ML_05_2022_Gemeindetaugliche Musik und Lieder
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5 <strong>2022</strong><br />
29<br />
Jahresserie: Leuchttürme Kirchenmusik (5)<br />
<strong>Gemeindetaugliche</strong> <strong>Musik</strong> <strong>und</strong> <strong>Lieder</strong><br />
Christoph Honegger ist hauptamtlicher<br />
Kirchenmusiker im Pastoralraum<br />
Schaffhausen-Reiat. Er leitet<br />
zwei Kirchenchöre, einen Gospelchor,<br />
die Band sing2pray <strong>und</strong> temporär<br />
die Schola Gregoriana Scaphusiensis.<br />
Die letzteren beiden bilden<br />
den Schwerpunkt des Gesprächs.<br />
Von Cecilia Hess-Lombriser<br />
Seit 26 Jahren kann Christoph Honegger<br />
in Schaffhausen aus dem Vollen schöpfen.<br />
Der Innerschweizer hat das Konzertreifediplom<br />
für Orgel. Zuvor hatte er an der<br />
<strong>Musik</strong>hochschule Luzern Kirchenmusik<br />
A <strong>und</strong> Schulmusik II studiert <strong>und</strong> erwarb<br />
die Lehrdiplome in den Fächern Orgel <strong>und</strong><br />
Direktion. In Schaffhausen fand er die ideale<br />
Stelle für seine vielfältigen Interessen.<br />
Die Pfarreien St. Peter, St. Konrad, St. Maria<br />
<strong>und</strong> St. Maria <strong>und</strong> Antonius profitieren von<br />
seinem Engagement. Ausserdem ist er an<br />
anderen Orten kulturell engagiert, sorgt<br />
immer für Überraschungen <strong>und</strong> leitet die<br />
<strong>Musik</strong>schule SMPV. Eine Art Tausendsassa?<br />
«Vielleicht, aber immer auf Qualität<br />
bedacht», betont er. «Das breite Spektrum<br />
fasziniert mich.»<br />
Zehn Jahre Band sing2pray<br />
Christoph Honegger bezeichnet sich als<br />
«Wanderarbeiter». Er ist da <strong>und</strong> dort bei<br />
der Arbeit anzutreffen <strong>und</strong> hie <strong>und</strong> da<br />
auch im Studio von Radio Munot, wo er<br />
Aufnahmen macht <strong>und</strong> sie gleich selbst<br />
schneidet. Der Kirchenmusiker ist ein<br />
neugieriger, umtriebiger Mensch, der die<br />
Menschen gerne mit auf den Weg nimmt.<br />
Und auf diesem Weg sagt er durchaus, was<br />
er will <strong>und</strong> wofür er einsteht. So etwa<br />
bei der Arbeit mit der Band «sing2pray».<br />
Die Band gibt es seit r<strong>und</strong> zehn Jahren.<br />
Jugendliche hatten sie ins Leben gerufen,<br />
sich selbst organisiert <strong>und</strong> selber Gottesdienste<br />
mitgestaltet. Unterdessen leitet<br />
Christoph Honegger die Band, die inzwischen<br />
Wechsel in der Besetzung erfahren<br />
hat. Ihr gehören nun 30- bis 40-Jährige<br />
an. «Das verspricht eine gewisse Stabilität<br />
<strong>und</strong> Kontinuität», hat der Leiter erfahren.<br />
Zur Band gehören zwei Sängerinnen,<br />
Perkussion, Gitarre, E-Bass <strong>und</strong> Klavier.<br />
Klavier spielt Honegger selber. «Ich leite<br />
vom Klavier aus.»<br />
Regelmässige Einsätze<br />
R<strong>und</strong> einmal pro Monat kommt die Band<br />
in den Gottesdiensten zum Einsatz. «Ich<br />
lege das Programm fest <strong>und</strong> dann üben<br />
die Mitglieder eigenständig. Mit einer Vorprobe<br />
klappt das sehr gut. Unterdessen<br />
hat die Band ein grosses Repertoire. Die<br />
<strong>Lieder</strong> <strong>und</strong> die <strong>Musik</strong> müssen gemeindetauglich<br />
sein», berichtet Christoph Honegger.<br />
«Gemeindetauglich» bedeutet für ihn,<br />
dass die Texte einerseits deutsch gesungen<br />
werden <strong>und</strong> andererseits müsse auch der<br />
Text mit der Botschaft des Gottesdienstes<br />
Die Band «sing2pray» in der Kirche St. Peter in Schaffhausen. Christoph Honegger am Klavier<br />
Foto: zVg
30 5 <strong>2022</strong><br />
zu tun haben. «Er muss dem modernen<br />
Religionsverständnis entsprechen.» Das<br />
heisst für ihn, Gott im Mitmenschen zu<br />
sehen; mehr ein horizontales Verständnis<br />
als ein vertikales. Er weiss, wovon<br />
er spricht, denn einmal im Jahr lässt er<br />
sich fordern <strong>und</strong> gestaltet freiwillig als<br />
verantwortlicher Liturg eine Wortgottesfeier.<br />
Das sei zwar anspruchsvoll, aber<br />
durchaus wertvoll <strong>und</strong> erhalte lebendig.<br />
Der Inhalt muss für ihn lebensnah sein;<br />
genauso wie die Texte der Popsongs, die<br />
die Band singt. Diese Arbeit gibt für ihn<br />
auch Berührungspunkte zu Jugendlichen.<br />
Dann etwa, wenn die Band auf dem Firmweg<br />
ihren Einsatz hat.<br />
Die «Schola Gregoriana Scaphusiensis» bei einem früheren Einsatz<br />
Foto: zVg<br />
Schola Gregoriana Scaphusiensis<br />
Es scheint wie ein Gegensatz zur Band zu<br />
sein, wenn Christoph Honegger von der<br />
Arbeit mit der «Schola Gregoriana» erzählt.<br />
Er hat selber drei Jahre Gregorianik<br />
studiert, ist also mit der ältesten lebendig<br />
gebliebenen, musikalischen Kunstform in<br />
der Geschichte des Abendlandes vertraut.<br />
Der einstimmige, liturgische Gesang in<br />
lateinischer Sprache hat seine Liebhaber.<br />
Solche, die ihn singen wollen <strong>und</strong> solche,<br />
die ihn hören wollen. «Es ist <strong>Musik</strong>, die<br />
die Räume öffnet, die zwischen Kopf <strong>und</strong><br />
Herz schwebt. Sie ist ätherisch, schwebend,<br />
umhüllend. Der Klang lebt vom<br />
Raum <strong>und</strong> braucht Raum, um sich zu<br />
entfalten. Man kommt damit zur Ruhe»,<br />
schwärmt Honegger. Die «Schola Gregoriana<br />
Scaphusiensis» war anlässlich eines<br />
internationalen Bachfestes im Jahr 2000<br />
gebildet worden. Das damalige Programm<br />
war mit Orgel gekoppelt. Bei den Beteiligten<br />
kam die Gregorianik so gut an, dass<br />
sie zusammenblieben. Sie kamen sporadisch<br />
zusammen, probten, sangen in<br />
Gottesdiensten <strong>und</strong> nahmen an externen<br />
Konzerten teil. «In den letzten Jahren<br />
gab es zwar nichts mehr, aber jetzt, wo<br />
man wieder planen kann, ist das nächste<br />
Projekt im Kopf», verspricht der Leiter,<br />
der gerne Tenorsolo singt, wo sich eine<br />
Möglichkeit ergibt. Zehn bis zwölf Männer<br />
singen in der «Schola Gregoriana» mit;<br />
teilweise aus den Chören der Pfarreien,<br />
aber auch zugewandte. «Es gibt tatsächlich<br />
eine Fangemeinde der Gregorianik»,<br />
freut sich Christoph Honegger. Und er<br />
hat auch schon ein «Crossover» gemacht,<br />
einen Jazzmusiker zur Gregorianik dazu<br />
genommen <strong>und</strong> ihn einen fliessenden<br />
Übergang von einem Stil zum anderen<br />
spielen lassen. «Das ist eine Verbindung<br />
der Künste <strong>und</strong> ermöglicht, die ganze<br />
Breite der <strong>Musik</strong> zu leben. Die Qualität<br />
muss jedoch immer stimmen», ist der<br />
Anspruch des Vielseitigen.<br />
Räume zwischen Kopf <strong>und</strong> Bauch<br />
Christoph Honegger schielt nicht nach<br />
den Vorlieben der Gottesdienstteilnehmenden.<br />
«Alle <strong>Musik</strong>, die wir machen,<br />
spricht alle an. Die Menschen schätzen<br />
die Abwechslung. Selbst junge Leute sind<br />
fasziniert von der Gregorianik», hat er<br />
erfahren. «Was wir im Gottesdienst vermitteln<br />
wollen, das muss mit Wort <strong>und</strong><br />
<strong>Musik</strong> geschehen. Sie sollen sich gegenseitig<br />
befruchten. Mit unserem Liedgut<br />
können wir verschiedene Themen ansprechen;<br />
das ist ein Luxus.» Mit freudiger<br />
Überraschung stelle er fest, dass ihn alles<br />
gleichermassen fasziniere. Jede Facette<br />
von <strong>Musik</strong> <strong>und</strong> jede Art von Formation.<br />
Darum kann er sich durchaus vorstellen,<br />
das Experiment einzugehen, die Band<br />
«sing2pray» <strong>und</strong> die «Schola Gregoriana»<br />
einmal miteinander zu verbinden. Die<br />
Band, die Herz <strong>und</strong> Bauch zum Schwingen<br />
bringt <strong>und</strong> die Gregorianik, die Kopf<br />
<strong>und</strong> Herz anspricht.<br />
Die Leuchtturm-Jahresserie <strong>2022</strong> entsteht<br />
in Zusammenarbeit des Liturgischen Instituts<br />
der deutschsprachigen Schweiz<br />
LI in Freiburg mit dem Schweizerischen<br />
Katholischen Kirchenmusikverband SKMV<br />
<strong>und</strong> deren Fachzeitschrift «<strong>Musik</strong> <strong>und</strong><br />
Liturgie».