phil. Kunsthistorikerin, Germanistin M.A. geb. in Ungarn

1994 Abitur in Ungarn

1994-1995 Studium in Szeged, Ungarn

1996 Stipendium / Gaststudentin an der Katholischen Universität Eichstätt/Ingolstadt - Fakultät

Germanistik

1997-2003 Magisterstudium in Germanistik-Kunstgeschichte an der Katholischen Universität

Eichstätt/Ingolstadt

2004-2008 Galerieassistentin

2008-2014 Promotion im Fach Kunstgeschichte an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg

2014 Verleihung des Doktorgrades

ab 2015 Übersetzerin, Linguistin, Forscherin auf dem Gebiet: Kulturbeziehungen Ungarn-

Deutschland

-lebt in Bayern

Lektorin

Sarolta Sárosi

- aufgewachsen in Hamburg

- Mediengestalterin, Malerin,

- lebt und arbeitet in Hamburg

48

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