Die Gepflogenheiten und Handelsbräuche nach dem ... - Just-Study
Die Gepflogenheiten und Handelsbräuche nach dem ... - Just-Study
Die Gepflogenheiten und Handelsbräuche nach dem ... - Just-Study
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Handelszweig ständig betätigen. 37 Das Zivilgericht Kanton Basel-Stadt entschied <strong>dem</strong>entsprechend,<br />
dass ein Handelsbrauch i.S.v. Art. 9 Abs. 2 CISG dann vorliege, wenn die Rechtsordnungen der be-<br />
troffenen Staaten in dieser Frage für landesinterne Vertragsverhältnisse im Wesentlichen überein-<br />
stimmen. 38<br />
Damit ist die subjektive Komponente in Form des Kennen-Müssens nicht weit von einer rein normati-<br />
ven <strong>und</strong> damit objektiven Geltung der <strong>Handelsbräuche</strong> entfernt. Denn wenn schon die reine Ortsansäs-<br />
sigkeit der Parteien im Verbreitungsgebiet des jeweiligen Brauches ausreicht, um ein Kennen-Müssen<br />
des Brauches annehmen zu können, dann liegt hier offensichtlich eine Objektivierung des eigentlich<br />
subjektiven Kriteriums vor. 39 Damit muss auch der Unterschied zum Vorgänger des CISG, <strong>dem</strong> Haa-<br />
ger Kaufrecht, relativiert werden (vgl. B. II. 1. b) bb) ), das eine rein normative Wirkung von Gebräu-<br />
chen anordnete, <strong>und</strong> nur an objektiven Kriterien gemessen wurde.<br />
Trotz des genannten Schutzes ist es Marktneulingen daher anzuraten, sich über die branchenüblichen<br />
Gebräuche im Vorhinein zu informieren, zum Beispiel durch Nachfrage bei den entsprechenden Han-<br />
delskammern, um Schwierigkeiten zu vermeiden. 40<br />
bbb) Objektive Komponente<br />
Nach Art. 9 Abs. 2 CISG müssen drei objektive Voraussetzungen gegeben sein, der Bezug des Brau-<br />
ches zum internationalen Handel, ein hoher Bekanntheitsgrad in der betreffenden Branche <strong>und</strong> die re-<br />
gelmäßige Beachtung des Brauches im betreffenden Verkehrskreis. Als regelmäßig beachtet <strong>und</strong> be-<br />
kannt wird ein Brauch dann angesehen, wenn er von der Mehrheit der in einem Geschäftszweig tätigen<br />
Geschäftsleute anerkannt wird. 41 Der Brauch muss keine internationale oder gar weltweite Verbreitung<br />
gef<strong>und</strong>en haben; es können auch lediglich lokale Bräuche erfasst sein, soweit diese im internationalen<br />
Handel etabliert sind. 42 Das Oberlandesgericht Graz nimmt daher eine Ausnahme von der Regel des<br />
internationalen Bezugs für Gebräuche an, die an bestimmten Warenbörsen, Messen oder Ablageplät-<br />
zen gelten, vorausgesetzt sie werden dort regelmäßig, auch im Geschäftsverkehr mit Ausländern, be-<br />
folgt. 43<br />
37 Staudinger- Magnus Art.9 Rn.25.<br />
38 UNILEX P4 1991/238 Zivilgericht Kanton Basel-Stadt vom 21.12.1992.<br />
39 Holl/Kessler, RIW 1995 S.459 l.Sp. unten; Kröll/Hennecke, RabelsZ 67 S.468 oben; teilweise wird auf das subjektive<br />
Kriterium sogar scheinbar verzichtet, vgl. UNILEX 98 Civ. 861, 99 Civ. 3607 U.S District Court, S.D., New York vom<br />
10.05.2002: “The usages and practices of the parties or the industry are automatically incorporated into any agreement<br />
governed by the Convention, unless expressly excluded by the parties.”<br />
40 Carlsen, Remarks Art.9 CISG 3.(d): “Newcomers should therefore always make an effort to research into the applicable<br />
usages applied in a new market”; vgl. Staudinger- Magnus Art.9 Rn.22.<br />
41 Schlechtriem- Schmidt-Kessel Art.9 Rn.16.<br />
42 vgl. OGH FN 13: Hier wurde entschieden, dass die österreichischen Holzhandelsusancen Bestandteil eines Kaufvertrages<br />
zwischen einer italienischen <strong>und</strong> österreichischen Firma wurden gemäß Art.9 Abs. 2 CISG;<br />
CISG-Online 641 Oberster Gerichtshof vom 21.03.2000: In einem deutsch-österreichischen Fall, der auch den Holzhandel<br />
betraf, wurden die sog. „Tegernseer Gebräuche“ für verbindlich erklärt gemäß Art.9 Abs.2 CISG.<br />
43 UNILEX 6 R 194/95 Oberlandesgericht Graz vom 09.11.1995: „Es erscheint <strong>dem</strong> Gericht nicht ausgeschlossen, dass ein<br />
ausländischer Kaufmann, der laufend im Inland tätig ist <strong>und</strong> da selbst bereits eine Anzahl gleicher Geschäfte abgeschlossen<br />
hat, auch etwaige nationale Gebräuche gegen sich gelten lassen muss.“.<br />
7