MÄA-22-22 online
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TITELTHEMA
Münchner Ärztliche Anzeigen
vermeiden. Glücklicherweise gehört
es nicht zu den Aufgaben eines
Bezirksverbands, die ärztliche
Approbation zu entziehen oder
ruhend zu stellen.
Bei den umfangreichen Fortbildungsangeboten
aus Münchner Kliniken
beschränkte sich der ÄKBV auf
Querschnittsthemen wie bspw. Hygiene
und ambulantes Operieren,
Depression, lebensbedrohliche Einsatzlagen,
forensische Leichenschau
und sogenannte Refresher-Kurse für
Mitglieder nach Wiedereinstieg in
den KV-Bereitschaftsdienst.
Münchner Delegierte des ÄKBV wirkten
intensiv – auch initiativ – mit,
wenn die Belange der Ärzteschaft
auf Bayerischen oder Deutschen
Ärztetagen zu vertreten waren.
Nicht zuletzt ist der ÄKBV der einzige
Kreisverband in Bayern, der seine
Mitgliederakten (ca. 21.000) bereits
vollständig digitalisiert hat. Dies
erleichtert unseren Mitarbeiterinnen
und uns die Arbeit und hilft, Ressourcen
einzusparen. Ich hoffe sehr,
dass auch dieser „Zug" im ÄKBV weiterfahren
können wird.
Was haben Sie daraus gelernt?
Die Beschäftigung mit dem ärztlichen
Berufsrecht im Sinne einer
Dienstleistung und weniger in Form
von Kontrolle, Aufsicht oder Überwachung
war für mich sehr befriedigend
und sinnvoll. Insgesamt war es
wichtig, dabei nicht die eigenen Vorstellungen
in den Vordergrund zu
stellen, sondern auf die Belange der
Ärzteschaft, auf deren Wünsche und
gesundheitspolitische Vorstellungen
einzugehen. Strittige Diskussionen
zu moderieren und nach Konsensbildung
die Entscheidungen auch
umzusetzen, war angesichts der
hohen Zahl an Kolleginnen und Kollegen
in München und deren unterschiedlichen
Sichtweisen und Perspektiven
nicht immer ganz einfach.
Wie hat sich die Arbeit im Laufe der
Zeit verändert?
An dieser Stelle muss eines hervorgehoben
werden: Die vielfältigen
Aufgaben des ÄKBV ließen und lassen
sich nur mit loyalen und am
gemeinsamen Ziel arbeitenden
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
bewerkstelligen — und mit Vorstandsmitgliedern,
die sich aktiv einbringen
und Themen bearbeiten.
Meine Erfahrungen in der Personalgewinnung
und -führung aus meiner
klinischen Zeit kamen mir dabei sehr
zugute. Erfahrungen in Personalauswahl,
-führung und -motivation sind
heute meines Erachtens wichtige
Qualitäten bei der Funktion des/der
Vorsitzenden. Den hier Angesprochenen
bin ich für ihr Engagement
und ihre Mitwirkung zu großem Dank
verpflichtet.
Warum ist es aus Ihrer Sicht so
wichtig, dass sich Ärztinnen und
Ärzte in der Berufspolitik engagieren?
Es ist auch heute nicht ganz einfach,
Kolleginnen und Kollegen für die
vielfältigen Aufgaben einer Berufspolitik
in den ärztlichen Körperschaften
zu gewinnen. Die Politik hat der Ärzteschaft
zwar im Format einer Körperschaft
des Öffentlichen Rechts
die Aufgabe übertragen, viele ihrer
Belange selber zu regeln. Wir merken
heute jedoch, dass sich die Politik
regulierend und mit Vorgaben
immer intensiver in die Belange der
Ärzteschaft einmischt, ohne dass
dies zwingend zum Vorteil für die
Ärzteschaft, unsere Patientinnen
und Patienten oder die (noch) hohe
Qualität unseres Gesundheitssystems
wäre. Zusätzlich kommt es
immer mehr zu einer Einschränkung
des „freien ärztlichen Berufs“. Solange
wir noch die Möglichkeit der Mitwirkung
und Gestaltung haben, sollten
wir dies mithilfe gewählter Vertreterinnen
und Vertreter intensiv
nutzen. Das gilt im Übrigen für den
ÄKBV ebenso wie für die BLÄK.
Was würden Sie neuen Kolleginnen
und Kollegen gerne mit auf den
Weg geben?
Natürlich könnte ich den neuen und
jüngeren Kolleginnen und Kollegen
nach der Wahl an vielen Punkten mit
Rat zur Seite stehen, falls dieses
gewünscht wäre.
Aber einige Punkte sollten hier ohne
Anspruch auf Vollständigkeit schon
erwähnt werden: Der ÄKBV sollte
mehr Dienstleistungsunternehmen
als eine Behörde sein. Die primären
Aufgaben einer ärztlichen Körperschaft
sind daher meines Erachtens
nicht primär Aufsicht, Kontrolle und
Eingriffe von oben, sondern Beratung
und Unterstützung der Kollegenschaft.
Und das ärztliche Berufsrecht
als innerörtlicher Codex, verfasst
in der Berufsordnung, sollte im
Zentrum unserer berufspolitischen
Ausrichtung stehen. Ein wichtiger
Teil der Unterstützung für diese vielfältigen
Aufgaben kommt aus einer
mitarbeiterorientierten Führung der
Geschäftsstelle, in der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter Wertschätzung
durch ihren Arbeitgeber bekommen
und spüren.
Was sind Ihre Pläne nach Ende
Ihrer aktiven Zeit?
Wie schon andernorts gesagt, gibt
es für mich auch ein Leben nach
dem Arzt-Sein. Die vergangenen drei
Jahre, insbesondere das Jahr 2020,
waren für mich außergewöhnlich
schwer und haben mich die Grenzen
menschlichen Lebens spüren lassen.
Ich komme aus einer sehr großen
Familie und bin auch in eine sehr
große Familie meiner Frau positiv
eingebunden. Das bedeutet für
mich: Das Leben mit der Familie, einzelne
Hobbys, insbesondere aber
die Beschäftigung mit der Musik
werden diesen neuen Lebensabschnitt
für mich befriedigend ausfüllen.
Was wünschen Sie sich für die
Zukunft – für Ihre eigene und für
die des ÄKBV?
Meiner Nachfolgerin oder meinem
Nachfolger im ÄKBV wünsche ich
Wohlergehen und eine glückliche
Hand bei der Vertretung und Bearbeitung
der ärztlichen Belange in
München. Für mich selber wünsche
ich mir Gesundheit und Wohlergehen
für die kommenden Jahre. Und
für unser Land, für Europa, erhoffe
ich mir wieder friedlichere Lebenswelten
als wir sie derzeit durchstehen
müssen.
Das Interview führte Stephanie Hügler