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Olympia München '72

ISBN 978-3-86859-728-8

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<strong>Olympia</strong> München ’72<br />

Architektur+Landschaft<br />

als gebaute Utopie<br />

Elisabeth Spieker


9 Skizze vom Damals, Karla Kowalski<br />

10 Erinnerungen, Stefan Behnisch<br />

11 Einleitung<br />

Kapitel 1<br />

Bewerbung<br />

14 Zwischen Modernisierung<br />

und Hypothek der Vergangenheit<br />

14 Politik und Gesellschaft<br />

15 Architektur und Städtebau<br />

16 München – Stadt im Aufbruch<br />

16 Stadtplanung und Stadtimage als<br />

Entwicklungsinstrument<br />

16 Der Stadtentwicklungsplan von 1963<br />

21 Die Organisatoren der Spiele<br />

21 Hans-Jochen Vogel<br />

22 Willi Daume<br />

23 München wird <strong>Olympia</strong>stadt<br />

23 Motive<br />

24 Blitzbewerbung<br />

27 Sportpark Oberwiesenfeld<br />

32 Vergabe nach München<br />

32 Organisationsstrukturen und<br />

Planungsentscheidungen<br />

35 Im Gespräch: Hans-Jochen Vogel<br />

Kapitel 2<br />

Denkmodelle zur<br />

Architekturlandschaft<br />

46 Die Architekten der Spiele –<br />

Behnisch & Partner mit Jürgen Joedicke<br />

46 Günter Behnisch<br />

46 Fritz Auer<br />

47 Winfried Büxel<br />

48 Jürgen Joedicke<br />

49 Erhard Tränkner<br />

49 Carlo Weber<br />

51 Impulse in den 1960er-Jahren<br />

53 Stadtgrün – Volkspark – Sportpark<br />

54 Anfänge des Stadtgrüns<br />

54 Volksparks<br />

55 Sportparks<br />

55 Organische Stadtlandschaften<br />

59 Utopische Modelle<br />

zu Stadt und Gesellschaft<br />

59 Volkshaus als ästhetisches und<br />

sozialreformerisches Ideal<br />

60 Utopien als Lösungsversprechen<br />

61 Situationalistische Internationale<br />

62 Situationsarchitektur und Möglichkeitsräume<br />

63 Konstruktionsmodelle für Dachlandschaften<br />

63 Traditionslinien seit den 1920er-Jahren<br />

65 Frei Otto<br />

66 Prinzip hängendes Dach<br />

66 Großhüllen und Dächer über der Landschaft<br />

71 Modell und Impuls – Deutscher Pavillon auf der<br />

Weltausstellung in Montreal<br />

71 Architektur für ein neues Bild der<br />

Bundesrepublik<br />

71 Stuttgarter Verbindungen und personelle<br />

Kontinuitäten<br />

73 Architektonisches Konzept<br />

74 Planung und technische Besonderheiten<br />

80 Auswirkungen<br />

81 Im Gespräch: Frei Otto<br />

Kapitel 3<br />

Wettbewerb<br />

98 Auslobung und Leitmotive<br />

99 Bearbeitung des Wettbewerbs<br />

99 Motivation und Ansätze<br />

100 Erdstadien<br />

103 Modellierung der Landschaft<br />

110 Entstehung der Dachidee<br />

118 Formulierung der Konzeption<br />

118 Die Entscheidung<br />

121 Nach dem Erfolg<br />

127 Im Gespräch: Günter Behnisch<br />

Kapitel 4<br />

Dach<br />

138 Verwirklichung der Utopie?<br />

138 Problematik des Wettbewerbsdachs<br />

140 Konventionell oder experimentell?<br />

142 Olympische Landschaft mit fremdem Dach?<br />

143 Unterschiedliche Überdachungsvarianten<br />

145 Punktgestütztes Hängedach kontra<br />

randgestützte Variante<br />

149 Beginn der gemeinsamen Arbeit<br />

151 Jörg Schlaich<br />

151 Entscheidung für das Zeltdach


156 Aufgaben und Zielvorstellungen<br />

156 Organisation des Teams<br />

160 Jürgen Joedicke<br />

161 Das Zeltdach –<br />

Konstruktive Konfliktpotenziale<br />

161 Zuständigkeiten<br />

162 Frei Otto und das Institut für Leichte<br />

Flächentragwerke<br />

163 Weiterentwicklung der Holzschalenlösung<br />

165 Pavillon für die Bundesgartenschau Euroflor in<br />

Dortmund<br />

166 Olympisches Dach aus Holz, Beton, Folie oder<br />

Acrylglas?<br />

169 Netzkonzept und Konstruktion<br />

des Stahlseilnetzes<br />

169 Maschenweite<br />

171 Seile und Knotenpunkte<br />

172 Montage- und Spannkonzept<br />

174 Formfindung und Zuschnitt<br />

174 Arbeiten am Modell<br />

177 Netzgeometrie und Zuschnitt<br />

180 Neue Methoden: Finite-Elemente-Methode<br />

(FEM) und Kraft-Dichte-Methode<br />

183 Berechnung des Stadions<br />

185 Berechnung der Sporthalle<br />

188 Berechnung der Schwimmhalle und<br />

der Zwischenteile<br />

Kapitel 5<br />

Landschaft<br />

250 Architekturlandschaft als Gestaltungsidee<br />

256 Günther Grzimek<br />

257 Konzept der Landschaft<br />

258 Gesellschaftliche Dimension<br />

261 Ausführung der Arbeiten<br />

261 Zusammenarbeit im Team<br />

263 Gestaltung vor Ort<br />

266 Demokratische Landschaft<br />

268 Charakteristische Situationen und Elemente<br />

268 See und Uferzone<br />

268 Elemente für Spiel und Sport<br />

274 Wege<br />

275 Wiese, Rasen und Bäume<br />

275 Brücken und Beleuchtung<br />

277 Übergänge zwischen Landschaft und Bauten<br />

278 Temporäre Architektur und<br />

Besucherversorgung<br />

279 Temporäre Konstruktionen<br />

284 Restaurants Nord und Süd<br />

288 Pavillon in der Schwimmhalle<br />

291 Café am Berg<br />

295 Besucherinformation<br />

297 Möblierung der Landschaft<br />

189 Im Gespräch: Klaus Linkwitz<br />

204 Ausführung und Montage<br />

204 Ausschreibung der Stahlbauarbeiten<br />

210 Fundamente<br />

211 Renaissance des Stahlgusses<br />

212 Maste<br />

212 Montage<br />

220 Klimahüllen für Sport- und Schwimmhalle<br />

226 Aufwärmhalle<br />

226 Überdachung der Osttribüne des Stadions<br />

227 Unterschiedliche Akteure und Denkansätze<br />

228 Behnisch & Partner<br />

230 Frei Otto<br />

232 Leonhardt und Andrä<br />

232 Reaktionen im Spiegel unterschiedlichen<br />

Denkens<br />

234 Impulse für die wissenschaftliche Forschung<br />

235 Im Gespräch: Jörg Schlaich<br />

299 Bildstrecke<br />

Kapitel 6<br />

Visuelle Gestaltung<br />

332 Ein neues Gesicht für die Bundesrepublik<br />

332 Otl Aicher<br />

334 Eine Aufgabe von „schwerwiegender<br />

Verantwortung“<br />

336 Elemente des Erscheinungsbilds<br />

338 Emblem<br />

342 Die Abteilung XI<br />

342 Teamarbeit<br />

344 Normenbuch<br />

345 Farben<br />

347 Piktogramme<br />

351 Bekleidung<br />

353 Souvenirs<br />

356 Sportplakate<br />

356 Stadtdesign<br />

359 Woodstock<br />




Kapitel 7<br />

Olympisches Dorf<br />

362 Vor der Planung<br />

362 Rahmenbedingungen der Bewerbung<br />

363 Olympisches Dorf ohne Wettbewerb?<br />

366 Aktion <strong>Olympia</strong><br />

366 Das Männerdorf<br />

366 Mehrstufiges Optimierungsverfahren<br />

368 Personelle Verflechtungen<br />

373 Leitidee „Straße“<br />

374 Wohnungs- und Wohnhaustypen<br />

376 Nach den Spielen<br />

376 Das Frauendorf<br />

378 Interdisziplinäre Teamarbeit<br />

418 Die Spielstraße<br />

418 Werner Ruhnau<br />

419 Kontroversen um das Konzept<br />

422 Künstler und Aktionen<br />

426 Schlussveranstaltung<br />

Kapitel 9<br />

Schluss<br />

430 5. September 1972<br />

430 Akteure<br />

432 Mehrdimensionaler Kontext<br />

Kapitel 8<br />

Kunst und Kultur<br />

380 Olympischer Sommer – Kunst- und<br />

Kulturprogramm des Organisationskomitees<br />

380 In der Tradition von Pierre de Coubertin<br />

381 Ausstellungen<br />

383 Edition <strong>Olympia</strong><br />

384 Deutsches Mosaik<br />

384 Kunst am <strong>Olympia</strong>-Bau<br />

385 „Integrierte“ Kunst auf dem Oberwiesenfeld<br />

389 Kinetische Kunst<br />

391 Beratung durch Galeristen<br />

Anhang<br />

435 Endnoten<br />

448 Literatur<br />

458 Abkürzungen<br />

459 Archive<br />

459 Zeitzeugengespräche und Korrespondenzen<br />

459 Bauten Architekten Ingenieure<br />

461 Bildnachweis<br />

462 <strong>Olympia</strong>-Team von Behnisch & Partner<br />

464 Dank<br />

464 Impressum<br />

393 Die Künstler und ihre Projekte<br />

393 Kunstwettbewerb für die ZHS<br />

394 Kunstwettbewerbe für die Zugangsbereiche von<br />

S-Bahn, U-Bahn und Straßenbahn<br />

395 Wasserfontänen für die Eingangsbereiche<br />

396 Kunstwettbewerbe für das Olympische Dorf<br />

397 Media-Linien<br />

399 Großplastiken an den Autobahnzufahrten<br />

400 Wasserwolke<br />

401 Sphärische Objekte<br />

404 Friedensdenkmal auf dem <strong>Olympia</strong>berg<br />

406 Liegendes Kreuz<br />

407 Olympic Mountain Project<br />

408 Fluorescent Light<br />

409 Square<br />

410 Levitated Mass <strong>Olympia</strong><br />

411 Fassaden der Sport- und Schwimmhalle<br />

412 Gestaltung der Schwimmhallenrückwand<br />

414 Negative Entscheidungen


Mitte 1966 kamen Hans-Jochen Vogel Zweifel<br />

an der laufenden Ausrichtung der Stadtentwicklung.<br />

Wesentlichen Einfluss übten die zu dieser Zeit<br />

viel gelesenen kritischen Schriften zu Gesellschaft<br />

und Stadt aus, die seine Nachdenklichkeit über<br />

den Zustand der neu gebauten Städte wesentlich<br />

vertieft hatten, von Autoren wie John Kenneth<br />

Galbraith 26 , Jean Fourastié 27 , Hans Paul Bahrdt 28 ,<br />

Lewis Mumford, Alexander Mitscherlich 29 und Jane<br />

Jacobs 30 . Er erkannte die Notwendigkeit, auch das<br />

Gesellschaftssystem in wichtigen Punkten zu reformieren<br />

und der gesellschaftspolitischen Komponente<br />

in der Kommunalpolitik Raum zu geben.<br />

Ebenso hinterfragte er die zunehmende Entwicklungsbeschleunigung<br />

in vielen Bereichen und die<br />

bislang als selbstverständlich propagierte Trennung<br />

von Wohn- und Arbeitsbereich. 31<br />

Auch Otl Aicher kannte zumindest einige dieser<br />

Schriften 32 und hatte sich in den 1960er-Jahren wie<br />

Vogel intensiv mit den Planungsproblemen deutscher<br />

Großstädte beschäftigt, die er in einer siebenteiligen<br />

Serie in der Wochenzeitung Die Zeit mit dem<br />

Titel „Der klassische Städtebau ist tot – Eine Reihe<br />

kritischer Betrachtungen über moderne Planung“ 33<br />

umfassend behandelte und auch München nicht<br />

ausnahm. Er teilte Vogels Kritik am Zustand der<br />

Städte und an der zerfallenden Einheit von Zentrum,<br />

Vorstädten und Umland und liefert präzise Beschreibung<br />

und Bewertungen, wobei er mit Vogels Ansatz<br />

einer Stärkung des Kerns und eines Ausbaus des<br />

öffentlichen Nahverkehrs nicht übereinstimmte.<br />

4<br />

Als Präsident des Deutschen Städtetags<br />

organisierte Vogel unter Mithilfe von Abreß im Mai<br />

1971 in München eine Tagung unter dem Motto<br />

„Rettet unsere Städte jetzt!“ 34 , zu der er auch<br />

Galbraith als Redner eingeladen hatte. Vogel forderte<br />

eine Abkehr von der propagierten Urbanität durch<br />

Dichte und eine deutlicher an den Bewohnern<br />

orientierte, menschlichere Stadt. Er stellte seine<br />

Überlegungen zur Notwendigkeit einer vorausschauenden,<br />

nachhaltigen Stadtentwicklung auf der Basis<br />

einer interdisziplinären wissenschaftlichen Stadtforschung<br />

vor, die Dynamisierungsprozesse rechtzeitig<br />

erkennen müsse und die er mit einer sinnvollen<br />

Verkehrspolitik verknüpfte. 35 Als Basis dafür diente<br />

ihm sein bereits im Oktober 1969 vorgetragenes<br />

Referat „Die Stadtregion als Lebensraum“ 36 , in dem<br />

er gegen die Auswüchse der allein an ökonomischen<br />

Maßstäben orientierten Städte und gegen die<br />

Lahmlegung der Innenstädte durch Funktionentrennung<br />

eintrat sowie Maßnahmen gegen die zunehmende<br />

Bedrohung des ökologischen Gleichgewichts<br />

durch Verschmutzung und Lärm forderte. Vogel<br />

resümierte knapp zehn Jahre nach der Festlegung<br />

des Plans, dass er kritiklos von einer Wachstumsideologie,<br />

steigender Konsumrate und Motorisierung<br />

ausgegangen sei, jedoch Umweltthemen außer Acht<br />

gelassen habe. 37<br />

Der Stadtentwicklungsplan hatte jedoch den<br />

Grundstein gelegt, damit die darin schon festgeschriebenen<br />

Maßnahmen in der kurzen Planungszeit<br />

bis zu den Olympischen Spielen überhaupt realisiert<br />

werden konnten. Deren Ausrichtung sorgte natürlich<br />

auch für eine erhebliche Beschleunigung der<br />

geplanten Stadtentwicklungs- und Infrastrukturmaßen,<br />

für eine positive Entwicklung der bislang<br />

vernachlässigten nördlichen Stadtteile und einen<br />

umfassenden Ausbau des öffentlichen Verkehrs- und<br />

Schienennetzes. Für den Bau der U-Bahn, der mit<br />

dem Spatenstich am 1. Februar 1965 startete, wurde<br />

sogar ein eigenes Referat eingerichtet.<br />

München avancierte zwar schon seit 1964<br />

aufgrund seiner rasanten Entwicklung immer mehr<br />

zu „Deutschlands heimlicher Hauptstadt“ 38 , jedoch<br />

erhielt sein Image durch die Olympischen Sommerspiele<br />

auch international ein enorm hohes Ansehen.<br />

Die visionäre zukunftsweisende Gestaltung konnte<br />

die bislang vorherrschenden konservativen und<br />

regional geprägten Leitvorstellungen und das<br />

klassizistische Erbe der Stadt um die weit über<br />

München und Bayern hinausreichende Ausstrahlung<br />

einer modernen, zukunftsorientierten Stadt ergän-<br />

4 <br />

Der Spiegel, Heft 39,<br />

23. September 1964<br />

20 21<br />

Bewerbung<br />

München – Stadt im Aufbruch


zen und bereichern. Vogels Erfolge mündeten 1972<br />

noch vor der Eröffnung der Olympischen Spiele in<br />

seine Berufung zum Bundesminister für Raumordnung,<br />

Bauwesen und Städtebau in der Regierung<br />

unter Willy Brandt.<br />

Die Organisatoren der Spiele<br />

Die Ausrichtung und Entstehung der Olympischen<br />

Spiele in München ist nicht ohne die beiden zen tralen<br />

Figuren zu denken, ohne die sich Konzept und<br />

Gestaltung nicht hätten durchsetzen lassen. Als<br />

Willi Daume, Präsident des Nationalen Olympischen<br />

Komitees (NOK), am 28. Oktober 1965 an Hans-<br />

Jochen Vogel herantrat, um ihm den Vorschlag für<br />

die Bewerbung der Stadt München zur Ausrichtung<br />

der Olympischen Spiele zu unterbreiten, hatten sich<br />

zwei Persönlichkeiten gefunden, die „selbstbewusste<br />

und letztlich typische Vertreter der ersten beiden<br />

Generationen der jungen Bundesrepublik“ waren,<br />

„angetrieben von einer großen Arbeitsmoral und<br />

dem Wissen um ihre Verantwortung für die Verbesserung<br />

der Gesellschaft“ 39 .<br />

Hans-Jochen Vogel<br />

Hans-Jochen Vogel (1926–2020) gehörte zu den<br />

Vertretern der 45er oder „skeptischen Generation“<br />

40 , der 1945 etwa zwischen 15 und 25 Jahre<br />

alten jungen Männer, die durch ihre Kriegserfahrungen<br />

als Soldaten, bei der Marine, der Luftwaffe<br />

oder durch ihre Kindheit im „Dritten Reich“ geprägt<br />

waren. Sie strebten in der jungen Bundesrepublik<br />

nach pragmatisch orientieren Lebenskonzepten, die<br />

Sicherheit und Selbstständigkeit im Privaten boten,<br />

waren aber auch neuen, sich eröffnenden Chancen<br />

und technischen Möglichkeiten gegenüber sehr aufgeschlossen.<br />

Ihnen gemeinsam waren ein scharfes<br />

Bewusstsein über die bestehende gesellschaftliche<br />

Situation und eine strikte Ablehnung jeglicher linker<br />

oder rechter Ideologien. Auch viele weitere Akteure<br />

wie Otl Aicher, Günter Behnisch 41 und seine Partner,<br />

Klaus Linkwitz, Frei Otto und Werner Ruhnau sind<br />

dieser Generation zuzurechnen, deren lebensgeschichtliche<br />

Erfahrungen im „Dritten Reich“ und<br />

die Ausbildung nach dem Krieg zu einem ähnlichen<br />

Lebensbild und zu einem vergleichbaren Denkraum<br />

und Demokratieverständnis geführt hatten.<br />

Aufgewachsen in Göttingen und Gießen, der<br />

Vater Professor für Tierzucht und der Großvater<br />

Tiermediziner, stammte Vogel aus einer Familie des<br />

gehobenen Bildungsbürgertums. Er hatte ab 1943 die<br />

beiden letzten Kriegsjahre als Soldat der Wehrmacht<br />

erleben müssen und konnte vermutlich nur durch<br />

eine erlittene Verwundung überleben. Diese Erlebnisse<br />

machten ihn jedoch zu einem überzeugten<br />

Demokraten. 42 Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften<br />

in München und Marburg promovierte<br />

er 1950 und trat im selben Jahr der SPD bei. Nach<br />

Stationen in München, Traunstein und als Justiziar in<br />

der bayerischen Staatskanzlei wurde er 1958 Stadtrat<br />

und Leiter des Rechtsreferats und 1960 mit nur 34<br />

Jahren zum Oberbürgermeister gewählt.<br />

Vogel hatte den Weg in die Politik gewählt, da<br />

ihm sein Engagement für das Gemeinwohl wichtiger<br />

war als die eigenen Interessen. Seine Überzeugungen<br />

von christlichen, menschlichen Werten<br />

und sozialer Gerechtigkeit führten ihn in die SPD,<br />

da diese für ihn sehr wichtigen Gesichtspunkte in<br />

dieser Partei am besten vertreten zu sein schienen. 43<br />

In einer Ansprache anlässlich des Volkstrauertags<br />

am 15. November 1964 formulierte er: „Gewinn und<br />

Genuß sind nicht die Mitte des Daseins. Leben heißt,<br />

sich an Werten orientieren und die eigene Persönlichkeit<br />

verantwortungsbewusst zu entwickeln […].“ 44<br />

Impulse für eine inhaltliche Neuorientierung sah<br />

Vogel nicht zuletzt bei den Linkssozialisten, die im<br />

Exil gelebt und durch ihren geistigen Austausch<br />

Erfahrungen mitgebracht hatten, die ihm für eine<br />

neue Ausrichtung wichtig erschienen. Waldemar von<br />

Knoeringen war eine dieser Persönlichkeiten, und<br />

einige für Vogel maßgebliche Überzeugungen, die<br />

ebenfalls später Basis des Godesberger Programms<br />

wurden, zitierte er aus einer Rede des früheren<br />

bayerischen Ministerpräsidenten Wilhelm Hoegner<br />

vom April 1945: „Gemeinsamkeit des Menschlichen<br />

über alle Unterschiede der Religion, Nation und<br />

Klasse hinweg; […] Jeder Mensch hat seinen Wert<br />

und seine Würde; […] Pferch der gesellschaftlichen<br />

Klassenscheidung.“ 45<br />

Vogel war nicht nur angetrieben durch die<br />

Möglichkeit, für München eine Transformation in die<br />

Moderne zu erreichen, sondern auch von dem Willen,<br />

die Gesellschaft entsprechend seiner humanistischdemokratischen<br />

Denkweise für alle Menschen gleichermaßen<br />

zu gestalten.


7<br />

Luftbild des Oberwiesenfelds<br />

mit dem im Bau befindlichen<br />

Fernsehturm, der Eissporthalle<br />

und dem Gelände der Münchener<br />

BAUMA, 1965/66<br />

26 27<br />

Bewerbung<br />

München wird <strong>Olympia</strong>stadt


pulsierenden Metropole um die Jahrhundertwende.<br />

Die Broschüre endete mit den Abbildungen eines<br />

Stadionentwurfs und den Plänen der „Olympischen<br />

Stadt“ auf dem Oberwiesenfeld.<br />

Sportpark Oberwiesenfeld<br />

7<br />

Die brachliegende Fläche im Münchner Norden<br />

unweit der Innenstadt bot ideale Voraussetzungen<br />

für den Standort der zentralen olympischen Sportstätten.<br />

Der Name war angelehnt an die ursprüngliche<br />

Nutzung als Landsitz „Wiesenfeld“ mit Gärten<br />

und Obstbäumen. Seit dem 18. Jahrhundert diente<br />

das etwa 280 Hektar große Gebiet unterschiedlichsten<br />

Nutzungen, so als Turnanstalt, Armeestützpunkt<br />

und Exerzierplatz mit Kasernengebäuden<br />

und Freiflächen für Militärparaden – hauptsächlich<br />

südlich des Nymphenburg-Biedersteiner Kanals.<br />

Das Areal nördlich des Kanals wurde ab etwa 1900<br />

als Luftschiff- und Flugzeuglandeplatz genutzt und<br />

in den 1930er-Jahren zu Münchens erstem zivilen<br />

Flugplatz mit Empfangsgebäude und Flugzeughalle<br />

ausgebaut, eröffnet am 3. Mai 1931. Parallel dazu<br />

entwickelten sich in den Randbereichen zahlreiche<br />

kleinere und größere Betriebe aus der Flugzeug- und<br />

Rüstungsindustrie. Ab 1939 löste der neue Flughafen<br />

Riem den Standort Oberwiesenfeld ab, der<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg von 1955 bis 1968 für<br />

die Sport- und Privatfliegerei genutzt wurde. Zwischen<br />

1947 und 1956 sammelte die Stadt im Süden<br />

des Exerzierplatzes den Bauschutt des Kriegs. Der<br />

Schuttberg mit einem Volumen von etwa 10 Millionen<br />

Kubikmeter wurde bewusst in Form einer halbrunden<br />

Tribüne angeschüttet, um das Oval als Basis für<br />

das Großstadion verwenden zu können. In der Folge<br />

diente er – mit Gras und Buschwerk bewachsen – als<br />

Rodelhügel und Freizeitbrache für die Bevölkerung<br />

der umliegenden Stadtviertel. Zuletzt fand dort von<br />

1962 bis 1966 die internationale Baumaschinenausstellung<br />

(BAUMA) statt. 67<br />

Mit dem Stadtentwicklungsplan sollte der im<br />

Gegensatz zum Münchener Süden strukturschwache,<br />

durch Industrieansiedlungen, Arbeiterviertel<br />

und Sozialwohnungen benachteiligte Norden aufgewertet<br />

und als Naherholungsgebiet mit Sportanlagen<br />

zur aktiven Freizeitgestaltung ausgewiesen<br />

werden – ganz im Sinn der zeitnahen Konsolidierung<br />

einer Freizeitgesellschaft.<br />

Dass das Oberwiesenfeld bislang für eine Bebauung<br />

nicht genutzt werden konnte, war nicht zuletzt<br />

den aufgeteilten Besitzverhältnissen zwischen


Dieses „Sportzentrum von internationalem<br />

Maßstab“ sowie ein Modell des weiterentwickelten<br />

Stadions, nun als „<strong>Olympia</strong>stadion“ betitelt, waren<br />

in die Bewerbungsbroschüre neben den Antworten<br />

an das IOC abgebildet. Hinzu kam die schon in<br />

Planung befindliche studentische Wohnanlage, die<br />

als Olympisches Frauendorf dienen sollte. Ein<br />

Stadtplan zeigte die Verteilung der Sportstätten<br />

in der Stadt und deutlich erkennbar die gewünschte<br />

Konzeption der „Spiele der kurzen Wege und der<br />

Konzentration, der engen Bindung von Sport und<br />

Kultur und der Rückkehr zu einfachen Spielen“. Auch<br />

ein Hinweis auf die Qualitäten der näheren Umgebung,<br />

das Alpenvorland und die oberbayerische<br />

Seenplatte fehlte nicht. 75 Damit waren alle wichtigen<br />

Vorgaben skizziert, die Anfang 1967 in den Ideenund<br />

Bauwettbewerb für das Oberwiesenfeld<br />

einfließen und dem gestalterischen und visuellen<br />

Konzept zugrunde gelegt werden konnten. 76<br />

Das Stichwort der kurzen Wege knüpft dabei an<br />

eine lange Tradition an, die Sportstätten konzentriert<br />

an einem Ort in grüner Umgebung unterzubringen.<br />

Nicht erst in Berlin 1936, wie sehr häufig referiert,<br />

sondern schon bei den Spielen 1912 in Stockholm<br />

und in Amsterdam 1928, die beide für Coubertin als<br />

Vorbild für moderne Sportanlagen galten, waren die<br />

Bauten in kurzer Distanz zueinander in Parks oder<br />

Grünbereichen angelegt. 77<br />

Ganz entscheidend war jedoch, dass Werner<br />

Wirsing, Vorsitzender des Werkbunds Bayern,<br />

Hans-Jochen Vogel noch vor der Abgabe der<br />

Bewerbung die Notwendigkeit von weitreichenden<br />

gestalterischen Maßnahmen nahelegte, die hohen<br />

Ansprüchen zu genügen hatten. Um das durchzusetzen,<br />

empfahl er, einen Gestaltungsberater ins<br />

Organisationskomitee zu berufen und ein Komitee<br />

einzusetzen, das eine übergreifende, für alle Bereiche<br />

einheitliche Gestaltung entwickeln sollte.<br />

Eingeschlossen darin sah er die Durchführung<br />

von Wettbewerben für die wichtigsten Gebäude,<br />

um „die besten Kräfte“ zu gewinnen und „die Bauten<br />

zu einer Demonstration vorbildlicher zeitgemäßer<br />

Architektur werden zu lassen“. 78 Daraufhin beauftragte<br />

Vogel am 12. Januar 1966, schon kurz nach<br />

der Abgabe der Bewerbung, seinen Pressesprecher<br />

Otto Haas, sich mit der Bitte um ein Exposé zur<br />

visuellen Ausstattung von Olympischen Spielen an<br />

das Büro von Otl Aicher zu wenden. 79<br />

10<br />

Modell der Sportanlagen auf<br />

dem Oberwiesenfeld für die<br />

Bewerbung in Rom, April 1966<br />

30 31<br />

Bewerbung<br />

München wird <strong>Olympia</strong>stadt


10


Die Architekten der Spiele –<br />

Behnisch & Partner mit<br />

Jürgen Joedicke<br />

Als Einstieg in die unterschiedlichen Kategorien der<br />

Denkmodelle und Vorbilder zeigen Leben, Werdegang<br />

und das Frühwerk der beteiligten Architekten,<br />

welchen Einfluss die Weltbilder und Erfahrungen<br />

der Akteure auf ihre Motivation und Entscheidungen<br />

hatten. Alle gehörten ausnahmslos der etwas weiter<br />

gefassten 45er Generation an, die als Vorreiter für die<br />

Aufarbeitung der Katastrophe des „Dritten Reichs“<br />

gilt. Ihnen wird in der Geschichtsschreibung eine<br />

entscheidende Rolle bei der demokratischen Ausrichtung,<br />

der Liberalisierung und den gesellschaftlichen<br />

Reformen in der Bundesrepublik zugewiesen.<br />

Günter Behnisch<br />

Günter Behnisch (1922–2010) 1 wuchs in dem kleinen<br />

Arbeiterdorf Lockwitz südlich von Dresden auf. Im<br />

Gegensatz zu der damals noch weit verbreiteten<br />

Herrschaftsgläubigkeit prägte ein freidenkerisches<br />

Elternhaus sein späteres Handeln und seine Weltanschauung,<br />

die gekennzeichnet war durch eine ausgeprägte<br />

soziale Verantwortung und das Bedürfnis<br />

nach Gerechtigkeit. Sein Vater war ein angesehener<br />

Volksschullehrer und wirkte aktiv in der SPD und im<br />

Gemeinderat mit. Ebenso wichtig erschien Behnisch<br />

im Rückblick die Unordnung und Ungezwungenheit<br />

der naturräumlich-architektonischen Situation seines<br />

Geburtsorts. Die uneingeschränkte Bewegungsfreiheit<br />

in der Natur wurde später entscheidend<br />

für seine Wahrnehmung von Raumsituationen und<br />

formte sich dauerhaft zu einer naturnahen Raumauffassung.<br />

Überlagert wurden die positiven Kindheitseindrücke<br />

von der schwierigen wirtschaftlich und<br />

politisch instabilen Situation in den 1930er-Jahren.<br />

Vor diesem Hintergrund ist seine Mitgliedschaft bei<br />

der Hitlerjugend zu sehen, denn das Natur- und Gemeinschaftserlebnis<br />

hatte den jungen Behnisch zur<br />

Jugendbewegung der Wandervögel geführt, die politisch<br />

von den Nationalsozialisten vereinnahmt wurde.<br />

Behnisch meldete sich im Dezember 1939 mit<br />

17 Jahren zur Marine. Nach einer Ausbildung als<br />

Offiziersanwärter kam er zur U-Boot-Marine, 1944<br />

erhielt er den Dienstgrad „Oberleutnant zur See“, und<br />

er galt als einer der jüngsten Kommandanten im<br />

„Dritten Reich“. Obwohl er jeden Einfluss dieser Zeit<br />

auf sein architektonisches Denken bestritten hat, 2<br />

müssen die traumatischen Erlebnisse der Dunkelheit<br />

und Enge des U-Boot-Kriegs das Streben nach<br />

räumlicher Offenheit, Licht und Luft deutlich verstärkt<br />

haben. In englischer Kriegsgefangenschaft<br />

ab Juni 1945 erhielt er den ersten Zugang zur<br />

Architektur durch Bernd Kösters, einem ehemaligen<br />

Assistenten von Paul Schmitthenner, der zu den<br />

wichtigen Lehrern der damals in Deutschland<br />

führenden Stuttgarter Schule zählte. Besonders<br />

in England wurden die „re-education“-Programme<br />

in den PoW (Prisoners of War)-Lagern für die<br />

deutschen Gefangenen schon frühzeitig angewendet,<br />

um politisch-historische Bildung zu vermitteln<br />

und neue gedankliche Grundlagen für den Aufbau<br />

eines demokratischen Staats herauszubilden. Nach<br />

seiner Entlassung konnte Behnisch als Geheimnisträger<br />

nicht mehr zu seiner Familie in die inzwischen<br />

sowjetisch besetzte Zone zurückkehren. Nach einem<br />

Baupraktikum in Osnabrück begann er im Herbst<br />

1947 mit dem Studium in Stuttgart. Auch die landschaftliche<br />

Kleinteiligkeit und die Topografie der<br />

württembergischen Stadt mit ihren grünen Hängen<br />

und der Ortsbezug der Stadtelemente waren für ihn<br />

ausschlaggebend und trugen später wesentlich zur<br />

Entfaltung seiner Fähigkeiten bei.<br />

Nach 1948 bildete sich in Stuttgart mit einer<br />

neuen Generation von Professoren eine liberale,<br />

pluralistische Lehre aus. Sie profitierte vom Spannungsfeld<br />

der unterschiedlichen Persönlichkeiten,<br />

die mit neuen Impulsen und einer demonstrativen<br />

Offenheit auf viele Studenten anziehend wirkte. Vor<br />

allem Günter Wilhelm und Rolf Gutbrod sind unter<br />

den Lehrenden herauszuheben. Wilhelm sensibilisierte<br />

Behnisch durch die Bauaufgabe Schule für<br />

neue gesellschaftliche Prozesse und demokratische<br />

Wertvorstellungen. Ab 1947 war Behnisch bei seinem<br />

Lehrer als studentische Hilfskraft, nach dem Diplom<br />

ab 1951 als Assistent und eine kurze Zeit in dessen<br />

Büro beschäftigt. Gutbrod regte einen freieren<br />

Umgang mit Konstruktion und Material und den Mut<br />

zum Andersdenken an, um sich von gewohnten<br />

Form- und Vorstellungsschemata lösen zu können.<br />

Von 1950 bis zu seiner Bürogründung im Jahr 1952<br />

zusammen mit Bruno Lambart arbeitete Behnisch im<br />

Büro von Gutbrod.<br />

Fritz Auer<br />

Fritz Auer (*1933) 3 wurde in Tübingen geboren und<br />

wuchs in Kirchentellinsfurt auf, seine Eltern waren<br />

Lehrer und engagierte evangelische Christen. Die<br />

46 47<br />

Denkmodelle zur Architekturlandschaft<br />

Die Architekten der Spiele


Herrschaft der Nationalsozialisten bestimmte<br />

ebenfalls seine Kindheit und Schulzeit, die gegen<br />

Ende des Kriegs zwangsläufig in eine Mitgliedschaft<br />

beim Jungvolk mündete. Durch die Hausbaupläne<br />

seiner Eltern fand er zur Architektur. Der damalige<br />

Schmitthenner-Assistent Erich Wiemken hatte das<br />

Haus geplant, es konnte aber erst ab 1951 mit einem<br />

anderen Architekten umgesetzt werden. Auer<br />

faszinierte, wie die vom Architekten noch von Hand<br />

gezeichneten Werkpläne für die Handwerker so<br />

verständlich und lesbar waren, dass ein Haus daraus<br />

entstehen konnte. Er absolvierte ein Vorpraktikum in<br />

einer Schreinerei und bewarb sich 1953 über eine<br />

Eignungsprüfung an der damaligen Technischen<br />

Hochschule Stuttgart bei dem ehemaligen Bauhaus-<br />

Schüler Maximilian Debus. Er konnte – was die<br />

Professoren in Erstaunen versetzte – mit seinem<br />

Wissen über Hans Poelzig Punkte sammeln, das er<br />

sich zuvor aus Theodor Heuss’ Buch über Poelzig<br />

angelesen hatte.<br />

Wie schon Behnisch war auch Auer geprägt von<br />

der neuen Generation der Stuttgarter Lehrer nach<br />

1948. Neben der Baugeschichte, gelehrt von Harald<br />

Hanson, und der Baukonstruktion von Günter<br />

Wilhelm sind ihm aber vor allem Hans Kammerer und<br />

der weltgewandte Hans Volkart in Erinnerung<br />

geblieben. Kammerer stellte mit seiner lockeren und<br />

lebendigen Art im Fach „Einführen in das Entwerfen“<br />

fantasievolle kleine Aufgaben, um den Studenten<br />

zeichnerische Bildung und die Lust am Entwerfen zu<br />

vermitteln. Im vierten Semester traf er am Institut<br />

von Günter Wilhelm in seiner Korrekturgruppe auf<br />

Günter Behnisch, der sich als Stundenassistent<br />

einen Teil seines Lebensunterhalts verdiente und<br />

junge Architekten für sein expandierendes Büro<br />

suchte. Fritz Auer und auch Carlo Weber, der<br />

ebenfalls aus der benachbarten Studentengruppe<br />

hinzukam, absolvierten dort ab 1955 die damals<br />

erforderliche einjährige Zwischenpraxis. Das etwas<br />

unordentliche Büro im Dachgeschoss eines Einfamilienhaus<br />

machte einen genauso lockeren Eindruck<br />

wie Behnisch selbst.<br />

Auer und Weber hatten sich bereits zu Studienbeginn<br />

kennengelernt, da sie häufig gemeinsam den<br />

Weg hoch zur Stuttgarter Kunstakademie am<br />

Weißenhof gehen mussten, wo damals aufgrund der<br />

Kriegszerstörungen auch die Architekten ausgebildet<br />

wurden. Behnisch war durch seine lässige Art bei<br />

den Studenten beliebt, und Auer berichtete, dass er<br />

häufig hemdsärmelig, mit Sandalen bekleidet und<br />

braungebrannt aus dem Mineralbad Leuze kommend<br />

zu den Korrekturen erschien. „Während sich die<br />

anderen Assistenten als kleine Professoren gaben,<br />

schien Behnisch ständig in Ferienstimmung zu sein;<br />

er hätte genauso gut ein etwas älterer Student sein<br />

können, der sein Studium nur seinem spendablen<br />

Vater zuliebe betreibt, um, von zuhause ungestört,<br />

seinen Liebhabereien nachgehen zu können.“ 4 Auch<br />

nach der Zwischenpraxis blieben Auer und Weber<br />

beide im Büro, um weiterhin zahlreiche Wettbewerbe<br />

zu zeichnen.<br />

1958 erhielt Auer über den DAAD ein Stipendium<br />

für ein zweisemestriges Auslandsstudium an<br />

der renommierten Cranbrook Academy of Art in<br />

Bloomfield Hills, Michigan, USA. Nach seinem<br />

Masterabschluss 1959 arbeitete er noch ein Jahr im<br />

Büro von Yamasaki & Associates in Birmingham,<br />

Michigan. In den USA beeindruckte ihn besonders<br />

die Klarheit der Entwürfe von Mies van der Rohe,<br />

aber ebenso lernte er auch die Bauten von Frank<br />

Lloyd Wright, Walter Gropius und Marcel Breuer als<br />

Vorbilder kennen. Nach seiner Rückkehr fand Auer<br />

1961 schnell wieder den Einstieg ins Büro von<br />

Behnisch, das sich inzwischen ganz auf das Bauen<br />

mit Fertigteilen konzentriert hatte. 1962 schloss er<br />

mit einer Diplomarbeit bei Günter Wilhelm sein<br />

Studium in Stuttgart ab.<br />

Winfried Büxel<br />

Winfried Büxel (1928–2010) 5 stammte aus Schabo/<br />

Bessarabien, damals zu Rumänien und heute zur<br />

Ukraine gehörend. Sein Vater war ein angesehener<br />

Bauingenieur, der seine Ausbildung in den 1920er-<br />

Jahren in Stuttgart und Dresden absolviert hatte. In<br />

dem kleinen Weinbauerndorf am Schwarzen Meer<br />

verbrachte Winfried Büxel eine unbeschwerte<br />

Kindheit. Für eine höhere Schulbildung auf einem<br />

Gymnasium wollten sich seine Eltern jedoch nicht<br />

mit den regionalen Möglichkeiten abfinden. So kam<br />

Büxel 1939 nach Dresden, wo er zunächst bei seinen<br />

Großeltern mütterlicherseits wohnte und im<br />

Folgejahr in ein Internat wechselte. Ungeplant<br />

entging er so der turbulenten Umsiedelungsphase,<br />

welche die restliche Familie seit dem Sommer 1940<br />

durchleben musste und die sie über mehrere<br />

Zwischenstationen schließlich nach Stuttgart führte.<br />

Kurz vor Ende des Kriegs wurde der erst<br />

16-Jährige zum Reichsarbeitsdienst einberufen und<br />

im April 1945 für den Abwehrkampf gegen die auf<br />

Berlin vorrückenden Russen eingesetzt. Ein Granatsplitter<br />

beendete seinen kurzen Einsatz, und es


1<br />

Frankreich. Das Prägende an der École nationale<br />

supérieure des Beaux-Arts in Paris, dieser „Schicksalsgemeinschaft“<br />

wie Carlo Weber es nannte, war<br />

die gegenseitige Hilfe: Die Jüngeren lernten von den<br />

Erfahrungen und dem Können der Älteren, während<br />

sie ihnen beim Aufzeichnen oder anderen Arbeiten<br />

assistieren mussten. Durch diese Arbeitsweise<br />

konnte Weber seine zeichnerischen Fähigkeiten<br />

entscheidend weiterentwickeln. Nach dem Abschluss<br />

des Studiums arbeitete er noch ein weiteres<br />

Jahr bei dem Architekten Louis Arretche und den<br />

Architektenbrüdern Xavier und Luc Arsène-Henry,<br />

von denen ihm besonders die Eigenarten der Pariser<br />

Arbeitswelt und das Laissez-faire im Umgang mit<br />

architektonischen Problemen in Erinnerung blieb.<br />

Nach seiner Rückkehr nach Stuttgart 1961<br />

konnte Weber direkt wieder bei Günter Behnisch<br />

im Büro einsteigen. Gleichzeitig musste er seinen<br />

noch ausstehenden fünften Abschlussentwurf am<br />

Institut von Rolf Gutbrod nachholen, betreut von<br />

Peter Schenk, den er schon seit seiner „Gastarbeitertätigkeit“<br />

im Düsseldorfer Partnerbüro von Günter<br />

Behnisch und Bruno Lambart kannte.<br />

1966 gründete Günter Behnisch mit Fritz Auer,<br />

Winfried Büxel, Erhard Tränkner und Carlo Weber<br />

die Partnerschaft Behnisch & Partner (B&P), zu der<br />

1970 noch Manfred Sabatke hinzukam. Das Gründungsjahr<br />

markiert gleichzeitig einen grundlegenden<br />

Wandel, der von den produktionsbestimmten<br />

Vorfertigungsbauten zur Situationsarchitektur führte.<br />

Auf der Suche nach einer neuen Ausdrucksweise<br />

im Bauen, die einer neuen Konzeption von Gesellschaft<br />

gerecht werden konnte, kam Behnisch zu der<br />

Überzeugung, dass Architektur unter den gleichen<br />

Bedingungen entwickelt werden musste wie der Weg<br />

zu einer offenen, am Menschen orientierten, vielfältigen<br />

Demokratie: im Entstehungsprozess, in der<br />

räumlichen Ausbildung, mit einem durchschaubaren<br />

konstruktiven Gefüge und mit der Ablesbarkeit der<br />

verwendeten Materialien.<br />

1<br />

Behnisch & Partner mit<br />

Jürgen Joedicke, v.l.n.r. Fritz<br />

Auer, Winfried Büxel, Jürgen<br />

Joedicke, Günter Behnisch,<br />

Erhard Tränkner, Carlo Weber,<br />

Oktober 1967<br />

50 51<br />

Denkmodelle zur Architekturlandschaft<br />

Die Architekten der Spiele


Impulse in den 1960er-Jahren<br />

Schon im Frühwerk von Günter Behnisch und ab<br />

1966 von B&P lassen sich Ansätze nachzeichnen, die<br />

als Impulse für die Wettbewerbsidee von München<br />

gelten können und deren spätere inhaltliche und<br />

gestalterische Ausformung andeuten. Die ersten<br />

Arbeiten lehnten sich deutlich an die Stuttgarter<br />

Lehre an und profitierten vom quantitativen Nachholbedarf<br />

der Nachkriegszeit. Einer der frühen Bauten,<br />

die Vogelsangschule in Stuttgart (1955–1961), ist<br />

ein charakteristisches Beispiel für die Reformideen<br />

dieser Zeit, bei der die Kerngedanken der<br />

Licht-Luft- Sonne-Bewegung und regionaltypische<br />

Bezüge zu einer Einheit verschmelzen. Die Schule<br />

entspricht ganz der zeittypischen Vision einer Durchdringung<br />

von Stadt und Natur, dem städtebaulichen<br />

Leitbild der gegliederten und aufgelockerten Stadt<br />

entsprechend. Die Charakteristika „fließender Raum“<br />

und „modellierte Landschaft“ sind hier schon deutlich<br />

zu erkennen. 14<br />

Bei der Planung für die Ingenieurschule in Ulm<br />

(1959–1963) forcierte Behnisch die industrielle Produktion<br />

als neue Baumethode, die den Wunsch nach<br />

Vollkommenheit und Perfektion in der Ausführung<br />

zu erfüllen schien. Aber auch schon hier lassen sich<br />

erste Anregungen für das olympische Landschaftskonzept<br />

ausmachen. Die Gestaltung des Geländes<br />

entstand in Zusammenarbeit mit Günther Grzimek,<br />

der von 1947 bis 1960 als Gartenamtsleiter in Ulm<br />

tätig war. Mit dem Thema der Freiraumplanung für<br />

Schulen hatte er sich während seiner gesamten<br />

praktischen Tätigkeit kontinuierlich befasst, 15 und<br />

aus den Planungen für Ulm entwickelte sich eine<br />

lang andauernde Zusammenarbeit zwischen beiden<br />

Büros. Der erste von Grzimek stammende Entwurf<br />

für das Gelände in Ulm orientierte sich noch streng<br />

an den orthogonalen Gebäudekanten, während im<br />

überarbeiteten, wesentlich von Behnisch + Lambart<br />

beeinflussten Entwurf 16 die Wege deutlich weicher<br />

geformt und auch enger an den ursprünglichen<br />

Wettbewerbsentwurf angelehnt waren. Das Aushubmaterial<br />

wurde zunächst im Süden des Grundstücks<br />

zwischengelagert. Weil die Reste der Festungsmauern<br />

am südlichen Grundstücksrand des Gaisenbergs<br />

die Sicht auf die Stadt versperrten, hatte Günther<br />

Grzimek die Idee, den Aushub liegen zu lassen und<br />

später als Hügel auszuformen, um einen freien Blick<br />

auf die Stadt zu erhalten. 17 Daneben wurde die bestehende<br />

Kiefernbepflanzung als vertikales Element<br />

bewusst in den Entwurf einbezogen und ergänzt. Mit<br />

einer geschwungenen Wegeführung aus Rasensteinen<br />

um den Hügel konnte der südliche Teil an den<br />

bestehenden öffentlichen Park angebunden werden.<br />

18 Andreas König konstatiert, dass die „konzeptionelle<br />

Strenge Grzimeks und Behnischs gestalterische<br />

Freiheit“ hier zum ersten Mal aufeinandertreffen<br />

und der Einfluss Behnischs als Initialzündung für<br />

eine erste gestalterische Umorientierung Grzimeks<br />

gelten kann. 19 Der Beginn dieser Zusammenarbeit<br />

war ein wichtiger Baustein für die Wettbewerbsidee<br />

der <strong>Olympia</strong>anlagen.<br />

1967 erhielt Behnisch aufgrund seiner Erfolge<br />

mit vorgefertigten Bauten und Typensystemen einen<br />

Ruf an die TU Darmstadt und trat die Nachfolge<br />

von Ernst Neufert an, dem international bekannten<br />

Fachmann für Normierungsfragen und Bauentwurfslehre.<br />

Zu diesem Zeitpunkt wollten Günter Behnisch<br />

und seine späteren Partner aber bereits neue Wege<br />

beschreiten. Ein Büroausflug im Juli 1963 in die<br />

Niederlande gab dazu entscheidende Impulse. 20<br />

Auf dem Programm standen neben den Bauten von<br />

Johannes van den Broek und Jacob Bakema vor<br />

allem zwei Sozialbauten von Johannes Duiker, 21<br />

welche die Architekten besonderes begeisterten.<br />

Das Sanatorium Zonnestraal in Hilversum und die<br />

Freiluftschule in Amsterdam zeigen eine licht-, luftund<br />

sonnendurchflutete Architektur, deren Leichtigkeit<br />

und Minimalprinzip in der äußeren Erscheinung<br />

großen Einfluss auch schon auf die Architektur der<br />

1920er-Jahre hatte. Dass gerade diese Bauten sich<br />

dauerhaft in Behnischs Gedächtnis einprägten, lag<br />

nicht nur an der äußeren Ästhetik des Transparenten,<br />

sondern auch daran, dass sie zudem mit einer<br />

sozialen Utopie verbunden waren. 22 Beeindruckend<br />

waren auch die auf dem Weg liegenden transparenten<br />

Gewächshäuser mit dünnen Metallprofilen, deren<br />

Ausdruck den Wandel zum Leichten bestärkten. In<br />

Diskussionen mit den Mitarbeitern festigte sich der<br />

gemeinsame Entschluss, die bisherige Forcierung<br />

des Bauens mit vorgefertigten Teilen und Systemen<br />

aufzugeben und sich neuen Schwerpunkten und Inhalten<br />

zuzuwenden. 23 Unmittelbarer Ausdruck dieser<br />

neuen Denkweise waren die ab 1966 mit minimierten<br />

dünnen Stahlskelettkonstruktionen geplanten Sporthallen<br />

in Waiblingen und Rothenburg o.d. Tauber. 24<br />

Die Außenanlagen des zugehörigen Gymnasiums in<br />

Waiblingen plante Günther Grzimek als bewussten<br />

Kontrast zum Gebäude. Gelände und Pausenbereiche<br />

legte er zum Teil in freien Formen dreidimensional<br />

wellenförmig an. Die Formen wurden nicht<br />

gezeichnet, sondern der Kies direkt vor Ort mit einem


16<br />

16<br />

Modell Hoch-Tiefpunktfläche,<br />

Frei Otto und Larry Medlin, 1964<br />

68 69<br />

Denkmodelle zur Architekturlandschaft<br />

Konstruktionsmodelle für Dachlandschaften


zu ermöglichen, entstand das Modell einer regelmäßigen<br />

Hoch-Tiefpunktfläche, gebaut von Ottos<br />

Mitarbeiter Larry Medlin, bestehend aus einem<br />

vorgefertigten Standardnetz mit der konstanten<br />

Maschenweite von 50 Zentimetern, das an den<br />

Hoch- und Tiefpunkten mit Seilschlaufen gespannt<br />

war. Dieser Schritt zu einem reinen Seilnetz war die<br />

grundlegende Konstruktionsidee für die Dächer von<br />

Montreal und München. 104<br />

Als Anregung für das Konzept des Deutschen<br />

Pavillons in Montreal entstand 1964 – noch bevor<br />

Frei Otto zum Wettbewerb eingeladen wurde – die<br />

Ideenskizze eines weitgespannten Dachs über einem<br />

innerstädtischen Park, die vorsah, die einzelnen<br />

Ausstellungspavillons unter diesem großen Dach<br />

zusammenzufassen. 105 Kurz nach Bekanntwerden<br />

der Zusage für die Olympischen Spiele an München<br />

wurde Frei Otto in einem Interview im September<br />

1966 gefragt, ob er sich ähnliche Großhüllen wie in<br />

Montreal auch für die Lösung einiger Bauaufgaben<br />

für die <strong>Olympia</strong>de vorstellen könne. Er bemerkte,<br />

dass man darunter „ein Schwimmbad, Kinderspielplätze,<br />

Sportanlagen inmitten einer Parklandschaft<br />

unterbringen kann. […] Ein Entwurfsgedanke, der<br />

Gutbrod und mir ganz besonders am Herzen liegt,<br />

wird in Montreal nur noch angedeutet sichtbar werden,<br />

nämlich die zusammenhängende grüne Parklandschaft,<br />

die den gesamten Pavillon durchziehen<br />

sollte, jene ‚Erholungslandschaft‘, in die die Exponate<br />

unaufdringlich eingefügt werden. Vielleicht ergibt<br />

sich an anderer Stelle einmal die Gelegenheit, daß<br />

sich dieser Gedanke zur vollen Entfaltung bringen<br />

lässt.“ 106<br />

Im April 1967 – kurz nach der Wettbewerbsausschreibung<br />

für die <strong>Olympia</strong>anlagen – zeichnete Otto<br />

ein „Stadion für 100.000 mit ausfahrbarem Dach“,<br />

das aus seinen Überlegungen zu wandelbaren,<br />

ausfahrbaren Konstruktionen hervorgegangen war.<br />

Der durch Erdwälle begrenzte, allseitig begehbare<br />

Innenraum konnte entsprechend den Witterungsbedingungen<br />

mit einem wandelbaren Dach geöffnet<br />

oder geschlossen werden. Eine raffbare Membran<br />

ist an einem 180 Meter hohen, über das Stadion geneigten<br />

Pylon aufgehängt und wird kegelförmig über<br />

abgespannte Seile zu 15 Fußpunkten geführt. Die<br />

geraffte, transluzente Haut kann bei Bedarf zu einer<br />

flachen Kuppel ausgefahren werden. Die Ideenskizze<br />

wurde Ende Mai 1967 als eine Weiterentwicklung der<br />

ausfahrbaren Dachkonstruktionen für das Theater in<br />

Cannes (1965), der Kunsteisbahn in Davos (1966/67)<br />

und der Stiftsruine in Bad Hersfeld (1970) veröffentlicht.<br />

Die Anwendungsmöglichkeiten übertrug Otto<br />

ausdrücklich auch auf ein „Stadion der <strong>Olympia</strong>größe“,<br />

das „in dieser Weise nach Wunsch abzuschließen,<br />

und wenn nötig, heizbar zu machen“ 107 sei.<br />

Die Ideenskizze steht in unmittelbarem zeitlichen<br />

Zusammenhang mit dem Wettbewerb für die<br />

<strong>Olympia</strong>bauten, obwohl zu diesem Zeitpunkt die<br />

Zeltdachlösung über der modellierten Landschaft<br />

bei B&P schon gezeichnet war. Sie erinnert ebenfalls<br />

an Tauts Volkshauszeichnung in Die Auflösung der<br />

Städte. Beide wollten ein vielseitig nutzbares, gesellschaftliches<br />

Zentrum für gemeinsame Freizeit- und<br />

Sporterlebnisse schaffen, das Otto noch durch eine<br />

wandelbare Hülle ergänzte. In einer weiterentwickelten<br />

Version wurde das Stadion über die Nutzung als<br />

olympische Sportarena hinaus als Zentrum für vielfältige<br />

Aktivitäten vorgestellt. „Der ständig steigende<br />

Bedarf unserer Gesellschaft nach erlebnisreicher<br />

Freizeitgestaltung erfordert Großräume, die variabel<br />

genug sind, sich verschiedenen Nutzungen anzupassen.<br />

[…] Ein olympisches Stadion mit beweglichen<br />

Tribünen wird von einer wandelbaren Dachhaut<br />

überspannt. Unterhalb der Tribünen ist Terrassenlandschaft,<br />

die vielfältig genutzt werden kann. […] So<br />

wird dieser Raum in ein Zentrum gesellschaftlicher<br />

Aktivitäten verwandelt.“ Es könne ein „Spiel- und<br />

Festival-, ein Multimediaraum für unzählige Freizeitaktivitäten“<br />

entstehen. 108 Die Übertragung der<br />

Idee einer flexiblen Großraumüberdachung auf ein<br />

Stadion in <strong>Olympia</strong>größe ist sicherlich dem Interesse<br />

der deutschen Architekten an der viel beachteten<br />

Wettbewerbsauslobung im Frühjahr 1967 geschuldet.<br />

Frei Otto hatte sich aber – in Absprache mit Rolf<br />

Gutbrod – ganz bewusst gegen eine Teilnahme entschieden.<br />

109 Er war der Aufgabenstellung <strong>Olympia</strong><br />

gegenüber generell kritisch eingestellt und bezeichnete<br />

sie später als „Kolossaltheater“. 110<br />

Den Wettbewerbsbearbeitern im Büro Behnisch<br />

– so die Aussage von Fritz Auer und Carlo<br />

Weber – war dieser im April 1967 in der Zeitschrift<br />

Bauwelt gezeigte Entwurf jedoch nicht bekannt und<br />

so konnte dessen Aussage noch nicht in eine für<br />

die Wettbewerbsarbeit taugliche Idee transformiert<br />

werden. 111 Sowohl Behnisch als auch die anderen<br />

Wettbewerbsbearbeiter waren aber mit Frei Ottos<br />

Gedankenwelt sehr vertraut. Den Architekten bekannte<br />

Beispiele waren die Stadt in der Arktis und<br />

die Stadt der Zukunft. 112 Der grundlegende Ansatz<br />

Ottos, Städte, Landschaften oder Arenen mit<br />

schützenden, transparenten Dächern zu überdecken<br />

und folglich nicht mehr geschlossenen Raum als


20<br />

Raumbegrenzungen, nur mit klimatisch notwendigen,<br />

absenkbaren Tüchern und Windschutzvorrichtungen<br />

versehen. Ein leichtes, weit schwingendes<br />

Zeltdach überspannt eine terrassenartig-unregelmäßige<br />

„Ausstellungslandschaft“ und wird durch eine<br />

kuppelförmige Holzkonstruktion für das Auditorium<br />

als drittes konstruktives und architektonisches<br />

Element vervollständigt. Schon hier hatte Egon Eiermann<br />

zunächst Zweifel an der Baubarkeit des Dachs<br />

geäußert. 127<br />

Planung und technische Besonderheiten<br />

Der Entwurf wurde zwischen der Wettbewerbsentscheidung<br />

im Juni 1965 und der Eröffnung im<br />

Sommer 1967 geplant und realisiert. Das Zeltdach<br />

überdeckte mit einem vorgespannten Seilnetz eine<br />

Grundfläche von knapp 8.000 Quadratmetern und<br />

war nach dem Prinzip des Hoch-Tiefpunktmodells<br />

an acht in festem Raster stehenden, verschieden<br />

hohen Masten aufgehängt. Das Netz bestand aus<br />

12 Millimeter starken, schwach gedrehten Seilen,<br />

die mit einer für die Begehung günstigen Maschenweite<br />

von 50 Zentimetern und festen Kreuzklemmen<br />

in Bahnen von 9,5 Metern vorgefertigt waren. Die in<br />

Deutschland präfabrizierten Netzflächen wurden vor<br />

Ort in Montreal am Boden zusammengefügt, mit der<br />

20<br />

Ansicht des Pavillons mit Lagune<br />

sogenannten Luftmontage über 54 Millimeter starke<br />

Grat- und Randseile an den Masten hochgezogen<br />

und die Zugkräfte in Betonanker abgeleitet. Die<br />

raumbegrenzende Schicht aus einer transluzenten<br />

Dachhaut wurde unter das tragende, vorgespannte<br />

Seilnetz gehängt und mit der Unterseite über sogenannte<br />

Federteller verbunden. Sie war hergestellt<br />

aus gewebtem und mit PVC beschichtetem<br />

Polyester gewebe und ebenfalls in 1,5 Meter breiten<br />

Bahnen vorgefertigt. 128<br />

Zur Ermittlung der genauen Geometrie, der<br />

geometrischen Konstruktionsdaten, des Zuschnitts<br />

sowie der Seilkräfte, der Verformungen und Dehnungen<br />

im Netz war ein aufwendiges Messmodell<br />

im Maßstab 1:75 aus feinen Stahldrähten von entscheidender<br />

Bedeutung. Messtechnik und Rechenprogramme<br />

für die photogrammetrische Aufnahme<br />

existierten noch nicht, deshalb wurde diese Methodik<br />

nur als ergänzendes, unabhängiges Verfahren hinzugezogen.<br />

Der Nachweis der Kräfte in dem mehrfach<br />

unbestimmten statischen System ließ sich jedoch<br />

nicht allein anhand von mathematischen Berechnungen<br />

vornehmen, sondern musste ergänzend am<br />

Modell gemessen werden. In diesem Punkt führte die<br />

Zusammenarbeit zwischen den Ingenieuren von L+A<br />

und Frei Ottos Team zu erheblichen Spannungen,<br />

weil die Zuschnittsabnahme der Modelle nicht genau<br />

21<br />

Auditorium mit Holzkuppel und<br />

Netz im Bau<br />

22<br />

Dachkonstruktion mit Blick auf<br />

die vorgelagerte Insel<br />

74 75<br />

Denkmodelle zur Architekturlandschaft<br />

Modell und Impuls


21<br />

22


7–8<br />

probiert wurden. 34 Er hatte die besondere Fähigkeit,<br />

die Idee der bewegten Geländemodellierung in den<br />

Skizzen und Zeichnungen präzise und verständlich<br />

darzustellen. „Wenn du im Team arbeitest“, so Carlo<br />

Weber, „musst du es so darstellen, dass der andere<br />

es nachvollziehen kann. Wenn ich einen roten, gelben<br />

und grünen Stift nehme und das Wasser blau mache,<br />

ist das eine Mehrarbeit von drei oder fünf Minuten,<br />

die ich in eine Skizze reinstecke. Aber plötzlich kann<br />

der Andere das nachvollziehen. Und deswegen,<br />

wenn es ideal läuft, können wir als Team zu einem<br />

Thema mehr schaffen als eine Person in einem Kopf.<br />

Das ganze Problem des Ein-Mann-Architekten ist es,<br />

alles in einem Kopf zu denken, während eine Gruppe<br />

von verschiedenen Seiten einsteigt, und dann kann<br />

ein höheres Niveau erreicht werden.“ 35<br />

Anschließend war für die Umsetzung der „Nichtarchitektur“<br />

auch ein Modell notwendig, an dem mit<br />

neuen, ungewöhnlichen Arbeitsmitteln die komplexe<br />

Modellierung des Geländes überprüft und anschaulich<br />

gemacht werden konnte. Auf einer großen, etwa<br />

1,5 x 2 Meter großen Tischplatte wurden im Maß-<br />

7–8<br />

Behnisch & Partner beim Besuch<br />

des Dziesięciolecia-Stadion<br />

(Stadion des 10. Jahrestages) in<br />

Warschau/Polen, 1968<br />

104 105<br />

Wettbewerb<br />

Bearbeitung des Wettbewerbs


9–10<br />

Das Pildammsteatern nördlich<br />

des Stadions in Malmö, 1968<br />

9–10<br />

stab 1:1.000 einige der Alternativen zunächst als<br />

Mulden und Erdbewegungen aus Sägespänen, dann<br />

aus Sand modelliert und daraus das zusammenhängende<br />

Landschaftsgeflecht geformt. 36 Da für<br />

die Vergleichbarkeit und Abwägung der Vor- und<br />

Nachteile der Umbau jeweils zu lange gedauert<br />

hätte, wurden die verschiedenen Lösungen von drei<br />

gleichen Standorten aus nach dem erstmaligen<br />

Aufbau mit der Polaroid-Kamera fotografiert, um die<br />

Auswahl zu erleichtern. 37 Zunächst konzentrierte<br />

das Wettbewerbsteam die Modellierung mithilfe der<br />

vom Schuttberg aufgenommenen Erdbewegung im<br />

Südteil des Geländes. Neben dem Trümmerschutt<br />

war auch der Aushub der bereits im Bau befindlichen<br />

U-Bahn auf dem Gelände gelagert. In einer<br />

folgenden Diskussion regte Behnisch an, auf der<br />

Basis der Erdstadien-Krater, die freie Formen im<br />

Schnitt erzeugten, das Thema Erdmodellierung auch<br />

im Grundriss weiterzuführen und mit dem Aushub<br />

weitere Bereiche zu modellieren. 38 So wurden die<br />

weich geschwungenen Bewegungen der Dämme<br />

vom Plateau in der Mitte ausgehend zu den vorgesehenen<br />

Verkehrsanschlusspunkten nach Nordosten<br />

(U-Bahn), Nordwesten (S-Bahn) und nach Süden<br />

(Tram) weitergeführt, um die Bereiche südlich und


26<br />

26<br />

Südvariante mit Konkretisierung<br />

des Dachs, Carlo Weber, Mai/<br />

Juni 1967<br />

27<br />

Wettbewerbsplan mit Verkehrsschema,<br />

Juli 1967<br />

108 109<br />

Wettbewerb<br />

Bearbeitung des Wettbewerbs


27


eckig wurde, während es vorher weiche, neubarocke oder Jugendstilformen gab.<br />

Mit einer Reiße können Sie anders zeichnen als mit einer Zeichenfeder. Wir haben<br />

das dann auch an unseren Arbeiten gesehen. Bauten, die mit Plastilin entworfen<br />

sind, werden anders aussehen als solche, die aus Pappe geschnitten sind. Oder<br />

aus Holzklötzchen.<br />

ES:<br />

Gab es ein konkretes Beispiel, an dem Sie das festgestellt haben?<br />

GB:<br />

Das war unsere eigene Erfahrung. Ob das die Finanzierungstechnik ist oder die<br />

Terminplanung, das drückt alles der Architektur einen Stempel auf, oder auch das<br />

Juristische, denn was heute entsteht, ist alles juristische Architektur. Die ist so<br />

gemacht, dass man nachweisen kann, dass man keinen Fehler gemacht hat. Wir<br />

haben damals, als wir das Modell für München entwickelt haben, eine große<br />

Platte genommen und Sand darauf gekippt. Sand ist das Material, das die wenigsten<br />

Eigengesetze hat, und daraus ist die landschaftliche Architektur geworden.<br />

ES:<br />

Es entsteht ja auch heute schon wieder eine andere, vielleicht neue Architektur<br />

mit dem Computer. Sehen Sie da wieder eigene Gesetzmäßigkeiten?<br />

GB:<br />

Das eine ist sehr zwanghafte Architektur, aber mit neuen, anderen Zwängen als<br />

früher. Ich war vor Kurzem in Amerika, in einem großen Büro in New York, und die<br />

haben immer von „Deadline“ gesprochen, wir haben heute Abend „Deadline“. Ich<br />

habe gefragt: „Wer stirbt denn?“ Und sie sagten: „Nein, nein, wir müssen bis dahin<br />

die Werkpläne fertig haben!“ Das sind diese Terminplanungen, da kann nichts<br />

mehr ausreifen, sondern es muss immer zu der „Deadline“ jedes Detail zack, zack<br />

entstehen, und das sieht man den Dingern ja auch an. Klar, der Computer reproduziert<br />

ja Vorentwickeltes, man kann das Detail vielleicht ein kleines Stückchen<br />

damit weiterentwickeln. Wenn Sie die CAD-Grundrisse anschauen, da sind die<br />

Treppen vorgeprägt von irgendeinem Idioten, der in irgendeinem Büro saß und<br />

den wir uns nie ins Büro nehmen würden. Und plötzlich kommt durch den Computer<br />

ein schlechter Mitarbeiter ins Büro. Das gibt es bei uns gar nicht, der wird<br />

rausgeschmissen. Bei uns ist eine computerfreie Zone, nur die Sekretärin muss<br />

einen Computer haben.<br />

ES:<br />

Was halten Sie denn von den Theorien, ein Computer könne sogar über<br />

Zufallsgeneratoren entwerfen?<br />

GB:<br />

Es kommt darauf an, wie Sie es machen. Ich glaube schon, dass man, wenn man<br />

den Computer beherrschen könnte, damit sicherlich ein neues Formenrepertoire<br />

findet. Und man müsste einen guten Computermann haben, der das wirklich<br />

weiterentwickeln kann. Ich kann das nicht. Wir benutzen Computer schon für<br />

Grafiken und so weiter. Nur möchte ich nicht, dass sie das Geschehen in unserem<br />

Büro bestimmen. In der Chaos-Diskussion wird aber deutlich, dass gerade das<br />

nicht rationell Bearbeitete viele unbewusste Einflüsse in die Arbeit hineinlässt,<br />

Dinge, an die man selbst gar nicht gedacht hat. Schiller hatte zu Goethe gesagt,<br />

dass alles, was er [Goethe] schreibt, in seiner Intuition liegt, dass in ihm die Natur<br />

geschrieben hat, nicht er selbst. Und das ist in der Architektur genauso, man<br />

schreibt oder man zeichnet, da rutschen einfach Dinge hinein, die man rational<br />

nicht geplant hat. Insofern ist die Architektur natürlich vielfältiger, lebendiger,<br />

überraschender, wenn sie nicht mit dem Computer gemacht wird, und es bringt<br />

dich selbst weiter.<br />

128 129<br />

Im Gespräch<br />

Günter Behnisch


ES:<br />

Die Jahre 1967/68 waren für Sie gekennzeichnet durch die Parallelität von<br />

mehreren Ereignissen. Eine gesellschaftliche Aufbruchsstimmung kündigte<br />

sich an, Sie traten in Darmstadt die Nachfolge von Ernst Neufert am Lehrstuhl<br />

für Baugestaltung und Industriebaukunde an und haben den Wettbewerb<br />

für München gewonnen. Wie war das alles zu bewältigen?<br />

GB:<br />

Das war natürlich eine sehr große Belastung, ich war zeitlich sehr unter Druck. Ich<br />

hatte das Büro in Stuttgart und in München und musste in Darmstadt den Lehrstuhl<br />

übernehmen, und in der Zeit haben auch meine gesundheitlichen Probleme<br />

angefangen. Davor hatte ja Neufert den Lehrstuhl, und es war klar, dass ich nicht<br />

mit Bauordnungslehre weitermache, dass die Lehre verändert werden muss. Es<br />

war auch besprochen, dass ich das nach meinen Vorstellungen machen konnte.<br />

ES:<br />

Wie haben Sie denn in Darmstadt auf die 68er-Bewegung reagiert, wie haben<br />

sich die sicherlich auch dort stattfindenden Studentenproteste ausgewirkt?<br />

GB:<br />

Ich wurde ja gleich mit den Reformen und den 68er-Problemen konfrontiert. Und<br />

ich habe mich schon am Anfang dagegengestellt, vor allem dagegen, dass mit<br />

dieser Bewegung plötzlich Leute aufsteigen wollten. Das war der sogenannte<br />

Mittelbau, der Assistent wollte Professor sein. Und dann habe ich gesagt: „Macht<br />

doch erstmal eure Promotion oder macht euch sonst irgendwie einen Namen,<br />

dann geht’s schon weiter.“ Es hat auch dazu geführt, dass plötzlich die Professo-<br />

1<br />

Olympische Brezeln für<br />

Behnisch & Partner: Bäckerin<br />

Treiber, Günter Behnisch, Erhard<br />

Tränkner, Carlo Weber, Fritz<br />

Auer (hinten), Hermann Peltz,<br />

Frau Motzer, Armin Gsell (vorne),<br />

Oktober 1967<br />

1


hatte zu nachhaltigen Spannungen und Differenzen<br />

geführt, die auch Jahre später nicht ausgeräumt<br />

waren. In einer Nachbetrachtung sah Frei Otto die<br />

mangelnde Anerkennung seiner Arbeit „in dem<br />

dümmsten Kompetenzgerangel begründet, das es<br />

im Bauwesen seit der Teilung in Berufsgruppen der<br />

Architekten und Ingenieure gab“. 165 Er hatte versucht,<br />

bei den Detailentscheidungen des Seilnetzes<br />

seine erprobten Lösungen einzubringen, um die<br />

Risiken der Neuentwicklungen für die komplizierte<br />

Konstruktion zu minimieren. Fritz Leonhardts und<br />

Jörg Schlaichs Ziel war es, ein Baukastensystem aus<br />

möglichst wenigen Sonderelementen zu realisieren,<br />

das mit vielen gleichartigen und auch rationell in Serie<br />

zu fertigenden Teilen im Sinn einer ästhetischen<br />

Einheit wirkt.<br />

Formfindung und Zuschnitt<br />

Arbeiten am Modell<br />

Während die technischen Fragen hauptsächlich<br />

zwischen den Ingenieuren von L+A und Frei Otto<br />

verhandelt wurden, arbeiteten B&P beim Entwurf der<br />

Netzgeometrie eng mit dem IL zusammen. Auch hier<br />

gab es grundsätzlich verschiedene Planungs- und<br />

Denkansätze, die in anhaltenden Auseinandersetzungen<br />

zu Tage traten. Bei Otto stand die Suche nach<br />

einer unbekannten Form entsprechend den Eigenschaften<br />

von Zeltstrukturen im Vordergrund – gefunden<br />

in einem Formbildungsprozess unter der Berücksichtigung<br />

von naturwissenschaftlicher Analyse.<br />

Bei Behnisch dagegen überwogen formal-konzeptionelle,<br />

aber auch ganz praktisch-funktionale Überlegungen<br />

wie angemessene Raumhöhen und Dachneigung,<br />

Beheizbarkeit und Fassadenanschlüsse. Alle<br />

Teile des Dachs sollten möglichst weitgehend den<br />

übergeordneten Ideen des Gestaltungskonzepts –<br />

spielerisch, schwungvoll, leicht – entsprechen. Dazu<br />

gehörte zum Beispiel, die Materialität der transparenten<br />

Dachhaut und die Dimension des Dachs auf<br />

Augenhöhe des Menschen erlebbar zu machen, um<br />

den großen Konstruktionsteilen die Schwere und<br />

Distanz zu nehmen. Die Dachfläche sollte deshalb<br />

möglichst weit bis zum Boden heruntergezogen und<br />

bodennahe Details wie unter anderem die Entwässerung<br />

mussten sorgfältig überlegt werden.<br />

Frei Otto und das IL hatten im Juli 1968 mit dem<br />

Bau der Tüllmodelle für die erste Phase der Formfindung<br />

und etwas später, Anfang 1969, mit dem Bau<br />

174 175<br />

Dach<br />

Formfindung und Zuschnitt


32<br />

Modellbauarbeiten der<br />

Arbeitsgruppe Dach des IL<br />

am großen Tüllmodell im<br />

Baubüro von Behnisch & Partner,<br />

Projektleiter Ulrich Hangleiter<br />

mit Mitarbeitern<br />

32


ES:<br />

Was war denn der stärkere Antrieb?<br />

KL:<br />

Das war natürlich die neue deutsche Situation. Es gab die neuen, interessanten<br />

architektonischen Vorstellungen von Behnisch, Eiermann und Aicher. Die Generation<br />

der Davongekommenen wollte ein anderes Lebensgefühl vermitteln – mit<br />

Offenheit, Heiterkeit und Gelassenheit. Wir bekamen Karten, und ich war mit<br />

meinen Söhnen bei der Eröffnung, als Kurt Edelhagen dort seine Lieder spielte,<br />

mit den Peitschen und so weiter. Uns sind die Tränen gekommen. Dieses Bauwerk,<br />

diese künstliche Landschaft waren unglaublich gelungen, und dann kamen<br />

die Mannschaften hereinmarschiert – ich war hin und weg! Ich bin in das Institut<br />

gekommen und habe gesagt: „Diese <strong>Olympia</strong>de gibt mir meinen Glauben an die<br />

Menschen wieder!“ Es war unvorstellbar, wie das gewirkt hat. Das ist übergesprungen,<br />

wie man es sich heute gar nicht mehr vorstellen kann. Und die Leute<br />

saßen in der Landschaft! Es war keine große Verbrüderung, aber es war wirklich<br />

das Ambiente – das war einmalig. Für Behnisch war das ein unglaublicher Erfolg.<br />

Als damals der Hochsprung der Damen war, gab es eine deutsche Teilnehmerin –<br />

Ulrike Meyfahrt. Der Wettkampf ging bis spät in die Nacht. Wir hatten auch Karten,<br />

und als sie Anlauf nahm, da schallte von der Tribüne her ein deutliches „Hopp“,<br />

und das brachte sie total aus dem Konzept. Es entstand eine Massenablehnung,<br />

ein Pfeifen, ein Zornesausbruch dieses ganzen Stadions, der eindeutig auf diesen<br />

„Hopp-Schrei“ gemünzt war. Und dann kehrte wieder diese friedvolle Stimmung<br />

ein, und sie gewann ja dann auch noch irgendwann.<br />

ES:<br />

Wie konnten denn die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die Sie mit diesem<br />

neuen Verfahren gewonnen hatten, später genutzt werden? Wie ist der<br />

Stand der Entwicklung heute?<br />

KL:<br />

Das hatte gewaltige Auswirkungen. Die Kraft-Dichten haben jetzt – nach einer<br />

Inkubationszeit von ungefähr 20 Jahren – eine Enkelgeneration von jungen Wissenschaftlern<br />

in Frankreich, Italien, Brasilien, in den Niederlanden, sogar in China<br />

und neuerdings in Zürich hervorgerufen. Und die Entwicklung ist noch nicht ganz<br />

zu Ende. Ich habe gewisse Dinge, die noch veröffentlicht werden müssen, und es<br />

gibt immer noch Leute, die daran arbeiten. Um einige Beispiele zu nennen: Schüler<br />

von mir haben die Allianz-Arena in München 2005 gemacht. Das Dach des<br />

<strong>Olympia</strong>stadions in Montreal 1976 mit dem herabhängenden Dach ist zusammen<br />

mit Jörg Schlaich entstanden, die Sporthalle in Jeddah 1981 mit Ted Happold,<br />

Michael Dickson, Ian Lidell und Ove Arup und das Solemar in Bad Dürrheim 1987<br />

mit dem Ingenieur Fritz Wenzel. Bei der Multihalle in Mannheim 1975 hat unser<br />

Büro Linkwitz-Preuss Frei Ottos umgekehrtes Hängemodell mithilfe unseres<br />

Verfahrens der Kraft-Dichten vermessen und in eine exakte Gleichgewichtsfigur<br />

umgesetzt.<br />

Im Gespräch mit Elisabeth Spieker am 26. Januar 2012 und 7. März 2013<br />

202 203<br />

Im Gespräch<br />

Klaus Linkwitz


3<br />

Vorgespanntes Netz nach der<br />

Montage, Herbst 1971<br />

3


50–54<br />

Sonnenfundament: Karla<br />

Kowalski bemalt das<br />

Schwergewichtsfundament<br />

des Stadionrandkabels, bevor<br />

es unter den Erdmassen der<br />

Landschaft verschwindet.<br />

208 209<br />

Dach


50–54


68<br />

68<br />

Hochziehen und Spannen des<br />

Netzes über dem Stadion, 1971<br />

Dach<br />

69–70<br />

Spannvorgang bei der Sporthalle,<br />

1971<br />

71–73<br />

Eindeckungsarbeiten bei<br />

der Schwimmhalle, 1972: Die<br />

Montage erfolgt direkt auf dem<br />

Seilnetz. Die Fugen sind mit ca.<br />

13 Zentimeter breiten Neoprene-<br />

Gummiprofilen geschlossen und<br />

über Aluminiumschienen an die<br />

Plattenränder geklemmt.<br />

69<br />

216 217<br />

Ausführung und Montage


70<br />

71–73


75<br />

Provisorische Tribüne an der<br />

Ostseite der Schwimmhalle, 1972<br />

222 223<br />

Dach<br />

Ausführung und Montage


75<br />

der verschweißt sind. Als Oberseite umschließt eine<br />

kastenförmige PVC-Folie den gesamten Kern und ist<br />

mit der Unterseite an den Rändern verschweißt. Die<br />

vorgefertigten 8 x 2 Meter großen Einzelstücke mit<br />

einer Stärke von 10 Zentimetern in der Sport- und<br />

14 Zentimetern in der Schwimmhalle wurden vor der<br />

Montage zu Fertigungseinheiten von 200 Quadratmetern<br />

zusammengefügt und dann vor Ort zu durchschnittlich<br />

1.000 Quadratmeter großen Abschnitten<br />

durch geschnürte Stöße geschlossen. Für die<br />

Aufhängung entwickelte Frei Otto kleeblattförmige<br />

Teller aus mit Kunststoff überzogenem Federstahl, an<br />

denen – gleichmäßig verteilt – die Abschnitte über<br />

Seile hochgezogen, am Seilnetz befestigt, untereinander<br />

verschnürt und gespannt wurden. 245<br />

Jedoch zeigte sich Mitte August 1971 schon<br />

vor der Montage an den gelagerten und noch nicht<br />

eingebrachten Platten die Anfälligkeit des Dämmmaterials<br />

gegen Hitze, sichtbar durch Schrumpfungen<br />

und Verfärbungen. 246 Nach der Fertigstellung<br />

der Montage traten Anfang 1972 erste Schäden auch<br />

an der montierten Decke auf, da sich aufgrund der<br />

teilweise auf bis zu 100 ºC ansteigenden Temperaturen<br />

im Dachzwischenraum die Isolierkerne braun<br />

verfärbten und stark schrumpften. Die U-Decke war<br />

entgegen den vom Forschungsinstitut für Wärmeschutz<br />

München empfohlenen und untersuchten<br />

weißen Mustern mit einer klar durchsichtigen Oberplane<br />

ausgeführt worden, was wesentlich höhere<br />

Temperaturen zu Folge hatte. Verstärkt wurde das<br />

vermutlich materialbedingte Problem durch die zu<br />

gering dimensionierten Lüftungsschlitze und die<br />

nicht ausreichende Belüftung. Noch vor der Eröffnung<br />

der Spiele sollten zusätzlich eingebaute,<br />

mechanische Entlüftungsgeräte und vergrößerte<br />

Öffnungen die Temperatur senken, was aber in<br />

dem gewünschten Maß nicht gelang. Aufgrund<br />

der fehlenden Schutzwirkung des Kerns kam es zu<br />

einem erheblichen Festigkeitsabfall, vor allem an den<br />

Nahtverbindungen der Tragefolie. Sanierungsmaßnahmen<br />

konnten jedoch erst nach den Olympischen<br />

Spiele ergriffen werden. 247<br />

Die OBG strebte 1973 zunächst ein Beweissicherungsverfahren<br />

zur Klärung der Ursachen an,<br />

verpflichtete dann aber die Firma Kaefer zur Behebung<br />

der Mängel und sicherte ihr eine Kostenbeteiligung<br />

von 50 Prozent zu. Ohne Inanspruchnahme<br />

der vollen Gewährleistung und weitgehend ohne<br />

Beteiligung von Frei Otto, Wilhelm Schaupp und B&P,<br />

also ohne Berücksichtigung der gestalterischen<br />

Grundsätze und Urheberrechte, suchte Mertz mit


ES:<br />

Welche Aufgaben hatte Fritz Leonhardt als Bürochef? Konnte er sich bei allen<br />

seinen Aufgaben überhaupt zeitlich engagieren?<br />

JS:<br />

Leonhardt war sehr großzügig, indem er mir freie Wahl bei der Auswahl der Mitarbeiter<br />

ließ. Ich durfte das Team innerhalb von L+A zusammenstellen, damit es<br />

funktioniert: Rudolf Bergermann für das Stadiondach, Knut Gabriel für das Sporthallendach,<br />

Ulrich Otto für das Schwimmhallendach, Karl Kleinhanß für die Zwischendächer<br />

und Günter Mayr für die Konstruktion, der wichtigste Mann beim<br />

Dach. Die Auswahl kam zustande, weil natürlich alle sehr gut waren, weil wir uns<br />

sehr gut verstanden haben, obwohl wir alle doch sehr unterschiedlich waren.<br />

Leonhardt war zu der Zeit Rektor an der Universität in Stuttgart und hat sich<br />

zunächst kaum beteiligt, sondern sein Partner Kuno Boll. Irgendwann hat er dann<br />

Herrn Boll abgelöst, aber er konnte es sich als Rektor überhaupt nicht leisten, am<br />

Projekt teilzunehmen. Dann kam diese unglückliche Situation, dass der Chef der<br />

OBG, Carl Mertz, insistiert hat, dass Herr Leonhardt alle vier bis sechs Wochen<br />

einmal in München erscheint. Obwohl das gar keinen Sinn machte, denn Leonhardt<br />

war ja gar nicht mehr in die Details involviert. Ich hatte einen guten Kontakt<br />

zu Herrn Mertz. Er hat mich akzeptiert, weil auch Günter Behnisch mich und uns<br />

akzeptiert hat und auch zu Fritz Auer ein sehr freundschaftliches Verhältnis bestand<br />

und besteht. Aber er sagte mir dann ganz offen: „Ich bin Beamter, ich bin<br />

Sachverwalter, aber kein Fachmann, und ich muss damit rechnen, dass alles<br />

schiefgeht. Jeder sagt, das Dach ist etwas ganz Neues, so etwas gab es noch nie.<br />

Dann wird man mir den Vorwurf machen, dass ich das in den Sand gesetzt habe.<br />

Deshalb muss ich jeden Monat in meinen Kalender eintragen können: ‚Leonhardt<br />

was here.‘ Leonhardt ist der bedeutendste und bekannteste Ingenieur – nehmen<br />

Sie es mir nicht übel, junger Mann, das sind Sie nicht –, und wenn ich reinschreiben<br />

kann, ich habe den bedeutendsten Ingenieur alle vier Wochen hier gehabt,<br />

dann kann mir nichts passieren.“ Und das, obwohl der ja gar nicht genau wusste,<br />

was gerade im Einzelnen läuft. Das hat dazu geführt, dass an dem Tag, an dem<br />

Leonhardt kam, Probleme aufgeworfen wurden, bei denen eine Entscheidung<br />

getroffen werden musste. Ein typisches Beispiel dafür war die Einführung des<br />

Neoprenepuffers als Verbindungselement von Seilnetz und Plexiglas. In seiner<br />

Autobiografie steht dann, das Detail sei von ihm gemacht. Die Idee stammte aber<br />

nicht von ihm, sondern von einem ganz cleveren Ingenieur aus der Mannschaft<br />

der ARGE Lichtdach. Er hat nicht viel Einfluss genommen, aber mir sehr viel<br />

Rücken deckung gegeben und uns bestärkt, dass das, was wir machen, kein Blödsinn<br />

ist. Das ist schon auch sehr wichtig.<br />

ES:<br />

Behnisch hat Ihnen sehr viel Vertrauen entgegengebracht. Er hat gesagt,<br />

wenn er jemandem zutraut, das Dach zu bauen, dann Ihnen. Wie war seine<br />

Rolle, sein Einfluss auf das Dach-Team?<br />

JS:<br />

Behnisch hatte eine stattliche Gruppe von zwölf Leuten, dazu kamen Fritz Auer,<br />

Winfried Büxel und Cord Wehrse. Er hat sich dabei nie in das Tagesgeschäft eingemischt,<br />

hat sich dazugesetzt, hat Auer geholt oder mich, um seine Wünsche<br />

mitzuteilen, und dann ging er wieder. Er hat sich patriarchalisch über das Ganze<br />

gespannt, sich aber nicht so sehr in Einzelheiten eingemischt, gerade bei der<br />

Auseinandersetzung um das Dach, wo Fred Severud und andere dazu geholt<br />

wurden. Das war eine harte Zeit, mich der Kritik und den Gutachten ausgesetzt zu<br />

sehen, gerade in Bezug auf den Punkt, mit dem man alles ruinieren kann – den<br />

Schwingungen. Wir haben damals gesagt, das kann gar nicht schwingen, weil es<br />

Montagevorgang Seilnetz<br />

Sporthalle:<br />

1<br />

Phase I: Das am Boden<br />

ausgelegte Netz N ist mit den<br />

Gußteilen G verbunden. Der<br />

Hauptmast M ist schon mit den<br />

endgültigen Abspannseilen A,<br />

die kleinen Maste m mit der<br />

unterspannten Stütze U sind mit<br />

Hilfsabspannungen H aufgestellt.<br />

2<br />

Phase II: Die Gußsättel G2 und<br />

G3 werden mit Kranen oder<br />

Hilfszügen Z auf den Mast<br />

m2 und die Stütze U gesetzt,<br />

wobei ein Teil des Netzes N mit<br />

hochgezogen wird.<br />

3<br />

Phase III: Der Außenmast m1<br />

wird aufgestellt. Die Stütze mit<br />

G2 und der Sattel G4 werden<br />

mit dem angeschlossenen<br />

Netz angehoben. Dazu werden<br />

Hilfsseile V zur Verlängerung der<br />

Litzenbündel L über den Kopf des<br />

Hauptmasts gezogen.<br />

4<br />

Phase IV: Der Gußsattel G5<br />

wird auf m3 gesetzt. Die<br />

Litzenbündel L werden im<br />

Mastkopf eingehängt. Der Mast<br />

M1 wird nach außen gekippt.<br />

Damit beginnt der eigentliche<br />

Spannvorgang.<br />

238 239<br />

Im Gespräch<br />

Jörg Schlaich


1–4


16<br />

17<br />

18<br />

19–22<br />

16<br />

Lagerung von Lindenbäumen in<br />

Gärfässern<br />

17<br />

Transport der Bäume mit<br />

Baufahrzeugen<br />

18<br />

Arbeitsskizze zur Umsetzung von<br />

Wegkreuzungen, Carlo Weber,<br />

18. Februar 1970<br />

19–22<br />

Landschaft im Bau, 1969–1971<br />

264 265<br />

Landschaft<br />

Ausführung der Arbeiten


Ausfallstraßen Landshuter Allee, Landshuter Straße<br />

und Dachauer Straße waren in der Nachkriegszeit die<br />

für die Münchner Alleen charakteristischen und von<br />

Grzimek benötigten Lindenbäume gepflanzt worden.<br />

Josef Wurzer hatte die Idee, etwa die Hälfte der viel<br />

zu dicht stehenden Bäume entfernen zu lassen, um<br />

sie für das Oberwiesenfeld verwenden zu können. In<br />

halbierten Bierfässern von bis zu 7 Metern Durchmesser,<br />

zur Verfügung gestellt von den Münchner<br />

Brauereien, ließ er die bis zu 2 Meter umfassenden<br />

Stämme im Bereich südlich des <strong>Olympia</strong>bergs<br />

zwischenlagern und später auf dem Gelände für die<br />

Rasterpflanzungen wieder einsetzen. 46 Da die Pflanzen<br />

zu einem beträchtlichen Teil aus den eigenen Beständen<br />

stammten, lagen also Leitung, Ausführung<br />

und Lieferung in einer Hand. Insgesamt wurden etwa<br />

3.000 Bäume und 180.000 Gehölze gepflanzt, 47 aus<br />

einer Spezialmischung von 800 Zentnern Grassamen<br />

wuchsen 180.000 Quadratmeter Rasen. 48<br />

Im Juli 1969 lag der Vorentwurf, im September<br />

1969 der überarbeitete Entwurf für die Landschaftsgestaltung<br />

vor. Die freien Modellierungen<br />

von Hügeln, Mulden, Wällen und die Wegeführungen<br />

mit breiten Massen- sowie schmalen Seitenwegen<br />

und Trampelpfaden waren nun grob aufgezeichnet.<br />

Viele Elemente ließen sich jedoch nicht im Plan vorgegeben.<br />

Um genau auf die Situation des Geländes<br />

reagieren zu können, mussten die Modellierungen<br />

in intensiver Abstimmung zwischen Weber, Grzimek<br />

und Wurzer direkt vor Ort gelöst und zusammen mit<br />

den Baggerführern endgültig geformt werden. 49<br />

Behnisch und Grzimek waren sich bei fast allen<br />

Überlegungen einig. Konflikte gab es jedoch bei<br />

dem Vorschlag, die Linden in Form von Alleen und<br />

in geometrischem Raster zu pflanzen, was Behnisch<br />

zu ordentlich war. Er hatte sich eine natürliche und<br />

gewachsene Optik für alle Baumgruppen vorgestellt,<br />

ließ sich dann aber überzeugen. 50 Reibungspunkte<br />

und Meinungsverschiedenheiten entstanden, wenn<br />

um das optimale Ergebnis gerungen werden musste.<br />

So kam es häufig vor, dass bereits geformte Modellierungen<br />

wieder verändert werden mussten, wenn<br />

sie nicht dem übergeordneten Konzept entsprachen,<br />

wenn bessere Lösungen gefunden wurden oder die<br />

noch nicht festgelegten Dachverankerungen Umplanungen<br />

notwendig machten. Erdmassen mussten<br />

vielfach abgetragen, wieder aufgeschüttet, erhöht,<br />

vertieft oder abgeflacht werden, um Blickbeziehungen<br />

zur Stadt oder Durchblicke zu anderen markanten<br />

Punkten zu erreichen. Auch am bestehenden<br />

Berg waren Anpassungen notwendig. Es war sehr<br />

hilfreich, das „organische Prinzip“ mit freien Formen<br />

konsequent einzuhalten, da es gegenüber orthogonalen<br />

Strukturen leicht Veränderungen ermöglichte<br />

und die spätere Einfügung der Fundamente und<br />

Konstruktionen für das Dach wenig Probleme bereitete.<br />

51 Gerade im Bereich der Landschaftsplanung<br />

stellte es sich als unerlässlich heraus, erst während<br />

des Bearbeitungsprozesses Entscheidungen zu treffen<br />

und dabei in wechselseitigem Wissensaustausch<br />

und in Diskussionen die bestmögliche Lösung zu<br />

erarbeiten.<br />

Um möglichst naturnahe Wege zu erhalten,<br />

sollte das Grün beidseitig sehr dicht anschließen.<br />

Deshalb wurden Pflasterreihen mit Fugen versehen,<br />

Wege aus dem Gelände „herausgeschnitten“ und<br />

dann der Einschnitt durch Anböschen wieder angepasst.<br />

Ein anderer „Trick“ war, die Parallelität an besonders<br />

wirksamen Stellen zu stören, zum Beispiel<br />

dort Buckel einzufügen, Pflanzen einzubinden oder<br />

das Pflaster in die Grünflächen zu ziehen. 52 So war<br />

es notwendig, Passagen oder Kreuzungen, die über<br />

eine Länge von beispielsweise 10–20 Metern linear<br />

gepflastert und mit eckigen Pflastersteinen als geometrisch<br />

„saubere“ Rundungen ausgeführt waren,<br />

wieder herauszureißen und neu zu verlegen. Bei den<br />

gemeinsamen Baustellenbegehungen mit den ausführenden<br />

Firmen hielt Carlo Weber die Korrekturmaßnahmen<br />

zumeist in Arbeitsskizzen fest, stimmte<br />

sie dann mit Grzimek ab, und seine Mitarbeiter<br />

setzten sie um. So schlug er beispielsweise vor, die<br />

Wegkreuzungen „unkonventionell, überraschend<br />

[als] Folge von Bereichen“ 53 anzulegen. Es war<br />

jedoch schwierig, die von B&P gewünschten, nicht<br />

linearen Wegeführungen und die damit verbundenen<br />

Änderungen bei den Firmen durchzusetzen.<br />

Weber schilderte als weitere Problematik bei der<br />

Zusammenarbeit, dass das Grzimek-Team die sich<br />

während der Ausführung ergebenden Umplanungen<br />

des Behnisch-Teams häufig nicht akzeptierte und<br />

alle Entscheidungen immer erst mit Grzimek besprechen<br />

musste. 54<br />

Die „harten, kurzfristigen Kontroversen, die zur<br />

Absteckung des Handlungsspielraums beitrugen“<br />

führte Günter Hänsler aus Grzimeks Team aber auch<br />

darauf zurück, dass „Persönlichkeiten verschiedenster<br />

Neigung, Fähigkeit und Kenntnis am Werk<br />

waren, die meist noch nie zusammengearbeitet<br />

hatten“. 55 Christoph Valentien, Landschaftsarchitekt<br />

und ab 1980 Inhaber des Lehrstuhls für Landschaftsarchitektur<br />

an der TU Weihenstephan, betonte<br />

rückblickend, dass die Gestaltung ohne die enge


24<br />

Landschaft<br />

25<br />

270 271<br />

Charakteristische Situationen und Elemente


26<br />

24<br />

Theatron mit Sitzstufen am<br />

nördlichen Ufer, 1972<br />

25<br />

Übergang von der Rasenböschung<br />

zu den Stufen des<br />

Theatrons, 1972<br />

26<br />

Südliches Seeufer mit<br />

Sumpfwiese und Blick auf<br />

die provisorische Tribüne der<br />

Schwimmhalle, 1972


58–60<br />

Restaurant Nord: Zugangsrampe,<br />

Biergarten und Speisenangebot,<br />

Behnisch & Partner mit Domenig<br />

und Huth, 1972<br />

286 287<br />

Landschaft<br />

Temporäre Architektur und Besucherversorgung


58–60


Pavillon in der Schwimmhalle<br />

Günther Domenig und Eilfried Huth waren ebenfalls<br />

für die Cafeteria in exponierter Lage im Eingangsbereich<br />

der Schwimmhalle beauftragt. Sie konzipierten<br />

eine frei begehbare, organische Plastik, die mit einer<br />

Eingangsrampe durch die Fassade griff und so auch<br />

direkt von außen betreten werden konnte. Der Pavillon<br />

mit etwa 75 Plätzen, Getränkeausgabe, Küchenund<br />

Vorratsräumen, sanitären Anlagen und internem<br />

Versorgungslift war zunächst aus Kunststoff geplant,<br />

was aber an den Brandschutzvorschriften scheiterte.<br />

Die Architekten entschieden sich für eine tragende<br />

Primär- und eine formgebende, geschweißte Sekundärkonstruktion<br />

aus gebogenem Rundstahl mit einer<br />

Verkleidung aus nichtrostendem Chromnickelstahlgewebe.<br />

111 Auch hier waren die Klimaanlage und die<br />

Lüftungsrohre offen sichtbar belassen und rotviolett,<br />

die Stahlkonstruktion hellblau lackiert. Die aufgeständerte,<br />

pilzartige Struktur wirkte wie ein riesiges<br />

Geflecht aus Organen, Rippen und Gefäßen, die von<br />

einer Haut umfasst waren. Carlo Weber beschrieb sie<br />

als ausgemagertes Gerüst aus Stahlrohren, überzogen<br />

mit Hühnerdraht, was die Möglichkeit bot, vollkommen<br />

freie Formen herzustellen. 112 Der Pavillon<br />

„sollte ein besonderer Ort werden, ein Anspruch, der<br />

uns, Domenig und mich, wochenlang herausforderte<br />

und unsere ganze Energie bis tief in die Nacht mit eindringlichen<br />

Diskussionen beanspruchte. Das Ergebnis,<br />

eine Art Tagtraum, waren dann die ersten Skizzen,<br />

die später ‚geometrisiert‘ wurden und über Zeichnungen<br />

zu Modellen führten“, 113 so Eilfried Huth.<br />

Der Münchner Pavillon zeigt eine formale<br />

Ähnlichkeit zur Trigon-Struktur, die auch Günther<br />

Domenig selbst anspricht, ebenso wie zum Innenraum<br />

der Z-Bank in Wien-Favoriten. 114 Beide bestehen<br />

aus organhaften Strukturen, die betreten<br />

werden können – in Graz über einen spiralförmig um<br />

die zentrale Kugel gelegten Schlauch, umhüllt mit<br />

einer dünnen Membran, in München mit schlauchähnlichen<br />

Rampen, umwickelt mit Drahtgeflecht.<br />

Aber auch ihre Nähe zum österreichischen Künstler-<br />

Architekten Friedrich Kiesler mit seinem Endless<br />

House ist unübersehbar.<br />

288 289<br />

Landschaft<br />

Temporäre Architektur und Besucherversorgung


61<br />

Pavillon in der Schwimmhalle<br />

im Bau, Gerüststruktur ohne<br />

Verkleidung, Domenig und Huth,<br />

1972<br />

61


21<br />

Auswahl an Informationspiktogrammen<br />

und 21 Sportpiktogramme,<br />

Otl Aicher. Die digitale<br />

Version der Piktogramme ist von<br />

den analogen Handzeichnungen<br />

1972 leicht abweichend.<br />

348 349<br />

Visuelle Gestaltung<br />

Die Abteilung XI


21


22<br />

Gegenständen und Subzeichen aus Pfeil oder Querbalken.<br />

99<br />

„das sieht nach einschränkung der darstellungsmöglichkeit<br />

aus, ist es aber nicht. auch wenn es an<br />

sich schon schwierig sein mag sportarten durch<br />

bewegungsform zu charakterisieren, ist es uns auch<br />

bei zusätzlichen formalen einschränkungen immer<br />

gelungen auch für absonderliche disziplinen ein zeichen<br />

zu finden, das man ohne großen lernprozeß sofort<br />

verstehen kann.“ 100 Aicher skizzierte die Figuren,<br />

sein Mitarbeiter Gerhard Joksch war aber derjenige,<br />

der das Raster und die 21 Piktogramme letztlich konzipierte.<br />

101 Die zahlreichen Informationszeichen entwickelte<br />

Aicher zusammen mit Alfred Kern parallel zu<br />

den Elementen für den Frankfurter Flughafen.<br />

Der durchschlagende Erfolg der Piktogramme<br />

von Masaru Katsumi in Tokio bewirkte, dass sie auch<br />

in Mexiko 1968 – hier mehr die Ausrüstung illustrierend<br />

– und bei allen weiteren Spielen zu einem wichtigen<br />

Bestandteil des Erscheinungsbilds wurden.<br />

Aber erst Otl Aicher abstrahierte die Zeichen stärker,<br />

versuchte sie mehr geometrisch zu fassen und<br />

systematisch aus einem Rastersystem zu entwickeln<br />

mit dem Ziel, die Signifikanz zu erhöhen und mehr<br />

formale Einheitlichkeit zu schaffen. Die Rationalisierung<br />

und Typisierung der Grafik entsprach derjenigen<br />

der industriellen, seriellen Bauweisen der Zeit.<br />

Aber trotzdem hatte Aicher seine Zeichen nicht nur<br />

aus einer wissenschaftlichen Systematik entwickelt,<br />

sondern immer auch aus der Anschauung. Wenn er<br />

nicht sicher war, ob ein Zeichen wirklichkeitsgetreu<br />

gelungen war, schickte er einen Mitarbeiter in den<br />

Garten und ließ ihn zum Beispiel einen Ball in das<br />

dort aufgestellte Fußballtor schießen, um seinen<br />

grafischen Entwurf zu überprüfen. 102<br />

22<br />

Otl Aicher vor den<br />

Piktogrammen, 24. Juli 1970<br />

23<br />

Passierschein von<br />

Günter Behnisch, 1972<br />

23<br />

Visuelle Gestaltung<br />

Die Abteilung XI


Bekleidung<br />

Ein weiteres auffälliges Charakteristikum während<br />

der Spiele waren die „Uniformen“ des offiziellen<br />

Personals und die Dirndl der Hostessen, die für die<br />

Durchführung der Wettkämpfe und die Betreuung<br />

der Gäste zuständig waren. Auch hier wurde der<br />

Farbkatalog des Erscheinungsbilds als verbindlich<br />

festgelegt und entsprechend der unterschiedlichen<br />

Aufgabenbereiche nach Kleidungstyp und Farben<br />

in acht verschiedene Gruppen differenziert. 103<br />

Himmelblau erhielt der Ordnungsdienst, Orange<br />

die Kontrolleure, Rot die Kampfrichter, Dunkelgrün<br />

die Wettkampfhelfer, Dunkelblau das Personal des<br />

OK, Silbergrau das technische Personal, Gelb das<br />

Reinigungs- und Servicepersonal und Weiß das<br />

medizinische Personal. Das machte es für die Besucher<br />

einfacher, die zahlreichen Zuständigkeiten zu<br />

unterscheiden.<br />

Die Arbeitsgruppe der Abteilung XI des OK mit<br />

Otl Aicher, der Modedesignerin Vera Simmert und<br />

dem französischen Designer André Courrèges war<br />

für die Entwürfe verantwortlich. Ursprünglich als<br />

Ingenieur ausgebildet, war Courrèges bekannt für<br />

seine futuristischen, unkonventionellen Entwürfe, die<br />

ganz den aktuellen Zeitgeist der 1960er-Jahre trafen.<br />

Seine Ideen entwickelte er häufig aus der Arbeitswelt,<br />

und für die Spiele einigte man sich auf den für<br />

die meisten Aufgaben passenden Safaristil. Es gab<br />

je Farbe Anzüge mit klassischem Sakko oder mit<br />

aufgesetzten Taschen im Safaristil, Overalls, Trikots<br />

und sportliche Kostüme, jeweils abhängig von der<br />

Funktion des Trägers. Auffälligstes Kleidungsstück<br />

waren die silberfarbenen, an Rücken und Ärmeln<br />

mit Streifen in Regenbogenfarben ausgestatteten<br />

Motorradanzüge für die Kurierfahrer des IOC, vervollständigt<br />

mit hellblauen Helmen, passend zu den<br />

ebenfalls blau lackierten Motorrädern, gesponsert<br />

von BMW.<br />

„Für Courrèges war das Entwerfen von Kleidern<br />

ein Planungsvorgang. In der Übereinstimmung von<br />

Ästhetik und rationalem Kalkül ergab sich eine Gemeinsamkeit<br />

mit den Gestaltungskriterien für das<br />

neue Erscheinungsbild der Spiele überhaupt.“ 104 Und<br />

auch hier sorgte Daume dafür, dass die konsequente<br />

Linie von Aicher durchgesetzt und nicht durch<br />

konservative Eingriffe verwässert werden konnte.<br />

„Ihm ist es zu verdanken, daß die oft sehr konträren<br />

Auffassungen, die Widerstände von innen und außen<br />

doch noch zu einem guten Resultat führten.“ 105 So<br />

hatte Aicher mit Unterstützung von Daume gegen die<br />

24<br />

<strong>Olympia</strong>-Hostessen während<br />

einer Pause im Olympischen Dorf<br />

24<br />

25<br />

25<br />

Mitglied des Wettkampfteams im<br />

zentralen Bereich


29<br />

Hauptplakat mit <strong>Olympia</strong>dach<br />

Visuelle Gestaltung<br />

29<br />

354 355<br />

Die Abteilung XI


30–33<br />

Sportplakate Schwimmen,<br />

Leichtathletik, Bogenschießen<br />

und Turnen<br />

30–33


5


ment“ schon in den 1960er-Jahren von Berkeley bis<br />

nach Stuttgart. So stammte auch der Bauingenieur<br />

Eberhard Haug, 1964 einer der ersten Assistenten<br />

von Frei Otto an der Universität Stuttgart, aus diesem<br />

Umfeld.<br />

Auch die Planung des <strong>Olympia</strong>dorfs entstand<br />

unter dem Einfluss der gesellschaftlichen Veränderungen<br />

der späten 1960er-Jahre, der neuen städtebaulichen<br />

Leitbilder und der zahlreichen utopischen<br />

Architekturmodelle. Neben Yona Friedmans Raumstadtbändern,<br />

Eckhard Schulze-Fielitz’ Raumstädten<br />

und Richard Dietrichs Metastadt beeindruckten die<br />

Architekten besonders die visionären Arbeiten von<br />

Cedric Price und Rudolf Dörnach. Ebenso standen<br />

Wohnungsbauprojekte in Thamesmead, Roehampton,<br />

Cumbernauld und London im Fokus des Büros. 53<br />

Nicht zuletzt brachte Murray Church durch seine<br />

Kontakte zu britischen Kollegen diese Einflüsse<br />

in die Planung ein. Neue Ideen zum Umgang mit<br />

dem öffentlichen Raum und seiner Beziehung zum<br />

Bewohner lieferten auch die Vorbilder des Strukturalismus<br />

– so die Arbeiten von Aldo van Eyck und<br />

Nicolaas John Habraken, die Siedlung Halen von<br />

Atelier 5 (1962) und Mosche Safdies Habitat in Montreal<br />

(1967). Als Modell für das <strong>Olympia</strong>dorf gilt jedoch<br />

insbesondere die Satellitenstadt Toulouse-Le Mirail<br />

(1962–1977) von Georges Candilis, Alexis Josic und<br />

Shadrach Woods, bei der Fußgänger- und Fahrverkehr<br />

getrennt verlaufen. 54<br />

Erwin Heinle selbst nennt Publikationen von<br />

Christopher Alexander und Serge Chermayeff wie<br />

Community and Privacy, Hans Paul Bahrdt mit Öffentlichkeit<br />

und Privatheit als Grundformen städtischer<br />

Soziierung, Karl Jaspers Begriffe zur Individualität<br />

und Selbstverwirklichung sowie Schriften von<br />

Alexander Mitscherlich und Alexis de Tocqueville.<br />

Diese Beispiele durchzogen die zeitgenössische,<br />

soziologisch geprägte Debatte zur Stadtplanung und<br />

waren für die Konzeption von entscheidender Bedeutung.<br />

55 Essenziellen Fragen des Wohnens dieser Zeit<br />

zielten auf eine neue Betrachtung der Polaritäten Privatheit–Öffentlichkeit<br />

und Rückzug–Kommunikation<br />

sowie auf die Prinzipien Selbstverwirklichung–Individuation<br />

und Orientierung– Ablesbarkeit. Diese Trennungen<br />

entsprachen seit 1933 dem dogmatischen<br />

Leitbild der Charta von Athen und den Grundsätzen<br />

der CIAM, seit dem Ende der 1950er-Jahre wurde<br />

aber immer deutlicher Kritik an den monofunktionalen<br />

Planungen der wiederaufgebauten Städte und<br />

dem Verlust des vielfältigen öffentlichen urbanen<br />

Raums laut.<br />

Leitidee „Straße“<br />

Der Titel des aus dem Optimierungsverfahren<br />

hervorgegangen Entwurfs lautete „Straße“ und beschreibt<br />

die Leitidee, das Prinzip Straße als Bewegungs-,<br />

Erschließungs- und Kommunikationsraum<br />

in den Mittelpunkt zu stellen. Wesentliches Merkmal<br />

ist dabei die vollständige Trennung der Fahrstraßen<br />

von den darüberliegenden Fußgängerbereichen –<br />

eine Lösung, die schon Le Corbusier mit der Charta<br />

von Athen eingefordert hatte und die – entgegen<br />

anderer Dogmen – auch in den „autogerechten“<br />

1960er-Jahren nichts an Aktualität eingebüßt hatte.<br />

Der Straßenverkehr wird ebenerdig auf drei Hauptfahrstraßen<br />

geführt und ist mit dem öffentlichen<br />

Verkehrsnetz der Lerchenauer beziehungsweise<br />

Moosacher Straße verbunden, während die Ebene<br />

darüber ausschließlich für Fußgänger zugänglich ist.<br />

Fast alle Wohnungen werden von hier erschlossen,<br />

die „Straßen“ sind sowohl an die Fahrebene als auch<br />

an die nord-südlich verlaufende Hauptachse mit<br />

dem Forum und den Infrastruktureinrichtungen angebunden.<br />

56 Diese konsequente Trennung war eine<br />

wichtige Voraussetzung, um den von B&P geplanten<br />

landschaftlichen Charakter und die Verwebung mit<br />

den Grünbereichen des Geländes umzusetzen.<br />

Als Folge der Abkehr von der funktionalistischen<br />

Stadt war die Idee der Straße in den 1960er- und<br />

1970er-Jahren ein verbreitetes städtebauliches Leitthema,<br />

das in unterschiedlichsten Ausprägungen<br />

die planerischen Ansätze bestimmte. Unter anderem<br />

mit Fußgängerbereichen, -decks und -straßen<br />

sollte dem Menschen wieder eine höhere Bedeutung<br />

beigemessen und das Auto zurückgedrängt<br />

oder eliminiert werden. Das wirkte sich sowohl bei<br />

der Organisation der Gebäude selbst als auch auf<br />

die Neuinterpretation des öffentlichen Raums aus,<br />

häufig in Verbindung mit einer von den Fußgängern<br />

teilweise oder vollständig getrennten Organisation<br />

des Fahrverkehrs. 57<br />

Um das Gelände des Olympischen Dorfs nördlich<br />

des Mittleren Rings mit den Sportstätten im<br />

Süden zusammenzubinden, wurden ausgehend vom<br />

Leitmotiv des Schuttbergs die Geländebewegungen<br />

über die Straßenschneise des Mittleren Rings<br />

hinweg nach Norden weitergeführt und die Bereiche<br />

durch Brücken und auf Dämme gelegte Wege angeschlossen.<br />

Die nördliche und östliche Grenze wird<br />

durch die bestehende Moosacher und Lerchenauer<br />

Straße bestimmt, im Süden begrenzt ein Fußgängerdamm<br />

das Gelände, der die U-Bahnstation mit dem<br />

5<br />

Sportler im Zentrum des<br />

Olympischen Dorfs, 1972


erfolgte 80 und auch in der Folge das Projekt nicht<br />

mehr aufgenommen wurde.<br />

Kunstwettbewerbe für das Olympische Dorf<br />

Die Bedingungen für die Planung der Kunstobjekte<br />

im Olympischen Dorf waren unproblematischer als<br />

im Südteil des Geländes, da hier unterschiedliche<br />

städtebauliche Situationen größeren Spielraum für<br />

die Projekte erlaubten. Die zwei ebenfalls beschränkten<br />

und honorierten Wettbewerbe wurden von den<br />

Bauträgern ausgelobt und von Heinle und Wischer<br />

(H+W) betreut. Für das Zentrum zwischen den beiden<br />

Kirchen waren die Studenten der drei Akademien in<br />

München, Stuttgart und Essen, für das Forum zehn<br />

anerkannte internationale Künstler eingeladen: Hans<br />

Hollein, Victor Vasarely, Philip King, Richard Smith,<br />

Eduardo Paolozzi, Enrico Castellani, Walter Pichler,<br />

Michelangelo Pistoletto, Jean Tinguely und David<br />

Hamilton. 81<br />

Die Wettbewerbe wurden Anfang Oktober<br />

1971 ausgelobt und im Dezember 1971 entschieden.<br />

Während für das Zentrum zwei Anerkennungen für<br />

die Arbeiten von Cedric Price sowie der Entwicklungsgruppe<br />

Design (Franco Clivio, Dieter Raffler)<br />

ausgesprochen wurden, erreichte Hans Hollein mit<br />

seinem „System der Umweltkoordinierung“, den<br />

sogenannten Media-Linien, den ersten Preis. 82 Die<br />

Media-Linien waren zunächst nur für das Forum geplant,<br />

sollten dann aber entsprechend der Empfeh-<br />

11<br />

10<br />

Plexiglasblumen im<br />

Eingangsbereich der Mensa,<br />

Josef Gollwitzer, 1972<br />

11<br />

Kinetische Aluminiumplastik im<br />

Olympischen Dorf, Roland Martin,<br />

Modell 1971<br />

12<br />

Räumliches Mühlespiel,<br />

Peer Clahsen, Modell 1971<br />

10<br />

12<br />

Kunst und Kultur<br />

396 397<br />

Die Künstler und ihre Projekte


lung des Preisgerichts über das ganze Olympische<br />

Dorf ausgedehnt werden. Unklar ist, warum der<br />

prämierte Entwurf einer „Informationsphäre“ mit<br />

Ausstellungsständen und Sitzplätzen von Cedric<br />

Price nicht beauftragt wurde. Er selbst vermutete<br />

Kostengründe, da beide Informationssysteme den<br />

Kostenrahmen gesprengt hätten. 83<br />

Die OBG beauftragte weitere Arbeiten unabhängig<br />

von den Wettbewerben, finanziert aus dem<br />

Budget für Kunst am Bau, so die Plexiglasblumen von<br />

Josef Gollwitzer im Eingangsbereich der Mensa, die<br />

kinetische Aluminiumplastik, Silbersäule genannt,<br />

von Roland Martin im Eingangsbereich der Schule in<br />

der Nadistraße, ein räumliches Mühlespiel von Peer<br />

Clahsen im Innenhof und Wandteppiche von Ewald<br />

Kröner in der Schule.<br />

Media-Linien<br />

Der Wiener Architekt Hans Hollein gehörte in den<br />

1960er-Jahren zur jungen Wiener Avantgarde,<br />

die gegen den Funktionalismus der Nachkriegsarchitektur<br />

aufbegehrte. 1967 hatte er mit seinem<br />

Manifest „Alles ist Architektur“ Aufsehen erregt, in<br />

dem er eine Erweiterung und Neudefinition des traditionellen<br />

Verständnisses von Architektur und eine<br />

vollständige Aufhebung der Grenzen zu anderen<br />

Disziplinen forderte. Nicht nur Gebautes und materiell<br />

Gedachtes, sondern die gesamte Umwelt und<br />

alle sie beeinflussenden Medien betrachtete er als<br />

Architektur. Architektur sollte als Medium zur Kommunikation<br />

dienen und ebenfalls Mittel wie Licht,<br />

Temperatur und Geruch zur Definition von Raum<br />

und Umwelt nutzen. Seine experimentellen Entwürfe<br />

beschäftigten sich mit den Themen der Raumfahrt<br />

und folgerichtig auch mit minimalen, autarken<br />

Wohn- und Lebensbedingungen, die in den 1960er-<br />

Jahren im Fokus vieler Künstler standen. Bekannt<br />

waren seine pneumatischen Hüllen, unter anderem<br />

ein aufblasbares „mobiles Büro“, sowie auch seine<br />

technischen Objekte und Stadtstrukturen. 84<br />

13<br />

Wettbewerbsskizzen mit<br />

Funktionselementen der<br />

Media-Linien: Lichtband und<br />

Strahler, Kaltluftausbläser,<br />

Infrastrahlerheizung, Lautsprecher,<br />

Orientierungshilfe,<br />

Film- und Diaprojektor, mobile<br />

Informationselemente, Wasservorhang,<br />

Sonnenschutzrollos<br />

und -segel, transparente Dächer,<br />

Bodenheizung, Transport, etc.,<br />

Hans Hollein, 1971<br />

13


mit seinem Projekt sehr zurücknehmen musste, da<br />

er aufgrund der schmalen Wege Bühnen und Buden<br />

teilweise über der Wasserfläche des Sees bauen<br />

musste. 222 Neben dieser „Budenhalbinsel“ gab es<br />

weitere Schwerpunkte mit sogenannten Showterrassen<br />

für Musikaufführungen, einer Medienstraße und<br />

einem Multivisionszentrum. Das schon im Wettbewerb<br />

vorgesehene Theatron am nördlichen Seeufer<br />

bot sich als Freilichtbühne an und fasste zirka 2000<br />

Plätze, die einem Amphitheater ähnlich stufenförmig<br />

zum Seeufer abgesenkt waren. Zusätzlich wurde<br />

eine temporäre Seebühne schwimmend auf dem<br />

See platziert.<br />

Künstler und Aktionen 223<br />

Für die Sparte Theater war Frank Burckner zuständig.<br />

Straßentheatergruppen sollten den historischen<br />

Kontext und die Höhepunkte der Olympischen Spiele<br />

kritisch-anekdotisch mit der szenischen Form der<br />

Groteske darstellen. Ausgewählt waren die <strong>Olympia</strong>den<br />

408 v. Chr., Athen 1896, Stockholm 1912, Los<br />

Angeles 1932, Mexiko-Stadt 1968 und das zukünftige<br />

Jahr 2000, Berlin 1936 wurde bewusst ausgespart.<br />

Le Grand Magic Circus (Paris) unter der Leitung von<br />

Jérôme Savary zeigte die Olympischen Spiele 1896<br />

und Pierre de Coubertin mit pantomimisch-skurrilen<br />

Szenen, die Gruppe Tenjō Sajiki (Tokio) unter der Regie<br />

von Shūji Terayama thematisierte das Massaker<br />

von Tlatelolco an Studenten 1968 in Mexiko-Stadt.<br />

Die Theatergruppe Mixed Media Company (Berlin)<br />

ließ auf einer „Prozession“, die vom Multivisionszentrum<br />

über die Straße zum Theatron führte, in die<br />

Zukunft der Spiele blicken. Robert Jungk entwickelte<br />

zusammen mit Frank Burckner die Vorlage für die<br />

futurische Szenerie mit Ereignissen und Stationen<br />

bis zur <strong>Olympia</strong>de 2000.<br />

Pantomimen und Clowns zeigten ihre Künste<br />

vor allem am Südufer des Sees, Samy Molcho (Tel<br />

Aviv/Wien) inszenierte Kindertheater und Mitmachspiele.<br />

Die Pip Simmons Theatre Group (London)<br />

wollte mit Aktionen nahe am Publikum eine intensive<br />

Interaktion erreichen. Mircea Krishan wirkte in der<br />

Gruppe der Artisten, Imitatoren und Zauberer mit.<br />

Der Bereich der Bildenden Kunst war auf der<br />

Budenhalbinsel angesiedelt, geleitet von Anita<br />

Ruhnau. Sie hatte sich von Karl-Heinz Hering, dem<br />

Direktor des Düsseldorfer Kunstvereins, beraten<br />

lassen. Er lieferte wichtige Anregungen und stellte<br />

Kontakte nach New York zu Andy Warhol, Roy Lichtenstein<br />

und Robert Rauschenberg her, 224 deren<br />

Engagement aber aus Kostengründen scheiterte.<br />

Die Künstler sollten politische und gesellschaftliche<br />

Tagesereignisse oder das olympische Geschehen<br />

kritisch-ironisch kommentieren. Es durften keine<br />

fertigen Objekte verwendet werden, sondern die<br />

Zuschauer sollten den Entstehungsprozess vor Ort<br />

mitverfolgen können. Roy Adzak fertigte Negativplastiken<br />

von Sportobjekten oder Sportlern an, Fritz<br />

Schwegler kommentierte Vorkommnisse des Tages<br />

mit Gesängen und Gedichten, Anatol Herzfeld goss<br />

Läuferplaketten aus Blei und diskutierte mit dem<br />

Publikum. Herbert Schneider, der auch das Plakat zur<br />

Spielstraße gestaltete, platzierte seine Figuren auf<br />

48<br />

46–47<br />

Besucher auf der Spielstraße und<br />

eine Aktion von Le Grand Magic<br />

Circus, 1972<br />

48<br />

Theatergruppe Mixed Media<br />

Company während einer Aufführung<br />

im Theatron, 1972<br />

46–47<br />

422 423<br />

Kunst und Kultur<br />

Die Spielstraße


einer schwimmenden Bühne. Materialspiele bot die<br />

Gruppe Haus-Rucker-Co mit einem Riesenbillard am<br />

Nordhang des Bergs, Franz Falch schuf bewegliche<br />

Hinkelsteine aus Polyester, die zum Spiel und zur<br />

Bewegung auffordern sollten und versetzt werden<br />

konnten. Timm Ulrichs lief täglich einen Marathon in<br />

seiner „Olympischen Tretmühle“, eine Kunstaktion in<br />

einer Art Hamsterrad, die das Leistungs- und Wettkampfprinzip<br />

der <strong>Olympia</strong>de ironisch kommentierte.<br />

Die Medienstraße und die Musik lagen in der<br />

Verantwortung von Josef Anton Riedl und Johannes<br />

Goehl. Hier bot sich ein Bereich für spielerisch erfahrbare,<br />

sinnliche Wahrnehmungen, die Sehen<br />

(Filme, Dias, Laser), Hören (Musik und Geräusche),<br />

Fühlen (haptische Böden) und Riechen (Duftorgel)<br />

aktivieren sollten. Im Dezember 1969 hatten Ruhnau<br />

und sein Team für das Pop- und Beatprogramm bekannte<br />

Namen wie Jimi Hendrix, Irmin Schmidt mit<br />

Can, Led Zeppelin, die Beatles, Mothers of Invention<br />

und Pink Floyd vorgeschlagen. 225 Solche Veranstaltungen<br />

und die zu erwartenden Besuchermassen<br />

wären, so das OK, mit großen organisatorischen<br />

Schwierigkeiten sowie Sicherheits- und Ordnungsproblemen<br />

verbunden, 226 und man befürchtete<br />

eine unkontrollierbare Flut junger Menschen wie in<br />

Woodstock. Das Programm wurde eingeschränkt auf<br />

49<br />

49<br />

Showterrassen für Musikaufführungen<br />

und Budenhalbinsel für<br />

die bildende Kunst im westlichen<br />

Bereich der Spielstraße, 1972<br />

50<br />

Budenhalbinsel mit Turm der<br />

Intendanz und Schwimmbühne<br />

mit weißen Figuren von Herbert<br />

Schneider, auf dem See die<br />

Wasserwolke von Heinz Mack, im<br />

Hintergrund die Seebühne und<br />

das Theatron, 1972<br />

50


deutsche und internationale Interpreten aus den Bereichen<br />

Jazz, Folklore und Experimentalmusik.<br />

Das Multivisionszentrum im östlichen Bereich<br />

der Spielstraße bot nach Anbruch der Dunkelheit<br />

audiovisuelle Darstellungen mit Live-Bildern, aktuellen<br />

Informationen oder historischen Szenen aus den<br />

Bereichen Film, Fotografie und Fernsehen. Auf zwei<br />

Türmen installierte Projektoren bespielten simultan<br />

fünf zum See hin ausgerichtete Leinwände mit Dias,<br />

Filmen oder Videos, die aus Ereignissen des Tages<br />

künstlerisch-experimentell zusammengestellt waren<br />

oder das Thema Sport behandelten. Die Arbeiten<br />

von Leo Fritz Gruber und Horst H. Baumann zeigten<br />

zusammenmontierte historische Bild- und Tondokumente<br />

verschiedener <strong>Olympia</strong>den sowie Collagen<br />

von Bewegungen und Bewegungsabläufen. Pavel<br />

Blumenfeld präsentierte bildhafte Assoziationen von<br />

deutschen Städten.<br />

Schlussveranstaltung<br />

Die Idee der Spielstraße entsprach besonders dem<br />

Konzept der heiteren und menschlichen Spiele und<br />

dem Anspruch des Kunstausschusses, Internationalität<br />

und Weltoffenheit in München zu verankern.<br />

Das für die 1960er-Jahre zeittypische „Happening“<br />

– zum ersten Mal im Bereich des Sports angesiedelt<br />

– war letztendlich die einzig umgesetzte,<br />

wenn auch nur temporäre Kunstform mit kritischen<br />

Inhalten, die heftig umstritten von den Verantwortlichen<br />

des OK mehrheitlich abgelehnt und letztlich<br />

nur geduldet war. Die Eröffnung der Spielstraße fand<br />

am 26. August 1972 statt. Nach dem Attentat auf die<br />

israelischen Sportler am 5. September 1972 wurde<br />

sie zunächst unterbrochen. In seiner Sitzung am<br />

6. September 1972 entschied das OK dann die sofortige<br />

endgültige Schließung mit der Begründung,<br />

dass die heitere, ironisch-kritische Ausrichtung<br />

nicht mehr der veränderten Situation entspräche. 227<br />

Alle weiteren Kultur-, Kunst- und Sportveranstaltungen<br />

dagegen wurden weitergeführt. Die tragischen<br />

Ereignisse lieferten so einen willkommenen Grund<br />

zur Auflösung der Spielstraße, aber dennoch war<br />

diese mit 1,2 Millionen Besuchern eine äußerst<br />

erfolgreiche und bislang einmalige olympische Veranstaltung.<br />

Auch für die anderen Kunstprojekte scheiterten<br />

letztlich weitgehend alle Bemühungen, Ideen mit aktuellen<br />

politisch-kritischen Aspekten oder vollständig<br />

neuen Ansätzen einzubeziehen. In Bezug auf den<br />

54<br />

<strong>Olympia</strong> Regenbogen zur<br />

Schlussfeier der XX. Olympischen<br />

Spiele, Otto Piene,<br />

11. September 1972 (Ausführung<br />

Winzen Research, St. Paul, MN,<br />

USA)<br />

Kunst und Kultur


54


Dank<br />

Impressum<br />

Mein Dank gilt allen, die diese<br />

Arbeit mit umfangreichen Informationen<br />

unterstützt und durch<br />

die Überlassung von Bildern und<br />

Reproduktionsrechten ermöglicht<br />

haben, insbesondere<br />

Fritz Auer,<br />

Günter Behnisch,<br />

Stefan Behnisch,<br />

heinlewischer,<br />

Christian Kandzia,<br />

Christine Kanstinger,<br />

Karla Kowalski,<br />

Klaus Linkwitz,<br />

Suse Iris Heilmann Linkwitz,<br />

Frei Otto,<br />

Jörg Schlaich,<br />

Hans-Jochen Vogel,<br />

Carlo Weber<br />

und vielen anderen.<br />

Für die Unterstützung bei der<br />

Recherche nach den Mitarbeitern<br />

von Behnisch & Partner danke ich<br />

Fritz Auer,<br />

Tina Häcker,<br />

Peter Horn,<br />

Christian Kandzia,<br />

Heinz Kistler<br />

und Cord Wehrse.<br />

Gefördert wurde die Publikation<br />

durch<br />

Deutsche<br />

Forschungsgemeinschaft DFG<br />

Behnisch Architekten<br />

sbp schlaich bergermann<br />

partner<br />

Auer Weber<br />

Trotz nachdrücklicher Bemühungen<br />

ist es nicht gelungen,<br />

sämtliche Urheber der Fotos<br />

und Abbildungen zweifelsfrei zu<br />

ermitteln. Die Urheberrechte sind<br />

jedoch gewahrt. Sollten Ansprüche<br />

bestehen, bitten wir um eine<br />

entsprechende Mitteilung.<br />

Alle Zitate aus den Archivquellen<br />

wurden im Original belassen.<br />

© 2022 by ovis Verlag GmbH<br />

Das Copyright für die Texte liegt<br />

bei der Autorin.<br />

Das Copyright für die Abbildungen<br />

liegt bei den Fotografen/<br />

Inhabern der Bildrechte.<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

Umschlagmotiv:<br />

Landschaft mit Menschen<br />

während der Olympischen<br />

Spiele 1972, © Behnisch &<br />

Partner<br />

<strong>Olympia</strong>-Regenbogen<br />

zur Schlussfeier der<br />

XX. Olympischen Spiele,<br />

Otto Piene, 11. September<br />

1972 (Ausführung Winzen<br />

Research, St. Paul, MN,<br />

USA), © Otto Piene Archiv<br />

Lektorat:<br />

Sandra Leitte<br />

Gestaltung und Satz:<br />

Floyd E. Schulze<br />

Lithografie:<br />

Bild1Druck, Berlin<br />

Gedruckt in der Europäischen<br />

Union<br />

Bibliografische Information der<br />

Deutschen Nationalbibliothek<br />

Die Deutsche Nationalbibliothek<br />

verzeichnet diese Publikation<br />

in der Deutschen Nationalbibliografie;<br />

detaillierte bibliografische<br />

Daten sind im Internet über<br />

http://dnb.d-nb.de abrufbar.<br />

ovis Verlag GmbH<br />

Lützowstraße 33<br />

10785 Berlin<br />

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ovis-Bücher sind weltweit im<br />

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erhältlich. Informationen<br />

zu unserem internationalen<br />

Vertrieb erhalten Sie von Ihrem<br />

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ISBN 978-3-86859-728-8<br />

464 464<br />

Anhang<br />

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