Interview mit Gitte Haenning
Interview mit Gitte Haenning von Werner Jürgens erschienen am 31. Mai 2022 in der Landeszeitung für die Lüneburger Heide
Interview mit Gitte Haenning von Werner Jürgens erschienen am 31. Mai 2022 in der Landeszeitung für die Lüneburger Heide
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Dienstag, 31. Mai 2022 · Nr. 125
Kultur 9
Gitte Hænning
über ihren
Werdegang von
Dänemark nach
Deutschland, ihre
Lieder und ihre Texte
Von Werner Jürgens
Lüneburg. Am Anfang ihrer Karriere
in Deutschland wollte Gitte
Hænning „einen Cowboy als
Mann“. Das war 1963. Zehn Jahre
später holte die Dänin im
„Grand Prix“ für Deutschland
mit „Junger Tag“ einen achten
Platz. Wiederum etwa zehn Jahre
später vollzog die Sängerin einen
Imagewechsel, die Schlagersängerin
Gitte bekam auch als
Künstlerin ihren Nachnamen
Hænning, das Repertoire wurde
vielfältiger, ging vor allem Richtung
Jazz. Aus Anlass ihres Konzertes
„Meine Freunde, meine
Helden, Ihre Gitte“ im Kulturforum
Gut Wienebüttel gab sie nun
ein Interview.
Jürgens: Frau Hænning, Ihr Repertoire
ist ausgesprochen vielfältig.
War das schon immer so?
Hænning: Vor allem schwarze
Musik hat mich schon in meiner
Jugend angesprochen und fasziniert.
So etwas prägt einen dann
natürlich für das ganze Leben.
Während meine Schwester zu
klassischer Musik Ballett getanzt
hat, habe ich lieber zu Jazz und
Rock‘n‘Roll getanzt. Nun ist Dänemark
von je her ein jazzfreundliches
Land. Die amerikanischen
Musiker wissen das und
sind deswegen gerne nach Dänemark
gekommen. Einige von ihnen
wie zum Beispiel Oscar Pettiford
waren regelmäßig bei uns
zu Hause zu Gast.
Mit dem Bassisten Oscar Pettiford
waren Sie im Aufnahmestudio.
Die Geschichte endete
tragisch...
Oscar Pettiford habe ich als einen
sehr offenen und fröhlichen
Menschen erlebt. Der hat seinen
riesigen Kontrabass immer mit
dem Fahrrad zum Studio transportiert.
Eines Tages, er hatte
wohl ein bisschen zu viel vom guten
dänischen Bier getrunken, ist
er auf der Fahrt mit dem Fahrrad
gestürzt und hat sich dabei so
schwer verletzt, dass er wenige
Tage später starb.
Am Beginn ihrer Gesangskarriere
stand jedoch ein Schlager,
den sie gemeinsam mit Ihrem
Eine pfiffige Straßensprache
„Meine Freunde, meine Helden, Ihre Gitte“: Gitte Hænning mit Band im Kulturforum.
Vater gesungen haben.
Ich weiß nicht, ob ich das Wort
Karriere mag. Dahinter steckte
die Idee eines Produzenten, der
meinen Vater gefragt hatte, ob er
das machen will. Ich fand das alles
ziemlich doof.
Nichtsdestotrotz avancierten
Sie bald in ganz Skandinavien
zu einem Kinder- und Teenager-
Star. Und schließlich auch bei
uns in Deutschland.
Auf Deutsch zu singen, war wiederum
nicht meine Idee, sondern
die meiner Familie. Mir gefiel das
zuerst überhaupt nicht. Denn ich
musste Deutsch lernen und das
entsprach ganz und gar nicht
meinem Rhythmusgefühl. Jede
Sprache hat ja ihren eigenen
Rhythmus, weswegen es mir
nicht wirklich Freude bereitet
hat. Ich habe es trotzdem versucht
und war zuerst wenig erfolgreich,
bis ich „Ich will ´nen
Cowboy als Mann“ bekam.
Der Ihnen in Deutschland den
Durchbruch bescherte. Stimmt
es, dass Sie das Lied ursprünglich
nicht singen wollten?
Die deutschen Produzenten waren
felsenfest davon überzeugt,
dass sie einen Riesenhit für mich
hatten und spielten mir zunächst
eine Aufnahme davon vor, die
eine andere Frau eingesungen
hatte. Ich meinte dann: „Diese
Frau ist doch nicht schlecht. Die
singt doch gut. Nehmt die doch.“
Die haben so lange auf mich eingeredet
und mich mit Komplimenten
überschüttet, dass ich irgendwann
nichts mehr sagen
konnte und die Sache gemacht
habe. Ich fand den Song auch
sehr originell. Nur den Dialekt in
dem gesprochenen Text habe ich
überhaupt nicht verstanden. Ich
habe den Humor darin nicht erkannt.
Das lag aber vielleicht
auch daran, dass Deutsche und
Dänen ein unterschiedliches Humorverständnis
haben.
Sie waren im Verlauf der
1960er-Jahren weiter erfolgreich
und haben Deutschland 1973
beim Europäischen Song Contest
vertreten. Wie kam es
dazu?
Musikalisch konnte ich diesem
Wettbewerb noch nie viel abgewinnen,
weil das eher eine Unterhaltungsgeschichte
ist für
Leute, die mit Popcorn vor dem
Bildschirm sitzen möchten. Das
ist ja auch völlig legitim und eine
wunderbare Plattform für junge
Talente. Ich war aber schon bekannt.
Als man mich fragte, ob
ich mir vorstellen könnte, dort
mitzumachen, habe ich deswegen
zunächst gezögert. Daraufhin
haben die mich eine Woche
lang ständig angerufen, und ich
war mir immer noch nicht sicher,
bis die mich zuletzt an einem
Sonntag drei Mal angerufen und
beim dritten Mal gesagt haben:
„Bitte Frau Hænning, morgen um
neun Uhr brauchen wir von Ihnen
ein Nein oder ein Ja.“
Schließlich habe ich denen geantwortet:
„Okay, ich sage Ja,
aber ich meine Nein...“
In den 1980er Jahren wurde Ihr
Repertoire mit Titeln von Andrew
Lloyd Webber oder Barbra
Streisand musikalisch wie textlich
deutlich anspruchsvoller.
Ich bin immer der Auffassung gewesen,
dass die deutsche Sprache
nicht so sehr wie in Amerika
vom Jazz, sondern durch die
klassische Kultur geprägt worden
ist. Dass Musiker wie zum
Beispiel Roger Cicero es geschafft
haben, Jazz mit der deutschen
Sprache zu verbinden, finde
ich großartig. Damals stellte
sich die Situation für mich aber
noch so dar, dass man eher bei
den Dichtern und Denkern ansetzen
und mehr Inhalte in die
Unterhaltungsmusik bringen
musste. Ich habe ein Team gesammelt
und bestimmte Qualitätsansprüche
eingefordert, an
die sich auch alle gehalten haben.
Das rechne ich ihnen hoch an.
Das betraf den Produzenten Peter
Kirsten, der sein Geld in mich
investiert hat und Michael Kunze,
der für mich die Texte geschrieben
hat.
Wie funktioniert das, wenn ein
Mann zum Teil doch recht persönliche
und intime Texte für
eine Frau schreiben soll?
Michael Kunze war sozusagen
mein „Ghostwriter“. Als ich ihn
kennenlernte, hatte er bereits
viele Texte für große Hits geschrieben
und schon die ersten
Musicals übersetzt. Ich wollte
eine Art Straßensprache, aber
eine pfiffige Straßensprache in
meiner Musik umgesetzt haben.
Dafür musste ich allerdings sehr
hart kämpfen.
Wie lief das konkret ab?
Wir haben das so gemacht, dass
ich ihn besucht und die Informationen
zu meinen Geschichten
gegeben habe. Das wurde manchmal
ganz schön heftig, weil ich,
wenn ich nicht mehr weiter
wusste, mit Händen und Füßen
erklärt oder mich auf den Boden
geschmissen habe. Aber ich habe
meinem gesamten Team damals
von Anfang an gesagt: „Ich will
keine langweiligen Sachen und
keine faulen Kompromisse machen.
Wenn Ihr eine Geschichte
mit mir eingeht, will ich, dass ihr
brennt! Es müssen Blut, Schweiß
und Tränen fließen. Wenn es
nicht brennt, steige ich aus.“
Dieses Feuer scheinen Sie sich
bis heute bewahrt zu haben.
Wir haben nur dieses eine Leben
zur Verfügung. Ich meine, natürlich
muss auch eine gewisse Lässigkeit
da sein. Natürlich muss
man Können und Routine einbringen.
Aber weil wir nur dieses
eine Leben haben, fordere ich
auch von allen aus unserem
Team, mit dem ich gerade unterwegs
bin, dass sie brennen. Jeder
einzelne von ihnen hat seine tolle
eigene Persönlichkeit. Und die
will ich sehen. Außerdem macht
es uns eine Riesenfreude, für das
Publikum zu musizieren.
Pfingsten heißt es wieder „Kunst offen“
Das Amt Neuhaus
beteiligt sich an einer
Aktion des
Nachbarlandes
Neuhaus. Mecklenburg-Vorpommern
ist ein dünn besiedeltes
Land. Wenn aber über Pfingsten
an mehr als fünfhundert Orten
mehr als achthundert Teilnehmer
zu „Kunst offen“ laden, dann
locken wieder gelbe Schirme
oder blau-weiße Fahnen fast
überall in Ateliers, Werkstätten
und Galerien. Die Stationen 87
bis 91 führen aber nicht nach
Mecklenburg-Vorpommern, sondern
ins Amt Neuhaus. Wie bei
den Festspielen Mecklenburg-
Vorpommern dockt die seit 1993
zum Kreis Lüneburg zählende
Gemeinde beim Nachbarbundesland
an.
Haar: „Natur der Kunst, Kunst
der Natur“ überschreiben Fotograf
Friedemann Baader und
Filzkünstlerin Christa Baader ihren
Beitrag; Mittelweg 8, Sonnabend,
4. bis Montag, 6. Juni, 11
bis 18 Uhr, www.friedemann-baader.de.
Neuhaus: Das Café Quilt stellt
gefärbte, gedruckte und genähte
Textilobjekte aus; Mittelstraße 3,
Sonnabend bis Montag, 11 bis 17
Uhr.
Privelack: Bei der „werkstattkunst“
von Roswitha Brandwein
und Hans Ulrich Joerg geht es
Auch die Bildhauerin Barbara Westphal lädt zum Besuch ihres Arbeitsplatzes.
Foto: Wege
um Holzbrandkeramik aus Steinzeug
und Porzellan, Lichtobjekte,
Fotografie und Skulpturen;
Elbstraße 5, Sonnabend bis Montag,
10 bis18 Uhr.
Strachau: Wie in den Vorjahren
ist Silke Kowalski dabei, mit
„nachdenklich-skurrilen Zeichnungen
und hintergründigen Bildern“;
Elbstraße 17, Sonnabend
Foto: t&w
bis Montag 13 bis 18 Uhr, www.
silke-kowalski.de. Ebenso in
Strachau: Auch die Bildhauerin
Barbara Westphal zählt zu den
regelmäßigen Teilnehmern. In
diesem Jahr kommt als Gast die
Malerin Karin Marquardt aus
Oerzen hinzu; Elbstraße 10,
Sonnabend bis Montag, 12 bis 18
Uhr.
Tripkau: Die Kunst im Skulpturengarten
von Veronika Nitzsche-Dietrich
und Arno Dietrich
verbindet Materialien aus
Vergangenheit und Gegenwart;
Haus 12 A, Sonntag 11 bis 17 Uhr,
www.vnad.eu.
Das gesamte „Kunst offen“-
Programm findet sich unter
https://www.auf-nach-mv.de/
kunst/kunstoffen. oc
Lesungen
in privaten
Gärten
Lüneburg. Die Idee stößt auf viel
Gegenliebe: Die Schauspielerinnen
und Schauspieler des Theater
Lüneburg sind für Lesungen
zu Besuch in privaten Gärten, die
dafür eigens fürs öffentliche Publikum
geöffnet werden. Es
schlugen zuletzt so viele Menschen
ihre Gärten als Lesungsort
vor, dass zwei Termine angeboten
werden können: am Donnerstag,
2. Juni, und Donnerstag,
9. Juni, jeweils um 19 Uhr. Tickets
sind an der Theaterkasse erhältlich.
Gelesen werden Texte rund
um das Thema Garten und Natur.
In den Texten scheint auf,
wie bedeutsam ein Garten für
den jeweiligen Besitzer sein
kann. Sei es als Ort der Entspannung
und Schönheit, sei es als
Raum der Selbstverwirklichung
und der Sinnsuche. Aber auch die
Schattenseiten des Gartenlebens
kommen vor – zum Beispiel in
Persona des von wenigen Gärtnern
geschätzten Maulwurfs.
Mit dabei sind Gedichte und Erzählungen
von zum Beispiel Goethe,
Fontane, Hölderlin und Ringelnatz.
Bekanntes und Neuentdecktes,
Romantisches, Heiteres
und Nachdenkliches: Das ist die
Mixtur von „Wir lesen in Ihren
Gärten“ in diesem Jahr.
Für einige Lesungen gibt es
noch Karten. Wo die Gärten liegen,
erfährt man auf www.theater-lueneburg.de
und an der Theaterkasse.
Außer in diversen
Stadtvierteln Lüneburgs öffnen
auch Gärten in Adendorf, Wendisch
Evern, Deutsch Evern,
Amelinghausen und Vögelsen
ihre Pforten. lz
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www.
.de
Am Sande 19 · 21335 Lüneburg
Tel. 04131 740-444
www.lztickets.de
Über die
Rückkehr
des Elchs
Lüneburg. Jahrhundertelang war
der Elch auf dem Gebiet des heutigen
Deutschland verschwunden.
Nachstellungen und Beeinträchtigung
seiner Lebensräume
waren dafür verantwortlich.
Doch seit in Polen 2001 ein Jagdmoratorium
eingeführt wurde,
vergrößerten sich die Bestände
in unserem Nachbarland stark.
In der Folge kommen immer wieder
junge Elche über Oder und
Neiße nach MecklenburgVorpommern,
Sachsen und Brandenburg.
Dabei kommen sie häufig
an unsere Straßen und es
kommt auch zu schweren Unfällen.
Dr. Kornelia Dobiáš vom
Landeskompetenzzentrum Forst
Brandenburg in Eberswalde, wird
in ihrem Vortrag am Mittwoch,
1. Juni. um 18.30 Uhr im Ostpreußischen
Landesmuseum einen
Überblick über das Geschehen,
die Dynamik und die Probleme
geben. Anmeldungen unter
(04131) 759950. lz
KulturredaKtion
Frank Füllgrabe (Ltg)
(ff, Tel. 04131-740-273)
Thorsten Lustmann (tl, -276)
Autor: Hans-Martin Koch (oc)
kultur@landeszeitung.de