Terrestrisches Präzisions-Laserscanning - MplusM
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<strong>Terrestrisches</strong> <strong>Präzisions</strong>-<strong>Laserscanning</strong><br />
Hilmar INGENSAND und Thorsten SCHULZ<br />
1 <strong>Terrestrisches</strong> <strong>Laserscanning</strong><br />
<strong>Terrestrisches</strong> <strong>Laserscanning</strong> hat sich in den letzten zwei Jahren als eine weitere<br />
geodätische Messtechnik etabliert und ergänzt die „traditionellen“ Messtechniken wie<br />
Nivellement, Tachymetrie und Satellitengeodäsie. <strong>Laserscanning</strong> eignet sich vorwiegend<br />
zur berührungslosen Erfassung großflächiger und detailreicher Objekte und zeichnet sich<br />
durch kurze Aufnahmezeiten aus. Aus den polaren Messdaten lassen sich 3D-Koordinaten<br />
einschließlich eines zugehörigen Intensitätswertes ableiten, die auch als Punktwolken<br />
bezeichnet werden. Im Gegensatz zur photogrammetrischen Aufnahme, die eine<br />
nachträgliche Erzeugung von Koordinaten aus Bildern erfordert und zudem mehr auf die<br />
Extraktion von Kanten ausgelegt ist, eignet sich <strong>Laserscanning</strong> zur Erfassung von stetigen<br />
Flächen und Objekten. Laserscanner lassen sich entsprechend ihrem Messbereich<br />
spezifischen Applikationsbereichen zuordnen (vgl. Abbildung 1).<br />
<strong>Laserscanning</strong><br />
Airborne <strong>Laserscanning</strong> Terrestr. <strong>Laserscanning</strong><br />
Naturgefahren<br />
Kulturerbe<br />
Vermessung<br />
Grosse Reichweite<br />
50- 500m<br />
Ingenieurgeodäsie<br />
Ind. Messtechnik<br />
Bauingenieurwesen<br />
Facility Management<br />
Reverse Engineering<br />
Abb. 1: Anwendungen des <strong>Laserscanning</strong><br />
Mittlere Entfernung<br />
3- 50m<br />
Medizin<br />
Industrie<br />
Roboter<br />
Mode<br />
Nahbereich<br />
Neben der Reichweite ist noch der Scanbereich, – Kameraausschnitt oder Panoramascan –<br />
in Betracht ziehen. Der Trend geht jedoch eindeutig zu universellen 360 - Scannern hin.<br />
<strong>Laserscanning</strong> ist ein mehrstufiger Prozess und beinhaltet nicht nur die messtechnische<br />
Aufnahme von Objekten, sondern auch die weitere Verarbeitung der sogenannten<br />
Punktwolken mittels geeigneter Software. Dazu zählen die Aufbereitung der Messdaten<br />
durch Filterung und Selektion sowie die Ableitung weiterer Informationen wie<br />
Modellierung von Objekten (Vektordaten) und Ableitung mathematischer Informationen<br />
(Volumen- und Massenberechnungen, Abstandsberechnungen etc.).<br />
0- 4m
2<br />
2 Technologien von Scannern<br />
H. Ingensand und T. Schulz<br />
Je nach Konstruktion des Laserscanners können Horizontalprofile, Vertikalprofile, einzelne<br />
Ausschnitte und/oder 360 °-Scans aufgenommen werden. Die Aufnahme der Objekte geschieht<br />
über einen Laserstrahl, der mittels Spiegel (oszillierende oder rotierende Spiegel)<br />
abgelenkt wird. Als Distanzmessverfahren sind das Impulsmess- sowie Phasenvergleichsverfahren<br />
üblich, aber auch Laserradar und optische Triangulation werden eingesetzt. Die<br />
Wiederholgenauigkeiten reichen in Abhängigkeit von der Reichweite und dem verwendeten<br />
Distanzmessverfahren von Submillimetern bis hin zu einigen Zentimetern (vgl.<br />
Tabelle 1).<br />
Tabelle 1: Klassifizierung von terrestrischen Scannern<br />
Klasse Reichweite<br />
Grosse<br />
Reichweite<br />
Mittlere<br />
Reichweite<br />
[m]<br />
Distanzmesstechnik Genauigkeit<br />
[mm]<br />
Hersteller<br />
~ 1000 Laufzeit > 10 Mensi, Riegl, HDS<br />
Leica-Geosystems,<br />
Optech<br />
< 100 Phasenmessung < 10 Zoller+Fröhlich,<br />
IQSun<br />
< 80 Laserradar < 5 Leica/Metricvision<br />
Nahbereich < 10 Optische<br />
Triangulation<br />
< 1 Minolta, Mensi,<br />
Steinbichler<br />
3 Untersuchung von Scannern für <strong>Präzisions</strong>messungen<br />
Während bei den „traditionellen“ geodätischen Instrumenten (wie Tachymeter und<br />
Nivellier) Untersuchungen auf instrumentelle Fehler und Genauigkeiten selbstverständlich<br />
sind, so ist dies bei terrestrischen Laserscannern nicht der Fall. Für viele Anwendungen<br />
(Denkmalpflege, Fabrikanlagen, Dokumentation etc.) sind solche Untersuchungen von<br />
untergeordneter Bedeutung. Jedoch bei ingenieurgeodätischen Aufgaben mit hohen<br />
Genauigkeiten im Subzentimeterbereich ist dies zwingend erforderlich. Speziell zu<br />
berücksichtigen sind u.a.:
<strong>Terrestrisches</strong> <strong>Präzisions</strong>-<strong>Laserscanning</strong> 3<br />
• Geometrie-Abweichungen (z.B. Taumelfehler, Ziel- und Kippachsfehler)<br />
• Innere Genauigkeiten (Distanz und Richtung)<br />
• Äußere Genauigkeiten und Systematiken, die durch die Materialeigenschaften und<br />
Auftreffwinkel bestimmt sind.<br />
Dabei sind die Untersuchungsmethoden individuell für jeden einzelnen Scanner abzustimmen<br />
– Standardverfahren für die Untersuchung der instrumentellen Fehler existieren<br />
bisher nicht. Es wird jedoch mehr und mehr versucht, „Untersuchungsprogramme“ für die<br />
Charakterisierung der Genauigkeiten zu entwickeln und auf verschiedene Scanner<br />
anzuwenden (Böhler et al., 2003). Dabei darf man jedoch nicht vergessen, dass es sich nicht<br />
um Tachymeter handelt, sondern um Laserscanner, die verschiedene Bauweisen und<br />
Techniken aufweisen und für verschiedene Anwendungsbereiche ausgelegt sind.<br />
Eine umfassende Untersuchung des Laserscanners Imager 5003 von Zoller+Fröhlich wurde<br />
am Institut für Geodäsie und Photogrammetrie der ETH Zürich durchgeführt. Der<br />
Schwerpunkt lag dabei auf der Untersuchung des Distanzmesssystems. Aber auch Winkel-,<br />
Einzelpunkt-, und Objektgenauigkeiten (Kugeln) sowie instrumentelle Fehler (z.B.<br />
Taumel-, Ziel- und Kippachsenfehler) wurden betrachtet (Schulz und Ingensand, 2004a;<br />
Schulz und Ingensand, 2004b).<br />
4 Anwendungsbeispiel<br />
Die Aufnahme ausgedehnter Objekte geschieht, wie in der Photogrammetrie, von mehreren<br />
Standpunkten aus. Für die spätere Verknüpfung (Registrierung) der einzelnen Scans sind<br />
Verknüpfungspunkte oder -objekte erforderlich. Die Verknüpfungspunkte können sowohl<br />
(signalisierte) Passpunkte als auch (natürliche) Punkte sein. Als Verknüpfungsobjekte<br />
lassen sich beliebig modellierbare geometrische Formen verwenden (Kugeln, Zylinder,<br />
Ebenen etc.). Die Registrierung kann dabei sowohl nur über Verknüpfungspunkte oder<br />
Verknüpfungsobjekte, aber auch über eine Kombination dieser erfolgen. Nach der<br />
Registrierung liegen sämtliche Punktwolken in einem gemeinsamen Bezugssystem vor und<br />
die Ableitung weiter Informationen (z.B. 3D-Modellierung) kann erfolgen. Auf analoge<br />
Weise können die Punktwolken auch in ein übergeordnetes (Landes-) Koordinatensystem<br />
transformiert werden. Dazu genügt es, einige Passpunkte bzw. -objekte zu definieren, deren<br />
Koordinaten bzw. Parameter bekannt sind.<br />
In den beiden folgenden Abbildungen ist ein Tunnel (Mühlebachtunnel – Wallis, Schweiz)<br />
dargestellt. Darin sind die gesamte Tunnelröhre (nach der Registrierung) sowie ein<br />
Ausschnitt der hochauflösenden Punktwolke dargestellt. Dabei sind Details wie z.B.<br />
Schienen, Oberleitung und die gemauerte Tunnelwand zu erkennen. Zu beachten ist, dass<br />
die Grauwerte aus Intensitätswerten des empfangenen Laserstrahls abgeleitet sind. Es<br />
handelt sich somit um ein Falschfarben-Bild.
4<br />
H. Ingensand und T. Schulz<br />
Abb. 2: Mühlebachtunnel (Wallis, Schweiz) – gesamte Tunnelröhre (links) sowie<br />
Detailansicht der hochauflösenden Punktwolke (rechts)<br />
6 Zusammenfassung<br />
<strong>Terrestrisches</strong> <strong>Laserscanning</strong> wird bereits heute für Applikationen im Bereich der<br />
Ingenieurgeodäsie angewendet, jedoch dürfen die geodätischen Aspekte bezüglich Genauigkeiten<br />
und (instrumentellen) systematischen Fehlereinflüssen nicht in Vergessenheit<br />
geraten. Neben der Hardware (Laserscanner) ist auch die Software (Modellierung,<br />
Algorithmen zur Auswertung) von entscheidender Bedeutung. Eine Punktwolke ist zwar<br />
eindrucksvoll, trägt aber kaum zum (mathematischen) Informationsgewinn bei.<br />
Für den Anwender ist weniger die Genauigkeit einzelner Komponenten (Distanzmesssystem,<br />
Richtungsmesssystem, instrumentelle Fehler) von Interesse, sondern vielmehr die<br />
erreichbare Genauigkeit von (gemessenen) Einzelpunkten und (abgeleiteten) Objekten. Dabei<br />
liegen die Genauigkeiten von Objekten unterhalb der Genauigkeiten von Einzelpunkten.<br />
Mittels terrestrischem <strong>Laserscanning</strong> lassen sich unter Einhaltung bestimmter Bedingungen<br />
(z.B. Aufnahmeentfernung, Auftreffwinkel) Genauigkeiten im Millimeterbereich erzielen.<br />
Damit wird die Verwendung von terrestrischen Laserscannern für Aufgaben in der<br />
Ingenieurvermessung und auch der industriellen Messtechnik unter Berücksichtigung der<br />
vorgenannten Bedingungen möglich.<br />
Literatur<br />
Böhler, W.; Bordas Vicent, M.; Marbs, A. (2003): Investigation Laser Scanner Accuracy.<br />
In: Proceedings of XIX. CIPA Symposium, Antalya.<br />
Schulz, T. & H. Ingensand (2004a): Influencing Variables, Precision and Accuracy of<br />
Terrestrial Laser Scanners. In: Proceedings of Ingeo 2004, Bratislava.<br />
Schulz, T. & H. Ingensand. (2004b): Terrestrial Laser Scanning - Investigations and Applications<br />
for High Precision Scanning. In: Proceedings of the FIG Working Week - The<br />
Olympic Spirit in Surveying, Athens.